Friedrich Sondheimer
Heilung Kranker und Besessener
Krankenheilung
Es gibt unheimlich viele Krankheiten unter den Menschen. Jedes Organ unseres Leibes kann von den verschiedenartigsten Krankheiten befallen werden. Ein Heer von Ärzten müht sich, diese Not zu lindern. Und doch sind wir noch weit davon entfernt, sagen zu können, daß wir sie bald beseitigt hätten, obgleich gewiß schon viel erreicht worden ist.
Wir wollen diese wichtigen Dinge vom biblischen Standpunkt aus prüfen und dann untersuchen, wie es heute mit der Krankenheilung und Dämonenaustreibung bestellt ist. Im Blick auf das weite Gebiet kann es allerdings nur eine Art Skizze sein.
Gründlich habe ich mich mit diesem Stoffe im Lichte der Heiligen Schrift befaßt, habe vor allem sämtliche einschlägigen Stellen des Neuen Testamentes überprüft, in Beziehung zueinander gesetzt und alles mit dem persönlichen Erleben in Verbindung gebracht. In sorgfältigen Zählungen habe ich festgestellt, daß es im Alten Testament mindestens achtzig Stellen gibt, besonders in den Psalmen, und im Neuen Testament deren an einhundertunddreißig, die davon handeln. Schließen wir die 15 negativen Stellen der Gerichtsheimsuchungen der Offenbarung Johannes aus, die ja auch von Krankheiten reden, so haben wir im Neuen Testament immer noch 115 Stellen über diesen Gegenstand, davon vierundachtzig, die nur einmal vorkommen, während die 31 anderen in den Evangelien als Parallelstellen wiederholt sich finden. Auf das verschieden häufige Auftreten der einzelnen Begriffe und ihre Wertung kann ich leider nicht eingehen, möchte aber so viel sagen, daß von den rund 5200 Vokabeln des Neuen Testamentes 115 spezifisch die Kranken- und Dämonenangelegenheit betreffen. Es handelt sich dabei um 85 Begriffe, unter ihnen 23 Hapaxlegomena (= Wörter, die sich nur ein einziges Mal im N. T. finden). Außer diesen Wörtern werden natürlich noch viele andere in den betreffenden Geschichten gebraucht, die aber nicht spezifisch für diese Untersuchung in Frage kommen.
Aus einer von mir aufgestellten Übersicht geht jedenfalls hervor, daß schon im Alten Testament wie auch im Neuen die Heilung der verschiedenartigsten Krankheiten, auch solcher rein organischer Art, bis hin zur Blinden- und Lahmenheilung, ja sogar Totenauferweckungen berichtet werden. Darunter gibt es einige Stellen, an denen nicht einzelne bestimmte Krankheiten genannt werden, vielmehr ganz allgemein gesagt wird, daß alle Krankheiten, Leiden und Übel von Jesus geheilt wurden (z. B. Matth. 4, 23 u. 24). Schon im Alten Testament wird prophetisch auf Jesu Heiltätigkeit in Jes. 53, 4 hingewiesen, und auch 2. Mose 15, 26 und Psalm 103, 3 reden von Krankenheilung.
Es geht bei den Heilungen Jesu um echte Heilungen. Wir dürfen die vielen Heilungsberichte der vier Evangelien und der Apostelgeschichte nicht versinnbildlichen, als wenn der Herr und die Apostel hier geistlich Blinde, Lahme, Taube usw. geheilt hätten. Gegen eine solche Bibelauslegung hat sich bei mir schon als Knabe Widerspruch geregt. Die Wunder Jesu sollten auch nicht einen Prüfstein unseres Glaubens darstellen, sondern als geschichtliche Ereignisse eine Stärkung unseres Glaubens vermitteln. Mag manches bei den Heilungen Jesu psychologisch und parapsychologisch erklärt werden können, so steht doch fest, daß sehr viele Seiner Heilungen in dieser Weise nicht erklärbar sind, sondern offenbare Wunder Gottes darstellen. Das geht einmal daraus hervor, daß Er völlig unheilbare Krankheiten geheilt hat, zum andern daraus, daß diese Heilungen Spontanheilungen ohne lange Behandlungsmethoden sind. Wie langwierig und kümmerlich sind unsere Heilweisen dagegen! Bei den Massenheilungen Jesu und der Apostel, die übrigens wohl seltener vorgekommen sind, konnten seelsorgerliche Einzelaussprachen vielleicht nicht immer möglich sein (Luk. 6, 17 bis 19; 7, 20 ff.).
Wenn wir alle Aussagen des Alten und Neuen Testamentes überprüfen, so geht aus dem A. T. mit Ausnahme des Buches Hiob hervor, daß Krankheit als eine Strafe für die Sünde, Gesundheit aber als ein Beweis für gottwohlgefälligen Wandel angesehen worden ist. Im N. T. ist der Befund ein etwas anderer. Dabei muß festgestellt werden, daß unser Herr Jesus Christus keinen Kranken abgewiesen hat, der im vollen Vertrauen mit seiner Not zu Ihm gekommen ist. In einigen Fällen aber wird ausdrücklich hervorgehoben, daß Er um ihres Unglaubens willen nichts getan hat, so Mark. 6, 1 6. Wir müssen hier aber von vornherein feststellen, daß es erstens durchaus nicht immer ein Beweis für das Wohlgefallen Gottes ist, wenn sich jemand guter Gesundheit erfreut; es gibt nämlich auch Gottlose, die sich durchaus gesund und wohl fühlen; Gesunde sollten sich also nicht pharisäisch über ihre kranken Mitmenschen erheben, sondern demütig Gott danken, daß es ihnen wohlergeht.
Zweitens kann ein Mensch krank sein, der durchaus mit seinem Gott in Ordnung ist und dem es auch nicht an Glauben gebricht. Ein Kranker muß also nicht dauernd in seinem Leben herumschnüffeln, wo etwa noch ein Ungehorsam gegen Gott vorliegt. Im weiteren Verlauf der Ausführungen wird darauf noch weiteres Licht fallen.
Mit den Glaubensheilungen verhält es sich ähnlich wie bei dem elektrischen Strom. Es muß elektrischer Strom vorhanden sein, aber es muß auch Kontakt hergestellt werden. Ohne elektrischen Strom nützt der Schalter nichts, und ohne diesen bleibt der Strom ungenützt. So ist es bei einer Glaubensheilung: Der Mann mit göttlichem Auftrag muß sich finden, aber Vertrauen muß ihm die Tür öffnen. Jedenfalls wirkt der Herr auch noch heute an kranken Leibern.
Der Chefarzt einer Klinik sagte bei der Visite zu seinem Assistenten, Dr. O.: „Herr Kollege, wir kommen jetzt an das Bett einer frommen Frau. Ich habe mit den Frommen nicht viel im Sinn, aber ich möchte Ihnen einen guten Rat geben: Seien Sie vorsichtig mit Ihren medizinischen Urteilen an den Krankenbetten von frommen Leuten, denn da geht es oft ganz anders zu, als wir es uns denken! Da wird ein Kranker mit einer geringfügigen Krankheit eingeliefert, und er stirbt uns unter den Händen weg. Dann wieder kommt einer, von dem wir meinen, er sei ein Todeskandidat, und nach kurzer Zeit verläßt er das Krankenhaus schon wieder. Also seien Sie vorsichtig mit Ihren medizinischen Urteilen bei Frommen!“ Der Ausspruch eines Krankenwärters in B.: „Bei Frommen ereignen sich unvorhergesehene Dinge“, liegt auf derselben Linie.
