Ralph Shallis
ZUNGENREDEN AUS BIBLISCHER SICHT
WARUM DIESES BUCH?
Das Thema »Zungenreden« ist nicht nur eine Lehrfrage: Es führt in der Tat zu einer Praxis, die das Leben von Millionen Christen und die Beziehung zwischen Gemeinden beeinflußt. Diese Streitfrage spaltet die Gemeinde in einer Zeit, in der sie es am allernötigsten hätte, den politischen, wirtschaftlichen, sozialen, technischen, religiösen und okkulten Mächten gegenüber eins zu sein, welche ihre Existenz bedrohen. Dieses Thema geht also nicht nur Akademiker an.
Ich stelle bestürzt fest, daß sogar anerkannte Prediger sich nicht immer im klaren über den Sinn der biblischen Texte sind, die diese Frage behandeln. Wenige Christen bemühen sich, diese Frage gründlich in der Heiligen Schrift zu untersuchen. Dieses Buch soll darum eine vollständige und eingehende Untersuchung der Bibeltexte sein, die sich auf die Gabe des »Zungenredens« beziehen.
Seit einiger Zeit wird die Welt mit Zeugnissen, Behauptungen und Ermahnungen über den Heiligen Geist überschwemmt. Bestimmte Gesichtspunkte dieser Propagandawelle beunruhigen mich sehr.
Ich werfe ihr vor allem eine schlechte Auslegung des Bibeltextes vor: Es werden bestimmte Verse aus ihrem Zusammenhang gerissen, um eine vorgefaßte Meinung zu »beweisen«, ohne Rücksicht auf den Gesamtsinn des betreffenden Abschnittes oder der vollständigen Bibellehre: Schlußfolgerungen werden auf eine oder mehrere im voraus ausgewählte Stellen begründet und andere sehr deutliche Stellen dabei beiseite gelassen. Diese Art von Manipulation wird in der Welt Sophismus genannt. Das ist einfach unehrlich. Ich rufe zum Herrn, dem Gott Jesu Christi: Verteidige Dein Wort!
Über den Heiligen Geist und seine Gaben schenkt uns Gott in der Schrift eine Lehre, die in ihrer Gesamtheit äußerst klar ist. Gott hat zugelassen, daß einige Punkte schwer auszulegen sind (und es gibt mehrere davon!). Dennoch bin ich überzeugt, daß die göttliche Weisheit diese Probleme nicht einfach im Text belassen hat, um uns zu verwirren oder uneins zu machen. Auch nicht, weil sie sich nicht klar genug hätte ausdrücken können.
Nein! Die Schwierigkeiten dienen dazu, unser Herz zu erforschen, unseren Geist zu prüfen. Menschen, die wirklich vom Heiligen Geist bewegt werden, nehmen vor diesen Problemen eine demütige Haltung ein. Andere dagegen, die von einem eher fleischlichen Geist bewegt werden, sehen in den schwierigen Textstellen einen Grund zur Spaltung.
Paulus sagt, daß die Trennungen vom Fleisch kommen. Judas sagt, daß sie von irdisch gesinnten (gr.: psychikos) Menschen kommen, die den Geist nicht haben (gr.: pneuma). Jakobus sagt, daß ein bitterer Eifer und ein Geist der Streitsucht eine »Weisheit« sind, die irdisch, sinnlich (gr.: psychikos) und teuflisch (gr.: daimoniodes) ist.
Ich habe keinen Zweifel: Die meisten Gemeinden müssen für Christus erweckt und sogar revolutioniert werden. Aber es gibt eine gute und eine schlechte Art, für Gott zu arbeiten. Ein Eifer kann geistlich oder fleischlich sein. Die Gemeinde Christi wird bestimmt nicht erbaut, indem man sie spaltet oder die Gemeinschaft des Geistes zerstört.
Der Teufel hat ein höllisches Vergnügen daran, die Gemeinde zu zerstückeln. Er weiß, daß ein in sich gespaltenes Reich nicht bestehen kann. Ich wage mich darum nicht in polemischer Gesinnung auf dieses umstrittene Feld. Sollte ich den Leib Christi aufs neue zerreißen? Möge Gott mich davor bewahren! Im Gegenteil: Weil ich diesen Leib schon weltweit durch diese Streitfrage zerrissen sehe, öffne ich nach 25 Jahren schweigender Wartezeit schließlich den Mund. Ich bitte Gott, sein Wort zu erleuchten und uns durch »die Wahrheit in Liebe« zu vereinen.
Ich weiß, daß meine Brüder, die diese Ausführungen lesen, nicht von vorneherein mit allem, was ich sage, einverstanden sein werden. Es steht ihnen völlig frei, meine Schlußfolgerungen und Überlegungen anzunehmen oder abzulehnen. Ich möchte sie nur um zwei Dinge bitten:
alles ganz ehrlich selber im Worte Gottes zu überprüfen;
an meine Liebe zu ihnen zu glauben.
Ich habe Liebe zu meinen Brüdern, und damit auch das Recht und die Pflicht, die Wahrheit zu sagen, wie ich sie durch die Gnade verstehe, die mir Gott in seinem Erbarmen verliehen hat. Wir wollen uns alle gemeinsam ganz neu unter das Wort Gottes stellen. Das ist die beste Art, uns gegenseitig zu helfen. Dieses Buch ist ein Warnruf auf jenen großen Tag hin, an dem unser Glaube durchs Feuer geprüft werden wird.
Ich behaupte nicht, alle Fragen beantworten zu können, die durch die Streitfrage über die »Gabe eines Zungenredens« aufgeworfen worden sind. Selbst sehr engagierte Christen sind in der Auslegung gewisser Schriftstellen verschiedener Meinung. Darum müssen wir diese Punkte mit Demut und Ehrfurcht angehen.
DER EINZIGE MASSTAB: DAS WORT GOTTES
Das schlechte Verständnis des Wortes Gottes führt unweigerlich zu einem schlechten Verständnis seines Autors, dem Geist Gottes. Die Unkenntnis des Wortes Gottes stellt das größte Unglück unserer Generation dar. In den Gemeinden lehrt man sehr wenig über die Notwendigkeit, persönlich und täglich die Bibel in ihrer Gesamtheit zu studieren. Solange unser Schriftverständnis unzureichend bleibt, kann der Feind unsere Gedanken prägen und sie auf ein ungöttliches Ziel lenken. Deshalb wollte ich in diesem Buch den Hauptton auf die Autorität des Wortes Gottes legen. Der Geist Gottes und das Wort Gottes können nicht voneinander getrennt werden.
Letzten Endes muß die Heilige Schrift selbst die Antwort auf die Fragen geben, die sie aufwirft. Angesichts der Verwirrung, die die Lehre über die Sprachengabe umhüllt, müssen wir vor allem den genauen Sinn des Bibeltextes entdecken. Darum habe ich mir die Disziplin auferlegt, die drei Grundregeln der Schriftauslegung zu befolgen:
1. Das ganze Wort Gottes
Ich habe es mir zum Ziel gesetzt, ohne Ausnahme alle Bibelstellen, die sich auf die Sprachengabe beziehen, vollständig und klar zu untersuchen. Insgesamt gibt es fünf Stellen. Ich habe also diese fünf Stellen aufs genaueste im griechischen Urtext studiert und sie in ihren wahren Zusammenhang gestellt, um jede falsche Schlußfolgerung zu vermeiden.
2. Nichts als das Wort Gottes
Wir müssen diese Texte mit einem wirklich offenen Geist lesen und auf unsere Vorurteile verzichten. Anstatt uns mit widersprüchlichem Hörensagen zu begnügen, werden wir auf den Verfasser und Eingeber der Texte hören, auf den Heiligen Geist. Diese Regel scheint so einfach. Sie ist aber tatsächlich sehr schwer anzuwenden. Nur mit großer Mühe unterscheiden wir zwischen dem Wort Gottes selbst und den menschlichen Auslegungen dieses Wortes, die wir gewöhnt sind. Ich betone aber: Um eine biblische Wahrheit zu definieren, müssen wir jedesmal zur Quelle gehen. Ich lehne es ab, den göttlichen Logos mit etwas anderem zu vertauschen. Das Wort Gottes ist die Quelle aller Wahrheit: Die Quelle ist reiner als der Teich.
3. Das Wort Gottes, wie es sich selbst auslegt
Zur Auslegung dieser Texte habe ich mich vor allem auf die Schrift bezogen. Über jede Lehre enthält die Bibel mindestens eine völlig klare Stelle, die unserem Geist keinen Zweifel läßt. Ich gebrauchte den klarsten Text als Schlüssel, um diejenigen zu erklären, die zwei oder mehrere Auslegungen erlauben. So überlasse ich meinem Schöpfer die Aufgabe, selbst seine Gedanken klar zu machen: Ich vertraue ihm.
DIE BIBELTEXTE ÜBER DIE GEISTESGABEN
Wir können nur den wahren Sinn der Sprachengabe verstehen, indem wir die vollständige Bibellehre über die Geistesgaben in ihrer Gesamtheit berücksichtigen. Die Sprachengabe ist nur eine Gabe von vielen: Wir müssen sie in ihrem Rahmen betrachten. Um den Wert einer Musiknote zu schätzen, muß man sie innerhalb der ganzen Melodie hören. Um die biblische Lehre von der Sprachengabe genau einzuschätzen, ist es unerläßlich alles zu studieren, was Gott insgesamt über die Frage der Geistesgaben sagt.
Bevor Sie dieses Buch lesen, rate ich Ihnen dringend, die Bibeltexte über die Geistesgaben neu zu lesen:
Römer 12:3 8
1.Korinther 12 bis 14
Epheser 4:1-16
1.Petrus 4:10 + 11
Die Bibeltexte über die Sprachengaben
Es gibt in der ganzen Bibel nur fünf SteIlen, die das erwähnen. Drei davon sind äußerst kurz.
Der einzige Text des Herrn Jesus
Markus 16:15 – 18
Die drei Lukastexte
Apg. 2:4 – 11
Apg. 10:44 – 48
Apg. 19:1 – 7
Der einzige Paulustext
1.Korinther Kapitel 12-14 bildet eine einzige Stelle:
– Kap. 12:10,28,30
– Kap. 13:1,8
– Kap.14:33,39-40
Bemerkungen zu unserem evangelikalen »Jargon«
1.) Das griechische »glossei lalein« (im Singular) bedeutet ganz einfach eine Sprache sprechen. Man würde dies nicht von seiner Muttersprache sagen: Die spricht man. Mehr nicht. Wenn man eine Sprache spricht, so handelt es sich um eine Fremdsprache, eine andere als die eigene.
Es wäre darum sehr viel vorteilhafter, den griechischen Ausdruck des Paulus in 1.Kor. 14 jedesmal mit dem deutschen Ausdruck »eine Sprache sprechen« (d.h. eine Fremdsprache) zu übersetzen. So könnten wir jenen fremdartigen Ausdruck ins Vergessen geraten lassen: »In einer Zunge reden«.
»In Zungen reden« (im Plural) hat keinen größeren Wert. »In Zungen reden« ist eine schlechte Übersetzung des griechischen Ausdrucks »glossais lalein«, der einfach bedeutet: »zwei oder mehr Sprachen sprechen«.
Paulus erwähnt in 1.Kor.12,10 und 28 »die Gabe, in verschiedenen Sprachen zu sprechen«. Den selben Ausdruck gebrauchen wir heute, um eine zwei oder mehrsprachige Person zu bezeichnen.
Das wahre biblische Geheimnis besteht nicht darin, daß die Sprache unverständlich wäre, sondern darin, daß der Sprechende sich mit der Weisheit und übernatürlichen Macht Gottes ausdrückt. Der Vorgang ist wunderbar. Die Sprache ist aber eine menschliche Sprache.
2.) Seit einigen Jahren gehört das Wort »Glossolalie« zu unserem christlichen Wortschatz. Dieser Begriff ist aus zwei griechischen Worten zusammengesetzt: glossa (= die Sprache, Zunge) und lalia (=das Reden; das Geschwätz; der Dialekt). Das griechische »Glossolalia« steht nicht im Wörterbuch. Es ist ein erfundenes Wort. Es bedeutet: »mit der Zunge reden« oder »eine Sprache sprechen«. Das Wort »Glossolalie« wirft im Grunde kein neues Licht auf die biblische Auffassung der Sprachengabe. Es verwirrt die Gedanken noch mehr. Ich gebrauche es nie, um die wahre biblische Gabe zu beschreiben, verschiedene Sprachen zu sprechen.
Gebet
O himmlischer Vater! Wirf dein Licht auf die Texte, die dein Heiliger Geist eingegeben hat! Schenke uns ein göttliches Verständnis und ein ehrliches Herz, um den wahren Sinn zu verstehen! Gib uns außerdem den Wunsch und die Kraft, ganz der Offenbarung deines Willens zu gehorchen! Lehre uns durch dein eigenes Wort die Wahrheit über das Thema, mit dem wir uns beschäftigen! Im Namen deines teuren Sohnes Jesus, des Christus und Herrn. Amen.
Ich lege diese Studie vertrauensvoll in die Hände des allmächtigen Gottes, des Vaters unseres Herrn Jesu Christi. Möge er sich ihrer bedienen, wie es ihm gefällt!
ERSTER TEIL – DIE TEXTE
Kapitel 1 – DIE LEHRE JESU CHRISTI
DER MARKUSTEXT 16:17 (15 BIS 18)
Das ist das einzige Wort, das der Herr Jesus Christus uns zu diesem Thema hinterlassen hat.
»Geht hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung« (V.15).
»Wer gläubig geworden und getauft worden ist, wird errettet werden; wer aber nicht gläubig geworden ist, wird verdammt werden« (V.16).
»Diese Zeichen aber werden denen folgen, die glauben: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden« (V.17).
»Sie werden Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden; Schwachen werden sie die Hände auflegen, und sie werden sich wohl befinden« (V.18).
KOMMENTAR
Halten wir folgende Tatsachen fest: Soweit wir wissen, hat der Herr Jesus niemals selbst »in einer Zunge« geredet. Außerdem lehrt er uns in seinen so ausgedehnten Unterweisungen nichts über diese Frage.
Woran dachte Jesus?
»Sie werden in neuen Sprachen reden«, sagt er (V.17). Ich denke, daß wir uns alle einig sind, in den Ereignissen von Apg.2 und 10 eine Erfüllung dieser Prophetie zu sehen. Und doch findet dort die Voraussage Jesu nur eine stückweise Verwirklichung. Denn in keiner dieser beiden Stellen ist die Rede von Schlangen, noch von Gift, noch von Geisteraustreibungen und nicht einmal von Heilungen.
Es scheint mir genauso gewiß, daß der Herr in dieser Weissagung die gesamte Geschichte seiner Gemeinde voraussieht. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich alle diese Dinge tatsächlich erfüllt. Die Lebensläufe der großen Missionare enthalten allerlei außerordentliche Berichte.
Aber nichts in diesem Markustext erlaubt uns zu behaupten, daß jeder Jünger Jesu Christi unbedingt alle diese Dinge vollbringen wird. Diese Stelle wird jedoch oft angeführt, um ein allgemeines »Zungenreden« zu rechtfertigen und sogar um es allen Christen aufzuerlegen. Warum sagt man dann nicht, daß jeder nicht nur Kranke und Besessene heilen, sondern auch Schlangen aufheben und Gift trinken müße? Das wäre logisch … und grauenhaft!
Nein! Der Herr Jesus Christus sagt einfach voraus, daß die wunderbaren Sprachen ein Zeichen unter anderen wären, welche die Gemeinde im allgemeinen erfahren würde, aber nicht unbedingt jeder Glaubende.
Jesus blickte auf die Ernte
Jesus sieht viel weiter als die Sprachen in Apg.2. Sogar noch weiter als bis zu all den wunderbaren Ereignissen zur Zeit der Apostel. Die Worte des Herrn (die wir studieren) sind im Blick auf die Evangelisierung der Welt gesprochen und nicht im Rahmen von Lobpreisung oder der Erbauung der Ortsgemeinde. Im Augenblick, wo Jesus sagt: »Geht hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung«, fügt er hinzu: »Sie werden in neuen Sprachen reden.«
»Neue« oder »unverständliche«?
Der Herr gibt keine Definition über die Sprachen, die er in seiner Prophetie meint. Er bezeichnet sie nur – und zwar nicht als »unverständlich«, sondern – als »neu«. Dieser Ausdruck trifft sehr gut auf die zahlreichen, oft schwierigen und damals unbekannten Sprachen zu, welche die Gesandten Christi im Laufe der Jahrhunderte erlernt haben. Welch ein Wunder der Hingabe und des Glaubens! Durch diese Sprachen wollte der Geist Gottes sein wahres Ziel erreichen: Christus allen Völkern auf der Erde bekanntzumachen. Wer kann dem widersprechen?
Wenn ein Mensch sein ganzes Leben hingibt, um eine komplizierte Sprache zu erlernen, das Neue Testament in diese Sprache zu übersetzen, Christus zu verkündigen und neue Gemeinden zu gründen, da wo Christus unbekannt ist – das ist in meinen Augen viel wunderbarer, als eine unverständliche Sprache zu reden, ohne je sein Haus zu verlassen. Als Jesus den Begriff »neue Sprachen« prägte, konnte er nur an diese große Volksmenge »aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen« denken, die einst, durch sein Blut erkauft, in seinem Reich sein wird.
Jesus sieht weiter
Der Herr Jesus sagt in seiner Weissagung in Markus 16: »neue Sprachen«. Der Apostel Paulus sagt: »Arten von Sprachen«. Keiner von beiden spricht von unverständlichen Sprachen.
Der Begriff des Paulus gene glosson in 1.Kor.12:10 + 28 (welchen wir später untersuchen werden) rückt die Frage der Sprachengabe in den Vordergrund unserer geistlichen Schau.
Wie sein Lehrer Christus hatte Paulus die Evangelisierung aller Völker zum Ziel. Was er »die Gabe, Arten von Sprachen zu reden« nennt, war für ihn eng mit diesem Ziel verbunden.
Die Weissagung Christi fand ihre erste Verwirklichung in Jerusalem durch ein übernatürliches Wirken des Heiligen Geistes in der Form eines ganz wunderbaren »Sprachenredens«. Diese Tatsache nimmt aber nichts von der Schau der Weltevangelisierung des Herrn Jesus und des Paulus. Hatte der Herr nicht einige Tage zuvor gesagt, die Jünger hätten bis ans Ende der Erde Zeugnis zu geben? Und er fügte hinzu, daß ihnen die Kraft des Heiligen Geistes zu diesem bestimmten Zweck gegeben werden würde.
Evangelisieren… in welcher Sprache?
Nun ist es aber nicht möglich, ein Volk zu evangelisieren, ohne die Sprache dieses Volkes zu sprechen. Heute ist es die dringendste Aufgabe der Gemeinde Christi, die Bibel zu übersetzen und mit allen verfügbaren Mitteln die Völker zu evangelisieren, die noch immer nicht das Evangelium kennen. Für unseren Herrn haben die Sprachen eine Bedeutung, die wir nicht unterschätzen können. Damit der Logos, d.h. das Wort Gottes jeden Menschen erreiche, muß dieser Logos zugänglich gemacht werden.
Wenn er es wollte, könnte der Geist Gottes die Welt selbst auf wunderbare Weise evangelisieren. Christus hat jedoch die Evangelisierung der Völker den Menschen anvertraut. Das göttliche Wort kommt durch Menschen zum Menschen. Ebenso hat Gott in der Bibel in menschlicher Sprache zu uns geredet. Er ist selbst Mensch geworden, um die Menschheit zu retten. Und er hat es angeordnet, daß die Menschen durch die Verkündigung des Evangeliums gerettet werden sollen: Und zwar eine Verkündigung in ihrer eigenen Sprache.
Der Herr Jesus verlangt eine ganz ernsthafte Vorbereitung auf den Dienst für ihn … und das gilt für das Erlernen einer Sprache, wie auch für das Bibelstudium.
Jesus will, daß seine Gemeinde wortwörtlich »neue Sprachen« redet. Paulus will, daß sie »Arten von Sprachen« redet: echte Sprachen, die Sprachen der Menschen, die das Wort Christi hören sollen.
Ein Horizont öffnet sich
Wenn Sie nicht wissen, was Sie aus Ihrem Leben machen sollen – warum dann nicht eine Sprache erlernen? Warum sollten Sie Gott nicht um Hilfe bitten, eine der 1500 Sprachen zu erlernen, in denen es immer noch keine einzige Seite der Bibel gibt? Oder vielleicht Griechisch oder Hebräisch oder Arabisch… oder Englisch, das so reich an Bibelliteratur und so nützlich im Werk Gottes ist?
Das Übernatürliche wirkt durch das Natürliche hindurch
Wir dürfen eine ganz natürliche Fähigkeit nicht mit der Gabe verwechseln, die der Geist Gottes uns gewähren will. Trotzdem müssen wir bedenken, daß unser Schöpfer die Seinen schon vor der Erschaffung der Welt kannte. Wenn er z.B. einen Menschen mit einer schönen Stimme oder einem hochentwickelten Verstand für Mathematik erschaffen hat, so hat dies seinen Grund. So verhält es sich auch mit der natürlichen Gabe, Sprachen zu erlernen und zu sprechen, die Gott gewissen Menschen geschenkt hat. Es ist ein Irrtum anzunehmen, die Geistesgabe habe nichts mit den rein menschlichen Eigenschaften zu tun, die Gott geschaffen hat. Gott will den ganzen Menschen mitsamt seinen natürlichen Fähigkeiten. Sie müssen mit Christus in seinen Tod getauft werden, um in Neuheit des Lebens »aufzuerstehen«. Die natürlichen Fähigkeiten des Menschen werden durch eine göttliche Tat verwandelt. Auf dieselbe Weise kann auch unsere Zunge, wenn sie einmal in Christus »gestorben«, »getauft« worden ist, zu einem Werkzeug werden, durch das Gott der Welt das ewige Leben schenkt.
Die Sprache: Das beste Werkzeug des Heiligen Geistes
Eine echte Beziehung zwischen zwei Menschen kann nur mit Hilfe der Sprache entstehen. Nur wenn wir die Sprache eines Menschen kennen, können wir seine Gedanken tief verstehen. Der Geist Gottes will unsere Sprache benützen. Dazu muß er aber unseren ganzen Leib beherrschen. Es besteht folglich ein direkter Zusammenhang zwischen der Evangelisierung und der Fülle des Geistes. Die Völker können nur erleuchtet werden, wenn wir unsere Person ganz Gott hingeben. Wenn die Sprache seines ganzen Volkes wirklich zum Träger des unaussprechlichen Wortes Gottes wird, dann endlich wird der Wille Gottes auf Erden geschehen wie im Himmel.
Die Beziehung zwischen Apg. 2 und Markus 16
In Apg. 2 schenkte der Heilige Geist den Aposteln nicht die Gabe, »in Sprachen« zu reden, um »den Leuten den Atem zu rauben«; auch nicht, damit die Apostel »sich wohl fühlten« oder um sie zu »segnen«. Angesichts dieses Völkergemisches ergriff der Geist diese einzigartige Gelegenheit, einen tiefen geistlichen Kontakt mit den verschiedenen Sprachgruppen herzustellen. Er zeigte der jungen Gemeinde ihre Mission: Die Welt mit der Kenntnis Christi zu erfüllen…
Wir kommen zu folgender Schlußfolgerung: Es ist die unumgängliche und vorrangige Verantwortung der Gemeinde, alle menschliche Sprachen zu erlernen, um die Bibel in diese Sprachen zu übersetzen und zu verkündigen.
Eine fantastische Gabe
Ein einziges Beispiel sei erwähnt: William Carey. Man nennt ihn mit Recht den »Vater der modernen Mission«. Er wurde 1761 in einer armen englischen Familie geboren. Sehr früh, als er noch seinen Lebensunterhalt als Schuster verdiente, lernte er Latein, Griechisch, Hebräisch, Französisch und Holländisch. Mit 32 Jahren – und das war zu jener Zeit unerhört – zog er mit einer kleinen Mannschaft aus, um das Evangelium in Indien zu verkündigen. Ziemlich rasch lernte er Sanskrit und Bengali, und es gelang ihm, die Bibel zunächst in Bengali zu übersetzen. Bevor er mit 73 Jahren starb, hatte er die Bibel ganz oder teilweise in nicht weniger als 44 Sprachen und Dialekte des Subkontinents selbst übersetzt oder übersetzen lassen. Er ließ diese Übersetzungen sogar auf einer von ihm selbst in Serampore verfertigten Presse drucken, die seinen eigenen finanziellen Möglichkeiten entsprach.
Werden Sie mir jetzt sagen, dieser Mann habe nicht die Sprachengabe gehabt?
Gottes Wirklichkeitssinn
Gott ruft mir in Erinnerung, daß er Realist ist. Ihn interessiert vor allem:
– Die Verkündigung des Evangeliums da, wo Christus noch unbekannt ist;
– Die Übersetzung der Bibel in jede irdische Sprache;
– Die Gründung junger Gemeinden da, wo es keine gibt.
Gottes Ziel ist vor allem das Heil der Seelen. Einem bereitwilligen Menschen, einer gehorsamen Gemeinde will Gott den Verstand, die Kraft und die Gnade seines Geistes geben, damit sein Ziel erfüllt wird. Wahre Zeichen – seien sie »wunderbar« oder »natürlich« – begleiten die Glaubenden, die seinem Wort gehorchen. Diese »realistische« Erklärung der Weissagung Jesu verneint überhaupt nicht den wundervollen Gesichtspunkt der übernatürlichen Gabe, neue und verschiedene Sprachen zu sprechen, deren erste Erfüllung wir in Apostelgeschichte 2 sehen. Diese Stelle werden wir jetzt studieren.
Laßt uns so realistisch wie Gott sein!
Jesus sieht für seine Jünger eine offene Tür voraus, die niemand schließen kann: Die Tür, die zu den Milliarden von Menschen führt, die das Evangelium noch nicht kennen. Wie steht es in diesem Punkt mit meinem Leser?
Kapitel 2 – DER ERSTE TEXT DES LUKAS
DER SCHLÜSSELTEXT: APOSTELGESCHICHTE 2, 1 – 11
Apostelgeschichte 2 ist bei weitem der deutlichste Text über die Sprachengabe. Dieser Text ist übrigens der einzige, der uns eine Beschreibung des Ereignisses gibt.
Wir werden also im Licht von Apg.2 die anderen, weniger klaren Texte auslegen, einschließlich 1.Korinther 14.
Apostelgeschichte 2 nach dem griechischen Urtext
»Am Tag des Pfingstfestes (wörtlich: am fünfzigsten Tag) waren sie (die Jünger) alle zusammen am selben Ort«. »Plötzlich kam vom Himmel ein Brausen (gr.: echos = ein Lärm) wie das eines stürmischen Windes und es erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen«
(V.2) »Zungen, ähnlich Feuerzungen, erschienen ihnen, zerstreut zwischen ihnen und setzten sich auf jeden von ihnen« (Die Zungen waren nicht »aus Feuer«, sondern nur »dem Feuer ähnlich«.)
