Antwort auf Moskaus Bibel (Wurmbrand)

RICHARD WURMBRAND

ANTWORT AUF MOSKAUS BIBEL

Inhalt

Das Handbuch des Atheisten
Wer sind unsere Gegner?
Die Schwierigkeit, ein Atheist zu sein 
Der Ursprung des Christentums
Das Zeugnis der Evangelien
Lehrt das Christentum Unterwürfigkeit gegenüber tyrannischen Obrigkeiten?
Ein himmlisches oder ein irdisches Paradies
Wer ist Gott?
Schauen Sie auf Jesus von Nazareth
Die Schöpfung
Prophetie
Das Leben nach dem Tod
Versöhnung  

– Der vorliegende Text sind Auszüge aus dem Buch ANTWORT AUF MOSKAUS BIBEL (1975). Da der aggressive Atheismus mit dem nominellen Zusammenbruch von kommunistischen Staaten keineswegs erloschen ist, halte ich Richard Wurmbrands Gedanken nach wie vor für zeitgemäß und hilfreich. – Die Hervorhebungen sind von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im November 2012 –

VORWORT

Das Handbuch des Atheisten

Wo immer Menschen schreiben können, verfügen sie über ein heiliges Buch. Auch die kommunistische Welt besitzt ihre Bibel, genannt »Das Handbuch des Atheisten« (Sprawotschnik ateista). Es wurde erstmals 1961 von der Akademie der Wissenschaften in Moskau (Staatsverlag für politische Wissenschaften) als Gemeinschaftswerk zahlreicher Experten, unter ihnen die Historiker Beljajew und Belinowa sowie die Philosophen Tschanischew, Eischina und Emeliah, herausgegeben. Verleger ist der Universitätsprofessor S. Kowalew. Seit seiner Herausgabe ist es mehrmals neu aufgelegt worden.

Dieses Buch – eine Zusammenfassung atheistischer Grundsätze – ist bereits in viele Sprachen übersetzt und in anderen sozialistischen Staaten weit verbreitet worden. Von der Grundschule bis zur Hochschule, in Rundfunk und Fernsehen, in Filmen und auf atheistischen Tagungen werden die Gedanken dieses Buches propagiert. Stirbt ein Atheist, wird den trauernden Hinterbliebenen in der Grabrede im Einklang mit der Lehre der kommunistischen Bibel versichert, daß die Toten für immer tot seien, daß es keinen Trost für die Trauernden gäbe, daß die nun Getrennten nie wieder vereint sein würden und daß es keinen Gott und kein ewiges Leben gäbe.

Das Hauptziel des Buches besteht darin, zu beweisen, daß es angeblich keinen Gott gibt.

Wir könnten auf diese Behauptung mit einer Frage antworten: Wenn es keinen Gott gibt, wie läßt es sich dann erklären, daß es überhaupt noch Schafe gibt?

Diese Frage wurde tatsächlich auf einer atheistischen Kundgebung in Rußland gestellt. Der Redner hatte erklärt, Leben trete spontan auf und entwickle sich durch natürliche Auslese. Im grausamen Überlebenskampf siegten nur die Tiere, die schneller oder stärker seien als andere, während die schwächeren unterliegen würden.

Ein Gläubiger fragte: »Wie kommt es, daß die Schafe überlebten, daß sie von den Wölfen nicht völlig ausgerottet wurden? Die Wölfin wirft im Jahr fünf oder sechs Junge, das Schaf nur eines. Das Verhältnis steht also etwa 5:1 für den Vernichter, der über scharfe Zähne, Klauen, Kraft und Schnelligkeit verfügt. Das Schaf kann sich nicht verteidigen. Wie kommt es, daß es noch immer Schafe gibt? Heute werden sie vom Menschen beschützt. Die Tierwelt existierte jedoch vor dem Menschen. Wer beschützte damals die Schafe? Man kann vieles erklären, ohne zu der Hypothese der Gottesexistenz zu greifen. Aber Schafe mit vier Beinen könnten ohne ihn ebensowenig existieren wie die geliebten Schafe Christi, die seit Bestehen der Kirche ihren grausamen Verfolgern schutzlos ausgeliefert sind.«

Die Antwort, die dieser Gläubige erhielt, war ein paar Jahre Haft in sowjetischen Gefängnissen.

Das atheistische Buch könnte auch zum Thema Christus eine sehr einfache Antwort erhalten.

Auf einer Gesellschaft sowjetischer Intellektueller wurde über Shakespeare diskutiert. Jemand zitierte Lady Macbeth, nachdem sie den schlafenden König Duncan ermordet hatte. Mit einem Blick auf ihre blutbefleckten Hände ruft sie: »Fort, verdammter Fleck! Fort, sag ich!«

Ein Christ stellte die Frage: »Welche Möglichkeiten hat eine Lady Macbeth, von der Last ihrer Schuld befreit zu werden?« Ein Kommunist antwortete: »Der Mensch ist ein vernünftiges Wesen. Eine entsprechende Erziehung und ein guter Rat hätten sie, selbst in letzter Minute, von ihrer abscheulichen Tat abgehalten.« Diese Antwort war keine Hilfe. Lady Macbeth hatte den Mord begangen, und über die Erziehung zu philosophieren, die sie hätte haben sollen, war müßig.
Ein anderer Kommunist sagte: »Meiner Meinung nach sollten Mörder mit dem Tode bestraft werden.« Auch dieser Vorschlag war unbrauchbar, da ein zum Tode verurteilter Mensch dennoch mit dem Bewußtsein der Schuld stirbt. Ein dritter Kommunist versicherte den Anwesenden, in der zukünftigen glücklichen sozialistischen Gesellschaft gäbe es keine Könige mehr, müßten keine egoistischen Wünsche erfüllt werden, und es bestünde keine Notwendigkeit oder Bedürfnis, Verbrechen zu begehen. Doch die kommunistische Gesellschaft gibt es nirgends.

Der Gläubige bemerkte daraufhin: »Die Lösung der Bibel bleibt die einzig gültige: Das Blut Jesu Christi macht uns rein von aller Sünde« (1. Johannes 1,7).

Wir können aber bei einfachen Antworten nicht stehenbleiben. Mitglieder einer Akademie der Wissenschaften haben über sechshundert Seiten geschrieben, um zu beweisen, daß Religion im allgemeinen und Christentum im besonderen falsch seien. Wir wollen versuchen, sie zu verstehen und auf alle Punkte einzugehen, die sie zur Sprache bringen. Es ist ein Gebot der Höflichkeit und der Liebe, diese Herausforderung anzunehmen.

Die Bibel des Atheisten ist langweilig. Das kann in der Tat auch nicht anders sein. Niemand kann für den Atheismus beredt sein. Atheismus ist ein Leugnen. Wer kann schon begeistert über eine Verneinung schreiben? Wer kann ein Sonett für eine Verneinung dichten, ein Konzert für eine Verneinung geben oder eine Verneinung modellieren? Die Religion hat zu Symphonien, Gemälden, Statuen und Poesie inspiriert. Der Atheismus könnte von Natur aus niemals solche Wirkungen erzielen. Der Atheismus hat keine Flügel. Seiner eigenen Lehre zufolge ist der Mensch nur Staub und Schatten — reine Materie. Welchen Antrieb hat die Materie zur Zerstörung der Religion? Kann Materie im Kampf um ein Ideal Leidenschaft entfachen, wenn Ideale, die nicht Materie sind, definitionsgemäß nichts sind?

Moskaus Bibel benutzt auch irreführende Methoden und eine gewalttätige Sprache, die einer Akademie der Wissenschaften nicht gut anstehen.

Wir wollen die Langeweile pseudowissenschaftlicher Argumente so gut wie möglich vermeiden. Wir werden selbst angesichts von Ironie und Verleumdung mit der Sanftmut der Liebe antworten.

Wir können uns diese Haltung leisten, da ein guter Amboß die Schläge vieler Hämmer nicht fürchtet. In Paris steht ein Denkmal, das den Hugenotten gewidmet ist. Es zeigt einen Amboß und etliche zerbrochene Hämmer und trägt die Inschrift: »Hämmer weg, ihr feindlichen Scharen! Eure Hämmer zerbrechen; Gottes Amboß bleibt bestehen!«

Wir können diese Haltung einnehmen, weil wir unsere Gedanken ernsthaft prüfen und es als einen Vorteil betrachten, kritisiert zu werden. Es schadet dem Atheismus in kommunistischen Ländern, daß er den Menschen eine Diktatur aufzwingt. Wie kann einer, der keine Kritik verträgt, wissen, daß er recht hat?

In allen christlichen Ländern des Westens genießt der Atheismus volle Propagandafreiheit. Das Christentum hat nicht den geringsten Grund, ihn zu fürchten. In der freien Diskussion kann nur das Christentum gewinnen. Stellen wir uns zwei Räume vor, die durch einen dicken Vorhang voneinander abgetrennt sind. In dem einen herrscht Dunkelheit, der andere wird von einer Kerze erhellt. Wird der Vorhang zurückgezogen, behauptet sich nicht die Dunkelheit. Die Dunkelheit kann das Licht der Kerze nicht überwinden, da sie keine Energie ist. Sie ist das Fehlen von Licht. Nur das Licht, das Energie ist, kann die Oberhand gewinnen. Das Zimmer, das dunkel war, wird somit sichtbar, verwandelt durch die brennende Kerze.

Christen haben weder kommunistische Gefängnisse noch Folterwerkzeuge gefürchtet. Auch fürchten wir uns nicht vor atheistischen Büchern. – Richard Wurmbrand, 1975

Das Vernünftige am Atheismus

Atheisten sollten vor allem wissen, daß wir Christen nicht ihre Feinde, sondern ihre besten Freunde sind. Wir lieben die Atheisten. – Und Liebe versteht.  –  Wir sind nicht erstaunt, daß es Atheisten gibt.

Im 20. Jahrhundert, in dem Millionen unschuldiger Menschen in Konzentrationslagern verschiedener politischer Regime ermordet worden sind, von denen sich einige christlich nannten, fällt es schwer, an einen Gott zu glauben, der sowohl allmächtig als auch gut ist. Wenn er allmächtig ist, warum verhinderte er diese Gewalttaten nicht? Wenn er gut ist, warum hat er dann eine so grausame Welt geschaffen?

Wir können niemandem einen Vorwurf machen, Atheist zu sein, wenn sogar hohe Prälaten der christlichen Kirche oft auf der Seite der Unterdrücker und Ausbeuter stehen, wenn sie Tyrannen schmeicheln oder Seite an Seite mit Rebellen kämpfen, auch solchen Rebellen, die davon träumen, die Tyrannen von morgen zu sein.

Als Jesus machtlos am Kreuz hing und rief: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Matth. 27, 46), muß es schwierig gewesen sein, jemanden zu überzeugen, der Gekreuzigte sei die Hoffnung der Menschheit, oder der Eine, den es nach Wasser dürstete und der nur Essig erhielt, besitze alle Macht im Himmel und auf Erden. Erst die Auferstehung machte die Verkündigung der Wahrheit möglich.

In unseren Tagen brachten sich diejenigen, die sich nach dem Sohn Gottes nennen, in zwei Weltkriegen gegenseitig um. Ein auf den Namen Christi getaufter Mann gab den Befehl zum Abwurf der ersten Atombombe.

Auch wenn die verlorenen Söhne in ihr Vaterhaus zurückkehren wollten, könnten sie es nicht finden. An seine Stelle sind viele voneinander abweichende Konfessionen getreten, die alle behaupten, die Wahrheit zu besitzen. Sie stimmen in nur einem Punkt überein — die allumfassende Liebe gegenüber Unschuldigen, die noch hinter Gittern sitzen oder in Konzentrationslagern umkommen, nicht zu praktizieren.

Viele Menschen bringen zudem Religion mit Übersinnlichkeit, Rückständigkeit oder seltsamen Dogmen in Verbindung. Der Atheismus ist die Folge dieser sowie vieler anderer Ursachen. Wir können nichts anderes erwarten; es ist nur allzu logisch, daß viele Menschen Atheisten sind.

Gott gab dem Atheismus in der Welt Raum. Die Bibel lehrt, daß Gott eine materielle Welt mit Gesetzen und einer endlosen Kette von Ursachen und Wirkungen schuf. Er schränkte sich selbst ein, um auch anderen ein Existenzrecht einzuräumen. Daher war die Möglichkeit des Atheismus im Schöpfungsplan mit enthalten. Und als entschieden wurde, daß Christus für die Sünden der Menschheit mit seinem Blut sühnen werde, war er bereit, auch für die Sünden von Atheisten zu sühnen.

Wenn Gott den Atheismus zuläßt, wie können wir ihn dann verbieten? Wir haben volles Verständnis für Atheisten. Aber auf der anderen Seite müssen Atheisten auch gelten lassen, was von ihrem Standpunkt aus eine Anomalie ist: Viele, die auf dieser von Gott geschaffenen Welt entsetzlich leiden müssen, lieben ihn von ganzem Herzen. Tradition und Brauchtum können für Kirchgang und Teilnahme an religiösen Riten verantwortlich gemacht werden. Wie aber können sich Atheisten erklären, daß diese brennende Liebe zu Gott sich manchmal gerade bei denen zeigt, die am meisten leiden? Wie können sie das erklären, was Christen »Freude im Herrn« nennen, die von Menschen empfunden wird, die um ihres Glaubens willen geschlagen und gefoltert werden und die vielleicht schwere Ketten an den Füßen tragen?

Die Religion blüht in einigen sehr armen Ländern. Hungrige Menschen versammeln sich sonntags mit verhungernden Kindern und singen zur Ehre Gottes. Warum?

Die Fragen, die Atheisten an Christen stellen, sind vernünftig. Wenn Gott allmächtig ist, weshalb läßt er dann den Tod auf der Welt regieren? Warum, fragt der Atheist, wurde mir mein Liebstes genommen? Warum muß mein Kind leiden oder stirbt mein Freund jung?

Aber wie können Atheisten die Tatsache erklären, daß andere, die einen ähnlichen Verlust erlitten haben oder selbst dem Tod nahe sind, diese Tragödien mit Ruhe annehmen? Für sie bedeutet der Tod, zum Vater zu gehen.

Manche Menschen sehen dem Tod gelassen entgegen, andere mit Freuden, weil sie der Ansicht sind, daß Sterben für sie die Rückkehr in die Welt des Geistes bedeutet.

In Dostojewskis »Schuld und Sühne« unterhält sich Raskolnikow mit der Prostituierten Sonja. Sie nahm diese Tätigkeit auf, weil ihr Vater Alkoholiker war und ihre jüngeren Geschwister hungern mußten. Sie litt entsetzlich unter diesen Bedingungen, die ihr durch bittere Umstände aufgebürdet worden waren. Raskolnikow fragte sie: »Du betest also viel, Sonja?« Sie antwortete flüsternd: »Was wäre ich ohne Gott?« Er forschte tiefer und fragte wieder: »Aber was tut Gott für dich?« Ihre Antwort lautete: »Fragen Sie nicht. Sie sind es nicht wert, das zu wissen … Alles tut er.«

 Raskolnikow fragte auch ihre arme, unglückliche jüngere Schwester Polenka: »Kannst du auch beten?« Ihre Antwort war: »Ei freilich, wir alle können das! Schon lange. Seit ich groß bin, bete ich für mich allein, aber Kolja und Lida beten laut mit Mama; zuerst beten sie das ‘Ave Maria’ und dann noch ein anderes Gebet: ‘Lieber Gott, vergib unserer Schwester Sonja und segne sie’, und dann noch: ‘Lieber Gott, vergib unserem zweiten Papa und segne ihn’; denn unser erster Papa ist schon gestorben, und dieser hier ist der zweite, aber wir beten auch für den anderen.«

Wie können die Sonjas und Polenkas Gott lieben? Könnte ihre Religion lediglich ein Betäubungsmittel, wie Drogen oder Alkohol, sein? Aber Drogen und Alkohol zerstören den menschlichen Verstand. Der Glaube an Gott machte Sonja so stark, daß sie den Mörder Raskolnikow zur Reue bewegen und ihn anleiten konnte, ein neuer Mensch zu werden. Hinter ihrem Glauben mußte also eine gewisse Realität stehen.

Sonja gab Raskolnikow ein Kreuz und las ihm aus dem Neuen Testament vor. Das brachte einen unentdeckten Mörder dazu, sich der Polizei zu stellen, nach Sibirien zu gehen und ein neues Leben zu beginnen. Was wäre geschehen, wenn sie ihm Hammer und Sichel gegeben und ihm eine von Stalins langatmigen Reden oder »Das Kapital« von Marx vorgelesen hätte? Sonja, die in der Tragödie der Prostitution gefangen war, und Raskolnikow, der aus der Tragödie des Verbrechens erwachte, glaubten.

Für viele ist Religion nur eine der vielen Freuden des Lebens, eine Feinheit wie Kunst oder Luxus. Aber es gibt auch Menschen, für die sie alles bedeutet, die nach Gott verlangen, wie der Hirsch nach Wasserquellen. Sie behaupten, Gott zu kennen. Sie sagen, er sei liebevoll und vertrauenswürdig, auch wenn seine Wege geheimnisvoll und das Leben auf ihnen sehr hart seien. Sie verstehen das Phänomen des Atheismus. Aber können Sie, die Sie Atheisten sind, die Gläubigen verstehen?

Im September 1932 kündigte die Moskauer Zeitschrift »Molodaja Gwardija« (Die junge Garde) an, bis 1937 müßten in Übereinstimmung mit dem atheistischen Fünfjahresplan jedes Zeichen der Religion endgültig beseitigt und das Wort Gottes für immer zum Schweigen gebracht werden. Aber es kam nicht dazu. Im Gegenteil, das Christentum blüht in vielen kommunistischen Ländern, obwohl es schon lange verboten und durch Verfolgung bedroht ist. Weshalb? – Der Atheismus wird erst vernünftig, wenn er den Grund für tiefen Glauben entdeckt.

Das Unvernünftige am Atheismus

Die Gesellschaft ändert sich sehr rasch. Religiöse Systeme haben mit den Umwandlungen nicht Schritt gehalten. Oft predigen Geistliche über Gespräche, die Jesus mit Menschen vor zweitausend Jahren über damalige Probleme führte, anstatt im Geiste Christi Antworten auf die Probleme der heutigen Menschheit zu geben. Deshalb kommen viele zu dem Schluß, Religion sei belanglos.

Viele Riten sind veraltet. Darüber hinaus äußern Kirchen den Wunsch, die Menschen vor einer zukünftigen Hölle zu bewahren. Dann sollten sie aber ihre Liebe zu den Menschen beweisen, indem sie helfen, die Welt vor der heutigen Hölle des Analphabetentums, des Hungers und Elends, der Tyrannei, Ausbeutung, Umweltverschmutzung und des Krieges zu bewahren.

Christen lassen all diese Kritik der Atheisten gelten. »Die Liebe glaubt alles« (1. Kor. 13, 7). Wir können an die Gründe, Atheist zu sein, glauben. Wir sagen mit Hegel: »Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig.« Sogar die Ansicht eines Atheisten kann gute Gründe haben. Aber die Atheisten sind im Nachteil, wenn sie die Kritik von Gläubigen ablehnen.

Große Mystiker, wie Meister Eckehart, haben gelehrt, daß der Mensch, der mit Gott vereint ist, keinen Gott mehr hat, den er anbeten kann. Von dieser Warte aus kann er jene verstehen, die Gott nicht anbeten, weil sie ihn nicht kennen. Das christliche Denken spiegelt die gesamte Wirklichkeit wider, das atheistische nur einen Teil davon.

Atheisten vertreten eine materialistische Philosophie, die Christen teilen. Die wichtigste Lehre unserer Religion ist, daß Gott in Jesus Christus Fleisch (d. h. Materie) geworden ist. Der christliche Gott ist keine Idee, sondern eine Person. Das Ziel des Christentums ist nicht nur die Rettung von Seelen, sondern auch die Auferstehung des Leibes in Unverweslichkeit.
Aber wir bleiben nicht beim Materialismus stehen. Materialistische Atheisten sind einseitig: Sie wissen nichts über die Gottheit und den ewigen Geist der Liebe und Wahrheit, der diese Welt regiert.

Hat man je eine Münze mit nur einer Seite gesehen? Oder Elektrizität mit nur einem Pol? Das Christentum umfaßt sowohl den Bereich des Geistes als auch den der Materie. Da der Atheismus einseitig ist, ist er falsch.

Ein Narr wurde geschickt, um Mehl und Salz zu kaufen. Er nahm ein Gefäß mit, in dem er seine Einkäufe tragen wollte. Man sagte ihm, er solle die beiden Zutaten nicht mischen, sondern sie getrennt halten. Nachdem der Verkäufer das Gefäß mit Mehl gefüllt hatte, dachte der Narr an die Anweisung, drehte das Gefäß um und bat, das Salz auf den umgedrehten Boden des Gefäßes zu schütten. Damit war zwar das Mehl verlorengegangen, er hatte aber das Salz. Er brachte es seinem Herrn, der fragte: »Wo ist aber das Mehl?« Da drehte der Narr das Gefäß um, um nach dem Mehl zu sehen. Auf diese Weise verlor er auch das Salz.

Atheisten handeln manchmal wie dieser Mann. Sie üben sehr ernste und nützliche Kritik an der Religion. Sie haben das Salz. Aber verlieren sie dabei nicht das Mehl? Werfen sie nicht Argumente für die Religion weg, die auch richtig sein mögen? Und werden sie schließlich im Augenblick der tiefen Krise nicht auch das Salz des Atheismus verschütten müssen? Es ist der Stolz des wahren Christentums, das Mehl und das Salz zu haben. Seine Philosophie ist das, was Solowjew »Theomaterialismus« nannte, der Materie und Theos (griech. Gott), deren Schöpfer, umfaßt. In der Tat ist sich das Christentum der Wahrheit, die es besitzt, sicher.  . . .

Atheisten betrachten die materielle Seite der Dinge und glauben, die ganze Wirklichkeit zu erfassen. Die Buddhisten glauben, der Geist sei die einzige Wirklichkeit, und die materielle Welt gehöre der Maja, dem Bereich der Illusion, an. Die Bibel gebraucht jedoch sowohl im Hebräischen als auch im Griechischen ein und dasselbe Wort für »Geist« und »Wind«. Er weht ständig, aus vielen Richtungen. Menschen, die den Geist Gottes haben, sehen die ganze Wirklichkeit. Sie können sich weder auf die materialistische noch auf die idealistische Philosophie beschränken.

Tatsächlich warnt uns die Bibel, in philosophischen Dingen vorsichtig zu sein, da die meisten Philosophen ihre eigene Ansicht haben, von der aus sie die Wirklichkeit betrachten. Aber jeder Standpunkt ist ein Zeichen von Blindheit: Er verwehrt uns den Zugang zu jedem anderen Standpunkt. Von einem bestimmten Standort aus hat der Raum, in dem ich schreibe, keine Tür. Ich drehe mich um. Nun sehe ich die Tür, aber das Zimmer hat keine Fenster. Ich schaue auf. Von diesem Standort aus hat das Zimmer keinen Fußboden. Ich senke den Blick, und es hat keine Decke. Wenn wir ungewöhnliche Standpunkte vermeiden, sind wir fähig, einen Eindruck vom Ganzen zu gewinnen.  . . .

Darwin, der große Favorit meiner Gegner, schrieb: »Die Unmöglichkeit der Vorstellung, dieses großartige und wundersame Universum mitsamt unserem bewußten Ich sei durch Zufall entstanden, scheint mir das Hauptargument für die Existenz Gottes zu sein.«

Für Atheisten ist der Atheismus einleuchtend. Warum ist es dann notwendig, das Offensichtliche zu propagieren? Christen betrachten das Christentum nicht als so selbstverständlich wie die Tatsache, daß zwei und zwei vier ist. Wenn dem so wäre, gäbe es keine Atheisten. Wir finden einige Ansichten unserer Gegner vernünftig. Sie haben in unserem Verständnis für sie Platz. Der Atheismus kennt nur den Atheismus und spricht der Religion jegliches Existenzrecht ab. Deshalb ist er nicht vernünftig.

Max Stirner, der Theoretiker des individualistischen Anarchismus, sah die Mißstände der Gesellschaft richtig. Seine Lösung war, die menschliche Gesellschaft zu vernichten. Aber er war ja ein Teil von ihr. Schopenhauer empfahl der Menschheit den Selbstmord als Antwort auf ihre Probleme. Als aber in seiner Stadt die Cholera ausbrach, floh er. Er liebte das Leben. Zur selben Kategorie gehören diejenigen, die die Religion aufgrund ihrer großen Unzulänglichkeiten im Denken und Handeln loswerden wollen.

Sollten wir keine Mäntel mehr tragen, weil einige keine schöne Farbe haben? Sollten wir das gewaschene Kind mit dem schmutzigen Bade ausschütten? Wir haben das, was am Atheismus vernünftig ist, eingeräumt und wollen nun zusammen mit den Atheisten das Vernünftige an der Religion suchen. Vielleicht werden wir einen gemeinsamen Nenner finden.

Die falsche Perspektive der Moskauer Bibel

Einige Leute haben in Moskau ein Buch über die größten Probleme des Lebens geschrieben, Probleme, über die die klügsten Köpfe nachgedacht haben, seit der Mensch denken kann: die Existenz oder Nichtexistenz Gottes, den Sinn des Lebens, seine Hoffnungen und Sorgen, die Rolle der Religion usw.

Wer sind diese Leute? Es ist viel wichtiger, sie zu kennen als den Inhalt ihres Buches.

Es ist viel wertvoller, den Lehrer zu kennen als seine Lehre. Wissen erwächst immer aus der Frage: »Was bin ich?« Wenn ich die Antwort darauf nicht weiß, wie weiß ich dann, ob die Gedanken dieses »Ichs« es wert sind, an andere weitergegeben zu werden?

Die Autoren der Moskauer Bibel sagen, sie seien nicht von einem Gott erschaffen worden. Es gäbe keinen Plan bei den zufälligen Prozessen der Materie, die sie produziert habe. Kann das Herumwirbeln von Atomen und Protonen und ihre zufällige Verbindung einen Verstand zuwege bringen, der reine Wahrheit hervorbringen wird?   . . .

Wir sind unendlich klein, und wir wissen ebensowenig über das Universum wie eine Ameise über den Marxismus Bescheid weiß, wenn sie über ein Buch von Marx gekrabbelt ist.

Ich freue mich am Gezwitscher der Vögel, ohne zu wissen, welcher von ihnen noch heute von einem Adler erbeutet wird. Ich höre den Wind durchs Geäst streichen, aber ich weiß nicht, welcher Baum von einem Wurm ausgehöhlt wird. Wir sind auf Ruhm, Macht, Geld, Vergnügen und Wissen aus. Diejenigen, die einige Jahrzehnte vor uns dieselben Begierden hatten, sind heute Staub und Asche.

Bucharin war einer der größten Theoretiker des kommunistischen Atheismus. Er begann sein Buch »Der dialektische Materialismus« mit einem Lob auf diese Philosophie, da sie, so sagte er, die Möglichkeit böte, die Zukunft vorauszusehen. Das einzige, was der arme Mann nicht voraussah, war, daß die eigenen Genossen ihn foltern und töten würden.

Es ist ein kühnes Unterfangen, ein Buch zu schreiben, um ein Lehrer der Menschheit zu werden. Kann man wissen, welche Freuden und Tragödien zukünftige Leser erleben werden, und ob dieses Buch im Augenblick großer Heimsuchung eine Hilfe sein wird?

Kennt ein Mensch auch nur eine der Milliarden von Zellen, die sein Gehirn bilden? Eine kleine Störung in ihnen kann einen Menschen verrückte Dinge schreiben lassen. Dies ist schon Genies widerfahren. Kann es bei Ihnen passieren? Sie stellen in den Schriften anderer Wahnsinn fest. Kann es in den Ihrigen keinen geben? Sie wissen nichts über Ihren Körper. Was wissen Sie über die Tiefen Ihrer Psyche? Ich bin mir täglich eine Überraschung.

Wir leben geheimnisvolle Leben in einer geheimnisvollen Welt, von der wir nur ein paar Randzonen kennen. Wir sind im Kerker unserer Sinne gefangen.  . . .

Atheisten behaupten, es gäbe keinen Gott. Wie können sie sich so sicher sein?

Der Inhalt des vorliegenden Buches wurde in einem Gefängnis in Worte gefaßt. Die Wärter durchsuchten unsere Zellen regelmäßig nach verbotenen Gegenständen, wie Schachfiguren, Messern, Nadeln, Büchern und Papier. Sie fanden sie nicht. Wir warteten, bis sie weggegangen waren. Dann holten wir die Sachen aus ihrem Versteck. Man durchsucht eine Zelle nach einem Gegenstand und findet ihn nicht. Ist es aber richtig, zu behaupten, er sei nicht dort? Wer hat das unendliche Universum so durchsucht, daß er behaupten kann, es gäbe keinen Gott?

Können also Sie, lieber atheistischer Autor, die Dinge, die Sie behaupten, sicher wissen?

Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde die Unveränderlichkeit der Elemente als sicher angesehen. Dies war eine auf der Erfahrung von Jahrtausenden basierende Behauptung, und dennoch war sie falsch. Männer von beachtlichem Intellekt waren sich der Unteilbarkeit des Atoms und der Unmöglichkeit eines Mondfluges sicher. Sie, die sie die überwältigende Erfahrung der Menschheit auf ihrer Seite hatten, irrten sich. Wie viele Möglichkeiten haben Sie, um recht zu haben, lieber atheistischer Freund?

Der christliche Lehrer Tertullian ist wegen seiner Worte »Credo quia absurdum« (Ich glaube, weil es widersinnig ist) oft geschmäht worden. Und heute verwirklicht die Wissenschaft gerade das, was dem Verstand absurd erschien. Wir sind klein und unbedeutend. Wir sind unwissend. »So aber sich jemand dünken läßt, er wisse etwas, der weiß noch nichts, wie er wissen soll«, sagt die Bibel (1. Kor. 8, 2).

Wer sind unsere Gegner?

Wenn mich ein Mann in Zivil auffordert, mich auszuweisen, reagiere ich zuerst mit der Frage, wer er sei. Er muß mir seine Zugehörigkeit zur Polizei beweisen; sonst hat er kein Recht, mich auszufragen.

Die Autoren des »Handbuches des Atheisten« leugnen die Existenz Gottes. Doch existieren sie selbst? Wer sind sie? Können sie ihre eigene Existenz beweisen?

Um kühne Fragen stellen zu können, muß ein atheistischer Autor Milliarden Jahre der Existenz von Galaxien und Astralstaub voraussetzen. Es muß Sterne, Himmelsmechanismen und eine Sonne gegeben haben, die die Bewegung der Erde regulierten, ohne die Leben unmöglich gewesen wäre. Der Atheist kann gerade deswegen kühne Fragen stellen, weil Wasser, Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen, Elektrizität und Hitze existieren und weil es gebackenes Brot, vergorenen Wein, kosmische Strahlen, Regen und die überwältigende Tatsache der menschlichen Persönlichkeit gibt. Es muß eine ganze Reihe von Vorfahren, Milch in seiner Mutter Brust und Liebe in ihrem Herzen gegeben haben.