Wichtig ist es aber, daß wir die Krankenheilung auch verkünden, denn wie sollen die Menschen mit ihren Krankheiten zu Jesus kommen, wenn ihnen nicht gesagt wird, daß sie das tun dürfen und sollen? Weithin überlassen wir die Kranken den oft materialistisch gesinnten Ärzten die volle Sprechzimmer haben, während die Menschen an uns vorbeigehen, die wir uns so einseitig in spiritualistischer Fehldeutung auf die jenseitige Welt eingestellt haben. Und doch haben wir als Seelsorger eine bedeutsame Aufgabe zu erfüllen, da so viele Menschen auf psychischer Grundlage erkrankt sind und gar nicht durch Pillen und Spritzen geheilt werden können. Wir haben es in unseren Heilswochen in der Zeltmission und auch in den Gemeinden hin und her immer wieder erlebt, daß sich der Herr schon während der Verkündigung und auch nach seelsorgerlichen Aussprachen an kranken Leibern verherrlicht hat. Dabei konnten wir in vielen Fällen auch auf das Seelenheil der Kranken zu sprechen kommen und ihnen den Weg zu Christus zeigen. Diese Verkündigung ist aber schon eine Glaubenseinstellung. Wir dürfen dann die Krankenheilungen auch in keuscher Weise zur Glaubensstärkung anderer erzählen, denn die Apostel haben das auch in den urchristlichen Gemeinden getan (Apg. 15, 3 u. 4).
In 1. Kor. 12, 9 u. 28 werden Heilungsgaben erwähnt. Es wird dabei aber ausdrücklich festgestellt, daß es nicht die Aufgabe aller Gemeindeglieder ist, zu heilen, sondern daß Gott einzelnen diese Gabe in Seiner Machtvollkommenheit zugedacht hat. Es ist wichtig, daß diese Männer (oder auch Frauen) erkannt werden, und daß ihre Begabung in Anspruch genommen wird. Nach Hebr. 6, 1 u. 2 gehört die Belehrung über Handauflegung mit zu den Anfangsgründen christlicher Wahrheit. Die Gemeindeglieder sind also darüber zu belehren, damit sie wissen, was die Schrift nach dieser Seite sagt und wo sie sich hinwenden können. 1. Tim. 5, 22 ist eine Mahnung zur Vorsicht bei Handauflegung gegeben, damit wir uns nicht fremder Sünden teilhaftig machen. Auf keinen Fall darf diese Gottesgabe zur Bereicherung ausgenützt werden. Hier liegt vielleicht der Hauptgrund, warum es weithin an Vollmacht gebricht und Seelen sich nicht vertrauensvoll erschließen. Lies dazu die Stellen Matth. 10, 8; Apg. 3, 6; 8, 18 24. Sobald wir anfangen, routiniert zu werden, hört die Vollmacht auch auf! Das Heilen war übrigens nicht nur Sache der Apostel, sondern auch anderer schlichter Männer. Dafür gibt es eine Anzahl von Beweisen aus dem N. T. (Mark. 16, 15 18; Apg. 6, 8; 8, 6 8; 9, 17 18).
Tatsache ist es allerdings auch, daß nicht alle Kranken geheilt worden sind, mit denen wir im Glauben gebetet haben. Und diese nicht geheilten Fälle beschäftigen uns viel mehr als die Geheilten. Es taucht für uns ja die Frage auf, warum der Herr nicht alle kranken Leiber gesund macht. Im Laufe der Jahre sind mir da gewisse Erkenntnisse gekommen, die ich hier mitteilen möchte.
Es können die Heilung verhindern:
1. Sündenliebe, wie Unversöhnlichkeit, Unreinheit, Trunksucht; aber auch Überarbeitung, wie überhaupt alles, was der göttlichen Ordnung zuwider läuft.
2. Unaufrichtigkeit und Verstellung an Stelle eines offenen Bekenntnisses begangener Schuld. Manche bekennen nur unwichtige Dinge, die Hauptsache aber verschweigen sie; sie bekennen, einen Strick gestohlen zu haben, verschweigen aber, daß an den Strick eine Kuh gebunden war.
3. Elterlicher Fluch. Wehe den Kindern, die sich durch ihr Verhalten einen berechtigten Fluch ihrer Eltern zugezogen haben. Sie sollten so schnell wie möglich zusehen, daß er von ihnen genommen wird! (2. Mose 20, 12.)
4. Erbbiologische Folgen, so Trinkerelend, Nachwirkungen von Geschlechtskrankheiten, okkulte Behaftungen. Inwieweit sich dabei die Heimsuchung Gottes bis ins dritte und vierte Glied auswirkt, ist oft schwer festzustellen, da wir die Vorfahren nicht kennen und uns die Kranken über sie auch nicht das Wünschenswerte sagen können. Jedenfalls erscheint mir dieses Kapitel besonders tragisch.
5. Unglaube und Zweifel. Das lesen wir schon Mark. 6, 5- 6; Jak. 1, 5 – 7
6. Das wahllose Experimentieren mit allen möglichen Mitteln unter Einbeziehung der Handauflegung: manche verwenden allopathische, homöopathische, biochemische Mittel, lassen sich bestrahlen und massieren, und dann wollen sie obendrein auch noch die Handauflegung ausprobieren in der Meinung, daß schließlich doch etwas helfen müsse. Dazu scheint Gott nein zu sagen.
7. Bewahrung mag bei manchen der Grund ihrer Krankheit sein; sie würden das ewige Ziel nicht erreichen, wenn Gott es ihnen äußerlich gut ergehen ließe. Matth. 18, 8 – 9 spricht davon, daß es besser sei, es ginge jemand einäugig, einarmig oder einbeinig ins ewige Leben, als daß er zwei Augen, zwei Arme und zwei Beine habe und werde ins ewige Feuer geworfen.
8. In anderen Fällen will sich Gott wohl durch die Geduld Seiner Kinder verherrlichen, um Gesunde zur Dankbarkeit zu führen und anderen Kranken ein Beispiel des Glaubens und der Geduld zu geben. (Siehe weiter hinten die Ausführungen über Motive und Quietive.)
9. Eine Krankheit kann auch zur Zurüstung dienen. Vielleicht soll sogar in einem Krankenhaus eine suchende Seele durch die Zusammenführung mit einem Kinde Gottes zu Christus finden.
10. Gewiß kommen auch Fälle vor, in denen Gott nichts tut, weil Er es zur Demütigung Seiner Knechte für ratsam hält; Er gibt zu erkennen, daß Er völlig unumschränkt handeln und trotz Seiner Zusagen zu nichts gezwungen werden kann.
11. Ganz seltene Fälle mögen überbleiben, in denen es wie bei Hiob um ein Rechtfertigungsleiden geht. Die Engelwelt soll daraus erkennen, daß Gott Menschen auf der Erde hat, die Ihn um Seiner selbst willen und nicht bloß um Seiner Gaben willen lieben. (Material über diese Schau ist zu finden in meinem Büchlein „Der Segen des Leides“, Oncken Verlag, Kassel.)