(V.3). »Die Jünger wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen (gr.: heterais glossais – ein Ausdruck, der normalerweise bedeutet: in Fremdsprachen) zu reden, je nachdem der Geist ihnen gab, sich auszudrücken«
(V.4). »Nun waren in Jerusalem Juden, fromme Männer (die an das Gesetz Mose und die Propheten des Alten Testamentes glaubten) aus allen Nationen, die unter dem Himmel sind«
(V.5). (Aus allen damals bekannten Ländern).
»Bei dem Lärm (gr.: phone = hörbarer Lärm), der geschah, lief die Menge herbei und wurde bestürzt, weil jeder sie in seiner eigenen Sprache (gr.: te idia dialekto) reden hörte«
(V.6).
»Sie waren verwundert und überrascht und sagten zueinander: Siehe, sind nicht diese Leute, die da reden, alle Galiläer«
(V.7). »Und wie hören wir sie in der eigenen Sprache eines jeden von uns (gr.: te idia dialekto), in unserer Muttersprache reden?« (V.8).
»Parther, Meder, Elamiter, die in Mesopotamien, Judäa, Kappadozien, Pontus, Asien, Phrygien, Pamphylien, Ägypten wohnen und im Territorium von Libyen nahe bei Kyrene, und die von Rom gekommen sind, Juden und Proselyten, Kreter und Araber«
(V.9-10).
»Wie hören wir sie in unseren Sprachcn (gr.: tais hemeterais glossais) von den Wundern Gottes reden« (V. 11).
Analyse des 2. Kapitels der Apostelgeschichte
1.) Die Jünger sprachen echte menschliche Sprachen, die damals wohlbekannt waren. »Weil jeder einzelne sie in seiner eigenen Mundart (grch: dialektos) reden hörte« (V.6)… »Und wie hören wir sie, ein jeder in unserer eigenen Mundart (dialektos), in der wir geboren sind« (V.8) … »Wie hören wir sie von den großen Taten Gottes in unseren Sprachen reden?« (V.11).
Der Text führt namentlich die Sprachen von 15 verschiedenen Ländern an (V.9 10). Diese 15 Sprachen bilden nur eine stellvertretende Liste der gesprochenen Sprachen, denn an jenem Tag waren in Jerusalern Juden und Proselyten »von jeder Nation unter dem Himmel« (V.5).
Die Jünger redeten nicht alle zugleich. Ganz im Gegenteil: »Wie der Geist ihnen gab auszusprechen«. »Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung.«
In diesem Bericht ist das griechische Wort, das oft mit »Sprache« übersetzt wird, zweimal glossa (V.4 + 11) und zweimal dialektos (V.7 + 8). Die Elberfelder Bibelübersetzung unterscheidet hier glossa = Sprache und dialektos = Mundart.
An dieser Stelle der Apostelgeschichte ist es auf alle Fälle unmöglich, die wunderbaren Sprachen der Jünger anders zu deuten, als daß sie echte menschliche Sprachen waren. Der Text sagt es ausdrücklich. Diese Sprachen waren weder unverständlich, noch »engelisch«, noch »himmlisch«!
2.) Die wunderbaren Sprachen waren die der auf der Straße Anwesenden. Sie wurden von der Menge gehört und verstanden. Die Jünger redeten nicht für sich selbst. Sie redeten für diejenigen, die noch außerhalb des Reiches Gottes waren. Das Wunder vollzog sich im Rahmen der Evangelisierung.
Das griechische Wort apophtengomai, welches die revidierte Elberfelder in Vers 4 mit »aussprechen« übersetzt, bedeutet: Mit lauter Stimme verkünden, eine öffentliche Erklärung abgeben.
3.) Die wunderbaren Sprachen in Apg.2 wurden im Blick auf ein bestimmtes, logisches und rationales Ziel verliehen: Die unbekehrten Juden und Proselyten von der Wahrheit Christi zu überzeugen. Hier erkennen wir die wahre Bedeutung der Sprachengabe. Paulus sagt: »Daher sind die Sprachen zu einem Zeichen, nicht für die Glaubenden, « (denn die brauchen nicht erreicht und überzeugt zu werden. Sie sind es schon!) »sondern für die Ungläubigen« (1.Kor.14,22), damit sie sich bekehren wie in Apg.2.
4.) Die wunderbaren Sprachen wurden von den Angesprochenen verstanden. Jeder hörte sie in seiner Muttersprache »von den großen Taten (Dingen) Gottes reden«.
5.) Die wunderbaren Sprachen von Apg.2 waren nicht unnütz. Sie führten zur Wiedergeburt von dreitausend Menschen. Die wahre Sprachengabe hat die Evangelisierung der Nationen und das Heil der Seelen zum Ziel. Sie ist außerdem ein Zeichen des Gerichtes Gottes über die Ungläubigen.
6.) Die Echtheit der wunderbaren Sprachen wurde durch sehr zahlreiche Zeugen bestätigt. Mose erklärt im Gesetz, eine Tatsache könne sich nur auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen begründen. Der Herr Jesus bekräftigt diese Grundregel; Paulus auch.
Eine solche Bestätigung kann niemand anzweifeln. Sie steht in krassem Gegensatz zu der geläufigen Auffassung eines »Zungenredens«, dessen Echtheit weder bestritten noch geprüft werden kann, weil es niemand versteht.
7.) Die wunderbaren Sprachen von Apg.2 waren die Folge der Fülle des Heiligen Geistes und nicht – wie oft behauptet wird – die Folge der Geistestaufe. Wir lesen: »Sie wurden alle mit Heiligem Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu reden.«
Nirgends verbindet das Neue Testament das Sprachenreden mit der Geistestaufe. Apg.2 enthält keine einzige Anspielung auf die Geistestaufe.
8.) Die Äußerung des Geistes in Apg.2 war von anderen, sehr sonderbaren Zeichen begleitet:
a) ein sehr großer Lärm kam vom Himmel und erfüllte das Haus;
b) Flammen erschienen über jedem Jünger;
c) das Ereignis geschah in einem rein jüdischen Rahmen.
9.) Die übernatürlichen Sprachen in Apg. 2 bilden ein wesentliches Element des Kampfplanes des Heiligen Geistes für die Evangelisierung der Welt. Das Griechische gebraucht in diesem Zusammenhang das Verb apophtengomai: »Mit lauter Stimme verkündigen«. Die von den Aposteln gesprochenen Sprachen waren also kein Flüstern, kein Kauderwelsch und auch kein intimes Gebet, sondern im Gegenteil eine Verkündigung, welche die Leute auf der Straße erreichte und zu echten Bekehrungen führte.
Der Geist hat das Ziel, Christus jedem Geschöpf bekannt zu machen. Das letzte Gebot, das Jesus an seine Jünger richtete, lautet: »Predigt das Evangelium … bis an das Ende der Erde.«
Der Pfingsttag in Apg.2 war eine außergewöhnliche Gelegenheit, die der Geist Gottes dazu benutzen konnte, mit einem Schlag eine Vielfalt von Nationen zu erreichen. Die meisten Juden waren in viele Länder zerstreut. Bei jedem Fest kamen zehntausende von Pilgern nach Jerusalem, die sehr verschiedene Sprachen redeten.
Warum haben sie diese Sprachen gesprochen?
Die Festtage waren kurz, die jungen Galiläer ohne Einfluß. Wie konnten sie während des kurzen Festes dieses Völkergemisch von Pilgern und die durch sie vertretenen Nationen erreichen? Da war das riesige Problem der Sprachbarriere. Wie konnte der Geist Gottes ihnen die Nachricht von Jesus Christus verkündigen? Das unüberwindliche Hindernis zwischen Menschen ist die Sprachbarriere.
Wir erkennen leicht, warum der Heilige Geist sich an diesem Tag entschloß, in Sprachen zu reden. Er wollte um jeden Preis (wie auch heute noch) die Wahrheit Christi so schnell wie möglich allen Nationen bringen.
Das Ziel des Heiligen Geistes hat sich nicht geändert. Sein ganzes Wirken geht in diese Richtung. Er will mit dem ganzen Verstand Gottes zur Welt reden. Er will ihr Christus offenbaren: Den Logos, die Weisheit Gottes in Person. Er versucht nicht die Menschen zu mystifizieren.
Deshalb behauptet auch Paulus: »Daher sind die Sprachen zu einem Zeichen… für die Ungläubigen« (1.Kor.14,22). Denn mit diesem Mittel will der Heilige Geist sie zum Glauben führen.
Der Bericht des Lukas in Apg.2 ist unzweideutig, und er ist der klarste von allen Bibeltexten über die Sprachen. Er muß darum unsere Auslegung der anderen Texte zu dieser Frage bestimmen, einschließlich der Aussagen des Paulus.
Und die anderen Fälle?
Es gibt nur zwei andere Fälle von wunderbaren Sprachen in der Apostelgeschichte. Sie geben uns jedoch keinerlei Einzelheiten, keine Beschreibung, keine Erklärung. Unter der Eingebung Gottes hält Lukas ohne Zweifel die bereits in Apg.2 gegebene Beschreibung für ausreichend für seine Leser. Wir leiten daraus ab, daß die Sprachen von Apg.10 und 19 in derselben Absicht wie in Apg. 2 geredet wurden, nämlich um die Ungläubigen zu überzeugen und dem Volk Israel symbolisch zu vermitteln, daß zukünftig die Botschaft vom Erlöser allen Völkern in ihrer jeweiligen Sprache übermittelt werden wird.
Kapitel 3 DER ZWEITE LUKASTEXT
APOSTELGESCHICHTE 10:46
im Zusammenhang der Verse 43-48 und mit Bezug auf Apg.11:15-18
»Diesem geben alle Propheten Zeugnis, daß jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen.«
»Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und die Gläubigen aus der Beschneidung, so viele ihrer mit Petrus gekommen waren, gerieten außer sich, daß auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen worden war; denn sie hörten sie in (mehreren) Sprachen reden und Gott erheben. Dann antwortete Petrus: Könnte wohl jemand das Wasser verwehren, daß diese nicht getauft würden, die den Heiligen Geist empfangen haben wie auch wir? Und er befahl, daß sie getauft würden im Namen Jesu Christi.«
»Während ich aber zu reden begann, fiel der Heilige Geist auf sie, so wie auch auf uns im Anfang. Ich gedachte aber an das Wort des Herrn, wie er sagte: Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit Heiligem Geist getauft werden. Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn Jesus Christus geglaubt hahen, wer war ich, daß ich hätte Gott wehren können? Als sie aber dies gehört hatten, beruhigten sie sich und verherrlichten Gott und sagten: Dann hat Gott also auch den Nationen die Buße gegeben zum Leben.«
Die Kapitel 2 und 10 der Apostelgeschichte beschreiben zwei völlig einzigartige Ereignisse in der Entstehung der Gemeinde: Zuerst (Kap.2) öffnet Gott sein Reich den Juden und dann (Kap. 10) den Nationen, den »Heiden«. Es ist normal, daß Gott die Entstehung der Gemeinde bei den Nichtjuden in derselben Weise bezeugt wie bei den Juden.
Petrus sagt: »… die den Heiligen Geist empfangen haben wie auch wir« (Apg.10:47).
»… fiel der Heilige Geist auf sie, so wie auch (gr.: hosper = auf die selbe Art und Weise) auf uns im Anfang« (Apg.11:15).
»Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns« (Apg.11:17).
In den Augen des Petrus ist das Ereignis in Cäsarea identisch mit dem Erlebnis der Apostel zu Pfingsten (Apg.2). Das ist eine Wahrheit, die das griechische Bindewort hosper klar herausstellt. Es handelt sich nicht um zwei verschiedene Erscheinungen.
Warum war Petrus überrascht?
Wäre Petrus überrascht gewesen, wenn die wunderbaren Sprachen die gewöhnliche Erfahrung eines jeden Neubekehrten gewesen wäre?
Wenn die Sprachenrede eine normale Begleiterscheinung des Geistesempfangs gewesen wäre, warum sagte er dann: »So wie auch auf uns im Anfang« und nicht »so auch auf uns jedesmal« oder »so wie auf alle, die das Heil und den Geist empfangen«? Das Sprachenreden in Cäsarea kam für Petrus ganz unerwartet. Zugleich war es mit dem Erlebnis der Apostel (Apg.2) identisch.
Sicher ist es möglich, daß es zwischen der Entstehung der Gemeinde im Jahre 30 und der Bekehrung des Cornelius mehrere Jahre später andere Fälle von wunderbaren Sprachen gegeben hat. Der Lukastext sagt aber kein Wort darüber.
Der Grund der wunderbaren Sprachen in Cäsarea
Cornelius hatte seine Verwandten und engen Freunde eingeladen. Da diese keine Juden waren, besaßen sie gewiß unterschiedliche Staatsangehörigkeiten. Im Römischen Reich gab es sehr viel Hin- und Herreisen. Wir lesen auch, daß Petrus bei seinem Besuch bei Cornelius »viele« versammelt fand, die ihn hören wollten.
Cornelius diente als Offizier in der römischen Armee, die aus mehreren Völkern zusammengestellt war. Außerdem war Cäsarea, die römische Hauptstadt in Palästina, eine notgedrungen kosmopolitische Stadt. Wir verstehen, daß der Heilige Geist, wie an Pfingsten in Apg.2, eine solche Gelegenheit wählte, um sich in verschiedenen Sprachen zu äußern.
Der Text sagt nicht, daß alle, die sich bei Cornelius bekehrten, in Sprachen redeten. Petrus und seine Freunde hörten sie »in Sprachen reden und Gott erheben«. Wir können darum in diesem Text verstehen, daß es sich um zwei verschiedene Erscheinungen handelte: Einige der Anwesenden redeten in Sprachen, während andere Gott in ihrer gewöhnlichen Sprache lobten, d.h. sie weissagten.
Diese Deutung stimmt mit Apg.19 überein: Die zwölf Männer in Ephesus »redeten in Sprachen und weissagten«. Es handelt sich also um zwei sehr verschiedene Ausdrucksformen, die Paulus in 1.Kor.14 sehr klar voneinander trennt.
Da sind wir wieder in Apg.2, wo Petrus das Geschehnis beschreibt (V.16 -21), indem er den Propheten Joel anführt. Joel hatte vorausgesagt, daß die Knechte und Mägde Gottes weissagen würden. Der griechische Satzbau in Apg.2:4 zeigt, daß alle mit Heiligem Geist erfüllt wurden. Aber es ist nicht so sicher, daß sie alle in Sprachen geredet haben.
Lukas gibt uns weder Beschreibung noch Definition der Sprachen, die im Hause des Cornelius gesprochen wurden. Darum müssen wir Apg.10 im Licht von Apg.2 auslegen, denn der letztgenannte Text ist vollständiger und klarer. Wären die Sprachen im 10. Kapitel von anderer Art oder eine völlig neue Erscheinung gewesen, so hätte es uns Gott bestimmt durch die Hand des Lukas mitgeteilt. Da er jedoch die Erscheinung schon einmal im einzelnen beschrieben hat, hält er es nicht für nötig, sich zu wiederholen.
Kapitel 4 DER DRITTE LUKASTEXT
APOSTELGESCHICHTE 19:6 – mit Bezug auf Apg.18:24-26
»Es geschah aber, während Apollos in Korinth war, daß Paulus, nachdem er die höher gelegenen Gegenden durchzogen hatte, nach Ephesus kam. Und er fand einige Jünger und sprach zu ihnen: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, nachdem ihr gläubig geworden seid? Sie aber sprachen zu ihm: Wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist da ist. Und er sprach: Worauf seid ihr denn getauft worden? Sie aber sagten: Auf die Taufe des Johannes. Paulus aber sprach: Johannes hat mit der Taufe der Buße getauft, indem er dem Volk sagte, daß sie an den glauben sollten, der nach ihm komme, das ist an Jesus. Als sie es aber gehört hatten, ließen sie sich auf den Namen des Herrn Jesus taufen; und als Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Sprachen und weissagten. Es waren aber insgesamt etwa zwölf Männer.«
In Ephesus trifft Paulus ein Dutzend Juden, die sich Jünger des Messias nennen. Sie hatten nur die Botschaft Johannes des Täufers gehört, die zweifellos durch Apollos weitergegeben worden war. Von ihm ist im vorhergehenden Kapitel die Rede.
Diese Männer hatten die Botschaft in dem Maße angenommen, wie sie sie verstanden hatten. Sie waren folglich Jünger Johannes des Täufers und nicht Jesu.
Bei seiner Ankunft verkündet ihnen Paulus die ganze Wahrheit über Jesus (V.4). Er hält es sogar für nötig, sie im Namen Jesu wiederzutaufen (V.5). Der Geist Gottes jedoch erkennt diese Geste nicht an.
Hier sehen wir den Grund, der Paulus veranlaßt, diesen zwölf Jüngern die Hände aufzulegen. Wie immer in der Bibel, bedeutet diese Handlung eine Angleichung. Paulus hatte ihnen den Unterschied zwischen der Lehre des Johannes und dem Evangelium Jesu erklärt. Er hatte sie sogar im Namen Jesu getauft. Aber nichts war geschehen. Sie hatten immer noch nicht den Geist Gottes empfangen. Sie waren also nicht wiedergeboren .
Paulus erkennt sofort, daß tief in ihrem Herzen ein Hindernis steckt, eine geistliche Sperre, wie bei den Samaritern im 8. Kapitel der Apostelgeschichte. Diese Sperre hindert sie daran, wahre Jünger Jesu zu sein: Sie sind noch durch die Bindung an Johannes den Täufer zurückgehalten. Nun hatte Johannes der Täufer aber noch unter dem Alten Bund gelebt und gelehrt.
Durch diesen Akt der Identifizierung, die Handauflegung, zeigt Paulus den einzigen Ausweg: Sie müssen den Alten Bund hinter sich lassen, um in den Neuen Bund einzutreten. Sie müssen Johannes aufgeben, um Jesus allein nachzufolgen, wie Johannes es selbst gewollt hatte. Sie müssen die unumschränkte Herrschaft Christi anerkennen, denn es kann im Reich Gottes keine zwei Herren geben. Die zwölf Männer unterwerfen sich also der Handauflegung durch Paulus. Sie verstehen, daß Jesus die einzige Quelle des Heils ist. Im selben Augenblick wird ihnen der Geist gegeben. Ihre Seele wird verwandelt. Sie werden Kinder Gottes. Von nun an sind sie durch den Geist in den Leib Christi eingegliedert. Sie haben sich Christus und seiner Gemeinde, zu welcher Paulus gehört, angeglichen. Ohne diese Angleichung hätte es auf Erden zwei miteinander widersprechende Gemeinden gegeben. Und das ließ der Heilige Geist nicht zu.
Der Neue Bund konnte keine »jüdische Angelegenheit« bleiben. Deshalb äußerte sich der Heilige Geist in mehreren echten menschlichen Sprachen. In den Sprachen der Nationen, die Gott in den Leib Christi eingliederte. Ephesus war die größte Stadt Kleinasiens, ein sehr wichtiger Hafen, eine recht kosmopolitische und darum vielsprachige Stadt.
Weil uns dieser Text wie Apg.10, keine Erklärung, nicht einmal eine Beschreibung des Ereignisses gibt, so können wir ihn nur im Licht des klarsten und vollständigsten Textes auslegen: Apg.2.
Wir können also behaupten, daß die Sprachen in Apg.19 wie im Kapitel 2 und 10 echte menschliche Sprachen sind, die durch den Heiligen Geist in derselben Absicht eingegeben wurden: Die anwesenden Ungläubigen zu überzeugen.
Wenn die wunderbaren Sprachen in Kapitel 10 und 19 der Apostelgeschichte anderer Art gewesen wären als in Kapitel 2, hätte Lukas es uns unter Gottes Eingebung bestimmt gesagt. Andernfalls könnten wir ihm vorwerfen, uns irrezuführen.
Die Schlußfolgerung zu den Lukastexten
Der Bericht der Apostelgeschichte umfaßt einen Zeitraum von etwa 30 Jahren. Trotzdem enthält er nur drei Fälle von wunderbaren Sprachen: Das ist wirklich wenig!
Diese Lukastexte erlauben uns nicht zu behaupten, es habe andere Fälle gegeben. Die drei Erwähnungen beziehen sich übrigens jedesmal auf eine besondere und einzigartige Gelegenheit:
1. Die Öffnung der Tür zum Reich Gottes für die Juden.
2. Die Öffnung der Tür zum Reich Gottes für die Heiden.
3. Der endgültige Bruch zwischen dem Alten und dem Neuen Bund.
Kapitel 5
DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN DEN TEXTEN VON LUKAS UND PAULUS
ZUR AUSLEGUNG DES PAULUSTEXTES
Paulus ist der einzige Apostel, der von der Sprachengabe spricht. Seine ganze Lehre über diese Frage befindet sich in einem einzigen Abschnitt: 1. Korinther 12, 13 und 14. Diese drei Kapitel bilden einen einzigen Gedankengang.
Paulus gibt keinerlei Beschreibung der wunderbaren Sprachen. Er berichtigt nur ihre Mißbräuche, und er redet nur von ihrem Zweck. Wir dürfen uns nicht allein auf seinen einzigen Text beziehen, um den Sinn des Sprachenredens herauszufinden und dabei die ganze restliche Schrift und vor allem den Schlüsseltext Apg.2 – den einzig wirklich klaren Text – beiseite lassen. Sonst sind wir immer ein Opfer unserer eigenen oder fremder Vorurteile oder unserer manchmal irreführenden Erfahrungen. Es ist töricht, die Tür zu einer Lehre öffnen zu wollen, ohne den Schlüssel zu benutzen.
Wenn Paulus in diesem Abschnitt mit der Sprachengabe eine ganz andere Gabe als in Apg.2 gemeint hätte, so hätte der Heilige Geist den Paulus ohne Zweifel dazu getrieben, es uns zu sagen.
Aber der Geist Gottes hält es nicht für nötig, irgend etwas zu den Erklärungen hinzuzufügen, die er uns schon im Text des Lukas gegeben hat. Um die Lehre des Paulus über die Sprachen zu verstehen, müssen wir die Grundregeln zur Auslegung des Bibeltextes berücksichtigen.
1. Nichts zur Schrift hinzufügen
2. Die ganze Schrift nehmen
3. Die Schrift durch die Schrift auslegen
Gott gibt uns einen Schlüssel. Er hat in die Bibel eine ganz klare Stelle gelegt, die keine Zweideutigkeit enthält: Apg. 2:1-11. Man gerät in Verwirrung, wenn man den Text von 1.Kor. 14 erklären will, ohne das von Gott bereits geschenkte Licht zu gebrauchen.
Wir müssen die undeutlichen Stellen anhand der völlig klaren Stellen erklären.
Biblische Gründe haben mich dazu geführt, zu glauben, daß für Paulus die wunderbaren Sprachen dieselben sind wie die, welche Lukas so ausführlich beschrieben hat. Wenn Paulus von »Sprachen« redet, meint er echte, den Menschen bekannte Sprachen. Denn obwohl Paulus die wunderbaren Sprachen nicht beschreibt, gibt er uns doch eine äußerst klare Definition ihres Zweckes: »Daher sind die Sprachen zu einem Zeichen… für die Ungläubigen«…, genau wie in Apg.2.
ZWEI GRUPPEN VON WUNDERBAREN SPRACHEN?
Wenn man 1.Kor.14 oberflächlich liest, hat man den Eindruck, daß die Sprachen, von denen Paulus redet, scheinbar unverständlich sind. Sie scheinen von den Sprachen in Apg.2 völlig verschieden zu sein, wo es sich um echte menschliche Sprachen handelt. Eine aufmerksame Lektüre zeigt jedoch, daß Paulus die Auffassung der Korinther über diese »Gabe« mißbilligt.
Gibt es in der Tat einen Unterschied zwischen den korinthischen Sprachen und denen der Apostelgeschichte, so deshalb, weil die meisten Kundgebungen in Korinth nicht der biblischen Norm entsprechen: Es handelt sich um eine falsche Auffassung und eine falsche Anwendung dieser Gabe.
Die Sprachen: »Zeichen« oder »Gabe«?
Manche treffen eine Unterscheidung zwischen den Sprachen, die sie in zwei ganz verschiedene Erscheinungen trennen: »Verständliche« und »unverständliche« Sprachen. Sie stellen folgende Behauptung auf:
Sie unterscheiden zwischen dem, was sie als das »Zeichen« der Sprachen bezeichnen und dem, was sie die »Gabe« der Sprachen nennen. Aber ich finde keine biblische Begründung für eine solche Unterscheidung.
1.) Heute wird oft gelehrt, das »Zungenreden« sei das Anfangszeichen der »Geistestaufe. Man verkennt jedoch die Tatsache, daß im Neuen Testament die Geistestaufe nie als eine der Wiedergeburt folgende Erfahrung dargestellt wird. Alle Stellen, die von Apg. 2 an darüber sprechen, setzen das Verb in die Vergangenheitsform. Für den wahren Glaubenden ist die geistliche Taufe eine bereits erworbene Wirklichkeit.
Man wird vergebens anderswo einen Text suchen, wo die Schrift die Sprachen »ein Zeichen« nennt. 1.Kor.14:22, der einzige Hinweis, macht in der Tat diese Auslegung zunichte.
2.) Man lehrt auch, daß einige Gläubige zusätzlich die Gabe des »Zungenredens« empfangen, die sie mehr oder minder nach Belieben ausüben können. Es gibt keine Stelle im Neuen Testament die sagt, es gäbe zwei Gruppen von wunderbaren, von Gott kommenden Sprachen. Wenn Paulus die Sprachen ein »Zeichen« nennt, tut er es mitten im Kapitel 14, wo er lange die Sprachen als »Gabe« behandelt.
Gott verwirrt uns nicht
Würde die Bibel eine solche Unterscheidung lehren, so würde sie es uns ganz klar sagen. Das ist aber nicht der Fall. Paulus zeigt keinen Unterschied auf zwischen den Sprachen der Urgemeinde in Jerusalem und denen, die er selbst in Ephesus (Apg.19) gekannt hat. Sogar in 1.Kor.14 definiert er ja die echten Sprachen als ein Zeichen für die Ungläubigen. Das Verhalten der Korinther dagegen betrachtet er als »kindisch« und ihr unverständliches Reden als »in den Wind geredet«.
Es ist gut, die Schrift immer auf die »normalste«, einfachste, direkteste Weise zu verstehen. Gott ist Licht, und sein Wort ist Licht. Ich halte es für unbegründet, anzunehmen, es gäbe im Neuen Testament zwei Gruppen des von Gott kommenden Sprachenredens.
PAULUS UND LUKAS WIDERSPRECHEN SICH NICHT
Man hat gewiß Unrecht, zwischen der Apostelgeschichte und dem 1.Korintherbrief des Paulus einen Widerspruch bauen zu wollen. Beide Bücher entspringen derselben Quelle. Sie ergänzen einander und stammen sogar aus derselben Zeit.