Selbst wenn wir die Annahmen des Atheisten gelten ließen, hat eine unergründliche Wirklichkeit durch die Wechselwirkung von Zeit und Zufall über eine unermeßliche Zeitspanne von Milliarden Jahren hinweg sowohl einen atheistischen Lehrer als auch einen christlichen Heiligen hervorgebracht. Warum? Wer sind sie? Weshalb gibt es sie? Gibt es sie wirklich?

Darüber weiß man soviel wie über die Frage, warum die Erde mitsamt dem ganzen Sonnensystem unentwegt einer bestimmten Konstellation entgegenrast, als ob sie eine Verabredung hätte. Sie werden angezogen. Was aber ist diese universale Anziehungskraft? »Anziehungskraft« ist ein Wort, das wir manchmal anstelle von »Liebenswürdigkeit« gebrauchen. Wer liebt? Wer ist der Geliebte?

Atheisten predigen wie Geistliche. Wie wäre es, wenn wir nicht mehr ihren verwirrenden Stimmen, sondern denen der Blätter, Bäche, Winde, Stürme, Vögel und kleinen Kinder zuhören würden? Diese könnten viel lehrreicher sein als viele unserer Worte.

Menschen, die naturverbunden leben, glauben. Der Atheismus entstand als ein städtisches Phänomen in den verformten Gedanken derer, die hinter sozialen sowie strukturellen Mauern leben mußten.

Wie wäre es, wenn wir der großen Stille lauschen würden? Woher kommt die Schönheit der Schneeflocken, Blumen, Farne und Flechten, die, jedes für sich, eine erlesene Stickerei sind? Woher die wunderbare Anordnung der Elementarteilchen in einem Atom?

Wie ist es möglich, daß das Elektron in seiner Umlaufbahn Hunderte von Millionen Male pro Hunderttausendstel einer Sekunde rotiert, damit das, was in ständiger Bewegung ist, uns als fester Gegenstand dienen kann?

Haben Sie je von einer Maschine mit achtzig Billionen elektrischer Zellen gehört? Einer ihrer Bestandteile, der nur rund 1,5 Kilogramm wiegt, ist ein aus zehn Milliarden Zellen bestehender Mechanismus, der Energie erzeugt, empfängt, speichert und abgibt. Diese einzigartige Maschine ist Ihr Körper. Wie wären Sie dankbar, wenn Ihnen jemand ein Auto schenken würde! Ihnen wurde jedoch eine viel bessere Maschine anvertraut. Von wem?

Wie läßt es sich erklären, daß durch einen Gefühlswandel hervorgerufene chemische Veränderungen in den Neuronen des Gehirns zu einem neuen Gedanken werden? Wie kann ein Mensch, der giftiges Kohlendioxid ausatmet, dieses in ein Wort der Liebe oder gar in ein Wort verwandeln, das die Botschaft des ewigen Lebens in sich trägt?

Wie ist es möglich, daß eine unsichtbare Hand Sie von einer geplanten bösen Tat zurückzuhalten scheint? Wessen Hand ist es? Selbst wenn die Stimme des Gewissens nicht stark genug ist, Sie von einem schlechten Vorhaben abzubringen, werden Sie sie später in Form von Bedauern und Reue wiederhören.

Wer sind Sie, der Sie nach der Identität der Wirklichkeit fragen? Was wäre, wenn diese Wirklichkeit Ihnen antworten würde: »Da du dich in deiner Vermessenheit als Autorität aufspielst, sag bitte zuerst, wer du bist.« Könnten Sie tatsächlich auf eine der Tausenden von Fragen antworten, die Ihnen die Realität stellt? Die Entwicklung der Wissenschaft hat die Sachkenntnis nicht um so viel erweitert, wie sie die Anzahl der Fragen erhöhte, auf die wir die Antwort finden müssen.

Sie fragen die Wirklichkeit nach ihren letzten Geheimnissen, nach ihrem Sinn, nach ihrem Plan und nach der Existenz eines Schöpfers. Wem sollte die Wirklichkeit antworten, und in welcher Sprache? Die Eingeborenen, zu denen die ersten Missionare gingen, kannten keine Worte für Begriffe, wie »Liebe«, »Glaube«, »Vergebung«, »Geist«, »heilig«, »Zug«. Die Missionare waren in der Fähigkeit, ihre Botschaft weiterzugeben beziehungsweise die Gegebenheiten in ihrer Heimat mitzuteilen, eingeschränkt. Kennen Sie eine Sprache, die der Wirklichkeit am nächsten ist?

Und zu wem sollte diese Wirklichkeit wiederum sprechen? Sie anerkennen nur die Vernunft. Nach Ihrer materialistischen Lehre arbeitet das menschliche Gehirn jedoch durch die Vernunft. Das Gehirn eines Elefanten ist anders konzipiert. Es wird vorwiegend durch den Instinkt gesteuert. Dem Ihrigen haben Sie einen schöneren Namen gegeben. Und trotzdem beharren Sie darauf, beide Gehirne seien Zufallserscheinungen der Evolution, die wahllose, von keinem Schöpfer beeinflußte Anhäufung von Atomen im Laufe von Äonen.

Sie betrachten den Atheismus als die Wahrheit. Doch bevor Sie dem Atheismus den Begriff »Wahrheit« zuordnen, müssen Sie definieren, was Sie unter »Wahrheit« verstehen.

Pilatus fragte: »Was ist Wahrheit?« (Joh. 18, 38). Wer immer die Antwort auf diese Frage nicht weiß, hat keine Grundlage für die Behauptung, irgend etwas sei wahr.

Skeptiker haben gesagt, »Wahrheit ist eine Vermutung, die sich behaupten konnte« oder »eine Halluzination, auf die sich eine Mehrheit einigen konnte«. Was sie aber als Halluzination abtun, könnte ein Irrtum sein, der in die richtige Richtung weist. Alchimie und Astrologie waren solche furchtbaren Irrtümer, die Vorläufer von Chemie und Astronomie.

Wie lautet Ihre Definition der Wahrheit? Ein Marxist würde sagen, die Wahrheit werde von der sozialen Klasse bestimmt. Die ökonomischen Bedingungen, unter denen ein Mensch lebe, würden seine Denkweise festlegen.  . . .

Spielt Furcht in Ihrem Denken keine Rolle? In den nichtkommunistischen Ländern wenden sich Atheisten oft der Religion zu. Angenommen, ein Mitglied der Moskauer Akademie der Wissenschaften käme nach gründlicher Erwägung aller Für und Wider zu dem Schluß, das Christentum habe recht — wie es bei Swetlana Stalina, Pasternak, Sinjawskij und Solschenizyn der Fall war; man kann seine Überzeugung in beliebiger Richtung ändern — was wäre das Ergebnis? Es würde augenblicklich seine Mitgliedschaft in der Akademie, seine Professur, die Möglichkeit, Bücher zu veröffentlichen, und nicht zuletzt auch seinen hohen Lebensstandard verlieren. Generalmajor Grigorenko, Mitglied der Moskauer Akademie, äußerte zu einigen politischen und militärischen Fragen Ansichten, die von denen der Sowjetregierung abwichen. Für diese »Abweichung« mußte er in einer Irrenanstalt büßen. Kennen Sie, meine Gegner, überhaupt keine Angst? Ohne die völlige Freiheit der Forschung und Meinungsäußerung, ob die jeweiligen Ansichten falsch oder richtig sind, kann der Verstand keine richtigen Resultate erzielen. Ihr Verstand wird von einem Gefühl beeinflußt — von der Angst.

Der Verstand jedes Menschen wird von Gefühlen der einen oder anderen Art beeinflußt. Bei einigen ist es der Wunsch nach Ruhm oder Gewinn. Solche Gefühle sind zu bedauern, aber in keinem Fall kann der Verstand allein richtige Ergebnisse hervorbringen. Warum sollten Sie nach richtigen Resultaten suchen, wenn Sie nicht von einer Leidenschaft, der Wahrheitsliebe, beseelt wären? Eine solche Leidenschaft, ein starkes Gefühl, kann manchmal ein Hindernis, manchmal aber auch die treibende Kraft für richtige Schlußfolgerungen sein. Sie ist die Voraussetzung dafür.

Woher wissen wir, daß Vernunftschlüsse richtiges Denken erzeugen? Nun, wir fühlen es ganz einfach. Und wir fühlen es nicht nur im kleinen, sondern auch im großen. Einstein sagte noch vor der Feuerprobe seiner berühmten Theorie, er habe das Gefühl, daß sie richtig sei. Was ist dieses Gefühl? Es gehört ebensowenig der Vernunft an wie die Intuition. Doch es befriedigte einen Einstein.

Ein Beweis ist nicht nur äußerlich. Es gibt auch einen innerlichen Beweis, der manchmal unserem Verstand widerspricht. Diese innere Überzeugung, der Glaube, ist an sich eine der großen Tatsachen des Universums. Sie muß respektiert und wie jede andere Tatsache der Natur erklärt werden.

Einsteins Beweisführung stützte sich auf eine außerhalb des Verstandes liegende Annahme.

Der Atheismus beruht ebenfalls auf einem Glauben. Auch er geht von bestimmten Voraussetzungen aus. Er beruht auf dem Gefühl, es lohne sich, das Leben mit der Verneinung des Nichtexistenten zu verbringen. Nietzsche, der große Prophet des Antichristen, war so ehrlich, dies zuzugeben. Er schrieb: »Sogar wir, die Verfechter des Wissens, wir, die Gottlosen und Antimetaphysiker, entnehmen unser Feuer auch heute noch einer Flamme, die ein Glaube, der Tausende von Jahren alt ist, entfachte — jenem christlichen Glauben, der auch der Glaube Platos war, daß Gott die Wahrheit und die Wahrheit göttlich ist.« Nietzsche bedauerte es, aber er betrachtete sich als »immer noch fromm«.

Wenn Gefühle in der Überzeugung von Gläubigen und Ungläubigen gleichermaßen eine so große Rolle spielen, warum sollte der Höchste zu dir sprechen, du stolze Vernunft, und nicht auch zu diesen Gefühlen?

Wenn Sie kein Gefühl für das Geheimnisvolle haben, können Sie nicht zur Wahrheit gelangen.

Weshalb glauben Sie, was Ihnen Ihr Verstand sagt? Sie wissen, daß er nicht verläßlich ist. Sie erwachen soeben von einem stundenlangen Schlaf, in dem dieser selbe Verstand Ihnen eine illusorische Welt vorgaukelte. Er belügt Sie jede Nacht. Er belügt Sie in Ihren Tagträumen und in Ihrer Phantasie. Ist es vernünftig, sich blind auf Ihren Verstand zu verlassen?

Millionen Menschen, die sich auf ihren Verstand verließen, jubelten einem Hitler und einem Stalin als großen Genies zu. Dieser selbe Verstand klagte sie später als Massenmörder an. Oft mußten Sie schon entdecken, daß sich Ihr Verstand geirrt hat. Er ist eine Hure, die Ihnen lieber das erzählt, was Sie gerne hören möchten. Dem Atheisten sagt er, es gäbe keinen Gott; dem religiösen Menschen sagt er, er könne Hoffnung haben; dem Mitglied einer politischen Partei sagt er, ihr Programm sei das beste.

Wir alle haben große Fehler gemacht. Die ganze Menschheitsgeschichte ist ein großer Friedhof von Ideen, für die Menschen zu sterben bereit waren. Sind Sie sicher, daß Ihre Ideen nicht eines Tages als ebenso unsinnig betrachtet werden wie die Vorstellung, die Erde werde von Atlas getragen?

Neunundneunzig Prozent der Bevölkerung unseres Jahrhunderts glauben im Vertrauen auf ihren Verstand an die absolute Gültigkeit des Gesetzes von Ursache und Wirkung. Heisenberg hat jedoch zusammen mit sehr wenigen, die seine Behauptung verstehen, recht mit der Aussage: »Die Lösung der Paradoxie der Atomphysik kann nur durch den Verzicht auf alte und gehegte Ideen gefunden werden. Die wichtigste dieser Ideen ist, daß Naturphänomene genauen Gesetzen gehorchen — dem Prinzip der Kausalität.«

Wer bist du, Verstand?  Wer ist deine letztliche Autorität, die du über die Wirklichkeit befragen und von der du die Enthüllung der letzten Geheimnisse fordern kannst?

An der Oberfläche des Ozeans der Wirklichkeit zeigt sich ein winziger Tropfen — mein Sein. Es geht aus dem Ozean hervor. Es kann den Ozean keinen einzigen Augenblick verlassen. Mein Sein ist ein Teil davon, verwüstet durch seine Stürme.

Sobald mein Ich sich zum König aufschwingt und die Wirklichkeit beurteilen will, anstatt sich bescheiden von ihr zu ernähren, bin ich keine Wirklichkeit mehr, sondern ein Nichts, eine Illusion.

Es gibt nur eine Wirklichkeit — Gott. Er hat alles geschaffen, aber in sich selbst. In ihm haben wir unser Sein, unser Leben und unsere Bewegung. Er umfängt alles, was er erschafft. So wie Milliarden von Zellen, jede mit vollständigem Aufbau und allen Lebensfunktionen, ihr Leben vom Körper empfangen, davon und darin existieren, so sind wir alle Teil einer höheren Wirklichkeit. Wir leben in Gott. Wenn wir uns ihm widersetzen, verliert unsere Existenz ihren Sinn.

Die Schwierigkeit, ein Atheist zu sein

Wir möchten unseren atheistischen Freunden so weit wie möglich entgegenkommen. Der Atheismus kann der Übergang von der falschen Religion zur Wahrheit sein.

Der Atheismus in einer bestimmten Generation ist im allgemeinen die Folge des Aberglaubens einer heuchlerischen Religion der vorangegangenen Generation. Dann wird er zur Übergangsphase. Bleiben Sie nicht im Übergangsstadium stehen!

Wir wissen auch, daß nicht alle, die sich Atheisten nennen, es wirklich sind. Baron Holbach, einer der bekanntesten atheistischen Philosophen des achtzehnten Jahrhunderts, nannte Gott seinen persönlichen Feind. Für ihn existierte nur die Natur. Seiner Ansicht nach erschafft die Natur, die selbst nicht erschaffen worden ist, alles. Genau das aber glauben wir von Gott. Die Natur sei unbegrenzt und ewig. Das glauben wir wiederum von Gott. Die Natur habe ihre Gesetze und Ordnungen, ihr Ziel und ihren Geist. Je mehr Sie über Holbachs Naturverständnis nachlesen, desto klarer wird Ihnen, daß er lediglich das Wort »Natur« für »Gott« gebrauchte, gegen den er eine Abneigung hatte. Das ist nicht wahrer Atheismus.

Für viele ist der Atheismus eine reine Schutzreaktion gegen die Enttäuschung einer erfolglosen Suche nach der Religion. Ihr Atheismus ist unterdrückte Religiosität, und es ist unser Fehler, nicht mit ihnen umgehen zu können. Christen sollten im Umgang mit Ungläubigen ihr »christliches Gehabe« verlernen. Ärzte sprechen unter ihresgleichen in ihrer Fachsprache, doch im Gespräch mit einem Patienten wird ein weiser Mediziner eine für diesen verständliche Sprache gebrauchen. Nicht alle Religionslehrer und Christen wissen, wie sie ihren Glauben denen verständlich machen sollen, die an die biblische Sprache nicht gewohnt sind. Das hält viele von der Religion ab. Dafür müssen wir Verständnis haben.

Wir haben auch Mitleid mit den Kümmernissen eines Atheisten. Es ist bestimmt schwieriger, ein Atheist zu sein als ein religiöser Mensch. Atheisten haben einen sehr anstrengenden Glauben. Sie werfen uns vor, wir würden ohne Beweise glauben. In diesem Buch werden wir den Beweis für unseren Glauben erbringen. Doch wer wird je in der Lage sein, die ungeheuren Lehrsätze des Atheismus zu beweisen?

Sein erstes Dogma lautet: »Seit jeher besteht die sich ständig verändernde Materie, die das Leben erschuf.«

Wie können die Atheisten das wissen? Der bekannte Astronom Hoyle erbrachte den Beweis für das Gegenteil. In seinem Buch »Die Natur des Universums« schreibt er:

»Um die Frage nach der Schöpfung zu vermeiden, müßte die ganze Materie des Weltalls unendlich alt sein — und das kann sie aus einem sehr praktischen Grund nicht sein. Wenn dem nämlich so wäre, könnte im Weltall kein Wasserstoff mehr vorhanden sein. Ich glaube, ich habe bei der Besprechung über das Innere der Sterne gezeigt, daß Wasserstoff im gesamten Universum ständig zu Helium umgewandelt wird; diese Umwandlung ist ein einseitiger Vorgang, das heißt Wasserstoff kann nicht in jeder beliebigen Menge durch Zerfall anderer Elemente gebildet werden. Wie kommt es aber dann, daß das Universum fast ausschließlich aus Wasserstoff besteht? Wäre die Materie unendlich alt, so wäre dies ganz unmöglich. Wir sehen also, daß man, so wie das Weltall nun einmal ist, die Schöpfungsfrage nicht umgehen kann.«

Die Bibel spricht wissenschaftlich, wenn sie sagt: »Was sichtbar ist, das ist zeitlich.«

Welche Beweise haben die Atheisten für das Gegenteil? Was macht sie glauben, die Materie habe seit jeher existiert? Welchen Beweis können sie für deren ständige Entwicklung erbringen? Und dennoch müssen sie glauben, es gäbe keinen Gott, keinen liebenden Vater, keinen Sinn in allem, keine Hoffnung für unser so kurzes Leben.

Ist alles Bestehende eine Zufallsverbindung von Elementarteilchen? Der kommunistische Schriftsteller Anatole France schrieb: »Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes für Fälle, in denen er nicht unterschreiben wollte.«

Der Mensch ist in Krisenzeiten, im Augenblick der Verliebtheit oder bei der Betrachtung von Schönheit kein Atheist. Der Mensch bleibt auf dem Sterbebett selten gottlos. Einige bleiben allerdings ihrer Rolle bis zum Ende treu; sie würden selbst im letzten Augenblick ihre Zweifel nicht bekennen. Doch wenn eine erfahrene religiöse Persönlichkeit zu einem solchen Menschen ans Sterbebett kommt, kann sie diesen bekehren.

Eine große Lebenskrise kann auch die Überzeugung eines Atheisten erschüttern.

Als die russische Revolution aufgrund der Belagerung von Petersburg durch die antikommunistischen Truppen unter General Kornilow in großer Gefahr war, hielt Lenin eine Rede, in der er verschiedene Male ausrief: »Daj Bosche…« — »Gebe Gott…« Man könnte einwenden, es handle sich hierbei um eine geläufige russische Redewendung. Doch Lenin gebrauchte sie außer in diesem Moment der Krise nie.

Drei Männer führten gegen die Nazis Krieg: Churchill, Roosevelt und Stalin. Die beiden Erstgenannten waren Christen. Churchill widmete sechs Bände seiner Memoiren diesem Krieg. Der Name Gottes kam den beiden Christen nie über die Lippen. Nur Stalin sagte: »Gott möge der Operation ,Torch’ zum Erfolg verhelfen« (,Torch’ = die Invasion in Nordafrika), »Die Vergangenheit gehört Gott« und so weiter.

Mao war ein fanatischer Atheist. Doch als er, Mitglied des Zentralkomitees der kommunistischen Partei, im Jahre 1936 schwer erkrankte, verlangte er, getauft zu werden, und wurde von einer Nonne getauft. Als seine Frau von den Truppen Tschiangkaischeks erschossen wurde, verfaßte er ein religiöses Gedicht mit dem Titel »Die Unsterblichen«. In einem Interview mit der englischen Zeitung »Snow« sagte er im Jahre 1971: »Bald werde ich vor Gott treten müssen.«

Solche Vorfälle sind sehr aufschlußreich. Wenn Sie der Ingenieur einer Brücke sind, ist für Sie eine Katze, die darüberläuft, kein Beweis für die Stabilität der Brücke. Ein Zug muß über sie fahren. Wir können den Atheismus nicht als nützlich betrachten, wenn er lediglich eine Gut-Wetter-Lehre ist.

Sinowjew, ein Präsident der Kommunistischen Internationale, starb auf Befehl Stalins. Seine letzten Worte waren: »Höre, Israel, unser Gott ist der einzige Gott.« Der sowjetische Innenminister Jagoda, der ebenfalls auf Geheiß Stalins starb, sagte: »Es muß einen Gott geben, weil meine Sünden mich eingeholt haben.« Jaroslawskij, Präsident der Liga der Gottlosen in der UdSSR, bat Stalin auf seinem Sterbebett: »Verbrennt alle meine Bücher! Schaut, Er ist hier! Er wartete auf mich. Verbrennt alle meine Bücher!«

Als ich in kommunistischen Gefängnissen mit Kommunisten einsaß, die nach Parteisäuberungen von ihren eigenen Genossen eingekerkert worden waren, wurde ich selbst Zeuge ähnlicher Szenen. Ich empfehle unseren atheistischen Freunden, über diese Dinge nachzudenken.  . . .

 

Der Ursprung des Christentums

Das »Handbuch des Atheisten« beginnt mit einem Kompliment an uns Christen: »Zumindest in seinen Anfängen verzichtete das Christentum sowohl auf den Opferdienst als auch auf jede Form des Rituals. F. Engels erklärte, dies sei ein revolutionärer Schritt gewesen. Im Gegensatz zu den anderen Religionen des Altertums lehnte das Christentum kategorisch alle ethnischen Abgrenzungen in Glaubensfragen ab, da seine Predigten an alle Stämme und Völker gerichtet waren. In Fragen des Glaubensbekenntnisses wies das Christentum auch die sozialen Schranken kategorisch zurück. Diejenigen, die die Lehre Jesu propagierten, sprachen zu allen Menschen, ohne Rücksicht auf deren ethnische Herkunft oder soziale Stellung.«

Immerhin verlieren unsere Gegner auch einmal gute Worte über uns. Keine nationale oder rassistische Diskriminierung innerhalb des Christentums, und dies schon vor 2000 Jahren! Aber in Polen und in der Sowjetunion werden die Juden diskriminiert. In Rußland wurden alle Tataren, die Tschetschenen, die Inguschen, die Kalmücken und die Wolgadeutschen deportiert, nur weil sie einer bestimmten Nation angehörten. In Rotchina werden die Tibetaner unterdrückt. In jedem kommunistischen Land lautet die erste Frage, die Ihnen gestellt wird: »Wie ist Ihre soziale Herkunft?« Wehe Ihnen, wenn Ihr Vater zufällig Fabrikbesitzer war! Es gab keine sozialen Schranken in dem Christentum, wie Christus es lehrte.

Weiter macht das »Handbuch des Atheisten« uns keine Komplimente. Dagegen wird behauptet: »Die griechischen, römischen und jüdischen Schriftsteller des ersten Jahrhunderts geben uns absolut keine Informationen über das Christentum.« Achten Sie bitte auf das nette Wort »absolut«! Diese Behauptung ist nämlich absolut falsch.

Römische Schriftsteller über das Christentum

Der römische Historiker Tacitus lebte etwa in den Jahren 60—120 nach Christus. In bezug auf den Brand von Rom im Jahre 64 n. Chr. schreibt er (Annalen XV, 24):

»Doch kein menschliches Zutun, weder die Freigebigkeit des Kaisers noch die Sühne der Götter, vermochte der allgemeinen Meinung abzuhelfen, daß der Brand auf Befehl gelegt worden sei. So ließ denn Nero jene Leute als Täter angeben und denselben die ausgesuchtesten Strafen antun, welche, wegen ihrer Laster verabscheut, gewöhnlich Christen genannt wurden. Christus, von welchem ihr Name abgeleitet wird, war unter Tiberius’ Regierung durch den Statthalter Pontius Pilatus mit dem Tode bestraft worden; worauf die für den Augenblick unterdrückte fluchwürdige Schwärmerei wieder hervordrang, nicht bloß in Judäa, der Heimat dieses Unheils, sondern auch in der Hauptstadt, wo alles, was scheußlich oder schandbar ist, sich von allen Seiten zusammenfindet. Demnach wurden zuerst diejenigen gefaßt, welche Geständnisse ablegten, und nach deren Angabe eine außerordentliche Zahl Menschen, die nicht eben wegen der ihnen angeschuldigten Brandlegung, wohl aber als Gegenstände des Hasses für die ganze Welt schuldig erkannt wurden. Man hatte noch seinen Scherz mit den Sterbenden, daß man sie mit Tierhäuten bedecken und so von Hunden zerreißen, oder ans Kreuz genagelt und zum Anzünden hergerichtet sterben ließ, und daß sie, wenn’s mit dem Tage aus war, zur nächtlichen Beleuchtung brennen sollten. Seinen eigenen Park hatte Nero zu dieser Schaustellung hergegeben und hielt jetzt ein Wagenrennen, indem er, als Wagenlenker gekleidet, sich unter den Pöbel mischte, oder wirklich auf einem Wagen stand. So kam es, daß die strafbaren Leute, welche das Äußerste zu leiden verdienten, Teilnahme erregten, als Menschen, die nicht zum gemeinen Besten, sondern für das mörderische Gelüsten eines einzelnen sterben müßten.«

Das »Absolut« des »Handbuches des Atheisten« ist also nicht absolut. Es gibt einen römischen Historiker des ersten Jahrhunderts, der die Existenz Christi bezeugt.

Wir können unseren Gegnern sogar mit einem weiteren aufwarten: Suetonius (um 75-160 n. Chr.). Er schreibt in »Vita Claudii«: »Da die Juden unter ihrem Anführer Christus beständig Unruhe stifteten, vertrieb er (Claudius) sie aus Rom.«

Hier wird die Existenz Christi erneut bestätigt, ja noch mehr: Zur Zeit des Kaisers Claudius hatte dieser Christus bereits viele Jünger in Rom. Im Jahre 64 n. Chr. wurden sie schon heftig verfolgt, wie derselbe Schriftsteller in »Vita Neronis« (XVI) beschreibt:

»Viele alte Vorschriften wurden während seiner (Neros) Regierungszeit wieder eingeführt und streng gehandhabt, aber es wurden auch neue Bestimmungen getroffen: … über die Christen, Menschen, die sich einem neuen und gefährlichen Aberglauben ergeben hatten, wurde die Todesstrafe verhängt.«

Es folgt ein dritter römischer Historiker, Plinius der Jüngere, 62 bis ca. 113 n. Chr. Er schreibt an den Kaiser Trajan:

»Es ist mir heiliges Gebot, o Herr, alles, worüber ich im Zweifel bin, Dir vorzutragen. Wer könnte nämlich besser meinem Zögern eine Richtung weisen oder meine Unwissenheit erhellen?

An Verhandlungen gegen Christen habe ich niemals teilgenommen; deshalb weiß ich nicht, was und inwieweit man hier gewöhnlich straft oder untersucht. Auch bin ich nicht wenig im unklaren, ob ein Unterschied im Alter gemacht wird, und ob den Reuigen Verzeihung gewährt wird oder ob es dem, der überhaupt einmal Christ war, nichts nützt, davon abgelassen zu haben. Inzwischen habe ich bei denen, die mir als Christen angezeigt wurden, folgendes Verfahren beobachtet: Ich fragte sie, ob sie Christen seien. Die darauf beharrten, ließ ich hinrichten.«

Wir können unseren Gegnern mit einem vierten Dokument dienen. Wir besitzen den ersten Brief des heiligen Clemens, Bischof von Rom, der unmittelbar nach der neronischen Verfolgung geschrieben wurde. Er stammt aus dem ersten Jahrhundert und enthält viele Angaben über das Christentum. Durch ihn kennen wir die damalige Lage der Gemeinde in Korinth. In ihm wird uns berichtet, daß der Apostel Petrus als Märtyrer gestorben, und Paulus siebenmal im Gefängnis gewesen sei.

Der heilige Clemens, der im ersten Jahrhundert lebte, kennt Christus als historische Wirklichkeit. Er schreibt: »Christus gehört nämlich denen an, die demütigen Sinnes sind, nicht denen, die sich erheben über seine Herde. Das Zepter der Majestät Gottes, der Herr Jesus Christus, ist nicht gekommen in prunkender Prahlerei und nicht im Stolz, obwohl er es gekonnt hätte, sondern in Demut, wie der Heilige Geist über ihn verkündigt hatte.«

Ein Abschnitt von Sulpicius Severus, einem christlichen Schriftsteller des vierten Jahrhunderts, wurde als einen Bericht angesehen, der auf einem verlorengegangenen Schriftstück von Tacitus basiere. Darin wird uns von einem Kriegsrat berichtet, der nach der Eroberung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. von Titus abgehalten wurde. Es wird berichtet, Titus habe die Ansicht vertreten, der Tempel von Jerusalem solle zerstört werden, damit die Religion der Juden und Christen gründlicher ausgemerzt werden könnte. Die Christen seien aus den Juden hervorgegangen, und wenn die Wurzel ausgerissen werde, könne der Stamm leicht zerstört werden.

Was bleibt von der Behauptung, das erste Jahrhundert gäbe uns keinerlei Informationen über das Christentum?

Das Zeugnis der Evangelien

Ein Grundsatz der atheistischen Bibel lautet, die Evangelien seien nicht im ersten Jahrhundert geschrieben worden, sondern von späteren, geschickten Fälschern. Das Johannesevangelium sei angeblich erst gegen Ende des zweiten Jahrhunderts entstanden.

Doch Ignatius zitierte daraus, obwohl er vor dem Jahre 116 den Märtyrertod starb. Der Philosoph Justinus zitierte es. Er starb um das Jahr 165. Sogar Loisy, der französische Bibelkritiker, gibt zu, daß dieses Evangelium bereits um das Jahr 130 Rom erreicht habe.

Eine einfache Analyse des Inhalts der Evangelien zeigt, daß sie keine späteren Fälschungen sein können. (Mit dieser Behauptung stellen sich meine Gegner sogar gegen Engels, der die Idee, das Christentum sei das Werk von Betrügern, für lächerlich hält. Siehe F. Engels, »Bruno Bauer und das alte Christentum«.)

Gegen Ende des zweiten Jahrhunderts, als die Evangelien angeblich erfunden wurden, waren die Namen der Apostel in christlichen Kreisen sehr geachtet. Warum also sollte ein Fälscher, der wollte, daß seine Schriften als von Gott inspiriert betrachtet würden, den Gemeinden erzählen, Jesus habe Petrus »Satan« genannt (Matth. 16, 23) und auch die anderen Apostel zurechtgewiesen? Solche Worte wären niemals im Evangelium erschienen, wenn sie nicht wirklich ausgesprochen worden wären. Die Apostel waren in den Gemeinden hochangesehen. Mißbilligende Worte über sie wären von keinem Christen erfunden worden.

Ende des zweiten Jahrhunderts wurde Christus in der ganzen Gemeinde als Gott angebetet. Das Werk eines Fälschers, der so dumm gewesen wäre, ihm auch nur die geringste Freundschaft mit Frauen oder eine Schwäche zuzuschreiben, die ihn am Kreuz ausrufen ließ: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Matth. 27, 46), wäre nie als heiliges Buch anerkannt worden. Dasselbe gilt für die Beschreibung von Jesu Furcht und Verzagtheit in Gethsemane (Matth. 26, 37—39). Solche Vorfälle machten den Namen des Erlösers zur Zielscheibe von Angriffen.

