Das 1000-jährige Reich (Sauer)

Erich Sauer

DAS KOMMENDE GOTTESREICH

Teil I: DAS ANTICHRISTLICHE WELTSYSTEM, siehe unter https://horst-koch.de/antichrist-sauer/

Teil II:  DAS SICHTBARE REICH CHRISTI (Das sog. 1000 – jährige Reich)

  • aus dem Buch „Der Triumph des Gekreuzigten“, eingestellt und die Hervorhebungen von Horst Koch, Herborn, 2006 –

 

II. TEIL. DAS SICHTBARE REICH CHRISTI

I. Kapitel

DIE GESCHICHTLICHE WIRKLICHKEIT DES HERRLICHKEITSREICHES

Die Königsherrschaft Gottes ist das Endziel der Heilsgeschichte. »Auf daß Gott sei alles in allen« (1. Kor. 15, 28). Das »Reich« ist darum das eigentliche Grundthema der Bibel.

Der Glaube an ein sichtbares Gottesreich noch auf der alten Erde war ursprünglich allgemeiner Geistesbesitz der Christen. Erst mit dem Beginn des werdenden Katholizismus ist er verlorengegangen, um jedoch wieder in den letzten Jahrhunderten neu auf den Leuchter gestellt zu werden.  

In der Tat, nur ein dreifacher Grundfehler der Schriftauslegung vermag an dieser biblischen Wahrheit vorbeizusehen:
– eine unklare Vermischung von Israel und der Gemeinde,
– eine voreilige Verwechslung des Gegenwärtigen mit dem Zukünftigen und
– eine einseitige Vergeistigung der alttestamentlichen Reichsprophetie.

Demgegenüber steht die urchristliche Hoffnung auf ein irdisches, sichtbares Herrlichkeitsreich auf einem fünffachen, unerschütterlichen Felsenfundament. Sie ist

1. die einzige Würdigung der Wahrhaftigkeit und Bundestreue Gottes seiner Verheißung gegenüber,
2. die einzig folgerichtige Deutung der alttestamentlichen Messiasprophetie,
3. die einzige Deutung der Endgeschichte, die mit den Worten des HErrn Jesu und seiner Apostel übereinstimmt,
4. der einzig vollständige Abschluß der göttlichem Selbstrechtfertigung in der Heilsgeschichte,
5. die einzig zum Ziel führende Überleitung der Menschheitsgeschichte in das Reich des Vaters.

I. Die einzige Würdigung der Wahrhaftigkeit und Bundestreue Gottes seiner Verheißung gegenüber

Gottes Gnadengaben und Berufung sind unbereubar (Röm. 11, 29).
Der irdischen, gläubigen Nachkommenschaft Abrahams hatte Gott die Verheißung des Landes gegeben (1. Mose 15, 4-7).
Es war eine Zusage, nicht beginnend bei Mose, sondern bei Abraham (1. Mose 12, 1-3), also nicht gegründet auf das Gesetz, sondern auf die Verheißung (Röm. 4, 13-15), das heißt, nicht geknüpft an Bedingungen, sondern freies Geschenk (Gal. 3, 18).
Darum konnte sie auch durch Israels Versagen nicht aufgehoben werden, sondern blieb, um der Wahrhaftigkeit Gottes (Röm. 15, 8) und um Abrahams seines Freundes willen (Jak. 2, 23; Jes. 41,8; 3.Mose 26, 42), unverändert bestehen.
»So spricht der Herr, der die Sonne gesetzt zum Licht bei Tage, und der Sterne zum Licht bei Nacht … Wenn diese Ordnungen vor meinem Angesicht weichen werden … So soll auch der Same Israels aufhören, eine Nation zu sein vor meinem Angesicht alle Tage« (Jer. 31,35).
»Denn gleichwie der neue Himmel und die neue Erde, die ich mache, vor mir bestehen …, also wird euer Same und euer Name bestehen« (Jes. 66, 22).
Eine »Vergeistigung« dieser bedingungslos gegebenen und buchstäblich gemeinten Reichsprophetie und eine Übertragung derselben auf eine andere Körperschaft wäre aber nichts weiter als ein verschleierter Bundesbruch Gottes seiner Verheißung gegenüber. Das aber sei ferne!

Weiterhin ist die urchristliche Reichshoffnung

II. Die einzig folgerichtige Deutung der alttestamentlichen Messiasprophetie

Die Verheißungen des ersten Kommens Christi sind buchstäblich erfüllt; wer berechtigt uns da, die oft im selben Satz stehenden Verheißungen seines zweiten Kommens lediglich zu »vergeistigen« (z. B. Luk. 1, 31-33)?

Christus kam buchstäblich aus Bethlehem (Micha 5, 1), ritt buchstäblich auf einem Esel nach Jerusalem (Sach. 9, 9), wurde buchstäblich um 30 Silberlinge verraten (Sach. 11, 12) und am Kreuz buchstäblich an Händen und Füßen durchbohrt (Ps. 22, 17). Buchstäblich wurden seine Gebeine nicht zerbrochen (Ps. 34, 21), buchstäblich seine Seite von einer Lanze durchstochen (Sach. 12, 10). Buchstäblich ist er gestorben und begraben (Jes. 53);  buchstäblich auch am dritten Tage wieder auferstanden (Ps. 16, 10; Hos. 6, 2).

Was für eine Ungereimtheit und Sinnwidrigkeit wäre es da, die Voraussagen seines Kommens in Herrlichkeit nun einfach zu »Bildern« zu verflüchtigen!

»Ist Jesus etwa nur bildlich am Kreuz gestorben? Hat er nur geistigen Essig getrunken (Ps. 69, 22), und sind nur seine geistigen Kleider verlost worden (Ps. 22, 19) ?
Hat Gott etwa nur bildlich sein Volk unter alle Völker zerstreut (5. Mose 4, 27) und ist es augenblicklich nur bildlich ohne König, ohne Fürsten, ohne Opfer, ohne Altar und ohne Heiligtum? (Hos. 3, 4.)

Nein, dies alles ist buchstäblich und wirklich geschehen. Wie wäre es da aber richtig, wenn Gott immer wieder in den Propheten beteuert, daß er das Volk Israel aus allen Völkern der Welt von neuem sammeln und in das Land seiner Väter zurückführen werde (z. B. Jer. 16, 14; Sach. 10, 8; Jes. 27, 12; Hes. 11, 17), zu meinen, daß dies alles nur bildliche Redewendungen seien?

Wer gäbe uns das Recht, aus den Juden einfach die Christen, aus Jerusalem die Gemeinde, aus Kanaan den Himmel zu machen?
Hat je der »Thron Davids« im Himmel gestanden (Luk. 1, 32), und ist je »dieses« Land und der »Libanon« und das »Land Gilead«, wohin der HErr sein Volk wieder einpflanzen will (Jer. 32, 41; Sach. 10, 10), woanders als auf Erden, und zwar in Vorderasien gewesen?

Wohl haben auch die Propheten oft dichterische Bilder; wohl hat auch das Tausendjährige Reich einen für die Ewigkeit erst vorbildlichen Sinn, und wohl hat Gott auch in Bezug auf dieses irdische Reich in der Gemeinde zunächst eine geistliche Vorauserfüllung gegeben – so daß das Vergeistigen nicht ganz abgelehnt werden darf, ja, im Blick auf die Ewigkeit sogar von der allergrößten Bedeutung ist -, aber das bloße Vergeistigen ist ein gefährliches Herumspringen mit dem einfachen Schriftsinn; es ist willkürlich und unlogisch im Hinblick auf die Weissagung des ersten Kommens Christi und macht Gott zum Lügner seiner Verheißung gegenüber. Israel soll wieder nach Kanaan. Das gehört mit zum biblischen Programm für die Zukunft.

Ferner: die urchristliche Reichserwartung ist

III. Die einzige Deutung der Endgeschichte, die mit den Worten des HErrn Jesu und seiner Apostel übereinstimmt

1. Das Zeugnis Christi. In seiner Gerichtsrede gegen die Pharisäer und das unter ihrer Führung irregeleitete Israel sagt Christus: »Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind … Siehe, euer Haus soll euch wüste gelassen werden. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: »Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn« (Matth. 23, 37-39).

Damit sagt der Herr: Das Haus Israel soll nicht immer eine Wüste bleiben; nicht immer sollen sie mit verdorrter Seele und schmachtendem Herzen im Gerichtszustand gelassen werden; sondern eine Zeit wird kommen, da wird Israel seinen Messias erkennen und ihn mit jubelnder Freude und frohlockendem Zuruf aufnehmen. Dann werden sie ihm als Bekehrte von ganzem Herzen zufallen und ihn begrüßen als ihren Messias und Gottkönig.

Zwar ist das Reich des HErrn Jesu nicht »von« dieser Welt (Joh. 18, 36), wohl aber für diese Welt. Der HErr selbst bezeugt: »Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auch ihr werdet in der Wiedergeburt, wenn der Sohn des Menschen sitzen wird auf seinem Throne der Herrlichkeit, auf zwölf Thronen sitzen und richten die zwölf Stämme Israels« (Matth. 19, 28).
Und als ihn seine Jünger nach seiner Auferstehung fragten: »HErr, stellst du in dieser Zeit dem Volke Israel das Reich wieder her?« (Apg. 1, 6), hat er sie nicht wegen »fleischlicher Vorstellungen« gescholten oder das Kommen des von ihnen gemeinten sichtbaren Gottesreiches überhaupt in Abrede gestellt, sondern nur gesagt: »Es gebührt euch nicht zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat« (Apg. 1, 7). Damit aber beweist gerade dieser prophetische Ausdruck »Zeit oder Stunde«, daß das Reich Gottes tatsächlich einst aufgerichtet werden wird (vgl. Matth. 8, 11; Luk. 22, 16).

2. Das Zeugnis des Apostels Johannes. Unwiderlegbar bezeugt ferner die Offenbarung Johannes das Kommen dieses Herrlichkeitsreiches. Sie ist hierbei das einzige Buch der Bibel, welches ausdrücklich von »tausend Jahren« spricht (Off. 20, 2-7). Die Stellung des betreffenden Abschnitts hinter dem Bericht über die Erscheinung Christi und den Sturz des Antichristen (Off. 19, 11-21) beweist, daß diese »tausend Jahre« von der Wiederkunft Christi an zu zählen sind und zwischen der »ersten« Auferstehung (Off. 20,5) und dem »Großen Weißen Thron« liegen (Off. 20, 11-15).