1.) Woher hat Lukas seine Informationen bezogen? Lukas war das geistliche Kind des Paulus. Durch den Verfasser von 1.Kor.14 wurde der Verfasser der Apostelgeschichte bekehrt und ausgebildet. Wer anders hätte ihm seine grundlegenden Kenntnisse vom Ursprung der Gemeinde und den wunderbaren Sprachen in Apg.2 vermittelt, als Paulus und sein Mitarbeiter Silas? Dieser Paulus hatte zusammen mit Silas die Gemeinde in Korinth gegründet.
Silas, der Begleiter des Paulus, stammte aus der Gemeinde in Jerusalem. Er konnte also gewiß dem Lukas sehr wertvolle Einzelheiten über die Urgemeinde und die Ereignisse von Apg. 2 mitteilen.
2.) Während Lukas die Apostelgeschichte verfaßte, war er der vertraute Wegbegleiter des Paulus. Lukas hatte Paulus und Silas in den Jahren 49 oder 50 n.Chr. in Troas kennengelernt, wo er sich bekehrte. Er begleitete sie dann nach Macedonien, wo er an der Gründung der Gemeinde in Philippi beteiligt war. Im Jahre 57 schloß sich Lukas wieder der Mannschaft des Paulus an und reiste mit ihm nach Troas. Lukas begleitete Paulus auf seiner letzten Reise nach Jerusalem, wo Paulus festgenommen wurde. Sicher konnte dort Lukas die Einzelheiten von Apg.2 bei anderen Augenzeugen an Ort und Stelle nachprüfen. Lukas blieb noch bei Paulus während der zwei Jahre der Gefangenschaft in Cäsarea. Hier hatte Lukas Gelegenheit, die Einzelheiten von Apg.10 zu überprüfen. Ohne Zweifel geschah dies bei Philippus, bei dem er zusammen mit Paulus gewohnt hatte (Apg.21:7-8).
Lukas erzählt uns dann von seiner Reise nach Rom mit Paulus. Er blieb sogar bei ihm während seiner zweijährigen Gefangenschaft in Rom.
Es ist undenkbar, daß Paulus während dieser vier Jahre engsten Zusammenlebens mit seinem geistlichen Kind nicht gewußt hätte, daß Lukas seine Apostelgeschichte niederschrieb, in der das Leben und der Dienst des Paulus den größten Platz einnehmen!
Das geschichtliche Schriftstück des Lukas spiegelt unvermeidlich den Gedanken des Apostels wider. Man kann es nicht von den Schriften des Paulus trennen. Die Apostelgeschichte und die Briefe ergänzen sich.
3.) Wer anders vermittelte Lukas den Bericht über die Sprachen in Apg.19, wenn nicht Paulus selbst? Denn wir dürfen nicht vergessen, daß Paulus, als die Jünger des Johannes in Sprachen redeten, persönlich in Ephesus anwesend war.
Ist es denkbar, daß die Sprachen in Apg.19, deren Zeuge und Urheber Paulus in Ephesus war, ein von den Vorgängen in Apg.2 oder Apg.10 völlig verschiedenes Geschehen waren? Oder auch, daß die Sprachen des Paulus in Apg.19 sich von denen aus 1.Kor.14 unterscheiden?
4.) Der 1. Brief des Paulus an die Korinther stammt aus dem Jahr 54. Paulus kam ungefähr im Jahr 60 als Gefangener nach Rom. Der Brief des Paulus wurde 6 oder 8 Jahre vor dem Bericht des Lukas geschrieben. Das bedeutet, daß die Gedanken des Paulus über die Sprachengabe schon – und zwar schon seit langem – klar geprägt waren. Es ist unvorstellbar, daß Lukas dies nicht berücksichtigt hätte; vor allem da er den Bericht vom Aufenthalt des Paulus in Ephesus in sein Kapitel 19 aufnahm.
Je mehr ich die Behauptung untersuche, daß Paulus und Lukas von zwei verschiedenen – und sogar einander entgegengesetzten – Dingen reden, um so mehr bin ich durch den heiligen Text davon überzeugt, daß eine solche These unhaltbar ist.
5.) Paulus ist der geistliche Vater des Lukas und der Gemeinde in Korinth. Können wir glauben, daß er ihnen zwei völlig verschiedene, sogar einander widersprechende Lehren gegeben hätte?
Ich persönlich glaube, daß die Heilige Schrift ein echtes Sprachenreden kennt, das göttlichen Ursprungs ist: Das Sprachenreden, welches Lukas in Apg.2 beschreibt. Ich glaube ebenfalls, daß Paulus in dem einzigen Text, den er der Frage widmet, nur dieses selbe Sprachenreden vor Augen hat: 1.Kor. Kapitel 12 bis 14. Jede Abweichung von dieser klaren und biblischen Auslegung führt uns in ein Labyrinth von Vermutungen, die dadurch nicht sicherer werden, daß eine große Anzahl von Stimmen sie in autoritärer Weise verkünden.
Kapitel 6 DIE GEMEINDE IN KORINTH
EINE PROBLEMGEMEINDE
Der allgemeine Zusammenhang
Wenn wir den geistlichen Zustand kennen, in dem sich die Gemeinde befand, an die Paulus diese Lehre richtete, verstehen wir das Ziel und den Sinn seiner Beweisführung.
Wie schon gesagt, schrieb er seinen ersten Brief an die Korinther, um Ordnung in die allgemeine Verwirrung zu bringen, die in der Korinther Gemeinde herrschte. Paulus behandelt darin der Reihe nach nicht weniger als zwölf Probleme. Jedesmal wirft er den Korinthern schwerwiegende Fehler vor und verurteilt die Unordnung, die daraus entstand.
1. Spaltungen (1.Kor.1:10-16; 3:1-15; 4:1-21; 2.Kor.12:20)
2. Ihr Festhalten an menschlichen Philosophien auf Kosten ihres Glaubens an Christus (1.Kor.1:17-2:16; 3:16-23; 4:6-15; 2.Kor.10:1-11:15).
3. Ein Fall von skandalöser Unzucht (1.Kor.5:1-13 und 6:9-20).
4. Rechtsstreitigkeiten zwischen Brüdern vor den Gerichten einer ungläubigen Welt (1.Kor.6:1-8).
5. Verwirrte Ideen über Ehe und Zölibat (1.Kor.7:1-40; 9:1-15; 11:3-16).
6. Mit dem Götzendienst verbundene Praktiken, d.h. Okkultismus, den sich manche Brüder unter dem Vorwand erlaubten, sie seien durch Christus befreit worden (1.Kor.8:1-11:1 und besonders 10:14-22. Ebenso 2.Kor. 6:11-17).
7. Die Abweichung in der Lehre ging soweit, die Auferstehung anzuzweifeln (1.Kor.15).
Der direkte Zusammenhang: Der Ablauf der Gemeindeversammlung
In den Kapiteln 11, 12, 13 und 14 seines ersten Briefes hat Paulus nur eine Frage im Auge: Den ordentlichen Ablauf der Versammlungen der Gemeinde. Seine Lehre über das Sprachenreden muß unter diesem Gesichtspunkt verstanden werden. Paulus weist auf mehrere Irrtümer hin, die er untersucht, verurteilt und berichtigt:
8. Eine geistliche Verwirrung über die Rolle und Kleidung der Frau in den Zusammenkünften (1.Kor.11:2-16 und 14:33-35).
9. Eine schockierende Unordnung im Ablauf des Abendmahls (1.Kor.11:17-34. Siehe auch 3:11-17; 4:5).
10. Eine gefährliche Unkenntnis über das Wesen und den Gebrauch der Geistesgaben (Kap.12). Auch hier herrschte bei den Christen in Korinth eine große Verwirrung.
11. In seinem Kapitel 13 geht Paulus dem geistlichen Problem der Korinther Gemeinde auf den Grund. Sie hatten nicht einmal die Grundlage allen geistlichen Lebens, die Hauptwesensart jeder Tat des Heiligen Geistes verstanden: Nämlich die Liebe. Er definiert sie in den Versen 4 bis 8: Die im gekreuzigten Christus offenbar gewordene Liebe Gottes. Ohne diese Liebe ist jede sogenannte »Gabe« nur Lärm.
12. Schließlich nimmt Paulus im Kapitel 14 ein ganz besonderes Problem in Angriff: Die Auffassung, welche die Korinther sich von der »Gabe des Sprachenredens« gebildet hatten.
Der 2. Brief des Paulus an die Korinther wurde 2 oder 3 Jahre später geschrieben. Er zeigt, daß diese Gemeinde noch immer krank war. Paulus beschließt seinen Brief mit den Worten: »Denn ich fürchte, daß ich euch bei meinem Kommen vielleicht nicht als solche finde, wie ich will… daß vielleicht Streit, Eifersucht, Zorn, Zänkereien, Verleumdung, Ohrenbläsereien, Aufgeblasenheit, Unordnungen da sind … «
Korinth: Eine Mustergemeinde?
Das Bild, das uns Gott von dieser Gemeinde zeigt, erregt wirklich eher Angst als Mitleid. Eins ist unleugbar: Korinth ist keine nachahmenswerte Gemeinde.
Vor diesem Hintergrund untersucht der Apostel Paulus die Frage, die ihm im 14. Kapitel seines ersten Briefes Sorgen macht: Die Sprachen, wie die Christen in Korinth sie verstanden und ausübten. Die Lehren und Ermahnungen, die Paulus bezüglich der Sprachengabe an die Korinther richtet, dürfen nicht als Lob und nicht einmal als Ermutigung verstanden werden. Sie sind Tadel und Warnung. . .
Das Neue Testament nennt namentlich 30 Städte, in denen es Gemeinden gab. Dennoch war, so weit die Schrift davon spricht, Korinth die einzige Gemeinde, die das Sprachenreden pflegte.
Im übrigen finden wir keinerlei Erwähnung des Sprachenredens in den Lehren Christi – außer in dem einzigen kurzen Satz in Markus 16:7. Paulus ist der einzige Apostel, der davon redet, und dies nur ein einziges Mal in seinem ersten Korintherbrief. Warum hat uns der Apostel Petrus überhaupt nichts über diese Frage zu sagen? Warum erwähnen weder Jakobus noch Johannes noch Judas noch der Verfasser des Hebräerbriefes die »Zungen« ein einziges Mal?
Dieses Stillschweigen wäre ganz unverständlich, wenn die Glossolalie in Wirklichkeit allgemein in den Urgemeinden als unentbehrlich betrachtet und gepflegt worden wäre. Wenn die Glossolalie so wichtig wäre, wie man es uns glauben machen will, gäbe es im Neuen Testament sicher überall Anspielungen, Ermahnungen, Erklärungen und Verheißungen über diesen Punkt.
Das Neue Testament enthält eine sehr große Zahl von Stellen über grundlegende Fragen, wie Gebet, Bruderliebe, sexuelle Reinheit, die Wiederkunft Christi – um nur einige zu nennen. Warum wird die Glossolalie, wenn sie wirklich grundlegend wäre, sozusagen »auf den Dachboden« verbannt?
Der Herr Jesus gibt uns keinen Befehl über die Sprachen. Die Apostel auch nicht. Wenn das Sprachenreden so nötig wäre, würde es uns das Wort Gottes klipp und klar sagen. Dies ist aber nicht der Fall. Außerdem würde Gottes Wort mindestens ein Gebot enthalten, in Sprachen zu reden. Es gibt aber in der Bibel kein einziges Gebot dieser Art.
Kapitel 7 WAS PAULUS UNTER GEISTESGABE VERSTEHT
Wir können uns nur eine ausgewogene Vorstellung von dem machen, was Paulus unter der Sprachengabe versteht, indem wir seine vollständige Lehre über die Gaben im allgemeinen berücksichtigen.
DIE GEISTESGABEN NACH 1.KORINTHER 12
V. 1: »Was aber die geistlichen (Gaben) betrifft, Brüder, will ich nicht, daß ihr ohne Kenntnis seid«…
V. 4: »Es gibt aber Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber (es ist) derselbe Geist«…
V. 7: »jedem aber wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben«…
V. 11: »Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist und teilt jedem besonders aus, wie er will« …
V. 13: »Denn durch einen Geist sind wir alle in einen Leib getauft worden«…
V. 14: »Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele«…
V. 18-19: »Nun aber hat Gott die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen am Leib, wie er wollte. Wenn aber
alles ein Glied wäre, wo wäre der Leib?«…
V. 27-28: »Ihr aber seid Christi Leib, und einzeln genommen Glieder. Und die einen hat Gott in der Gemeinde
gesetzt, erstens zu Aposteln, zweitens zu Propheten, drittens zu Lehrern,dann
Wunderkräfte, Gnadengaben der Heilungen, Hilfeleistungen, Leitungen, Arten von Sprachen« …
V. 29: »Sind etwa alle Apostel?«…
V. 30: »Reden alle in Sprachen?« …
V. 31: »Eifert aber um die größeren Gnadengaben.«
Geistesgabe = Organische Tätigkeit des Leibes
Mit dem Leib Christi verhält es sich wie mit dem menschlichen Leib: Er besitzt eine große Vielfalt von Organen, und jedes Organ hat seine bestimmte Tätigkeit. In der Gemeinde hat jedes Glied seine besondere Tätigkeit, und diese ist organisch: Sie erhält ihre Bedeutung durch ihre Beziehung zum übrigen Leib.
Der Geist Gottes ist der Baumeister des Leibes Christi. Er entscheidet über die Rolle und die Tätigkeit eines jeden in der Gemeinde.
Der Geist vertraut jedem Glaubenden ein bestimmtes Maß der Gnade Gottes an (gr.: Charis = Die Großzügigkeit, der Akt des Gebens). Dies wird dem Glaubenden zur Gabe (gr.: Charisma = Das Geschenk, das Empfangene). Diese Gnade befähigt jeden Glaubenden, Gott zu dienen. Dieser Dienst vollzieht sich im Rahmen der Gemeinde, dem Leib Christi.
Der Zweck einer Gabe: Der Dienst
»Der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu dienen« (Mt.20:28).
Das ist der Geist der Gnade, der Charis Gottes. Das ist der Sinn der Geistesgabe, des Charisma. Wer vermutet, daß die Geistesgaben uns vor allem zu unserem persönlichen Vorteil gewährt werden, täuscht sich über die grundlegende Bedeutung dieser göttlichen Tat. Durch dieses »organische« Wirken gebraucht uns der Geist, um zur Tätigkeit des Leibes Christi auf dieser Erde beizutragen.
Die Gabe ist für das Wohl des Nächsten da
Jedes Glied des Leibes Christi hat eine ihm eigene Tätigkeit. Diese Tätigkeit ist jedoch »zum Nutzen aller« (12:7) und nicht für das Glied selbst. Der Geist gewährt die Gaben »zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi… «. »Wie jeder eine Gnadengabe (gr.: charisma) empfangen hat, so dient damit einander.«
Gott bestimmt die Gabe eines jeden
»Er gibt aber Verschiedenheiten von Gnadengaben (1.Kor.12:4)… Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist und teilt jedem besonders aus, wie er will (V.11)… Nun aber hat Gott die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen am Leib, wie er wollte« (V.18).
So ist die Geistesgabe eine Fähigkeit, die der Geist in seiner eigenen Weisheit jedem Glaubenden zuteilt, damit er Gott wirksam dienen kann.
»Wenn aber alles ein Glied wäre, wo wäre der Leib?« (V.19). Warum verlangt man heute, daß alle Christen »in Zungen reden«?
Die Sprache ist uns gegeben, um Christus zu dienen. Dies können wir tun, indem wir von ihm Zeugnis geben oder ihn predigen. Das ist der wahre Sinn der »linguistischen« Gabe. Selbst die wunderbaren Sprachen des 2. Kapitels der Apostelgeschichte hatten dasselbe Ziel: Die Unbekehrten auf der Straße zu erreichen und sie von der Wahrheit Christi zu überzeugen.
Eine Gabe unter vielen anderen
Die Geistesgaben sind nur ein Teil seines Wirkens der Fülle, nur eine der sieben fortschreitenden Offenbarungen des Geistes.
Auch die Sprachengabe ist nur eine Gabe von vielen anderen! Wir können die Fülle des Geistes mit der Oktave vergleichen: Ihre sieben Noten bilden die vollständige Tonleiter, auf die sich der Begriff der Musik begründet.
Wir müssen zugeben, daß jede einzelne Gabe in diesem Gleichnis nur einer einzigen Note des Klaviers entspräche und wenig Bedeutung hätte. Wer die Sprachengabe auf Kosten der anderen Gaben emporhebt, gleicht einem Menschen, der eine Melodie mit nur einer oder zwei Noten komponieren will. Eine solche Musik hört man sich nicht lange an!
Bevor wir zum folgenden Text übergehen, können wir darauf hinweisen, daß Gott uns vor dämonischem Wirken warnt, das einen Menschen gegen seinen Willen zu etwas drängen will (1.Kor.12:1-3). Man hört manchmal sagen: »Es war stärker als ich.« Die bösen Geister wollen den Menschen ganz beherrschen, damit sie ihn manipulieren können. Der Heilige Geist handelt dagegen nicht so. Im geistlichen Gotteskind verschmelzen der Geist Gottes und der wiedergeborene Geist des Menschen in ein ordentliches Wirken.
DIE GEISTESGABEN NACH 1. KOR. 13
V. 1: »Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden«…
V 3 + 4: »Wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich verbrannt werde, aber keine Liebe habe, so nützt mir nichts. Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig« …
V. 5: »Sie sucht nicht das Ihrige, sie läßt sich nicht erbittern« …
V.7: »Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.«
V.8: »Die Liebe vergeht niemals; seien es aber Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden« …
V.13: »Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.«
Gabe = Geschenk = Liebe
Eine Geistesgabe ist vor allem ein Ausdruck der Liebe Gottes. Und diese Liebe allein kann eine dauerhafte Wohltat bewirken. Eine »Gabe« ist im Grunde genommen nur die Folge einer Tat des Gebens und des Sich Hingebens für die Brüder und die verlorenen Seelen. Ist sie nicht ein Überfluß von Liebe, so kommt sie nicht vom Geist Gottes: Sie ist fleischlich und gefährlich. Liebe die dient, die sich selbst in den Hintergrund stellt, die vergibt, die erträgt, die vertraut und Vertrauen einflößt.
Wenn diese Liebe fehlt, sagt Paulus, ist es vergeblich zu behaupten, man übe eine Geistesgabe aus. »Dient einander durch die Liebe.«
Die Gabe selbst wird verschwinden, sobald sie nicht mehr nötig ist. Aber der Beweggrund dieser Gabe die Liebe – wird bleiben.
Hat ein Mensch eine echte Geistesgabe empfangen? Er wird es erfahren durch die Hingabe seiner selbst und alles dessen, was er besitzt. Paulus sagt: Der wahre Sinn der Geistesgabe besteht nicht darin, zu empfangen, sondern zu geben, anderen Gutes zu tun, den Brüdern und den verlorenen Seelen zu dienen. Die Verwirklichung einer Geistesgabe geschieht durch das Kreuz. Für sich selbst sterben, um anderen wohl zu tun.
UND 1. KOR. 1:7 ?
WARUM SAGT PAULUS ZU DEN KORINTHERN: »DAHER HABT IHR AN KEINER GNADENGABE MANGEL« … ?
Man verlangt von mir, folgendes zu glauben: »Paulus erkenne durch diesen Satz an, daß die wahren Geistesgaben in Korinth in Hülle und Fülle vorhanden sind.«
Ich betrachte jedoch dieses Argument aus drei Gründen für wertlos:
1. Die Gemeinde in Korinth hat nicht einmal den Sinn der Liebe verstanden, die der einzige Beweggrund einer echten Gabe ist.
2. Eine aufmerksame Lektüre der Kapitel 12 bis 14 zeigt, daß Paulus in Wirklichkeit die Art und Weise der Korinther mißbilligt, wie sie die Geistesgaben und im besonderen die Sprachengabe verstehen und ausüben.
3. Um diesen Satz zu verstehen: »Daher habt ihr an keiner Gnadengabe Mangel«, genügt es, ihn in seinen Zusammenhang zurückzuversetzen: »Ich danke meinem Gott allezeit eurethalben für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus: In ihm seid ihr in allem reich gemacht worden, in allem Wort und aller Erkenntnis, wie denn das Zeugnis des Christus unter euch befestigt worden ist. Daher habt ihr an keiner Gnadengabe Mangel … «
Anderswo gibt uns Paulus gut zu verstehen, daß es der Korinther Gemeinde tatsächlich an wahren Lehrern, Propheten und Hirten fehlt. Und doch war Korinth außerordentlich bevorzugt worden und hatte seine Vorteile nicht zu nutzen gewußt. Paulus hatte mindestens anderthalb Jahre lang in dieser Gemeinde gelehrt. Außerdem hatten sie den Vorzug, den Dienst des Silas, des Timotheus, des Titus und mehrerer anderer Brüder zu erfahren. Sie waren weit mehr verwöhnt worden als die Mehrzahl der von Paulus gegründeten Gemeinden. Und dennoch: Trotz allem, was Gott der Korinther Gemeinde gegeben hatte, blieben die meisten Glaubenden unmündig und fleischlich.
Paulus ist weit davon entfernt, sie zu loben! Sie waren durch die Gnade Gottes reich beschenkt worden, aber sie hatten es nicht gelernt, ihrerseits zu geben.
8. UNTERSUCHUNG DER DREI PAULUSTEXTE IN 1. KORINTHER 12
Nach dieser Zusammenfassung der Lehre des Paulus über den wahren Charakter der Geistesgaben können wir endlich untersuchen, was er die Gabe, »Arten von Sprachen« zu sprechen, nennt. Sie, mein lieber Leser, können nichts Besseres tun, als die drei Kapitel (12, 13 und 14 des 1. Korintherbriefes) hintereinander und am Stück mehrmals durchzulesen. Auf diese Weise werden sie den Überblick gewinnen und den allgemeinen Sinn dieses Abschnittes erfassen. Danach sind die Einzelheiten viel leichter zu verstehen.
1. KORINTHER 12:10 UND 28
In den Versen 7 bis 10 und 28 bis 30 gibt Paulus zwei repräsentative Auflistungen der Geistesgaben. (Ebenso Röm.12:3-8 und Eph.4:7-16.)
V. 10: »… einem anderen aber (wird gegeben) Arten von Sprachen« (gr.: gene glosson).
V. 28: »Und die einen hat Gott in der Gemeinde gesetzt… sodann… Arten von Sprachen« (gr.: gene glosson).
Was bedeutet der griechische Ausdruck »gene glosson«?
Die revidierte Elberfelder übersetzt diesen Ausdruck mit »(verschiedene) Arten von Sprachen«. Das Wort genos (im Plural: gene), das hier mit »Arten« übersetzt wird, ist interessant. Es bedeutet im wesentlichen »Nachkommenschaft« oder »Familie«. Von daher hat das Wort leicht die Bedeutung »Rasse, Nationalität« gewonnen. Im Neuen Testament bezieht es sich mindestens siebenmal (den Text, den wir untersuchen, ausgenommen) auf Nationalitäten. In den anderen Fällen bedeutet es entweder »Familie« oder »Art«. Im hebräischen Text des Alten Testaments hat übrigens das Wort »Familie« oft die Bedeutung von »Nation«. Der Ausdruck »alle Familien der Erde« bedeutet »alle Nationen«.
Sprachen oder Pseudo – Sprachen?
Paulus gebraucht nicht das griechische Wort phone, das eine fließende Bedeutung hat. Man könnte es mit »Stimme« oder »Ton« übersetzen. Er sagt stattdessen glossa, was sehr genau »eine Sprache«, eine echte Sprache bedeutet. Es handelt sich um Sprachenfamilien (zweimal Plural).
Diese beiden Stellen allein helfen uns zu begreifen, welchen Sinn Paulus der Sprachengabe gibt. Es ist offensichtlich, daß er an menschliche Sprachen denkt, genau wie in Apg.2. Nichts in diesen Texten läßt die Vermutung zu, er habe ein unverständliches Reden im Sinn.
Anders ausgedrückt: Der Geist Gottes rechnet zu den Gaben, die er der Gemeinde schenkt, die Gabe, echte menschliche Sprachen zu sprechen, die nicht der Gemeinschaft eigen sind, zu der wir gehören.
Es ist klar, daß diese Art von Gabe für das Werk Gottes unendlich viel nützlicher ist, als ein unverständliches Reden.
Unser Text hebt zwei andere interessante Punkte hervor. Paulus sagt (Kap.2 V.4): »Einem anderen aber (wird gegeben) Arten von Sprachen.« Er sagt nicht »Sprache«, sondern »Sprachen« im Plural. Er sagt auch nicht, daß diese Sprachen unter alle Glieder der Gemeinde verteilt werden. Sondern daß sie einem Einzelnen gegeben werden: »Einem anderen … « (Singular).
Hier wird eine höchst aktuelle Frage aufgeworfen. Mehr als je zuvor braucht die Gemeinde Christi heute Männer und Frauen, die zwei oder mehrere Sprachen beherrschen. Unsere Brüder in den Entwicklungsländern brauchen immer mehr Helfer aller Art. Die Mehrzahl der menschlichen Sprachen leiden unter einem unentschuldbaren Mangel an christlicher Literatur. Durch Rundfunk, das gedruckte Blatt, Wanderausstellungen, Übersetzungen von Predigten können wir der Gemeinde helfen, ihre geistlichen Reichtümer allen mitzuteilen. Sagen Sie mir bitte nicht, diese Art von Dienst sei »weniger geistlich« als der Gebrauch einer unverständlichen Sprache, selbst wenn sie für »engelisch« gehalten wird. Gottes Ziel ist vor allem die Evangelisierung der Welt, das Heil der Seelen und die Auferbauung seines Volkes.
Ja! Ich glaube an die wunderbaren Sprachen, wie wir sie in Apg.2 sehen! Aber ich glaube ebenso fest an die Sprachen der Menschen in unserer modernen Welt, die von einer teuflischen Bosheit gequält wird. Es ist unsere Aufgabe, ihnen die Botschaft des Christus zu bringen, sie den »ganzen Ratschluß Gottes« zu lehren… Und wie können wir das tun, wenn wir nicht in ihrer eigenen Muttersprache zu ihren Herzen reden können? Dieses letztere Wunder ist wahrlich größer als das erstgenannte.
Paulus stellt die Sprachengabe an den Schluß jeder der beiden Gabenlisten in diesem Kapitel (V.10 und 28). Im Vers 28 erkennt Gott eine Abstufung in der relativen Bedeutung der verschiedenen Geistesgaben an. »Und die einen hat Gott in der Gemeinde gesetzt erstens zu Aposteln, zweitens zu Propheten, drittens zu Lehrern, sodann… sodann… (und an letzter Stelle diejenigen, welche die Gabe haben) Arten von Sprachen zu sprechen.«
Paulus will nicht, daß die Glaubenden in Korinth dieser Gabe eine übertriebene Bedeutung beimessen. Er faßt seine Haltung in folgendem Satz zusammen: »Eifert aber um die größeren Gnadengaben.« Und das ist ein Befehl!