Nach stenographischen Notizen und Beobachtungen in etwa 250 Fällen seelsorgerlicher Aussprachen mit nachfolgender Handauflegung im Laufe von ungefähr zwei Jahren stellte ich fest, daß sich mindestens in jedem vierten Fall keine Wirkung zeigte, es kam weder zu einer Heilung noch zu einer Besserung. Nicht selten waren die Gründe dafür erkennbar. In manchen Fällen trat ein Rückfall ein. – Es wurden ja auch nicht alle Krankheiten zur Zeit Jesu geheilt oder sofort geheilt. So heilte Jesus am Teiche Bethesda im dortigen Krankenhaus nur den Mann, der schon 38 Jahre gelegen hatte. Paulus ließ den auf den Tod erkrankten Trophimus ohne Heilung in Milet zurück (2. Tim. 4, 20). Auch dem Timotheus hat er nicht helfen können (1. Tim. 5, 23).
Gelegentlich wurden nach den biblischen Berichten auch Mittel angewandt. So lesen wir in Jes. 38,21, daß Jesaja dem erkrankten König Hiskia ein Feigenpflaster auf sein Geschwür legen ließ (ein Feigenpflaster ist ein vorzügliches Zugmittel), und daß Timotheus wegen seines kranken Magens und wegen seiner häufigen Schwächeanfälle in geringen Mengen Wein als Stärkungsmittel benutzen sollte. Dem König Asa (dieser Name bedeutet „er hat geheilt“) hingegen werden Vorhaltungen gemacht, daß er, durch seinen Namen ständig an die Heilkraft Gottes erinnert, bei seinem Beinleiden seine Zuflucht zu den Ärzten und nicht zu Gott genommen hatte (1.Kön. 15, 23 und 2. Chron. 16, 12).
Es ist nicht zu leugnen, daß natürliche Heilkräfte in Licht, Luft und Wasser, in Bestrahlungen verschiedener Art, in Kräutern und in der Elektrotherapie liegen. Auch Gifte mögen bei gewissen Krankheiten starke Wirkungen zeigen, doch ist gewiß damit Vorsicht geboten, weil es eben „Gifte“ sind, die in anderer Weise wieder Störungen im Körper hervorrufen können. Dr. Schwenninger, der sich zur Naturheilweise bekennt, äußert sich im „Pilz“ dahin, daß nach seiner Überzeugung die meisten Menschen an Arzneivergiftung stürben.
Ich selbst bin als vierjähriger Knabe nachts um 0.30 Uhr, als ich bei einer schweren Diphtherie wegen Sauerstoffmangels schon blau zu werden anfing, durch einen Luftröhrenschnitt gerettet worden, kann also durch meine Narbe am Hals nie vergessen, was ich nächst Gottes Gnade der ärztlichen Kunst zu verdanken habe.
Wir müssen uns sehr vor Verallgemeinerungen hüten, denn sonst beurteilen wir vieles falsch und tun Menschen Unrecht (Joh. 9, 1 3). Gottes Handeln ist weitaus vielseitiger, als wir es leichthin meinen. Gott ist eben kein Automat, in den man eine Münze hineinwirft, um unten dann das Gewünschte in Empfang zu nehmen. Aber Er neigt sich zu den Demütigen und Gebeugten. Echter Glaube ist immer mit Demut gepaart! Wo der kleine Mensch in Vermessenheit Gott zu befehlen wagt, wird er auf göttlichen Widerstand stoßen. Gott steht gewiß zu Seinen Verheißungen, wenn wir die Bedingungen erfüllen, aber nie dürfen wir Seine Zusagen in mechanistischer Weise verwirklicht sehen wollen. In erster Linie hat Er das ewige Heil des Menschen im Auge. Das müssen wir beachten! Manche würden gewiß verloren gehen, wenn sie immer gesund wären!
Grundsätzlich will unser Herr heilen. Er hat es bei Seinem Weilen auf Erden in Knechtsgestalt getan, Er kann es heute in Seiner Machtvollkommenheit gewiß auch. Die Gesundheit ist eine große Gottesgnade. Es muß nicht so sein, daß wir gesund sind. Sind wir einmal krank, so sollen wir dankbar werden und uns wohl auch auf die Ewigkeit beginnen. Jedenfalls kann ein Mensch in der Regel mit einem gesunden Körper Gott ganz anders dienen, als wenn er leidend ist. Das Endziel der Wege Gottes ist übrigens verklärte Leiblichkeit (Phil. 3, 21).
Die Heilungen nehmen einen verschiedenen Verlauf. Es gibt sofortige Heilungen, stufenweise Heilungen, offensichtliche Besserungen, teilweise Besserungen und Schwankungen mit viel Glaubensproben. Warum das so ist, läßt sich schwer im einzelnen sagen, da die Menschen ja so sehr verschieden sind und Gott wohl immer wieder anders verfahren muß.
Viele Kranke berufen sich eigenartigerweise auf das Leiden des Apostels Paulus (2. Kor. 12, 1 10). Richtig ist es dann aber, wenn wir sie fragen, in welchen Himmel sie denn entrückt worden sind und was für unaussprechliche Worte sie gehört haben, daß ihnen eine solches Demütigungsleiden wie Paulus auferlegt worden ist. Man muß doch bei der Bibelauslegung den Zusammenhang wahren und darf nicht willkürlich jedes Wort auf jede Lage anwenden. Dasselbe gilt auch von dem Gebet unseres Herrn in Gethsemane „nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“ Bei vielen ist dieses Gebet nur ein Vorwand für ihren Unglauben, aber nicht ein Beweis ihrer Gottergebenheit und Frömmigkeit.
Aufs Ganze gesehen ist die Krankheit eine Folge der Sünde, nicht unbedingt der eigenen Sünde, wohl aber eine Auswirkung der Menschheitssünde. In sehr vielen Fällen stellt die Krankheit jedoch tatsächlich eine Folge persönlicher Versündigung dar. Nach den Feststellungen von Dr. Paul Tounier in seinem Buche „Krankheit und Lebensprobleme“, Verlag Benno Schwabe u. Co., Basel, das jeder Pastor und Prediger lesen müßte, sollen 80 % aller Krankheiten seelisch bedingt sein. Kummer, Herzeleid, Sorge, Ärger, Enttäuschungen, Neid, Zorn, Mißgunst und andere ungeordnete Regungen wirken zurück auf das Leibesleben, weil nach der Feststellung eines englischen Arztes „nicht der Leib, sondern der Mensch krank“ ist. Der Mensch ist eben eine leiblich-seelisch-geistige Einheit. Was im Leibe vorgeht, wirkt zurück auf die Seele. Das empfinden wir schon bei Zahnschmerzen, wir sind nicht gut gelaunt! Umgekehrt wirkt auch alles Seelische auf den Leib zurück. Das ist leicht festzustellen, denn bei Schreck erblaßt der Mensch und bei Scham errötet er. Da wirken sich rein seelische Vorgänge über das Nervensystem auf Herz und Kreislauf aus. Wir können deshalb mit Fug und Recht sagen: die beste Medizin für den Leib ist ein fröhliches Herz!