Celsus verspottet Jesus in einem Buch aus dem Jahre 178 wegen seines Seelenschmerzes am Kreuz und erinnert uns dabei daran, seine Jünger hätten ihr Leiden in mutigem Schweigen erduldet. Er muß die Fakten über Jesus aus den Evangelien gekannt haben. Die Evangelisten schrieben sie nicht zu ihrem eigenen Nutzen nieder, sondern weil sie Zeugen der Geschehnisse waren; und sie kümmerten sich nicht darum, ob sein Seufzen, seine Tränen, sein Leiden und sein Schmerz ihn in den Augen vieler degradieren würden. Solche Darstellungen sind der Beweis für die Echtheit und frühe Niederschrift der Evangelien.

Spätere Fälscher wären voll des Lobes über Jesus gewesen. Sie hätten uns nicht erzählt, Jesus sei von einigen seiner Zeitgenossen, von seinem eigenen Volk, von den Leuten, die ihn am besten kannten, als Teufel betrachtet worden (Joh. 7, 20), und er habe zu einem jungen Mann gesagt: »Was heißest du mich gut?« (Matth. 19, 17).

Die Evangelien und Episteln enthalten einige aramäische Worte. Aramäisch war die Sprache der Juden in Palästina. Weshalb hätten die Fälscher die aramäischen Äußerungen einflechten sollen, wenn die Evangelien Ende des zweiten Jahrhunderts in der griechischsprachigen Welt geschrieben worden wären? Sie hatten nur in den ersten Jahrzehnten christlicher Geschichte einen Sinn, als die Mehrheit der Christen Juden waren.

Die Evangelien enthalten große Debatten zwischen Jesus und seinen Gegnern über die richtige Art, den Sabbat zu halten, und über den Wert jüdischer Zeremonien. Diese waren für jüdische Leser des ersten Jahrhunderts wichtig. Heidenchristen des zweiten Jahrhunderts hätten sie nicht verstanden oder wären vom Inhalt der Diskussionen nicht betroffen gewesen. Ein Fälscher hätte erklären müssen, was Gebetsriemen, der Zehnte, die jüdischen Waschungen, wer die Pharisäer und Sadduzäer usw. waren. Doch die Evangelisten setzten dieses Wissen voraus, weil sie die Evangelien sehr früh schrieben und die Episoden des Lebens Jesu genau so wiedergaben, wie sie sich zugetragen hatten.

Nirgendwo im Neuen Testament finden wir die geringste Spur einer Dorfgemeinde. Das Christentum muß in erster Linie ein städtisches Phänomen gewesen sein. Warum hätten Fälscher Jesus immer wieder Anspielungen auf das Landleben, auf Vögel, Blumen und bäuerliche Arbeit in den Mund legen sollen?

Fälscher müssen schlaue Menschen sein. Wären die Evangelisten Fälscher gewesen, hätten sie weder so schlimme Fehler gemacht, noch wäre es ihnen gelungen, ein als Heilige Schrift anerkanntes Buch zu schreiben.

Eine Einzelheit aus dem Evangeliumsbericht, die sowohl seine historische Genauigkeit als auch sein Alter beweist, findet man in Johannes 19,34. Es wird berichtet, »Blut und Wasser« seien herausgeflossen, als einer der Soldaten mit dem Speer die Seite des gekreuzigten Herrn öffnete. Der Grund wird nicht genannt. Doch der Evangelist Johannes war Augenzeuge gewesen, und er schrieb, was er gesehen hatte. Weder er noch irgend jemand konnte zu dieser Zeit erklären, was geschah. Erst achtzehn Jahrhunderte später erklärte ein gewisser Dr. Simpson, Entdecker des Chloroforms, Jesus Christus sei an einer Extravasation des Blutes oder, in unserer Sprache ausgedrückt, an einem gebrochenen Herzen gestorben. Bei diesem Tod werden die Arme ausgeworfen (Jesu Arme waren natürlich am Kreuz ausgestreckt), der Sterbende stößt einen lauten Schrei aus, wie es auch Jesus tat, »das Blut entweicht in den Herzbeutel und hindert das Herz am Schlagen. Dort steht das Blut für kurze Zeit und teilt sich in Serum (Wasser) und Blutgerinnsel (die roten Blutkörperchen). Als der Soldat in die Seite (in den Herzbeutel) stach, flossen Blut und Wasser heraus.«

Ist es einleuchtend, daß ein Schriftsteller eine Begebenheit schildert, die sich nie ereignete und für die erst nach nahezu zweitausend Jahren die genaue und passende wissenschaftliche Erklärung gefunden werden konnte?

Die Behauptung, das Evangelium sei eine spätere Fälschung, ist in sich selbst eine spätere Fälschung.

Ist es denkbar, daß eine nichtexistente, mythische Person der Schöpfer der ganzen christlichen Zivilisation war, deren Bürgerzahl die eines jeden weltlichen Staates übersteigt?

Kein Reich besteht seit zweitausend Jahren wie das christliche, das die Verfolgungen, den Haß und die Entbehrungen von zwanzig Jahrhunderten überdauerte.

Das Christentum ist die überwältigendste Tatsache der Welt – und diese größte Tatsache wurde von einer nichtexistenten Person ins Leben gerufen? Barer Unsinn! Wer kann so etwas glauben?

John Stuart Mill schrieb: »Es ist sinnlos zu sagen, Christus, wie er in den Evangelien dargestellt wird, sei nicht historisch. Wer von seinen Jüngern oder Proselyten wäre fähig gewesen, die Jesus zugeschriebenen Aussagen zu erfinden oder sich das Leben und den Charakter vorzustellen, wie sie in den Evangelien offenbart werden? Sicherlich nicht die Fischer von Galiläa, und sicher nicht der heilige Paulus.«

Wer könnte die Person Jesu erfunden haben – nicht nur seine Güte und Milde, sondern auch seine Begabung, mit Menschen und Problemen umzugehen, seinen Scharfblick und sein Talent als Evangelist?

Und zudem, wer wären die Erfinder Jesu gewesen? Juden hätten ihn nicht erfinden können, da im ersten Jahrhundert ihr Monotheismus so hartnäckig aufrechterhalten wurde, daß sie niemals einen Mann erfunden hätten, der die Menschwerdung ihres unsichtbaren Gottes darstellte.

Die Juden verachteten andere Nationen. Sie hätten kein Glas Wasser von einem Samariter entgegengenommen. Daher hätten sie Jesus sicher nicht erfunden, der mit Fremden Freundschaft schloß. Sie glaubten, das auserwählte Volk zu sein. Warum hätten sie jemanden erfinden sollen, der alle Rassenunterschiede ignorierte und alle Menschen annahm?

Auch die ersten Christen konnten ihn nicht erfunden haben.

Wir sehen ganz einfach, daß sie, unfähig, einen Jesus zu erfinden, lediglich seinen schönen Namen hätten verderben können.

Schon der heilige Paulus schreibt, zu seiner Zeit hätten manche aus Habgier, Ruhmsucht und egoistischen Motiven gepredigt und das Wort Gottes verdreht (Philipper 1, 15-16). Habsüchtige und egoistische Prediger können keinen Jesus erfinden.

Und selbst wenn die Menschen in der Lage gewesen wären, einen menschgewordenen Gott zu erfinden, hätten sie ihn nie als einen Juden erfunden, als einen Menschen, der einer verachteten Rasse angehörte, als einen Zimmermann, als einen Ungebildeten, der in einer Krippe geboren wurde, an einem Kreuz starb und nicht eine Zeile hinterließ.

Solche Dinge können nicht erfunden werden.

Bezüglich der drei Fragen, die der Teufel Jesus stellte, als er ihn in der Wüste versuchte: »Bist du Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brot werden « (Matthäus 4, 3) — »Bist du Gottes Sohn, so laß dich hinab; denn es steht geschrieben: ‘Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf den Händen tragen, auf daß du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest’« (Matthäus 4, 6) — »Das alles (alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit) will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest« (Matthäus 4, 9) schreibt Dostojewski in »Die Brüder Karamasow«:

»Wenn jemals auf Erden ein wirkliches, gewaltiges Wunder vollbracht worden ist, so an jenem Tage, am Tage dieser drei Versuchungen. Gerade darin, daß diese drei Fragen auftauchten, bestand das Wunder. Wenn man sich, nur zur Probe und als Beispiel, vorstellen wollte, daß diese drei Fragen des furchtbaren Geistes spurlos aus der Schrift verschwunden wären und, wiederhergestellt, von neuem erdacht und formuliert werden müßten, um sie wieder in die Schrift einzusetzen, und daß man zu diesem Zweck alle Weisen der Erde, alle Herrscher, Hohenpriester, Gelehrten, Philosophen und Dichter versammelte und ihnen die Aufgabe stellte: ersinnt und formuliert drei Fragen, die nicht nur der Größe des Ereignisses entsprechen, sondern überdies noch in drei Worten, in drei Sätzen die ganze künftige Geschichte der Welt und der Menschheit enthalten— glaubst du wohl, alle Weisheit der Welt vermöchte, wenn sie sich vereinigte, etwas zu ersinnen, das an Kraft und Tiefe den drei Fragen gleichkäme, die dir damals in der Wüste von dem mächtigen und klugen Geist vorgelegt wurden? Schon allein an diesen Fragen, allein schon an dem Wunder, daß sie gestellt wurden, ist zu erkennen, daß man es hier nicht mit der vergänglichen menschlichen Vernunft zu tun hat, sondern mit der ewigen und absoluten.«

Ingersoll, der bekannte atheistische Schriftsteller, sagte über Jesus:

»Mit Renan glaube ich, daß Christus der einzige vollkommene Mensch war. ‘Alles, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch’, ist die Vervollkommnung von Religion und Moral. Es ist das Summum bonum. Es ist erhabener als die Lehren von Sokrates, Plato, Mohammed, Mose oder Konfuzius. Es übersteigt die Gebote Mose, die dieser von Gott zu haben behauptete, denn nach den Worten Christi ‘das tut ihr ihnen auch’ könnte es keinen Mord, keine Lüge, Habgier und keinen Krieg geben.« Der vollkommene Mensch konnte nicht von sehr unvollkommenen Aposteln erfunden werden.

Die Botschaft des Neuen Testaments

Die Kritik am Neuen Testament, es sei eine phantasievolle spätere Fälschung, ist unbegründet. Wenn dem aber so ist, warum wurde sie vorgebracht?

Angenommen, das Neue Testament wäre ein schlechtes Buch, warum werden dann 700 Seiten geschrieben, die es widerlegen sollen? Jedes Jahr erscheinen in der Sowjetunion gute und schlechte Romane. Niemand führt einen weltweiten Kreuzzug gegen einen schlechten Roman. Die Leser legen ihn von selbst beiseite. Die Linie der kommunistischen Partei ändert sich ständig. Bücher, die als großartig angesehen wurden, werden plötzlich verbannt. Wer hätte vor zwanzig Jahren gewagt, das Werk des großen Genies Stalin nicht in seiner Bibliothek zu haben? Doch eines Tages erging ein Befehl. Die Bücher verschwanden ganz einfach. Niemand widerlegte sie. Sie wurden in aller Stille zu Grabe getragen, als ob sie nie geschrieben worden wären. Dann begann Chruschtschow, seine etwas bescheidenere Sammlung von Artikeln und Reden zu veröffentlichen, gut ausgewählt, damit die Leser nicht daran erinnert würden, er sei einer von Stalins Schmeichlern gewesen. Auch diese Bücher verschwanden. Keine Widerlegungen. Keiner widerlegt die -zig Bände Trotzkis.

Warum wird ein solcher Kampf geführt, um das Neue Testament zu kritisieren und zu zerreißen, während es der Bevölkerung in der Sowjetunion gleichzeitig verboten ist, ein Exemplar davon zu besitzen, aufgrund dessen sie sich ihre eigene Meinung bilden könnte?

Der Grund dafür liegt darin, daß die Evangelien und das Neue Testament als Ganzes eine Botschaft von höchster Wichtigkeit für jeden Menschen enthalten. Können Sie sich ein gutes Essen ohne Koch vorstellen? Die Natur ist ein Festmahl: sie erzeugt Getreide, Kartoffeln, Milch, Fleisch und Früchte aller Art. Es gibt Sonnenschein und Regen, schöne Blumen und das fröhliche Gezwitscher der Vögel. Es gibt nützliche und schöne Dinge, die Ihren Körper befriedigen und Ihre Seele beglücken. Wer ist der Koch beim Festmahl der Natur? Es ist ein weiser Schöpfer, Gott.

Man erzählt sich die Geschichte eines Wissenschaftlers, der vom Labor nach Hause kam und von seiner Frau zum Essen gerufen wurde. Sie setzte ihm einen Salatteller vor. Da er Atheist war, sagte er: »Wenn Salatblätter, Salzkörner, Essig- und Öltropfen und Eischeiben seit ewigen Zeiten in der Luft herumgeflogen wären, hätte endlich zufällig ein Salat entstehen können.« — »Ja«, antwortete seine Frau, »aber nicht ein so schöner und gut angemachter wie meiner.« Atome, die sich zufällig vereinigten, hätten nicht ein so schönes Universum ergeben.

Das Atom ist geheimnisvoll. Das Leben ist geheimnisvoll. Die Wissenschaftler sind von der Entdeckung seiner Geheimnisse weit entfernt. Um wieviel geheimnisvoller ist erst Gott, der Schöpfer von Materie und Leben! Im Johannesevangelium steht geschrieben: »Niemand hat Gott je gesehen.« Als Mose ihn einst bat: »Laß mich deine Herrlichkeit sehen« (2. Mose 33, 18), erhielt er die kategorische Antwort: »Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht« (2. Mose 33, 20). Kein Philosoph kann ihn begreifen, aber sogar der einfachste Mensch kann ihn erfassen, so wie kein Wissenschaftler bis heute die Geheimnisse des Atoms begreift, und doch jeder mit Materie umgehen kann, die aus Atomen besteht.

Das Neue Testament berichtet uns von diesem Gott, wie die Natur auch.

Ich sprach einmal mit einem Mitglied der kommunistischen Partei. Es sagte mir in einem vertraulichen Moment: »Im Herbst betrachtete ich durchs Fenster einen kahlen Baum. Ich wußte, er würde im nächsten Frühjahr wieder voller Blätter und Knospen sein, und Vögel würden in seinen Zweigen zwitschern. Da betete ich das »Ich-weiß-nicht-Wer« oder das »Ich-weiß- nicht-Was« an, das mir Bäume, Getreide und Blumen gibt. Ich werfe schwarze Kohlen ins Feuer, und das Feuer verwandelt sie in schöne weiße Flammen. Ich bete die Kraft oder die Person an – ich weiß nicht, wer oder was es ist -, die unser Böses mit Gutem vergilt und manchmal häßliche Leben, Leben ehemaliger Verbrecher, in schöne Leben von Märtyrern für eine heilige Sache verwandelt. Ich kenne solche Menschen unter euch Christen.« Dieser kommunistische Offizier verstand Gott nicht, aber er hatte ihn erfaßt.

Es ist für das »Handbuch des Atheisten« ein leichtes, die primitiven Vorstellungen von Gott zu belächeln, wie wir ihn auf Ikonen sehen: den alten Mann mit weißem Bart, der auf einem Thron sitzt.

Christen werden als Kinder in einer kindlichen Art über Gott belehrt. Wenn sie älter werden, versäumen viele von ihnen, der biblischen Aufforderung nachzukommen und abzulegen, was kindisch ist (1. Kor. 13, 11). Sie bleiben bei diesen kindlichen Vorstellungen, über die die Atheisten sich leicht lustig machen können. Aber Gott ist anders als gewisse unreife Vorstellungen von ihm.

Die Ikonen sind sicherlich nicht lächerlicher als das Bild, das der große Physiker Nils Bohr vom Atom zeichnete. Das Atom ist anders, als wir es zeichnen können, und Gott ist anders als unsere Gedanken über ihn. Doch die Wissenschaft käme ohne ihre Näherungswerte nicht aus. Wir Christen brauchen ebenfalls menschliche Worte und menschliche Malereien, um unsere Gefühle über Gott auszudrücken. Thomas von Aquin, einer unserer größten Lehrer, schrieb: »Gott ist nicht bestehend, sondern Überdasein. Also ist er nicht verstehbar, sondern liegt über jedem Verstand.« Unser Verstand ist zu klein, als daß er das unendliche Sein umschreiben könnte; doch er kann es, wie gesagt, erfassen.

Ein Christ fragte einmal einen Atheisten, mit dem er durch die Wiesen streifte: »Wer hat all diese schönen Blumen gemacht?« — »Vergiß es!« war die Antwort. »Komm nicht noch einmal mit deinem dummen Gerede über Gott. Die Blumen existieren von selbst.« Der Christ beharrte nicht weiter darauf. Einige Tage später besuchte ihn dieser selbe atheistische Freund. In seinem Wohnzimmer hatte er ein schönes Blumengemälde hängen. Der Atheist fragte ihn: »Wer hat es gemalt?« Der Christ sagte: »Fang nicht mit religiösem Unsinn an! Niemand hat diese Blumen gemalt. Sie kamen von selbst auf das Bild. Die Natur machte den geschnitzten Rahmen. Dann sprang das Bild von selbst an die Wand, an einen Nagel, der zufällig dort war, von niemandem eingeschlagen. Das ist alles.« Der Atheist nahm den Scherz schlecht auf. Doch der Christ fragte: »Ist es logisch, zu glauben, diese drei Blumen auf dem Gemälde, die weder riechen noch leben, müßten von jemandem erschaffen worden sein, während die Millionen von lebenden Blumen in den Tälern und auf den Hügeln mit ihrem berauschenden Duft keinen Schöpfer haben sollen?«

Gott ist ein Geheimnis. Jesus lehrt uns sagen: »Unser Vater im Himmel« (Matth. 6, 9), nicht »Unser Vater, der du auf den Straßen gehst und von jedem an jeder Straßenecke gesehen werden kannst.« Er ist auf der Welt inkognito.

Stecken Sie einen Schmetterling mit einer Nadel an ein Brett, so haben Sie ihn getötet. Es ist kein Schmetterling mehr, sondern seine sterbliche Hülle. So können wir Gott auch nicht mit einer Definition festnageln. Wir geben ihm Namen, obgleich wir wissen, daß sie unzulänglich sind. Das Äußerste, das wir über ihn sagen können, ist, er sei der Eine, über dem es nichts Größeres geben könne.

Doch Gott offenbarte sich in der Person Jesu Christi, des Gottessohnes, der einst auf diese Erde kam. Von ihm berichtet das Neue Testament. Das Leben von Millionen Menschen wurde durch ihn verändert.

Falsch ist die Behauptung des »Handbuches des Atheisten«, Christi Lehre zerstöre die Lebensfreude. Der Freude zu entsagen, ist unchristlich. Die Ablehnung der Freude ist eine Ablehnung dessen, was wir Christen als die Schöpfung Gottes betrachten. Warum sollten wir das zurückweisen, was ein guter Vater uns gegeben hat? Das Alte Testament sah vor, der Mensch könne für kurze Zeit allen irdischen Freuden entsagen. Wenn diese Zeit um war, mußte er Gott als Sühne für die Sünde, Gottes wunderbare Gabe der Freude verschmäht zu haben, ein Opfer bringen (4. Mose 6, 2-16). Das Christentum bringt niemanden um die Freude. Es fügt im Gegenteil den rein irdischen Freuden himmlische Freuden hinzu. Welche größere Freude gibt es, als die zu lieben?

Akzeptieren Sie all diese unbewiesenen Falschheiten, die uns zur Last gelegt werden, nicht, besonders, wenn es christlichen Schriftstellern nicht erlaubt ist, darauf zu antworten. Die einfache Tatsache, daß die Atheisten uns mundtot machen, während sie Bücher schreiben, zeigt, daß sie unfair und daher nicht vertrauenswürdig sind.

Setzen Sie Ihr Vertrauen auf Gott! Dieser Gott leidet mit uns. Er teilt alle unsere Sorgen. Er opfert sich für uns. Er begehrt uns.

Marx und der historische Materialismus beraubten die Wirklichkeit ihrer eigentlichen Seele, Gott, und zerstörten sie so.

Die Vertrautheit mit Gott ist der Schlüssel zum tiefen Verständnis der Welt. Wir haben nicht die Wirklichkeit plus Gott, sondern die in die Schönheit Gottes gekleidete Wirklichkeit. Wir finden vergleichsweise auf einem Gemälde nicht eine Landschaft plus einen Sonnenuntergang; vielmehr sind alle Hügel, Täler und Bäume in die Farben der untergehenden Sonne getaucht. Das Neue Testament spricht in einer gewissen »Röntgenart« von Universum und Geschichte. Die Materialisten sehen nur das Äußere der Dinge. Die Gläubigen sehen alle äußerlichen Dinge plus das, was Universum und Geschichte beseelt, das Innere, Gott, der an seiner Schöpfung arbeitet und sich in seinen Handlungen als die Liebe manifestiert.

Gott sandte seinen eigenen Sohn, Jesus Christus, zu unserem Heil. Wie ein Bäcker Ihre Sorge um das Brot auf sich nimmt, wie der Bauer für Sie Gemüse pflanzt, der Schuhmacher Ihnen sein Erzeugnis anbietet und ein Professor Ihnen Ihre Unwissenheit nimmt und Ihnen über Jahrhunderte hinweg gesammelte Kenntnisse vermittelt, so nahm Jesus, der Sohn Gottes, der einzige, der nie eine Sünde beging, die Sorge um Sie auf sich. Er gibt Ihnen seine Gerechtigkeit. Sie werden wie ein neugeborenes Kind, wie ein Mensch, der nie gesündigt hat. Ihr Leben beginnt in Vereinigung mit Gott von neuem. Ihre Sündhaftigkeit nahm er auf sich.

Irgendwie haben Sie das Gefühl, Ihre Sünden seien sehr schwerwiegend gewesen. Sie brachten anderen Leid. Vielleicht wurden Blut und Tränen vergossen, und Sie sind daran schuld. Nun, er trug nicht nur Ihre Sünde, sondern auch die Strafe dafür. Er trug sie, als er am Kreuz auf dem Hügel Golgatha in der Nähe Jerusalems starb. Durch seine Wunden sind wir geheilt (Jes. 53, 5).

Im Neuen Testament heißt es: »Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben« (Joh. 3, 16). Beachten Sie das Wort »alle«, sogar der Autor eines »Handbuches des Atheisten«, jedermann; sogar Menschen, die die schlimmsten Verbrechen begangen haben. Das Neue Testament lehrt uns, Jesus stehe an unserer Herzenstür und klopfe an. Wenn jemand ihn höre und ihm die Tür öffne, gehe er hinein und spreche mit ihm von Herz zu Herz (Offb. 3, 20).

Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit für den Staat oder aus Essen, Trinken und sexuellen Freuden. Christus ist ein geistliches Wesen. Er möchte Sie befähigen, die Sünde, den Tod und die Hölle zu überwinden, und er wartet nur auf Ihre Entscheidung. Er verspricht nicht nur einen zukünftigen Himmel, sondern schon jetzt ein himmlisches Leben in Ihrer Seele.

Das Neue Testament erzählt uns, Christus, der Sohn Gottes, habe die Menschen so geliebt, daß er für seine Mörder betete, als er die Qualen des Kreuzes litt (Luk. 23, 34). Sie mögen ein Dieb gewesen sein. Christus starb zwischen zwei Dieben, und während er am Kreuz hing, rettete er einen von ihnen, der bereut hatte, für das Paradies (Luk. 23, 43). Er scheute weder Halunken noch Huren. Es war ihm eine große Freude, schwere Verbrechen zu vergeben.

Das Neue Testament wird von Atheisten verworfen, weil es die Liebe zum Leitprinzip des Lebens erklärt und weil es aus dem Herzen eines Menschen einen Winkel des Himmels macht. Der Verstand beginnt aufrichtig zu denken, weil Irrtümer im Leben oft nichts anderes als Mangel an Liebe sind. Wenn Sie einmal ernsthaft in den Spiegel der Wahrheit geblickt haben, der Christus ist, wird ein tiefes Mitgefühl für alle Menschen Ihre Seele erfüllen, und Sie werden wunderbar frei sein.

Der sowjetischen Bevölkerung ist es nicht erlaubt, die Botschaft des Neuen Testaments zu kennen, da diese sie mit Gott vereinigen würde. — Daher die heftigen, aber unbegründeten Angriffe. Doch für uns Christen, die wir einen tiefen Einblick in die großen Realitäten von Sünde und Vergebung haben, ist es leicht zu verstehen, warum unsere atheistischen Freunde vor dem Kreuz schaudern und warum sie sogar Bücher dagegen schreiben. Die Atheisten haben nämlich letztlich eine innere Schau, daß die Bibel die letzte Wahrheit enthält.

Stalin ist tot, doch nie wird ein Kommunist singen: »Stalin, Geliebter meiner Seele«, noch ist er gewillt zu singen: »Chruschtschow, mein Liebster«, und seine Nachkommen werden in hundert Jahren zu Ehren Breschnews nicht singen: »Ich brauch’ dich allezeit.«

Diese Lieder werden jedoch in aller Welt zu Ehren Jesu gesungen, der vor fast zweitausend Jahren gekreuzigt wurde. Trotz aller Versuche wird es den Kommunisten nie gelingen, diese Lieder im heiligen Rußland zum Schweigen zu bringen. Aber über sie wird man keine Lieder singen.

Respektlose Angriffe gegen die Bibel

Von der Kritik am Neuen Testament geht das »Handbuch des Atheisten« zur Kritik an der gesamten Bibel über.

Es tut uns leid, daß auch diese Angriffe vulgär und oberflächlich sind. Wir hätten etwas anderes erwarten können. Es gibt so etwas wie eine elegante, großzügige Form des Unglaubens.

So ist beispielsweise der Atheismus von Ludwig Feuerbach. Er glaubte nicht an Gott, wollte jedoch die Religion beibehalten, die den Menschen edel, liebreich und gerecht mache. Feuerbach nennt in »Das Wesen des Christentums« die Religion »heilig «, weil sie »die Überlieferung des ersten Bewußtseins« sei, das für ihn Kindheit bedeute. Ist es nicht schön, die Erinnerungen der Kindheit zu bewahren, fragt er.

Jesus hätte nichts dagegen eingewandt, die Religion kindlich zu nennen. Er lehrte uns, wir sollten wie die kleinen Kinder werden (Matth. 18, 3). Wir alle schätzen die Kindheitserinnerungen. Weshalb sollen wir sie so rigoros verbannen, wie die Kommunisten es tun? Tun sie es, weil sie an eine Zeit erinnert werden, in der ihre Seelen schöner waren als jetzt?

Wir empfehlen unseren Gegnern, »Die Messe des Atheisten« von Honore de Balzac zu lesen. Die Hauptperson ist ein atheistischer Chirurg, Desplein. Ein Wasserträger namens Bourgeat hatte dem sehr armen, hungrigen Studenten in christlicher Liebe durch harte Arbeit und persönliche Opfer geholfen, das Studium zu finanzieren, nach dessen Abschluß Desplein ein angesehener Arzt wurde.

Desplein war ein Ungläubiger. Doch als Bourgeat ihn auf dem Sterbebett bat, für sein Seelenheil Messen zu lesen, erfüllte ihm der atheistische Professor aus Dankbarkeit diesen Wunsch. Er sprach regelmäßig die gewünschten Gebete für den verstorbenen Katholiken, der ihm Gutes getan hatte.

Wir haben versucht, den Atheisten Verständnis entgegenzubringen, doch wir erwarten von gebildeten Atheisten, unserer Ansicht nach mit Recht, die Anerkennung ihrer kulturellen Abhängigkeit von der Bibel sowie zumindest ein anständiges Vorgehen bei ihren Angriffen.

Friedrich Nietzsche war der erste, der erklärte, Gott sei tot. Er war Hitlers Lieblingsphilosoph. Hitler zog die richtigen Schlüsse: Wenn Gott tot war, brauchte er, Hitler, keine Skrupel bei der Ermordung von Millionen unschuldiger Menschen zu haben. Doch Nietzsche war seinem zukünftigen Anhänger sehr wenig ähnlich. Er sprach mit heiliger Ehrfurcht vom Tode Gottes. Nach der Verkündigung dieser Nachricht ging er in seinem Wahn in verschiedene Kirchen und sang das »Requiem aeternam Deo«, eine Hymne, die den toten Gott beklagt. Für Nietzsche war Gott tot. Für ihn war diese Schlußfolgerung die Quelle eines tiefen Dramas, und man spürt sein echtes Bedauern darüber, daß Gott nicht mehr lebte.

Bei vielen Atheisten ist es genau umgekehrt. Sie feiern den Tod Gottes. Sie brauchen sich nun nicht länger mit Gedanken über Gewissen, Aufrichtigkeit und Liebe zu quälen. Sie können tun, was ihnen gefällt. Dieser Atheismus ist unanständig.

R. Garaudy, ehemaliges Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Frankreichs, schrieb: »Ohne zu verarmen, können wir nicht den grundlegenden Beitrag des Christentums vergessen.«

Lunatscharskij, ehemaliger Erziehungsminister der Sowjetregierung, schrieb: »Die Idee von Gott enthält immer etwas unendlich Schönes… Die Sorge wohnt immer im Menschen. Wer die Welt nicht auf religiöse Weise zu erfassen weiß, ist zum Pessimismus verurteilt…«

Die kommunistischen Atheisten beginnen die Geschichte des richtigen Denkens bei sich selbst, was zu katastrophalen Ergebnissen führt. Sie enden mit dem Außerachtlassen der Wahrheit, die die Menschheit sich im Laufe von Jahrtausenden aneignete, oder mit dem Versuch, sie auszulöschen. Folglich machen sie aus der Religion eine Karikatur. Wir bedauern dies. Karikaturen sind immer gefährlich für ihre Zeichner.

Eine junge Frau hatte einst eine Diskussion mit dem großen Satiriker Hogarth. Sie äußerte den Wunsch, das Karikieren zu erlernen, worauf Hogarth antwortete: »Ach, junge Dame, das ist keine beneidenswerte Gabe. Befolgen Sie meinen Rat, und zeichnen Sie nie Karikaturen. Ich habe es so lange gemacht, bis ich die Freude am Schönen verlor. Ich sehe jedes Gesicht nur in seiner Verzerrung. Ich habe nie die Befriedigung, das menschliche Gesicht als göttlich zu betrachten.«

Wer die Religion karikiert, befindet sich in derselben Lage. Im Zerrspiegel seines entstellten Verstandes scheinen sogar Engel teuflische Züge zu haben.

Solche Menschen sind sich nicht bewußt, daß mit der Nichtbeachtung der Bibel als wertloses Buch die gesamte berühmte Weltliteratur untergehen würde. Was bliebe von Dostojewski, Tolstoi, Milton, John Bunyan, Walter Scott und Anatole France? Tennyson sagte, das Buch Hiob sei das beste Gedicht, das er je gelesen habe. In seinen Werken zitiert er die Bibel 300 mal. Shakespeare entlieh über 500 Ideen und Sätze daraus. Byrons Gedicht »Dunkelheit« wurde vom Buch Jeremia inspiriert.

Sogar »Das Kapital« von Marx sowie seine anderen Schriften und auch die von Engels müßten abgeändert werden, da sie mit Verweisen auf die Bibel durchsetzt sind.

Nähme man die Bibel weg, wären die Werke von Michelangelo, Raphael, Leonardo da Vinci, Rembrandt und die vieler anderer großer Maler wie auch die berühmten Musikwerke von Bach, Beethoven, Mozart, Haydn, Brahms und anderen uns unverständlich.