3. Das Zeugnis Pauli. Im zweiten Korintherbrief vergleicht Paulus die Herrlichkeit des Alten Bundes mit der des Neuen und spricht in diesem Zusammenhang von dem Unglauben Israels in der Zeit seiner Verblendung. »Ihr Sinn ist verstockt worden … Ja, bis heute liegt, so oft Mose vorgelesen wird, eine Decke auf ihrem Herzen. Sobald es (d. h. Israel) sich aber zum HErrn bekehrt, wird die Decke hinweggenommen« (2. Kor. 3, 14-16 vgl. 2. Mose 34,34).
Der Apostel blickt hier auf eine Zeit hinaus, da Israel sich zu Christus bekehrt. Dann wird ihm die Decke vom Herzen genommen, und sie gelangen zur Herrlichkeit und wahren Freiheit. Damit aber wird diese Stelle zu einem klaren Zeugnis, daß Paulus eine zukünftige Errettung und Wiederannahme Israels erwartet. »Da Paulus für Israel die Verheißung hat, daß auch ihnen der Christus sich offenbaren wird, so wird auch für Israel die Stunde kommen, in der es nicht mehr ein unverstandenes Gesetz verehrt, sondern seinen Sinn und Zweck versteht. Diese Stunde kommt ihm dann, wenn es sich zu Jesus wendet« (Adolf Schlatter)
Damals, bei Moses, fiel die Hülle jedesmal, wenn er sich wieder Gott zuwandte (2. Mose 34, 34). So wird auch, wenn das alttestamentliche Heilsvolk sich zum HErrn hinwendet, sich zu Jesus bekehrt, die Hülle hinweggenommen. Dann wird Israel erkennen, daß die Herrlichkeit des Mose sich nicht vergleichen läßt mit der Herrlichkeit des »eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit (Joh. 1, 14).

Vor allem aber ist es der große, heilsgeschichtliche Rechtfertigungsbeweis seines Evangeliums in Röm. 9-11, der hier in Betracht kommt.

Paulus verkündigte ein gesetzesfreies Evangelium ohne Unterschied zwischen Juden und Heiden (Röm. 3,9; Gal. 3,28). Da mußte in jedem schriftgläubigen Israeliten die Frage auftauchen: »Wird diese Botschaft nicht durch die zwei Jahrtausende lang feststehende Tatsache der Erwählung und Sonderstellung Israels Lügen gestraft (Ps. 147,19; Amos 3,2;  2.Mose 19,5)? Ist es nicht klar, daß dann entweder Gott seine Verheißungen Israel gegenüber gebrochen haben muß oder aber – da dieses doch nimmermehr der Fall sein kann – Jesus von Nazareth, wie Paulus ihn predigte, ist nicht der dem Volk Israel verheißene Messias?

Darauf antwortete Paulus:
(a) Gottes Handeln ist frei (Röm. 9).  Auf dem Schauplatz der Weltgeschichte lenkt er die Figuren, wie er will. So zwingt er zwar die Gläubigen nicht zum Glauben und die Ungläubigen nicht zum Unglauben; aber aus der Zahl der Ungläubigen erwählt er sich einzelne zu besonderen Beispielen seiner Gerichtsmacht (so den Pharao von Ägypten: Vers 14-18); und aus der Zahl der Gläubigen erwählte er sich andere zu besonderen Trägern seines Heilsmittlertums (so Abraham, Isaak, Jakob; Vers 6-13). Auch Israels Erwählung beruht darum auf Gottes Freiheit und in keiner Weise hat der Mensch – auch der Jude – ein Recht, Gott gegenüber auf irgend etwas zu pochen. Auch wenn er den Höchsten in seinem Handeln nicht versteht, hat er zu schweigen und Gottes Freiheit – wie die Freiheit des Töpfers dem Ton gegenüber – einfach anzuerkennen (Vers 19-23). Dennoch:

(b) Gottes Handeln ist gerecht (Röm. 10). Seine Freiheit ist nicht Willkür. Er hat rechtlichen Grund, Israel so zu behandeln, wie er getan hat. Denn Israel hat die Gesetzesgerechtigkeit gewollt (Röm. 9,30 – 10,3), er aber hat die Glaubensgerechtigkeit angeordnet: er hat sie befohlen, er hat sie ermöglicht (10, 4-13); Israel dagegen hat sie abgelehnt. Darum ist es ungehorsam und schuldig und hat die Strafe verdient, die es getroffen hat (10, 19-21).

(c) Gottes Handеln ist segenbringend (Röm. 11). Auch im Gericht hat er sein Volk nicht »verworfen«, sondern nur für eine Zeitlang beiseite gesetzt. Auch in der Zerstreuung behält Israel seine Hoffnung (3. Mose 26, 44; Hes. 11, 17). Gottes Handeln mit ihm bringt Segen für alle:

für den christusgläubigen Überrest – denn er erlangt die Begnadigung (Vers 1-10),
für die allgemeine Völkerwelt – denn sie empfängt das Evangelium (Vers 11-15),
für das einst geistlich erneuerte Israel – denn es wird wieder angenommen (Vers 16-23

So ist die Verstockung, die über Israel gekommen ist, ihm nur »zum Teil« widerfahren und auch nur so lange, »bis daß« die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird (Röm. 11, 25). Dann aber werden die aus dem Ölbaum des Gottesreiches »ausgebrochenen« Zweige wieder »eingepfropft« werden, »und also wird ganz Israel errettet werden« (Röm. 11).

Dies ist die Lösung der Spannung zwischen Volksberufung Israels und Völkerberufung der Gemeinde. Erst durch die Zukunft wird also die Vergangenheit mit der Gegenwart versöhnt. Erst durch das Ende wird die Mitte gerechtfertigt. Mit der Anerkennung dieser Sätze steht und fällt das ganze paulinische Evangelium. Wer darum diese Weissagungen leugnet, leugnet das Fundament der Gemeinde. Er leugnet, wenn er folgerichtig denkt, entweder die Bundestreue Gottes oder die Gesetzesfreiheit des Evangeliums, das heißt, entweder Jahwe oder Paulus.

Gewaltig sind die Wirkungen, die von dieser Neubelebung Israels auf die Völkerwelt ausgehen. Es kommt zu einer kosmischen »Wiedergeburt« im Reich des Auferstandenen (Matth. 19, 28). Er schreibt: »So frage ich nun: Sind sie etwa deshalb gestrauchelt, weil sie zu Fall kommen sollten? Keineswegs! Vielmehr ist durch ihre Verfehlung das Heil den Heiden zugefallen … Wenn aber schоп ihre Verfehlung ein Segen für die Menschheit und ihre Verminderung zu einem kleinen Überrest ein Segen für die Heiden geworden ist, um wieviel segensreicher muß dann erst ihr volles Eintreten sein . . .

Wenn schon ihre Verwerfung zur Versöhnung der Welt führt, was kann dann ihre Annahme anderes bringen als Leben aus den Toten!« (Röm.11,11-15). Hier bekennt sich Paulus in völlig unmißverständlichen Worten zu dem Glauben an eine Vollbekehrung Israels und erklärt, daß von da aus die größten Segenswirkungen auf die Menschheit ausgehen werden. Gegenüber diesen neuen Gottesgaben und Lebenskräften höherer Geistesfülle, die sich dann auch auf die Völkerwelt ausbreiten werden, wird alles frühere Völkerleben wie ein totes erscheinen, aller früherer Reichtum der Nationen muß wie Armut, alles frühere Völkerheil wie Heillosigkeit. Damit aber spricht Paulus nicht nur seinen Glauben an Israels zukünftige geistliche und nationale Errettung aus, sondern bezeugt zugleich die umfassende nationale und übernationale, weltgeschichtliche und heilsgeschichtliche Bedeutung dieses Ereignisses: es ist »Heil« für die Völkerwelt, »Reichtum« der Nationen, ja, ein geistliches Auferstehungsfest für die allgemeine Menschheit, eben »Leben aus den Toten«.

Damit ist schon die Frage nach dem Sinn dieses kommenden Gottesreiches berührt. Denn die Frage entsteht doch:
Wozu überhaupt ein solch sichtbares Reich?
Warum hat Gott Israel einst solche Verheißungen gegeben?
Was ist der Sinn dieser kommenden Reichszeit im Heilsplan der Erlösung?

Darauf antworten wir: Das sichtbare Herrlichkeitsreich ist

IV. Der einzig vollständige Abschluß der göttlichen Selbstrechtfertigung in der Heilsgeschichte

1. Christo gegenüber. Ist nicht der Höchste seinem königlichen Gesalbten gegenüber verpflichtet, ihm eine Gelegenheit zu geben, sich als den besten Gesetzgeber und Richter, Regenten und Weltherrn zu beweisen, als den, der die Leitung der Weltgeschäfte besser versteht als alle bisherigen Großen und Gewaltigen der Erde, und zwar dies noch im Rahmen der alten Schöpfung, in der ja auch jene gelebt und ihn als den »König« verworfen haben? Und ist es nicht gerecht, daß, nachdem Satan Jahrtausende hindurch vor aller Welt gezeigt hat, wie er lügen und betrügen und die Völker verderben kann, nun Gott seinerseits in Christo beweist, wie er segnen und retten und Frieden geben kann, und zwar ebenfalls auf dem Boden dieser alten Welt? »Jawohl, diese selbe Erde, welche die Schmach und Schande des Gottessohnes gesehen hat, muß auch noch seine Herrlichkeit schauen. Diese selbe Erde, die das Blut des Allerheiligsten getrunken hat, muß auch noch seiner Erlösung teilhaftig werden. Das verlangt Gottes Gerechtigkeit.« Hier, wo Satan triumphiert hat, muß Jesus gekrönt werden!

2. Der Menschheit gegenüber. »Sieht man sich diesen Glauben an ein Tausendjähriges Reich vorurteilsfrei an, so muß man gestehen, daß es ein großer und schöner Gedanke Gottes wäre, wenn er der armen Erde und dem müden Gast auf derselben nach sechs harten Tagen der Last und der Arbeit einen großen Sabbat gönnte, in welchem Christus der sündigen Menschheit die Zügel aus der Hand nähme, um eine Weile diese Welt persönlich in Recht und Gerechtigkeit nach dem Gesetz Gottes, zu regieren« (Bettex).