In dieser Hinsicht haben echtes Gottvertrauen und die Gewißheit der Sündenvergebung eine große Bedeutung im Leben der Menschen. Das sagt schon das Alte Testament: „Die Freude am Herrn ist unsere Stärke“ (Neh. 8, 10). Das gilt auch vom Stillesein und der Gottesgemeinschaft (Jes. 12,2; 30,15; 45,24; 61,10). Die Gottlosen verfallen dem Unfrieden (Jes. 48,22; 57,20 21). Alle negativen Regungen in unserem Leben, wozu die Selbstsucht in jeder Form gehört, verursachen Störungen der Harmonie und rufen über das Nervensystem Krankheiten hervor. Alle positiven Regungen hingegen, die der Liebe, dem Vertrauen und der Hoffnung entspringen, wirken Harmonie und Wohlbefinden und sind dem Leib ein Balsam. Im übrigen ist es ja ganz offensichtlich, daß ein Mensch sich durch ein ausschweifendes Leben ruinieren kann (Sprüche 5,1 23; 6,20 bis 7,27; 23,26 35). Auch durch Überarbeitung sündigen viele Menschen an ihrer Gesundheit. Wer nicht mehr die Ordnungen des Ewigen beachtet und Nachtruhe, Sonntagsruhe und Winterruhe dauernd übergeht, braucht sich garnicht zu wundern, wenn sich „Neurosen“ bei ihm einstellen und sein Befinden launenhaft wird. Wenn jemand statt um 23 Uhr schon um 22 Uhr zu Bett geht, so hat er im Jahre 365 Stunden wertvollen Schlafes, das sind volle 15 Tage, mehr. Und wenn jemand wirklich jeden siebenten Tag sich körperlich und seelisch ausruht, hat er auf diese Weise einen Urlaub von 7 1/2 Wochen.
Wo erleben heute Menschen noch die Dämmerstunde? Das elektrische Licht ist uns in mancher Hinsicht nicht gerade nützlich geworden, weil wir nur an einem Lichtschalter zu knipsen brauchen und uns so die Nachtruhe rauben können. Die Folgen dieser Unnatur wirken sich in krankhaften Zuständen aus. Bronchialasthma, Hautekzeme, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, Nervenentzündungen, Geschwülste, sogar Erblindungen und Lähmungserscheinungen sind weithin eine Auswirkung seelischer Störungen. Es besteht kein Zweifel, daß ein frohes Herz ein Balsam für den ganzen Leib ist. Aber nur ein reines und liebevolles Herz kann froh sein! Hier ist Jes. 58, 6 12 eine hervorragende Stelle, die in jedem Krankenhaus und Arztzimmer hängen sollte. Dort heißt es nach Menge:
„Ist nicht vielmehr das ein Fasten, wie ich es liebe: daß man ungerechte Fesseln löst, daß man die Bande des Knechtschaftjoches sprengt, Vergewaltigte in Freiheit setzt und jegliches Joch zerbricht? Nicht wahr? Wenn du dem Hungrigen dein Brot brichst und unglückliche Obdachlose in dein Haus nimmst, wenn du einen Halbnackten siehst, ihn kleidest und dich deinem Volksgenossen nicht entziehst: dann wird dein Licht wie das Morgenrot hervorbrechen und deine Heilung schnelle Fortschritte machen; und vor dir wird deine Gerechtigkeit hergehen und die Herrlichkeit des Herrn deine Nachhut bilden. Wenn du dann rufst, wird der Herr dir antworten, und wenn du um Hilfe schreist, wird Er sagen: Siehe, hier bin Idi! Wenn du die Gewalttätigkeit, das höhnische Fingerausstrecken und das Trugreden aus deiner Mitte wegschaffst und dem Hungrigen das darreichst, wonach du selbst Verlangen trägst, und die verzagte Seele sättigst, so wird dein Licht in der Finsternis erstrahlen und dein Dunkel wie der helle Mittag sein; und der Herr wird dich allezeit leiten und deine Seele auch in wüsten Gegenden sättigen und deine Glieder rüstig machen, daß du einem wohlbewässerten Garten gleichst und einem Wasserquell, dessen Fluten nie versiegen. Und die uralten Trümmerstätten sollen von dir wieder aufgebaut werden; die Grundmauern vieler früheren Geschlechter wirst du wieder aufrichten; und man wird dich den Vermaurer von Rissen, den Wiederhersteller bewohnbarer Straßen nennen.“ (Siehe dazu auch Psalm 32, 1-5)
Im übrigen ist dem Menschen auch eine Lebensgrenze gesetzt, die wir nicht überspringen können. „Unser Leben währet 70 Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s 80 Jahre“ (Psalm 90,10). Und wenn jemand dieses Alter erreicht hat, sollten wir nicht so sehr um Gesundung bitten, sondern um die rechte Vorbereitung für den Heimgang. Die Gebrechen des Alters liegen eben heute in der natürlichen Schöpferordnung begründet. In Prediger 12, 1 8 wird uns das in meisterhafter Weise geschildert.
Sehr wichtig ist für die Krankenheilung das Gebet unter Handauflegung mit oder ohne Ölsalbung als Zeichen der Weihe (Mark. 6, 13). Jesus und Seine Apostel übten sie. Und unser Herr hat sie ausdrücklich aufgetragen (Mark. 16, 17 u. 18). Bei Besessenen hat Er Sich ihrer jedoch nie bedient, da hat Er durch ein Machtwort ausgetrieben. Bei den verschiedensten Krankheiten hingegen hat Er Seine Hände den Kranken aufgelegt. In einem Falle hat Er es auch zweimal getan (Mark. 8, 22 26). Unser Herr ließ sich auch von den Kranken anrühren, und Er selbst rührte sie an, wohl, um ihren Glauben zu unterstützen. So ergreift Er die Hand, legt die Finger in die Ohren, berührt mit Seinem Speichel sogar die Zunge eines Stummen, spuckt einem Blinden in die Augen, macht mit Seinem Speichel einen Brei und legt diesen dem Blinden auf, Er spricht Mut dabei zu, stellt Fragen, gibt Anweisungen, nimmt beiseite und treibt Leute fort, um ungestört mit den Kranken reden zu können, prüft auch zeitweise den Glauben, in vielen Fällen aber legt Er die Hände auf ihr Haupt und betet für sie, indem Er zum Himmel aufschaut.
Hierher gehört auch Jak. 5, 14 16, wo vom Gebet der Gemeindeältesten unter Ölsalbung nach voraufgegangener Beichte die Rede ist. Dieses Gebet hat für den Kranken, der im Vertrauen auf Gottes Zusage hin die Ältesten hat rufen lassen, immer eine Auswirkung, vorausgesetzt, daß das Bekenntnis aufrichtig abgelegt worden ist. In manchen Fällen vermittelt das Gebet eine plötzliche oder auch langsame Genesung, in anderen Fällen schafft es eine wunderbare Stärkung und Tröstung des Kranken, manchmal führt es auch einen stillen, träumenden Heimgang herbei. In jedem Falle ist es nach Gottes Wort eine Aufrichtung.
Es gibt im Neuen Testament Motive und Quietive. Motiv kommt von dem lateinischen Wort „moveo, movi, motum, movere“ = bewegen. Damit hängt das Wort „Motor“ = Antrieb zusammen. Die Motive wollen uns antreiben, uns nicht mit dem „Schicksal“, der Krankheit, den Schwierigkeiten usw. abzufinden, sondern vielmehr im Gebet bei Gott Hilfe zu suchen und zu erwarten! Er kann Dinge ändern und Wunder tun!
Im Gegensatz dazu kommt das Wort Quietiv von dem lateinischen Wort „quies, quietis“ = Ruhe (Brahms Requiem!). Die Quietive fordern uns auf zur Geduld, zur Gelassenheit, zu stillem Genügen. Sowohl für Motive als auch für Quietive hat das Neue Testament Belegstellen. Darum ist es sehr wichtig, daß wir unter Geistesleitung stehen und zur rechten Zeit die richtigen Schriftstellen für uns in Anspruch nehmen. Wir dürfen nicht dort, wo wir stille sein sollten, voranstürmen und umgekehrt, wo Gottes Zusagen uns anreizen wollen, Dinge anzupacken, im stillen Genügen bleiben wollen. Wir müssen das Wort richtig teilen!