Hören Sie auf das Zeugnis namhafter Männer!

William Gladstone, der viermal Premierminister von Großbritannien war, sagte: »Wenn ich gefragt werde, was für eine Medizin es für die tieferen Sorgen des menschlichen Herzens gäbe, was der Mensch zu seinem Fortkommen hauptsächlich als die Kraft ansehen solle, die ihm in Schwierigkeiten Halt geben und ihn befähigen könne, seine unausweichlichen Nöte zu bewältigen, muß ich auf etwas hinweisen, das in einem bekannten Lied ,die alte, alte Geschichte’ genannt wird, die in einem alten Buch erzählt wird, welches das größte und beste Geschenk ist, das der Menschheit je gegeben wurde.« Er meinte damit die Bibel.

Jean-Jacques Rousseau schreibt: »Wie unbedeutend, wie verachtenswert sind die Worte unserer Philosophen mit all ihren Widersprüchen im Vergleich zur Heiligen Schrift. Ist es möglich, daß ein Buch, das gleichzeitig so einfach und doch so vollendet ist, lediglich die Worte von Menschen enthalten kann?«

Goethe schreibt: »Ich bin überzeugt, daß die Bibel immer schöner wird, je mehr man sie versteht.«

Heinrich Heine, der sehr weit davon entfernt war, ein religiöser Enthusiast zu sein, schreibt über die Bibel: »Welch ein Buch, groß und weit wie die Welt, wurzelnd in die Abgründe der Schöpfung und hinaufragend in die blauen Geheimnisse des Himmels, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, Verheißung und Erfüllung, Geburt und Tod, das ganze Drama der Menschheit, alles ist in diesem Buche!«

Die englische und die deutsche Sprache wären in gewisser Hinsicht nicht das, was sie sind, wenn sie nicht von der Bibel geprägt worden wären. Sie ist das eine Buch, mit dem bereits Hunderten von Völkern und Stämmen das erste Alphabet vermittelt worden ist. Sie ist das erste Buch, mit dem sie lesen lernten.

Garibaldi, der italienische Patriot, der sein Vaterland politisch befreite und einigte, sagte von der Bibel: »Dies ist das Geschütz, das Italien befreien wird.«

Nachstehend die Zeugnisse einiger der bekanntesten Präsidenten Amerikas:

Washington: »Vor allem hatte das reine und unbeugsame Licht der Offenbarung einen erleuchtenden Einfluß auf die Menschheit und mehrte die Wohlfahrt der Gesellschaft.«

Lincoln: »Ich suchte stets bei Gott Rat und unterbreitete ihm meine Pläne; ich schlug nie einen Weg ein, ohne, soweit es mir möglich war, seiner Zustimmung sicher zu sein. Ich wäre der vermessenste Dummkopf auf dieser Erde, wenn ich auch nur einen Augenblick glaubte, ich könnte die Pflichten, die auf mich zukommen, seit ich an dieser Stelle bin, ohne die Hilfe und Erleuchtung des Einen erfüllen, der weiser und stärker ist als andere.«

Grant: »Haltet an der Bibel als dem Anker eurer Freiheit fest! Schreibt ihre Gebote in euer Herz und praktiziert sie in eurem Leben! Dem Einfluß dieses Buches verdanken wir jeglichen Fortschritt der wahren Zivilisation, und wir müssen es auch in Zukunft als unsere Richtschnur betrachten.«

Garfield: »Erwählt den unsterblichen Jesus zu eurem ewigen Freund und Helfer! Folgt ihm nicht nur als einem Nazarener, dem Mann von Galiläa, sondern auch als einer ewigen geistlichen Person voller Liebe und Barmherzigkeit, die euch in Leben, Tod und Ewigkeit zur Seite stehen wird! Die Hoffnungen der Welt sind falsch, doch wie die Rebe am Weinstock, so lebt Christus im Christen, und er wird nie sterben.«

McKinley: »Wir müssen Handelnde und nicht nur Zuhörer sein. Um nach dem Wort handeln zu können, müssen wir zwingenderweise zuerst das Wort hören; und dennoch genügt es nicht, nur in die Kirche zu gehen. Wir müssen uns mit der Bibel beschäftigen, es aber nicht dabei bewenden lassen. Wir müssen sie im täglichen Leben anwenden.«

Wilson: »Wenn jeder in den Vereinigten Staaten jeden Tag ein Kapitel der Bibel lesen würde, verschwänden die meisten unserer nationalen Probleme.«

Wie aber äußern sich die Kommunisten?

Engels schreibt: »Luther hatte der plebejischen Bewegung ein mächtiges Werkzeug in die Hand gegeben durch die Übersetzung der Bibel. … Die Bauern hatten dies Werkzeug gegen Fürsten, Adel, Pfaffen, nach allen Seiten hin, benutzt.«

Stalin und Mikojan waren beide Schüler an einem Priesterseminar gewesen. Letzterer hatte sogar einen theologischen Titel. Die Bibel war der Grundstein ihrer Bildung. Chruschtschow bekannte öffentlich, er habe anhand der Bibel lesen gelernt.

Die Grundidee jeder sozialistischen Verfassung — »Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen« — stammt wörtlich aus der Bibel (2. Thess. 3, 10). Die Idee des Kommunismus stammt aus der Bibel, die uns sagt:

»Die Menge aber der Gläubigen war ein Herz und eine Seele; auch keiner sagte von seinen Gütern, daß sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemein.

Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wie viel ihrer waren, die da Äcker oder Häuser hatten, die verkauften sie und brachten das Geld des verkauften Guts und legten es zu der Apostel Füßen; und man gab einem jeglichen, was ihm not war« (Apostelgeschichte 4, 32—35).

Die ersten Jünger Jesu lebten unter dem Kommunismus, einem Kommunismus jedoch, der auf Liebe und freiem Willen beruhte. Niemand wurde unter Druck gesetzt, und es wurde auch niemand enteignet. Die Liebe trieb jeden dazu, mit seinem Bruder zu teilen. Trotz der Verschiedenartigkeit ist auch der heutige Kommunismus biblischen Ursprungs.

Ich kann verstehen, daß ein Mensch nicht an die Bibel glaubt. Dies sollte ihn aber nicht davon abhalten, sein Erbe zu respektieren. Fällt es nicht ins Gewicht, daß die Bibel das erste in Europa gedruckte Buch war? Fällt es nicht ins Gewicht, daß christliche Missionare die Eingeborenen in Afrika vom Kannibalismus abbrachten, sie lesen und sich wie zivilisierte Menschen benehmen lehrten?

Ein ehemaliger Kannibale sagte einmal zu einem kommunistischen Propagandisten: »Was? Dieses Buch ist nicht wahr? Ich nehme es in mein Haus, setze mich hin und lese es, und es läßt mein Herz vor Freude zerspringen. Wie kann es eine Lüge sein? Ich war ein Menschenfresser, ein Säufer, Dieb und Lügner, und dieses Buch sprach zu mir und machte aus mir einen neuen Menschen. Nein, dieses Buch ist keine Lüge.«

Kommunistische Propagandisten wären in vielen Teilen der Welt von Eingeborenen verspeist worden, hätten die Missionare ihnen nicht zuerst die christliche Religion vermittelt. Diese Propagandisten sollten bei der Verbreitung des Atheismus dem Christentum für die Schaffung der Zivilisation und der Möglichkeit freien Wirkens dankbar sein.

Ein ehrenhafter Atheist verneigt sich in Dankbarkeit vor dem Christentum, dem die Menschheit so vieles verdankt. In die Quelle zu spucken, aus der Sie und die ganze zivilisierte Welt getrunken haben, ist völlig falsch.

Lehrt das Christentum Unterwürfigkeit gegenüber tyrannischen Obrigkeiten?

Die Worte Jesu »Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist« (Matth. 22, 21) sind für die Autoren des »Handbuches des Atheisten« Beweis genug für die Behauptung, Jesus habe die Unterwürfigkeit gegenüber dem, was wir heute Kolonialherrscher nennen würden, gelehrt. Zunächst einmal sagte Jesus diese Worte nicht zu seinen Jüngern, sondern zu seinen schlimmsten Gegnern, den Pharisäern, deren ganzes Leben eine Verhöhnung der Religion war. Er sagte zu ihnen: »Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!« Er war sicher, seine Gegner würden in diesem Bestreben bald herausfinden, daß für Gott nicht mehr viel übrigbliebe, wenn sie verrückten Herrschern gefällig wären (viele römische Kaiser waren verrückt).

Die Jünger Jesu müssen die Bedeutung dieser Worte, die schon so oft mißbraucht worden sind, richtig verstanden haben.

Wenn jemand unehrlich war und den Schaden bei den Betrogenen wiedergutmachen möchte, muß er zuerst so genau wie möglich feststellen, was er schuldet, und es dann zurückzahlen. Was schuldete ein Jude dem Kaiser? Was schuldet ein Tscheche Tschernenko oder Gorbatschow? – Nichts.

Sogar in Rom gehörte dem Kaiser rechtmäßig nichts. Julius Cäsar, ein siegreicher römischer General, stürzte bei seiner Rückkehr von einem Feldzug in Gallien die Republik mit militärischer Macht. Er war also kein rechtmäßig eingesetzter Herrscher. Seine Nachfolger waren Tyrannen, von denen die meisten eher in ein Irrenhaus gehört hätten als auf einen Thron. Diese Tyrannen beraubten die Bevölkerung des Römischen Reiches ihrer Freiheit. Sie gaben ihr nichts dafür.

Noch weniger gehörte in Palästina etwas dem Kaiser. Gaius Pompejus nutzte die Spaltung innerhalb der Juden aus, besetzte dieses kleine Land und zwang ihm eine Herrschaft des Terrors und der Korruption auf.

Cäsar baute nie eine Straße in Palästina. Die Juden verrichteten die Arbeit. Er baute keine Häuser. Er pflanzte keinen Baum. »Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist«, ist ein revolutionärer, patriotischer Ausspruch, der dem Usurpator im Grunde jegliches Recht abspricht.

Wenn einem aufrichtig denkenden Bürger in der Sowjetunion während der Invasion der Nationalsozialisten gesagt worden wäre: »Gib Hitler, was Hitlers ist, und Gott, was Gottes ist«, hätte er diese Worte folgendermaßen verstanden: »Wirf Hitler und seine Truppen hinaus, weil ihm in der Sowjetunion nichts gehört. Er hat nicht einmal das Recht, sich hier aufzuhalten.« Dasselbe würde für den sowjetischen Einmarsch in der Tschechoslowakei, in Afghanistan usw. gelten.

Die römische Obrigkeit und die jüdischen Hohenpriester, die deren Strohmänner waren, wandten auf die Worte Jesu offensichtlich meine Interpretation an. Der Beweis dafür ist, daß sie ihn nicht als treuen Bürger des Reiches betrachteten, sondern als Rebellen, und ihn kreuzigten.

Das »Handbuch des Atheisten« verfälscht die Wahrheit, wenn es die Autoren des Neuen Testaments als Schmeichler der römischen Obrigkeit darstellt. »Es enthält keine Anklagen gegen die römische Regierung«, sagen sie. »Die ganze Schuld an der Kreuzigung wird den Juden zugeschoben, während Pilatus als passiver Beobachter beschrieben wird.«

Es ist einfach, eine solche Behauptung in einem Land aufzustellen, in dem Bibeln eine Seltenheit sind. In der Apostelgeschichte 4, 27 ist zu lesen: »Wahrlich ja, sie haben sich versammelt über deinen heiligen Knecht Jesus, welchen du gesalbt hast, Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und dem Volk Israel.« Der jüdische Mob forderte, von Priestern angestachelt, die Kreuzigung Jesu. Aber Pilatus fügte von sich aus Grausamkeit um Grausamkeit hinzu. Wir wissen dies aufgrund der Worte: »Da nahm Pilatus Jesum und geißelte ihn« (Joh. 19, 1). Der Text deutet die völlige Erniedrigung eines römischen Statthalters an, der Freude daran hat, einen Gefangenen eigenhändig auszupeitschen, von dessen Unschuld er offensichtlich überzeugt ist. Dann sagt das Evangelium ganz klar, Pilatus habe ihn ausgeliefert, damit er gekreuzigt würde (Joh. 19, 6).

Mit welchem Recht behaupten die Kommunisten, die ersten Christen hätten, da sie der römischen Obrigkeit untertänig gewesen seien, Pilatus nur als passiven Beobachter beschrieben? Nun, mit dem »Recht« von Usurpatoren mit einem Monopol bei der Veröffentlichung von Büchern, mit Verboten gegen Christen und der Verweigerung des Rechts auf freie Meinungsäußerung.

Johannes ist nicht der einzige, der den römischen Statthalter anklagt. Alle Evangelisten stellen ihn als Gefolgsmann dar. Matthäus schreibt: »Jesum ließ er geißeln und überantwortete ihn, daß er gekreuzigt würde« (Matth. 27, 26). Markus schreibt: »Pilatus aber geißelte Jesum und überantwortete ihn, daß er gekreuzigt würde« (Mark. 15, 15). Lukas zitiert Pilatus wörtlich: »Ich finde an dem Menschen der Sachen keine, deren ihr ihn beschuldigt;… Darum will ich ihn züchtigen« (Luk. 23, 14-16).

Die Verfasser des Neuen Testaments beschönigten die Beteiligung der Römer an der Kreuzigung Jesu nie. Sie beteiligten sich an der Schuld. Spätere Kirchenhistoriker berichten pflichtbewußt, wie römische Herrscher Christen den wilden Tieren vorwerfen ließen und sie allen möglichen Greueltaten aussetzten.

Wahre Christen waren zu allen Zeiten weit davon entfernt, sich Tyrannen zu unterwerfen, wie ihnen vorgeworfen wird, und sie anerkannten sie nie als ihre rechtmäßigen Herrscher. Auch hielten sie es nicht für ihre Pflicht, ihnen Gehorsam zu leisten. Das erste uns bekannte Buch gegen das Christentum ist »Das wahre Wort« von Celsus. Es stammt etwa aus dem Jahr 175 n. Chr. Es wirft den Christen vor, den Kaiser nicht zu verteidigen, weder für ihn zu kämpfen noch an seinen militärischen Expeditionen teilzunehmen und auch nicht für ihn zu arbeiten. Christen in der Sowjetunion betrachten die kommunistischen Führer als ihre Unterdrücker. Sie werden von den Jüngern Christi keine Schmeicheleien zu hören bekommen.

Das »Handbuch des Atheisten« zitiert eine weitere Schriftstelle, um zu zeigen, das Christentum lehre die blinde Unterwerfung unter ungerechte Herrscher, und es sei deshalb ein Hindernis für den Fortschritt der Humanität. Der Text steht in Römer 13, 1-2: »Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen.«

Doch dasselbe Kapitel definiert, was ein Christ unter der »Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat« und der er Gehorsam schuldet, versteht: Nur der verdient diesen Namen, der als Diener Gottes diejenigen lobt, die Gutes tun, und über diejenigen zornig ist, die Böses tun (Verse 3 und 4). Wenn ein Herrscher das Gegenteil tut, wenn er das Gute bestraft und das Böse belohnt, können wir ihn nicht länger als eine von Gott eingesetzte Autorität betrachten.

Bibelverse wie die vorhergehenden veranlaßten Christen, der Tyrannei zu widerstehen.

Savonarola wurde im Mittelalter auf dem Scheiterhaufen verbrannt, weil er gesagt hatte: »Es gibt nichts, was dem Tyrannen verhaßter wäre als der Dienst Christi und das rechte christliche Leben, denn es ist geradezu sein Gegenteil, und ein Gegenteil sucht das andre zu vertreiben.«

Ich zitiere aus einem Gespräch zwischen der schottischen Königin Maria Stuart und dem protestantischen Reformator John Knox:

 Maria Stuart: »Ihr habt das Volk gelehrt, einen anderen Glauben anzunehmen, als ihn seine Fürsten erlauben können. Wie kann diese Lehre von Gott sein, wo doch Gott den Untertanen gebietet, ihren Oberen zu gehorchen?«

Knox: »Hoheit, da die rechte Religion weder ihre ursprüngliche Kraft noch ihre Autorität von weltlichen Fürsten, sondern allein von dem ewigen Gott bekam, sind die Untertanen nicht daran gebunden, ihre Religion nach den Gelüsten ihrer Fürsten zu gestalten… Wenn die Nachkommen Abrahams die Religion des Pharaos angenommen hätten,… welche Religion hätte in der Welt bestanden? Oder wenn alle Menschen in den Tagen der Apostel die Religion der römischen Kaiser ausgeübt hätten, welche Religion wäre auf dem Erdboden zu finden gewesen?«

Maria Stuart: »Ja, aber keiner dieser Männer erhob das Schwert gegen seine Fürsten.«

Knox: »Und doch, Hoheit, könnt Ihr nicht leugnen, daß sie widerstanden. Denn wer nicht gehorcht, … widersetzt sich irgendwie.«

Maria Stuart: »Doch widersetzten sie sich nicht mit dem Schwert.«

Knox: »Hoheit, Gott hatte ihnen die Kraft und die Mittel dazu nicht gegeben.«

Maria Stuart: »Denkt Ihr, daß Untertanen, die solche Macht haben, sich ihren Fürsten widersetzen sollen?«

Knox: »Wenn die Fürsten ihre Grenzen übertreten, Hoheit,… wird ihnen ohne Zweifel widerstanden, sogar mit Gewalt. Was, wenn ein Vater in seinem Wahn seine eigenen Kinder umbringen wollte? Sollte man ihn nicht ergreifen und ihm das Schwert oder die Waffen gewaltsam entreißen? So ist es auch mit Fürsten, Hoheit, die die Kinder Gottes, die ihnen untertan sind, umzubringen gedenken. Ihr blinder Eifer ist nichts als eine wahnsinnige Raserei… Deshalb ist es nicht Ungehorsam gegen Fürsten, ihnen das Schwert wegzunehmen, ihre Hände zu binden und sie ins Gefängnis zu werfen, bis sie wieder bei klarem Verstand sind, sondern nur Gehorsam, weil es mit dem Willen Gottes übereinstimmt.«

Welcher Kommunist wagte so mit Stalin zu sprechen?

Die Bibel inspirierte Lincoln und Wilberforce, für die Abschaffung der Sklaverei zu kämpfen. Marx anerkannte in seinem »Kapital« die Rolle des Christen Shaftesbury bei der Einführung von Gesetzen zum Schutze der Arbeit in England. Ein russischer Christ, Graf Lew Tolstoi, sprach dem Zaren jede Autorität ab. Thomas Jefferson, Präsident der Vereinigten Staaten, schrieb: »Ich habe vor dem Altar des ewigen Gottes jeder Tyrannei über die Menschen ewige Feindschaft geschworen«; und »Rebellion gegen Tyrannen ist Gehorsam gegen Gott.«

Lincoln schrieb: »Wenn die Sklaverei nicht falsch ist, ist nichts falsch.«

Emerson schrieb: »Wenn du eine Kette um den Hals eines Sklaven legst, schlingt sich ihr Ende von selbst um den deinen.« Emersons Worte erwiesen sich als prophetisch. Die sowjetische kommunistische Partei legte ihren politischen Gegnern eine Kette um den Hals: zuerst den Monarchen, dann den Grundbesitzern, den Kapitalisten, den oppositionellen Sozialisten, den nationalistischen Führern der russischen Nation und den unterdrückten Völkern, wie den Ukrainern, Weißrussen und Grusiniern. Doch dann schlang sich das andere Ende der Kette auch um den Hals der Kommunisten. Genosse Chruschtschow sagte dies in seiner Rede auf dem zwanzigsten Parteikongreß. Er wies darauf hin, Stalin habe bei seinen berüchtigten Säuberungsaktionen fast alle Mitglieder des Zentralkomitees liquidieren lassen.

Das Christentum steht, im Gegensatz zum Kommunismus, nicht auf der Seite der Sklaverei.

Lincoln sagte in seiner Rede vor dem Kongreß am 1. Dezember 1862: »Indem wir den Sklaven die Freiheit geben, geben wir den Freien die Freiheit.« Nach dem Zweiten Weltkrieg befreiten christliche Nationen alle ihre Kolonien. Auf der anderen Seite unterjochte die Sowjetregierung die baltischen Völker, die Ungarn und die Tschechen. Die chinesischen Kommunisten versklavten Tibet.

Ich empfehle meinen atheistischen Freunden, das alte Sprichwort zu beachten: »Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.« Die Kommunisten täten besser daran, die Sklaverei nicht zu erwähnen. Ich selbst war Sklave in einem kommunistischen Lager.

Weshalb aber schafften die ersten Christen die Sklaverei nicht ab? Sie wurden verfolgt. Sie hatten keine Macht im Staat. Die meisten waren selbst Sklaven. Erst kurze Zeit zuvor waren der große Sklavenaufstand unter Spartakus blutig niedergeschlagen und Zehntausende von Sklaven getötet worden. Nur Narren rebellieren, wenn der sichere Ausgang der Rebellion eine Niederlage ist.

Gott erschien auf dem Berg Sinai, um uns die Zehn Gebote zu geben. Die Einleitung dazu lautet: »Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland, aus dem Diensthause, geführt hat« (2. Mose 20,2). Als er sich seinem Volk vorstellt, charakterisiert er sich lieber als Sklavenbefreier und nicht als den Schöpfer des Himmels und der Erde. Das ist unser Gott! . . .

Lesen Sie, was dieselben Autoren in einem anderen Teil ihres Buches zu sagen haben: »Die Führer der Reformation übersetzten die Heilige Schrift in die Sprachen verschiedener Völker. Große Volksmassen, denen die Bibel zum ersten Mal zugänglich war, entdeckten in einigen ihrer Thesen sogleich eine Rechtfertigung ihres Kampfes um soziale Gleichheit.«

Da haben wir es: »Die Bibel rechtfertigt den Kampf um soziale Gleichheit.« — »Die Bibel lehrt Sklaverei und Unterwerfung unter Tyrannen.« Zwei Behauptungen derselben Autoren in ein und demselben Buch!

Die Akademiemitglieder, die das »Handbuch des Atheisten« verfaßt haben, mögen denken, was sie wollen. Ihre Vorgesetzten wissen es besser. Sie wissen, daß Christen Diktatoren gegenüber nicht unterwürfig sind. Sie haben dies bewiesen, indem sie Millionen unserer Glaubensbrüder umbrachten und noch immer Zehntausende unserer Mitchristen gefangenhalten.

Atheisten sollten die Unterwerfung unter grausame Herrscher besser nicht erwähnen. Vergötterten sie nicht Stalin, den sie nun als den größten Massenmörder der Geschichte verdammen? Mitglieder einer Akademie der Wissenschaften können nicht sehr jung sein. Sie müssen also gestern noch zu Stalins Bewunderern gehört haben, sonst wären sie heute nicht mehr am Leben und könnten ihn folglich nicht verurteilen.

Ich war unter Stalin und seinen Nachfolgern im Gefängnis. Hätte die Untergrundkirche Rußlands nicht ein größeres Recht, über die Opposition gegen die Tyrannei zu sprechen als die Atheisten? Was ist über die Vergötterung eines anderen Mörders, Mao Tse-tung von Rotchina, zu sagen? Chinesische Kommunisten, alles Atheisten, fügten sich ihm. Millionen chinesischer Christen wurde umgebracht, weil sie es vorzogen, zu sterben, als sich zu fügen.

Wahre Christen waren und sind Kämpfer für die Freiheit. Christen als eine Gruppe von Speichelleckern gegenüber Tyrannen zu bezeichnen, dient nur dazu, sie lächerlich zu machen. Was die Atheisten also ablehnen, ist nicht das Christentum, sondern sein Zerrbild.

Ein himmlisches oder ein irdisches Paradies

Das »Handbuch des Atheisten« zitiert die Aussage von Friedrich Engels, die Hoffnung des Christentums sei auf den Himmel, das ewige Leben nach dem Tod, gerichtet.Seiner Meinung nach will das Christentum in dieser Welt eine soziale Veränderung nicht herbeiführen. Im Gegensatz dazu sei die kommunistische Bewegung auf die Befreiung aller werktätigen Menschen auf Erden ausgerichtet. Dies ist eine reine Erfindung.

Es stimmt nicht, daß das Christentum nur ein himmlisches Ziel hat. Jesus lehrte uns zu beten: »Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel« (Matth. 6,10). In Johannes 3,12 erinnert er uns: » … wenn ich euch von irdischen Dingen sage,…«

Als zu Beginn des Lukasevangeliums die Leute Johannes den Täufer fragten, was sie tun sollten, antwortete er ihnen nicht: »Jaget dem ewigen Leben nach!« Die Antworten des Täufers waren sehr irdisch: »Wer zwei Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, der tue auch also.« Zu den Zöllnern sagte er: »Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist.« Zu den Soldaten sagte er nicht: »Sucht den Himmel«, sondern »Tut niemand Gewalt noch Unrecht und lasset euch genügen an eurem Solde«, der höher war als der Lohn der Durchschnittsbevölkerung (Luk. 3,11-14).

Jesus trieb Händler mit der Peitsche aus dem Tempel (Joh. 2, 15). Er klagte die Schriftgelehrten und Pharisäer öffentlich an, die Häuser der Witwen zu fressen (Matth. 23, 14). Zu einem reichen jungen Mann sagte er: »Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib’s den Armen« (Matth. 19,21).

Das Christentum sieht auch eine soziale Veränderung in dieser Welt vor. Es ist eine seltsame Tatsache, daß Mitglieder der Sowjetregierung selbst sagen, sie müßten den wirtschaftlichen Stand von Ländern mit christlichem Erbe, wie beispielsweise der Vereinigten Staaten von Amerika, erreichen und übertreffen. Demnach führen die letzteren im Schatten des Christentums wohl ein wesentlich reicheres Leben in dieser Welt als die Sowjetbürger.

In Amerika und anderen westlichen Ländern können Arbeiter im eigenen Auto zur Kirche oder zu Streikposten für höhere Löhne fahren. In der Sowjetunion besitzen Arbeiter nicht einmal ein Fahrrad, mit dem sie zu den kommunistischen Veranstaltungen fahren könnten, bei denen keiner fehlen darf.

Der Reichtum und die Freiheit des Westens sind nicht ohne Kampf erreicht worden. Wären die Vorwürfe richtig, die Engels dem Christentum macht, hätte dieser Kampf nicht stattgefunden. Engels schrieb:

»Die sozialen Dogmen der Evangelien stellen einen passiven religiösen Widerstand gegen die Ungerechtigkeit dar, eine Revolte auf den Knien, was in Wirklichkeit einer Rechtsprechung der Unterdrückung gleichkommt, an erster Stelle der Rechtfertigung der ursprünglichen sozialen Ungerechtigkeit des Altertums — der Sklaverei. Das Christentum war nicht die Ideologie unterdrückter Menschen, die sich an einen revolutionären Kampf wagten, sondern die Ideologie unterdrückter Menschen, die jede Hoffnung auf den Kampf verloren hatten und die im Gebet und in der Hoffnung auf eine wundersame Erlösung einen Ausweg suchten.«  – Dies ist irreführend.

Die Hauptlehre des Evangeliums ist, ein Christ müsse dem Beispiel Christi folgen. Stand Christus selbst der Ungerechtigkeit passiv gegenüber? Was dachten die Händler, die mit der Peitsche hinausgejagt wurden, über seine Haltung? War es passiver Widerstand, als er den Priestern und Pharisäern im Tempel entgegentrat und sie Otterngezüchte und Heuchler nannte (Matth. 12, 34)?

Ist das »Magnifikat«, der Gesang der Jungfrau Maria, ein Lied der Resignation? Sie sagt, ihr Sohn werde die Mächtigen von ihrem Thron stürzen und die Niedrigen erhöhen. Er werde den Hungrigen gute Gaben geben und die Reichen mit leeren Händen wegschicken (Luk. 1, 46-55). Das klingt nicht nach sanftmütiger Unterwerfung gegenüber Ausbeutern.

Die Weisheit lehrte die Jünger Christi, sich passiv und sanftmütig zu verhalten, wenn keine Hoffnung auf den Sturz einer Tyrannei bestand. Doch wenn die Voraussetzungen für einen solchen Umsturz günstig waren, haben Christen stets gekämpft.

Als sich die Bauern zur Zeit der Reformation gegen die Grundbesitzer erhoben, waren ihre Hauptargumente religiöser Art. Ihre Revolutionslieder lauteten: »Als Adam pflügte und Eva spann, wer war da der Edelmann?« – Und »Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen.«

Als in England die Bewegung des industriellen Proletariats ins Leben gerufen wurde, sangen die Chartisten: »Britannias Söhne, obgleich ihr Sklaven, Gott, euer Schöpfer, machte euch frei; Leben und Freiheit war’n seine Gaben, doch macht nie er einen Sklaven.«

Die ersten, die die Demonstrationen organisierten, die in Rußland zur Revolution von 1905 führten, waren nicht unsere kommunistischen Freunde, sondern christliche Arbeiter unter der Leitung eines Priesters Gapon. Die Kommunisten profitierten davon und hängten den Priester später.

Das Christentum ist so revolutionär wie der Kommunismus, doch unsere Revolutionen unterscheiden sich von den seinigen. Kommunistische Revolutionen beginnen mit dem Blutvergießen ihrer Gegner, Unschuldiger oder anderer. Bald wird der Aderlaß zur Gewohnheit, ja zum Vergnügen, und am Ende haben wir eine schlimmere Tyrannei als die, die gestürzt wurde. Lenin schrieb einst: »Der Terror und die Tscheka sind unbedingt notwendig.«

Zar Nikolaus II. hätte den Terror nie zu den absoluten Notwendigkeiten der Politik gezählt. Wie viele Menschen brachte er um? Wie viele tötete Kerenskij? Fragen Sie sich selbst, wie viele Menschen Stalin umbringen ließ. Wahrscheinlich war er es, der Lenin, der ihm die Technik des Terrors beigebracht hatte, vergiftete. Danach ließ er beinahe alle engen Freunde Lenins umbringen.

Heute noch sterben unzählige Sowjetbürger an Unterernährung und Überarbeitung in den Konzentrationslagern Rußlands. Der Kommunismus tötete Millionen Menschen in Rotchina. Der dortige Terror wurde sogar von sowjetischen Zeitungen bestätigt. In Polen erschossen Gomulka und Jaruselskij in Ausübung der Diktatur des Proletariats Proletarier. Kommunistische Revolutionen sind immer negativ und zerstörerisch.

Wir Christen sind in einem ganz anderen Sinn revolutionär. Christen gebrauchen vor allem das Schwert des Geistes, das Sünde töten kann, ohne den Sünder umzubringen.

Mit dem Schwert des Geistes korrigierten Christen viele Mißstände. Wo christliche Zivilisation herrscht, sind die Menschen frei; sie haben sogar die Freiheit, Atheisten zu sein. Ich fordere meine Gegner auf, mir den Namen eines einzigen Menschen zu nennen, der in den Vereinigten Staaten, in Großbritannien oder in Westdeutschland wegen seiner atheistischen Gesinnung im Gefängnis ist. In kommunistischen Ländern sind jedoch Millionen meiner Glaubensbrüder in Gefängnisse gesperrt oder umgebracht worden. Wer hat für die Freiheit gekämpft und sie erlangt – Atheisten oder Christen?

