Kurt E. Koch
Besessenheit
– aus dem Buch OKKULTES ABC, 1984, Seiten 80 bis 85 –
Es liegt mehr als 20 Jahre zurück. Prof. Bender hatte mich eingeladen, in seinem Institut in Freiburg über das Problem der Besessenheit zu sprechen. Eingeladen waren einige Psychologen, katholische Theologen und ein Professor der Klinik. Nach dem Vortrag war eine Diskussion über eine Patientin der psychiatrischen Klinik, die Krankheitssymptome zeigte, die dem Psychiater fremd waren. Die Patientin konnte plötzlich aufschreien und erklärte, sie werde von unsichtbaren Mächten geschlagen. Es zeigten sich Schlagspuren auf dem Körper. Ein andermal schien sie von einer großen Schlange erdrückt zu werden. Die Schlangenwindungen wurden von einem Assistenzarzt fotografiert. Der Psychiater erklärte diese Erscheinungen als psychogen bedingte Dermographismen (seelisch bedingte Hautveränderungen).
Einmal versuchte eine Schwester, die Patientin zu schützen und legte ihre Arme um sie. Da wurde die Schwester geschlagen. Der Psychiater erklärte das als seelische Induktion (Übertragung). Manchmal sprachen Männerstimmen aus der Patientin, die sich als sieben Teufel ausgaben. Der Psychiater nannte diesen Vorgang Dissoziation (Aufspaltung) des Unbewußten in sieben selbständige Teile. Gelegentlich kamen auch Hellsehphänomene vor.
Der Professor fragte die anwesenden katholischen Theologen nach ihrer Meinung. Sie erklärten: »Das ist Besessenheit.« Der Psychiater war etwas erregt und antwortete: »Das hat Ihr Bischof in dem Begleitschreiben schon angedeutet. Ich glaube das nicht. Für mich ist das höchstens ein Fall von Hysterie, allerdings einer Form, die ich bisher nicht kannte.« Dann fragte er auch nach meiner Meinung. Ich stellte zunächst eine Gegenfrage: »Wissen Sie, ob diese Frau sich mit Magie oder Spiritismus befaßt hat?« Es wurde bejaht. Dann gab ich meiner Überzeugung Ausdruck, daß wir hier einen Besessenheitsfall vor uns haben. Hinterher erfuhr ich noch, daß diese Frau sich mit ihrem Blut dem Teufel verschrieben hatte.
Es ist durchaus begreiflich, daß Wissenschaftler sich scheuen, einen Besessenheitsfall anzuerkennen. Besessenheit ist kein medizinischer, sondern ein religiöser Begriff. Nicht verständlich ist aber, daß die meisten Theologen sich von den Psychiatern und Psychologen ins Schlepptau nehmen lassen. Damit sind nicht nur die modernen Theologen gemeint, sondern auch solche, die in der Gemeinde Jesu einen guten Namen haben. So hat zum Beispiel Prof. Vicedom in Gegenwart von 2500 Menschen in der Hamburger Michaeliskirche erklärt: »Das Dämonische ist das Untermenschliche und das Übermenschliche in uns.« Damals lebte noch Friedrich Heitmüller. In seinem Saal Holstenwall 21 versuchte er, Vicedom zu korrigieren und sagte: »Das Dämonische ist weder das Untermenschliche noch das Übermenschliche, sondern das Außermenschliche.«
Die Ächtung durch die »zünftige« Wissenschaft ist auch der Grund, warum kaum ein Theologe es wagt, ein Buch über die Besessenheit zu schreiben. Wenn man nach Büchern über die Dämonen sucht, muß man schon über die Zäune sehen.
In der profanen Literatur wäre der Titel »Die Dämonen Wesen und Wirkung eines Urphänomens« von Robert Müller Sternberg zu nennen. Es ist historisch und geistesgeschichtlich, aber nicht aus der Sicht des Neuen Testaments geschrieben. Ein gläubiger Christ kann mit dem Buch nicht viel anfangen.
In biblischer Hinsicht gibt das Buch eines Jesuitenpaters, Adolf Rodewyk, wesentlich mehr. Sein Titel lautet »Dämonische Besessenheit heute«. Was Rodewyk hier schildert, kenne ich aus der eigenen Seelsorge. Es ist mir ohnehin schon lange klar, daß die katholische Kirche mehr praktische Erfahrungen mit Besessenen hat als die protestantischen Theologen. Es gibt allerdings in der evangelischen Kirche Laienbrüder, die sich der Besessenen annehmen. Ihre Zahl ist aber klein.
Was ich in dem Buch von Rodewyk nicht akzeptieren kann, ist die teilweise Überbewertung der Taufe. Zum andern ist es für biblisch orientierte Christen unmöglich, die Sünden eines anderen sühnend auf sich zu nehmen. Man findet das in Rodewyks Buch auf Seite 46. Es gibt nur einen Sühnevorgang: das sühnende Sterben Jesu Christi am Kreuz von Golgatha.