Wichtig ist, daß wir ein Wort Gottes für uns haben, dann können wir mutig wagen. Zu fragen ist aber ebensowohl, ob wir kein Schriftwort gegen uns haben; dabei müssen wir die einzelnen Schriftworte stets aus dem Ganzen heraus werten. Das Gebet im Namen Jesu ist dann dasselbe wie das Gebet des Glaubens oder die Erhörung durch das Bleiben in Ihm (Joh. 14,12 14; 15,7; 16,23 24). Handeln wir nach dem eben Gesagten, so werden wir im gehorsamen Wandel vor Gott einen Gebetssieg nach dem anderen erringen.
Sehr zu beachten ist Hebr. 11, 32 39, wo von den verschiedenen Glaubenstypen die Rede ist. Von manchem wird gesagt, daß sie die Verheißungen erlangten (V. 33), von den anderen aber (V. 35), daß sie die Erfüllung der Verheißung nicht erlebt haben (V. 39). Dennoch werden die letzteren ebenso wie die ersteren als Glaubenshelden bezeichnet. Gott vermischt die Lose der Menschen eigenartig, damit niemand zu der Meinung kommt, daß es sich mit der Frömmigkeit wie mit einer Handelsware verhält. Er will „Reinkulturen“ der Frömmigkeit haben. Gott kann sich auf die eine wie auf die andere Art verherrlichen. Wir müssen Ihm freie Hand lassen, wie Er sich bei den Seinen auswirken will.
Auf derselben Linie liegt auch, was uns in Jak. 5 über Hiob und Elias gesagt wird. Der eine wird als Typus des Dulders, der andere als Typus des Siegers hingestellt. Beide waren hervorragende Gottesmenschen, hatten aber nach dem Ratschluß Gottes ganz verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Hüten wir uns vor Schablonisierung und Mechanisierung, denn dann geraten wir in Einseitigkeit, und das bedeutet den Tod gesunden geistlichen Lebens!
Bei den vielen Motiven des N. T. finden wir übrigens immer wieder Bedingungen und Voraussetzungen, die wir beachten müssen, wenn unser Gebet wirksam werden soll. Mark. 11, 24; Joh. 14, 12 14; 15,7; 16, 23 24; 1. Petr. 5, 7; Matth. 7, 7 sind solche Motive. In den Gleichnissen von dem bittenden Freund Luk. 11, 5 13 und von der bittenden Witwe Luk. 18, 1 8 werden wir durch den Herrn sogar zu unverschämtem Bitten ermuntert, wenn wir nicht gleich Antwort erhalten. Vielleicht muß an unserem Leben erst noch etwas zurechtgebracht werden, ehe Gott unser Gebet erhören kann. Wenn Er nicht gleich antwortet, ist das noch lange kein Beweis dafür, daß Er es überhaupt nicht tun will. Und da hat nicht nur das Gebet des einzelnen eine Bedeutung, sondern erst recht das Gebet der ganzen Gemeinde, wie wir es auch aus Apg. 4, 29 31 klar ersehen können. Solches Gebet sollte noch viel bewußter und zielstrebiger geübt werden; dadurch würde auch eine kräftigere Verbundenheit der Gemeindeglieder erreicht.
Unser Herr Jesus Christus lebt ewiglich! Er hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Er hat das barmherzige Herz. Er hat große Verheißungen gegeben. Und Er kann unmöglich lügen! Das bekennen wir als Jünger Jesu mit frohem Herzen. Ist das der Fall, dann kann Er auch heute noch Sünden vergeben, Krankheiten heilen, von Dämonen befreien und aus allerlei Not erretten. Anderenfalls müßten wir zu dem Schluß kommen, daß die Bibel nicht wahr sei oder daß der Herr unverständlicherweise Sein Verhalten gegen früher geändert habe. Zu behaupten, daß mit der Zeit der Apostel Forderung und Vermögen zur Krankenheilung aufgehört habe und wir nun dafür die Bibel besäßen, ist abwegig und eine aus fehlender Vollmacht geborene bloße Ausflucht. Hebr. 13, 8 lesen wir: „Jesus Christus gestern, heute und in Ewigkeit derselbe“. Und die Erfahrungen bestätigen das ja auch herrlich!
Der Unglaube setzt an die Stelle des großen, ewigen Schöpfers den blinden Zufall. Der Aberglaube verläßt sich auf Geschaffenes anstatt auf den Allherrn und Seinen eingeborenen Sohn. Und der Irrglaube gründet sich auf Menschensatzungen anstatt auf Gottes geoffenbartes Wort. Wenn wir aber nachdenken über die Größe und Macht Gottes, wie sie uns in der Natur und in der Bibel geoffenbart wird, dann müssen wir mit dem Psalmisten bekennen: „Er heilt die zerbrochenen Herzen und verbindet ihre schmerzenden Wunden. Er bestimmt den Sternen ihre Zahl und ruft sie alle mit Namen“ (Psalm 147, 3 4). Im Kleinsten ist Gott am größten! Welche Zuversicht erwächst uns bei diesem betenden Sinnen im Blick auf unsere Nöte!
Heilung von Besessenen
Und nun ein Wort zur Dämonie! Gibt es überhaupt Dämonen? Auf dem humanistischen Gymnasium meiner Heimatstadt Meiningen wurde uns gesagt: Dämonen gibt es nicht; dieser Begriff ist nur eine Personifizierung, eine orientalische Ausdrucksweise für anormale Triebhaftigkeit im menschlichen Leben. Im Neuen Testament kommt der Stamm dafür aber 78 mal vor, und außerdem findet sich noch etwa 50 mal die Benennung „unreine, böse Geister“, auch „Geister der Bosheit“ für die Dämonen. Und Satan, der Oberste der Dämonen, hat allein dreißig ausgeprägte Namen, die 142 mal erwähnt werden; ja 34 mal heißt er Teufel (= Dazwischenwerfer) und Satan (= Verkläger).
Jesus und Seine Jünger reden immer wieder vom Satan und den Dämonen. Manche meinen zwar, Jesus sei ein Kind seiner Zeit gewesen und hätte deshalb dieselbe irrige Meinung gehegt wie Seine Zeitgenossen. Andere wieder glauben, daß Jesus zwar weit über Seine Zeit hinausgewachsen wäre, aber die Leute bei ihrem Glauben gelassen hätte. Beides jedoch ist irrig. Ich selbst glaubte als junger Mensch meinen akademisch gebildeten Lehrern mehr als der Bibel und konnte mit ihren Aussagen über Dämonen nichts anfangen, zweifelte auch im Blick auf das, was Pfarrer Blumhardt über die Gottliebin Dittus geschrieben hatte, bis ich eines Tages umdenken lernte.