Ist es bis dahin doch noch nie offenbar geworden, wie glückselig und herrlich ein Volk auf dieser Erde sein kann, wenn es den HErrn persönlich in seiner Mitte wohnend und thronend hat! In der Tat, gerade dies ist der große, weltumgestaltende Gedanke der Offenbarung, daß noch auf der alten Erde das Reich Gottes möglich ist! Damit aber beweist Gott, daß nicht die Umstände und elementaren Gewalten daran schuld waren, daß die Völker nicht in Frieden miteinander leben konnten, sondern lediglich die Sünde des Menschen selbst und die Verführung des Teufels.

Weiterhin jedoch beweist gerade der Schluß dieses Reiches, wie hoffnungslos verloren der Mensch von Natur ist. Denn was tut die Menschheit nach tausendjährigem, vollkommenem Gottesregiment? Sie empört sich gegen den HErrn und zieht in Millionenarmeen gegen den Höchsten zu Felde (Gog und Magog: Off. 20, 7-10)!
So beweist auch der letzte Versuch Gottes die verzweifelte Bosheit des Menschen. Die Nationen werden sogar aus den idealsten wirtschaftlichen und politischen Zuständen, ja aus der direkten Herrschaft des HErrn selbst so wenig gelernt haben, daß sie sich am Schluß – vom Teufel verführt – zu der furchtbarsten Menschheitsrevolte zusammenrotten (Off. 20, 8). Damit aber wird offenbar, nicht nur, daß der Mensch keine idealen Zustände zu schaffen vermag, sondern auch, daß, selbst wenn sie da sind, sie ihn nicht bessern können. So aber wird gerade diese glanzvollste Zeit der Menschheitsgeschichte zum katastrophalsten Beweis für die Verlorenheit des Sünders, und es ist unwiderlegbar bewiesen, daß Gott recht gehabt hat, als er bei der Erlösung des Menschen dessen eigene Kraft ausgeschaltet hat. Nun ist der Höhepunkt und Abschluß der göttlichen Selbstrechtfertigung erreicht und aller Welt offensichtlich vor Augen geführt, daß es von vornherein nur einen Weg geben konnte, der die Menschheit zum Frieden führt: Gottes Gnade allein und das Kreuz von Golgatha.

Schließlich aber ist das sichtbare, endgeschichtliche Herrlichkeitsreich des Sohnes

V. Die einzig zum Ziel führende Überleitung der Menschheitsgeschichte in das Reich des Vaters
Tatsache ist, daß im Gesamtverlauf des Weltgeschehens zunächst Abbild und Urbild miteinander vermischt sind, daß aber, je weiter die Weltentwicklung voranschreitet, die Wesenhaftigkeiten selbst immer klarer auf den Plan treten. Dies ist ganz offensichtlich in der Geschichte der neutestamentlichen Erlösung der Fall (vgl. Joh. 16, 25).

Aus der Verborgenheit seines gegenwärtigen Charakters wird das Reich Gottes einst weltweit hervortreten. »Er (der Sohn) muß herrschen, bis er alle seine Feinde unter seine Füße gelegt hat« (1. Kor. 15, 25). Das ist das Königreich, das einst offenbar werden wird, die Vollendung des Diesseits, die Glanzzeit der Geschichte.

Aber der Sohn ist nicht der Vater, sondern der »Abglanz« seiner Herrlichkeit (Hebr. 1, 3), das »Bild« des unsichtbaren Gottes (Kol. 1, 15). Mit seiner Person ist darum im sichtbaren Gottesreich das Bild des Vaters auf Erden zugegen. Darum bedarf es noch eines geschichtlichen Werdegangs, der die Reichsgottesgeschichte zum Vater selbst überleitet. Dies ist der eigentliche, tiefste und göttliche Hauptsinn des Tausendjährigen Reiches.

Gegenwärtig ist die Zeit des Heiligen Geistes, der den gen Himmel gefahrenen Erlöser in seiner Abwesenheit hier auf Erden verherrlicht und die Gemeinde beruft und aufbaut (Joh. 16, 7-15; 1.Kor. 12, 3-13).

Dann folgt die Wiederkunft Christi und die Aufrichtung des sichtbaren Gottesreiches der tausend Jahre, das heißt, das Reich des Sohnes. »Er (der Sohn) muß herrschen, bis er alle seine Feinde unter seine Füße gelegt hat« (1. Kor. 15,15).

Zuletzt aber übergibt der Sohn das Reich dem Vater, unterwirft sich ihm selbst, und das Reich des Vaters, die ewige Vollendung, wird offenbar. Gott wird dann sein »alles in allen« (1. Kor. 15,28). In diesem Zusammenhang ist das Tausendjährige Reich die einzig zum Ziel führende Überleitung der Menschheitsgeschichte – unter der Leitung des Sohnes – in das Reich des Vaters. »Die Gerechten aber werden leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich« (Matth. 13,43).

So zeigt uns die biblische Weissagung zwei triumphale Hauptdurchbrüche des kommenden Gottesreiches, die zu den beiden göttlichen Personen des Sohnes und des Vaters je in besonderer Beziehung stehen:

das Erscheinen des Reiches des Sohnes am Anfang des Tausendjährigen Reiches noch auf dem Schauplatz der alten Erde
und das Offenbarwerden des Reiches des Vaters im Triumph der Vollendung im neuen Himmel und auf der neuen Erde.

2. Kapitel. DIE HERRLICHKEIT DES REICHES GOTTES AUF ERDEN

Das kommende Gottesreich ist die Zeit weltweiter »Wiedergeburt« (Matt. 19, 28). An seiner sichtbaren Herrlichkeit nimmt die ganze irdische Schöpfung teil:

Israel, die Völkerwelt, die Natur und – als die himmlische Herrschaftsaristokratie des Ganzen – die Gemeinde.

Zögernd hatte die »Herrlichkeit des Herrn« den Tempel verlassen (Hes. 10, 18; 11, 22); »plötzlich« erscheint der Herr wieder, um zu seinem Tempel zu gelangen (Mal. 3, 1; Hes. 43, 1-5). Das eine ist der Anfang, das andere das Ende der »Zeiten der Nationen« (Luk. 21, 24). Das Ziel ist »Der Herr daselbst« (Hes. 48, 35), »die Hütte Gottes bei den Menschen« (Off. 21, 3).

I. Christus – der Gottkönig

1.  Seine persönliche Herrlichkeit. »Beherrscher der Menschen, ein Herrscher in Gottesfurcht, wie das Licht des Morgenanbruchs, wenn die Sonne aufgeht, wie ein wolkenloser Morgen, wenn im Sonnenglanz nach dem Regen das junge Grün aus der Erde hervorsprießt« – so ist Christus der Erlöser, Davids »Sohn« und Davids »Herr«. So hat es der Stammvater vom Nachkommen selber bezeugt, der vorbildliche David vom urbildlichen David (2. Sam. 23, 2-4). In ihm sind alle Königsideale erfüllt.

Er ist der »Immanuel« (Jes.7,14; Matth.1,23), der große Triumphator (Phil. 2, 11), der »siegreiche Held« (Zeph. 3, 17).

Nach außen hin ist er der Einiger seines Volkes – als der eigentliche »David« (Hes. 37, 22-24), der Friedefürst auf dem Thron (Luk.1, 32; Jes. 9, 6-7), der Hauptbaum der Völkerwelt (Hes. 17,22-24; 4).

Nach innen hin ist er »Jahwe unsere Gerechtigkeit« – als der Gottkönig und Erlöser (Jer. 23, 5-6; – der »Löwe aus dem Stamme Judas (Off. 5,5; Micha 2,13).

So ist er in Wahrheit der glorreiche »Nazarener«, der »nezer« (Schößling) aus »Nazareth« (Jes. 11, ), denn »unter ihm wird es sprossen« (Sach. 6,12 vgl. Jes. 27, 6; Hos.14, 6-8), und er wird den Tempel Gottes und die »verfallene Hütte Davids« wieder bauen (Amos 9, 11; Apg. 15,16).

Dies alles aber »aus« Gott (Hos.14, 9). Das Grundwesen des Messias ist seine ewige Gottheit. Darum ist er auch zugleich »Wurzel« und »Schößling«, Urgrund und Krone, Anfang und Ziel des Davidschen Königsgeschlechts (Off. 22,16; 5,5). Er ist Verheißung und Erfüllung in einem, Lichtstern in der Nacht und Anbruch des Tages, das heißt, »glänzender Morgenstern«, Verkündiger und Bringer eines ewigen Sonnenaufgangs (Off. 22,16).

2. Seine Anbetung durch die Menschheit. Vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang soll mein Name herrlich werden unter den Heiden, und an allen Orten soll meinem Namen geräuchert werden; denn mein Name soll herrlich werden unter den Heiden, spricht der HErr Zebaoth« (Mal. 1,11). Wie es scheint, wird in Jerusalem auch wieder ein Tempel entstehen (Hes. 37, 26; 43,7). Alle Hauptarten von Opfern werden dem HErrn dargebracht werden – Brandopfer, Speisopfer, Dankopfer, Sündopfer (Hes. 43, 18-27; Sach. 14, 20) – gewisse Feste werden gefeiert (Hes. 45, 21; Sach. 14, 16), die Sabbate gehalten werden (Hes. 44,24), und das Priestertum wird in den Händen der Söhne Zadoks, des »Gerechten«, sein (Hes. 40,46; 44,15; vgl. 1. Kor. 1, 30). Jedenfalls schildert Hesekiel in seiner Weissagung vom messianischen Heil einen zukünftigen Opferdienst mit so vielen Einzelbestimmungen und einen zukünftigen Tempel mit so genauen Einzelangaben und Teilmaßen, daß es kaum möglich erscheint, dies alles nur bildlich und geistlich zu verstehen (Hes. 40-44).

Die Schwierigkeit, daß sich dann nach dem vollbrachten Werk von Golgatha – trotz der Belehrungen des Hebräerbriefes (10,10; 8,13) – doch noch ein Opferdienst fände, würde sich dabei möglicherweise so lösen, daß diese Opfer ungefähr auf derselben Stufe ständen wie in der Gegenwart Taufe und Abendmahl, nämlich daß sie Zeichen der Erinnerung wären, Darstellungen des vollbrachten Erlösungswerkes, rückwärts schauende Sinnbilder, gleichwie die durch das Krеuz abgeschafften alttestamentlichen Opfer vorwärts schauten auf das erst noch zu vollbringende zukünftige Erlösungswerk.

Eins aber wird diesen Tempel – wenn er buchstäblich zu verstehen ist – in jedem Fall von dem Salomonischen unterscheiden: es wird keine Bundeslade mehr in ihm sein (Jer. 3, 16; 17), ebenso kein Leuchter, kein Schaubrottisch, kein Vorhang zwischen dem Heiligen und dem Allerheiligsten (vgl. Hebr. 9, 8; Matth. 27, 51).