1. KORINTHER 12:30
»Reden alle in Sprachen?«
»Reden alle in Sprachen?« Die grammatische Form dieser Frage mit der griechischen Verneinung me fordert eine verneinende Antwort. Dies ist gleichbedeutend mit der Behauptung: Sie reden nicht alle in Sprachen. Der Versuch, allen Glaubenden die Sprachengabe aufzuzwingen, widerspricht folglich klar dem Wort Gottes.
Aber sagt Lukas nicht das Gegenteil?
Man wird mir vielleicht entgegenhalten, daß in Apg.2 alle Glaubenden tatsächlich in anderen Sprachen geredet haben, denn es steht dort geschrieben: »Sie wurden alle mit Heiligem Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu reden … «
Trotzdem ist es gar nicht so sicher, daß an jenem ersten Pfingsttag alle Jünger in anderen Sprachen geredet haben. Der Text sagt nicht ausdrücklich, daß alle in anderen Sprachen geredet haben. Wer griechisch kann, wird merken, daß das Wort »alle« (gr.: pantes) in diesem Satz so gestellt ist, daß es sich auf das Verb »wurden erfüllt« bezieht, aber nicht unbedingt auf das Verb »fingen an zu reden«.
Können wir uns wirklich hundertzwanzig Personen vorstellen, die alle zugleich reden, um sich den Zuhörern verständlich zu machen? Der Geist Gottes kann nicht der Urheber einer solchen Verwirrung sein!
Petrus sagt in seiner Predigt: »Dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist … « Aber Joel spielt in keiner Weise auf das »Reden in unbekannten Sprachen« an. Er spricht nur von »weissagen«. Meiner Ansicht nach ist dies die beste Erklärung: Die Jünger haben sich auf beide Weisen ausgedrückt: Einige redeten in Sprachen und andere weissagten.
In Apg.10:46 hörte Petrus die Bekehrten des Hauses des Cornelius »in Sprachen reden und Gott erheben«. In Apg.19:6: »Sie redeten in Sprachen und weissagten.« Wenn in Cäsarea und in Ephesus die Ausgießung des Heiligen Geistes diese beiden Ausdrucksformen bewirkte, wäre es dann erstaunlich, wenn in Jerusalem der Geist auf dieselbe Weise handelte?
Bemerkung zu 1.Kor.12:31
Wenn Gottes Geist einen Menschen erfüllt, beginnt dieser Mensch zu lieben: Durch seine verwandelte Persönlichkeit erreicht die Liebe Gottes die anderen. Sein Leben ist eine »Explosion« göttlicher Liebe. Damit diese Liebe nun anderen zum Nutzen sei, muß sie eine bestimmte Form annehmen. Sie muß auf die eine oder andere Art »kanalisiert« werden. Und dieser »Kanal« ist nichts anderes als die Geistesgabe, die der Geist jedem gewährt. Eine »Gabe« ist eine geistliche Befähigung, durch die der Mensch nützlich sein kann, indem er die Liebe Gottes seiner Umgebung mitteilt…
Paulus schreibt sein Kapitel über die Liebe! Er ermahnt uns, mit Eifer die besten Gaben zu suchen. Aber er will nicht, daß wir beim Suchen von einem fleischlichen Eifer beseelt sind. »Der Weg weit darüber hinaus« dieser Suche ist gerade die Liebe – Liebe, die wirklich die Frucht des Geistes ist.
9. UNTERSUCHUNG DER ZWEI PAULUSTEXTE IN 1.KORINTHER 13
1. KORINTHER 13:1
Die Elberfelder übersetzt ganz wörtlich nach dem Griechischen:
»Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel.«
Engelsprachen?
Wie oft habe ich sagen hören, die unverständlichen Sprachen der Glossolalie seien Engelsprachen!
Und doch sagt uns die Bibel überhaupt nichts von »Engelsprachen«! Nichts! Die Engel sind Geister. Sie brauchen keine Aussprache, die von einer physischen Zunge oder von Stimmbändern abhängig ist!
Warum sollte Gott in seinen persönlichen Beziehungen mit Menschen wie uns, seinen Kindern, eine »engelische« oder „himmlische« Sprache gebrauchen? Jedesmal, wenn er in der Bibel zu Menschen sprach, wählte er anstelle einer »außerirdischen« eine bekannte Sprache, sei es Hebräisch oder Aramäisch oder Griechisch.
Die heute so weitverbreitete Meinung, Gott lege besondern Wert darauf, in »Engelsprachen« zu uns zu reden oder uns zuzuhören, ist also völlig aus der Luft gegriffen.
Der Ausdruck »Sprache der Engel« kommt in der ganzen Schrift nur ein einziges Mal vor: Die Stelle, die wir hier vor Augen haben und wo Paulus sagt (wörtlich aus dem Griechischen): »Wenn ich die Sprache der Menschen oder (sogar) der Engel rede…« Für ihn ist das eine Annahme, die den gleichen Wert hat wie z.B.: »Wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich verbrannt werde«. Es handelt sich um eine Hypothese, die seine Beweisführung unterstützt, und nicht um eine Feststellung. Es ist aber unzuläßig, eine Lehre auf eine Hypothese, auf ein einfaches »Wenn« aufzubauen.
Jedesmal übrigens, wenn die Bibel sprechende Engel erwähnt, legt sie menschliche Worte in deren Mund. Worte, die von den Angeredeten sofort verstanden werden. Denken wir z.B. an die Engel, die zu Lot sprachen (1.Mo.19) oder zu Hagar (1.Mo.21:17), zu Abraham (1.Mo.22:11 + 12), zur Mutter Simsons (Ri.13:3), zu Hesekiel (Hes.40,48), zu Maria und zu Zacharias (Lk.1:28-37,13-20), zu Joseph (Mt.1:20; 2:13,19), zu Philippus (Apg.8:26), zu Petrus (Apg. 12:7 8) und zu Johannes (Offb. 22:8+9). Jedesmal, ohne Ausnahme, geben sie ihre Botschaft in einer bekannten Sprache weiter, unzweideutig, klar wie das Sonnenlicht. Sogar der Engelchor, den die Hirten bei der Geburt Christi hörten, drückte sich in absolut verständlichen Worten aus (Lk.2:9-14).
Wenn übrigens ein Engel vom Himmel ein anderes Evangelium predigte, wäre er in Gottes Augen verflucht (Gal. 1: 8). Eine »engelische« Sprache ist nicht unbedingt von Gott eingegeben. Sie kann sehr wohl vom Bösen stammen.
Die Sprache: Transportmittel einer gekreuzigten Liebe
Gott gibt uns in diesem Abschnitt zu verstehen, daß die Fähigkeit, eine sogar »engelische« Sprache zu sprechen – falls es das gäbe -, mir nichts nützt, wenn mein Tun nicht der Ausdruck der Liebe Gottes ist. Sein Geist will diese übernatürliche Liebe durch meine Taten und Worte ausdrücken. Wenn er mich erfüllt, so darum, damit ich meinen Bruder und meinen Nächsten liebe, ihnen Gutes tue, ihnen die Erkenntnis Christi bringe. Wenn ich also nur für mich rede, zu meiner persönlichen Befriedigung, vermittelt mein Tun meinem Nächsten nichts von der Liebe Gottes.
Das Wunderbare beweist nichts
Nur die offenkundige Liebe Christi prägt unserem Reden das Siegel Gottes auf. Daß wir in übernatürlicher Weise reden, vielleicht sogar in einer echten menschlichen Sprache, beweist allein nichts. Denn die Diener Satans tun dasselbe. Das »Zungenreden« ist unter seinen Anhängern überall in der Welt eine wohlbekannte Erscheinung. Es kommt in der Mystik der orientalischen Religionen wie anderswo im Animismus vor. Im Westen wird es in spiritistischen Kreisen ebenso gepflegt wie in mehreren eigenartigen Sekten. Außerdem war es eine wohlbekannte Erscheinung in den heidnischen Religionen der Antike.
Paulus gibt uns in diesem Zusammenhang zu verstehen, daß das Übernatürliche allein nichts beweist. Nicht einmal ein Glaube, der Berge versetzt (V.2) oder ein Mut, der bis zum Märtyrertod geht. Das Kennzeichen, daß ein Wort oder eine Tat wirklich von Gott kommt, ist diese göttliche Liebe, die uns durch Jesus Christus geoffenbart worden ist.
Diese Liebe ist tatsächlich übernatürlich. Sie ist wunderbarer als alle Wunder. Satan versteht es, die Krafttaten Gottes nachzumachen. Aber er kann das Wunder aller Wunder, die Agape des Heiligen Geistes, nicht hervorbringen.
Wenn also meine »geistliche Gabe« nicht von dieser selben Liebe bewegt wird, und wenn sie diese Liebe nicht durch mein Tun meinem Zuhörer mitteilt, so ist diese »Gabe« vergeblich. Sie ist falsch. Sie ist dann nur ein »tönendes Erz«.
1.KORINTHER 13:8: »DIE SPRACHEN WERDEN AUFHÖREN«
»Die Liebe vergeht niemals; seien es aber Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden. Denn wir erkennen stückweise, und wir prophezeien stückweise; wenn aber das Vollkommene kommt, wird das, was stückweise ist, weggetan werden. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind, urteilte wie ein Kind; als ich ein Mann wurde, tat ich weg, was kindisch war. Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels, undeutlich, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie auch ich erkannt worden bin.«
Die Geistesgaben sind eine vorübergehende Phase
Wie die Weissagung und die Erkenntnis, wie alle Geistesgaben, wird die Sprachengabe aufhören, sobald das »Vollkommene« kommt (V.10), wenn wir »von Angesicht zu Angesicht« sehen werden (V.12).
Paulus lehrt uns durch diesen Abschnitt, daß die Geistesgaben nur eine vorübergehende Stufe unseres Daseins sind.
Ohne die Liebe haben diese Gaben keinerlei Sinn. Sie sind nichts – während die wahre Liebe so bestehend wie Gott ist, denn Gott ist Liebe.
Nun ist die Art und Weise, wie der Geist diese Liebe ausdrückt, den Forderungen der Situation angepaßt. Und er bringt diese Liebe durch das Wirken seiner Gaben zum Ausdruck. Wenn jedoch »das Vollkommene« kommen wird, wird der Geist uns nicht mehr zu ermahnen und uns die Erkenntnis Gottes zu lehren brauchen. Wir werden bereits erkannt haben, wie wir erkannt wurden (V.12). Er wird sich nicht mehr in verschiedenen Sprachen auszudrücken brauchen, denn eine einzige Sprache wird uns in einem eindeutigen Verständnis vereinen (V.2).
Nun ist aber dieser Tag noch nicht gekommen. Wir warten noch immer auf »das Vollkommene«.
»Wenn aber das Vollkommene kommt. Manche Christen legen diesen Satz aber so aus, daß sie ihn mit dem Ende des apostolischen Zeitalters gleichsetzen, dem Ende der Niederschrift der neutestamentlichen Offenbarungen. Diese Meinung führt zu der Behauptung, daß die Sprachen wirklich gegen Ende des ersten Jahrhunderts unseres Zeitalters aufgehört haben.
Diese Auslegung weist jedoch unüberwindliche Schwierigkeiten auf.
Wie schon gesagt: »Das Vollkommene« ist noch nicht gekommen. An jenem Tag wird sogar die Erkenntnis »verschwunden sein«. Und doch ist die Erkenntnis offensichtlich noch nicht verschwunden. Sie wird uns hauptsächlich durch die Gabe des Lehrens vermittelt. Die Gabe des Propheten ist genauso aktuell und notwendig für die Gemeinde.
Übrigens: Wenn Paulus im Kapitel 13 seines Briefes glaubt, daß die Sprachen nach einiger Zeit aufhören werden, warum gebietet er dann im Kapitel 14, das Sprachenreden nicht zu hindern?
Meiner Meinung nach ist es zu leicht, zu behaupten, daß es die Sprachengabe nicht mehr gibt. Eine solche Behauptung beruht auf einer zu zerbrechlichen Exegese unseres Textes.
Selbst wenn sich die echte Sprachengabe heute als sehr selten erweist, so ist dies kein Grund, den Heiligen Geist daran zu hindern, sie zu gebrauchen, wann immer er es für nötig hält.
10. EINFÜHRUNG IN DAS STUDIUM VON 1.KORINTHER 14
DAS ZIEL DER BEWEISFÜHRUNG DES PAULUS
1. Paulus schreibt, um Ordnung zu schaffen
Hier, wie in seinem ganzen Brief, bringt Paulus das Gleichgewicht dort, wo die größte Verwirrung herrscht. Wir müssen dieses Kapitel unter diesem Blickpunkt lesen.
2. Paulus steht nicht im Widerspruch zu Apg. 2
Wenn wir den Gedankengang des Paulus in diesem Kapitel verstehen und ehrlich auslegen wollen, müssen wir notwendigerweise den klarsten Bibeltext berücksichtigen: Apg. 2. Im Kapitel 14 des 1. Korintherbriefes versteht Paulus unter »Sprachen« dieselbe Erscheinung, die Lukas in der Apostelgeschichte beschreibt.
Wenn dieses Prinzip einmal feststeht, besitzen wir den Schlüssel, durch dessen Hilfe wir das ganze Kapitel in logischer und nutzvoller Weise verstehen können.
3. Unter der Eingebung Gottes betrachtet Paulus die Sprachengabe im Rahmen der
Versammlung
Wir müssen den Blickpunkt des Paulus festhalten. In den Kapiteln 11 bis 14 hat Gott ein genaues Ziel vor Augen: Die Gemeinde und ihre Auferbauung durch das Wirken des Heiligen Geistes.
Für Paulus ist das Ziel einer Geistesgabe nicht die Selbsterbauung, sondern der Dienst am Nächsten. Die Gabe ist ein Ausdruck der Liebe Gottes, die der Geist in der Seele des Glaubenden für seinen Nächsten schafft. Der Heilige Geist gewährt seine Gaben, einschließlich der Sprachengabe, zum Wohl der Gemeinschaft.
Im Kapitel 14 untersucht Paulus das Wesen und das Ziel der Sprachengabe im Rahmen der Gemeinde. Paulus beschäftigt sich in diesem Kapitel nicht mit der Frage der Heiligung des Einzelnen. Er denkt an die Heiligung der Versammlung.
Paulus beantwortet die Frage: Welchen Platz und welchen Nutzen hat die Sprachengabe in der Versammlung? Die geistlichen Gaben sind zum allgemeinen Nutzen bestimmt
4. Paulus vergleicht hier zwei bestimmte Gaben
Paulus stellt die Sprachengabe der prophetischen Gabe gegenüber. Er konfrontiert die Gemeinde in Korinth mit folgender Frage:
Welche dieser beiden Ausdrucksformen ist für die Gemeinde nützlicher, notwendiger? Seine Antwort ist eindeutig: Die Gabe der Weissagung ist bei weitem nützlicher.
Für Paulus ist jede Geistesgabe für die Auferbauung der Gemeinde gedacht (1. Kor.12:7).
WARUM GAB ES IN KORINTH SPRACHEN?
Korinth war ein Verkehrsknotenpunkt an der gleichnamigen Landenge zwischen zwei Meeren, ein sehr wichtiger Hafen der von vielen Kaufleuten, Seeleuten und Reisenden unterschiedlicher Sprache besucht wurde. Wäre es nicht selbstverständlich, daß sich der Heilige Geist gelegentlich eines Glaubenden in Korinth bediente, um einen Fremden in dessen eigener Sprache auf das Evangelium aufmerksam zu machen, damit dieser sich bekehre? Im Denken des Paulus gibt es somit einen berechtigten Platz für die echte Sprachengabe.
Menschen, die niemals ihr Ursprungsland verlassen und nur ihre Muttersprache sprechen, können sich schwer eine Vorstellung über die strategische Bedeutung einer Sprache machen. Der Geist Gottes sucht jedem Menschen das Wort Gottes auf die echteste und wirksamste Weise nahezubringen.
11. DIE BIBLISCHE BEDEUTUNG DER BEGRIFFE: »PROPHETIE«
UND »SPRACHEN«
Bevor wir das Kapitel 14 untersuchen, in dem Paulus die Sprachengabe der prophetischen Gabe gegenüberstellt, ist es nötig, die biblische Bedeutung der Worte »Prophet«, »Prophetie« und »prophezeien« klar herauszustellen. Dies ist besonders nötig, weil die Vorstellungen von dieser Gabe im allgemeinen sehr verworren und manchmal irreführend sind.
Der Prophet im Alten Testament
Mose gab dem Volk Israel ein von Gott eingegebenes Gesetz. Zugleich sonderte er den Stamm Levi aus, damit er dem Volk das Gesetz lehre.
Nach dem Tod Moses fiel das Volk rasch in Götzendienst und Unzucht. Nun begann Gott, Propheten zu berufen, die zu Wortführern Gottes wurden. Das bedeutet das Wort »Prophet« (gr.: prophetes). Es war ihre Aufgabe, das Volk und die Lehrenden zum Gesetz zurückzurufen.
Mose hatte am Schluß seiner Zusammenfassung des Gesetzes in 5. Mose 28 und 30 die Grundsteine der prophetischen Botschaft gelegt. Diese maßgebende Weissagung Moses enthält drei große geistliche Regeln:
– Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes bringt den Segen Gottes herbei (28:1-14).
– Ungehorsam löst die Strafe Gottes aus, die stufenweise strenger wird (28:15-28)
– Buße öffnet den Weg zur Wiederherstellung (30:1-10).
Die Botschaft des Propheten war tatsächlich ein zweischneidiges Schwert. Entweder warnte er das Volk durch die in Gottes Wort enthaltenen Drohungen; Oder er ermutigte es durch die Verheißungen Gottes.
In beiden Fällen war die Botschaft des Propheten direkt vom Wort Gottes eingegeben. Er gründet seine Predigten auf die Schrift. – Die Rolle des Propheten wird in 2.Könige 17:12-23 sehr genau beschrieben.
Der Prophet im Neuen Testament
Es ist selbstverständlich, daß die Botschaft des neutestamentlichen Propheten immer noch notwendig ist. Seine Botschaft ist ebenso auf dem Wort Gottes begründet wie die des Propheten im Alten Testament. Paulus erkennt an, daß es eine echte Gabe der Prophetie gibt. Die Gemeinde hat echte Propheten dringend nötig: Gottesmänner, die mit einer aktuellen Botschaft beauftragt sind, welche die Glaubenden erweckt und ihnen die Augen öffnet. Der Prophet ist ein Wächter. Er redet »mit der Bibel in der Hand«.
Einige Irrtümer über Prophetie
1.) Wir müssen den volkstümlichen Aberglauben vermeiden, der aus dem Propheten eine Art von mystischem Hellseher macht, der stets die Zukunft voraussagt.
Die Voraussage der Zukunft ist nur eine sehr zweitrangige Rolle des Propheten. Seine Hauptarbeit besteht darin, Sünde aufzudecken und den Glauben seiner Brüder neu anzufachen, indem er sie jedesmal zum Wort Gottes zurückführt. Die Botschaft des wahren Propheten hingegen bezieht sich immer auf die Schrift. Der Geist Gottes bringt sie mit einer Frische und Vollmacht, welche die treuen Herzen erreichen.
2.) Im Laufe der Jahrhunderte ist die Gabe des Propheten im allgemeinen Christentum in bedauerlicher Weise vernachläßigt worden. Die Struktur der Gemeinde hat diesem wertvollen Amt kaum Platz gelassen. Die »pastorale« Ausbildung hat allzu oft die prophetische Stimme des Geistes erstickt.
Die falschen Propheten
Wenn die Bibel den falschen Propheten beschreibt, gebraucht sie zumeist einen anderen Begriff als prophetes: Sie gebraucht das Wort mantis. Es reicht, die Bedeutung zu verstehen, die das heidnische Altertum diesem Wort gab.
Der (oder die) Mantis geriet oft in Verzückung, sprach meist in unverständlichen Worten, die dann von einem Prophetes ausgelegt werden mußten. Der Prophetes redete seine Zuhörer direkt in bekannter Sprache an. Gott verwirft ganz die Auffassung, der Mantis sei ein Prophet. Der Mantis wird in Alten Testament immer als von okkulten Mächten beeinflußt angesehen. Dieser Begriff kommt ein einziges Mal im Neuen Testament in der Form des Verbes manteuomai vor. Es bezieht sich auf das von Dämonen besessene Mädchen in Philippi.
In vielen Zusammenkünften unserer Tage, mögen sie christlich sein oder nicht, gleichen die Geisteskundgebungen erstaunlich dieser heidnischen Erscheinung des Altertums.
Die Bedeutung des Wortes »Sprache« im Griechischen
Es ist wirklich schade, daß einige Ausgaben der Bibel ohne die geringste Rechtfertigung das griechische Wort glossa in 1. Korinther 14 übersetzen mit: »Unbekannte Sprachen« oder »verzückte Sprache« …. wobei dieses Wort an allen anderen Stellen der gleichen Bibel, wie im Umgangsgriechischen, ganz normal mit dem einfachen Wort »Sprache« bzw. »Zunge« übersetzt wird. Glossa bedeutet entweder »Zunge« (das Körperorgan im Mund) oder »Sprache«.
In Apg.2 haben wir gesehen, wie Lukas gleichbedeutend glossa und dialektos (Dialekt, Mundart) gebraucht, um dieselbe Sache zu beschreiben. Wir brauchen also den Sinn des Textes nicht zu komplizieren, indem wir dem Wort eine Bedeutung geben, die es im Urtext nicht hat.
12. FÜR EINE AUSGEWOGENE AUSLEGUNG VON 1.KORINTHER 14
Die vielzitierten Halbverse
Die Anhänger der Glossolalie gründen ihre Lehre zum großen Teil auf einige aus dem Zusammenhang gerissene, unvollständige Sätze dieses Kapitels. (Nach der Lutherbibel)
V. 2: Denn wer in Zungen redet … der redet für Gott…
V. 2: Vielmehr redet er im Geist Geheimnisse.
V. 4: Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst…
V. 5: Ich wollte, daß ihr alle in Zungen reden könntet…
V. 14: Denn wenn ich in Zungen bete, so betet mein Geist…
V. 15: Ich will beten im Geist … ich will Psalmen singen im Geist…
V. 18: Ich danke Gott, daß ich mehr in Zungen rede als ihr alle…
V.27: Wenn jemand in Zungen redet, so seien es ihrer zwei oder drei, und einer nach dem andern…
V.39: Wehret nicht, in Zungen zu reden.
Auf den ersten Blick scheinen diese paar Zitate ernsthaft diejenigen zu unterstützen, die auf die Notwendigkeit der Glossolalie pochen. Wenn wir aber jeden dieser Sätze in den Zusammenhang des ganzen Kapitels zurückstellen, und sie vor allem ergänzen und die ganzen Verse zitieren, sieht die Sache ganz anders aus. Außerdem werden wir wieder die revidierte Elberfelder benutzen, die glossa nicht mit dem mißverständlichen Wort »Zunge«, sondern mit dem klaren Begriff »Sprache« übersetzt.
Die Halbverse in ihrem Zusammenhang
Wenn wir diese Halbverse in ihren Zusammenhang zurück versetzen, machen wir sofort zwei Feststellungen:
1. Der ergänzende Teil jedes Halbverses verändert von Grund auf den Sinn des Abschnittes. Wenn wir jedes Zitat vervollständigen, erkennen wir viel klarer den Gedanken des Heiligen Geistes:
V.2 3: Denn wer in einer Sprache redet, redet… zu Gott… im Geist aber redet er Geheimnisse. Wer ABER weissagt, redet zu den Menschen zur Erbauung…
V.4: Wer in einer Sprache redet, erbaut sich selbst; wer ABER weissagt, erbaut die Gemeinde.
V.5: Ich möchte aber, daß ihr alle in Sprachen redet, mehr ABER noch, daß ihr weissagt.
V.14: Denn wenn ich in einer Sprache bete, so betet mein Geist, ABER mein Verstand ist fruchtleer.
V.15: Ich will beten mit dem Geist (Paulus sagt nicht »in Sprachen«), ABER ich will auch beten mit dem Verstand.
V.18-19: Ich danke Gott, ich rede mehr in Sprachen als ihr alle. ABER in der Gemeinde will ich lieber fünf Worte mit meinem Verstand reden… als zehntausend Worte in einer Sprache.
Paulus sagt kurzum: – In Sprachen? Es gibt Besseres! Ich ziehe etwas anderes vor (V.5)! Aber warum überhaupt und wozu (V.6-9)? Seid nicht so kindisch (V.20)! Eifert nach einer nützlicheren Gabe!
2.) Zweitens stellen wir fest, daß die betreffenden Halbverse nur einen sehr kleinen Teil dieses Kapitels bilden. Die Gesamtheit des Textes dagegen beurteilt das »Reden in einer »Sprache« recht ungünstig. Das Übergewicht der Abschnitte, welche die »Sprachen« ablehnen, läßt keinen Zweifel am Standpunkt des Apostels bestehen.
1.Korinther 14 ausgewogen betrachtet
Ein Blick genügt, um den Standpunkt des Paulus zu verstehen. Er will nicht, daß man die wahre Bedeutung einer Geistesgabe vergißt: Nicht sich selbst, sondern andere erbauen. Die Verse 6 bis 12 und 19 bis 25 zum Beispiel werden fast nie angeführt. Hier sind sie:
V.6: Jetzt aber, Brüder, wenn ich zu euch komme und in Sprachen rede, was werde ich euch nützen, wenn ich nicht zu euch rede in Offenbarung oder in Erkenntnis oder in Weissagung oder in Lehre?
V.8: Denn auch wenn die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zum Kampf rüsten?
V.9: So auch ihr, wenn ihr durch die Sprache nicht eine verständliche Rede geht, wie soll man erkennen, was geredet wird? Denn ihr werdet in den Wind reden.
V.10: Es gibt zum Beispiel so viele Arten von Sprachen in der Welt, und nichts ist ohne Sprache.
V.11: Wenn ich nun die Bedeutung der Sprache nicht kenne, so werde ich dem Redenden ein Barbar sein und der Redende für mich ein Barbar.
V.12: So auch ihr, da ihr nach geistlichen Gaben eifert, so strebt danach, daß ihr überströmend seid zur Erbauung der Gemeinde.
V.19: Aber in der Gemeinde will ich lieber fünf Worte mit meinem Verstand reden, damit ich auch andere unterweise, als zehntausend Worte in einer Sprache.
V.20: Brüder, seid nicht Kinder am Verstand, sondern an der Bosheit seid Unmündige, am Verstand aber seid Erwachsene.