Aus dem ersten Weltkrieg war ich wohlbehalten wieder heimgekommen und stand unter dem Eindruck, daß mein Leben mir gar nicht gehöre. Mit Entschiedenheit setzte ich mich in der Sonntagsschule und Jugendarbeit ein. Wir hatten in unserem Jugendkreis ein etwa 20jähriges Mädchen, Lotte, von der gesagt wurde, sie habe hin und wieder „epileptische Anfälle“. Als sie wieder einmal fehlte, fühlte ich mich innerlich gedrängt, sie zu besuchen. Ihre Mutter führte mich an ihr Bett. Lotte unterhielt sich schicklich und freundlich mit mir. Plötzlich wurde sie ohnmächtig, sank in die Kissen zurück, und jetzt sprach eine andere Stimme aus ihr, sie schimpfte und lästerte, daß ich ganz entsetzt war. Wie ein Blitz ging es mir durch den Sinn, daß meine Professoren sich geirrt hätten. Ich dachte daran, daß Jesus einmal nach dem Namen eines solchen Dämonen gefragt hatte. Als ich das auch tat, kam es mit dumpfer Stimme aus Lottes Mund: „Ich bin die Lotte, ich bin die Lotte!“ Ich aber gebot jetzt im Namen Jesu Christi, daß der unsaubere Geist ausfahren und nicht wieder in sie zurückkehren dürfe. Lotte tat einen tiefen Seufzer, öffnete ihre Augen, redete wieder in der gesitteten Weise mit mir wie vorher, wußte jedoch nicht, was mit ihr vorgegangen war. Von Stund an bekam sie keinen sogenannten „epileptischen Anfall“ mehr.
Als ich mich im Jahre 1950 das letzte Mal nach ihr erkundigte, hatte sie keinen Anfall wieder bekommen, und darüber waren mehr als dreißig Jahre vergangen. Dieses Erlebnis hatte ich kurz nach meiner Berufung mit einem dreifachen Berufungsgesicht und zwei wunderbaren Krankenheilungen. Seitdem glaube ich an die Existenz von Dämonen und an die Möglichkeit, sie im Namen Jesu auszutreiben. Ich habe dann im Laufe von über 34 Jahren in kleineren und größeren Abständen in etwa 20 bis 24 Fällen mit Besessenen zu tun gehabt und dabei die verschiedensten Erfahrungen machen dürfen, meist mit unangenehmen Begleitumständen. Was den erwähnten Fall angeht, so ist ein Arzt der Überzeugung gewesen, daß es sich hier um einen typischen Fall von Hysterie gehandelt habe, ich aber bleibe bei der Feststellung, daß hier doch Dämonie vorgelegen hat, weil bestimmte Merkmale darauf hindeuten.
Überhaupt habe ich Konvergenzerscheinungen feststellen müssen. Es handelt sich dabei um Ähnlichkeit ohne Verwandtschaft (convergere = annähern, aufeinander zulaufen). Wir kommen hier auf Merkmale zu sprechen, ohne die wir überhaupt nichts auseinanderhalten können. Solche Erscheinungen haben wir im Mineral , im Pflanzen und im Tierreich auch. Manche Mineralien sehen sich sehr ähnlich, so daß sich auch Kenner irren können. Aber diese Mineralien haben verschiedene Härten, ein verschiedenes spezifisches Gewicht, verschiedene Kristallisationsmerkmale und reagieren verschieden auf Säuren. Konvergenz liegt bis zu einem gewissen Grade auch bei Stein-, Gallen- und Satanspilz vor. Wir müssen genau die Merkmale jedes einzelnen kennen, wenn wir uns nicht vergiften oder doch unser Pilzgericht verderben wollen. Ein Kenner täuscht sich bei diesen Pilzarten nie, wohl aber alle, die keine Merkmale kennen und unterscheiden können. So ist es bei gewissen Wolfsmilch- und Cereus- Kakteenarten, deren Stammkörper zum Verwechseln ähnlich sind, die jedoch durch den Saft, die Blüten und vor allem die Früchte klar unterschieden werden können. Nicht anders verhält es sich bei Fällen in der Tierwelt, etwa bei Schmetterlingen mit unterschiedlichen Eiern und Raupen, aber mit täuschend ähnlicher Imago (Endform der Entwicklung) und Giftunterscheidung. Merkmale, Kennzeichen! Das ist ein wichtiges Wort für uns in der Seelsorge!
Auch im Menschenreich treten Konvergenzerscheinungen auf. Deshalb müssen wir sorgfältig auf Merkmale achten und fein säuberlich auseinanderhalten, ob es sich um somatische (körperliche), psychische oder dämonische Vorgänge handelt. Eigentlich müßten wir Mediziner, Psychologen, Parapsychologen, Philosophen und Theologen sein. Vor allem aber bedarf es einer gründlichen Kenntnis der Heiligen Schrift und der geistigen Strömungen inmitten der Menschheit. Da das alles jedoch kaum in einem Menschen vereinigt sein wird, müssen wir eben zusehen, wie wir, etwa in der Zusammenarbeit mit Fachleuten, in schwierigen Fällen zum Ziele kommen. Im übrigen geht es ja auch um Heilungsgaben, so daß wir nicht allzu ängstlich zu sein brauchen, wenn wir unter der Leitung Gottes stehen und Intuitionen und Inspirationen erleben.
Auf einige Merkmale möchte ich hinweisen, die sowohl somatisch, psychisch als auch dämonisch bedingt sein können. Es gibt eine dämonische Körperstarre bei vollem Bewußtsein des Besessenen, die ähnlich wie im hypnotischen Schlaf beobachtet werden kann. So kann Müdigkeit durch körperliche Anstrengung, aber auch durch Traurigkeit oder Besessenheit kommen. Die Ursachen von Herzbeschwerden können etwa in Überarbeitung oder besonders bei Frauen in klimakterischen Erscheinungen liegen, aber auch in Kummer und Sorgen oder in Dämonie. Anfälle mit Schäumen und Zähneknirschen können durch Fallsucht als rein organische Auswirkung auf Grund einer Erkrankung der Hirnrinde hervorgerufen werden, andererseits aber auch durch böse Geister. Ebenso können Rückgratsverkrümmungen durch nachlässige Haltung, durch offenbare Krankheiten, aber auch durch einen Dämon verursacht sein. Aus der Kenntnis von Merkmalen ergibt sich die Stellung der richtigen Diagnose, um dann zur entsprechenden Heilweise zu kommen. Siehe Luk. 13, 10 17, wo von einer Frau geredet wird, die einen Krankheitsgeist hatte, von der Jesus sagte, Satan habe sie 18 Jahre lang gebunden.
Nach dem N. T. wirken sich die Dämonen recht verschieden aus bis hin zur Verursachung von Stummheit, Blindheit, Taubheit u.a. Sie haben auch ein gewisses Maß von Wissen, kennen Vorgänge im Reiche Gottes und können wahrsagen. Vor dem Sohne Gottes fallen sie ehrfurchtsvoll nieder. Sie können auch zu mehreren oder gar vielen einen Menschenleib mit Beschlag belegen. Ich selbst beobachtete noch andere Merkmale (die natürlich keineswegs in jedem Fall dämonisch sein müssen), so dauernde Lästergedanken und Stimmen, quälende Selbstmordgedanken und Zwangsvorstellungen, unerklärbare Angstzustände, Schwermut, Frechheit, Trotz, Verstellungen, Angriffigkeit, Menschenfeindschaft, Würgeerscheinungen, Gesichtsverzerrungen, Rennen gegen die Wand, Salto in der Luft, Stuhlzerbeißen, Schlaflosigkeit, Nervenzucken, Nichtglaubenkönnen, Nichtbetenkönnen, Bibelzerfetzen, zweiseelisches Wesen, allerlei Süchte, Sündigenmüssen bis hin zu den schwersten Verbrechen. Auch hörte ich vom Überspringen auf andere Personen und Rückkehr der Dämonen, vom Kleiderzerreißen bis hin zu völliger Entblößung. Manche Merkmale mögen Ärzte und Psychologen aus somatischen und psychischen Ursachen heraus richtig erklären, keinesfalls aber reichen ihre Erklärungen für alle Fälle aus. Manchmal handelt es sich eben doch um Dämonie.