Seit der Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar (586) hat Israel nie wieder eine Bundeslade gehabt. Dies war für den Tempel Serubabels ein großer Verlust (516 vor Chr. – 70 nach Chr.). Denn ohne die Lade war der Tempel nur eine Schale ohne Kern, gleichsam ein Haus ohne Bewohner; war doch die Bundeslade geradezu der »Thronsitz« des HErrn, das Sinnbild seiner Gegenwart, das Allerheiligste im Allerheiligsten (2. Mose 25, 22)!

Für den zukünftigen Tempel aber wird gerade dies Fehlen ein großer Gewinn sein. Denn der Grund ist kein geringerer als der, daß der HErr nun selber persönlich gegenwärtig ist, daß Jerusalem sein »Thron« (Jer. 3, 17) und Gottes Gegenwart die »Schechina«, die »Wolke der Herrlichkeit«, ist (Jes. 4,5; 2. Mose 40, 34-38), so daß nunmehr das Sinnbild, als »erfüllt«, seiner Verwirklichung weichen kann.

Damit aber drückt gerade dies Fehlen der Bundeslade das Wesen des Tausendjährigen Reiches aus: es ist die Übergangs-Heilszeit zur Ewigkeit. Im himmlischen Jerusalem wird es überhaupt keinen Tempel mehr geben, weil alles in Christo erfüllt ist (Off. 21, 22). Hier aber schwindet zunächst erst ein Teil – und zwar gerade der Hauptteil -; doch das »Gehäuse« bleibt noch bestehen. Denn das Messiasreich hat zwar den »Kern« der Vollendung – die sichtbare Gegenwart Christi -; aber das »Gehäuse« – die alte Welt – ist noch nicht abgetan. So ist es beides zugleich: sowohl Erfüllung der Weissagung als auch Einleitung der Vollendung, sowohl Abschluß dieser Zeit¬lichkeit als auch Anbruch der Ewigkeit.

Die alttestamentlichen Propheten aber schauten beides in einem. Für sie flossen Vorstufe und Abschluß, Endzeit und Jenseits, irdisches und himmlisches Jerusalem zu einem einzigen, großartigen Bilde zusammen. So redet Jesaja von einem »neuen Himmel« und einer »neuen Erde« (65,17; 66,22), auf der es aber dennoch noch Sünde und Tod gibt (wenn auch nur als Ausnahme: 65,20) – dies kann sich nur auf das irdische Herrlichkeitsreich beziehen (vgl. Off. 21, 4) -; und andererseits sagt er von dem Jerusalem der Endzeit, daß es weder der Sonne noch des Mondes bedarf, weil der HErr sein Licht ist (60,19), was – im Zusammenhang mit dem Neuen Testament – jedoch unverkennbar auf das himmlische Jerusalem hinzielt (Off. 21, 23).

So sehen die Propheten das endzeitliche Diesseits und das ewige Jenseits als eine einzige, diesseits geartete, fortlaufende Linie an und schildern die Neuschöpfung der Vollendung mit den Farben des Herrlichkeitsreiches der alten Schöpfung (z.B. Jes. 54,11 = Off. 21, 18-21). Hier ist »Vergeistigung« in dem höchsten und edelsten Sinne allerdings am Platze. Erst das Neue Testament zieht eine deutliche Querlinie durch beide hindurch, welche Ewigkeit und Zeit voneinander scheidet.

Der Grund aber dieser prophetischen Ineinander-Schau liegt in der Tatsache, daß im Alten Testament der Himmel für Menschen noch nicht offen war. Die alttestamentlichen Heiligen schauten darum nur Engel, nicht aber auch Menschen um den himmlischen Thron (z.B. 1. Kön. 22,19; Hiob 1, 6; Dan. 7, 10). Erst seit der Himmelfahrt Christi, als des Hauptes der neuen Menschheit, ist der Himmel auch für Menschen grundsätzlich geöffnet (Joh. 14, 2; 17, 24; Hebr. 2, 10). Erst von da an wird darum auch das himmlische Jerusalem in klarerer Weise den Menschen geoffenbart (Gal. 4, 26).

II. Das Volk Israel

1. Israels Rückkehr und Sammlung in Kanaan. »Sammeln, ja sammeln will ich dich, Jakob, insgesamt; zusammenbringen, ja zusammenbringen will ich den Überrest Israels« (Micha 2, 12; Jes. 27, 12-13; 60, 4; Hos. 11, 10-11). Selbst »wenn deine Vertriebenen am Ende des Himmels wären, so wird der HErr, dein Gott, von dannen dich sammeln und von dannen dich holen« (5. Mose 30, 4).

Mit Hilfe von Nationen und Königen (Jes. 49,22; 66, 20),
– unter sichtbaren Zeichen und Wundern (Micha 7, 15; Jes. 11, 15; Sach. 10, 11), ja
– unter der persönlichen Führung des HErrn (Jes. 52, 12; Micha 2, 13; Jer. 31, 9)
so wird das Volk Israel zurückkehren in sein Land.

Zu dieser Rückkehr Israels verhält sich die Rückkehr aus Babel wie das Vorbild zur Erfüllung, wie die Einleitung zum Hauptteil. In der Tat, bei diesem »zweiten«, entscheidenden Ereignis (Jes.11,11) ist alles gewaltiger:

Der Umfang ist größer. Denn die Rückkehr aus Babel war nur die Rückkehr aus einem Volke; die Rückkehr aus »Rom« aber wird Rückkehr aus allen Völkern sein (5. Mose 30,3; u.v.a.) Die Rückkehr aus Babel wurde nur von zwei Stämmen erlebt, dem Reich »Juda« verbunden mit Benjamin (Esra 2); die Rückkehr aus »Rom« aber wird allen zwölf Stämmen zuteil, auch dem Reich »Israel«, den verlorenen zehn Stämmen (Jer. 3, 18; Sach. 10, 6; Jes. 11, 13; Hes. 37, 15-24).

Die Dauer ist sicherer. Die Rückkehr aus Babel endete mit der Zerstörung Jerusalems und der Vertreibung der Juden aus Palästina durch die Römer (70, 135 n. Chr.). Die Rückkehr aus »Rom« aber wird endgültig und für ewig geschehen. Jerusalem und der geistlich erneuerte Überrest wird »in Sicherheit wohnen« (Sach. 14, 11; Jer. 24, 6) und »nie mehr herausgerissen werden aus ihrem Lande« (Amos 9, 15). Die im Verlauf der Geschichte über 20mal zerstörte Stadt wird von nun an, solange die Erde noch steht, nie mehr zerstört werden (Jer. 31, 38-40; Jes. 54, 15; Joel 4, 17).

Der Inhalt ist geistlicher. Die Rückkehr aus Babel war mit einer Erweckung verbunden: von da an ist Israel nie wieder dem Götzendienst verfallen. Die Rückkehr aus »Rom« aber wird mit dem vollen messianischen Heil verbunden sein (Jes. 49, 8-13); von da an wird der Götzendienst nicht nur in Israel (Hos. 2, 18), sondern überhaupt auf der Erde verschwinden (Jes. 2, 3). Und während jene erste Erweckung in Orthodoxie und toten Kopfglauben versank, wird diese letzte in Herzens¬glauben und geistlicher Lebensfrische ewig bestehen.

Israels Bekehrung zum HErrn. Schon vor der antichrist¬lichen Zeit wird das Volk Israel in sein Land zurückgekehrt sein. Dies beweist die Tatsache, daß es der Antichrist gerade in Judäa bedrückt (Matth. 24, 16-22; Off. 11, 1-14), daß er den Greuel der Verwüstung »an heiliger Stätte« aufrichtet (Matth. 24, 15; Dan. 9, 26; 12,11), daß er im Kampf gegen die Juden verheerend in Palästina einbricht (Sach. 14, 1-2; 12,2; Joel 4, 12) und daß der vom Himmel herabgekommene Messias sein Volk gerade durch den Sieg bei Harmagedon (Off. 16, 16) und das Völkergericht im Tal Josaphat befreit (Joel 14, 12-18; Sach. 14,  3-5).

Dies alles aber – mit Ausnahme des letzten – geschieht zunächst im Unglauben. Nicht als »Volk Gottes«, sondern als »jüdische Nation« kehrt das Volk Israel nach Palästina zurück, nicht aus religiösen, sondern aus politischen Beweggründen. Die »Totengebeine«, die Hesekiel geschaut und die das Volk Israel bedeuten (Hes. 37, 11), rücken zusammen, noch ehe der Odem des Lebens, der Geist Gottes, des HErrn, in ihnen ist (Hes. 37, 7).

Dann aber folgen in Palästina die Ereignisse in raschestem Aufeinander:

1. Das Erscheinen des Messias. »Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, welche ihn durchstochen haben« (Off. 1, 7 vgl. Sach. 14, 4; Matth. 24, 64).

2. Die Wehklage. Dann »werden wehklagen seinetwegen alle Stämme des Landes« (Off. 1, 7; Sach. 12, 10), »wie man klagt um ein einziges Kind, wie man weint um einen Erstgeborenen«.

3. Die Buße. Weinen aber werden sie über ihre Sünde, besonders die Ermordung des Messias (Sach. 12, 10). Der Jude wird selber seine jüdische Unart als »Greuel« und »Abscheu« empfinden (Hes. 36, 31 wörtl.), und er, dег in seiner Sünde Jahwe ein »Ekel« gewesen war (3. Mose 26, 30), wird nun »einen Widerwillen gegen sich selbst« haben (Hes. 20, 43; 36, 31). Doch »immerfort weinend, werden sie kommen und den HErrn, ihren Gott, suchen« (Jer. 50, 4; Hos. 3, 5; Jer. 31, 9).

4. Die Beichte. Dann werden sie sagen von Christus, ihrem Messias: »Wir haben ihn für nichts gehalten. Wir hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber der HErr warf unser aller Sünde auf ihn. Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilte (Jes. 53, 3-6).  