V.21: Es steht im Gesetz geschrieben: »Ich will durch Leute mit fremder Sprache und durch Lippen Fremder zu diesem Volk reden, und auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr.«
V.22: Daher sind die Sprachen zu einem Zeichen, nicht für die Glaubenden, sondern für die Ungläubigen; die Weissagung aber nicht für die Ungläubigen, sondern für die Glaubenden.
V.23: Wenn nun die ganze Gemeinde zusammenkommt und alle in Sprachen reden, und es kommen Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, daß ihr von Sinnen seid?
V.24: Wenn aber alle weissagen und irgend ein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt;
V.25: Das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und so wird er auf sein Angesicht fallen und wird Gott anbeten und verkündigen, daß Gott wirklich unter euch ist.
Wie könnte es deutlicher sein?
13. UNTERSUCHUNG DES TEXTES VON 1.KORINTHER 14: 1 BIS 3
ERLÄUTERUNG DER ERSTEN FÜNF VERSE
Die ersten fünf Verse dieses Kapitels des Paulus sind besonders umstritten. Wenn man sie absondert und seine gesamte Lehre beiseite läßt, scheinen sie zwei oder mehrere Erklärungen zuzulassen. Aber der Geist der Wahrheit kann uns in die ganze Wahrheit leiten… unter der Voraussetzung, daß wir alles berücksichtigen, was er sagt: Die ganze Schrift.
Für Paulus besteht die Sprachengabe hier wie überall in echten menschlichen Sprachen, die unter Gottes Eingebung für die Ungläubigen gesprochen werden.
VERS 1
»Strebt nach der Liebe; eifert aber nach den geistlichen (Dingen) besonders aber, daß ihr weissagt.« (Das Wort »Gabe« steht nicht im griech. Text. Man kann diesen Ausdruck folglich mit »was geistlich ist« übersetzen) … vor allem aber, daß ihr weissagtet... (Das heißt: Daß ihr für Gott und unter seiner Eingebung in einer bekannten Sprache für alle verständlich redet.)
In diesem ganzen langen Kapitel, das folgt, stellt Paulus die beiden Auffassungen über das Wesen der Geistesgaben einander gegenüber: Die wahre, die geistlich ist, und die falsche, die fleischlich ist.
VERS 2
»Denn wer in einer Sprache redet, redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht es, im Geist aber redet er Geheimnisse.«
weil (gr.: gar) wer in (einer) (fremden) Sprache redet, redet nicht zu Menschen…
Hier verbindet das Wort gar (= weil) diesen Satz mit dem vorhergehenden. Es gibt keinen Grund, hinter dem Wort »weissagt« einen Schlußpunkt zu setzen, wie es die meisten Übersetzungen tun.
Paulus argumentiert so: Wir sollen vor allem danach streben zu weissagen, gerade weil der, welcher in einer Sprache redet, sich nicht an die Menschen richtet… aber im Gegenteil zu Gott (oder: zu einem Gott).
In den Augen des Paulus ist die Tatsache, daß »wer in einer Sprache redet … zu Gott (oder »zu einem Gott«)« redet, kein Anlaß, in Sprachen zu reden, ganz im Gegenteil… zumindest in der Versammlung. Die Konjunktion »weil« gibt dem folgenden Satz einen Sinn, welcher der allgemeinen Auslegung dieses Verses widerspricht.
weil (gr. gar) niemand zuhört.
(Anmerkung: Das Verb bedeutet »hören, aufmerksam zuhören, gehorchen«. Dieses Verb, das über 400 mal im Neuen Testament vorkommt, wird mit 7 Ausnahmen überall sonst mit »zuhören, hören« übersetzt. Nur an dieser einzigen Stelle wird es meist mit »verstehen« übersetzt. Vor der letzten Revision stand im Luthertext: »Niemand hört ihm zu«.
Weil niemand in der Versammlung auf das hört, was in unbekannter Sprache gesagt wird, befiehlt der Apostel den Glaubenden (und das ist ein Gebot), eher nach der Weissagung als nach dem Sprachenreden zu eifern. Paulus sagt (V.1), er ziehe die Weissagung dem Sprachenreden vor, gerade »weil, wer in einer Sprache redet, redet nicht zu Menschen«, und auch »weil niemand zuhört«. Ein unverständliches Sprachenreden führt nicht zum Gehorsam gegenüber Gottes Wort.
Ein Gebet »in Zungen«?
Dieser Satz wird heute fast unendlich oft zitiert. Man rechtfertigt damit die Meinung, das »Zungenreden« sei in der Hauptsache eine Form des Gebets und somit in der persönlichen Andacht berechtigt. Und doch vergessen die Vertreter dieser Ansicht, was Paulus später in Vers 15 sagt, wo er gerade das Beten »ohne Verstand« ablehnt.
Einwurf: Und der Obersaal in Apg.2?
Man machte mir in diesem Zusammenhang folgenden Einwurf: ‚Die Jünger haben im Obersaal in Jerusalem wirklich zu Gott und nicht zu Menschen geredet. Dies entspricht dem, was Paulus in 1. Kor. 14:2 sagt: »Wer in Zungen redet, der redet… zu Gott«. Daraus schließt man, das »Zungenreden« sei in der Hauptsache ein Gebet, ein Lobpreis und keine für Menschen bestimmte Botschaft.
Es tritt aber in jenem Text klar hervor, daß der Geist bei seinem Herabkommen gerade das Ziel verfolgte, die vielsprachige, unbekehrte Volksmenge zu erreichen. In diesem Zusammenhang wird das griechische Wort apophthengomai gebraucht. Es bedeutet: »Mit lauter Stimme verkünden, rufen, indem man sich an die Öffentlichkeit richtet«. Die Sprachen der Apostel waren also weder Geflüster, noch Kauderwelsch und auch kein inniges Gebet. Sie waren ein gerufenes Zeugnis, eine Predigt, die zu echten Bekehrungen führte. Lukas, der Verfasser der Apostelgeschichte, bezeichnet etwas später im selben Kapitel der Apostelgeschichte die Predigt des Petrus mit demselben griechischen Verb (Apg.2:14).
Dagegen durch den Geist redet er Mysterien, d.h. geheimnisvolle Dinge
– Es ist nicht leicht, den genauen Sinn dieses Satzes zu bestimmen. Meint Paulus den »Geist Gottes« oder den »menschlichen Geist« oder einfach einen »Geist«, wobei dieser ein böser oder ein himmlischer Geist sein kann? Es ist ganz zulässig, das Wort pneumati auf den Geist Gottes zu beziehen. Aber wir können die anderen Möglichkeiten nicht ausschließen. –
Mysterien. Das Wort mysterion bedeutet »ein Geheimnis«. Von welcher Art »Geheimnis« redet der Apostel in diesem Vers?
1.) Mysteria, im Plural, das Paulus in diesem Zusammenhang gebraucht, bezieht sich in der griechischen Literatur des Altertums besonders auf die heidnischen »Mysterien«. Sie bestanden aus dämonischen Riten und Erkenntnissen, wie sie den Eingeweihten in okkulten Religionen geoffenbart wurden. Vielleicht befürchtet er, einige wieder in die früheren okkulten Tätigkeiten zurückgefallen.
2.) Es ist möglich, daß Paulus in diesem Abschnitt die »Mysterien« Gottes meinte. Ich schließe diese Auslegung nicht aus. Allerdings bietet sie große Schwierigkeiten, denn es gab zwischen den beiden Auffassungen einen gewaltigen Unterschied: Die Mysterien der Eingeweihten des Heidentums durften unter Todesstrafe nicht öffentlich verbreitet werden. Das Mysterium Gottes dagegen, das Paulus predigte, sollte jedem bereitwilligen Menschen verkündigt werden. Dieses Mysterium läßt sich in einem Wort zusammenfassen: Christus.
Warum sollte der Geist Gottes in der Versammlung Gottes Dinge zu verheimlichen suchen, die Gott nicht mehr geheimhalten will? Paulus verbrachte sein Leben damit, das »Mysterium Christi« überall bekannt zu machen. Wenn das Neue Testament übrigens vom Mysterium Christi redet, gebraucht es dieses Wort im Singular. Paulus setzt es dagegen hier in den Plural, wie man es für Bezeichnung der heidnischen Mysterien tat.
3.) Es wäre auch möglich, den Ausdruck »er redet Mysterien (d.h. geheimnisvolle Dinge)« als eine Anspielung auf »persönliche Dinge« anzusehen. Wenn Paulus an diese Art von Geheimnisse denkt, ist es klar, daß er sie nicht rechtfertigt. Dies hieße einen Widersinn aus der Geistesgabe machen, die der Geist als ein Mittel ansieht, die Gemeinde zu erbauen und anderen zu helfen. Auf alle Fälle ist es klar, daß wir nicht auf ehrliche Weise diesen Satz gebrauchen können (»im Geist aber redet er Geheimnisse«), um ein »unverständliches Zungenreden« zu rechtfertigen.
4.) Es versteht sich von selbst, daß die »Mysterien« von okkulter Eingebung sein können, wenn ein Mensch durch einen anderen Geist als den Geist Gottes redet.
VERS 3
»Wer aber weissagt, redet zu den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung.«
Der Gedanke des Paulus ist hier vollkommen klar. Er stellt den relativen Nutzen der beiden Gaben in der Versammlung gegenüber: Die Gabe der Sprachen und die Gabe der Weissagung. Die ganze Beweisführung des Paulus liegt in der Frage: Wie kann ich am besten meinen Brüdern und Schwestern dienen? Selbstverständlich ist die unverständliche Sprache nicht die richtige Art und Weise!
Der neutestamentliche Prophet ersetzt nicht den Lehrer. Die beiden Rollen ergänzen einander. Der Lehrer legt die Grundsteine. Der Prophet wendet das Wort Gottes auf die gegebene Situation an.
Paulus stellt uns vor die Frage: Was ist am nützlichsten und am nötigsten in der Gemeinde Christi: Ein wahrer Prophet? Oder ein Mensch, der unverständlich redet?
Kapitel 14 1.KORINTHER 14 VERS 4
»Wer in einer Sprache redet, erbaut sich selbst, wer aber weissagt, erbaut die Gemeinde.«
Die Bedeutung des Wortes »Erbauung«.
Wir müssen den Sinn des griechischen Wortes oikodomein bestimmen, das in den Bibelausgaben gewöhnlich mit dem deutschen Wort »erbauen« übersetzt wird. Das ist nicht schwer! Der griechische Ausdruck bedeutet einfach: Ein Haus bauen. Die Gemeinde »erbauen« bedeutet also: Eine nützliche, aufbauende und verständige Arbeit verrichten, die das Wachstum der Gemeinde fördert.
Zum Wachstum der Gemeinde ist es natürlich erforderlich, daß sich alle möglichen Geistesgaben entfalten: Evangelisten, um die Seelen zu Christus zu führen; Hirten, die sie umgeben; Lehrer, um sie zu unterweisen; Propheten, die sie zurechtweisen und ermutigen.
Wenn der Heilige Geist das Haus Gottes baut, will er die stabilsten Werkstoffe benützen. Paulus treibt seine Leser dazu an, nach den größten Gaben zu eifern. Gott will nicht mit Heu und Stroh bauen. Gottes Bau kostet sehr viel. Man baut die Gemeinde nicht ohne Anstrengung, ohne Disziplin, ohne Mühe. Diese Arbeit erfordert das Opfer unserer Zeit und Mittel.
Das Leben der Propheten Israels zeigt uns, daß ihre Berufung im Leiden gestaltet wurde. Die prophetische Botschaft zog ihnen oft den Spott und sogar die Beleidigungen ihrer Zeitgenossen zu. Und doch ist ihre Botschaft positiv und aufbauend.
In seinem Brief an die Korinther vergleicht Paulus nun die Arbeit eines Propheten mit dem Reden in einer fremden Sprache. Mit diesem Vergleich will er die gewaltige Überlegenheit der Gabe des Propheten beweisen, der die Gemeinde baut, wie Mose und die Propheten das Volk Israel »gebaut« haben. Wenn die Sprache aber unverständlich ist, was hat sie dann inmitten der Versammlung zu suchen? Paulus sagt wörtlich (V.9), daß eine unverständliche Sprache in der Versammlung ein »in den Wind Reden« ist. Er vergleicht sie (V. 11) mit einer barbarischen Stimme.
Erbauen heißt: Solide Grundsteine legen; eine harmonische Architektur verwirklichen, die allen Witterungen trotzen kann, und die würdig ist, eine Behausung des Allerhöchsten zu sein.
»Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst«
Dieser Satz wird heute ohne Zweifel am meisten zitiert, um den Gebrauch der Glossolalie in der persönlichen Andacht des Glaubenden zu rechtfertigen.
Und doch handelt es sich um einen abgesonderten Halbvers, den wir unbedingt in seinem Zusammenhang und in bezug auf den Rest des Kapitels und des Briefes lesen müssen. Wie sollte man in diesem Satz des Paulus nicht eine gewisse Ironie feststellen? In diesem Vers, wie im ganzen Abschnitt, soll die Überlegenheit der Gabe der Weissagung gegenüber der Sprachengabe hervorgehoben werden.
In diesem ganzen Kapitel redet er von der geistlichen Erbauung der Gemeinde, um uns damit verständlich zu machen, wie sehr in der Gemeinde die Weissagung dem Sprachenreden vorzuziehen ist. Nun lehrt Gott durch die Feder des Paulus ganz klar, daß das Ziel einer geistlichen Gabe die Erbauung des Nächsten ist, die Erbauung der Gemeinde, und nicht die Selbsterbauung. Die Gabe dient »zum allgemeinen Nutzen«.
Man wird mir entgegenhalten, daß Paulus immerhin sagt: »Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst.« Das soll beweisen, daß das »Zungenreden« für den Einzelnen in seiner persönlichen Andacht doch von Nutzen ist, selbst wenn es in der Gemeinde nicht viel nützt. Ich habe Freunde, die ich sehr schätze, und die an diesem Standpunkt festhalten. Ich kann ihre Meinung nur respektieren.
Trotzdem halte ich den Grund, auf dem ihre These aufgebaut ist, für sehr zerbrechlich. Ein halber Vers oder sogar mehrere Halbverse, die aus ihrem Zusammenhang gerissen werden, genügen bei weitem nicht, eine Behauptung solchen Ausmaßes zu stützen, die der biblischen Lehre über das Wesen und den Sinn der Geistesgaben widerspricht.
Es ist wichtig, den wesentlichen Sinn der Beweisführung des Paulus zu bestimmen. Das ist nicht schwer: Er hat schon in seinem Kapitel 12 wie auch in seinen Briefen an die Römer im Kapitel 12 und an die Epheser im Kapitel 4 das wahre Wesen und Ziel der Geistesgaben definiert. Wenn Gott dem Menschen eine Gabe gewährt, ist das Ziel dieser Gabe der Dienst an den Brüdern und am Nächsten.
Die Vermutung, die Gabe des »Zungenredens« sei zur Erbauung des Redners gedacht, steht im Widerspruch zu allem, was das Neue Testament über die Geistesgaben lehrt. Das Ohr hört nicht für sich selbst. Es dient dem Wohl des ganzen Leibes. Ebenso verhält es sich mit dem Auge, der Hand, dem Fuß und der Zunge. Wenn Gott uns eine Sprachengabe schenkt, können wir sicher sein, daß sie nicht für uns selbst ist. »Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander.«
Besonders durch die Bekehrung der Ungläubigen wurde an jenem Tag in Jerusalem die Gemeinde »erbaut«, durch die Aufnahme von 3000 neuen Mitgliedern. Das ist der wahre Sinn der Sprachengabe. Glauben Sie sie zu besitzen? Dann sollten Sie eher auf die Straße, auf die öffentlichen Plätze, in die Schenken eines großen Hafens oder eines vielsprachigen Stadtviertels gehen und dort den Namen und die Botschaft Christi den Ungläubigen zurufen. Dort werden Sie den Sinn einer echten Sprachengabe entdecken.
Man erwidert: »Das tut mir doch so gut!«
Darauf antworte ich: Es kann doch der Glaubende himmlische Freuden erfahren und sich der Gegenwart Gottes intensiv bewußt sein, ohne »in Zungen« zu reden! Das Zeugnis unzähliger Gottesmänner und -frauen im Laufe der Jahrhunderte ist der Beweis dafür.
Es macht mich auch stutzig, daß man diese ‚Methode‘ nicht in der Bibel findet. Die Bibel berichtet von keinem einzigen Fall, wo ein Mann oder eine Frau Gottes zu ihrer eigenen Erbauung ’in Zungen’ geredet haben. Warum sollten wir versuchen, eine geistliche Gabe zum persönlichen Wohlbefinden zu benützen, da doch der biblische Sinn der ‚Gabe‘ ein ganz anderer ist?«
… wer aber weissagt, erbaut die Gemeinde.
Paulus ist nicht gegen die echte »Gabe, verschiedene Sprachen zu reden«, wenn sie an ihrem Platz und in biblischer Weise ausgeübt wird. Aber er betont sehr stark die Notwendigkeit, eine größere Gabe zu erstreben und auszuüben, wie z.B. die Weissagung.
Wenn er also ein wenig ironisch sagt: »Wer in der Versammlung in einer Sprache redet, der erbaut sich selbst«, ermutigt er nicht das Sprachenreden. Er beweist vielmehr, daß es Größeres gibt und daß man nach diesem Größeren streben soll. Liebe sucht immer das Wohl der Anderen. Das ist der wahre Sinn der Gnadengaben.
Eine Weissagung in Zungen«?
Manchmal wird gesagt, daß eine Weissagung »in Zungen« gegeben werden kann. Darauf antworte ich, daß diese Art von Weissagung dem Mantis eigen ist, den die Bibel als dämonisch ansieht. Solche Weissagungen sind dem Prophetes fremd. Die Bibel erkennt diese Art von Prophetie bei den Gottesmännern nicht an. Sie gehört hauptsächlich zu den falschen Propheten der heidnischen Religionen. Kein biblischer Prophet hat je im Namen Gottes in einer unverständlichen Sprache geredet.
Zweitens will ich daran erinnern, daß der Apostel Paulus gerade schreibt, um die prophetische Gabe und die Sprachengabe einander entgegenzusetzen. Es sind zwei ganz verschiedene Dinge.
Kapitel 15 1. KORINTHER 14 VERS 5
»Ich möchte aber, daß ihr alle in Sprachen redet, mehr aber (noch), daß ihr weissagt … «
Paulus leugnet nicht, daß es eine echte Sprachengabe gibt. Wer aber behauptet, daß Paulus will, daß alle seine geistlichen Kinder in Korinth in Sprachen reden, widerläuft der Lehre über die Gaben. Der Apostel gibt uns gut zu verstehen, daß nicht alle in Sprachen reden (Kap.12:30), denn wir haben verschiedene Tätigkeiten und Gaben (Röm.12:4 6).
Es ist klar, daß auch hier Paulus einen freundlich-ironischen Ton anschlägt, wie ein Vater, der seine Kinder zum gesunden Menschenverstand zurückführen will. Wenn wir dieses Halbzitat in seinen Zusammenhang zurückstellen, wird uns der Gedanke des Paulus klar. Er wünscht für seine geistlichen Kinder etwas viel Größeres als die »Sprachen«, die sie zu reden versuchten.
Er wünscht, daß die Glaubenden wachsen, daß sie das Kindheitsstadium hinter sich lassen. Er will, daß sie erwachsen und fähig seien, in der bestmöglichen Weise zum Wachstum der Gemeinde beizutragen.
Paulus sagt selbst (wie wir in Vers 19 sehen werden), daß er in der Gemeinde lieber fünf Worte mit seinem Verstand reden will, um andere zu unterweisen, als zehntausend Worte in einer Sprache. Klarer konnte er es uns nicht sagen!
… »Wer aber weissagt, ist größer, als wer in Sprachen redet, es sei denn, daß er es auslegt, damit die Gemeinde Erbauung empfange.«
Noch einmal erwähnt Paulus die Überlegenheit der prophetischen Gabe über die Sprachengabe. »Ach!«, wird jemand zu mir sagen, »wenn also die Sprache ausgelegt wird, wird die Gemeinde doch erbaut. Es kommt also auf dasselbe heraus wie die Weissagung.«
Ich antworte darauf: »Wenn die Sprache ein echtes Wirken des Geistes Gottes ist, wird die Gemeinde erbaut werden. Denn laut Apg.2 wird es normalerweise im weiteren Verlauf zu Bekehrungen kommen. Oder es werden wenigstens Ungläubige überzeugt werden, wenn sie das Wort Gottes in ihrer eigenen Sprache hören. Es wäre dann normal, daß diese Sprache übersetzt wird, damit die ganze Gemeinde die Botschaft versteht. Es ist klar, daß in einem solchen Fall die Gemeinde erbaut wird, denn sie wird so Zeuge der Weisheit und der Macht Gottes.«
Das Reden in einer unbekannten Sprache ist in der Versammlung nur gerechtfertigt, wenn ein oder mehrere ungläubige Fremde anwesend sind, die normalerweise nicht durch ein anderes Mittel erreicht werden können…. genau wie am ersten Pfingsttag. Die Botschaft muß dann übersetzt werden, damit die ganze Gemeinde Bescheid weiß. Oder: Wenn ein fremder Bruder eine Botschaft von Gott auszurichten hat, kann die Übersetzung dieser Botschaft in die geläufige Sprache ebenso alle Anwesenden erbauen.
Das wahre Wesen der Gabe der Übersetzung
Paulus gebraucht in diesem Zusammenhang den griechischen Ausdruck hermeneia mit seinen Ableitungen. Diese Worte bedeuten die wörtliche Übersetzung einer Sprache in die andere. Die Bibel erkennt freilich eine gewisse Gabe der »Auslegung« an, die sich von der Gabe des »Übersetzens« unterscheidet. Joseph besaß sie. Er deutete die Träume des Pharao. Das gleiche gilt für Daniel, der die Träume Nebukadnezars auslegte. Dennoch gebrauchen die Juden nie das Wort hermeneia, um diese Art von Auslegung zu bezeichnen. Sie benützen hierzu einen ganz anderen Ausdruck: synkrisis, Der griechische Ausdruck hermeneia bedeutet ganz genau Übersetzung.
Paulus stellt klar, daß es sich um die Übersetzung der Sprachen handelt. Er sagt nicht »Deutung der Gedanken«, sondern »Übersetzung der Sprachen«. Unter glossa versteht er klar Sprache und nicht Kauderwelsch. Unter hermeneia versteht er Übersetzung und nicht »Botschaft« oder sonst etwas.
Warum versteift man sich darauf, in diesem einzigen Paulustext den beiden Ausdrücken »Sprachen« und »Übersetzung« eine andere als die gewöhnliche Bedeutung zu geben? Laßt uns logisch, d.h. intelligent und einfach sein! Mit dem Wort »Sprache« meint Gott Sprache und mit dem Wort »Übersetzung« meint er Übersetzung.
Wenn die Sprache eine echte menschliche Sprache ist, wie in Apg.2, dann ist es logisch und gewiß, daß eine echte Auslegung dieser Sprache eine wahre Übersetzung ist. Wenn aber jemand etwas ganz Unverständliches sagt, und dann ein anderer, ohne das Gesagte verstanden zu haben, einen Gedanken als »Übersetzung« vorschlägt – das entspricht nicht mehr dem Charakter Gottes. ER ist Licht und seine Worte sind alle klar.
Vor einiger Zeit behauptete ein sehr bekannter Prediger öffentlich, man solle nicht erstaunt sein, wenn die »Auslegung« einer »Zunge« manchmal viel länger dauert als die »Zunge«. Das komme oft in den Kreisen vor, wo die Glossolalie gepflegt wird. Er fügte hinzu (was mir recht unwahrscheinlich vorkommt), dasselbe »Zungenreden« könne mehrere, völlig voneinander verschiedene »Auslegungen« empfangen.
Welches Ausmaß von Unsinn werden wir in dieser Sache noch erleben? Handelt es sich da um Ahnungslosigkeit oder um eine Manipulation des Wortes Gottes?
Ein Zeugnis muß überprüfbar sein
Einer der beunruhigendsten Gesichtspunkte der modernen Glossolalie besteht in der Tatsache, daß ihre Echtheit nicht überprüfbar ist. Ebensowenig wie die Lehren vom Karma und der Reinkarnation in den asiatischen Religionen.
Und doch sagt man mir: »Man muß glauben … « Aber Gott erwartet nicht, daß der Mensch wider alle Vernunft glaubt. Ja, wir sollen glauben, daß Christus auferstanden ist. Aber die Beweise sind da. Gott hat uns vier Evangelien gegeben, vier gültige Zeugnisse über die Auferstehung seines Sohnes, außer den Zeugnissen des Paulus, Lukas, Petrus, Jakobus und Judas.
Wenn man will, daß das Sprachenreden ernstgenommen wird, muß man eindeutige Beweise dafür erbringen. Wie kann man beweisen, daß eine Sprache echt ist, wenn sie nicht allein für den Redner, sondern auch für den »Auslegenden« und alle Anwesenden unverständlich bleibt?
Wenn jemand eine echte Sprache spricht, so ist dies natürlich noch kein Beweis dafür, daß sie von Gott kommt und nicht aus einer anderen übernatürlichen Quelle. Selbst wenn der Vorgang von Gott kommt, hat die Zuhörerschaft das Recht, eine ernsthafte Prüfung vorzunehmen. Eine Sache ist nicht unbedingt wahr, weil sie geglaubt wird. Die Welt muß unsere Botschaft überprüfen können. Sonst stehen wir nicht besser da als die Anhänger der Religionen, die eine blinde Zustimmung zu ihren Glaubenssätzen fordern.
Die Sprachen der Apostel in Apg.2 wurden hingegen als echt anerkannt, weil sie durch zahlreiche Zeugen bestätigt wurden, die ihren Sinn verstanden.
Man antwortet mir manchmal: »Du darfst nicht zweifeln!«
Einige Prediger bezeichnen es als die unvergebbare Sünde, als die Lästerung des Heiligen Geistes, wenn jemand denkt oder sagt, daß die Glossolalie vom Fleisch oder einem Dämon gewirkt sein kann. Daraus folgt, daß viele Glaubende durch dieses Argument eingeschüchtert sind. Der Glaubende hat Angst, »die Geister zu prüfen«, mit denen er es zu tun hat. Man sagt ihm, er solle seine Ängste ersticken. Man ermutigt ihn, sich ohne Bedenken dem zu öffnen, was »der Geist« genannt wird. Der Glaubende soll seinen Verstand auf Sparflamme setzen oder ihn ganz abstellen. Jene Prediger sagen: »Man muß sich durch die ‚Macht‘ fortreißen lassen … « Obwohl Gott diese passive Haltung als einen Charakterzug des Okkultismus brandmarkt (siehe 1.Kor. 12:2). Gott warnt uns ausdrücklich: »Glaubt nicht jedem Geist … « Er hat keine Angst zu sagen: »Prüfet mich.« Gott anzuzweifeln ist eine Sache. Aber alles in seinem Wort zu prüfen, ist etwas ganz anderes! Gott will Licht.