Christen schließen die Notwendigkeit der Rebellion gegen Tyrannei nicht aus. Wenn Tyrannen sie durch ihre Unmäßigkeit zur Rebellion zwingen und die Gelegenheit dazu günstig ist, wird ihr Ziel immer sein, die Tyrannei durch ein politisches System zu ersetzen, das Frieden und Gerechtigkeit unterstützt, wogegen Marx seine »permanente Revolution« befürwortete. Permanente Revolution wofür? Revolution um der Revolution willen? Nie ein erreichbares Ziel? Nicht einmal die Utopie eines zu erreichenden Ziels? Das ist reiner Sadismus.

Christen vergessen nie, daß der erste Rebell der Teufel war. Sie greifen nicht voreilig zur Rebellion, nicht einmal zur Rebellion gegen das kommunistische Regime. Sie interessieren sich für irdische Schicksale, sie haben jedoch auch höhere als nur irdische Ziele. Menschen sind wie Frösche, die auf dem Grund eines dunklen Brunnens leben, von dem aus sie nichts von der Außenwelt sehen können. Gläubige sind Menschen, die, obwohl sie unter solchen Umständen leben, eine Lerche singen hören. Und Wunder aller Wunder — sie verstehen das Lied! Es spricht von Sonne, Mond und Sternen, von baumbewachsenen Bergen und Hügeln und einem wunderschönen See. Sie glauben an dieses Lied. Sie haben die Versicherung, daß es ein himmlisches Paradies gibt.

In diesem Glauben kämpfen Christen für die Gerechtigkeit in dieser Welt und streben gleichzeitig nach dem himmlischen Paradies.

Gibt es einen Gott?

Meine Gegner wollten mit ihren Argumenten einen bestimmten Kurs verfolgen. Ich bin deshalb mit ihnen gegangen. Ich diskutierte über ihre Argumente.

Doch jetzt möchte ich mich auf die Hauptfrage, um die es zwischen Atheisten und Christen geht, konzentrieren: Gibt es einen Gott, den man anbeten soll, auf den Verlaß ist, der einen beschützt und tröstet, oder nicht?

Nach der Lehre des französischen kommunistischen Theoretikers R. Garaudy ist nichts größer als der Mensch. Garaudy schreibt: »Uns Atheisten ist nichts versprochen, und niemand erwartet uns.« In der Tat traurige Worte! Atheisten ist nicht einmal die treue Freundschaft ihrer eigenen Genossen versprochen. Garaudy wurde aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen, nachdem er ihr sein Leben lang gedient hatte. Niemand wartete darauf, ihm eine helfende Hand zu reichen, als er in Not gekommen war. Er wurde allein gelassen.

Ein junger Komponist war arm und mußte in einem gemieteten Zimmer leben. Ein Freund ermutigte ihn: »Wenn du stirbst, wird man an der Mauer dieses Hauses eine Inschrift anbringen.« Der Komponist freute sich: »Meinst du wirklich?« – »Sicher«, war die Antwort. »Die Inschrift wird lauten: Zimmer zu vermieten.« Garaudy kann nach seinem Tod nicht mit mehr rechnen. Und sogar in diesem Leben schuf sein Ausschluß aus der Partei lediglich für einen anderen einen Platz, der wie er auch betrogen werden wird.

Der Mensch ist Gott. Das ganze kommunistische Bekenntnis atmet diesen Glauben.

Angesichts dieses Trugbildes schrieb der sowjetische Untergrunddichter I. Gabaj die folgenden Verse:

Hiobs verspätetes Glaubensbekenntnis

Ich bin mein eigener Gott. Doch welch ein schwacher, unberechenbarer Gott,
Unvernünftig, wahnsinnig und kraftlos.
Bewahre Gott, daß einer solch einen Gott liebe
Und sei wie er — bewahre Gott dich davor!

Ein Gott? — Vielleicht. Ein lasterhafter, erbärmlicher Gott.
Doch wenn ich in der Tat das »Gesicht ohne Falsch« bin,
möge Gott dir helfen, ein friedvoller Atheist zu sein;
Ein Gott zu sein — davor möge Gott dich bewahren!

Vergib mir meinen Größenwahn,
Doch es gibt keines Gottes Größe in meinem Schicksal,
Mich selbst zu bestrafen und mir selbst die Sünden zu vergeben.
Vergib mir meinen Größenwahn!

Gottes Größe zu strafen — Würde ich keinem meiner Nachbarn wünschen,
Ich wage nicht, ihm solche Macht zu wünschen.
Bewahre dich Gott, dich selbst zu Gott zu machen,
Dich selbst zu rechtfertigen oder von Sünde freizusprechen.

Ich bin, was ich bin. Gott — nur Er ist Gott.
Welch ungeheurer Stolz, welche Sorge;
Verhüte Gott, daß du dich auf dein Gewissen verläßt
Und lebst, es herauszufordern. Bewahre Gott!

Gibt es ein höheres Wesen als den Menschen? Gibt es einen Gott, im üblichen Sinne dieses Wortes den Schöpfer des Himmels und der Erde, den Einen, den Jesus uns unseren Vater nennen lehrte?

Wer ist Gott?

Da Atheisten das Opfer Christi am Kreuz, das uns von Sünde befreit, nicht anerkennen, können sie Gott nicht sehen. Sie haben aber das Recht, uns zu fragen: »Ihr behauptet, Gott zu sehen. Sagt uns, wer er ist!«

Eine sehr wichtige Frage! Sie besteht für beide Seiten. Ein Atheist muß in der Lage sein, die Frage zu beantworten: »Wer ist der Eine, dessen Existenz wir leugnen?«, genauso wie ein Christ auf die Frage: »Wer ist der Eine, an den wir glauben?«, Auskunft geben muß.   –   Wer ist Gott?

De Broglie, der größte zeitgenössische Theoretiker für Fragen des Lichts, schrieb: »Wieviel wüßten wir, wenn wir wüßten, was ein Lichtstrahl ist!« Der große Biologe Jacob von Uexküll schrieb: »Niemand von uns weiß, was Leben ist.« Und wir werden gefragt, wer der Geber von Leben und Licht sei!

Wo liegt die Schwierigkeit bei der Antwort? Wenn Sie fragen: »Was ist Licht oder Leben?« oder »Wer ist Gott?«, liegt die Schwierigkeit nicht in den Worten »was«, »wer«, »Leben«, »Licht« oder »Gott«. Irgendwie können wir erklären, was wir unter diesen Worten verstehen. Was die Verständlichkeit der Frage beeinträchtigt, ist das kleine Wörtchen »ist«. Was bedeutet das Wort »ist«? Wenn wir dies nicht verstehen, bleibt alles andere rätselhaft.

Durch das Christentum geht eine große Spaltung. Sie dreht sich um das Wort »ist«. Laut dem Neuen Testament, das in Griechisch verfaßt wurde, reichte Jesus beim letzten Abendmahl vor seiner Kreuzigung seinen Jüngern Brot und sagte: »Das ist mein Leib«, und einen Kelch mit Wein und sagte: »Das ist mein Blut« (Matth. 26, 26—28). Die orthodoxen und katholischen Christen glauben, das Wort »ist« könne in diesem Zusammenhang nur eines bedeuten: daß die Christen bei der heiligen Kommunion tatsächlich den Leib und das Blut Jesu essen und trinken. Während der Priester die Worte Jesu in der Liturgie wiederholt, findet eine Veränderung der Elemente statt. Äußerlich bleiben sie Brot und Wein. Aber ihr Wesen wurde verwandelt. Was vorher Brot und Wein war, wurde zum Leib und Blut Christi. Die Protestanten lesen dieselbe Bibel und interpretieren das Wort »ist« anders. Für sie symbolisieren Brot und Wein den Leib und das Blut Christi. Obwohl sie Brot und Wein bleiben, haben sie doch einen anderen Wert als diese, so wie ein Ring für den Empfänger einen höheren Wert hat, wenn er ihn vom Geliebten bekommt.

Die Tatsache, daß schon Tausende von Büchern über dieses Thema geschrieben worden sind und sich große Institutionen deswegen entzweiten, zeigt, daß das Wort »ist« nicht so einfach ist, wie es aussieht. Sie, der Sie die Fragen: »Wer ist Gott?« oder »Was ist Licht?« beantwortet haben möchten, sagen mir zuerst, was Sie unter dem Wort »ist« verstehen.

Das Christentum stand früheren Kulturen nicht ablehnend gegenüber. Wie wir bereits erwähnten, nahm es die griechische Philosophie, vor allem die von Aristoteles, in sein Denken auf. Das Christentum übernahm die Vorstellung von einem Gott, der, selbst unbeweglich, alle Bewegung der Welt erzeugt. Er sitzt ruhig auf einem unerschütterlichen Thron und lenkt alle Dinge und Menschen in ihrer unaufhörlichen Bewegung. Aristoteles hätte gesagt, Gott »ist« im engsten Sinne des Wortes.

Doch ein unbeweglicher »Beweger« ist unfaßbar. Was statisch ist, kann nicht aktiv sein. Ein Motor, der eine Maschine antreibt, hat eine eigene Bewegung. Ein Motor schließt außer dem bloßen Sein noch etwas anderes in sich – nämlich, er bewegt sich.

Die Wirklichkeit kennt kein Sein. Kant schreibt in »Die Kritik der reinen Vernunft«: »Sein« ist kein wirkliches Prädikat … Im logischen Gebrauch ist es nur die Kopula oder das Bindeglied einer Beurteilung.« Die Worte, Gott sei gut oder gerecht, ergeben einen Sinn. Wenn man sagt, Gott oder irgendein Gegenstand ist, bedeutet dies, im Bereich leerer Worte zu bleiben.

Wenn wir uns fragen, was »Sein« bedeutet, lautet die Antwort, »Sein« existiere nur als ein Werden, ein Entstehen, ein Bewegen oder ein Verändertwerden. Heraklit sagte: »Panta rhei« – »Alles fließt.« Und: »Man kann nicht zweimal im selben Fluß baden.«

Sir James Jeans sagte: »Materie ist nicht, sie geschieht.« Materie existiert nicht, sie fließt. Alles – und vor allem lebendige Wesen – verändert und erneuert sich unaufhörlich.

Wie kann der Eine, der alles bewegt, unbeweglich sein? Wenn Bilder von Gott erlaubt wären und die Wirklichkeit wiedergeben könnten, wäre das getreueste Bildnis Gottes das Deckengemälde Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle, das Gott im Sturm fliegend zeigt. Im Buch Ruth lesen wir von den Flügeln Gottes (Ruth 2,12).

Thomas von Aquin sagte: »Wenn wir sagen, Gott sei nur »Sein«, so dürfen wir nicht in den Irrtum jener verfallen, welche in Gott jenes allgemeine Sein sehen wollten, von dem her jedes Ding der Form nach sein »Sein« hätte. Das »Sein« nämlich, das Gott ist, hat die Grundeigentümlichkeit an sich, daß keinerlei Hinzufügung zu ihm je statthaben kann; daher ist es ein durch seine eigene Reinheit von jedem anderen Sein unterschiedenes Sein.«

Das Wort »Sein« ist nicht nur ein Hauptwort, sondern auch ein Verb. Kein erschaffenes Sein kann nur durch ein Hauptwort ausgedrückt werden, weil es sich entwickelt, sich bewegt, eine Geschichte lebt. Der Begriff »ist« in seiner begrenzten Bedeutung eines festen Zustandes kann nicht auf die Schöpfung und noch weniger auf den Schöpfer angewendet werden. Wenn Sie sagen: »Gott ist«, sagen Sie viel zuwenig über ihn. Gott geschieht.

Es gibt ein Ereignis, die »Gottheit«. Sie ist ein riesiges Kommen und Werden. Ihr hebräischer Name ist »El«, was eine Beziehung ausdrückt: »El« bedeutet »in Richtung«, »gegenüber«, die Bewegung von Alpha in Richtung Omega.

Die wörtliche Übersetzung des hebräischen Namens, den Gott Mose enthüllte, »Ehjeh asher ehjeh«, bedeutet: »Ich werde sein, was ich sein werde.«

In Gott gibt es weder eine Veränderlichkeit noch die Andeutung eines Wandels in bezug auf seine beständige Eigenschaft der Liebe. Doch die Äußerung dieser Liebe ist jeden Augenblick neu.

Dies erschwert die Antwort auf die Frage: »Wer ist Gott?«, da sich die Güte Gottes in immer neuer Form über die Menschheit ergießt. Die Flammen seiner Liebe verändern sich fortwährend wie die Flammen des Feuers. Sie können eine Person nicht wirklich porträtieren. Jeder Mensch ist eine Folge vieler Gesichtsausdrücke. Sie können nicht wirklich eine Wahrheit nennen. Wahrheit ist immer eine ganze Kette von Aussagen über ein sich änderndes Subjekt beziehungsweise Person.

Daher kennt die hebräische Sprache, in der Gott sich zuerst offenbarte, das Wort »Gesicht« nicht, sondern nur »Gesichter«»panim«. Jeder Mensch und jeder Gegenstand verändert sein Aussehen ständig. Die Bibel gebraucht den Plural »panim« auch in bezug auf Gott. Auch sein Ausdruck der Liebe und Gerechtigkeit ändert sich fortwährend.

Wenn Sie sich fragen: »Wer ist Gott?«, ziehen Tausende von Bildern wie in einem Kaleidoskop an Ihrem Auge vorbei, eines schöner als das andere. Deshalb war es den Juden verboten, sich Götzenbilder zu machen.

Die hebräische Sprache vermeidet den Ausdruck »ist«. Jesus, der Hebräisch oder den hebräischen Dialekt Aramäisch sprach, sagte nie: »Das ist mein Leib«, sondern nur: »Das — mein Leib.« Hätten Theologen die biblischen Sprachen besser beherrscht, hätte es einen Streit weniger darüber gegeben, was Jesus nie gesagt hat.

Wir wissen, daß Gott das Alpha, der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Wir wissen, was er sein wird: Das »Alles-in-Allem«. Was ist er jetzt? Er ist nicht ein »Ist«. Gott fliegt von einem Pol zum anderen.

Die Atheisten haben ein Argument. Wir können nicht sagen, wer Gott ist, und sie können nicht sagen, was Atheismus ist. Auch er entwickelt sich ständig. Der Atheismus der Narren aus alter Zeit, die Gott schlechthin leugneten, durchlief viele Stadien bis zum militanten und wissenschaftlich fundierten Atheismus, der heute die kommunistischen Staaten regiert.

Doch die Tatsache, daß wir nicht sagen können, wer Gott ist, erschüttert unser Denken nicht.

Der Apostel Paulus schrieb: »Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen an den Werken, nämlich an der Schöpfung der Welt« (Röm. 1, 20).

Giordano Bruno ist der Autor des Wortspiels, »intellectio « (der Intellekt) sei »interna lectio« (die innerliche Lektion), die uns die Natur erteile.

Je besser ich eine Maschine kenne, desto mehr bewundere ich den Ingenieur, der sie erfand. Je schöner ein Palast ist, desto mehr respektiere ich seinen Architekten. Die Liste atheistischer Wissenschaftler, die meine Gegner erstellten, ist unrichtig. Unser Universum trägt den Namen Einsteins. Er muß etwas davon verstehen. Er schreibt in »Mein Weltbild«:

»Wenn man das Judentum der Propheten und das Christentum, wie es Jesus Christus gelehrt hat, von allen Zutaten des Späteren, insbesondere der Priester, loslöst, so bleibt eine Lehre übrig, die die Menschheit von allen sozialen Krankheiten zu heilen imstande wäre. Dem wohlmeinenden Menschen erwächst die Pflicht, in seinem Kreis unentwegt zu versuchen, diese Lehre der reinen Menschlichkeit lebendig zu machen, so gut er es vermag. Wenn er dies ehrlich versucht, ohne von den Zeitgenossen verstoßen und vernichtet zu werden, so darf er sich und seine Gemeinschaft glücklich preisen.«

Bernett sagt in einem Vorwort zu seiner Biographie: »Das kosmische Leben der Religion ist das kraftvollste und edelste Motiv für die wissenschaftliche Erforschung der Natur.«

Milner beginnt sein Buch »Relativität und die Struktur der Sterne« mit den Worten: »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.«

Der Biologe Hans Spemann schreibt: »…so will ich bekennen, daß ich bei meinem experimentellen Arbeiten oft das Gefühl einer Zwiesprache habe, bei der mir mein Gegenüber als der bedeutend Gescheitere vorkommt.«

Immanuel Kant schrieb: »So wie ein Gesicht schön ist, weil es eine Seele enthüllt, ist die Welt schön, weil man durch sie einen Gott sieht.«

Es gibt viele Dinge, die aus manchen Wissenschaftlern Gläubige machen. Sie staunen über die Übereinstimmung zwischen den Naturgesetzen und unserer Fähigkeit des Begreifens durch die Sinne, die Vernunft, die Intuition und den Glauben.

Der Biologe Max Hartmann spricht von »dem Wunder der Harmonie zwischen dem Universum und unserem Denken«.

De Broglie sagt, in der einfachen Tatsache, daß Wissenschaft möglich sei, liege ein größeres Wunder, als wir glaubten.

Einstein schrieb: »Was im Universum ewig unverständlich bleibt, ist, daß man es verstehen kann.«

Sogar Voltaire, den die Atheisten fälschlicherweise als einen von ihnen betrachten, sagte folgendes: »Ich urteile unverzüglich, daß, wenn die Werke der Menschen, auch meine eigenen, mich zwingen, eine Verstandeskraft in uns anzuerkennen, ich mich zur Anerkennung einer weit überlegenen bereit finden muß, die in diesem so vielfach Geschaffenen wirkt. Ich schließe auf diese höchste Intelligenz, ohne zu fürchten, daß mich je etwas von meiner Meinung abbringen kann. Nichts erschüttert mich in diesem Axiom: ,Jedes Werk deutet auf einen Werkmeister hin.‘«

Wer kann glauben, daß es Uhren gibt, aber keine Uhrmacher? Unsere Uhren zeigen die Zeit nach der Bewegung der Erde an. Wer schuf diesen Chronometer?

Das zweite, das jeden beeindruckt, der die Schöpfung aufmerksam betrachtet, ist die strenge Ordnung in der Natur, die ebenfalls nicht das Ergebnis des Zufalls sein kann.

Uexküll sagt: »Wir lesen in der Natur eine ganze Partitur.«

Der Geologe Cloos schreibt: »Wer ihn (den inneren Weg) betritt, schaut die Schönheit, hört die Musik der Erde.«

Kant, der vielen vernünftigen Beweisen der Theologie für den Glauben an die Existenz Gottes sehr kritisch gegenüberstand, anerkannte die Gültigkeit des sogenannten kosmologischen Beweises. Die Ordnung in der Natur weist auf einen Schöpfer hin.

Charles Darwin, Opfer des englischen merkantilistischen und utilitaristischen Lebensstils seiner Zeit, dachte, die Natur arbeite auch nach diesem utilitaristischen Prinzip. Dem ist aber nicht so. In der Natur ist ein großer Künstler und einfallsreicher Architekt am Werk.

Die außergewöhnliche Schönheit der Pfauenfeder kann nicht damit erklärt werden, sie sei durch die Anhäufung kleiner Variationen entstanden, weil diese den Vorteil böten, Artgenossen leichter anzuziehen. Auch die Krähe findet einen Partner, und Unkraut am Straßenrand lockt ebenso Bienen und Wespen zur Befruchtung an wie die prächtige Lilie. Weshalb sind einige winzige Fische so nutzlos schön? Nun, es ist Kunst um der Kunst willen. Warum besitzt der Papagei die Fähigkeit zu sprechen? Wieso gibt es Vögel, deren Zwitschern wie das Läuten kleiner Glocken klingt? Es ist nur die Laune eines Künstlers. Wie steht es mit dem Geweih des Hirsches? Warum hat das Zebra so regelmäßige Streifen? Warum hat jede Blume eine andere Farbe?

Nietzsche sagte: »In jedem von uns ist ein Kind, das spielen will.«  – Gibt es nicht etwas Kindliches an Gott, das ihn veranlaßte, all dies zu erschaffen? Gehört es nicht zum Wesen der Gottheit, sich auch in einem im Stall geborenen Kind und in einem kleinen Jungen, der auf den Straßen von Nazareth mit anderen spielt, auszudrücken? Woher stammen die präzisen Winkel, die Symmetrie und die schönen Formen der Kristalle?  . . .

Betrachten Sie einen Getreidehalm genau: Seine Höhe ist ungefähr 130 cm und der Durchmesser kaum 5 mm. Stellen wir uns vergleichsweise ein 250 m hohes Gebäude vor (etwa 100 Stockwerke), und dies auf einer Grundfläche von nur einem Quadratmeter. Oben auf dem Halm sitzt die schwere Frucht. Er wird vom Wind bewegt, bricht aber nicht. Der Halm enthält ein herrlich ausgearbeitetes mechanisches System. Es ist dem Menschen immer noch ein Rätsel, wie das Wasser bis zur Spitze gelangt. Wir brauchen Pumpen, um die oberen Stockwerke eines hohen Hauses mit Wasser versorgen zu können. Etwas so Herrliches wie den Halm könnten wir nicht herstellen.

Der Physiker Urey, der Entdecker des schweren Wasserstoffs, schrieb: »Keine einzige der bestehenden Theorien über den Ursprung der Welt ist ohne die Voraussetzung eines Wunders denkbar.«

Da wir gerade beim Wasser sind — lassen Sie uns seine Wunder betrachten! Jeder physikalische Gegenstand dehnt sich bei Erhitzung aus und zieht sich bei Kälte zusammen; nur das Wasser vergrößert sein Volumen beim Erkalten und bildet Eis. Das Eis, das leichter ist als Wasser, bleibt an der Oberfläche. Es bildet eine Kruste, die die Fische im Winter vor Kälte schützt. Ohne diese Besonderheit des Wassers wäre das Leben in den Flüssen unmöglich, und die primitiven Menschen, die sich von Fischen ernährten, hätten nicht überlebt.

Woher kommt diese Ausnahme? Ist sie nur Zufall oder ordnete sie ein weiser Schöpfer an?

Lassen wir einen bekannten Techniker, Werner von Siemens, zu Wort kommen: »Je tiefer wir in das harmonische, durch unabänderliche Gesetze geregelte und unserem vollen Verständnis dennoch so tief verschleierte Walten der Naturkräfte eindringen, desto mehr fühlen wir uns umgekehrt zu demütiger Bescheidenheit angeregt, desto kleiner erscheint uns der Umfang unserer Kenntnisse, desto lebhafter wird unser Streben, mehr aus diesem unerschöpflichen Born des Wissens zu schöpfen, und desto höher steigt unsere Bewunderung der unendlich ordnenden Weisheit, welche die ganze Schöpfung durchdringt!«

Zwar können wir nicht sagen, wer Gott ist, aber wenn wir die Dinge, die er schuf, genau betrachten, können wir seine unsichtbare Kraft sehen. Sie sprechen von Gott als einem mächtigen Herrscher und großen Künstler. Von ihnen wissen wir, daß Gott ein Gott der Ordnung ist.

Jesus antwortete seinen Jüngern, die ihn baten, ihnen den Vater zu zeigen: »So lange bin ich bei euch, und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht den Vater; wie sprichst du denn: Zeige uns den Vater?… Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist?… Der Vater aber, der in mir wohnt, der tut die Werke« (Joh. 14, 9-10).

Mit diesen Worten lehrt uns Jesus, wie wir über ihn und auch über uns selbst denken sollen. Wir wollen zwar den Sinn für die richtigen Proportionen wahren, aber doch bemerken, daß, wer immer mich oder Sie sieht, auch wenn Sie der Autor eines atheistischen Buches sind, den Vater sieht, da wir alle nach seinem Bild geschaffen sind. – Der heilige Gregor von Nyssa schrieb: »Der Mensch ist das menschliche Gesicht Gottes.«   . . .

Der Mensch, jeder Mensch, irgendein Mensch — ein Atheist, ein Krimineller, ein Heiliger — ist wundervoll, zunächst aufgrund der Beschaffenheit seines Körpers. Auch der schlechteste und jämmerlichste Mensch hat ein Herz, das eine Pumpe ist, wie sie Ingenieure nicht konstruieren können — eine Pumpe, die das Blut täglich 600mal durch den Körper zirkulieren läßt. In einer Zeitspanne von fünfzig Jahren geschieht dies 10.950.000mal, und das ohne eine einzige Minute Unterbrechung. Zum zweiten ist der Mensch aufgrund seiner Seele ein wundervolles Geschöpf. Die Seele ist eine weitere überraschende, beinahe undefinierbare Wesenheit. Sie ist so vollkommen, daß sie gewissermaßen den Körper entbehren kann. Sie zeigt ihre Unabhängigkeit in der neunten Symphonie des tauben Beethoven oder im geweihten Leben der Helene Keller, die Schriftstellerin und eine große Philanthropin wurde, obwohl sie taubstumm und blind war, oder in der Tatsache, daß Pascal im Alter von neun Jahren die Axiome der euklidischen Geometrie wiederentdeckte oder im Leben Mozarts, der mit fünf Jahren zu komponieren begann.

Doch der Mensch birgt noch ein drittes wundervolles Gebilde in sich. Sein Körper mag dem der Tiere ähneln (dies ist nichts Beschämendes, auch wenn man gegen die Evolutionstheorie eingestellt ist), er hat jedoch einen Geist, der Gott ähnlich ist. Meine Gegner anerkennen seine Existenz nicht, weil er mit den Sinnen nicht nachgewiesen werden kann. Wie sollte die Existenz des Geistes nachgewiesen werden, wenn er selbst der Prüfer ist?

Das Auge sieht sich selbst nicht, und die Nase riecht sich selbst nicht. Der Geist gehört nicht zu dem Schauspiel, das von den Sinnen aufgeführt wird. Er ist Zuschauer und reagiert nach seinem eigenen Geschmack auf das, was in seinen Bereich eindringt. Aristoteles sagte: »Wenn du im Menschen nur das Menschliche erkennst, betrügst du ihn und wünschst ihm Unglück, da er durch alles Essentielle in seinem Wesen — den Geist — zu etwas Höherem als nur zum menschlichen Leben berufen ist.« Es ist unmenschlich, nur menschlich zu sein. Es ist einer Raupe unwürdig, sie nur als Raupe zu betrachten: sie ist auch ein zukünftiger Schmetterling. Es ist uns also nicht erlaubt, die Menschen zu degradieren, zu denen Jesus sagte: »Ihr seid Götter« (Joh. 10, 34). In einem Samen steckt mehr als nur der Same: er enthält die im Keim vorhandene Blume.

Der Mensch ist ein Wesen, das Gottes Abbild trägt. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie Gott aussieht, doch sehen Sie den Menschen an, betrachten Sie die besten Exemplare der Menschheit, und Sie werden etwas von der Gottheit sehen: Lebensfreude, schöpferische Begeisterung, die Tiefen des Wissens, den Sinn für Schönheit, die Fülle des Lebens, die Fähigkeit, Möglichkeiten wahrzunehmen und auszuwählen, um immer größere Höhen zu erreichen.

Welch erhabenes Wesen der Mensch ist! Er ist Gott ähnlich, weil er auch der Schöpfer eines Universums ist: seines eigenen inneren Universums. Die Natur um mich herum ist ein brodelnder Strudel von Energie, eine Vielzahl von Wellen, Strahlungen und Schwingungen von Elektronen, Protonen und Elementarteilchen; doch die unhörbare Welle wird in einem Ohr hörbar, die unsichtbare Strahlung wird in einem Auge sichtbar, und das unverständliche Universum wird dem menschlichen Verstand verständlich.

Außerhalb meiner selbst gibt es eine Realität. Ich ordne sie nach Quantität, Qualität, Kausalität, Finalität und Modalität ein. Ich fange diese scheinbar chaotische Realität mit einem Netz ein, das ich selbst gewebt habe, und mache daraus ein geordnetes Universum. Die Natur verwirklicht ihre Schönheit in mir. Wenn ich eine Rose betrachte, erwacht sie zum Leben in roter Pracht und entfaltet ihren Duft. Wenn es den Menschen nicht gäbe, hätte die Rose keinen Wert und wäre eine bloße Ansammlung von Atomen.

Das einzige Objekt in der Natur, das ich durch und durch kenne, bin ich selbst. Und in mir trage ich die Fähigkeit, Ordnung ins Chaos zu bringen, mein eigenes Universum zu schaffen— sei es ein gütiges, um mir Freude zu bereiten, oder ein düsteres, um mich und andere zur Verzweiflung zu treiben. In allen Bereichen des Wissens leben wir durch Extrapolation (Weiterführung). Wir schreiten vom Bekannten zum Unbekannten. Wenn ich mehr bin, als ein außenstehender Beobachter sehen kann, ist es dann nicht möglich, daß in der Welt um mich herum mehr steckt als das, was an der Oberfläche liegt?

Lenin macht Bischof Barkeley, dem Gründer der solipsistischen Philosophie, ein Kompliment, indem er ihn den idealen, äußerst schwer zu schlagenden Philosophen nennt, weil Barkeley ein vernünftiges Argument für den Glauben an Gott lieferte, ein Argument, das auch mir sehr kraftvoll erscheint. Er sagt, das Universum könne nur im Geiste existieren; außerhalb des Geistes sei die Realität chaotisch. Sie sei ein Tohuwabohu. Es sei der Geist, der aus sich selbst ein Universum schaffe, seine Gesetze diktiere, ihm eine Ordnung gäbe und es bestimme. Ein Universum kann nur im Geiste existieren; doch der Mensch existierte nicht immer und sein Geist auch nicht. Daher muß es vor dem Auftreten des Menschen einen Geist gegeben haben, in dem das Universum existierte. Der Mensch betrachtet sich als Teil eines organisierten Universums. Der Geist aber, in dem das Universum immer existiert hat, heißt Gott. Ich bin auch Schöpfer eines Universums, eines inneren Universums — aber ich bin ein Schöpfer! Deshalb sieht jeder, der mich sieht, den Vater. Ich kann Ihnen nicht sagen, wer Gott ist, doch Sie können etwas von der Gottheit verstehen, wenn Sie den Menschen ansehen.

Schauen Sie auf Jesus von Nazareth

Schauen Sie das größte und beste Geschöpf der Menschheit an, das Sie kennen, das geliebteste Wesen, und Sie werden in ihm, wenn auch nur undeutlich, etwas vom Vater sehen. Doch es gibt einen Menschensohn, in dem Sie Gott in besonderer Weise sehen können. Es ist Jesus von Nazareth — weil er nicht nur der Menschensohn, sondern auch Gottmensch war.

Gott weiß alles, aber es gibt einige Dinge, die er nur von außen kannte. Ein Richter kann das ganze Strafgesetzbuch und die ganze Wissenschaft des Strafvollzugs kennen und doch nicht fähig sein, gerecht zu richten, weil er nie das Leben eines Gefangenen gelebt hat. Fünf Jahre Haft, Tag für Tag im Gefängnis verbüßt, unterscheiden sich völlig von fünf Jahren Haft, die im Strafgesetzbuch für ein Vergehen vorgeschrieben sind und durch Urteil verkündet werden.

Gott kann weder lügen noch kennt er aus Erfahrung eine andere Übertretung des Moralkodexes, wogegen diese Sünden gerade das Lebenselement sind, das Sie täglich umgibt. Weder Gott noch Engel können sterben. Der Tod ist für sie nur ein Geschehen, das sie von außen betrachten.