Und dann wird das große Wunder geschehen:

5. Die Wiedergeburt. »An jenem Tage wird dem Hause Davids und den Bewohnern Jerusalems ein Quell erschlossen sein gegen Sünde und Unreinigkeit“ (Sach. 13, 1).
Gott wird ihre Missetat vergeben (Jer. 33, 8; 50, 20), ihre Übertretungen tilgen (Jes. 44, 22), ihren Unflat abwaschen (Jes. 4, 4), ihre Abtrünnigkeit heilen (Hos. 14, 5). Ihr steinernes Herz wird er wegnehmen (Hes. 11, 19; 36, 26), ihren Krämergeist auslöschen (Sach. 14, 21), ihre »Blutschuld hinwegfegen (Jes. 4, 4), ihre »Totengebeine“ beleben (Hes. 37, 9; Hos. 6, 2). Reines Wasser wird er über sie sprengen (Hes. 36, 25, den Geist der Gnade und des Flehens über sie ausgießen (Sach. 12, 10), ja seinen heiligen Geist selber in sie hineingeben (Jes. 44, 3).

Dies ist die geistliche Wiedergeburt Israels. Aus »Lo-Ruchama« wird »Ruchama«, aus der »Nicht-Geliebten« die »Geliebte« werden (Hos. 1, 6;); aus »Lo-Ammi« wird »Ammi«, aus dem »Nicht-Mein-Volk« wird »Mein-Volk« werden, und geistlich erneuert tritt Israel ein in den »Neuen Bund« (Jer. 31, 31-34).

Dies alles aber in seinem Lande, in Palästina, in Vorderasien, und dies alles an einem Tage. »Groß ist der Tag von Jesreel« (Hos. 1, 11). Der HErr wird sein Neuschöpfungswerk »eilends ausführen (Jes. 60, 22), und so wird »an einem Tage ein ganzes Land zur Welt gebracht« und »mit einem Male« eine ganze Nation geboren (Jes. 66, 7-9), und »mit Augen wird man’s sehen, wenn der HErr Zion bekehrt« (Jes. 52, 8.)

6. Die Heiligkeit. Von nun an ist Israel ein heiliges Volk. »Es wird geschehen, wer in Zion übriggeblieben und wer in Jerusalem übriggelassen ist, wird heilig heißen, ein jeder, der zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem« (Jes. 4, 3). »Man wird nichts Böses mehr tun noch unrecht handeln auf meinem ganzen, heiligen Berglande; denn das Land wird voll sein der Erkenntnis des Herrn, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken« (Jes. 11, 9).

Seine Hauptstadt ist eine »heilige Stadt« (Jes. 52, 1), sein Volk eine »gerechte Nation« (Jes. 26, 2), Palästina die Zierde der Völkerwelt (Jer. 3, 19), und die Einzelnen »Edelsteine, die auf dem Grunde ihres Landes funkeln« (Sach. 9, 16).

Jerusalem heißt »Stadt der Wahrheit« (Sach. 8, 3 vgl. Zeph. 3, 13), seine Mauern heißen »Heil« (Jes. 26, 1), seine Tore heißen »Ruhm« (Jes. 60, 18), und der König in seiner Mitte ist der HErr, der »Fels der Ewigkeiten« (Jes. 26, 4).

Kein Wunder, daß nun auch volle Freude alle Herzen erfüllt (Jes. 65, 19; 12, 1-6).

7. Die Glückseligkeit. »Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen und nach Zion gelangen mit Jubel; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein …, und Kummer und Seufzen werden entfliehen« (Jes. 35, 10). »Sie werden sich zitternd wenden zum Herrn und zu seiner Güte am Ende der Tage« (Hos. 3, 5), ja, »zittern und beben werden sie über all das Gute und all den Frieden«, den der Herr, ihr Gott, ihnen angedeihen läßt (Jer. 33, 9). »Siehe«, spricht der Herr, »du Unglückliche, Sturmbewegte, Ungetröstete, ich will deine Grundsteine in Bleiglanz einlagern und deine Mauern mit Saphiren gründen und will deine Zinnen aus Rubinen herstellen und deine Tore von Karfunkelsteinen und deine ganze Umfriedung von Edelgestein« (Jes. 54, 11). Wohl schaut hier der Prophet in prächtiger Bildersprache zugleich auf die himmlische Stadt, das »Jerusalem droben von Golde erbaut« (Off. 21; wohl ist es wahr, daß hinter dem Zion des Tausendjährigen Reiches ein noch viel größeres, herrlicheres Zion liegt, das Jerusalem der Vollendung, auf das jenes nur ein Vorbild gewesen sein wird; aber zunächst redet der Prophet von der irdischen Stadt; denn die himmlische ist nie »elend« und »trostlos« gewesen; und gerade auch die irdische Stadt ist die »Stadt des großen Königs« (Matth. 5, 35; Ps. 48, 3), das »Zion des Heiligen Israels«. Die irdische Stadt wird er darum wieder aufbauen (Luk. 21, 24; Jes. 58, 12).

Dann wird Jerusalem in Sicherheit wohnen (Jer. 24, 6; Jer. 23, 6). Kein Fremder wird es durchziehen (Joel 4, 17), keine Krankheit wird es bedrohen (5. Mose 7, 15), keine Zertrümmerung seine Häuser und Wohnungen vernich¬ten (Jes. 60, 18). Alle Gefahr wird gebannt sein. Ja, die Stadt wird, wie ihr Name schon von alters her besagt, in Wahrheit ein »Salem«, eine »Friedensstadt«, sein (Jes. 32, 18).

»Als offene Stadt wird Jerusalem bewohnt werden«; denn »Ich Selbst«, spricht der HErr, »werde ihm eine feurige Mauer sein ringsum und werde zur Herrlichkeit sein in seiner Mitte« (Sach. 2, 8; Zeph. 3, 17).

Als »Thronsitz« des Messias (Jer. 3, 17) wird der Tempelberg höher sein als alle anderen Berge und alle Hügel überragen (Jes. 2, 2; Micha 4, 1; Ps. 48, 2). Dort wird der »Thron Davids«, der Thron des Messias, stehen (Luk. 1, 32), umgeben von den Thronen seiner zwölf Apostel (Matth. 19, 28), die, an der Spitze weiterer »Richter« und Unterfürsten, das Zwölfstämmevolk in seinem Namen in Gerechtigkeit regieren (Jes. 1,26;  60,17; Jer. 23,4).

So gelangt Israel zum Heil, »zum Lobe und zum Namen in den Ländern seiner Schmach« (Zeph. 3, 19; Jes. 61,9), und wie früher der Jude ein »Fluchwort« gewesen war (Jer. 24,9; 25, 18; vgl. Jer. 29, 22), so wird er nunmehr ein »Segenswunsch« sein (Sach. 8, 13 vgl. 1. Mose 48, 20), so daß, wer dem andern etwas Gutes wünscht, sprechen wird: »Der HErr segne dich, wie er Zion gesegnet hat!«

Dies alles ist Gottes Werk, nicht menschliche Volkskraft. Gerade Israel war, was seinen Ursprung betrifft, das »allerkleinste« der Völker (5. Mose 7, 7). Darum kann nun seine geistliche Umwandlung beim Beginn der neuen Heilszeit nur ein Wunderwerk Gottes sein, zur Verherrlichung seines Namens. »Sie sollen mir zum Freudennamen, zum Ruhm und zum Schmuck sein bei allen Nationen der Erde«, spricht der Herr (Jer. 33, 9. vgl. 13, 11). Worauf es ankommt, ist nicht Israel, sondern Gott und seine Ehre (Jes. 11, 10), nicht der Mensch und seine Seligkeit, sondern Gott und seine Herrlichkeit. »Nicht um euretwillen, Haus Israel, verfahre ich so, sondern um meines heiligen Namens willen, den ihr unter den Heidenvölkern entehrt habt … Denn ich will meinen großen Namen wieder zu Ehren bringen, damit die Heiden erkennen, daß ich dei HErr bin« (Hes. 36, 22).

Israels Umwandlung ist darum durchaus um des HErrn willen. Für den HErrn wird Zion gebaut (Jer. 31,38), sein Segen wird in allem geschaut (Jes. 61, 9), seine Ruhmestaten in Jerusalem verkündet. Nicht wegen der Juden, sondern »wegen des Namens des НЕrrn« kommen die Völker zur Anbetung in Jerusalem zusammen (Jer. 3, 17); denn sein Name wird durch Israels Heilung geheiligt (Jes. 29, 23; Hes. 28, 25) und seine Herrlichkeit vor den Augen aller Nationen bewiesen.

Damit aber wird Israels Wiederannahme weltweite Verherrlichung Gottes. Der »Sinn« seines Ruhmes ist Gottes Ruhm (Jes. 60, 21), er ist lediglich Sinnbild und Hinweis auf Gottes Erbarmen. »Nicht uns, o HErr, nicht uns, nein, deinem Namen schaffe Ehre um deiner Gnade, um deiner Treue willen« (Ps. 115, 1)

3. Israels Missionsdienst. Das erneuere Israel wird Gottes Missionar in der Völkerwelt sein. »Von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des HErrn von Jerusalem« (Micha 4, 2; Jes. 2, 3). »Dieses Volk, das ich mir gebildet habe, soll meinen Ruhm erzählen« (Jes. 43, 21; Ps.79, 13), »daß sie verkünden in Zion den Namen des HErrn und seinen Ruhm in Jerusalem, wenn die Völker sich versammeln und die Königreiche, um dem HErrn zu dienen« (Ps. 102, 22).

Darum auch die besondere Fähigkeit der Juden zur Propaganda, ihre Gabe zum Sprachenlernen und ihr Anpassungsvermögen an alle Nationen, trotz zähester Festhaltung ihres eigenen Volkstums. Dies alles begreift sich erst dann, wenn es als nationale Anlage für die Völkermission des Messiasreiches verstanden wird. In dem Zustand seines Unglaubens ist Israel, wie das Alte Testament sagt, unter den Völkern zwar ein »Fluchwort« (Jer. 24.9; 25, 18): dann aber, als Sendbote Gottes, gebraucht es seine Gaben ihnen zum Segen (Sach. 8, 13), als Träger und Verkörperer des Evangeliums des Reichs« (Matth. 4,23; 9,35; 24,14). Darum: »Mache dich auf, werde licht! Denn dein Licht kommt; und die Herrlichkeit des Herr geht auf über dir« (Jes. 60,1).

Aber auch von den Geretteten aus den Nationen wird Gott Evangeliumsboten aussenden bis zu den fernsten Völkern der Welt. »Es kommt die Zeit, daß ich sammle alle Heiden und Zungen, daß sie kommen und suchen meine Herrlichkeit. Und ich will ein Zeichen unter sie geben und ihrer etliche, die errettet sind (- gemeint sind also Nichtjuden -), senden zu den Heiden …, da man noch nicht von mir gehört hat, und sollen meine Herrlichkeit unter den Heiden verkünden« (Jes. 66,18).