Kapitel 16 1. KORINTHER 14:6 BIS 12
WARUM RUFT MAN DIESEN ABSCHNITT NICHT VON DEN DÄCHERN?
Der Apostel Paulus packt aus!
Wir haben uns lange mit den fünf ersten Versen dieses Kapitels beschäftigt. Aus dem einfachen Grund, weil sie zu den umstrittensten Versen gehören. Außerdem werden sie am häufigsten zugunsten der Glossolalie zitiert, meistens allerdings nur zur Hälfte! In den folgenden Versen (V.6 bis 12) sagt Paulus, was er wirklich denkt. Er zeigt, wie unsinnig ein unverständliches Sprachenreden in der Versammlung ist. Dieser lange Abschnitt ist so deutlich, daß er kaum erläutert zu werden braucht. Es genügt, diese Verse mehrmals mit größter Aufmerksamkeit zu lesen.
Warum aber läßt man diesen Teil der Beweisführung des Paulus fast regelmäßig beiseite? Diese Verse werden fast nie angeführt. Das ist nicht besonders erstaunlich, denn der ganze Abschnitt begünstigt die Glossolalie nicht sehr.
Man beschränkt sich auf einige unvollständige Sätze, die das »Zungenreden« zu begünstigen scheinen. Auf diese Weise wird dem Text Gewalt angetan. Deshalb sollte man diese Verse 6 bis 12 parallel mit dem restlichen Kapitel studieren, um eine ausgeglichene Idee über dieses Thema zu gewinnen…. und das wird nur selten getan!
VERS 6
»Jetzt aber, Brüder, wenn ich zu euch komme und in Sprachen rede, was werde ich euch nützen, wenn ich nicht zu euch rede in Offenbarung oder in Erkenntnis oder in Weissagung oder in Lehre?«
Aber in der Tat, Brüder, wenn ich zu euch komme (fremde) Sprachen redend, worin wäre ich euch nützlich, wenn ich nicht (eher) zu euch rede, sei es durch Offenbarung, sei es durch Erkenntnis, (das heißt) sei es durch Weissagung, sei es (durch) Lehre?
Wie könnte dieser Vers deutlicher sein?
Was hilft eine Rede in fremden oder unverständlichen Sprachen, selbst wenn sie aus dem Mund des Paulus in Person kommt? Wie können die Glaubenden von ihm Erbauung empfangen, wenn sie nicht verstehen, was er sagt?
Ganz im Gegenteil, betont er, brauchen sie eine Weissagung, die eine direkte Offenbarung Gottes bringt, oder eine Unterweisung, die ihnen eine wahre Erkenntnis Gottes und seines Wortes vermittelt. Nie kann eine unverständliche Rede einen dieser beiden Segen bringen.
Dieser Vers ist so klar und treffend, daß er jedesmal beim Thema der Sprachen zitiert werden müßte. Warum wird er in solches Schweigen gehüllt?
Die arme Gemeinde in Korinth braucht keine unverständliche Sprache. Sie braucht eine mächtige prophetische Botschaft, die ihre zahlreichen Sünden ins Licht rückt, und eine genaue biblische Unterweisung, die den Ernst der Lage und den möglichen Ausweg aufzeigt. Paulus gibt hier den Christen in Korinth zu verstehen, daß sogar ein Apostel, der in einer Sprache zu ihnen redet, ihnen nichts nütze wäre. Er würde es im Gegenteil vorziehen, als Lehrer oder als Prophet zu ihnen zu reden.
Dieser Abschnitt ist so einleuchtend. Die Beweisführung des Paulus ist so offenkundig. Ich wundere mich, daß manche so dickköpfig sind, keine Rücksicht darauf zu nehmen.
VERS 7
»Doch auch die tönenden leblosen Dinge, Flöte oder Harfe, wenn sie den Tönen keinen Unterschied geben, wie wird man erkennen, was geflötet oder geharft wird?«
Jedes Lebewesen hat eine ihm eigene Stimme, durch die wir es wiedererkennen. Das gilt auch für die leblosen tönenden Dinge. Deshalb werden die Musikinstrumente von den Menschen so angefertigt, daß sie jede Note der Tonleiter genau und mit einer besonderen Klangfarbe wiedergeben. Sonst ist keine Harmonie und keine Melodie möglich.
Nun sagt Paulus, daß sogar die leblosen Dinge erkennbare und aufeinander abgestimmte Töne hervorbringen können und sollen. Warum sollte es dann dem Heiligen Geist gefallen, sich in der Versammlung des lebendigen Gottes in verworrener oder unverständlicher Weise auszudrücken?
Christus ist die unendliche Weisheit, der Logos Gottes. Logos bezeichnet das klare und verständige Wort. Wenn es sich also um diesen Logos Gottes handelt, warum sollte da der Geist Gottes auf das einleuchtende und verständige Wort (logos) verzichten, um nur einen Ton hervorzubringen, der nicht eindeutig ist und dessen Bedeutung den Zuhörern entgeht? Die Suche nach einer unverständlichen Ausdrucksweise in der christlichen Versammlung ist ein Irrweg. Die Natur selbst lehrt uns die Weisheit (Röm.1,19). Um so mehr der Geist Gottes!
VERS 8
»Denn auch wenn die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zum Kampf rüsten?«
Der Apostel konzentriert die ganze Kraft seiner Beweisführung in diesem Vers. Die Gemeinde Christi ist in der Tat in einen Kampf auf Leben und Tod mit den teuflischen Mächten verwickelt.
Der wahre Prophet mobilisiert das Volk Gottes. Er ruft zur Buße, zum Gehorsam und zum Glauben auf. Die prophetische Botschaft muß notgedrungen klar, mächtig, kompromißlos sein. Der schwache Gideon verstand es, durch seinen kühnen Entschluß seine Generation aus einer unentwirrbaren Lage zu retten. Die Stimme von Charles Studd und Hudson Taylor zog Tausende von jungen Missionaren nach Afrika und China.
Heute muß das Volk Gottes diese Stimme hören: Den Klang der Posaune Gottes, seinen Ruf zu den Waffen, seine Herausforderung, die alle Reserven der Gemeinde mobil machen wird, um zum Angriff auf die Mächte der Finsternis überzugehen. Heute mangelt es an hervorragenden Menschen im Werk Gottes. Diesen Mangel erkläre ich durch das Klima der Ungewißheit, das in den Herzen durch die humanistische und existentialistische Theologie hervorgerufen wird. Diese Theologie zweifelt die Echtheit des Wortes Gottes an. Welcher Mensch wird schon seinen bequemen Sessel verlassen, um eine Aufgabe zu erfüllen, von deren Notwendigkeit er nicht im Geringsten überzeugt ist? Die Überlegung des Paulus erreicht ihre höchste Kraft in der Frage: Wer wird sich zum Kampf rüsten ?
Der Christ ist dazu berufen, vor einer feindlichen Welt Zeugnis zu geben. Angesichts des Märtyrertodes braucht die Gemeinde eine prophetische Botschaft, die so klar wie das Sonnenlicht ist, und eine Unterweisung, die auch nicht den Schatten eines Zweifels zuläßt. Eine unverständliche Rede kann diese Gewißheit niemals vermitteln. – Warum strebt unsere Generation nach einem undeutlichen Ton?
VERS 9
»So auch ihr, wenn ihr durch die Sprache nicht eine verständliche Rede gebt, wie soll man erkennen, was geredet wird? Denn ihr werdet in den Wind reden.«
Wollen Sie in den Wind reden?
Wie ist die Gemeinde Christi dazu gekommen, nach einer unverständlichen Ausdrucksweise zu suchen? Wird die Welt sie nicht anklagen, die göttliche Botschaft verdunkelt zu haben? Wie kann man hoffen, die Welt durch eine Sprache zu überzeugen, die gar keine ist? Damit die Gemeinde erbaut wird, muß sie zuerst verstehen, was gesagt wird. Sie besitzt doch das Buch der Aussprüche Gottes, die Definition seines Logos und seiner ewigen Weisheit. Warum sollte sie die ungewiße Stimme des Unverständlichen suchen? – Warum wird er nie zitiert, wenn über die Sprachengabe gepredigt wird? Für Paulus ist eine unverständliche Rede in der Versammlung ein »Reden in den Wind«.
VERSE 10 UND 11
V. 10: »Es gibt zum Beispiel so viele Arten von Sprachen (gr.: Stimmen) in der Welt, und nichts ist ohne Sprache (gr.: Stimme).«
V. 11: »Wenn ich nun die Bedeutung der Sprache nicht kenne, so werde ich dem Redenden ein Barbar sein und der Redende für mich ein Barbar.«
Manche werden einwenden, es ginge in diesem Satz nicht um die Sprachen, weil das griechische Wort phone (Stimme) gebraucht wird und nicht glossa (Sprache). Aber in Wirklichkeit wird dadurch das Argument des Apostels unterstützt.
Die Welt ist voller Stimmen, von denen jede eine wahre Bedeutung hat. Jeder Vogel hat einen eigenen Gesang. Alle Stimmen, die Gott in diesem Universum geschaffen hat, haben ihre Bedeutung.
Wie Schafe die Stimme ihres Hirten kennen, so erkennt der Glaubende das Wort Christi wieder und versteht dessen Sinn. Was hat im Volke Gottes eine Stimme zu suchen, deren Sinn niemand versteht, nicht einmal der Redende selbst?
Der Geist lehrt uns in diesem Vers, daß es in der Verwaltung Gottes keine Stimme ohne Bedeutung gibt. Sogar die leblosen Dinge (V.7) haben alle eine eigene Stimme. In der riesigen Skala der elektromagnetischen Strahlungen hat jede Welle ihren bestimmten Platz. Jeder chemische Grundstoff fügt sich unfehlbar in die Struktur der Elemente ein. Jede chemische Reaktion ist exakt und voraussehbar. Der genetische Code ist von einer unvorstellbaren Genauigkeit! Wenn die Gesetze der Physik, der Chemie und der Biologie nicht beständig wären, wenn jedes Gesetz nicht seine unveränderliche Bedeutung hätte, würde das Universum zum Chaos werden oder sich in Teilchen auflösen.
Alles, was Gott tut, ist bedeutungsvoll. Wenn also die leblosen Dinge alle eine eigene Stimme, d.h. eine Bedeutung, haben, um wieviel mehr hat dann die Stimme des Menschen, d.h. seine Sprache, eine wahre Bedeutung! Der Heilige Geist lehrt uns, daß es im Universum Gottes keine Stimme ohne Bedeutung gibt. Das trifft im geistlichen Bereich noch viel mehr zu als im materiellen. Eine unverständliche Sprache kann also nicht vom Schöpfer kommen. Der Ausdruck an sich ist unsinnig. Denn das Wort Sprache bezeichnet gerade das verständliche Wort, durch das der Mensch sich ausdrückt, um sich verständlich zu machen. Reden, um sich nicht verständlich zu machen – das ist echter Unsinn.
Ich weiß, daß Gott über unseren Verstand hinausgeht. Aber das kommt daher, daß er mehr Verstand hat als wir, und nicht, daß er unverständlich wäre. Wenn er zum Menschen redet, redet er so, daß er verstanden wird. Die göttliche Weisheit, die die Schrift eingegeben hat, ist so unendlich, daß wir niemals, nicht einmal in der Ewigkeit, ihre ganze Tiefe ergründen werden. Und doch: Wenn sie sich dem Menschen offenbart, macht sie sich ihm zugänglich. Aus diesem Grunde war der ewige und unaussprechliche Gott dazu bereit, ein Mensch wie wir zu werden: Er wollte sich uns zugänglich machen. Er sprach dieselbe Sprache wie die Menschen, unter denen er lebte. Seine Worte vermitteln uns, sogar wenn sie in eine moderne Sprache übersetzt werden, mit unfehlbarer Klarheit, was der Schöpfer genau über uns denkt.
Anmerkung: Das griechische Wort phone kommt 139 mal im Neuen Testament vor, davon 4 mal in 1.Kor. 14:7,8,10,11.
Ein dutzendmal bedeutet es »Ton« (»Stimme« der Wasser oder des Donners! siehe auch Apg.2:6), aber überall sonst bezeichnet es eine verständliche Sprache. Zum Beispiel in Mt.3:3 nennt sich Johannes der Täufer die »Stimme eines Rufenden in der Wüste«. In Vers 17 handelt es sich um die Stimme des Vaters, der sagt: »Dieser ist mein geliebter Sohn.« In Mt.17:5 kommt die Stimme des Vaters mit den gleichen Worten aus der Wolke. In Mt.24:46 und 50 ruft Jesus am Kreuz die bekannten Worte aus. Der Begriff phone kommt besonders häufig im Johannesevangelium, in der Apostelgeschichte und der Offenbarung vor, wo er fast immer mit »Stimme« übersetzt wird. Es ist anzumerken, daß es in der Offenbarung selbst der Stimme des Donners oder der Stimme der großen Menschenmenge nicht an Bedeutung fehlt. – Keine »Stimme« (phone) ist in der Verwaltung Gottes ohne Bedeutung. Umso mehr ist das, was er »Sprache« (glossa oder dialektos) nennt voller Bedeutung, zumal die Sprache vom Geist seines Logos eingegeben wird!
VERS 12
»So auch ihr: da ihr nach geistlichen Gaben (Geistesmächte) eifert, so strebt danach, daß ihr überströmend seid zur Erbauung der Gemeinde.«
Es ist dem Apostel wichtig, daß die Geistesgabe zur Erbauung der Gemeinde gebraucht wird. Mein Bruder wird nicht erbaut, wenn ich auf unverständliche Weise zu ihm rede. Darum ist es klar, daß ich Gott darum bitten muß, mir eine nützlichere Gabe zu gewähren. Gott gebietet uns, nach größeren Gaben zu streben.
Anmerkung
Das Wort »Geistesmächte«, wörtl: »Geister« in diesem Vers (gr.: pneumaton, Genitiv Plural von pneuma) scheint in diesem Zusammenhang seltsam. Paulus sagt: »Weil ihr nach den Geistern eifert, so strebt danach, im Überfluß zu sein (mit anderen Worten: gewiß vom Heiligen Geist erfüllt zu sein), damit die Gemeinde erbaut wird.« Er sagt nicht, in »Geistern« überströmend zu sein… Das würde zum Okkultismus verleiten!
Ich denke, man muß diesen Abschnitt so verstehen: »Deshalb (wegen allem, was ich gesagt habe), da ihr so sehr nach (engelischen oder dämonischen) Geistern eifert (wie ihr es vor eurer Bekehrung tatet), strebt (jetzt) (lieber) danach, (geistlich) im Überfluß zu sein, um die Gemeinde zu erbauen.«
Paulus scheint auf ihr früheres heidnisches Leben anzuspielen. Er ermahnt sie jetzt, nach der Fülle des Heiligen Geistes zu eifern, damit sie der Gemeinde wirklich nützlich werden. Er warnt sie vor der Versuchung, Offenbarungen zu empfangen, die von einem anderen Geist als dem Geist Gottes stammen (selbst wenn es ein »engelischer« Geist wäre – Gal.1:8).
Kapitel 17 1.KORINTHER 14:14 BIS 17
Hier kommt nun ein anderer umstrittener Absatz. Er enthält mehrere dieser Halbverse, die oft aus ihrem Zusammenhang gerissen angeführt werden. Ihr Sinn wird dagegen klar, wenn man sie in korrekter Weise in den Text zurückversetzt. Paulus faßt seinen Standpunkt im Vers 20 zusammen (den wir sorgfältig untersuchen werden). Er wirft den Korinthern vor, sie seien noch im Kindheitsstadium (1.Kor.3,1).
VERS 14
»Denn wenn ich in einer Sprache bete, so betet mein Geist, aber mein Verstand ist fruchtleer.«
Die »Zungen«: Eine Art von Gebet?
Paulus verbietet ausdrücklich das Sprachenreden in der Versammlung, wenn es nicht übersetzt wird, damit die Gemeinde natürlich durch den gesamten Vorgang, »Sprache und Auslegung«, »gebaut« wird. Dieses Verbot hat eine große Zahl heutiger Christen dazu geführt, das »Zungenreden« hauptsächlich als eine Art des persönlichen Gebets zu betrachten.
Aber diese Ansicht hat keinerlei biblischen Grund. In der ganzen Schrift gibt es nur eine einzige Anspielung auf ein »Gebet in Sprachen«: Sie befindet sich in diesem Vers. »Wenn ich in einer Sprache bete, so betet mein Geist, aber mein Verstand ist fruchtleer.« »Wenn … «, sagt Paulus. Er sagt nicht, daß er in einer Sprache betet. Es handelt sich um eine Annahme. Es ist erstaunlich, daß so viele Christen eine Lehre solchen Ausmaßes auf einen einzigen Vers der Bibel gründen wollen, der faktisch nur ein »Wenn« bietet. Das nennt man: Auf eine Hypothese bauen.
Der Heilige Geist hat uns in der Schrift sehr klar den Zweck seiner Gaben geoffenbart: Er gewährt sie, auf daß jeder damit den anderen diene. Wenn also jemand zu seinem eigenen Wohlergehen danach strebt, in einer anderen Sprache zu beten, verkehrt er den biblischen Sinn der Gaben.
Gott fordert also, daß wir nicht nur unter der Eingebung des Heiligen Geistes beten, sondern auch mit dem Verstand. Sei es in der Öffentlichkeit oder im Privatleben. Christus gebietet uns, Gott nicht nur mit unserer ganzen Kraft zu lieben, sondern auch mit unserem ganzen Verstand (2.Kor.11:3).
VERS 15
»Was ist nun? Ich will beten mit dem Geist, aber ich will auch beten mit dem Verstand.«
Man wird mir entgegenhalten, daß Paulus in diesem Vers sich wieder auf das Gebet »in Zungen« bezieht. Aber der Rest des Satzes macht diesen Gedanken zunichte, denn er erklärt: »Ich will beten mit dem (Heiligen) Geist, aber ich will auch beten mit dem Verstand.«
Paulus weigert sich also, ein Gebet in unverständlicher Sprache ins Auge zu fassen. Er ist kategorisch: Das Gebet muß nicht nur geistlich, sondern auch verständig sein. Beides zusammen. Gott will den ganzen Menschen gebrauchen: »Euer Geist und Seele und Leib«.
Die Philosophie unseres Jahrhunderts will einen Gegensatz zwischen der Vernunft und den intuitiven oder »psychischen« Fähigkeiten des Menschen schaffen. Das erklärt das gegenwärtige Streben zum Okkulten. Aber wir sehen nirgendwo in der Bibel, daß Gott den Menschen in die Dimensionen einer solchen Zweiteilung beschränken will. Gott will ein ganzes Herz, einen vollständigen Menschen.
Die Bibel kennt diesen heidnischen Mystizismus nicht, der den rationalen Teil des Menschen von seiner inneren Psyche trennen will. Es sind eher die okkulten Mächte, die nach dieser Mystik trachten. Gide nennt dieses Phänomen die »Abdankung der Vernunft«. Diese »transzendentalistische« Passivität erlaubt diesen Mächten, in das Unterbewußtsein des Menschen einzudringen. Gott hingegen will auf alle menschlichen Fähigkeiten einwirken, um sie zu reinigen, zu verwandeln und zu seiner Ehre zu verwenden. Christus sagt, daß wir Gott »in Geist« (durch den Heiligen Geist) »und Wahrheit« anbeten sollen!
Und wie ist Epheser 6:18 zu erklären? »Mit allem Gebet und Flehen betet zu jeder Zeit im (oder: durch den) Geist.«
Auch Judas fordert uns im Vers 20 auf: »Betet im (oder: durch den) Heiligen Geist.«
Diese beiden Stellen werden oft zitiert, um ein Beten in unverständlicher Sprache zu begründen. Ja, unser Beten muß durch den Heiligen Geist eingegeben werden, wie übrigens alle Bereiche unseres Christenlebens.
Gott will uns beten lehren, wie er Abraham, David und die Propheten beten lehrte. Aber wo findet man in diesem Beten die geringste Spur eines unverständlichen Gedankens?
Und Römer 8:26 und 27?
»Aber der Geist selbst verwendet sich (für uns) in unaussprechlichen Seufzern… denn er verwendet sich für Heilige Gott gemäß.«
Hier erinnert uns Gott daran, daß sein Geist uns in unserem Gebetsleben unterstützt. Er offenbart uns seine Ziele. Er lehrt uns seinem Willen entsprechend zu beten. Er begleitet unsere schwachen Bemühungen mit seiner eigenen Fürbitte. Aber wo ist dieses wunderbare Wirken unverständlich?
Ein unnützes Argument
»Ich finde keine Worte, Gott zu loben. Deshalb gibt mir Gott eine neue Sprache, um ihm meinen Lobpreis auszudrücken.«
Gott hat uns doch die Bibel gegeben. Sie ist der vollständige Ausdruck seiner Gedanken in menschlicher Sprache! Er hat uns so den gesamten Wortschatz des Heiligen Geistes zugänglich gemacht. Wir haben Zugang zum Logos Gottes. Die Worte der Bibel – welch ein Wunder! – genügen dem Geist Gottes in seiner Beziehung zu den Menschen. Sollten sie da nicht auch uns genügen?
Wenn der Wortschatz des Heiligen Geistes uns nicht befriedigt, wo werden wir dann einen anderen suchen? Die Worte der Bibel flößen dem menschlichen Herzen einen Reichtum von Gedanken und göttlichen Bestrebungen ein. Sie schaffen im Geist des Menschen den Gedanken Gottes. Durch sein Wort pflanzt Gott in uns den Glauben und gibt unser Gebet ein. Ich denke voller Sehnsucht an meine Jugend zurück, als meine nach Gott hungernde und dürstende Seele die Bibel zu »verschlingen« lernte. Mein Bibellesen wurde zugleich zum Gebet. Viele Stellen wurden schließlich zu einem Teil meiner Seele, z.B.: »Erhebe, Herr, über uns das Licht deines Angesichts!« (Psalm 4:6). »Frühe wirst du, Herr, meine Stimme hören … « (Ps.5:3). »Es gibt für mich kein Glück außer dir« (Ps.16:2 ). »Ich liebe dich, Herr« (Ps. 18: 1). »Dein Angesicht, Herr, suche ich« (Ps.27:8). »Meine Seele dürstet nach Gott« (Ps.42:2). Mein Denken wurde zu einem von Gott eingegebenen Sprachgewebe. Die Worte Gottes schufen in meinem Geist den Logos Gottes. Sie zogen meine Seele zu ihm hin. Sie drückten das tiefe Bedürfnis meines Herzens aus.
Gott will in unserem Herzen eine Antwort auf seine Stimme wecken. Aber das Wort, das er uns mitteilt, ist klar, durchsichtig, lichtvoll. Es hat nichts nebelhaftes und unverständliches an sich. Gerade die Klarheit dieses Wortes schafft in uns den Glauben, der nicht mehr zweifelt, den Glauben, der rettet. Die Vieldeutigkeit hat keinen Platz im Denken Gottes.
Satan warf in das Herz der ersten Frau einen Zweifel: »Hat Gott wirklich gesagt?« Diese Uneindeutigkeit, diese Verschwommenheit ist der Menschheit zum Verderben geworden. Gott fordert, daß unser Ja ein Ja und unser Nein ein Nein sei. Die Verheißungen Gottes in Christus sind »Ja und Amen«. Warum sollte er da von uns eine unverständliche Antwort erwarten?
Ich wiederhole: Der Herr hat wirklich gesagt: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen… und mit deinem ganzen Verstand« (Mk. 12:30). Gott wünscht, daß wir ihm unsere Liebe zu ihm sagen. Selbst wenn wir es mit noch so einfachen Worten tun. Gott ist der Inbegriff der Intelligenz. Es ist vielleicht sogar eine Beleidigung, sich in unzusammenhängender Weise an ihn zu wenden.
Ich bin überzeugt, daß eine Verlobte lieber einfache und vielleicht ungeschickte Worte aus dem Mund ihres Geliebten hören will, als einen Sturzbach von lateinischen Versen oder unverständlichen Tönen, die der junge Mann runterrasseln könnte, um ihr Freude zu machen, die er aber selbst nicht verstünde! Der kleine Satz allein »Ich liebe dich« der ihr ins Ohr geflüstert wird, hat mehr Wert für sie als eine außerordentliche Abhandlung über die Liebe in chinesischer Sprache, deren Sinn der Bräutigam selbst nicht verstünde. Ich sage es noch einmal: Gott will unser Herz hören. Was mich betrifft (Gott weiß es), will ich lieber aus dem Mund meiner Frau den einfachen kleinen Satz hören: »Ich liebe dich … «, als unzählige Reden in unverständlicher Sprache. Ist die Gemeinde Christi nicht am Rande der Verrücktheit, wenn sie meint, Gott wolle sich verworrenes Zeug anhören?
Was anbeten?
Man sagt oft: »Seitdem ich in Zungen rede, kann ich besser den Herrn anbeten.«
1.) Aber wie können Sie wissen, daß Ihr »Zungenreden« Gott angenehm ist, wenn Sie nicht wissen, was Sie sagen? Die Gefühle sind kein ausreichender Grund für unseren geistlichen Bau. Die heidnischen Mystiker verspüren ähnliche Gefühle. Die Gefühle überzeugen sie davon, in voller Gemeinschaft mit dem zu sein, was sie »Gott« nennen. Letzten Endes kann unsere Gewißheit, mit dem Willen Gottes übereinzustimmen, nur aus seinem Wort kommen. »Gott ist Licht, und gar keine Finsternis ist in ihm«. Gott will »in Geist« und auch »in Wahrheit« angebetet werden. Aber wie können wir wissen, ob unsere unverständlichen Worte die Wahrheit sind?
2.) Was soll man dann von denen sagen, die zugeben, daß sie, seitdem sie »in Zungen« reden, besser die Jungfrau Maria verehren oder besser Krischna oder sonst noch etwas anbeten können?
3.) Wenn wir nicht verstehen, was wir sagen, wie können wir dann tatsächlich wissen:
– ob unsere Sprache eine Sprache ist und kein Kauderwelsch?
– ob sie wirklich von Gott stammt und nicht aus einer anderen Quelle?
– ob das, was wir sagen, wirklich Gott angenehm ist oder nicht?
4.) Es stellt sich noch eine andere sehr ernste Frage: Wie kann der, der nicht versteht, was er sagt, die Hoffnung haben, den Geist seiner »Zunge« zu prüfen, wie es Gott ausdrücklich in 1.Joh.4:1 3 gebietet?
5.) Einige wohlgesinnte Glaubende haben »in Zungen« Lästerungen gesprochen, ohne sich dessen bewußt zu sein. Das ist eine Tatsache. Ich habe sie mit meinen eigenen Ohren lästern hören.
»In Zungen beten« für unbekannte Bedürfnisse?