Außerdem gibt es in diesem Buch typisch katholische Partien, die mit der Bibel nicht in Einklang zu bringen sind. Dennoch haben Rodewyk und ich viele gemeinsame Erfahrungen. Beim Exorzismus zum Beispiel betet er genau wie ich auch: »Im Namen Jesu Christi, des Sohnes Gottes, gebiete ich euch unreine Geister, diesen Menschen zu verlassen.«
Dieses Gebet darf nicht als Formel verstanden und benützt werden. Es kann auch anders formuliert werden, nur müssen wir den Mut haben, die Autorität in Anspruch zu nehmen, die Jesus seinen Jüngern in Lukas 10,19 gegeben hat: »Sehet, ich habe euch Macht gegeben, zu treten auf Schlangen und Skorpione und über alle Gewalt des Feindes, und nichts wird euch beschädigen.«
Im amerikanischen Raum gibt es im Blick auf Besessenheit mehr biblisch ausgerichtete Literatur als im europäischen Raum. Es ist unmöglich, alle bedeutenden Titel zu erwähnen. Die wichtigsten seien genannt:
Biblical Demonology von Dr. Merrill F. Unger; – Demons in the World today von Dr. Merrill F. Unger; – Demon Possession von John L. Nevius.
Es gibt ferner viele zweit und drittrangige Literatur extremer Kreise, die mehr Verwirrung schaffen, als Klarheit zu bringen.
Die Auseinandersetzung mit der Psychiatrie würde zuviel Raum erfordern. Es wäre auch erfolglos. Ein Psychiater, der nicht Christ ist oder nur Namenchrist, ist von der Tatsache der Besessenheit nicht zu überzeugen. Einige Argumente sollen aber trotzdem erwähnt werden.
1. Die Psychiater erklären, Jesus und seine Jünger waren Kinder ihrer Zeit. Sie wußten es nicht besser. Was sie als Besessenheit ansahen, war in Wirklichkeit eine Geisteskrankheit. Bis zum Überdruß habe ich dieses Argument gehört. Und es ist so einfach, es zu widerlegen. Jesus, seine Jünger und die Schreiber der neutestamentlichen Schriften haben Krankheiten und Dämonie wohl unterschieden. Krankheit und Besessenheit werden in folgenden Bibelstellen klar auseinandergehalten: Mt. 4,24; Mt. 8,16; Mt. 10,1; 10,8, Mk. 1,32; Luk. 9,1 2 und an anderen Stellen.
2. Die Reaktionen der Geisteskranken und Besessenen sind verschieden. Ich will hier nicht wiederholen, was ich in anderen Büchern veröffentlicht habe. In dem Titel »Demonology, Past and Present«, ab Seite 136, habe ich acht Zeichen der Besessenheit angeführt. Hier sollen nur einige Hauptmerkmale erwähnt werden:
a. Die Tobsuchtsanfälle, die nur bei geistlicher Betreuung eintreten.
B 1 Ich wurde zu einer Frau gerufen, die jedesmal, wenn man mit ihr beten wollte, zu toben anfing. Auch bei mir tat sie das. In solchen Fällen pflege ich, im Namen Jesu zu gebieten.
b. Die Trance. Wenn man mit Menschen beten will, die sich durch Spiritismus unter einen Bann gebracht haben, dann fallen sie sofort in Trance.
B 2 In Zürich brachte ein Prediger eine Frau zu mir in die Seelsorge. Als ich mit ihr betete, fiel sie in Trance und streckte die Zunge gegen mich heraus. Als ich Amen sagte, kam sie wieder zu sich. Ich fragte sie, ob sie spiritistische Sitzungen besucht habe. Sie bejahte. Seit neun Jahren gehörte sie einem Zirkel an.
c. Das Sprechen nicht erlernter Sprachen. Im Rituale Romanum wird das auch als Zeichen von Besessenheit angesehen. Eines Tages kam ein junger Mann zu mir in die Seelsorge. Beim Gebet fiel er in Trance, und die Stimmen, die aus ihm redeten, gebrauchten Fremdsprachen, die der junge Mann nicht gelernt hatte. Das ist das stärkste Argument gegen die Haltung der Psychiater. Ein Geisteskranker spricht nicht plötzlich in Fremdsprachen, die er nicht gelernt hat.
Die Symptome der Geisteskrankheiten und der Besessenheit sind verschieden. Die Zeichen der Besessenheit sind nur für den erkennbar, der eine Wiedergeburt durch den Heiligen Geist erlebt hat. Auf Namenschristen reagieren die Dämonen nicht. Das klingt alles so hart und überheblich und ist doch klar biblisch. . . .