Durch seinen Weltmissionsdienst wird Israel der »Paulus« des Tausendjährigen Reiches: zunächst ein Verfolger und Hasser der Gläubigen (Apg. 9, 1-2; 1.Thess.2, 15-16), dann plötzlich überwunden durch die Erscheinung des Herrn (Apg. 9,4-8; Matth. 24,30), zuletzt endlich ein Heidenapostel und Hauptmissionar Christi in der Völkerwelt. Seine »Damaskusstunde« am Ölberg (Sach. 14, 4; Off. 1, 7), wo es – umgekehrt wie wir – vom Schauen zum Glauben gelangt (Joh. 20, 29; 2. Kor. 5, 7), ist der Beginn einer weltweiten Völkermission (Jes. 12, 4). Von nun an ist Israel Gottes Zeuge an die Menschheit (Jes. 55, 4). ein »Segen« auf der Erde (Jes. 19, 24), ein »Tau« für die Völker (Micha 5, 6), und Jerusalem, seine Hauptstadt, ist eine geistliche Geburtsstätte vieler Nationen (Ps. 87, 2-6).

III. Die Nationen

Gottes Ziel ist aber nicht nur Israel; Gottes Ziel ist die Menschheit (1. Tim. 2, 4; Jes. 40, 5). »Es ist zu gering, daß du mein Knecht seiest, nur um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels zurückzubringen: Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um mein Heil zu sein bis an das Ende der Erde« (Jes. 49,6; 42,6; Luk. 2, 30-32)

1. Die Bekehrung der Völkerwelt. Die durch die Botschaft vom Gottesreich evangelisierten Nationen (Micha 4,2) werden sich Christo als ihrem Gebieter und König unterwerfen (Jes. 59, 19). Alle Götzen werden ausgerottet werden, alle menschlichen Religionen verschwinden (Sach. 13, 2; Jer. 16, 19-21; Jes. 2, 18-20), und »der HErr wird König sein über die ganze Erde« (Ps. 96,10). »An jenem Tage wird der HErr der alleinige Gott sein und sein Name allein anerkannt« (Jes. 54, 5). Dann wird er in Zion den »Schleier« vernichten, der alle Völker verschleiert, und die »Decke«, die über alle Nationen gedeckt ist (Jes. 25,7), und als Völker und Stämme werden sie kommen und zu Christo sich bekehren und in ihm, dem verachteten Nazarener, den »König der Ehren« erblicken (Ps. 24, 7-10; Phil. 2, 11; Eph. 1, 10). Ganz Assyrien, ganz Ägypten, ganz Israel wird kommen (Jes. 19, 21; Röm. 11,26), und der HErr wird sie annehmen, sie segnen und sprechen: »Gesegnet sei mein Volk Ägypten und Assyrien, meiner Hände Werk, und Israel, mein Erbteil« (Jes. 19, 25). In der Tat, hier bietet die biblische Prophetie in bezug auf den Umfang der Menschheitserlösung Gewaltiges; denn es ist nicht Einverleibung der sich bekehrenden Heiden in das geistlich erneuerte, israelitische Gottesvolk, was hier erhofft wird, sondern »ein Bruderbund Israels und der Völker auf der Grundlage der Gleichberechtigung.«

Das Ende wird allgemeine Weltbekehrung sein (Ps. 22, 28; 113, 3-4).  Es ist Menschheitsmission unter dem Zepter der Allmacht, Weltevangelisation mit Verchristlichung der Kultur, Reichsproklamation mit Gewinnung aller Völker. So ist es die wichtigste und eigentlichste Missionszeit der Geschichte, und zum allerersten Male auf der Erde wird es christliche Nationen und Volksverbände im Sinne der Heiligen Schrift geben (Jes. 45,22-24).

Daß aber die Völker gerade jetzt sich als Völker bekehren und nicht nur als einzelne wie früher, hat seinen Grund besonders darin, daß die Nationen die Großtaten Gottes mit Augen gesehen haben: die Verklärung der Gemeinde, Christi Kommen in Herrlichkeit, die Entscheidungsschlacht von Harmagedon, das Völkergericht im Tal Josaphat, Gottes Heilungs-und Wundertaten an Israel. »Wenn der HErr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden . . . Da wird man sagen unter den Heiden: der HErr hat Großes an ihnen getan« (Ps. 126,1-2). »Du wirst dich erheben, dich Zions erbarmen; denn Zeit ist’s, Gnade an ihm zu üben . . . Dann werden die Heiden fürchten den Namen des HErrn und alle Könige der Erde deine Herrlichkeit« (Ps. 102, 14; 16). Dazu kommt noch die Tatsache, daß die Verstockten in Harmagedon getötet sind und vor allem, daß der Teufel gebunden ist, und darum die Völker nicht mehr verführen kann (Off. 20,2).

2. Die Heiligung der Völkerwelt. Aus der Bekehrung aber folgt Heiligung. »Alsdann will ich die Lippen der Völker in reine Lippen umwandeln, damit sie den Namen des HErrn anrufen und ihm einmütig dienen« (Zeph. 3, 9; Jer. 3, 17; Micha 4, 2). Kein Krieg wird mehr sein (Jes.2,4), kein Streben nach Gewalttat, kein Wille zur Unterdrückung und Ausbeutung der andern, sondern in harmonischem Nebeneinander werden sie sich gegenseitig frei ehren und dem Gottkönig dienen (Jes. 19, 23). Gesundheit des Körpers (Jes. 35,5; 65,20), soziale Gerechtigkeit (Jes.1,3-4), Vermeidung zu riesiger Großstädte (Sach. 3, 10), gerecht ge¬ordnete Grenzen (Apg.17,26), von Gott gegebene Gleichberechtigung (Jes.19,25; Matth. 8,11; Sach.2,15), gemeinsame Abrüstung (Micha 4, 3-4) – das sind Volkssegnungen des Alltags, die sie alle genießen. So bleiben denn die Völker in ihrem Nationalleben bestehen, aber bilden doch zugleich einen harmonischen Organismus, wie die Glieder eines Leibes sich gegenseitig fördernd, einer Völker»familie« gleich, voller Mannigfaltigkeit und doch Einheit.

Heiligung aber ist Hingabe, ein Trachten nach Gott, eine Herzensweihe an den, der uns zuerst geliebt hat. So wird auch der Wurzelsproß Isais dastehen als »Panier der Nationen«, und »nach ihm werden die Völker fragen« (Jes. 11,10). Sie werden sich »seines Namens wegen« gemeinsam versammeln (Jer. 3, 17), und »die Erde wird voll sein der Erkenntnis seiner Herrlichkeit, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken« (Hab. 2, 14).

3. Der Gottesdienst des Völkerwelt. Erkenntnis des HErrn aber führt zur Anbetung. »Vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang soll mein Name herrlich werden unter den Heiden, und an allen Orten soll meinem Namen geräuchert und reines Speisopfer geopfert werden …, spricht der Herr Zebaoth« (Mal. 1, 11). Und sie werden den HErrn dann anflehen, ihm ihre Opfergaben darbringen, das Laubhüttenfest feiern und ihm allein dienen (Ps. 102,22).

4. Der König der Völkerwelt. Mittelpunkt des Ganzen aber wird Immanuel, der Gottkönig, sein. »Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter: Und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewigvater, Friedefürst« (Jes. 9, 6). Er wird die Völker in Gerechtigkeit richten (Ps. 67,5). Er schafft Recht dem Geringen (Jes.11,3), gibt Gnade dem Demütigen (1. Sam. 2, 8), verleiht Ruhe den Nationen und schafft Heil aller Welt (Ps. 96, 1-3). Er ist Schiedsrichter der Völker (Jes.2,4), Fürst der Könige der Erde (Off. 1, 5; 19,16; 11,15), gemeinsames Haupt aller (Eph. 1, 10). So aber wird »das Recht sich niederlassen in der Wüste und die Gerechtigkeit wohnen auf dem Fruchtgefilde« (Jes. 32, 16-17).

5. Die Segnungen der Völkerwelt. So gelangt auch die Völkerwelt zu den Segnungen der Verheißung, und zwar wird bewirkt:

– ihre geistliche Erneuerung – durch nationale Umkehr (Jesaja 2, 3; 19, 21)
– ihre politische Einordnung – durch den göttlichen Erlöser (Off. 1, 5;  Jes. 45, 22-23)
– ihre internationale Entspannung – durch den Schiedsspruch des Weltkönigs (Sach. 9, 10);
– ihre bürgerliche Einigung – durch gerechten sozialen Ausgleich (Jes. 11, 3-4;  29, 19-21);
– ihre äußere Beglückung – durch Segnungen des Alltags;
– ihre innere Heiligung – durch Gemeinschaft mit dem Ewigen (Zeph. 3, 9; Hab. 2, 14; Jes. 11,10);
– ihre gemeinsame Anbetung – durch Wallfahrten und Gottesdienst (Micha 4, 2; Sach. 8, 21; 14, 16; Jes. 56, 7;  66, 23).

 

IV. Die Gemeinde

Wo ist aber nun die Gemeinde Jesu während der Zeit des Tausendjährigen Reiches? – Wie es scheint, bei Christo im Himmel und nicht eigentlich auf Erden. Seit der Entrückung ist die Gemeinde »allezeit beim HErrn« (1.Thess. 4, 17). Das Haupt ist mit den Gliedern vereint, end die Glieder nehmen teil an der Herrschaft und Herrlichkeit des Hauptes (2. Thess.2, 14; Kol. 3, 4.; 1. Kor. 1, 9). Sie werden mit Christo regieren (2. Tim. 2, 12; Off. 20, 4; 6; 1. Kor. 6, 2-3). »Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen (Off. 3, 21; Matth. 19, 28).

Sie haben seit der Verklärung nicht mehr einen irdischen Leib, sondern einen himmlischen Lichtleib (Phil. 3, 21; 1. Kor. 15, 40-49) und sind darum schon als Geistleibliche von Israel und den Nationen unterschieden. Die Art ihres Auftretens auf Erden ist darum wahrscheinlich eine ähnliche wie die der Erscheinungen des HErrn nach seiner Auferstehung: sie gehören als Verherrlichte zur himmlischen Welt, können aber – genau so wie er – noch am irdischen Leben teilnehmen (möglicherweise sogar essen und trinken: Matth. 26, 29; Luk. 24, 39-43;  Joh. 20, 27). Im einzelnen aber gehen diese Fragen weit über unser Denken und Verstehen hinaus. Wir freuen uns auf die kommende Herrlichkeit. Alles einzelne überlassen wir Gott.