Man sagt: »Wenn jemand weit entfernt wohnt, kennt man weder die Situation, in der er sich befindet, noch seine Bedürfnisse. Man kann darum nicht mit dem Verstand für ihn beten. Deshalb muß man für ihn in einer unbekannten Zunge beten.«
Wie kann ein Christ, der Gott und sein Wort kennt, solch ein Argument vorbringen? Gott kennt alle Dinge, und wir brauchen ihm überhaupt nichts zu erklären. Angenommen ich möchte, daß Gott einer Person zu Hilfe kommt, deren Lage ich nicht kenne. Warum sollte ich dann nicht einfach zu Gott sagen, daß ich zwar die Situation nicht kenne, Gott aber darum bitte, diese Person in ihrer Lage zu beschützen und zu segnen? Wie können Sie übrigens wissen, daß Sie in ihrem für andere unverständlichen Gebet nicht tatsächlich eher Fluch als Segen aussprechen?
Ich habe folgenden Eindruck: Da es keine echten biblischen Begründungen gibt, sucht man überall Argumente – besonders im Bereich der Hypothese oder sogar des Unwirklichen um ein »Beten in Zungen« zu rechtfertigen.
VERS 15 (letzter Teil)
»Ich will lobsingen mit dem Geist, aber ich will auch lobsingen mit dem Verstand.«
»In Zungen« singen?
Wo finden wir das in der Bibel? Diese Erscheinung wird nirgends erwähnt. Ja, Paulus sagt: »Ich werde mit dem Geist (durch den Geist) singen« … Paulus sagt aber nicht, daß er »in Zungen« singen wird. Es ist nicht möglich, dem Paulus den Begriff eines »Gesangs in verständlichen oder unverständlichen Sprachen« zuzuschreiben. Er weigert sich doch gerade zu singen, ohne daß sein Verstand beteiligt ist.
Paulus sagt im Grunde nichts über ein »Singen in Zungen«. In aller Welt hat man die Lehre verbreitet, das »Singen in Zungen« sei ein wichtiges Werk des Heiligen Geistes. Wie war das bloß möglich? Der Heilige Geist rechtfertigt eine solche Behauptung doch gar nicht. Oh Volk Gottes! Kehre in tiefster Aufrichtigkeit zum Wort Gottes zurück!
Und die geistlichen Lieder?
Um den Begriff eines »Singens in Zungen« zu verteidigen, zitiert man oft Epheser 5:18 19 und Kolosser 3:16. »Werdet voll Geist, indem ihr zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern redet und dem Herrn in eurem Herzen singt und spielt.« Man muß wahrlich eine ganz besondere Brille aufsetzen, um in diesem Abschnitt ein »Singen in Zungen« zu finden! Die hier genannten Psalmen, Loblieder und geistlichen Lieder brauchen nicht unverständlich oder in einer fremden Sprache zu sein, um Gott zu verherrlichen…. ebensowenig wie die Psalmen Davids. Paulus sagt, daß der vom Geist erfüllte Mensch »in seinem Herzen« singt …
Der Ausdruck »geistliche Lieder« steht auch im Kolosserbrief 3:16: »In aller Weisheit lehrt und ermahnt euch gegenseitig mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern, singt Gott in (mit) euren Herzen in Gnade.« Paulus sagt hier nichts von einem »Gesang in Zungen«. Die Kolosser und Epheser hatten drei Arten von geistlichen Liedern: »Psalmen«, »Loblieder« und »geistliche Lieder«. Aber jede dieser drei griechischen Gesangsformen behandelte ein Thema und besaß eine Gliederung.
VERS 16
»Denn wenn du mit dem Geist preist, wie soll der, welcher die Stelle des Unkundigen einnimmt, das Amen sprechen zu deiner Danksagung, da er ja nicht weiß, was du sagst?«
»Wenn du (nur) im Geist danksagst…« bedeutet: Wenn dein Dankgebet, obwohl es vollkommen geistlich ist, nur im Innern deiner Seele stattfindet, wie kann es dann deinen Bruder erbauen? Oder wenn es für die Zuhörer nur in einer unverständlichen Weise hörbar wird, wie könnten sie an deinen Gefühlen Anteil nehmen? Auf alle Fälle bleibt ein persönliches Gebet, so wertvoll es auch sei, eine Angelegenheit zwischen dem Einzelnen und dem himmlischen Vater. Es kann nicht als ein Teil des Gruppengebets der Gemeinde betrachtet werden.
Die Korinther schienen diesen grundlegenden Unterschied nicht erfaßt zu haben. Es ist normal, daß ein Bruder im Kreis der Brüder Gott im Verborgenen seines Herzens lobt, dankt oder ihn anfleht. Er stört so keineswegs das Wirken des Heiligen Geistes in der Versammlung. Aber wenn jene Person aufsteht und in einer für die Brüder unverständlichen Sprache Gefühle ausdrückt, die nur Gott und ihn allein angehen, so kann dies nicht als ein Wirken des Heiligen Geistes angesehen werden.
Selbst wenn jene Person in einer echten Sprache redet, die den Anwesenden aber unbekannt ist, wie können sie zu seinem Gebet Amen sagen? Gott will aber, daß die ganze Gemeinde sich solidarisch erklären kann, indem sie zum Gebet eines Bruders »Amen!« sagt. Wenn z.B. in der Korinther-Gemeinde ein Glaubender sich um jeden Preis auf Persisch (das in dieser Stadt wenig gesprochen wurde) oder in einem (noch weniger bekannten) iberischen Dialekt ausdrücken wollte, wie konnte der, welcher diese Sprachen nicht erlernt hatte, einen Nutzen von dem Gesagten haben? Halten wir fest, daß der griechische Ausdruck idiotes (welche die rev. Elberfelder in diesem Vers mit »Unkundiger« und die Züricher mit »Uneingeweihter« übersetzt) eigentlich eine Privatperson bezeichnet, »die kein öffentliches Amt im Staat innehat«. Dasselbe Wort kennzeichnet in Apg.4:13 die Apostel. Für die Juden der damaligen Zeit hatte dieses Wort den Sinn: »Jemand, der keine offizielle Stellung in der national religiösen Struktur einnimmt«, oder »der nicht Alt-Hebräisch kennt«. Weil die zwölf Apostel selbst idiotai waren, können wir die idiotai, von denen Paulus hier redet ohne Zweifel als Glaubende ansehen, die aber keine besondere Kenntnis auf dem Gebiet der Sprachenkunde oder der Theologie besaßen. Alle in der Versammlung sollen zu jedem Gebet »Amen« sagen können.
VERS 17
»Denn du danksagst wohl gut, aber der andere wird nicht erbaut.«
»Ja aber«, protestiert jemand, »ich selbst werde doch gesegnet, wenn ich vor meinen Brüdern ‚in Zungen‘ bete!« Trotzdem, sagt der Apostel Paulus, werden deine Brüder nicht erbaut. Und das ist das Kriterium, welches die Echtheit oder Unechtheit deiner sogenannten »Gabe« bestimmt. Die griechische Partikel men bringt einen ironischen Ton in diesen Satz: »Du, natürlich!, du bringst schöne Dankgebete vor! … « Aber dein großartiges Gebet ist leider für deinen Bruder nicht zugänglich! Wozu dann das alles?
Kapitel 18 1.KORINTHER 14:18 bis 20
Wir werden uns jetzt wieder mit einem äußerst klaren Abschnitt beschäftigen, selbst wenn der erste Vers (V.18) für einige sehr umstritten bleibt.
VERS 18
»Ich danke Gott, ich rede mehr in Sprachen als ihr alle«…
Noch einer dieser unvollständigen Sätze, die der Glossolalie auf den ersten Blick Recht zu geben scheinen! Nichts in der Beweisführung des Paulus erlaubt uns zu vermuten, er habe ein »Sprachenreden« gepflegt, das irgendwie dem gleichen würde, was man heute »Glossolalie« nennt. Der vorliegende Satz ist die einzige Stelle, die so ausgelegt werden könnte. Man vermeidet aber, den ganzen Satz zu zitieren. Sein Sinn wird durch den Zusammenhang gewaltig verändert.
Das Neue Testament kennt nur eine Gabe göttlichen Ursprungs, Arten von Sprachen zu sprechen. Für Paulus besteht diese Gabe darin, richtige menschliche Sprachen zu sprechen. Wir müssen also diesen Satz des Paulus im Licht der Erläuterungen verstehen, die der Heilige Geist uns in Apg.2 gibt. Für Paulus sind die Sprachen, auf die er hier anspielt, richtige menschliche Sprachen.
Man muß zugeben, daß die normale Übersetzung dieses Satzes lauten müßte: »Ich spreche (Arten von) Sprachen (oder: in Fremdsprachen) mehr als ihr alle«, oder: »Ich spreche mehr Sprachen als ihr alle.« Er sagt nicht, daß er in unverständlichen Sprachen redet. Diese Übersetzung hat den großen Vorteil, daß sie dem Wort »Sprache« seine normale Bedeutung gibt. Paulus selbst definiert diese Gabe als die Gabe, Arten von Sprachen zu reden (Kap. 12:10 und 28).
Paulus war tatsächlich vielsprachig und weitgereist. Er hatte gewiß öfter die Gelegenheit, sich in Fremdsprachen auszudrücken, als die Christen, die immer am selben Ort blieben. Sehr wahrscheinlich erlaubte Gott ihm, bei bestimmten Anlässen auf wunderbare Weise in den Sprachen der gegenwärtigen Volksmengen zu reden. Wer aber soweit geht, auf diesem Halbvers die kategorische Behauptung aufzubauen, Paulus habe in seiner persönlichen Andacht ständig unverständliche Sprachen gebraucht, hat eine übertriebene Einbildungskraft. Es steht nicht fest, ob Paulus in diesem Vers an erlernte oder wunderbare Sprachen denkt. Sehr wahrscheinlich hat er beide Formen im Sinn. Sicher ist jedenfalls, daß er ihren Nutzen im wesentlichen in der Evangelisierung der nicht griechisch sprechenden Nationen sah.
Wenn er sich hingegen in Korinth aufhält, wendet er sich in deren griechischer Muttersprache an seine Brüder. Ihren Brief verfaßte er gleichfalls in griechischer Sprache.
VERS 19
»Aber in der Gemeinde will ich (lieber) fünf Worte mit meinem Verstand reden, damit ich auch andere unterweise, als zehntausend Worte in einer Sprache.«
Aber ganz im Gegenteil (oder: dennoch) (alla zeigt einen starken Gegensatz an) in der Versammlung wünsche ich zu sagen (oder: zu reden, oder: auszusprechen) fünf Worte mit meinem Verstand, damit ich unterweise auch die anderen (oder: andere), lieber als zehntausend (oder: unendlich viele) Worte in einer (Fremd)Sprache.
Wir haben schon gesagt, daß das Neue Testament kein einziges Mal erwähnt, wo Paulus in unverständlichen Sprachen geredet hätte. Der Vers 19 ist das Gegengewicht zu Vers 18. Man kann diesen Vers unmöglich beiseite schieben, um eine allgemeine Glossolalie zu begünstigen. »Damit ich andere unterweise« – dieser Kehrreim des Paulus wird fast eintönig: Die Erbauung der Gemeinde. Inmitten seiner Brüder in Korinth ist für ihn nur eins wichtig: Die Erkenntnis Christi und das Bedürfnis, den ganzen »Ratschluß Gottes« zu lehren.
Wäre es wahr, daß Paulus sich der Glossolalie mehr als jeder andere bediente, so hätte er es uns mit absoluter Klarheit gesagt. Seine Briefe würden von Unterweisungen und Ermahnungen wimmeln, »in Zungen« zu reden…, wie es für manche heutige Schriften zutrifft. Aber dies ist nicht der Fall.
VERS 20
»Brüder, seid nicht Kinder am Verstand, sondern an der Bosheit seid Unmündige, am Verstand aber seid Erwachsene.«
Was wir über Vers 19 gesagt haben, wird durch Vers 20 kräftig unterstützt. Paulus schimpft streng mit den Glaubenden in Korinth. Er wirft ihnen ihren geistlichen Rückstand im Kindheitsalter vor. Ihr Wunsch, besonders in den Versammlungen in unverständlichen »Sprachen« zu reden, war für Paulus bei weitem kein Zeichen geistlicher Reife. Es war im Gegenteil Kinderei.
Für Paulus offenbart dieses Suchen nach einer irrationalen Erfahrung, nach einer unverständlichen Ausdrucksweise, einen Mangel an Reife. Er sieht, daß die Jahre der Verfolgung näher kommen. Zehn Jahre nach der Abfassung dieses Paulusbriefes begannen die großen Verfolgungen. Nero verbrannte in Rom die Christen bei lebendigem Leib. Man muß wachsen, sagt Paulus. Man muß geistlich erwachsen werden.
Kapitel 19 1.KORINTHER 14:21 bis 25
Verse 21 und 22
Die Verse 21 und 22 sind untrennbar miteinander verbunden. Sie bilden eine Art Achse, um die sich die ganze Beweisführung des Paulus in diesem Kapitel dreht.
V.21: »Es steht im Gesetz geschrieben: Ich will durch Leute mit fremder Sprache und durch Lippen Fremder zu diesem Volk reden, und auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr.«
V.22: »Daher sind die Sprachen zu einem Zeichen, nicht für die Glaubenden, sondern für die Ungläubigen; die Weissagung aber nicht für die Ungläubigen, sondern für die Glaubenden.«
Der Vers 21 enthält die einzige Anführung der Bibel (aus dem Alten Testament) in dem ganzen Paulustext über das Sprachenreden. Es handelt sich um eine sehr schwerwiegende Weissagung des Jesaja. Das Studium dieses Verses wirft so weitgehende Fragen auf, daß ich es für nötig hielt, ihm ein ganzes Kapitel zu widmen. Deshalb gehen wir direkt zum Kommentar von Vers 22 und des restlichen Kapitels über, um später auf Vers 21 zurückzukommen.
1.) Paulus gibt uns keinerlei Beschreibung der wunderbaren Sprachen, wie Lukas es tut. Deshalb müssen wir uns unumgänglich auf Apg.2 beziehen, um den Sinn zu verstehen, den Paulus den Sprachen gibt.
Paulus gibt uns jedoch in diesem Vers 22 eine Definition, die den Zweck dieser Sprachen klarstellt. Dieser Text ist also von ausschlaggebender Bedeutung für das Verständnis des Themas. »Daher sind die Sprachen«, sagt Paulus, »zu einem Zeichen, nicht für die Glaubenden, sondern für die Ungläubigen.« Ihr Zweck ist es, die zu überzeugen, die noch nicht an Christus glauben.
An jenem Tag, da die Gemeinde in Jerusalem geboren wurde, erreichten die Sprachen der Jünger die verschiedenen Sprachgruppen auf der Straße. Sie hörten von den »großen Dingen Gottes« reden. Paulus meint hier Sprachen, die verständlich sind. Welcher Ungläubige ließe sich schon auf der Straße durch eine unverständliche Rede überzeugen?
Es besteht also eine vollkommene Übereinstimmung zwischen Lukas und Paulus, zwischen der Apostelgeschichte und dem Brief an die Korinther.
2.) Der Schluß von Vers 22 sagt, daß die Weissagung dagegen ein Zeichen für die Glaubenden ist. Durch den Mund des wahren Propheten redet Gott unmittelbar zu seinem Volk. Die Botschaft ist verständlich und von durchschlagender Wirkung.
Vor der Genauigkeit und unbestreitbaren Klarheit dieser Definition des Paulus fällt es schwer zu verstehen, warum so viele Christen unserer Generation sich darauf versteifen, das Gegenteil zu glauben: Daß die Sprachengabe zur Erbauung des Einzelnen oder der Gemeinde oder beider gewährt wird.
Natürlich! Wenn man mit einer fixen Idee an die Bibel herangeht, findet man in ihr, was man will – unter der Bedingung, daß man die Augen schließt über den Stellen, die solche Vorurteile widerlegen. So handeln alle falschen Sekten. Viele Leute erlauben sich diese Art von Sophismus. Wer eine farbige Brille trägt, sieht die ganze Landschaft im falschen Licht.
Verse 23 bis 25
V.23: »Wenn nun die ganze Gemeinde zusammenkommt und alle in Sprachen reden, und es kommen Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, daß ihr von Sinnen seid?«
V.24: »Wenn aber alle weissagen und irgend ein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt.«
V.25: »Das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und so wird er auf sein Angesicht fallen und wird Gott anbeten und verkündigen, daß Gott wirklich unter euch ist.«
Die Verse 23 bis 25 heben wieder den Unterschied zwischen der Gabe der Weissagung und der Sprachengabe hervor. In den Zusammenkünften der Gemeinde können die Glaubenden durch die Weissagung einer nach dem andern einander ermahnen. Vergessen wir nicht, daß der Prophet »mit der Bibel in der Hand« redet. Sie gibt seiner Botschaft den geistlich soliden und lebensschaffenden Inhalt.
Kapitel 20 1.KORINTHER 14:26 bis 38
Verse 26 bis 33
V.26: »Was ist nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Sprache, hat eine Offenbarung, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung.«
V.27: »Wenn nun jemand in einer Sprache redet, (so sei es) zu zwei oder höchstens drei und nacheinander, und einer lege aus (soll es übersetzen).«
V.28: »Wenn aber kein Ausleger da ist, so schweige er in der Gemeinde, rede aber für sich und für Gott.«
V.29: »Propheten aber laßt zwei oder drei reden und die andern laßt urteilen.«
V.30: »Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung (zuteil) wird, so schweige der erste.«
V.31: »Denn ihr könnt einer nach dem anderen alle weissagen, damit alle lernen und alle getröstet werden.«
V.32: »Und die Geister der Propheten sind den Propheten untertan.«
V.33: »Denn Gott ist nicht (ein Gott) der Unordnung, sondern des Friedens.«
KOMMENTAR ZU DEN VERSEN 26 BIS 33
In diesem Schlußteil des Kapitels betont Paulus besonders ein Grundprinzip: Ordnung und Anstand in der Versammlung. Wir müssen den Vers 26 als eine Reihe von Fragen lesen. Sonst legen wir dem Apostel einen Widersinn in den Mund.
So lesen wir also: »Was ist nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, hat dann tatsächlich jeder einen Psalm, eine Lehre, eine Offenbarung, eine Sprache, eine Übersetzung?«
Die Antwort auf diese Frage ist natürlich: Nein. Es wäre undenkbar, daß jeder Bruder und jede Schwester alle diese Dinge in einer einzigen Versammlung tun würden. Paulus erklärt seinen Gedanken durch das genaue Gebot, das er auf seine Frage folgen läßt: »Alles geschehe zur Erbauung!«
Ebenso betont Gott, daß alles nach dem Wort Gottes geprüft werden soll.
»Glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen.«
Deshalb muß auch die Botschaft des Propheten dieser gleichen Kontrolle unterworfen werden: »Und die anderen laßt urteilen«, sagt Paulus(V.29). Er will, daß sie seine Zuhörer in Beröa nachahmen: Sie »untersuchten täglich die Schriften, ob dies sich so verhielte«.
Wenn also die Weissagungen durch das Wort Gottes kontrolliert werden sollen, um wieviel mehr dann die Sprachen!
Was die Sprachen anbetrifft, besteht Paulus auf eine Übersetzung. Da ist z.B. ein Bruder aus Bithynien, der von ganzem Herzen der Versammlung den Gedanken mitteilen möchte, den Gott ihm aufs Herz gelegt hat… Gut, sagt Paulus, er soll reden, aber nur wenn jemand von den Anwesenden dazu bereit ist, seine Worte ins Griechische zu übersetzen. Oder da ist ein Bruder aus Galatien, der besser schweigen sollte, weil niemand da ist, der seine Botschaft übersetzen könnte. Es versteht sich von selbst, daß der Gebrauch einer unverständlichen Sprache echter Unsinn ist.
»Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.«
Der Unterschied zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und dem der dämonischen Geister liegt hierin: Das Wirken des Geistes Gottes ist der Kontrolle durch das Wort Gottes zugänglich. »Die Geister der Propheten sind den Propheten untertan« (V.32) und »die Frucht des Geistes ist… Selbstbeherrschung« (Gal.5:22).
Die Dämonen nehmen keine Rücksicht auf den Willen des Menschen. Der Heilige Geist aber achtet das Bild Gottes, das er geschaffen hat. Der Mensch verliert nichts von seiner Menschenwürde, wenn er sich der Autorität des Geistes Gottes unterwirft. Gott sagt (V.31), daß wir alle gelegentlich weissagen, d.h. unseren Brüdern eine Ermahnung bringen können. Es ist,jedoch festzuhalten, daß er dies nicht für das Reden in Sprachen sagt.
BEMERKUNG ZU DEN VERSEN 34 UND 35
In diesem kurzen Abschnitt erlaubt sich der Apostel eine Abschweifung über den Platz der Frau in der Gemeinde. Diese Frage gehört nicht zu dem Thema, das wir untersuchen. Paulus fügt diese Verse aus dem Grund hinzu, weil er die Veranlagung des weiblichen Geschlechts kennt, mit den okkulten Mächten in Verbindung zu stehen. Siehe auch 1.Kor.11:10. Im übrigen wird die Glossolalie meistens von Frauen praktiziert.
VERSE 36 BIS 38
»Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es zu euch allein gelangt? Wenn jemand meint, ein Prophet oder geistlich zu sein, so erkenne er, daß das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist. Wenn aber jemand das nicht erkennt, so wird er auch (von Gott) nicht erkannt.«
V.36: Ist tatsächlich das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es allein zu euch gelangt?
V.37: Wenn jemand glaubt, ein Prophet oder geistlich zu sein, so verstehe er wohl, daß die Dinge, die ich euch schreibe, das (oder: ein) Gebot des Herrn (d.h. des Herrn Jesus) sind.
V.38: Wenn aber jemand (das) nicht anerkennt, so ist er nicht (von Gott) anerkannt.
Beim Lesen dieser drei Verse empfinden wir deutlich eine gewisse Ungeduld, einen Tadel, von seiten des Apostels. Der Geist Gottes in ihm ist betrübt über den Hochmut dieser fleischlichen Christen. Er wirft den Christen in Korinth solchen geistlichen Stolz vor: Sie glauben, die einzigen Inhaber des Wortes Gottes zu sein. Er ist ihrer Sektierer-Haltung müde. Als ob der Ursprung des Evangeliums Korinth sei. Als ob die Gemeinde die einzige sei, die die vollständige Offenbarung empfangen hat (V.36).
Paulus beansprucht für seine Lehre über diese Frage eine Autorität, die direkt vom Herrn kommt.
»Wenn jemand nicht anerkennen will (oder: nicht anerkennt) (daß diese Lehre ein Gebot des Herrn ist), so ist er selbst nicht anerkannt (das heißt: Seine Autorität wird vom Herrn nicht anerkannt. Er redet nicht durch den Geist des Herrn, sondern durch das Fleisch).«
Das ist meiner Meinung nach der wahre Sinn des Verses 38, den die meisten Übersetzungen nicht ganz verstanden zu haben scheinen.
Kapitel 21 1. KORINTHER 14:39 UND 40
V.39: »Daher, Brüder, eifert danach, zu weissagen und hindert das Reden in (fremden) Sprachen nicht.«
V.40: »Alles aber geschehe anständig und in Ordnung.«
DIE SCHLUSSFOLGERUNG DES APOSTELS UND DIE MEINE!
Mit diesen beiden Versen beendet der Apostel seine Lehre über die Geistesgaben und insbesondere über die Sprachengabe. Diese Schlußfolgerung des Paulus ist auch die meine. Sie faßt meine persönliche Einstellung zusammen.
Gott sagt kurzum zwei Dinge:
– Das Reden in Sprachen (in verschiedenen Sprachen) soll nicht gehindert werden;
– Aber wir sollen nach einer größeren Gabe eifern. Mit dieser Ausgewogenheit scheint mir der ganze Streit über dieses Thema beendet zu sein.
Warum sagt Paulus »nicht hindern« … ?
Paulus verbietet nicht die Sprachengabe, weil er nicht die Autorität Gottes bestreitet. Hat der Geist Gottes nicht das Recht, sich durch den Mund eines Glaubenden in einer fremden Sprache zu äußern, wenn er es für nützlich hält?
Nur hat Paulus uns schon zu verstehen gegeben, was er mit der »Sprache« als Geistesgabe meint. Paulus glaubt, daß es eine Gabe gibt, echte Sprachen zu sprechen. Würde er sonst sagen, man solle sie nicht hindern?
Dennoch sieht der Apostel keinen Nutzen einer Sprachengabe in der Versammlung, selbst wenn die Gabe echt ist. Er schließt deshalb aus, daß sie zur Ermahnung der Gemeindeglieder oder zur persönlichen Erbauung des Sprechenden gebraucht wird.
Seiner Meinung nach können die Sprachen nicht von Gott kommen, wenn sie nicht dem Zweck dienen, für den Gott sie bestimmt hat. Wenn der Geist Gottes redet, ist sein Wirken verständig. Er verfolgt ein genaues Ziel, das niemanden verwirrt und Gott durch konkrete Ergebnisse verherrlicht.
Kapitel 22 1.KORINTHER 14:21
Wir kommen jetzt zum Höhepunkt unserer Studie. Bisher haben wir alle Texte des Neuen Testamentes in allen EinzelIteiten untersucht, die sich auf das Sprachenreden beziehen…. mit einer einzigen Ausnahme: 1.Kor.14:21, wo Paulus die Weissagung des Jesaja anführt.
Diese Prophetie trifft so auf unsere Generation zu, daß ich ihr eine besonders gründliche Studie hinsichtlich ihrer Bedeutung im Alten wie im Neuen Testament gewidmet habe.
Hier noch einmal der Text des Verses 21:
»Es steht im Gesetz geschrieben: Ich will durch Leute mit fremder Sprache und durch Lippen Fremder zu diesem Volk reden, und auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr.«
DIE VISION DES JESAJA UND DES PAULUS
Die Paulusbriefe sind überall voller Anspielungen auf die Schriften des Alten Testaments. In seinem Kapitel 14 zitiert er das Alte Testament nur einmal. Diese Tatsache führt uns dazu, diesem wörtlichen Zitat aus Jes.28:11-12 eine ganz besondere Bedeutung beizumessen.
Der Zusammenhang der Weissagung Jesajas
Die Kapitel 28 bis 33 bilden einen zusammengehörenden Abschnitt im Werk des Propheten. Sie sind ein Buch für sich, das wir »das Buch der sechs Wehe« nennen könnten. Es enthält in der Tat sechs Unterteilungen, die alle mit dem Wort »Wehe … « beginnen (28:1; 29:2-15; 30:1; 31:1; 33:6). Sein Inhalt zeigt, daß Jesaja dieses Buch um 735 oder 730 vor Christus geschrieben hat, kurz vor der Zerstörung der zehn Stämme des Königreichs Israel. Die Stadt Samaria wurde nach einer dreijährigen Belagerung im Jahre 721 oder 722 durch den assyrischen König Sargon II. zerstört. Er führte Ephraim und einige freigebliebene Stämme in die Gefangenschaft.