Unter gläubigen Christen wird die Frage heiß diskutiert, ob ein Christ besessen sein kann oder nicht. Langjährige Erfahrung zeigt folgenden Sachverhalt: Wer keine Erfahrung mit Besessenen hat, sagt nein. Wer viel Seelsorge mit Besessenen hat, weiß, daß auch Gläubige von Dämonen kontrolliert oder beherrscht sein können. Diese Tatsachen richten sich nicht nach einer vorgefaßten Meinung. Es sind Gegebenheiten, nach denen wir uns zu richten haben. Besonders im amerikanischen Raum hatte ich viele Diskussionen über dieses Gebiet. Um so mehr gedenke ich dankbar der Männer, die meine eigenen Erfahrungen bestätigen.
Zu denen gehören: Dr. Edman, der frühere Präsident des Wheaton College, der schon erwähnte Prof. Unger, der Psychiater Dr. med. Dr. theol. Jackson von Milwaukee, der Psychiater Dr. Reed und andere. Bei meinen Vorträgen am Baptistenseminar in Grand Rapids erklärte Prof. Matthews, er habe mehr besessene Gläubige als besessene Ungläubige gehabt. Auch Pastor G. Birch muß ich nennen. In einem Brief vom 21. September 1973 schrieb er: »Meine Frau und ich hatten auf Borneo Erfahrungen gesammelt, im Namen des Herrn Jesu Christi Dämonen auszutreiben. Aber hier in unserer Heimat (Kanada) erlebten wir es, daß in 18 Monaten 120 Menschen von einer Besessenheit frei wurden. Alle diese Menschen waren Christen.« Mein Freund Bruder Birch ist kein Extremist. – Meinen ausführlichsten Bericht über einen Besessenen ist in meinem Buch »Unter der Führung Jesu«, ab Seite 250, zu finden.
Dr. Lechler, der erfahrene Psychiater, der ebenfalls die Tatsache der Besessenheit gelten ließ, nannte diesen Bericht das bestfundierte Beispiel einer Besessenheit.
In England fand ich auch einige Psychiater, die meine Überzeugung teilen. Vor einigen Jahren war ich von Dr. med. Martin Lloyd Jones eingeladen am Westminster Gate zu Psychiatern über das Problem Besessenheit zu sprechen. Es waren nur christlich eingestellte Psychiater eingeladen. Bei der Diskussion meldete sich ein Psychiater mit dem üblicher Argument, was die Bibel Besessenheit nenne, sei heute nur eine Geisteskrankheit. Es war nicht nötig daß ich diese Meinung zu korrigieren versuchte. Es meldeten sich zwei weitere Psychiater, die dem ersten widersprachen. Der eine erklärte: »Ich hatte in meiner Praxis sieben Fälle von Besessenheit.« Der andere sagte: »Und ich hatte elf Besessenheitsfälle.« Der Letztgenannte wurde noch mein Freund. Wir hielten zusammen ein Seminar für 200 anglikanische Priester. Während dieser Woche eröffnete mir dieser gläubige Bruder: »Ihr Buch Seelsorge und Okkultismus hat mich mit dem Problem der Besessenheit konfrontiert. Ich habe nun jahrelang typische Fälle beobachtet, die sich in der psychiatrischen Nomenklatur nicht unterbringen lassen. Da entdeckte ich die Wahrheit der von Ihnen vertretenen These.«
Wenn es keine Dämonen gäbe, hätte Christus sie nicht entmächtigen müssen (Kol. 2,15). – Wenn Gläubige nicht vom Satan zum Sprachrohr mißbraucht werden könnten, hätte Jesus in Mt. 16,23 nicht zu Petrus sagen müssen: »Hebe dich von mir Satan, du bist mir ein Ärgernis.« –
Wir wissen um die Macht des Feindes. Wir kennen die Versuchlichkeit der Gläubigen, wir wissen aber noch viel mehr vom Sieg Jesu Christi. Der Siegesruf des Apostels läßt die Hölle erbeben: »Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesus Christus!«
Dem Buch von Pfr. Dr. Kurt E. Koch OKKULTES ABC entnommen, von Horst Koch, Herborn
Im Februar 2006 – Die Betonungen im Text sind von mir –
Ergänzende Literatur von Dr. Kurt E. Koch:
1. Besessenheit und Exorzismus
2. Christus oder Satan
3. Heilung und Befreiung
4. Seelsorge und Okkultismus
5. Der Spiritismus
6. Der Aberglaube
7. Das Wahrsagen
8. Die Magie
9. Engel und Dämon – Dr. Adolf Köberle
10. Spiritistische Kommunikation – Rev. Dave Hunt
11. Satan – der Widersacher Gottes – Bibellehrer Erich Sauer
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