V. Die Natur

Mit der Menschheit wird auch ihr Wohnsitz gesegnet. An der Herrlichkeit ihres HErrn nimmt die ganze Erde teil. Mit der Offenbarung der Söhne Gottes wird auch die Schöpfung von der »Knechtschaft des Verderbnisses« befreit (Röm.8,19-22).

1. Die Pflanzenwelt. Der um des Menschen willen verfluchte Acker wird von seinem Fluche befreit (1. Mose 3, 17; Röm. 8, 20). Das stumme »Gebet«, das durch die Fluren und Felder geht, wird von nun an erhört (Hos. 2, 23-24). Die »sehnsüchtige Hoffnung« der seufzenden Kreatur wird in Herrlichkeit erfüllt (Röm. 8, 19). »Die Wüste und das dürre Land werden sich freuen und blühen wie eine Narzisse…« »Ich will Ströme hervorbrechen lassen aus den kahlen Höhen und Quellen inmitten der Talebenen; ich werde die Wüste zum Wasserteich machen«, »und es wird dem Herrn zum Ruhme, zu einem ewigen Denkzeichen sein, das nicht ausgerottet werden wird« (Jes. 55, 12-13; Joel 2, 21-23).

Besonders wird Kanaan das Land sein, das »von Milch und Honig fließt« (Joel 4, 18; Jer. 11, 5), wie der Garten des Paradieses (Jes. 51, 3), mit blühenden Gärten (Amos 9, 14), mit fruchtbringenden Gefilden (Ps. 72, 16), mit Regen des Segens (3. Mose 26, 4; Jes.30, 23), mit überreichen Ernten (Amos 9,13), mit Jubel und Wonne in Flur, Feld und Wald (Jes. 55,11) – so wird gerade dies Land zur »Zierde der Nationen« (Jer. 3, 19). – Darum : » Jauchzet, ihr Himmel ! Freue dich, Erde ! Lobet, ihr Berge, mit Jauchzen! Denn der Herr hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden« (Jes.49,13).

2. Die Tierwelt. Friede zwischen Tier und Tier: »Dann wird der Wolf zu Gast bei dem Lamme weilen und der Panther sich neben dem Böcklein lagern; das Kalb und der junge Löwe und der Mastochse werden beisammen weiden, und ein kleiner Knabe wird sie treiben. Kuh und Bärin werden miteinander auf die Weide gehen, ihre Jungen sich zusammen lagern, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind« (Jes. 11,6-7;  65,25;  Joel 2, 22).

Friede zwischen Mensch und Tier: »Ich will auch an jenem Tage einen Bund zu ihren Gunsten mit den Tieren des Feldes und mit den Vögeln des Himmels schließen« (Hos. 2, 20) und »die schädlichen Tiere aus dem Lande verschwinden lassen, so daß sie sogar in der Wüste sicher wohnen und in den Wäldern schlafen können« (3. Mose 26, 6). Ja, auch die Schlange wird nicht mehr giftig sein; denn der »Säugling wird spielen an dem Loche der Natter und das entwöhnte Kind seine Hand ausstrecken nach der Höhle des Basilisken« (Jes.11,8)

3. Auch die Sternenwelt wird irgendwie mit in die Erlösung hineingezogen werden. Denn »das Licht des Mondes wird so hell sein wie das Sonnenlicht, und das Licht der Sonne siebenmal so hell scheinen wie das Licht von sieben Tagen zu der Zeit, wenn der HErr den Schaden seines Volkes verbindet, und die ihm geschlagenen Wunden heilt« (Jes.30,26 vgl.24,23).

So ist es eine Erlösung in weltweitem Umfange: die »Wie¬dergeburt« der Schöpfung (Matth.19,28), die »Zeit der Erquickung von dem Angesicht des Herrn« (Apg.3,20), die »Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten geredet hat« (Apg.3,21). »Der Himmel freue sich und die Erde sei fröhlich; das Meer brause und was darinnen ist; das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist; und lasset rühmen alle Bäume im Walde vor dem Herrn; denn er kommt und wird den Erdboden richten mit Gerechtigkeit und die Völker mit seiner Wahrheit« (Ps. 96, 11-13).

3. Kapitel. Weltuntergang und Weltgericht

I. Weltunvollkommenheit

Trotz all seiner Herrlichkeit hat das Tausendjährige Reich zunächst einen erschütternden Abschluß. Auch das sichtbare Friedensreich auf Erden ist noch nicht die absolute Vollendung. Sünde und Tod sind noch da, auch die Möglichkeit des Verfluchtwerdens der Schuldigen (Jes. 65, 20), ja sogar die Möglichkeit nationalen Ungehorsams ganzer Volksgruppen (Sach. 14, 17). Die Gerechtigkeit »herrscht« eben erst auf der Erde; sie »wohnt« noch nicht restlos in allen. Dies wird vielmehr erst auf der neuen Erde der Fall sein (2. Petr. 3, 13; Off. 21, 3).

Dennoch ist Satan gebunden und damit seine Verführungsmacht ausgeschaltet. Dies wird für die Menschheit einerseits eine Erleichterung sein – da es nun nicht mehr so schwer ist, nicht mehr zu sündigen -; andererseits aber wird es auch eine Steigerung ihrer Verantwortlichkeit mit sich bringen, wenn sie unter Umständen trotzdem noch sündigt. Daher auch die strengere Gerichtsbarkeit im kommen¬den Gottesreich. Die Sünde steht nicht mehr, wie bisher, un¬ter göttlicher »Geduld« (Matth. 5, 45; Röm. 3, 25; 2. Petr. 3, 9 und 15), sondern wird rücksichtslos gerichtet. Die Nationen, die nicht folgen wollen, werden mit »eisernem Zepter« geweidet, die Widerstand leisten, wie Töpfergefäße zerschmettert (Ps. 2, 8; 9; Off. 19, 15).  Gehorsam oder Untergang – das ist gleich zu Anfang des Reiches die Losung für alle. Jeder Lügenprophet wird getötet (Sach. 13, 3), jedes Volk, das nicht anbetet, mit Regenlosigkeit heimgesucht (Sach. 14, 17-19), jede Nation, die sich auflehnt, zu Boden geschlagen (Micha 5, 7; Obadja 18; Sach. 12, 6).

II. Weltempörung

Zuletzt aber »muß« Satan losgelassen werden, um noch einmal seine Verführungsmacht zu versuchen. »Gottes Gerechtigkeit läßt es nicht zu, daß die Ungerechtigkeit ausgerottet wird, bevor sie nicht völlig reif geworden ist. Dies ist eine göttliche Regel, die selbst dem Satan gegenüber befolgt wird. Auch auf das Tausendjährige Reich »muß« die Probe des Erfolgs gemacht werden. Auch die Natio¬nen des Herrlichkeitsreiches »müssen« Gelegenheit bekommen, sich frei zu entscheiden. Es soll niemand verwehrt sein, sich freiwillig hinter Satan zu scharen. Niemand soll unfreiwillig dem HErrn in der Ewigkeit dienen.

In der Tat! Was ist das Ergebnis all jener Herrlichkeit und Segnung von tausend langen Jahren? – Völkerempörung in weitestem Umfang! Von allen Enden der Erde ziehen sie gen Jerusalem hinauf, Völkermassen wie Meeressand, unter dem Oberkommando von Gog und Magog (Off. 20, 8-9; Hes. 38 und 39; 1. Mose 10, 1-2).

Dies ist die letzte Rebellion der Geschichte, der letzte Religionskrieg der Völkerwelt, das letzte Nachzucken der Menschheitsrevolte gegen den Höchsten. Damit aber ist die Sünde zum Vollmaß gelangt. Auch die sichtbare Herrschaft der Gottheit hat die Menschheit verworfen! Auch seine allergrößten Segnungen hat sie mit schnödestem Undank verachtet! Auch seine persönliche Herrlichkeit hat sie mit Füßen getreten!

Und was war ihre Wahl?

An Stelle der Führerschaft Gottes erwählt sie die Verführung durch Satan! An Stelle der Einheit und des Friedens erwählt sie Zusammenrottung und Aufruhr! An Stelle des himmlischen Christus erwählt sie seinen Todfeind, den Teufel!

Hierauf kann es nur eine Antwort geben: Vernichtung und Untergang. Noch ehe es zum Kampfe kommt, fällt Feuer vom Himmel herab und verzehrt sie, und der Teufel, ihr Verführer, wird in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, wo auch das Tier und der falsche Prophet sind (Off. 20, 9; 10).

III. Weltuntergang

Jetzt bricht das Jüngste Gericht los. Himmel und Erde werden »erschüttert« (Hag. 2, 6; Hebr.12, 26-28), zergehen »wie ein Rauch«, zerfallen »wie ein Kleid« (Jes. 51, 6; alle Gottlosen werden wie in einem Feuerofen verbrannt (Mal. 4, 1).

Das Erdreich zersplittert (Jes. 24, 19); die Sterne zerschmelzen (Jes. 34, 4), die Himmel werden zusammengerollt wie ein Buch (Hebr.1,12; Ps.102,27).

Zertrümmerung der Atome! Auflösung der Elemente (2.Petr. 3,12; 7).

Dies ist die Antwort des Allmächtigen auf diese gemeinste Rebellion seiner Geschöpfe. Dies ist der Gegenschlag des Weltherrn gegen den höllischsten Aufruhr seines Weltalls. Dies ist die letzte Offenbarung des gerechten Zornes Gottes über allen irdischen und himmlischen Schauplatz der Sünde.

Dann aber geht gerade aus diesem Feuergericht eine neue, herrliche Welt hervor. Nicht bloße Vernichtung, sondern »Verwandlung« war Gottes Endziel bei der Zerstörung (Hebr. 1,12; 12,27), nicht blоße Auflösung, sondern Neuschöpfung, nicht Verheerung, sondern Verklärung. Aus dem » Vergehen« von Himmel und Erde wird, unter göttlichem Walten, ein Übergehen beider in einen neuen Himmel und eine neue Erde (Off. 21, 1; 2. Petr. 3.13).

IV. Weltgericht

»Und ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß; vor dessen Angesicht floh die Erde und der Himmel, und ihnen ward keine Stätte gefunden. Und ich sah die Toten, beide, groß und klein, stehen vor Gott; und Bücher wurden aufgetan, und ein anderes Buch ward aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken« (Оff. 20, 11; 12).