Wenn das der Fall ist, kann natürlich nicht mit den gewöhnlichen Mitteln geholfen werden, hier kann nur ein Gebieten in der Kraft Gottes die Heilung bringen. Unter Umständen muß ein Kreis von ernsten, gläubigen Betern zu Hilfe gerufen werden. Dann geschieht je und je tatsächlich etwas Durchgreifendes. Und das beweist eben, daß sich diejenigen irren, die alles nur als Psychopathie, Schizophrenie etc. erklären wollen. Damit, daß wir ein schönes Wort gefunden haben und klassifizieren können, ist es noch nicht getan. Wir müssen den Menschen helfen. Auch dadurch, daß wir Menschen kasernieren, sie mit elektrischen Schocks behandeln und notfalls in die Zwangsjacke stecken, haben wir praktisch noch nichts erreicht, wenn es auch in manchen Fällen, sofern keine Besessenheit vorliegt, Ernüchterungen bringen mag. Und mit einem Lächeln und überlegener Geste unter Berufung auf akademische Bildung solchen gegenüber, die Vollmacht haben, ist ebenfalls nichts geholfen. Es beweist nur eine hochmütige Überschätzung des Intellekts. Jesus und Seine Apostel hatten nicht studiert, aber sie waren imstande, Menschen durchgreifend zu helfen, und darauf kommt es ja schließlich an. Damit ist nichts gesagt gegen ein gründliches, wissenschaftliches Studium dieser Gebiete. Im Gegenteil! Ich halte es, um Verzerrungen vorzubeugen, für dringend nötig. Ich bekämpfe nur die rein materialistischen Auffassungen ebenso wie die vielköpfige Hydra eines kalten, überheblichen Intellekts.
Hier wäre die Frage zu beantworten, wann überhaupt Besessenheit eintritt. Nach meinen Feststellungen:
1. vor allem bei Teilnahme an spiritistischen Sitzungen;
2. beim Befassen mit den verschiedenen Gebieten der Zauberei;
3. bei bewußten Teufelverschreibungen und
4. auf vorsätzlichen Sündenwegen. – Betonen möchte ich aber entschieden, daß wir nicht vorschnell Besessenheit annehmen dürfen, solange andere Erklärungen ausreichen!
In meinem Leben habe ich durch die Gnade Gottes viele wunderbare Heilungen erleben dürfen, doch habe ich auch manche Korrekturen bekommen. Ich hatte niemand, der mir Anleitung in diesen Fragen gegeben hätte, war vielmehr ausschließlich auf das Führen und Leiten Gottes unter ständigem Gebet angewiesen. Eine besondere Zeit brach für mich an im Jahre 1948 durch die wunderbare Heilung meiner ältesten Tochter, die unter Handauflegung plötzlich von einer schweren Lungentuberkulose geheilt worden ist, nachdem sie Jahre vorher von den Ärzten aufgegeben worden war. Bei vielleicht dreitausend seelsorgerlichen Aussprachen in drei bis vier Jahren durfte ich Hunderten von Kranken die Hände auflegen und für ihre Gesundung im Glauben beten. Von 1920 bis 1933 waren mir nur vier Fälle von Besessenheit begegnet, dann erst wieder ab 1950 weitere 16 bis 20 Fälle. Auch da möchte ich mit meinen Angaben vorsichtig sein. Nur bei der Hälfte der Fälle trat Heilung ein.
Wie wichtig übrigens die mitfolgenden Zeichen sind, geht daraus hervor, daß nach den Berichten des Neuen Testaments daraufhin andere Heilung begehrten und erlangten, Gott gepriesen wurde, Menschen in die Nachfolge Jesu eintraten und Gottes Werk unterstützten, ja ganze Häuser und Scharen von Männern und Frauen gläubig wurden, die Gemeinden Gottes wuchsen, andererseits Furcht auf die Ungläubigen fiel, Sündenbekenntnisse abgelegt, Zauberbücher verbrannt und Glaubensgehorsam aufgerichtet wurden. Allerdings kamen auch Verfolgungen auf.
Krankenheilungen brauchen durchaus kein Zeichen für Heiligen Geist zu sein! Es gibt Menschen die heilen können und doch nicht vom Herrn anerkannt werden. So sagt Jesus in Matth. 7, 21 23: „Nicht alle, die Mich ’Herr, Herr’ anreden, werden darum schon ins Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen Meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tage zu Mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht kraft Deines Namens als Propheten geredet und kraft Deines Namens böse Geister ausgetrieben und kraft Deines Namens viele Wunder getan?‘ Dann werde Ich ihnen erklären: Niemals habe Ich euch gekannt; hinweg von Mir, ihr Übeltäter!'“
Es gibt andererseits bevollmächtigte Menschen, die keine Heilungen verrichten; sogar „der Größte von Weibern Geborene“ hat keine vollzogen. Wir lesen in Matth. 11,11: „Wahrlich, Ich sage euch: unter denen, die von Weibern geboren sind, ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer; aber der Kleinste im Himmelreich ist größer als er.“
Und Joh. 10, 41 heißt es: „Da kamen viele zu Ihm und sagten: Johannes hat zwar kein einziges Zeichen getan, aber alles, was Johannes von diesem Manne gesagt hat, ist wahr gewesen.“
Fehlschläge sind kein Beweis für einen ungöttlichen Wandel (1. Tim. 5, 23; 2. Tim. 4, 20; 2. Kor. 12, 7 10). Neben den göttlichen und natürlichen Heilungen laufen teuflische einher, die verwirren. Aber, gottlob, es gibt auch echte Heilungen, in Gottes Kraft gewirkt, und wir müssen uns vor unberechtigter und abfälliger Kritik hüten, damit wir uns nicht der Lästerung des Geistes schuldig machen wie die Pharisäer (Matth. 12, 23 33; Luk. 9, 49 u. 50).
Es wäre fesselnd, gründlich auf die verschiedenen Heilweisen einzugehen, deren sich die Menschen schon bedient haben und noch bedienen. Jedoch würden solche Untersuchungen den Rahmen dieser Arbeit vollständig sprengen. Trotzdem möchte ich wenigstens einiges berühren, um zu zeigen, daß der Geist über den Leib die Herrschaft haben muß, wenn Heilungen geschehen sollen, und daß nicht nur auf christlicher Grundlage geheilt worden ist, sondern auch ohne jede Beziehung zu Gott und zu Christus.