Deshalb wurde Christus, der Sohn Gottes, ein Mensch mit allen Merkmalen und Beschränktheiten des Menschen. Als männliches Wesen kannte er die Versuchung der Frau; als armer Zimmermann einer unterdrückten Nation kannte er die Versuchung der Rebellion oder der Unredlichkeit. Als Gefangener, der gegeißelt und anschließend gekreuzigt wurde, kannte er die Versuchung der Verzweiflung und des Grolls. Ohne eine Sünde begangen zu haben, kannte er solche Tiefen des Bösen, so daß die Evangelisten es für klug hielten, die Geschehnisse seines Lebens zwischen seinem zwölften und dreißigsten Lebensjahr nicht niederzuschreiben. Doch sie hielten fest, daß seinen Feinden während seines dreieinhalbjährigen Wirkens seine Freundschaft mit Zöllnern und leichten Mädchen oftmals mißfiel.

Jesus, der Sohn Gottes, beschloß, an der menschlichen Natur mit all ihren Neigungen teilzuhaben und den Tod zu erleben, damit er nicht nur der gerechte Richter der Menschheit, sondern auch ihr Verteidiger und Erlöser werden konnte. Das Leben Jesu und sein Tod am Kreuz von Golgatha waren — abgesehen von ihrer Wirksamkeit bei der Errettung der Menschheit — Gottes Weg, eine persönliche, genaue Kenntnis menschlicher Probleme zu erlangen. Vor der Erfahrung von Golgatha wußte Gott weniger als nachher. Nachdem er sich nun im Fleisch mit uns identifiziert hat, versteht er uns besser und kann uns besser vergeben. Das Himmelreich ist uns näher gekommen.

Womit können wir diese große Erniedrigung des Gottessohnes vergleichen?

Christus ließ sich nicht nur auf die Stufe des Menschen herunter. Im Leib der Jungfrau Maria wurde er durch einen Befruchtungsvorgang, der für immer ein Geheimnis bleiben wird, zu einem Embryo, der seine Nahrung sowohl aus anorganischen als auch aus organischen Quellen bezog und neun Monate in der Gebärmutter verbrachte, um ein Säugling, dann ein Heranwachsender und schließlich ein Mann zu werden. Und welch ein Mann! Er wurde nicht ein Held wie Bar Kochba, ein großer Eingeweihter wie Apollonios von Tyana, ein Philosoph wie Plato. Um ein Retter der Menschheit, jedes einzelnen Menschen, zu werden, mußte Christus so tief in die Materie eindringen, wie die Menschheit selbst darin verstrickt war. Deshalb wurde er, nachdem er sich dem normalen Prozeß der menschlichen Entwicklung unterzogen hatte, ein jüdischer Zimmermann, ein Mitglied einer sozialen Klasse ohne Kultur. Er hatte eine arme Sprache; er mußte sich manchmal in Diskussionen auf einem demütigenden Niveau einlassen, weil dies das Niveau der Menschen war, mit denen er debattierte. Er kannte Schwäche, Ärger, Schmerz, Angst, und er wurde mit Verbrechern auf eine Stufe gestellt.

Diese Wesenszüge Jesu Christi, die den Menschen unangenehm sind, werden für diejenigen, die sie verstehen, zum Ansporn, seine herrliche Bescheidenheit und unergründliche Liebe zu bewundern.

Und wenn Sie Christus fragen, warum er dieses Opfer gebracht habe, antwortet er Ihnen mit erhabener Einfachheit, Gott habe die Welt so geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gegeben habe, damit alle, die an ihn glaubten, nicht verlorengingen, sondern ewiges Leben hätten. Er sagt, der Vater habe ihn gesandt.

Wir können nicht sagen, wer Gott ist, doch wenn wir Christus ansehen, verstehen wir etwas von seinem Charakter. Wir sehen, daß die Eigenschaften, die Gott am besten ausdrücken, Liebe, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gegenüber der Menschheit sind. Wir spüren, daß er so eine Liebe hat und daß diese Liebe ihn veranlaßte, seinen Sohn für uns in den Tod zu geben.

Prophetie

Die Autoren des »Handbuches des Atheisten« bestreiten die Möglichkeit der Prophetie. Sie weisen Prophetien »im Namen der Wissenschaft« zurück. Wie ist es dann zu erklären, daß Sir Isaac Newton, ein Wissenschaftler wie er im Buche steht, der Mann, der »der Vater der Vernunft« genannt wurde, ein Buch mit dem Titel »Betrachtungen der Prophetie« schrieb? Er lieferte die erste wirklich wissenschaftliche Chronologie der Geschichte Jesu.

Doch anstatt uns darüber auszulassen, ob Prophetie möglich ist oder nicht, wollen wir die Tatsachen analysieren. Erwiesene Tatsachen sprechen für sich. Gibt es Tatsachen, die auf die Erfüllung von Weissagungen hinweisen?

Bereits eine oberflächliche Kenntnis der Bibel enthüllt Hunderte von Prophetien, die bereits in Erfüllung gingen, und andere, die sich vor unseren Augen erfüllen.

Zunächst gibt es Weissagungen über Jesus Christus, der das Thema der Bibel ist. In der Bibel wurde prophezeit, Christus werde ein Nachfahre Abrahams sein und zum Stamm Juda gehören. Der Prophet Micha prophezeite sieben Jahrhunderte vor dem tatsächlichen Geschehen, Christus werde in der Stadt Bethlehem geboren werden (Micha 5, 1).

Ungefähr zur selben Zeit sprach Jesaja von Jesu Sendung und seinem Leiden und gab einen Abriß seiner Lebensgeschichte (Jesaja 9; 11; 50; 53; 61). Der Prophet Sacharja sagte voraus, Jesus werde auf einem Esel in Jerusalem einziehen (Sacharja 9, 9). Der 41. Psalm weissagt den Verrat durch einen seiner Jünger (V. 10). Sacharja sagte, wieviel dieser Jünger für seinen Verrat erhalten und was mit dem Geld geschehen werde (Sacharja 11, 12, 13). Auch die Tatsache, daß Jesus gegeißelt und angespien wurde, war vorausgesagt worden (Jesaja 50,6).

Ungefähr fünf Jahrhunderte vor Christus schrieb der Prophet Sacharja, die Leute würden den sehen, den sie durchstochen hätten (Sacharja 10, 12). David wies darauf hin, daß sowohl seine Hände als auch seine Füße durchbohrt werden würden (Psalm 22, 17). Die Auferstehung Jesu wurde ebenfalls vorausgesagt.

Zugegeben, einige dieser Prophetien — wie die, Jesus werde auf einem Esel in Jerusalem einziehen, oder die Voraussage seines Ausrufes am Kreuz »Mich dürstet« (Psalm 22, 16) — können ins Lächerliche gezogen oder mit der Begründung zurückgewiesen werden, ihre »Erfüllung« sei von Jesus und seinen Nachfolgern schlichtweg arrangiert worden. Trugen die römischen Soldaten jedoch absichtlich zur Erfüllung der in einem Psalm enthaltenen Weissagung bei: »Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand« (22, 19)? Was wußte ein römischer Soldat über jüdische Prophetien beziehungsweise was kümmerten sie ihn? Und doch hielt jeder Chronist peinlich genau die Einzelheit fest, die Soldaten hätten bei der Kreuzigung um das Gewand Jesu gelost (Matthäus 27, 35; Markus 15, 24; Lukas 23, 34; Johannes 19, 23, 24). Johannes fügte noch hinzu, der nahtlose Rock sei zu wertvoll gewesen, um zerrissen und unter die vier Soldaten verteilt zu werden (Johannes 19, 23, 24).

Doch was ist mit dem größten Ereignis, Jesu Auferstehung von den Toten? Konnte er diese in Szene setzen?

Hätte er als großer »Betrüger«, wie ihn die Atheisten gerne nennen, es unter den wachsamen Blicken der Juden und der Römer einrichten können, am Kreuz nicht zu sterben, seine Gebeine nicht wie die der Diebe brechen zu lassen (Johannes 19,32,33) (in Erfüllung einer weiteren eindeutigen Prophetie [2. Mose 12,46]) und nicht in dem versiegelten, bewachten Grab umzukommen? Und selbst wenn ihm soweit alles gelungen wäre, hätte er von seinen verängstigten, feigen Jüngern erwarten können, eine Schar Soldaten zu überwältigen, den versiegelten Stein wegzurollen und ihn ungehindert zu befreien? Es ist undenkbar.

Mommsen, ein in der römischen Geschichte bewanderter Historiker, bezeichnet die Auferstehung des Erlösers als die am besten belegte Tatsache der römischen Geschichte. Sie konnte kaum von Menschen inszeniert worden sein. Sie war die Erfüllung einer Prophetie.

Prophetien über das jüdische Volk

»Keine Prophetie«, sagen sie. Diejenigen, die wir Propheten nennen würden, seien lediglich intelligente Menschen und daher in der Lage gewesen, Ereignisse vorauszusagen.

Laut dem »Handbuch des Atheisten« waren die intelligentesten Genies der Menschheit Marx, Engels, Lenin und andere wie sie. Sie vertraten den historischen Materialismus, den das »Handbuch des Atheisten « als die größte Voraussetzung zum Verständnis politischer und sozialer Ereignisse betrachtet.

Marx schrieb ein Buch mit dem Titel »Die jüdische Frage«. Er hatte offensichtlich das Potential, mit dem der historische Materialismus einen Denker ausrüstet. Wie konnte er, der er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte, nicht wissen, daß die Juden, die unter die Völker verstreut waren, in ihr Land zurückkehren und einen eigenen Staat gründen würden?

Lenin lebte im 20. Jahrhundert. Die zionistische Bewegung bestand bereits und wurde immer stärker. Er, das große Genie der Menschheit, betrachtete es weder als wahrscheinlich, daß sich die Juden in ihrem eigenen Land vereinigen würden, noch erwähnte er, der aufmerksame, mit der mächtigen Waffe des historischen Materialismus ausgestattete Beobachter des politischen Lebens, die Zionisten auch nur mit einem Wort. Er nahm weder Notiz von dieser Bewegung noch erwartete er ihren Triumph.

Stalin verfaßte ein Buch mit dem Titel »Marxismus und nationale Frage«. In diesem Buch, das vor dem  Ersten Weltkrieg geschrieben wurde, anerkannte er, den die Atheisten einst als das größte Genie der Menschheit bezeichneten, die Juden nicht einmal als eine Nation, weil das jüdische Volk nicht zu seiner Definition einer Nation paßte.

Doch das jüdische Volk kümmerte sich in seiner Entwicklung weder um den Antisemitismus in dem Buch von Marx noch um die Tatsache, daß es in Stalins Buch übergangen worden war. Die Juden gründeten einen Staat und erfüllten damit die Voraussage eines ganz anderen Buches – der Bibel (Hesekiel 37).

Friedrich der Große, König von Preußen, bat einmal seinen Kaplan: »Gib mir einen sicheren Beweis für die Inspiration der Heiligen Schrift!« Der Geistliche gab zur Antwort: »Es ist der Jude, Eure Majestät.« Die Juden und ihre wundersame Geschichte sind ein weiterer Beweis für die Wahrheit der biblischen Prophetie.

Seltsamerweise sind etliche der Autoren des »Handbuches des Atheisten« Juden, die damit die biblische Prophetie erfüllen, einige Juden würden ein Fluch für alle Völker werden (Jeremia 29,18). Es gibt jedoch auch Juden, die den Atheismus bekämpfen, das Wissen um Gott in alle Welt tragen und damit eine Prophetie in derselben Bibel erfüllen, die besagt, ein Überrest von Juden in Israel werde sich in den letzten Tagen ihrem Erlöser Jesus Christus zuwenden und ein großer Segen sein.

Die Prophezeiungen über die Juden beginnen vor rund 4500 Jahren mit einer Verheißung an den ersten Juden, Abraham. Sie lautet: »Ich will dich zum großen Volk machen« (1. Mose 12, 2).

Die christliche Welt trägt den Namen eines Juden, Jesu Christi. Das kommunistische Lager trägt den Namen eines anderen Juden, den von Marx. Das Universum als Ganzes trägt den Namen eines weiteren Juden, den Einsteins. Über 60 Prozent der Nobelpreisträger sind Juden, unter ihnen der sowjetische Schriftsteller Boris Pasternak. Juden – Männer wie Trotzki, Sinowjew und Kamenew – spielten in der Oktoberrevolution eine außerordentlich große Rolle. Lenin war Halbjude. Juden spielen heute im Kampf gegen die Regierung in der Sowjetunion eine große Rolle. Litwinow, der Schriftsteller Daniel, Levitin Krasnow und andere Freiheitskämpfer, die im Gefängnis waren, sind Juden. Juden sind am wirtschaftlichen und politischen Leben der Vereinigten Staaten und vieler anderer Länder aktiv beteiligt. In vielen westlichen Ländern sind sie in Regierungspositionen. Der Jude Teller wird »der Vater der Wasserstoffbombe « genannt. Dr. Sale Harrison schreibt in seinem Buch »The Remarkable Jew« (Der bemerkenswerte Jude): »Niemand wird bezweifeln, daß die Juden heute die Geldkassen der Welt verwalten. Wo immer sie hinkamen, wurden sie zu Zauberern der Finanzen.«

Basil Mowll sagt in seinem Buch: »Bible Light in Present Events« (Biblisches Licht in Ereignissen der Gegenwart): »Eine vorsichtige Schätzung der Universitätsprofessoren Westeuropas vor dem Ersten Weltkrieg, ausgenommen Großbritannien, ergab, daß über 70 Prozent jüdischer Abstammung und jüdischen Glaubens waren.«

Hebräisch ist die einzige alte Sprache, die man Wiederaufleben ließ und die heute in Israel fließend gesprochen wird. Dies war bei der lateinischen, altgriechischen, slawonischen, irischen und walisischen Sprache nicht der Fall.

So wurde die Prophetie erfüllt. Ein kleiner Beduinenstamm wurde eine große Nation — groß in jeder Hinsicht, im guten wie im bösen. Sogar Jaroslawskij, der Gründer der Internationalen Gesellschaft der Gottlosen und deren Leiter, war Jude.

Die Prophetie sagt weiter: »Du sollst ein Segen sein« (1. Mose 12,2). Wer auch immer sich durch den Kommunismus gesegnet fühlt, verdankt dies dem Juden Marx. Wer sich durch den Kapitalismus gesegnet fühlt, verdankt dies den Juden, die zur Schaffung dieses Systems beitrugen. Wer vom Christentum gesegnet ist, verdankt dies einem Juden, Jesus.

Das Wort Gottes lautet im selben Kapitel weiter: »Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen« (1. Mose 12, 3). Es ist eine Tatsache, daß die Geschichte die Freunde der Juden bevorzugt hat. Als die Spanier die Juden vertrieben, ging die Sonne ihres Weltreiches unter. Das zaristische Rußland verfolgte die Juden und bekam seinen Lohn dafür. So verhielt es sich auch mit dem nationalsozialistischen Deutschland. Länder, in denen die Juden frei sind, genießen selbst die Freiheit.

Lange Zeit nach Abraham gab es Weissagungen, denen zufolge die Juden unter alle Völker zerstreut würden (5. Mose 4, 27). Heute gibt es drei zerstreute Rassen: die Zigeuner, die Armenier und die Juden, doch die Juden sind am weitesten zerstreut. In nur wenigen Ländern gibt es keine Juden.

Jesus sagte die Zerstörung Jerusalems voraus, die im Jahre 70 n. Chr. stattfand (Matth. 24, 2, 15). Der Prophet Hosea (9,17) sagte voraus: »Mein Gott wird sie verwerfen, darum daß sie ihn nicht hören wollen; und sie müssen unter den Heiden in der Irre gehen«, was tatsächlich mit ihnen geschah. Im 5. Buch Mose 28, 37 steht: »Und wirst ein Scheusal und ein Sprichwort und Spott sein unter allen Völkern, dahin dich der Herr getrieben hat.« Auch dies widerfuhr ihnen. »Dreckiger Jude« ist zu einem gebräuchlichen Schimpfwort geworden.

Doch auch die Rückkehr der Juden nach Palästina war vorausgesagt, und dies spielte sich vor unseren Augen ab. Das Volk der Bibel, das mit bangem Herzen umherirrte, erhielt sein Vaterland zurück (Hesekiel 36, 24).

Die Bibel sagt wiederholt, Gott habe die Juden zu einem einzigartigen Volk bestimmt — und das sind sie wirklich (z. B. 5. Mose 7, 6; 14, 2).

Die Herkunft anderer Völker ist in Legenden und Mythen gehüllt. Wer kann sagen, wer der erste Russe, der erste Deutsche oder Türke war? Fragen Sie irgendeinen Juden, wer der erste Jude gewesen sei, und er wird Ihnen ohne Zögern antworten: »Abraham.«

Die Juden sind als Zeugen für die Verläßlichkeit des Bibelberichts einzigartig. Einzigartig ist ihre Zerstreuung unter alle Völker, und ebenso einzigartig ist ihre Entwicklung. Die Juden machen nur ungefähr ein halbes Prozent der Weltbevölkerung aus; doch wie unverhältnismäßig groß sind dagegen ihre Leiden, aber auch ihre Befreiung und Rückkehr in ihr Land. Sie sind aufgrund der Tatsache einzigartig, daß ihre ganze Geschichte vorausgesagt wurde. Gott sprach durch Mose: »Euch aber will ich unter die Heiden streuen, und das Schwert ausziehen hinter euch her, daß euer Land soll wüst sein und eure Städte zerstört« (3. Mose 26,33); »Und der Herr wird euch zerstreuen unter die Völker, und wird euer ein geringer Haufe übrig sein unter den Heiden, dahin euch der Herr treiben wird« (5. Mose 4, 27).

Später sagt eine weitere Prophetie die Sammlung des zerstreuten Volkes Israel voraus: »Denn ich will euch aus den Heiden holen und euch aus allen Landen versammeln und wieder in euer Land führen« (Hesekiel 36, 24).

Die Juden sind auch insofern einzigartig, als sie auch während der Zeit der Zerstreuung in alle Welt von anderen getrennt lebten. Wo immer man einen Juden findet, ist er ein Jude. Er ist kein jüdischer Russe, sondern ein russischer Jude. Die Juden bleiben Juden, obwohl sie keine geballte Macht und keine weltweite Regierung haben.

Sie sind das einzige Volk, das durch außerordentliche Leiden nicht zerstört werden konnte. Ägyptische Pharaonen, assyrische Könige, römische Kaiser, die Kreuzfahrer, Inquisitoren und Nationalsozialisten setzten sie der Ausbürgerung, dem Exil, der Gefangenschaft, Beschlagnahme, Folter und dem Massaker von Millionen Volksangehörigen aus — was jedem anderen Volk das Herz gebrochen hätte —, doch die Juden überlebten.

Gott verhieß, er werde die Vertriebenen Israels sammeln und die Zerstreuten Judas von allen vier Enden der Welt wieder zusammenfuhren (Jesaja 11, 12). Dies war von Jesaja vorausgesagt worden, der etwa 700 Jahre vor Christus und rund 800 Jahre vor der Zerstörung Jerusalems und der darauffolgenden Zerstreuung der Juden lebte. Wie konnte er wissen, daß die Juden zerstreut und dann aus allen Kontinenten wieder zusammengeführt werden würden?

Sehr wenige Juden, die nach Israel zurückkehrten, sind religiös. Die meisten von ihnen kennen die Heilige Schrift und die Prophetie nicht, und nur die wenigen, die sie kennen, glauben daran. Und dennoch werden sie zurückgeführt — Sie mögen es blinden Instinkt nennen, so wie es die Vögel im Herbst in den Süden zieht — beziehungsweise die Kraft Gottes treibt sie, damit sein Wort erfüllt werde.

In einer anderen wichtigen Prophetie über die Rückkehr der Juden nach Palästina werden zwei Arten ihrer Rückführung genannt (Jeremia 16,14—16).

Gott werde »Fischer« senden, die sie »fischen« würden; und die zionistische Bewegung »fischte« tatsächlich Tausende von Juden mit dem Köder einer eigenen nationalen Heimat.

In demselben Vers heißt es auch, Gott werde viele »Jäger« senden, die die Juden »jagen« würden. Der Antisemitismus in der ganzen Welt, vor allem der Hitlers, »jagte« die Juden und trieb sie in Richtung Palästina.

Eine weitere verblüffende Prophetie über die Juden betrifft die Zuwendung des Überrestes des Volkes Israel zu Christus in der Endzeit. Auch das erfüllt sich heute.

Ich erwähnte bereits, der Jude Einstein sei ein Bewunderer des Nazareners gewesen.

Franz Werfel, der berühmte jüdische Dichter, schrieb ein bekanntes christliches Buch mit dem Titel »Das Lied von Bernadette«. Schalom Asch, der große jüdische Romanschriftsteller, wurde Christ und schrieb das bekannte Buch »Der Nazarener«. Martin Buber, der große jüdische Philosoph, nannte Jesus »meinen großen Bruder«. Henri Bergson bezeugte seinen christlichen Glauben. Niels Bohr, der große Physiker, war ein Judenchrist; desgleichen Auguste Piccard, der Mann, der als erster in die Stratosphäre eindrang.

Lassen Sie mich hier kurz darauf hinweisen, daß auch die Kommunisten Prophezeiungen machten, diese aber nicht in Erfüllung gingen. Engels prophezeite in einem Brief an Sorge vom 10. September 1888, innerhalb von zehn Jahren werde Kanada von den Vereinigten Staaten annektiert werden. Ein Jahrhundert ist vergangen, doch es gibt keine Anzeichen für eine derartige Möglichkeit.

Genosse Chruschtschow prophezeite im Jahre 1958, Rußland werde innerhalb von fünf Jahren den Lebensstandard der Vereinigten Staaten erreichen und übersteigen. Seither sind weit mehr als fünf Jahre vergangen, und die Sowjetunion importiert immer noch Weizen aus Amerika! Menschen, die nicht eigens von Gott dazu befähigt werden, können die nahe und die ferne Zukunft nicht voraussagen.

Unsere atheistischen Freunde prophezeiten die ewige Solidarität zwischen den kommunistischen Nationen, und nun sehen wir nichts als Streitereien unter ihnen. Die im Wort Gottes verbürgte verläßliche Prophetie ist ausschließliches Vorrecht des Geistes Gottes.

Prophetien über die letzten Tage

Das »Handbuch des Atheisten« lehnt die Prophetie mit folgenden Worten ab: »Zahlreiche biblische Prophetien wurden erst nach dem Eintreffen der vorausgesagten Ereignisse gemacht. Die betreffenden Texte sind der Bibel nachträglich beigefügt worden, das heißt nachdem die jeweiligen Ereignisse schon eingetreten waren.«

Erwarten unsere atheistischen Freunde wirklich, daß wir glauben, der Sieg Israels in der Geschichte und die Wiederherstellung des jüdischen Staates seien erst kürzlich der Bibel beigefügt worden? Bezeugen nicht die Schriftrollen vom Toten Meer aus dem ersten Jahrhundert vor Christus das hohe Alter der Prophetien? Enthalten nicht Manuskripte des Neuen Testaments die auf eine atomare Zerstörung hinweisende Voraussage des Fischers Petrus, die Elemente würden infolge großer Hitze schmelzen (2. Petrus 3, 10)?

Weltkriege waren vor 3000 Jahren nicht möglich, da es zwischen den Kontinenten keine oder nur eine sehr primitive Verbindung gab.

Doch der Prophet Jeremia, der etwa 600 Jahre vor Christus lebte, sagte Weltkriege voraus. Er wußte nicht um die Existenz Amerikas, Australiens oder Japans, aber er schrieb: »…denn ich rufe das Schwert herbei über alle, die auf Erden wohnen … Er wird singen ein Lied… über alle Einwohner des Landes, des Hall erschallen wird bis an der Welt Ende. … Es wird eine Plage kommen von einem Volk zum andern… Da werden die Erschlagenen des Herrn zu derselben Zeit liegen von einem Ende der Erde bis ans andere Ende« (Jeremia 25, 29-33).

Diese Voraussage wurde 26 Jahrhunderte später erfüllt. Tausende von Menschen kamen in einem Krieg um, der sich von Japan über Rußland bis nach Frankreich erstreckte, einem Krieg, in dem Amerikaner, Japaner, Deutsche, Juden und viele mehr starben. Solche Geschehnisse sind Vorzeichen für den nächsten Weltbrand.

Jesus sagte über die letzten Tage: »Es wird alsdann eine große Trübsal sein, wie nicht gewesen ist von Anfang der Welt bisher und wie auch nicht werden wird« (Matth. 24,21). Und so ist es. In der Geschichte der Menschheit gab es noch nie so schwere Trübsale wie die der Nazis und die der Massenmorde Stalins oder Mao Tse-tungs.

Als Christus sagte: »Wo diese Tage nicht würden verkürzt, so würde kein Mensch selig« (Matth. 24, 22), gab es noch keine Vernichtungsmethoden, die alle Menschen gefährden konnten. Niemand konnte die Existenz der ganzen Menschheit gefährden. Heute sind die Mittel zur allgemeinen Zerstörung verfügbar.

Doch warum sollen wir so weit ausholen? Der Kommunismus selbst ist die Erfüllung einer Prophetie. Er gleicht dem Antichristen, der in der Heiligen Schrift angekündigt wird: »Es wurde ihm gegeben zu streiten mit den Heiligen und sie zu überwinden, und es wurde ihm Macht über alle Geschlechter, Sprachen und Nationen gegeben« (Offenbarung 13,7).

Ein anderer Prophet hat Mächte wie die des Kommunismus beschrieben: »…, welcher seinen Rachen aufsperrt wie die Hölle und ist gerade wie der Tod, der nicht zu sättigen ist, sondern rafft zu sich alle Heiden und sammelt zu sich alle Völker« (Habakuk 2, 5).

Wir Christen halten diesen Ehrgeiz für unvernünftig. War Stalin glücklich, als er einer Milliarde Menschen seinen Willen aufgezwungen hatte und als das größte Genie gefeiert wurde? Seine Frau beging Selbstmord. Er sperrte Mitglieder seiner eigenen Familie ins Gefängnis. Er hatte zu niemandem Vertrauen, nicht einmal zu seinen besten Genossen, und das zu Recht. Seine engsten Mitarbeiter warteten auf seinen Tod, um ihn als Verbrecher zu brandmarken. Chruschtschow sagte, Stalin habe einmal ausgerufen: »Ich habe nicht einmal zu mir selbst Vertrauen!«

Es gibt eine Geschichte über einen reichen Mann, der sehr krank war. Man sagte ihm, er werde nur dann wieder genesen, wenn er das Hemd eines glücklichen Menschen trage. Daraufhin sandte er seine Diener, einen glücklichen Menschen zu finden und dessen Hemd um jeden Preis zu kaufen. Doch die Diener konnten keinen glücklichen Menschen ausfindig machen. Jeder beneidete den anderen um sein Glück, begehrte mehr, als er hatte, oder war von unerreichbarem Ehrgeiz erfüllt. Nach langem Suchen fanden sie endlich einen Holzfäller mit entblößtem Oberkörper, der seine schwere Arbeit fröhlich tat und dazu sang. Sie fragten ihn: »Bist du glücklich?« Seine Antwort war: »Vollkommen.« Da boten sie ihm für sein Hemd viel Geld an, doch leider hatte er keines.

Das Glück besteht nicht im Beherrschen der Welt, sondern im Einssein mit Gott. Unsere kommunistischen Freunde kennen dieses Geheimnis nicht. Deshalb haben sie weitgesteckte Ambitionen, sind jedoch nie befriedigt und entfernen sich immer weiter von der Utopie, die sie herbeizuführen behaupten. Wir können ihnen versichern: sie werden Erfolg haben! Der Antichrist, dem sie den Weg bereiten, wird die Welt beherrschen. Der Kommunismus wird, geschichtlich gesehen, für eine kurze Weile triumphieren.

Doch am Ende wird Jesus zurückkommen. Seine Füße werden auf dem Ölberg in Israel stehen (Sacharja 14, 4). Die Bibel sagt: »Es werden ihn sehen alle Augen« (Offenbarung 1, 7). Auch das muß unverständlich gewesen sein, als der Evangelist Johannes es niederschrieb. Wie konnte jemand in Spanien oder Nordafrika Jesus vom Ölberg zum Himmel auffahren sehen, und wie wird er ihn wieder dorthin zurückkommen sehen?

Nun, das Fernsehen beweist die Richtigkeit dieser biblischen Prophetie. Die ganze Welt kann die Olympischen Spiele miterleben. Die ganze Welt wird auch Zeuge der Wiederkunft Jesu sein.

Dann werden sich »im Namen Jesu die Knie all derer beugen, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen werden bekennen, daß Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters« (Philipper 2, 10).

Nach der Wiederkunft Jesu Christi auf die Erde wird der gesegnete Tag anbrechen, an dem alle Macht in seinen Händen liegen wird, und unter seiner vollkommenen Herrschaft wird unser armer Planet seine Sünden und Sorgen los sein (Jesaja 11).

Zuvor werden wir durch schreckliche Katastrophen gehen müssen. Unter den Zeichen des nahenden Unheils befinden sich die vielen Friedens- und Abrüstungskonferenzen, die in der Bibel ebenfalls vorausgesagt werden: »Wenn sie werden sagen: Es ist Friede, es hat keine Gefahr, — so wird sie das Verderben schnell überfallen, gleichwie der Schmerz ein schwangeres Weib, und werden nicht entfliehen« (1. Thessalonicher 5, 3).

Als der Apostel Paulus diese Prophezeiung niederschrieb, hatten die Menschen keine Möglichkeit, eine blitzartige Zerstörung über die Erde kommen zu lassen. Sie konnte nicht mit Schwertern oder Speeren durchgeführt werden. Heute besitzen Nationen Atomwaffen.

In unseren Tagen wird die Prophetie außerordentlich wichtig. Jesus hatte vorausgesagt, die Heiden würden Jerusalem beherrschen, »bis daß der Heiden Zeit erfüllt wird« (Luk. 21, 24). Die Tatsache, daß die Juden im Jahre 1967 die Herrschaft über Jerusalem und Palästina wiedergewannen, könnte ein erstes Anzeichen dafür sein, daß die Zeit der Heiden — das heißt die Zeit, in der die Heiden (die Nicht-Juden) sich der Gemeinde Christi anschließen und für die Ewigkeit gerettet werden können — nahe gekommen ist. Es ist von größter Wichtigkeit, daß die Menschen an Christus glauben und zu ihm kommen, solange noch Zeit ist. Die Verbreitung von Zweifeln bezüglich der Gültigkeit der Prophetie durch die Atheisten ist gerade in dieser Zeit ein teuflischer Kunstgriff. Dadurch ist dieses Buch selbst eine tragische Erfüllung einer biblischen Prophetie: »Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden« (1. Korinther 1, 18).

Wer erschuf Gott?

Es gibt einen Gott. Wir können mit ihm Gemeinschaft haben. Er offenbarte sich durch seine Propheten und durch seinen Sohn Jesus Christus.

Die Natur ist wie ein Festmahl. Es gibt Bananen, Melonen, Tomaten und Getreide. Doch es kann kein Festmahl ohne einen Koch geben. Genausowenig kann es eine Welt ohne einen Schöpfer geben. Dies ist das beste Argument für die Existenz Gottes.

Unsere Gegner haben jedoch das Recht, mit einer weiteren Frage zu antworten. Wenn alles eine Ursache haben muß und man die Ursache Gott nennt, muß auch Gott eine Ursache haben. Wer erschuf ihn? Es wäre eine Ausflucht, wenn man sagen würde, diese Frage sei gotteslästerlich. Ich finde sie höchst berechtigt. Als Kind stellte ich sie selbst.