1. Der Thron. »Groß« ist der Thron wegen seiner Majestät, »weiß« wegen seiner Heiligkeit. Die Erde muß fliehen wegen der Sünde des Menschen und ihres Beflecktseins mit dem Blute des Gottessohnes. Der Himmel muß fliehen wegen der Sünde der Geister, wegen der Bosheit der Weltbeherrscher »in den himmlischen Örtern«, deren Wohnsitz sie gewesen waren (Eph. 6, 12; 2,2). So müssen Himmel und Erde fliehen vor dem Großen Weißen Thron, und aller Schauplatz der Sünde wird aufgelöst.

2. Der Richter ist Christus. Denn alles Gericht hat der Vater dem Sohn übertragen (Joh. 5, 22; 27). Er ist der »Mann«, den der Höchste bestimmt hat, den Erdkreis zu richten in Gerechtigkeit (Apg. 17, 31), der »von Gott verordnete Richter der Lebendigen und der Toten« (Apg. 10, 42; 2. Tim. 4,8;  1.Petr. 4,5), der sein Gericht in Übereinstimmung mit dem Vater vollzieht (Joh. 5,30; 8,16).

3. Der Maßstab ist das Wort Gottes. »Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht auf, der hat schon seinen Richter: das Wort, welches ich zu euch geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage« (Joh. 12, 48).

4. Die Gerichteten sind »alle Toten«, die Großen und die Kleinen, das heißt, alle Menschen aller Länder und aller Zeiten, mit Ausnahme der Gläubigen bis zum Tausendjährigen Reich. Die alttestamentlichen Heiligen sowie die Glieder der Gemeinde und die Erretteten der Trübsalszeit waren schon bei der »ersten« Auferstehung vor dem Messiasreich auferweckt (Off. 20, 4; 5), waren also schon damals vor dem »Richterstuhl Christi« gewesen (2. Kor. 5, 10) und sind folglich schon seit über tausend Jahren in verklärter Geistleiblichkeit (Phil. 3, 20).

5. Die Schärfe. Die andern aber müssen jetzt alle vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen. Ihre sämtlichen Werke sind in »Büchern« verzeichnet, ihre Handlungen und Gedanken, ihre Taten und Unterlassungen (Off. 20,12). Selbst von jedem unnützen Wort müssen sie Rechenschaft ablegen und alles wird offenbar, selbst das Verborgenste der Seele (Hebr. 4, 13; 1. Kor. 4, 5).

6. Das Ergebnis. Nicht alle empfangen das Gleiche; ein jeder empfängt »sein« Teil, das heißt, das Teil, das ihm zusteht (Matth. 24, 51), es sei größer oder kleiner. Sodom und Gomorrha wird es »erträglicher« ergehen als den Städten, die die Botschaft vom Himmelreich abgelehnt haben (Matth. 10, 15), dem Sodomer Lande »erträglicher« als Kapernaum, der Stadt Jesu (Matth. 11, 33).

Dennoch werden nicht alle verdammt. Die Lehre, daß vor dem Großen Weißen Thron kein Mensch mehr gerettet sein wird, geht über die Schrift hinaus. Denn die Offenbarung sagt nicht: »Da niemand geschrieben gefunden wurde in dem Buche des Lebens, wurden sie alle in den Feuersee geworfen«, sondern sie sagt nur: »Wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buche des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen« (Off. 20, 15). Die bekehrten Nationen aus dem Tausendjährigen Reich sind ja noch nicht gerichtet und müssen demnach vor dem Großen Weißen Thron noch erscheinen. Und wenn es dann weiter in dem Offenbarungsbericht heißt, daß die Toten »nach ihren Werken« gerichtet wurden, so bedeutet dies einfach »nach ihrem Verhalten«. Auch der Glaube ist in diesem Sinne ein »Werk«, eben das gottgewollte Werk, das gottgewollte Verhalten, wie Christus es selber bezeugt hat (Joh. 6, 29). Und was die einzelnen Tat-Werke betrifft, so gibt es von ihnen eben zwei Arten: die Fleisches- und Gesetzeswerke der Unwiedergeborenen, durch die allerdings kein Mensch gerecht wird vor Gott (Röm. 3, 28), so daß, wer diese nur hat, in den Feuersee geworfen werden wird, und die »guten« und »Glaubenswerke« der Wiedergeborenen, die, nach der Schrift, trotz aller Erlösung aus Gnaden, von den Gerechtfertigten dennoch verlangt werden (Tit. 2, 7; 14; 3, 1; 8; 14; Jak. 2, 16), und nach denen sich dann beim Gericht der Herrlichkeitsgrad »richtet«.

Ganz schweigt die Schrift über die Frage, wie Gott die Heiden der Zeit vor dem Tausendjährigen Reich behandeln wird, die das Evangelium nicht gehört haben.   Hier genügt uns der wartende Glaube an Gottes Gerechtigkeit. »Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben?« Als Jesus einmal gefragt wurde: »HErr, meinst du, daß wenige gerettet werden?« hat er ganz einfach geantwortet: »Ringet danach, daß ihr durch die enge Pforte eingehet« (Luk. 13, 23). Am Ende des Gerichts wird jeder erkennen, daß er nur das empfangen hat, was ihm zusteht. Das aber genügt. Das übrige überlassen wir Gott. (Röm. 11, 34)

7. Die zweite Auferstehung. Mit dem Großen Weißen Thron ist eine Auferstehung verbunden, die sogenannte »zweite« Auferstehung, im Unterschied zu der »ersten« Auferstehung vor dem Tausendjährigen Reich.

Deutlich lehrt die Schrift eine leibliche Auferstehung auch der Verlorenen. Sie nennt sie die »Auferstehung der Ungerechten« (Apg. 24,15), die »Auferstehung des Gerichts« (Joh. 5,29), die Auferstehung »zu ewiger Schmach und Schande (Dan. 12,2). Auch sie wird durch Christus, den Totenauferwecker, bewirkt (1. Kor. 15,21; Joh. 5, 26-29), und in ihr ist der HErr der, der auch den Leib zu verderben vermag in der Hölle (Matth. 10,28).

Furchtbar ist der Unterschied zwischen ihr und der Auferstehung des Lebens. Bei beiden hat der neue Leib die Natur und das Wesen des alten Leibes in sich, aber beides in entgegengesetzter Richtung und in ausgereifter Form. Bei den Erlösten war der irdische Leib ein »Tempel des Heiligen Geistes« gewesen (1. Kor. 6, 19), seine Glieder grundsätzlich »Werkzeuge der Gerechtigkeit« (Röm. 6,13) und sein Auferstehungskeim Same Gottes; darum wird er nun verklärt zu einem Lichtleib der Herrlichkeit. Bei den Verlorenen aber war der irdische Leib nur ein Sünden- und Todesleib gewesen (vgl. Röm.6,6; 7,24), seine Glieder »Werkzeuge der Ungerechtigkeit« (Röm. 6,13) und sein Auferstehungskeim Same des Teufels; darum wird er nun zu einem Finsternisleib der Verdammnis.

So gelangt aller »Same« zur Reife (1. Kor. 15, 42-44). Alle Leiblichkeit wird zugleich Ausdruck innerer Geistigkeit; und wie der Herrlichkeitsleib der Verklärten das Gepräge der Heiligkeit trägt und Bild Christi ist, so trägt der Verdammnisleib der Verlorenen das Gepräge der Gottlosigkeit und ist Bild Satans. Er gereicht ihnen »zur Schande, zu ewigem Abscheu« (Dan. 12, 2).

Und doch! Gerade ihre Auferstehung wird dem Verlorenen bezeugen, daß sie nicht hätten im Tode zu bleiben brauchen; denn auch ihre Auferstehung ist durchaus eine Auswirkung der leiblichen Auferstehung des Gekreuzigten (Joh.5,26-29; 1.Kor.15,20-22), und Christus, der Lebensfürst, dessen Auferstehungsmacht sie jetzt an ihrem eigenen Leibe rein richterlich erfahren, hätte auch sie – genau wie die andern – aus den Banden jedes Todes herausführen können.

Nun aber gibt ihnen diese Art von Auferstehung nichts. Sie ist nur, wie die Schrift sagt, der »andere Tod« (Off. 20,14; 2,11), der Übergang aus dem Vorort der Hölle in die Hölle selbst, das Versetztwerden aus dem »Zwischenort« – dem »Ort der Qual« (Luk. 16, 23; 28) – in das »ewige Feuer«.

Furchtbar schildert die Schrift das Los dieser Verlorenen. Sie redet von »Drangsal und Angst« (Röm. 2,9), von »Heulen und Zähneknirschen« (Matth. 22,13; 25,30), von »äußerster Finsternis« (Matth. 8,12) und »ewigem Verderben« (2. Thess. 1, 9). Sie redet von einem »Feuerofen« und einer »Greuelstätte« (Matth. 13, 42; 50;  Ps. 21,10; Jes. 30,33), von einem »Gefängnis« und einem »Abgrund« (Matth. 5, 25; 2. Petr. 2,4), von einer »Hölle« und einer »ewigen Pein« (Matth. 25,46). Sie redet von einem »Wurm, der nicht stirbt« (Mark. 9, 48), einem »Feuer, das nicht erlischt« (Mark. 9,44: 46; Matth. 25,41), einem »See, der mit Feuer und Schwefel brennt« (Off. 20,15;10; 19,20). Sie sagt: »Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen« (Hebr. 10,31). »Es wäre jenem Menschen besser (z. B. Judas), er wäre nie geboren« (Matth. 26,24); und: »Der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit« (Off. 14,11; 20,10).

Was aber ist das Unendliche? Was ist der Inhalt der Ewigkeit? Was liegt in dem Schoße der unergründlichen Endlosigkeit geheimnisvoll verborgen ?

Kein Mensch kann es wissen, weil es Gott nicht geoffenbart hat. Das Verhüllte bleibt restlos bis zu seiner Enthüllung in Gott (5. Mose 29,29). Was »Ewigkeit« ist, vermag niemand zu erklären. Nach Inhalt und Dauer ist sie allen Zeitgeborenen ein Geheimnis.

Darum warten wir still auf den Tag seiner Offenbarung (Joh. 16,12).

Die Ewigkeit ist sein, und alles Wissen um sie ist sein, und unser ist das Glauben, das Gehorchen und Hoffen.

Aus dem Buch von Erich Sauer DER TRIUMPH DES GEKREUZIGTEN, entnommen von Horst Koch, Herborn, im Oktober 2006

Teil I: Das Reich des Antichristen, unter:
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