„Der Geist bewegt die Masse“ (Virgil). Der Geist beherrscht den Stoff! Beschwörungen unter gewissen Zauberformeln sind immer in der Menschheit verbreitet gewesen und werden auch heute noch bei den Medizinmännern vorgenommen und als Besprechungen im weiten Lande hin und her gepflegt. Bald war es der Mesmerismus, der auf Grund eines sog. „tierischen Magnetismus“ geheilt hat; dann wieder war es Coué, der durch ständige Wiederholung bestimmter optimistischer Sätze vielen seelisch Kranken Heilung vermittelte; Freud mit seiner Psychoanalyse und der Betonung des Unbewußten; Adler, der Begründer der individuellen Psychologie, der nicht so sehr die von „verdrängten sexuellen Komplexen herrührenden Reaktionen, sondern die aus Konflikten zwischen dem Geltungsstreben des Individuums und seinen unerreichten Zielen herrschenden Spannungen“ betonte; Jung mit seiner analytischen Heilbehandlung und darüber hinaus recht fragwürdige „Heiler“ wie etwa Weißenberg, Gröning, Cornelje u. a., die auf irgendeine Weise das Vertrauen ihrer Mitmenschen zu gewinnen wußten und auf recht verschiedene Art ihre „Patienten“ behandelten. Die „Christliche Wissenschaft“, die aber weder christlich noch wissenschaftlich ist, dürfen wir hier nicht übergehen. Sie hat aber wohl ein richtiges Wahrheitsmoment erfaßt, nämlich die Tatsache, daß es gewaltige Seelenkräfte im Menschen gibt, die sich heilend auswirken können, wenn sie in Tätigkeit gesetzt werden. Von einem Beten ist aber bei dieser Richtung keine Rede; ihr „Beten“ ist nur ein Gesunddenken. Auch zu Christus nimmt sie keine biblische Stellung ein, da sie Ihn gar nicht als das Lamm Gottes, sondern nur als einen Märtyrer anerkennt. Verschiedene Heilbewegungen gibt es auf der Erde, besonders in Amerika und auch in England. Wer sich darüber orientieren möchte, dem sei das Buch „Psychology, Religion and Healing“ von Weatherhead empfohlen. Viel Gutes ist in diesem Buche gesagt, wenn es nach meinem Urteil auch teilweise theologisch recht frei geschrieben ist. Lourdes kann nicht übergangen werden, obwohl hier bei dem ungeheuren Zustrom von Menschen doch nur wenige geheilt werden; ich las von etwa 2 %. Jedenfalls sind diese Heilungen unter starker seelischer Beeinflussung nicht von der Hand zu weisen, da sie durch ein Kollegium von Ärzten überprüft und erst dann als echte Wunderheilungen veröffentlicht worden sind. Therese von Konnersreuth mit ihren Stigmata wird ebenso wie die etwa zweihundert in der Kirchengeschichte bekannten ähnlichen Fälle auf hypnotisch-suggestivem Wege erklärt; nur die fast fehlende Nahrungsaufnahme ist ein Rätsel. Die Hypnose wird von mir abgelehnt, weil sie einen schädigenden Eingriff in die freie Persönlichkeit darstellt, der dazu noch die Versuchsperson in eine gefährliche Abhängigkeit vom Hypnotiseur bringen kann. Erfahrene Ärzte haben allerdings manches damit erreicht. – Auf biblischer Grundlage mit gottgeschenkter Begabung heilten aber Blumhardt, Seitz, Stanger und heilen heute noch manche glaubensstarken Jünger Jesu. Neben ihnen stehen tüchtige, gläubige Ärzte.
Es ist mir nicht möglich, über die vorhandene Literatur etwas Maßgebliches zu sagen. Ich habe gar keine Zeit zu einer gründlichen Durcharbeitung, da mich das Leben viel zu stark mit Beschlag belegt. Es ging bei mir überhaupt nicht so zu, daß ich erst vielerlei über Krankenheilung und Dämonenaustreibung vom medizinischen, psychologischen und parapsychologischen Standpunkt aus gelesen hätte und von daher an den Stoff herangekommen wäre. Ich bin vielmehr umgekehrt von der Bibel her mit gläubigem Gebet an die Dinge herangetreten und habe Erfahrungen gesammelt. Danach erst habe ich dann durch das Studium einiger Bücher die Dinge überprüft und, wo es möglich gewesen ist, gern mit Ärzten Gespräche darüber gesucht und geführt.
Entscheidend war für mich, daß ich bereits mit 13 Jahren zum lebendigen Glauben an Christus gekommen bin und mit 21 Jahren eine klare Berufung in den Dienst Gottes erlebt habe. Das Buch von Murray „Jesus heilt die Kranken“ machte damals Eindruck auf mich, nachdem ich einige Anregungen von meinem Vater erhalten hatte. Außer den schon genannten Büchern möchte ich das 1953 erschienene Buch von Dr. theol. Kurt E. Koch über „Seelsorge und Okkultismus“ empfehlen. Ich halte es für das Beste, was ich bis jetzt darüber gelesen habe, trotz der griechischen, lateinischen und sonstigen schwer verständlichen, medizinischen Ausdrücke, die diese Doktorarbeit enthält. Auch Dr. Lechler hat einiges geschrieben, das beachtenswert ist.
Im Laufe von 34 Jahren habe ich eine Menge von Erfahrungen unter ständigem Gebet und dem Leiten Gottes sammeln dürfen, die hier einen gedrängten Niederschlag gefunden haben. Dazu möchte ich ausdrücklich bemerken, daß ich von Jugend auf neben einem gründlichen Bibelstudium mit besonderer Vorliebe naturwissenschaftliche Studien betrieben habe. Im ersten Weltkrieg konnte ich einen Krankenhelferkursus mitmachen und später als Gerichtsbeamter gewisse Einblicke bei Gerichtsgutachten und Sektionen gewinnen.
Zum Schluß einige Ratschläge allgemeiner Art für die Seelsorge an den Kranken:
1. Wir müssen Zeit für den Kranken haben; er muß das Gefühl gewinnen, daß wir jetzt nur für ihn da sind.
2. Dabei muß von uns eine starke, klare Ruhe ausgehen, die wir uns in der Hetze unserer Zeit immer wieder von Gott erbitten müssen.
3. Ein freundliches Wesen voller Liebe wird ein Schlüssel zum Herzen des Kranken sein.
4. Eine freundliche Bestimmtheit muß uns eigen sein, damit wir uns doch nicht ins Uferlose verlieren.
5. Wir lassen den Kranken erzählen und helfen gelegentlich mit Fragen nach. Wir suchen von ihm etwas zu erfahren über seine Vorfahren, seine Familie, seinen Beruf, seine Lebensführung, die Art seiner Krankheit, die Beurteilung seitens des Arztes oder der Ärzte, das bis jetzt erreichte oder nicht erreichte Ziel. Besonders wichtig ist uns die Stellung des Kranken zu Gott und Christus. So bekommen wir ein Bild über ihn und können zu einer Einsicht und zu rechtem Urteil kommen.
6. Treten Schwierigkeiten auf, so vertagen wir die Aussprache am besten, um die Angelegenheit durchbeten zu können. Unter Umständen ist die Zuziehung eines Fachmannes ratsam, möglichst eines Gläubigen.
7. Gebetskreise sind dabei immer eine gute Hilfe.
8. Handauflegung üben wir bei leiblich und seelisch Erkrankten nur dann, wenn unsere seelsorgerliche Aussprache zu einem positiven Ergebnis geführt hat, damit wir uns nicht nach m. Tim. 5, 22 fremder Sünden teilhaftig machen.
9. Bei offenbarer Besessenheit, die bei weitem nicht so oft vorkommt, wie manche denken, hilft nur das Absagen im Gebet und das Austreiben des bösen Geistes, wobei man ihm in der Kraft des Namens Jesu Christi gebietet.
10. Wer nicht von Gott zu diesen Aufgaben berufen ist, der lasse die Finger davon!
Die Hervorhebungen im Text sind von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im Februar 2009
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