Jede Masse oder Materie befindet sich in ständiger Bewegung. Sie ist nicht mehr genauso wie noch vor einer Sekunde. Es gibt immer eine Ursache, die die Veränderung hervorrief. Die Bewegung der Materie wird durch die Zeit gemessen. Bestimmte Stadien der Materie erzeugen rechtzeitig Wirkungen, die wiederum zu Ursachen neuer Veränderungen werden. Materie ist ohne eine erste Ursache undenkbar.

Doch die Existenz in der Zeit ist nicht die einzige Form der Existenz. Es gibt auch eine Zeitlosigkeit, in der es kein Vorher und kein Nachher gibt, keine Ursache und keine Wirkung. Dies ist der Bereich Gottes. Er hat alles erschaffen. Er gehört einer Sphäre der Selbstexistenz an. Niemand erschuf ihn.

Was war zuerst, die Henne oder das Ei? Dies ist die klassische Frage. Wenn das Ei zuerst war, wer legte es? Wenn es die Henne war, woher kam sie? Sie können über diese Frage jahrtausendelang diskutieren, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen, wenn Sie nicht erkennen, daß die ursprüngliche Frage drei Voraussetzungen hat:

1. es gibt ein Huhn,
2. es gibt ein Ei,
3. es gibt ein »Vorher« und ein »Nachher«.

»Vorher« und »Nachher« sind Kategorien unseres Denkens, Formen unseres Empfindungsvermögens, Begriffe, um die aufeinanderfolgenden Stadien der sich fortwährend bewegenden Materie zu verstehen. Doch die Zeit ist nichts Eigenständiges gegenüber den Bewegungen, zu deren Messung sie dient. Die Zeit hat keine objektive, von Materie und Phänomenen unabhängige Existenz. Dies ist das ABC der einsteinschen Relativitätstheorie. Kinetische Energie erzeugt Bewegung und schafft den Begriff der Zeit. Was ist mit der potentiellen Energie? Sie ruht. Stellen Sie sich eine Welt mit ausschließlich potentieller Energie vor! Es gäbe nicht die geringste Bewegung, es gäbe nichts zu messen. Sie wäre ein Universum ohne Zeit. Zeitlos ist auch der Bereich des Geistes, der Bereich Gottes. Wir nennen ihn ewig. Die Ewigkeit ist nicht endlose Zeit, sondern Zeitlosigkeit.

Lassen Sie mich dies anhand eines Beispiels verdeutlichen. Stellen Sie sich vor, auf einem 2000 Lichtjahre entfernten Planeten gäbe es Wesen höherer Ordnung, als wir es sind, mit Teleskopen, mit denen sie nicht nur unsere Erde, sondern auch deren Bewohner sehen könnten.

Stellen Sie sich vor, diese Superwesen würden heute Bethlehem betrachten. Was würden sie sehen? Die Geburt Jesu Christi. Sie würden die Hirten, die Weisen, Maria, Josef und das Kind sehen — weil das Licht von diesen Personen bis zu dem entfernten Planeten 2000 Jahre benötigen würde. Für uns ist die Geburt Christi ein vergangenes Ereignis. Für sie würde sie heute stattfinden. Stellen Sie sich solche Superwesen auf einem 3500 Lichtjahre entfernten Stern vor! Sie würden sehen, wie sich das Volk Israel unter der Führung von Mose den Grenzen Palästinas nähert. Sie würden ihre Freude über die Ankündigung der Geburt eines Erlösers sehen. Für sie wäre die Geburt Jesu ein zukünftiges Ereignis.

Ein und dasselbe Ereignis ist, vom Standpunkt der Erde aus gesehen, vergangen, von dem eines Planeten gegenwärtig und von dem eines anderen Planeten aus zukünftig. Wie ist es für den Geist, der die Geschehnisse auf allen drei Planeten gleichzeitig mitverfolgen und die Gedanken aller lesen kann? Für ihn gibt es weder Vergangenheit, Gegenwart noch Zukunft.

Die Frage »Was war zuerst, die Henne oder das Ei?« ist gelöst. Es gibt kein Zuerst und kein Später. Die Frage hat in einem Bereich, in dem es weder Vergangenheit noch Zukunft, weder Ursache noch Wirkung gibt, keinen Sinn. Die Frage »Wer war vor Gott und erschuf ihn?« kann nicht gestellt werden. Es gibt kein Vorher.

Einstein schreibt: »Jeder Bezugskörper (Koordinatensystem) hat seine besondere Zeit; eine Zeitangabe hat nur dann einen Sinn, wenn der Bezugskörper angegeben ist, auf den sich die Zeitangabe bezieht.« Für den ewigen Geist gibt es keine Zeit. Für ihn steht alles in gegenseitiger Beziehung und bildet eine Einheit. Gott ist eins.

Für einen Reisenden im Zug ist die Zeit, die der Zug für die Strecke zwischen zwei Pfosten benötigt, eindeutig kürzer als für einen Beobachter, der am Bahngleis steht. Die Zeit ist nicht nur für den ersteren kürzer, sondern auch für alles andere im Zug, einschließlich seiner Uhr, die langsamer geht.

Stellen Sie sich nun eine Rakete vor, die annähernd mit Lichtgeschwindigkeit fliegt. Erdbewohner, die den Herzschlag des Astronauten aufzeichnen, würden eine Verlangsamung feststellen. Dasselbe würde mit den Vorgängen im Körper des Astronauten geschehen, obwohl diese für den Astronauten selbst gleichbleiben würden.

Nach Langevins unanfechtbarer Berechnung würde ein Mensch, der die Erde mit einer um ein Zwanzigtausendstel unter der Lichtgeschwindigkeit liegenden Schnelligkeit verläßt, nach seiner eigenen Zeit ein Jahr lang reist und mit derselben Geschwindigkeit auf die Erde zurückkehrt (das heißt nach seiner Uhr zwei Jahre nach seiner Abreise), nach unserem Kalender zwei Jahrhunderte später zurückkehren. Der Urenkel seiner Tochter, die am Tag der Abreise, als der Astronaut 30 Jahre alt war, geboren wurde, wäre hundert Jahre alt, während er selbst 32 wäre.

Eine solche Rakete ist nicht reine Phantasie. Es gibt eine, für die selbst die Lichtgeschwindigkeit ein Kinderspiel ist. Es ist die Rakete des Geistes. In Sekundenschnelle schweifen meine Gedanken von fernen Galaxien zu meiner alten Mutter, von dort zum Paradies, vom Paradies in meine Nachbarzelle und von dort zurück zu entlegenen Sternen. Dann kann ich mit Adam und Abel Gemeinschaft pflegen, sie blitzschnell wieder verlassen und meine Zeit in zukünftigen Jahrtausenden verbringen, in meine Zelle zurückkehren und das Essen zu mir nehmen, das soeben gebracht wurde. Der Geist ist weder an Raum noch an Zeit gebunden. Der Tod gehört der Zeit an. Im Raum der Zeit folgen die Ereignisse aufeinander. Ich wurde geboren, ich wuchs auf, ich werde sterben, ich werde auferweckt werden. Im Bereich der Zeitlosigkeit geschehen die Ereignisse nicht nacheinander. Es gibt dort keinen Raum für die Vergänglichkeit meiner Persönlichkeit.

Wenn ich in einem Zug mit gleichbleibender Geschwindigkeit in eine bestimmte Richtung reise, habe ich den Eindruck, daß die Städte und Dörfer an mir vorbeiziehen. Ich sehe sie durch das Fenster wie einen endlosen Strom von Orten. Doch in Wirklichkeit existieren die Orte gleichzeitig nebeneinander. Nur für mich scheinen sie aufeinanderzufolgen. Im Kino sehe ich die Entwicklung mehrerer Personen von der Wiege bis zur Bahre mit all ihren Schwierigkeiten. Doch auf der Filmspule existieren diese Ereignisse gleichzeitig nebeneinander. Nur für mich spielen sie sich in zeitlicher Reihenfolge ab.

Wir sind an die Beschränkungen des Gewichts gewöhnt. Es war eine ziemlich große Entdeckung, als die ersten Astronauten feststellten, daß sie auch in einem Zustand der Schwerelosigkeit leben konnten. Wir leben in der Zeit, in der Dinge erscheinen und verschwinden. Deshalb glauben wir an den Tod und den Zerfall. Doch es gibt auch den Bereich der Zeitlosigkeit, den Bereich Gottes. Er ist der nichterschaffene Urheber der ganzen Schöpfung. In ihm haben wir unser ewiges Leben, die Existenz und Bewegung. Da wir im Raum der Zeit leben, erscheint uns die Wirklichkeit wie eine Folge von Ereignissen. Doch die Anwendung unseres Zeitbegriffes auf den Geist ist ebenso töricht, wie wenn man ihn auf die Atomphysik anwenden würde.

Nach der Relativitätstheorie bleibt bei Lichtgeschwindigkeit jede Uhr stehen, da die Masse gegenüber jedem Versuch, sie zu beschleunigen, unendlich träge ist. Ist es deshalb nicht vernünftig, daß Gott in der Bibel »das Licht« (1. Joh. 1, 5) und die Christen »das Licht der Welt« (Matth. 5, 14) genannt werden?

Jedermann verneigt sich vor dem Namen Einsteins, doch meine Gegner täten gut daran, sich zu erinnern, daß Lenin das Prinzip der Relativität angriff, daß Mach, der die Werke Einsteins inspirierte, von Lenin als der Judas der Wissenschaften gebrandmarkt wurde, und daß die sowjetischen Philosophen Einstein und das ganze Gebiet der Kybernetik lange Zeit nicht beachteten.

Das Leben nach dem Tod

Marxisten wissen nicht, was Leben ist. Das russische Akademiemitglied Oparin sagt: »Die zweite Richtung des Materialismus ist der Ansicht, daß das Leben eine besondere Form der Existenz der bewegten Materie ist.« Was kann ein junger Mensch mit einer solchen Definition anfangen? Er fragt seinen marxistischen Vater: »Wie soll ich an das Leben glauben? Wie kann ich mein Leben am besten nutzen?« Doch sein Vater kann ihm möglicherweise keine Antwort darauf geben, da der Sohn in Wirklichkeit fragte, wie sich eine der Bewegungsformen der Materie mit ihren wesentlichen, unveränderlichen Gesetzen verhalten solle. Wieviel kraftvoller ist die Antwort des Christen: »Das Leben ist eine Person, Jesus Christus, dessen Freundschaft man annehmen und dessen Beispiel man folgen kann. Das Leben ist eine ewige Gnade. Seine irdische Zeitspanne soll großzügig für andere, seine ewige Nachwirkung im Paradies — zu dem die Erde das Vorzimmer ist — zur eigenen Freude am Schöpfer und seiner Herrlichkeit genutzt werden.«

Da die Marxisten nicht wissen, was Leben ist, wissen sie auch nicht, was Tod ist. Deshalb ist der Tod ein Schrecken ohne den Trost und die Hoffnung der Religion. Es ist ein schlechter Trost, wenn man den Trauernden sagt: »Wir sterben und verschwinden für immer. Doch der Sozialismus schreitet voran, und bald werden wir auf dem Mond spazierengehen.«

Voll Trauer schrieb Marx in einem Brief an Lassalle vom 28. Juli 1855: »Der Tod meines Kindes hat mir Herz und Hirn tieferschüttert, und ich fühle den Verlust noch so frisch wie am ersten Tag. Meine arme Frau ist auch völlig downbroken (gebrochen).«

Wir verstehen seine Gefühle. Er kannte den Sieg des Christen über den Tod nicht.

Der sowjetische Christ Talantow starb für seinen Glauben im Gefängnis. Sein ältester Sohn führte den christlichen Kampf weiter. Er starb auch im Gefängnis. Da nahm der jüngere Sohn den Kampf auf. Auch er kam im Gefängnis ums Leben. Sie fürchteten den Tod nicht.

Skripnikow wurde in der Sowjetunion wegen seines christlichen Kampfes erschossen. Seine Tochter Aida machte das Anliegen ihres Vaters, ungeachtet seines Schicksals, zu dem ihrigen. Sie ist noch jung. Sie war bereits viermal im Gefängnis, weil sie ihren Glauben an Christus bekennt.

Für Atheisten ist der Tod wie das Damoklesschwert über ihrem Kopf, das sie daran erinnert, daß alle ihre Freuden — oder Sorgen! — bald vorüber sein werden.

Der Tod wird von denen nicht gefürchtet, die ihn kennen.

Jesus versicherte: »Wer da lebt und glaubt an mich, wird nimmermehr sterben« (Joh. 11, 26). Er sagte diese Worte in der Nähe des Grabes eines Menschen, der an ihn geglaubt hatte. Jesus behielt recht. Geburt und Tod sind unsere Art, die Wirklichkeit des Lebens aus der Sicht der Zeit zu verstehen. Christen brauchen den Tod nicht zu furchten.

Während der russischen Revolution unter dem großen Terror der Tscheka wurde der Befehl gegeben, eine Gruppe von Christen zu ertränken. Einer von ihnen rief aus: »Wir gehen zu Gott! Welchen Unterschied macht es, ob wir zu Land oder zu Wasser gehen?« Sie hatten keine Angst.

Das »Handbuch des Atheisten« bezeichnet den Glauben an das Leben nach dem Tod als »die Grundlage der religiösen Theorie« und als »äußerst gefährlich «. Was ist jedoch das Leben, wenn nach dem Tod nichts nachfolgt?

Nehmen wir an, das kommunistische Ideal sei verwirklicht. Wir hätten eine vollkommene Gesellschaft ohne Unterschiede zwischen Arm und Reich, ohne Kriege und Revolutionen, mit Wohlstand, Kultur und Glück für jedermann. Doch der Mensch müßte immer noch sterben. Arme Menschen sterben leicht. Sie haben nicht viel zu verlieren. Für glückliche Menschen ist der Tod eine Katastrophe. Kirow, der von Stalin ermordete Generalsekretär der kommunistischen Partei des Leningrader Gebiets, bekleidete eine Machtposition. Er genoß das Leben. Seine letzten Worte waren: »Ich möchte leben, leben und nochmals leben!« Hätte Stalin ihn nicht umgebracht, wäre er einige Jahre später eines natürlichen Todes gestorben, und seine tragischen letzten Worte wären dieselben gewesen.

Wir müssen alle sterben. Die Entscheidung liegt nicht bei uns. Wenn nichts folgt, ist das schönste Leben nicht mehr als eine Henkersmahlzeit. Der zum Tode Verurteilte erhält Leckerbissen und wird dann gehängt. Er mag in einer idealen Gesellschaft gelebt haben, doch letztlich wird er verwesen und von allen vergessen sein.

Versuchen Sie einen sterbenden Krebskranken oder seine Familie mit den Worten zu trösten: »Wir bauen eine glückliche kommunistische Gesellschaft auf«, oder »Die Wissenschaft leistet Großes. Wir waren auf dem Mond, und bald werden wir auf der Venus sein.« In diesen Worten liegt nicht viel Trost. Erzählen Sie jedoch dem Sterbenden und den Trauernden vom himmlischen Vater und der Hoffnung des Christen auf ein ewiges Leben bei ihm, und Sie werden den Unterschied sehen!

Das Leben geht jedoch nach dem Tod weiter. Der Gedanke an die Ewigkeit und an die Vergeltung des Guten und des Bösen ist tief im menschlichen Herzen verankert.  . . .

Der Apostel Jakobus schreibt: »Was ist euer Leben? Ein Dampf ist’s, der eine kleine Zeit währt, darnach aber verschwindet er« (Jakobus 4,14). Es löst sich aber nicht in nichts auf. Dampf wird zu Wasser. Nichts geht verloren. Das irdische Leben vergeht, doch es wird nicht zu nichts. Eine Raupe wird zur Puppe, eine Puppe zum Schmetterling. Tote sind unserer Sicht entschwunden. Dies bedeutet aber nicht, daß es sie nicht mehr gibt.

Stellen wir uns vor, wir könnten mit einem Embryo sprechen und ihm erzählen, sein Leben im Mutterleib sei nur eine Vorbereitungszeit. Das wirkliche Leben folge in einer ihm unbekannten Welt unter ihm unvorstellbaren Bedingungen. Wenn der Embryo die Intelligenz eines Akademiemitglieds hätte, würde er wie das »Handbuch des Atheisten« antworten: »Laßt mich mit diesem religiösen Aberglauben in Ruhe! Das Leben in der Gebärmutter ist das einzige, das ich kenne, und es gibt kein anderes. Euer Gerede ist reine Erfindung habgieriger Geistlicher!«

Stellen Sie sich aber vor, dieser Embryo könnte scharfsinniger denken als unsere Akademiemitglieder. Er würde sich sagen: »In meinem Kopf entwickeln sich Augen. Zu welchem Zweck? Es gibt nichts zu sehen. Es wachsen mir Beine. Ich habe nicht einmal genug Platz, sie auszustrecken. Warum also wachsen sie? Und wozu wachsen mir Arme und Hände? Ich muß sie über meiner Brust verschränken. Sie stören mich und meine Mutter. Meine ganze Entwicklung in der Gebärmutter ist sinnlos, wenn nicht ein Leben mit Licht, Farben und vielen Dingen folgt, die meine Augen sehen können. Der Ort, an dem ich dieses andere Leben verbringen werde, muß groß und vielfältig sein. Ich werde dort umherlaufen müssen. Deshalb wachsen meine Beine. Es wird ein Lebender Arbeit und des Kampfes sein. Deshalb wachsen mir Arme und Fäuste, die hier nutzlos sind.« Überlegungen über seine Entwicklung würden einen Embryo zum Wissen um ein anderes Leben führen, obwohl er damit noch keine Erfahrungen gemacht hat.

Dies ist auch genau unsere Situation. Das Christentum lehrt uns, das Leben in dieser Welt habe auch einen embryonischen Charakter und sei nur eine Vorbereitung auf das wirkliche, nachfolgende Leben. Wie können wir das wissen? Wenn Gott (oder, um der Argumentation willen, die Natur) uns nur für dieses Leben erschaffen hätte, hätte er uns zuerst die Weisheit und Erfahrung des Alters und dann die Tatkraft der Jugend gegeben. Wir hätten dann zu leben gewußt. Uns fehlt aber in Wirklichkeit in der Jugend die Weisheit, und wir verschwenden nur zu oft unsere Jahre mit Nichtigkeiten. Wenn wir endlich Weisheit und Erfahrungen gesammelt haben, wartet schon der Leichenwagen vor unserer Tür. Warum also sammeln wir Weisheit? Warum wachsen denn dem Embryo Augen, Beine und Hände? Nur für das nachfolgende Leben. Unsere Entwicklung in diesem Leben weist auf ein zukünftiges hin.

Körper und Geist haben nicht nur eine getrennte, sondern eine widersprüchliche Entwicklung. Wenn wir älter werden, zerfällt unser Körper, während unser Geist bereichert wird. Geist und Körper sind wie zwei Wanderer, von denen der eine bergauf und der andere bergab geht. Welche Logik wird mich glauben machen, der Geist werde mit dem Körper untergehen, wenn letzterer am Fuße des Berges und damit beim endgültigen Zerfall angelangt ist? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, daß er sich nach einem steilen Aufstieg in »den Himmel der Himmel« aufschwingen wird, wie Mao Tse-tung es vom Geist seiner verstorbenen Frau sagte (sein Gedicht »Die Unsterblichen«)!

Ich war viele Jahre ohne Bücher in Einzelhaft, wo ich meine Zeit damit verbrachte, mir die verschiedensten Situationen vorzustellen. Ich stellte mir vor, ich sei der Erste Parteisekretär der Sowjetunion, König von England, der Papst, ein Millionär und ein Bettler. Ich konnte mir alle diese Situationen vorstellen. Sie sind denkbar, weil sie Möglichkeiten des Lebens sind. Das Leben ist reich. Es konnte aus einem Korporal einen französischen Kaiser und aus diesem Kaiser einen Gefangenen auf einer Insel machen. Mittellose Menschen wurden Millionäre. Reiche Menschen wurden arm. Stalin, der Sohn eines trunksüchtigen Schuhmachers, ein Georgier und ehemaliger Schüler eines Priesterseminars, wurde der Diktator der Sowjetunion und des gesamten kommunistischen Blocks. Kurz nach seinem Tod wurde sein Name aus der Geschichte gestrichen. All dies ist im Leben möglich und daher vorstellbar. Ferner versuchte ich mir vorzustellen, ich sei tot, was mir aber nie gelang, da der Tod nicht zu den Möglichkeiten des Lebens gehört.

Wenn Sie sich den Tod vorzustellen versuchen, sehen Sie sich bewegungslos in einem Sarg im Leichenhaus liegen. Die Tatsache, daß Sie sich im Sarg sehen, zeigt, daß Sie nicht tot sind. Ein Toter sieht sich selbst nicht. Die Unvorstellbarkeit des Todes ist kein unbedeutendes Argument für die Ewigkeit des menschlichen Lebens.

Es ist wichtig, die Ewigkeit nicht mit einer endlosen Zeit zu verwechseln, da sich diese zwei Begriffe widersprechen. Eine endlose Zeit gibt es nicht; Ewigkeit ist Zeitlosigkeit.

Die Möglichkeiten des Traumlebens, in dem geistige Vorgänge oft sehr rasch vollzogen werden, lassen uns einen flüchtigen Blick darauf werden. Ein Handlungszyklus, der normalerweise lange Zeit beanspruchen würde, zieht während eines Traumes in einem kurzen Augenblick durch unser Gehirn. Auch das Raumverhältnis ist aufgehoben. Wir können riesige Strecken in Sekundenbruchteilen bewältigen. Im Traum sind wir weder an Raum noch an Zeit gebunden. Wenn wir über das Traumleben nachdenken, stellen wir fest, daß die Mauern von Zeit und Raum, die uns während des Wachzustandes gefangenhalten, uns eine weitere, jenseits der begrenzten Sphäre liegende Lebensqualität vorenthalten, die wir gewöhnlich »Wirklichkeit« nennen.

Der menschliche Körper braucht zu seiner vollständigen Befriedigung nur sehr wenig: Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Ruhe und in einem bestimmten Alter einen Partner anderen Geschlechts. Wie kommt es dann, daß Kapitalisten oder die obere Klasse der Sowjetunion, die von alledem viel haben, manchmal melancholisch und unzufrieden sind? Wie ist es möglich, daß wegen ihres Glaubens eingekerkerte, hungrige, frierende, mit Ketten gebundene und jahrelang von ihrer Familie getrennte Menschen vor Freude jubeln können? Was ist das geheimnisvolle Wesen, das niedergeschlagen sein kann, während der Körper alle guten Dinge hat, und das sich freuen kann, während der Körper durch Leiden geht? Es ist etwas anderes als der Körper. Es ist die Seele.

Sie zeigt während unseres irdischen Lebens ihre Abhängigkeit, aber auch ihre Unabhängigkeit vom Körper. Sie ist so unabhängig vom Körper, daß sie den Selbstmord beschließen kann. Die Seele kann beschließen, den eigenen Körper aus psychologischen Gründen zu töten. Es gibt keinen Grund zu glauben, der Tod des Leibes müsse auch den Tod dieses willensstarken, unabhängigen Wesens nach sich ziehen.  . . .

Ich habe ein reiches und ein armes Leben, ein fröhliches und ein trauriges Leben, das Leben eines freien und das eines gefangenen Menschen, das Leben eines Gesunden und das eines Kranken gelebt. Wenn ich mich mit einer dieser Lebensformen identifiziere, hört mein Leben auf, sobald diese bestimmte Lebensform zu Ende geht. Für einige Menschen verliert das Leben mit dem Verlust des Wohlstands seinen Wert.

Der Körper ist nicht mein »Ich«. In gewisser Hinsicht habe ich viele Körper gehabt: den eines Embryos, eines Säuglings, eines Kindes und den eines jungen Mannes. Petrus schreibt: »…solange ich in dieser Hütte bin …« (1. Petrus 1, 13). Er bezieht sich auf ein bestimmtes Stadium, in dem sich sein Körper befindet. Ich habe in mehreren Hütten gewohnt, doch es gibt einen klaren Unterschied zwischen mir und der Behausung, in der ich eine Zeitlang lebe.

Jesus sagte im Garten Gethsemane: »Meine Seele ist betrübt bis an den Tod« (Matth. 26, 38). Beachten Sie seine Ausdrucksweise! Jedermann könnte sie gebrauchen. Er spricht von einer Seele und von einem Besitzer der Seele, der diese beobachtet und feststellt, daß sie betrübt ist. Doch ich bin ebensowenig mit einem bestimmten Zustand meiner Seele identisch, wie ich mit einem bestimmten Zustand meines Körpers identisch bin.

Ich leide an meinem Leib oder an meiner Seele. Ich weiß, daß ich leide. Was ist die letzte Wirklichkeit in mir, die alles beobachtet, was mit meinem von mir als solches betrachteten »wirklichen Ich« geschieht? Er weiß: »Ich bin jetzt gesund« oder »Ich sterbe jetzt«. Wer kennt und beobachtet alle diese Veränderungen? Er selbst bleibt unverändert. Er ist nicht ein Leben, sondern das Leben, der Sohn Gottes in mir, der Eine, der nicht sterben kann.

Jesus sagte: »Ich bin die Wahrheit.« Wie kann eine Wahrheit je untergehen? Wer wird mich zerstören können, wenn ich mich, wie er, mit der ganzen Wahrheit identifiziere? Es ist unumstößlich, daß zwei und zwei vier gibt, ob ich nun gefangen oder frei, lebendig oder tot bin. Ich werde eins mit der von äußeren Ereignissen unabhängigen Wahrheit.

Wenn ich mich mit Christus vereinige, wenn ich die Worte »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben« für mich in Anspruch nehme, werde ich ewig leben.

Wir verwahren ein Gemälde von Leonardo da Vinci und eine Skulptur von Michelangelo sehr sorgfältig. Sollte da der Schöpfer die Künstler, die diese Werke schufen, nicht mit mindestens derselben Sorgfalt bewahren?

Es gibt ein ewiges Leben, und so wie ein unbußfertiger Hitler dieses nicht gut an demselben Ort verbringen kann wie die unschuldigen Kinder, die er umbrachte, muß es einen Himmel für die Gerechten und eine Hölle für die Ungerechten geben.

Sie könnten von den letzten Worten großer Gegner der christlichen Religion lernen. Talleyrand: »Ich erleide die Qualen der Verdammten.« Mirabeau: »Gebt mir Laudanum, damit ich nicht an die Ewigkeit denken muß.« Voltaire: »Ich bin von Gott und den Menschen verlassen. Ich werde zur Hölle gehen. O Christus, o Jesus Christus!« Karl IX., König von Frankreich: »Welches Blut, welche Morde, welch bösen Rat habe ich befolgt. Ich bin verloren, ich sehe es wohl.« Tom Paine: »Ich gäbe Welten, wenn »Das Zeitalter der Vernunft« (ein antichristliches Buch) nie veröffentlicht worden wäre. O Herr, hilf mir! Christus, hilf mir! Bleibe bei mir! Es ist die Hölle, allein gelassen zu werden.«

Ich hoffe, damit zumindest bewiesen zu haben, daß der Glaube an ein ewiges Leben nicht so lächerlich ist, wie es die Autoren des »Handbuches des Atheisten « glauben machen wollten.

Auf einem internationalen Symposium für Ärzte wurde darüber diskutiert, welche Operation die schwierigste sei. Ein Deutscher sagte, es sei die Gehirnoperation, ein Franzose meinte, es sei die Herzoperation. Der sowjetische Delegierte behauptete, die schwierigste Operation sei eine Mandeloperation. Alle lachten, doch er sagte: »Sie halten meine Behauptung für dumm. Sie vergessen aber, daß wir seit der Revolution die Mandeln nach der Schädeleröffnung über das Gehirn entfernen müssen, weil es uns verboten ist, den Mund aufzumachen.«

Ich habe den Mund ohne die Erlaubnis einer kommunistischen Regierung aufgemacht.

Wissenschaft und Religion

Die kommunistische Geheimpolizei ist für ihre Fähigkeit, unschuldigen Personen Geständnisse für angebliche Verbrechen abzunötigen, bekannt. Tausende von solchen »Kriminellen« wurden unter Chruschtschow rehabilitiert. Doch die Methoden haben sich nicht geändert.

Unter den von der russischen Geheimpolizei gefolterten Gefangenen befindet sich ein gewisser Genosse namens Wissenschaft. Unter Schlägen und mit glühenden Schürhaken drangsaliert oder auf andere Art mißhandelt, erzielte dieser Gefangene namens Wissenschaft sensationelle, im »Handbuch des Atheisten« wiedergegebene Geständnisse. Kein wirklicher Wissenschaftler würde dafür einen Groschen geben. Sehen wir uns ein paar davon an:

»Die Wissenschaft erbrachte den unwiderlegbaren Beweis für die Nichtexistenz übernatürlicher Kräfte.« – »Die Wissenschaft beweist, daß Leben im Universum weit verbreitet ist… Die Anzahl von Planeten, auf denen vernünftige Wesen leben, ist unendlich groß… Die wissenschaftliche These über die Vielzahl von bewohnten Welten versetzt dem Dogma des Sühneopfers, welches das Wesen des Christentums ist, den Todesstoß… Die Nichtexistenz von Wundern ist gänzlich bewiesen«, und so weiter.

Wir müssen diesen ganzen Abschnitt als Unsinn abtun. Gehen wir zu anderen Behauptungen über. Ein Grundsatz des »Handbuches des Atheisten« ist, zwischen Wissenschaft und Religion bestehe ein unüberbrückbarer Konflikt. Zwischen welcher Wissenschaft und welcher Religion? Beide sind in ständiger Entwicklung begriffene Wesenheiten.

Die Religion ist nicht mehr das, was sie vor fünf Jahrhunderten oder auch noch vor einem Jahrhundert war.

Am Anfang waren die Christen überzeugt, Jesus werde noch zu ihren Lebzeiten wiederkommen. Sie glaubten, die Welt sei flach, die Erde sei der Mittelpunkt des Universums, und Gott sitze nicht sehr weit davon entfernt auf seinem Thron und beschäftige sich hauptsächlich mit den Geschehnissen auf der Erde. Heute denken Christen nicht mehr so.

Was Gott offenbart hat, ist ewig. Was Menschen über diese Offenbarung gedacht haben, ist vergänglich.

Doch auch die Wissenschaft verändert sich. Ein Mittelschüler betrachtet die Wissenschaften des Euklid, Galilei oder Newton heute nicht mehr als endgültig.

Unsere Gegner greifen zu einem alten Trick: Sie vergleichen die moderne Wissenschaft mit der primitiven Religion, die Wissenschaft des zwanzigsten Jahrhunderts mit den religiösen Vorstellungen der Juden vor 3500 Jahren, die damals gerade der jahrhundertelangen Knechtschaft entkommen und ungebildet waren und die auf einem viel niedrigeren kulturellen Niveau lebten als die Zigeuner von heute. Dies ist jedoch unehrlich. Es ist so, wie wenn man die heutige Sowjetunion mit dem vorkolonialen Amerika vergleichen würde, um die wirtschaftliche Überlegenheit der Sowjetunion aufzuzeigen.