Jesaja sah keine Hoffnung mehr für das Reich Samarien, weil es sich weigerte, Buße zu tun. Es blieb ihm nur noch das Strafgericht Gottes. Zehn Jahre nach der von Paulus angeführten Weissagung wurde das Königreich Israel tatsächlich verwüstet. Sein Volk wurde unter die Nationen zerstreut und sein Land von Fremden besetzt, die den Herrn nicht kannten. Kurz vor dieser Katastrophe ruft Jesaja aus (28:2):
»Siehe, einen Starken und Mächtigen hat der Herr. Wie ein Hagelwetter, wie ein verheerender Sturmwind … « (gemeint ist der König von Assyrien)
Jesaja verurteilt sogar die Priester und die Propheten, die zu sehr betrunken waren, um Recht zu sprechen. Sie spotteten über seine Botschaft. Sie taten sie als Kinderei ab und sagten (V.9 10):
»Wen soll er Erkenntnis lehren?… Denn es ist … Vorschrift auf Vorschrift … hier ein wenig, da ein wenig! … «
Gott antwortet dann durch den Mund des Jesajas auf ihre Spottreden:
»Ja, durch stammelnde Lippen und durch eine fremde Sprache wird er zu diesem Volk reden.«
Tatsächlich hat Gott »durch eine fremde Sprache« zu diesem widerspenstigen und abgefallenen Volk geredet. Er redete zu ihnen durch die vielsprachigen Armeen des Königs von Assyrien, die aus allen Volksgruppen seines Reichs rekrutiert worden waren. Gott redete zu Israel in den unverständlichen Sprachen derer, die sein Land zerstören und seine Bevölkerung wegführen sollten. Die Sprachen dieser Weissagung sind die Sprachen des Feindes. Wie könnte es klarer sein?
Jesaja sagt gleich danach:
»Und das Wort des Herrn für sie wird sein: zaw la zaw, zaw la zaw, kaw la kaw, kaw la kaw, hier ein wenig, da ein wenig (Man vermutet hinter dieser lautmalenden Wendung eine spöttische Nachahmung von Jesajas prophetischer Rede. Vielleicht soll sie auch ein Nachplappern des Alphabets darstellen. Die Worte zu übersetzen fällt schwer. Möglicherweise bedeuten sie: Gebot auf Gebot, Meßschnur auf Meßschnur.); damit sie hingehen und rückwärts stürzen und zerschmettert werden, sich verstricken lassen und gefangen werden« (V. 13).
Gott redet in der Tat im Notfall zu seinem Volk in Sprachen. Aber diese Sprachen bringen kein Heilmittel, keine Hoffnung. Sie sind eher das Vorzeichen einer endgültigen Bestrafung durch den Herrn.
Diese Schlußfolgerung wird durch das ernsthafte und vollständige Studium der Kapitel 1 bis 39 des Buches Jesaja mächtig verstärkt. Wenn wir diese Prophetien und den geschichtlichen Bericht der Königsbücher nebeneinander legen, wird die Botschaft des Propheten erschreckend klar angesichts der Sünde seiner Generation.
DER HEBRÄISCHE TEXT VON JESAJA 28:11 MIT GENAUER ÜBERSETZUNG
ki b’laghaghei = »denn durch Spottreden«, safah = »der Lippe«
Anmerkung: Das Wort »Lippe« beinhaltet einen meist abschätzigen Sinn. Es bedeutet oft »Palaver«, »unnützes Gerede«. Der hebräische Ausdruck »ein Mensch der Lippe« meint einen »Schwätzer«, einen »Palaverer, der in den Wind redet«. Die Verbindung der beiden Worte laghaghei safah gibt dem ganzen Satz einen Sinn, der nicht abwertender sein könnte.
ou bhi laschon ahereth = »und durch eine fremde Sprache« …
y (c) dabher el-hagham hazeth = »werde ich reden zu diesem Volk« …
Das ist der genaue Sinn des Urtextes. Wer durch ihn die Glossolalie rechtfertigen will, verdreht seinen Sinn über alle Glaubwürdigkeit hinaus. Für Jesaja kamen die betreffenden Sprachen nicht von Gott, sondern vom Feind.
Der Sinn des hebräischen Textes wird durch die Septuaginta bestätigt
200 Jahre vor Christus fertigten einige Juden eine griechische Übersetzung der Bibel an: Die Septuaginta. Sie übersetzt diesen Abschnitt wie folgt:
… dia phaylismon cheileon, dia glosses heteras … = »durch die Bosheit (oder: Perversion, Schändlichkeit) der Lippen, durch fremde Sprachen« …
Es ist offenkundig, daß selbst in den Augen der Juden die Sprachen, von denen Jesaja redet, zugleich unverständlich und bösartig waren.
JESAJA ZITIERT SEINERSEITS DIE WEISSAGUNG MOSES
Paulus sagt: »Es steht im Gesetz geschrieben … « und doch zitiert er nicht das Gesetz Moses, sondern den Propheten Jesaja! Wie ist dieser scheinbare Irrtum zu erklären?
Mose fügte eine große Weissagung in sein Gesetz ein (5.Mose 28). Er sagte voraus, daß Israel, wenn es im Ungehorsam verharrte, durch eine Nation von unverständlicher Sprache überfallen und in die Gefangenschaft geführt werden würde.
»Der Herr wird von ferne, vom Ende der Erde her, eine Nation über dich bringen. Wie der Adler fliegt, eine Nation deren Sprache du nicht verstehst, eine Nation mit hartem Gesicht, die für den Alten keine Rücksicht kennt, und für den Jungen keine Gnade« (5.Mo.28:49,50).
Genau das trat ein:
Im Jahre 721 v.Chr. zerstörten die Assyrer Samarien. Im Jahre 586 v.Chr. zerstörten die Babylonier Jerusalem. Im Jahre 70 nach Christus zerstörten die Römer Jerusalem und zerstreuten die Juden in alle Länder der Erde.
Mehrere Jahrhunderte später greift Jesaja in seiner Weissagung auf die Voraussage Moses zurück, um sie auf seine eigene Generation anzuwenden. Paulus hat also völlig recht, wenn er die Weissagung Jesajas dem Gesetz Moses zuschreibt.
Jesaja führt nur Mose an, wie Paulus jetzt Jesaja anführt. Es handelt sich um eine einzige Weissagung.
Paulus schreibt die Worte Jesajas entschlossen Mose zu. So entzieht er ihre Bedeutung jedem Streit. Daraus folgt, daß Paulus die »unverständlichen Sprachen« von Jesaja 28 als eine Drohung Gottes ansieht. Sie sind ein letztes Vorzeichen seines Strafgerichts über sein ungehorsames und ungläubiges Volk.
Die Botschaft Jesajas
Wie die anderen Propheten verbrachte Jesaja sein Leben damit, die Menschen seiner Zeit zur Buße zu rufen. Gott hatte schon seit langem durch das Gesetz und die Propheten zu seinem Volk Israel geredet. Aber als das Volk nicht nur das Gesetz, sondern auch die Propheten Gottes verworfen hatte, blieb Gott nur eine »Redeweise« übrig, um seine Gerechtigkeit auszudrücken: Die Bestrafung (2. Könige 17:13). Gott redet zu ihm durch »das Schwert seines Mundes« (Offb. 2:16). Weil sein verhärtetes Herz und sein taubes Ohr den Warnungen Gottes gegenüber unempfindlich sind, hört das Volk nur noch eine verworrene Stimme, ein unverständliches Reden. Es wird von der Bestrafung überrascht. Das seit langem angekündigte Gericht kommt unerwartet.
Weder Jesaja noch Jeremia vergessen diese sehr bedeutungsvolle Einzelheit der Weissagung Moses: Die Ankunft des Tages des Gotteszorns wird durch die unverständliche Sprachen der feindlichen Mächte angekündigt werden. Für Jesaja, wie für Jeremia und wie auch für Mose sind diese unverständlichen Sprachen die feierliche Warnung Gottes, daß sein Mitleid erschöpft ist. Gewiß, Gott redet noch, aber sein »Wort« wird unfaßbar. Es ist für das blinde und taube Volk unverständlich. Es wird zum unwiderruflichen Zeichen seines Strafgerichts. Die Sprachen der Mächte der Finsternis werden das falsche Zeugnis einer bösen und ehebrecherischen Generation vernichten.
Das ist ein Grund mehr für Paulus, die Sprachen ein »Zeichen für die Ungläubigen« zu nennen. Als Israel das Wort nicht mehr hören wollte, änderte Gott seine Methode und redete durch das Schwert der heidnischen Nationen zu ihm. Statt die klare Rede der Propheten zu benützen, sprach er jetzt durch die Sprachen der Eroberer zum Volk. Hat Gott nicht durch die schreckliche Botschaft Hitlers und Stalins zur Christenheit »geredet« … wie er sie heute noch durch die Stimmen der Weltmächte warnt, die dem Evangelium feindlich gesinnt sind?
JESAJA 33:19
Im weiteren Verlauf seiner Weissagung spielt Jesaja erneut auf die unverständlichen Sprachen an. Sein Buch enthält auch wunderbare Verheißungen über die Wiederherstellung am Ende der Zeiten, im Reich Christi (32:1-5). Gott verspricht seinem Volk endgültigen Frieden und Sicherheit (33:16-19). Es wird keine feindlichen Invasionen mehr zu befürchten haben (V.18), denn Gott sagt:
»Du wirst das freche Volk nicht mehr sehen, das Volk mit dunkler Sprache, die man nicht versteht, mit stammelnder Zunge, ohne Sinn« (V.19).
Die unverständliche Rede war das Zeichen des Zornes Gottes, war Zeichen für das ungläubige Volk. Sie wird keinen Platz mehr unter denen haben, die von ihren Sünden und ihrem Unglauben erlöst sind.
»So werden deine Ohren ein Wort hinter dir her hören: Dies ist der Weg, den geht« (30:21)!
»Deine Augen werden den König schauen in seiner Schönheit« (33:17).
Das Volk war grausamen Invasionen und der Gefangenschaft unterworfen. Die Verheißung, diese unverständlichen Sprachen nicht mehr zu hören, war ihm gleichbedeutend mit Friede, Freude und göttlichem Segen.
KOMMENTAR ZU JEREMIA 5:15
Etwa hundert Jahre nach der Weissagung Jesajas stand Jeremia auf und verurteilte den Unglauben und Abfall des kleinen Königreichs Juda. Er sagte eine Invasion durch einen »Verderber der Nationen« voraus (4:6-7).
»Es ist eine unverwüstliche Nation. Es ist eine Nation von Alters her, eine Nation, deren Sprache du nicht kennst und deren Rede du nicht verstehst. Ihr Köcher ist wie ein offenes Grab. Sie sind alle Helden. Und sie wird deine Ernte verzehren und dein Brot, sie werden deine Söhne und Töchter verzehren … « (5,15-17).
So wendet Jeremia seinerseits die feierliche Warnung des Gesetzes Moses auf das jüdische Volk seiner Generation an. Er sagt dessen Zerstörung durch die grausamen Armeen der Chaldäer aus Babylon voraus. Für Jeremia, wie für Jesaja, wie für Mose selbst waren die »fremden« oder »barbarischen« Sprachen die Sprachen des Feindes, das Zeichen des Zornes Gottes über sein ungehorsames Volk.
DIE WEISSAGUNG JESU CHRISTI
Die alte Voraussagung Moses wurde wieder aktuell im Munde des Sohnes Gottes, als dieser einmal mehr die Zerstörung Jerusalems ankündigte. Er spricht nicht nur über die Zerstörung im Jahre 70 unseres Zeitalters, sondern auch über die Zerstörung am Ende der Zeiten. In der Tat zerstörten die römischen Armeen, deren Legionäre unter allen damals bekannten Sprachgruppen rekrutiert wurden, zugleich die Stadt und das Heiligtum Gottes in Jerusalem. Sie führten das Volk in die Gefangenschaft, so daß es bis ins gegenwärtige Jahrhundert in alle Länder der Erde zerstreut war.
Die Weissagung, die Paulus in 1.Kor.14:21 anführt, bestätigt in keiner Weise die zu oberflächlichen Auslegungen, die von unserer Generation verbreitet werden. Wir stehen vor dem Ultimatum Gottes.
EIN ZEICHEN FÜR DAS UNGLÄUBIGE ISRAEL?
Ja, in der Apostelgeschichte wie im Alten Testament sind die Sprachen ein besonders an das Volk Israel gerichtetes Zeichen. Der Geist Gottes äußerte sich bei der Gemeindeentstehung in einer Vielfalt von Sprachen, um so Israel an den Sinn seines Daseins zu erinnern und den Segen Abrahams »für alle Nationen auf Erden« zugänglich zu machen. Zur Zeit der Apostel wollte Israel nicht das Ausmaß der Großzügigkeit Gottes erkennen. Deshalb redete Gott zu ihm in den Sprachen jener ach so verachteten »anderen« Nationen. Die wunderbaren Sprachen des Pfingsttages waren darum ein Zeichen des Strafgerichts Gottes über den Unglauben seines irdischen Volkes. Dreimal redet der Geist Gottes in der Apostelgeschichte auf diese Weise zu den Juden. Durch diese drei Kundgebungen wollte der Geist Gottes der leiblichen Nachkommenschaft Abrahams zu verstehen geben, daß die frohe Botschaft für alle Völker bestimmt war. Statt an diese wunderbare Vision zu glauben, fiel Israel in eine endgültige und eifersüchtige Ablehnung der Gnade Gottes. Es wurde durch die gleichen Sprachen verurteilt, in denen es die Wahrheit des Evangeliums allen Nationen auf Erden hätte mitteilen sollen. Wenig später wurden diese gleichen Sprachen für das abfällige Volk zu einer furchtbaren Wirklichkeit, als die römischen Legionen sein Erbteil zerstörten. So waren die Sprachen ein Zeichen für Israel. Dieses Zeichen führte zu zwei einander völlig entgegengesetzten Ergebnissen:
– Zunächst überzeugte Gott durch dieses Zeichen die dreitausend Ungläubigen, die sich der Predigt des Evangeliums öffneten, und führte sie zum Glauben.
– Dann verurteilte Gott durch dasselbe Zeichen die Ungläubigen in Israel, die sich weigerten, Buße zu tun und in ihrem Unglauben blieben.
WER IST »DIESES VOLK«?
Paulus zitiert Jesaja: »Ich will … durch Lippen Fremder zu diesem Volk reden«… Es ist klar, daß für Paulus, wie für Mose und Jesaja, »dieses Volk« das abtrünnige Israel ist.
Dennoch kann man in der Situation des Paulus die Bedeutung dieses Ausdrucks nicht auf das jüdische Volk allein begrenzen. Paulus schreibt an die ganze Gemeinde in Korinth, deren Glieder zur Mehrheit Nicht-Juden waren. Außerdem wendet er sich am Anfang seines Briefes an alle, »die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen« (Kap. 1 V.2).
Manche denken, daß dieser Ausdruck nur das jüdische Volk bezeichnet. Sie meinen im allgemeinen, Gott habe die Sprachengabe vom Tod der Apostel und der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 an abgeschafft. Weil Israel den Messias endgültig abgelehnt hat, hat Gott »die Akte abgeschlossen«. Er braucht die Sprachengabe nicht mehr zu benützen, weil sie nur Israel betrifft. Da diese Gabe nicht die Gemeinde betrifft, braucht diese sie auch nicht mehr. Die Sprachengabe gibt es also nicht mehr.
Ich finde diese Erklärung jedoch zu einfach: Sie gründet auf eine Vermutung, denn der Text fordert kein so eng begrenztes Verständnis des Jesajazitats durch Paulus.
Der Apostel Paulus erkennt die Existenz dieser Geistesgabe an. Wenn die Sprachen uns nicht mehr betreffen, warum sagt uns der Geist Gottes dann durch die Hand des Paulus, sie nicht zu hindern? Warum lehrt er uns über ihren Gebrauch? Und warum schließt der Apostel zweimal die Sprachen in seine Aufzählung der geistlichen Gaben ein?
Übrigens behauptet Paulus in diesem Brief an die Korinther, daß die Segnungen und die Gerichte, welche Israel widerfuhren, »als Vorbilder« und »zur Ermahnung von uns« dienen sollen. Die zitierte Weissagung Jesajas dient auch uns zur Ermahnung, ebenso wie der Gemeinde in der Weltstadt Korinth.
»Dieses Volk« – das sind auch wir
Paulus denkt nicht nur an die Juden. Er denkt ebenfalls an seine christlichen Brüder und an die von ihm gegründeten Gemeinden. In diesem selben Brief sieht er bereits »die bevorstehenden Not« voraus. Petrus und Paulus wußten beide, daß Israel unter dem Strafgericht Gottes stand. Aber sie erkannten auch, daß dieses Gericht bei der Gemeinde anfangen sollte (1.Petr.4:17-18).
In der Tat startete Nero schon im Jahre 64 unserer Zeitrechnung seinen großen Angriff gegen die Christen – wenige Jahre vor dem jüdischen Aufstand in Palästina, der die Römer dazu veranlaßte, im Jahre 70 deren nationale Identität zu zerstören. Die Sprachen waren gewiß ein Zeichen für die Generation Israels, die den Messias gekreuzigt hatte. Warum sollten sie nicht auch ein Zeichen für die Gemeinde sein? Heute sehen wir alle Nationen – das abtrünnige Israel mit einbegriffen – fast reif für den großen Tag des Gotteszorns. Um wieviel näher muß da das Gericht der Gemeinde sein!
Eine Weissagung für heute!
Diese Botschaft Gottes ist am Ende des 20. Jahrhunderts für uns genauso aktuell wie zur Zeit Jesajas oder des Paulus. Wenn das Volk Gottes mit seinen Augen nicht mehr sieht, mit seinen Ohren nicht mehr hört und nicht mehr versteht, weil sein Herz gefühllos geworden ist, dann wird ihm das Wort Gottes unverständlich. Gott redet »in Sprachen« zu ihm, durch den Mund seiner Feinde. Die unverständlichen Sprachen sind folglich das Zeichen des Zornes Gottes, Zeichen für ein ungläubiges Volk. Sie kündigen das Strafgericht Gottes über eine untreue Gemeinde an, wie sie früher die Strafgerichte Gottes über Israel angekündigt haben.
Die Strenge Gottes
– Ach was!, wird mir ein braver Christ sagen, Gott ist ein Gott der Gnade. Er bestraft die Gemeinde nicht!
– Haben sie denn jemals die Geschichte der Gemeinde gelesen? Hat Christus nicht durch seinen Knecht Johannes gesagt, er würde den Leuchter von Ephesus von seiner Stelle wegrücken, er werde die falschen Lehrer in Pergamon mit dem Schwert seines Mundes bekämpfen, eine große Trübsal über Thyatira schicken, nach Sardes kommen wie ein Dieb, er werde Laodizea aus seinem Mund ausspeien?
Vom 4. Jahrhundert an begann Gott durch barbarische Invasionen zur Christenheit zu reden. Ach, wenn die Gemeinde diese Warnung bloß zu Herzen genommen hätte! Aber im Gegenteil, sie schritt weiter im Irrtum fort. Gott sprach erneut »durch das Schwert seines Mundes« zur Gemeinde. Er ließ es wieder zu, daß eine Nation harten Angesichts und unverständlicher Sprache sich auf die Christenheit stürzte: Der Islam. Bewaffnet mit einem Spottbild der Wahrheiten, welche die Gemeinde verloren hatte, fegte er in ein oder zwei Generationen die Hälfte der christlichen Welt hinweg. Von Casablanca bis nach Indien und Zentralasien…. all das war ehemals christliches Land.
Wie? Gott straft nicht? Aber lesen Sie doch die Schriften! Es ist Zeit, daß wir gemeinsam auf die Knie gehen, um die Sünde der ganzen Gemeinde zu bekennen. Wir müssen Gott bitten, uns zu erleuchten, »direkt« in einer wirklich klaren und verständlichen Sprache zu uns zu sprechen. Heute wird die Gemeinde Christi von vielerlei Stimmen durcheinander gebracht, die im Namen Christi wahre Lästerungen kundtun. Gott redet zu seiner Gemeinde durch Spottbilder vergessener Wahrheiten. Wenige Christen scheinen sich heute jedoch im klaren zu sein, was ihnen geschieht… Der geistliche Verstand vieler ist von Unverständnissen umschleiert, die sie unempfindlich machen für die Warnungen Gottes.
Ist es nicht wahr, daß Gott uns heute warnt?
Die Strafen, mit denen Mose ein abtrünniges Israel bedrohte, werden heute für uns aktuell, wenn wir sie auf das geistliche Leben der Gemeinde beziehen. Lesen wir 5. Mose Kapitel 28:
V.20 Bestürzung in allem Geschäft deiner Hand …
V.21 Die Pest haftet.
V.22 Das geistliche Leben verdunstet.
V.23 Das Gebet »dringt nicht durch«.
V.23 Die Evangelisation führt zu nichts.
V.25 Die Gemeinde weicht zurück und verliert Boden.
V.28 29 Ungewißheit in der Lehre, Verwirrung der Gedanken, Ohnmacht gegenüber den satanischen Angriffen.
V.32 Deine Söhne und Töchter werden durch die Welt in Beschlag genommen, durch Sekten in die Irre geführt.
V.35 Keine Lust mehr zum Beten!
V.37 Unser Zeugnis wird nicht mehr ernstgenommen.
V.38 Viel Aktion, wenig Ergebnisse.
Und unmittelbar nach dieser schrecklichen Liste von Bestrafungen redet Gott von einer furchtbaren Invasion durch eine Nation harten Angesichts und unverständlicher Sprache (Verse 49 + 50 und bis Vers 57).
»Was begehrt dieses Geschlecht ein Zeichen?« … (Mk. 8:12)
… und besonders das Zeichen, das Gott den Ungläubigen vorbehält: Das Zeichen der unverständlichen Sprachen?
»Hin zur Weisung und zur Offenbarung!« ruft Jesaja. »Werden sie nicht nach diesem Worte sprechen, so gibt es für sie keine Morgenröte.« (Jes. 8:20)
Mehrere behaupten, Jesaja oder Paulus lehren, daß das »Zungenreden« ein Segensweg sei, ein »normales« Mittel, durch das Gott sich an sein Volk richtet. Sie verstehen schlecht die ganze Bedeutung des Textes, den wir studieren. Warum betont man so übertrieben ein Reden in unverständlichen Sprachen zu Ungunsten (wie es oft der Fall ist!) einer tiefen Kenntnis des Wortes Gottes? Ich fürchte, daß Gottes Strafgericht nicht mehr fern ist und daß wir alles um uns herum scheint darauf hinzuweisen der größten Verfolgung der Geschichte entgegengehen.
Gäbe es nur dieses eine Zeichen, so würde ich es nicht wagen, ihm eine endzeitliche Bedeutung zuzuschreiben. Aber es wird von einer Menge anderer Zeichen begleitet, die von den Weissagungen der Bibel für die Endzeit vorgesehen werden und die sich vor unseren Augen vollziehen. Sollten diese »Sprachen« also eine letzte Warnung Gottes vor der Katastrophe sein?
Eins steht außer Zweifel: Gott warnt uns. Er ruft uns zur Buße. Von Jahr zu Jahr mehren sich die Warnungen. Gott redet wirklich durch den Mund seiner Feinde zu uns. Und wenn ich von allen Seiten ein babylonisches Wirrwarr einander widersprechender und oft unverständlicher Stimmen sogar in der Gemeinde höre wie sollte ich darin nicht ein Zeichen des Strafgerichtes Gottes über sein Volk sehen, das seinen Logos, sein wahrhaftiges Wort nicht mehr ernstnehmen will?
Oft hat man mir gesagt, die Welle der zeitgenössischen Glossolalie sei das Zeichen einer großen geistlichen Erweckung! Oh, wenn ich einer so einfachen Erklärung glauben könnte…!
Aber ein anderer Lärm dringt an mein Ohr. Ein lärmendes Geschrei der Nationen, die immer mehr die Botschaft des Evangeliums verwerfen. Ein heftiger Schrei, der zum Himmel aufsteigt. Der moderige Geruch einer fast weltweiten Unsittlichkeit. Ein arroganter Atheismus vermischt mit dem Weihrauch allerlei okkulter Unanständigkeiten. Es gibt noch schlimmeres. Sogenannte Bibelchristen, die überhaupt nichts Böses dabei finden, in voller Gemeinschaft mit denen zu stehen, die die Grundwahrheiten des Wortes Gottes bestreiten.
Unter den sieben Gemeinden, denen der Herr seine letzte Botschaft sandte, sind nur zwei, denen er keinen Tadel erteilt: Smyrna, die verfolgte Gemeinde, und Philadelphia, die Gemeinde der Bruderliebe, die bereit ist, die offene Tür der Weltevangelisation zu durchschreiten. Möge Gott uns unter ihnen finden!
»Doch auch jetzt, spricht der Herr, kehrt um zu mir mit eurem ganzen Herzen und mit Fasten und mit Weinen und mit Klagen! Und zerreißt euer Herz und nicht eure Kleider und kehrt um zum Herrn, eurem Gott. Denn er ist gnädig und barmherzig… Wer weiß, (vielleicht) wird er umkehren und es sich gereuen lassen und Segen hinter sich zurücklassen…« (Joel 2:12-14)
O Volk Gottes, wach auf!
»Ich rufe heute den Himmel und die Erde als Zeugen gegen euch auf: das Leben und den Tod habe ich euch vorgelegt, den Segen und den Fluch. So wähle das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen, indem du den Herrn, deinen Gott liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhängst! Denn das ist das Leben und die Dauer deiner Tage . . . « (5.Mose 30:19-20)
Gebet
O Gott, rede zu uns mit klarer Stimme. »ln meinem Herzen habe ich dein Wort verwahrt, damit ich nicht gegen dich sündige«. »lch suche dich von ganzem Herzen.« Psalm 119:11) Ralph Shallis
Die Hervorhebungen wurden von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, den 24. 2. 2007
info@horst-koch.de
www.horst-koch.de
Ralph Shallis (1912-1986) wuchs in Spanien als Sohn englischer Eltern auf. Als junger Mann unterrichtete er Sprachen und Literatur in verschiedenen Ländern Europas.
Nach dem 2. Weltkrieg entschloß er sich mit seiner Frau, seine ganze Zeit in den Dienst Christi zu stellen und arbeitete zuerst missionarisch in Nordafrika und später bis an sein Lebensende in Frankreich.
Auf der Straße und an den Universitäten, in Vorträgen und bei Hausbesuchen, in schlaflosen Nächten und bei persönlichen Gesprächen mußte er sich mit einer Vielzahl drängender Probleme auseinandersetzen, die ihren Niederschlag in zahlreichen Büchern fanden.