Die heutige Wissenschaft muß mit den höchsten religiösen Gedanken von heute verglichen werden, und dann werden wir eher eine Übereinstimmung als einen Widerspruch sehen.

So soll es auch sein. Wir zitieren noch einmal Einstein: »Die meisten Leute sagen, der Intellekt mache einen großen Wissenschaftler aus. Sie haben unrecht; es ist der Charakter.« Der Charakter ist nicht ein wissenschaftlicher, sondern ein religiöser und moralischer Wert. Niemand kann ein wahrer Wissenschaftler sein, ohne einen auf Ehrlichkeit und Redlichkeit beruhenden Charakter zu haben. Dies sind die Werte, die das Christentum lehrt.

Ein Mensch, der nur die Wissenschaft hat, ist als Wissenschaftler nicht glaubwürdig. Er muß aufrichtig sein; er muß an das glauben, was er in seinem Labor entdeckt. Er muß Hoffnung haben, da er ohne sie niemals seine ganze Zeit der Forschung widmen würde. Er muß begeisterungsfähig sein, sonst würde er nicht zahllose Stunden im Labor verbringen. Er muß demütig sein, um die Ordnung der Dinge schlichtweg zu akzeptieren. Er muß sich ganz seinem Ziel widmen, denn wenn er seine Interessen verteilen würde, würde er nichts entdecken. Ein Wissenschaftler muß in der Lage sein, mit seinen Kollegen im selben Labor zusammenzuarbeiten. Dazu ist die Geduld einer Madame Curie erforderlich, die acht Tonnen Pechblende reinigte, um daraus ein paar Milligramm Radium zu gewinnen. Er benötigt Scharfsinn und richtiges Urteilsvermögen. Er muß der Welt genau und ohne jede Übertreibung berichten, was er herausgefunden hat. Er muß auch weise und opferbereit sein und für sich behalten, was für die Menschheit schädlich ist. Ein Mensch, der nur Wissenschaftler ist, ist kein Wissenschaftler. Er muß zuallererst die ethischen Werte akzeptieren, die nicht der Atheismus, sondern die Religion der Menschheit gegeben hat.

Stalin verkündete: »Die Wissenschaft ist die Retterin der Menschheit.« Dies sagte er genau zu Beginn des Atomzeitalters, als die Wissenschaft Werkzeuge für die blitzschnelle Zerstörung ganzer Städte und Waffen zur Verfügung stellte, mit denen die ganze Menschheit vernichtet werden kann. Und dies alles, weil einige Wissenschaftler die Werte nicht achteten, auf denen das ganze Gebäude der Wissenschaft aufgebaut ist. Die Wissenschaft muß in enger Verbindung zur Religion bleiben, da sie sonst nicht in der Lage sein wird, uns beim Erlangen des Glücks zu helfen. Da es diese enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Religion nicht immer gegeben hat, setzen die Menschen heute weniger Vertrauen in den Frieden als vor den großen Entdeckungen dieses modernen Zeitalters.

Sogar der Atheismus ist ohne die ethischen Werte des Christentums nicht möglich, so merkwürdig diese Behauptung auch klingen mag.

Das »Handbuch des Atheisten« schreibt: »Die materialistische Vorstellung sagt, in der Welt existiere nichts außer ewiger und unendlicher, sich in Bewegung befindlicher Materie.« Wenn es nichts außer der Materie gibt, muß die materialistische Philosophie, die sagt, alles sei Materie, auch Materie sein. »Es existiert nichts als Materie.« Dann sind auch die atheistischen Überzeugungen Materie. Meine Gegner lieben den Atheismus und hassen die Religion. Sind ihre Liebe und ihr Haß Materie? Sie kämpfen für ein Ideal, sie schreiben für ein Ideal, während sie die Existenz geistiger Werte bestreiten. Sie selbst leben von solchen Werten, auch wenn sie diese verdrehen.  . . .

Atheisten sind oft viel besser als ihre Theorien. Atheistische Soldaten starben während des Krieges, um das Leben ihrer Genossen zu retten. Welcher Idiot würde für einen hölzernen Schreibtisch sterben? Wer würde auf jede Freude verzichten, um ein Stück Papier glücklich zu machen? Atheisten, die ihr Leben für ihre Genossen geben und die ihre Abende opfern, um andere vom religiösen »Aberglauben« zu befreien, glauben tief in ihrem Herzen selbst nicht, daß sie und ihre Genossen nur Materie seien. So wie die Wissenschaft ohne Religion nicht funktionsfähig ist, können der Atheismus und die Atheisten nicht ohne Berücksichtigung einiger grundlegender religiöser Werte existieren.

Mit der gebührenden Hochachtung vor dem akademischen Grad meiner Gegner wage ich zu behaupten, daß Einstein zumindest ein kleines bißchen mehr von Wissenschaft verstand als sie. Der Beweis dafür ist, daß unser Universum den Namen Einsteins trägt, und nicht den der Autoren des »Handbuches des Atheisten «. Einstein spricht über »die Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in der sich eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist«.

Vielleicht möchten Sie wissen, was der große Physiker Max Planck in einem seiner Vorträge sagt: »Es ist der stetig fortgesetzte, nie erlahmende Kampf gegen Skeptizismus und gegen Dogmatismus, gegen Unglaube und gegen Aberglaube, den Religion und Naturwissenschaft gemeinsam führen, und das richtungweisende Losungswort in diesem Kampf lautet von jeher und in alle Zukunft: Hin zu Gott!«

Sir Isaac Newton lebte in einem früheren Jahrhundert, doch praktisch gesehen leben wir noch immer im Newtonschen Universum. Er hatte in seinem Labor ein Miniatursonnensystem aufgebaut. Ein Ungläubiger fragte ihn: »Wer hat das gemacht?« Newton antwortete: »Niemand.« — »Lügen, Unsinn!« antwortete der Ungläubige. »Sag mir die Wahrheit! Wer hat es gemacht?« Darauf antwortete Newton: »Es ist nichts anderes als eine unbedeutende Nachbildung eines viel größeren Systems, und ich kann dich nicht davon überzeugen, daß dieses bloße Spielzeug keinen Konstrukteur und Schöpfer hat! Hast du behauptet zu glauben, das große Original dieser Imitation sei ohne einen Schöpfer entstanden? Sag mir, durch welche Überlegung du zu einer so widersinnigen Erklärung kommst.«

Die atheistischen Professoren anerkennen, daß Newton sein fundamentales wissenschaftliches Werk »Mathematische Prinzipien der Naturlehre« mit Worten über die »Herrschaft eines mächtigen und weisen Wesens« und mit dem Bekenntnis seines Glaubens an einen ersten Impuls, das heißt eine Schöpfung beschließt. Sie erklären dies aufgrund der Tatsache, daß Newton Anfang des achtzehnten Jahrhunderts lebte, als man viele, heute bekannte atomare, chemische und biologische Prozesse noch nicht kannte und die Wissenschaft noch sehr stark mit der Theologie verknüpft war. Sie behaupten ferner, Newtons Religiosität sei für seine Wissenschaft ein Hindernis gewesen. Doch dann bleibt das Rätsel, daß das Newtonsche Universum im zwanzigsten Jahrhundert zum Einsteinschen Universum wurde. Einstein wußte zumindest etwas über die atomaren Prozesse, über die jüngsten Entwicklungen der Wissenschaft, und er, der in seiner Jugend Atheist gewesen war, wurde durch die Tatsache zum Glauben geführt, daß er auf dem Gipfel der Wissenschaft angelangt war.

Wir wollen jedoch gleich feststellen, daß Einstein meine Gegner nicht beunruhigt. Die Tatsache, daß seine Bücher in den kommunistisch regierten Teilen des Einsteinschen Universums verboten sind, spricht für sich. Man kann sie dort in keiner Buchhandlung finden. Weshalb können sie sagen, Einstein habe die »Unvereinbarkeit zwischen Wissenschaft und Glauben« durchweg unterstrichen. Ich habe soeben Einsteins Worte zitiert, die das Gegenteil beweisen.

Die Autoren des »Handbuches des Atheisten« zitieren Descartes zu Unrecht als Unterstützer ihrer Lehre. Descartes war ebenfalls ein bekennender Christ. Sie entstellen die Bedeutung seiner Worte, indem sie ihnen einen materialistischen Sinn verleihen. Er schrieb: »Gib mir Materie und Bewegung, und ich werde das Universum bauen!« Die Worte sind klar. Die Existenz des Universums erfordert Materie, Bewegung und ein intelligentes Wesen, das es baut. Die Worte Descartes’ lauten: »Gib mir Materie und Bewegung.« Ohne dieses »Ich« würden Materie und Bewegung allein kein Universum ergeben. Es ist nur dieses »Ich«, das von Gott kommt, der große Taten vollbringen kann, weil wir als Schöpfer geschaffen wurden.

Heisenberg, der große Atomwissenschaftler, rief zur Vereinigung von Wissenschaft und Religion auf. Sir James Jeans, der bekannte Astronom, schreibt in seinem Buch »Der Weltraum und seine Rätsel«:

»… Das Weltall sieht allmählich mehr wie ein großer Gedanke als wie eine große Maschine aus. Der Geist erscheint im Reich der Materie nicht mehr als ein zufälliger Eindringling; wir beginnen zu ahnen, daß wir ihn eher als den Schöpfer und Beherrscher des Reiches der Materie begrüßen sollten — natürlich nicht unseren individuellen Geist, sondern den Geist, in dem die Atome, aus denen unser individueller Geist entstanden ist, als Gedanken existieren… Wir entdecken, daß das Weltall Spuren einer planenden oder kontrollierenden Macht zeigt, die etwas Gemeinsames mit unserem eigenen individuellen Geist hat…; wir sind im Weltall nicht so sehr Fremdlinge oder Eindringlinge, wie wir zuerst dachten.«

Hören wir den großen Psychologen C. G. Jung, der ebenfalls in unserem Jahrhundert lebte: »Seit 30 Jahren habe ich eine Klientel aus allen Kulturländern der Erde. Viele Hunderte von Patienten sind durch meine Hände gegangen… Unter allen meinen Patienten jenseits der Lebensmitte, das heißt jenseits 35, ist nicht ein einziger, dessen endgültiges Problem nicht das der religiösen Einstellung wäre. Ja, jeder krankt in letzter Linie daran, daß er das verloren hat, was lebendige Religionen ihren Gläubigen zu allen Zeiten gegeben haben, und keiner ist wirklich geheilt, der seine religiöse Einstellung nicht wieder erreicht …«

Nicht die Mentalität eines Jahrhunderts, sondern die Wissenschaft macht den Menschen religiös. Daher schrieb Kepler vor mehreren Jahrhunderten: »Wir denken Gottes Gedanken nach.«

Ich weiß nicht, wie das »Handbuch des Atheisten« dazu kommt, sich auf Bertrand Russell als auf einen Wissenschaftler zu berufen. Wir kennen von ihm keine wissenschaftliche Entdeckung. Er ist für unsere Gegner eine Autorität, weil er sich für linke Politik einsetzte. Doch da sein Name hier erwähnt wurde, sollten wir meines Erachtens anführen, was er über das Christentum schrieb:

»Es gibt bestimmte Dinge, die unser Zeitalter braucht, und bestimmte Dinge, die es vermeiden sollte. Es braucht Erbarmen… Es braucht vor allem mutige Hoffnung und den Antrieb, sie zu schaffen… Die Wurzel davon ist eine sehr einfache und altmodische Sache, eine so einfache Sache, daß ich mich beinahe schäme, sie zu erwähnen, aus Angst vor einem spöttischen Lächeln, mit dem weise Zyniker meine Worte begrüßen werden. Das, was ich meine — bitte verzeihen Sie mir, daß ich es erwähne —, ist die Liebe. Christliche Liebe oder christliches Erbarmen. Wenn Sie diese empfinden, haben Sie ein Motiv für die Existenz, einen Leitfaden für das Handeln, einen Grund für den Mut, eine zwingende Notwendigkeit für eine intellektuelle Aufrichtigkeit.«

C. Chant, Professor der Astrophysik an der Universität Toronto, sagt: »Ich habe keine Bedenken zu behaupten, daß mindestens neunzig Prozent der Astronomen zu dem Schluß gekommen sind, daß das Universum nicht das Ergebnis eines blinden Gesetzes ist, sondern daß es von einer großen Intelligenz geordnet wird.« Viele der restlichen zehn Prozent sind sowjetische Astronomen, und diese dürfen nicht offen sagen, was sie denken.

Falls es also einen unvereinbaren Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion gibt, wie das »Handbuch des Atheisten« behauptet, wissen die meisten Wissenschaftler nichts davon.  Stellen Sie sich vor, einige der sowjetischen Akademiemitglieder wären wie Einstein und Planck zu religiösen Schlußfolgerungen gelangt. Hätten sie ein Werk über ihre Ansichten veröffentlichen können? — Sicherlich nicht — nur im geheimen und mit dem Risiko, dafür ins Gefängnis gesteckt zu werden. Wir können von Autoren, die unter solchen Bedingungen schreiben, nicht viel verlangen. Nicht jeder Mensch ist ein Held.

Eine weitere grundlose Behauptung des »Handbuches des Atheisten« ist, die Religion rechtfertige die Unwissenheit. Wer gründete die ersten Universitäten in Europa? Waren es nicht die Christen? Waren nicht die Klöster die ersten Kulturzentren? Wer möchte bestreiten, daß die deutsche und die englische Sprache — und viele andere — durch die Bibel geformt wurden?

Meine atheistischen Freunde können alles behaupten. Sie repräsentieren einen Diktator, und ihre Gegner werden mundtot gemacht.

Nein, die Wissenschaft kann nicht im Gegensatz zur Religion stehen. Die Wissenschaft kann nur gegen eine gewisse Art von rückständiger Religion sein. Wenn ich das Wort »Schiff« ausspreche, kann dies in Ihren Gedanken verschiedene Vorstellungen auslösen. Sie sehen vielleicht die Arche Noah vor sich oder das primitive Schiff, auf dem die Polynesier den Ozean überquerten, ein Wikingerschiff, ein Dampfschiff des letzten Jahrhunderts oder einen modernen Transatlantik-Luxusdampfer.

Wenn ich »Religion« oder »Gott« sage, löst dies erneut verschiedene Vorstellungen in Ihnen aus. Verschiedene Menschen haben zu verschiedenen Zeiten je nach ihrem Denkvermögen, ihren Gefühlen und ihrer geistlichen Erkenntnis Gott unterschiedlich verstanden. Sie legten seine Offenbarung ebenfalls unterschiedlich aus.  . . .

Wissenschaft und Religion gehören zwei verschiedenen Sphären an. Die Wissenschaft zeigt uns nur den materialistischen Aspekt der Dinge. Wenn Sie einen Wissenschaftler fragen, was ein Kuß sei, wird er sagen: »Er ist die Annäherung zweier Lippenpaare bei einer reziproken Übertragung von Mikroben und Kohlendioxyd.« Hinter dem Kuß steckt jedoch mehr. Aus der Sicht der Wissenschaft ist jede Blume das Gleichgewicht eines biochemischen Mechanismus, der Pottasche, Phosphate, Stickstoff und Wasser in bestimmten Mengen benötigt. Doch jeder Blumenfreund wird bestreiten, daß der Wissenschaftler alles über eine Blume gesagt hat. Die Wissenschaft geht nur den halben Weg. Ein Teil des Weges wird von der Kunst gegangen, ein Teil von der Philosophie und das letzte Stück von der Religion.

Sie wissen sehr wenig über das Leben, wenn Sie es lediglich als einen protoplasmischen Organismus betrachten und vergessen, was Sie darüber von Shakespeare, Dickens, Michelangelo, Raphael, von den großen religiösen Persönlichkeiten der Welt und von unserem menschgewordenen Gott, Jesus Christus, gelernt haben.

Wäre es richtig, von der Umarmung eines Liebenden als von einer beschleunigten Abgabe von Adrenalin an das Blut zu sprechen und zu sagen, dies sei eine ausreichende Erklärung für alles, was in diesem Moment geschähe?

Es ist unwissenschaftlich und daher unrichtig, das Leben auf die Wissenschaft zu beschränken. Die Autoren des »Handbuches des Atheisten« gehen von den theoretischen Betrachtungen über die Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion zur praktischen Seite des Problems über. Luther habe angeblich eine »strenge Maßnahme gegen die Ketzerei Kopernikus’« verlangt. Es bleibt ein Geheimnis, wann Luther diese Zwangsmaßnahmen verlangte. Sie würden in den Werken Luthers vergeblich nach solchen Worten suchen.

»Aber ließ Calvin nicht den großen Wissenschaftler Servetus verbrennen?« fragen unsere Gegner. – Ja, das stimmt leider. Doch die Behauptung des »Handbuches des Atheisten«, er habe ihn aufgrund seiner wissenschaftlichen Entdeckungen auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen, ist schlichtweg falsch. Er wurde zum Tode verurteilt, weil er eine falsche religiöse Lehre verbreitet hatte. Dies geschah vor ungefähr 500 Jahren und ist sehr bedauerlich, es ist aber nicht an unseren Gegnern, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Nicht ein Servetus, sondern Millionen Menschen sind in kommunistischen Konzentrationslagern zum Tode verurteilt oder langsam umgebracht worden, weil sie es gewagt hatten, eine andere politische Lehre zu unterstützen als die eines Diktators, der später von seinen eigenen Genossen verleugnet wurde.  . . .

Weder die theoretischen Aussagen der Verfasser des »Handbuches des Atheisten« über Wissenschaft und Religion noch ihre Angaben zur praktischen Seite dieser Angelegenheit können einer Untersuchung standhalten.

Es ist ein anerkannter Grundsatz der Biologie, daß die Funktion das Organ schafft. Wir haben Augen, damit wir Licht und Farbe sehen können. Wir haben Ohren, damit wir Geräusche hören können, und Hände, weil es materielle Gegenstände zum Anfassen gibt. Uns wurde ein Verstand gegeben, weil es Dinge gibt, über die wir nachdenken sollen. Woher haben wir die eigenartige Fähigkeit zu glauben? Sogar ein Kind besitzt diese Fähigkeit. Es muß also eine entsprechende Wirklichkeit geben. Wäre es logisch in dieser Welt, wo alles in uns mit einer äußeren Wirklichkeit übereinstimmt, daß gerade diese Fähigkeit des Glaubens in uns kein durch den Glauben verständliches »Außerhalb« hätte? Wir haben die Fähigkeit des Glaubens, weil es einen Gott gibt, an den wir glauben können. Es gibt nicht nur Materie, sondern auch eine Wirklichkeit, die wir nicht mit physikalischen oder chemischen Ausdrücken erklären können, ohne uns lächerlich zu machen.  . . .

Ich denke, ich habe zum Thema Wissenschaft und Religion genug gesagt.

Was diese atheistischen Autoren von der Inanspruchnahme des Rechts, im Namen der Wahrheit zu sprechen, abhält, ist das vollkommene Fehlen von Äußerungen des Zweifels in ihrem Buch.

Die Autoren der Bibel verzichteten nie darauf, ihren Zweifeln Ausdruck zu geben, obwohl sie tief religiöse Menschen waren. Sie finden Zweifel in den Psalmen und im Buch Hiob. Sogar Johannes der Täufer hatte im Gefängnis Zweifel, ob Jesus wirklich der Messias sei (Matth. 11, 2-3). Jesus selbst rief am Kreuz: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Matth. 27, 46).

Die Autoren des Leitfadens für Atheisten bringen in allem eine übertriebene Selbstsicherheit zum Ausdruck. Ihnen ist kein Zweifeln erlaubt; sie müssen den ihnen von der kommunistischen Partei erteilten Auftrag, gegen die Religion zu schreiben, erfüllen.

Kein Mensch ist vollkommen religiös. Auch religiöse Menschen haben ihre Zweifel. Desgleichen ist kein Mensch immer ein Atheist. Auch Atheisten haben ihre Momente des Glaubens, doch während die Autoren der Bibel, wie beispielsweise David und Hiob, manchmal beinahe gotteslästerlich anmutende Gedanken äußern, erscheinen unsere atheistischen Gegner immer sehr selbstsicher. Sie sind alle wie aus einem Guß: Atheisten, und nur Atheisten! Das ist unnatürlich. Sie sagen nicht alles, was sie denken.

Es ist, als ob sie nie von Heisenbergs berühmter Unschärferelation gehört hätten! Die politische Macht, meine atheistischen Freunde, ist auf Ihrer Seite. Die wissenschaftliche Wahrheit ist jedoch auf der unseren. Jesus kann als der Begründer wissenschaftlichen Denkens betrachtet werden. Er sagte: »Gehet hin und verkündiget Johannes, was ihr gesehen und gehört habt« (Luk. 7, 22); »Wir reden, was wir wissen, und zeugen, was wir gesehen haben« (Joh. 3, 11); und »Sehet die Vögel unter dem Himmel an… Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen« (Matth. 6, 26—28). Er lehrt uns, genau zu beobachten. Christen werden dazu angehalten, zu sagen, was sie wissen, was sie gehört und gesehen haben. Die Wissenschaft beruht auf denselben Prinzipien.

Versöhnung

Das »Handbuch des Atheisten« spricht noch über vieles andere, ich muß jedoch auf den Umfang dieses Manuskripts achten. Es wird in gedruckter Form in kommunistische Länder geschmuggelt werden und sollte daher nicht zu umfangreich sein.

Doch ich schulde meinen Gegnern etwas. Christus lehrte uns, Böses mit Gutem zu vergelten. Sie haben unsere Religion verleumdet; ich muß ihnen den Weg des Heils zeigen. Die Autoren eines atheistischen Propagandabuches können ebenso gerettet werden wie diejenigen, die andere Sünden begangen haben.

Wir leben mit dieser entsetzlichen Wirklichkeit der Sünde. Ich habe meine Sünden; meine Gegner haben die ihrigen. Weder die humanistische, die atheistische oder die religiöse Philosophie noch Spekulationen Geistlicher oder deren gottloser Feinde können das Geringste zur Befreiung des Menschen von der Sünde ausrichten. Gott vollbrachte deshalb ein mächtiges, wirksames Werk. Ich habe versucht, die Verläßlichkeit der Heiligen Schrift zu beweisen. Aus der Heiligen Schrift können meine Gegner erfahren, wie sie von ihren Sünden befreit werden, um Kinder Gottes und Erben ewigen Lebens zu werden.

Paulus schreibt: »Ich habe euch gegeben, was ich auch empfangen habe, daß Christus gestorben sei für unsere Sünden nach der Schrift; und daß er begraben sei, und daß er auferstanden sei am dritten Tage nach der Schrift« (1. Korinther 15, 3 – 4).

Niemand kann voll und ganz verstehen, was der Tod Christi in Palästina vor 2000 Jahren mit meinen Sünden zu tun hat und wie meine Sünden durch ein Opfer getilgt werden können, das Er damals brachte. Doch ebensowenig können wir eine genaue Erklärung für das Wesen der Elektrizität, der Schwerkraft oder der physiologischen und psychologischen Vorgänge in uns abgeben. Wir brauchen keine vollständige Erklärung des Sühneopfers, um daraus einen Nutzen zu ziehen. Es genügt, wenn wir glauben, Christus sei um unserer Sünden willen gestorben, er habe unsere Strafe getragen, und unsere Sünden würden uns nicht mehr angerechnet.

Christus ist der menschgewordene Gott. Und doch erniedrigte er sich und nahm die Strafe für unsere Sünden durch sein eigenes Leiden auf sich. Petrus drückt dies mit folgenden Worten aus: »Wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem eitlen Wandel nach väterlicher Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes« (1. Petrus 1, 18-19). Im Himmel wird zur Ehre Christi ein Lied gesungen: »Du bist erwürget und hast uns Gott erkauft mit deinem Blut aus allerlei Geschlecht und Zunge und Volk und Heiden und hast uns unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und wir werden Könige sein auf Erden« (Offenbarung 5, 9-10).

Wenn Christus mit seinem Blut Menschen jeder Nation erkaufte, erkaufte er auch Kommunisten und Atheisten.

Wie ich bereits sagte, können wir das Versöhnungsopfer nicht vollständig verstehen, aber wir können etwas davon verstehen. Petrus schreibt: »Sintemal auch Christus einmal für unsre Sünden gelitten hat, der Gerechte für die Ungerechten, auf daß er uns zu Gott führte« (1. Petrus 3, 18). Und Johannes schreibt: »Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde« (1. Joh. 1, 7). Johannes der Täufer sagt im Hinblick auf Jesus: »Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt« (Joh. 1, 29). Paulus schreibt: »So werden wir ja vielmehr durch ihn bewahrt werden vor dem Zorn Gottes nachdem wir durch sein Blut gerecht geworden sind« (Römer 5, 9).

Die Versöhnung ist das Thema, über das Christen seit 2000 Jahren nachdenken. Verbreitet ist die Stellvertretungslehre, derzufolge Jesus stellvertretend für uns um unserer Sünden willen starb. Meiner Meinung nach ist für einen Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts die Lehre der Übertragung die einleuchtendste Erklärung. Wir alle haben in unserer Psyche den Mechanismus der Übertragung. Wenn wir etwas nicht finden können und deswegen aufgebracht sind, genügt es uns, jemand anders, unsere Frau oder unser Kind, für das Verlegen des betreffenden Gegenstandes verantwortlich zu machen. Wir haben einen Sündenbock gefunden, auf den wir die Schuld laden können. Wenn ein Kind gegen einen Stuhl stößt, genügt es, wenn die Mutter den Stuhl für den Schmerz, den er verursachte, »verprügelt «, und das Kind ist augenblicklich besänftigt. Der Mechanismus der Übertragung ist tief in uns verwurzelt. Unser Herz findet Frieden, wenn wir unsere Probleme einem anderen in die Schuhe schieben können: der Monarchie, die Bourgeoisie, den Gutsbesitzern, den Amerikanern, den Imperialisten, den Kommunisten, den Trotzkisten, Stalin, den Juden, den Schwarzen, den Weißen, allen, nur nicht mir selbst.

Jesus benutzte diesen Mechanismus der Übertragung ganz bewußt. Daher wurde er als der Sohn Gottes Mensch. Es ist, als ob er gesagt hätte: »Wenn du dazu neigst, deine Sünden auf andere zu schieben, ist es am besten, wenn du sie auf meine Schultern lädst. Ich trage die Verantwortung, weil die ganze Schöpfung durch mich gemacht wurde. Ich bin bereit, alle Schuld und alle Sünden auf mich zu nehmen. Du hast das Gefühl, daß deine Sünden eine Strafe verdienen. Kant sagte: ,Der Verbrecher hat ein Recht auf Bestrafung.’ Ich werde die Strafe tragen, die du verdienst, und du wirst frei sein.«

Ich empfehle meinen atheistischen Gegnern, die durch die Verbreitung verleumderischer Lügen über die Religion Millionen Menschen Schaden zufügten, dieses Vergehen auf die Schultern Christi zu legen, den sie angegriffen haben. Christus ist das Lamm Gottes, das die Sünden der ganzen Welt hinwegnimmt. Er nimmt also auch die Sünden der Autoren des »Handbuches des Atheisten« hinweg. Glauben Sie an Christus, und Sie werden gerettet werden!

Sie haben versucht, der Religion mit atheistischen Theorien entgegenzutreten. Das ist kindisch. Eine kritische Analyse steht der inneren Angst machtlos gegenüber. Atheistische Theorien helfen einem Sterbenden oder seinen trauernden Hinterbliebenen nicht. Ihre eigenen Lehren sind für Sie wertlos, wenn Sie die Qual des Zweifels erleben und sich fragen, ob Sie mit der Abfassung dieses Buches nicht ein schreckliches Vergehen begangen haben. Sie denken vielleicht nicht heute darüber nach, es wird aber der Tag kommen, an dem Sie daran denken müssen, Ihr Sterbetag.

Moskau, Peking und Washington wetteifern miteinander, welche Stadt den größten Einfluß in der Welt haben werde. — Keine von ihnen! Die Stadt mit der größten Einwohnerzahl, die Stadt, in der sich Könige und Republikaner, Kapitalisten und Kommunisten, Stalinisten und Trotzkisten, Atheisten und religiöse Menschen, Geistliche und ihre Feinde treffen werden, ist die Stadt des Grabes. Und dem Ungläubigen bleibt jenseits des Grabes nur die Reue.

Sogar unmittelbar vor dem Tod wird es nicht zu spät sein. In diesem Augenblick können Sie das Gebet sprechen: »Herr Jesus, Sohn Gottes, sei mir Sünder gnädig!« Glauben Sie an das für Sie vergossene Blut Jesu Christi, und Sie werden gerettet werden! Meine lieben atheistischen Freunde! Wir haben ein paar Stunden miteinander verbracht. Jetzt werden wir auseinandergehen.

In der Bibel wird die Geschichte erzählt, daß zu der Zeit, als die Juden in Ägypten Sklaven waren, drei Tage lang Finsternis geherrscht habe. Während die Dunkelheit, die die Ägypter umgab, so dicht gewesen sei, daß sie sich gegenseitig nicht sehen konnten, hätten sich alle Kinder Israels des Lichts erfreut (2. Mose 10, 22—23).

Dieses Licht ist das Wort Gottes. Das Volk Gottes hatte dieses Licht, und es leuchtete in ihre Herzen hinein.

Ein Wort zum Schluß

Jeder Mensch hat eine gottgewollte Leere in seinem Herzen. Anstatt diese Leere mit Gott zu füllen, schrieben Sie ein Buch über die Struktur und Schönheit eines Vakuums. Sie mußten es schreiben. Atheistische Bücher sind die einzigen Bücher über den Atheismus. Luther sagt jedoch: »Unser Herr hat die Verheißung der Auferstehung nicht allein in Büchern niedergeschrieben, sondern auf jedem Blatt im Frühling.«

Sie erschlagen Seelen, indem Sie ihnen die Freude an Gott nicht ermöglichen. Deshalb gebe ich Ihnen den Rat, den Sonja dem Mörder Raskolnikow gab: »Steh auf! Geh jetzt, geh noch im selben Augenblick, stell dich an die Straßenecke, beuge dich nieder, küsse erst die Erde, die du  geschändet hast, und dann verneige dich nach den vier Seiten vor aller Welt und sage laut: ,Ich habe getötet!’ Dann wird dir Gott dein Leben wiederschenken. Gehst du? Gehst du?«

Ich verneige mich selbst vor Ihnen, da ich in der Vergangenheit auch Seelen getötet habe. Wie Sie, war auch ich bis zu dem Tag, an dem ich zu mir kam und das tat, was Sonja riet, ein Atheist. Heute erschauere ich vor dem Leben der Gewalt und des Leidens, das Sie erwartet, wenn Sie in Ihrem Atheismus verharren. Ich wurde von Christus gefunden und vom Atheismus, vom Verbrechen, befreit. Dieser Weg steht auch Ihnen offen. Werden Sie ihn gehen? Werden Sie ihn gehen?

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Weitere Bücher von Pfr. Wurmbrand auf meiner Webseite:

Gefoltert für Christus

Christus auf der Judengasse

Wo Christus noch leidet

Was Christen glauben

Das blutbeschmutzte Evangelium

Atheismus – ein Weg?

Karl Marx und Satan

Marx and Satan (engl.)

Wer ist Jesus Christus?

Christus wird siegen, was immer geschieht (Biographie)

Jesus gestaltender Künstler (von Pfr. Schweikendieck

Die zwei Naturen im Kinde Gottes (von Pfr. Braun)