Die Rückkehr der Hexen (J.Hueber)

Die Rückkehr der Hexen 

Autor: Vera Lengsfeld. Veröffentlicht am 28. Januar 2021

Gastautor: Josef Hueber

Die Sanktionierung von Skeptikern in Fragen der öffentlich zulässigen Meinung zeigt erschreckende Bezüge zur Vergangenheit, wie Brendan O’Neill in seinem Essay “The witch-hunting of lockdown sceptics” (Die Hexenjagd auf Lockdown-Skeptiker) im Online-Magazin Spiked darlegt.  Seine Grundthese lautet, daß die gegenwärtige “Dämonisierung von Andersdenkenden hysterische Ausmaße” angenommen hat und deutliche Parallelen zur historischen Hexenverfolgung aufweist.

Leugner und die Schweigespirale

Die Identifikation mit im öffentlichen Diskurs Unerwünschtem kann gefährlich werden. Exemplarisches kennt schon die Bibel, weithin Bekanntes dazu findet sich im Neuen Testament. Als sich abzeichnet, dass Jesus seiner Verurteilung  entgegengeht, kommt eine Frau auf seinen Gefolgsmann Petrus zu und behauptet, er sei einer der Jesus-Follower. Dessen von Angst motivierte Reaktion auf den Hinweis seiner Zugehörigkeit ist bekannt. Der Beschuldigte, Sanktionen fürchtend, bestreitet, “diesen Menschen zu kennen.” Ihm ist bewusst:  Mit dem Denken des Nazareners identifiziert zu werden, würde möglicherweise auch für ihn fatale Folgen haben. 

Leugnung – Voraussetzung gesellschaftlicher Akzeptanz

In der Öffentlichkeit nicht geduldetes Denken fordert auch heute von den Abweichlern geradezu biblisches Leugnen heraus, was sich, sozialwissenschaftlich definiert, als “Schweigespirale” (Noelle-Neumann) manifestiert. Falsches, will heißen, öffentlichen Konsens störendes Bekennertum, bedeutet, Karriere und Existenz zu gefährden, irreparable Rufschädigung inbegriffen.

Die Beispiele sind bekannt. Klimafragen, Fragen der Energiegewinnung, der Ernährung, des Genussverhaltens (Rauchen, Alkohol), Fragen der Individuellen Mobilität, des Umgangs mit der Natur u.v.a. sind lange schon dem Diktat meinungsbestimmender Moralisten zur Beantwortung überlassen. Deren in diesen Bereichen – wie auf alttestamentliche Steintafeln geschriebenen – Gesetze werden schon Kleinkindern eingetrichtert: privat am Esstisch zu Hause, offiziell in Kindergarten und Schule von Beginn an, bis hin zu medialen Erziehungsprogrammen der öffentlich-rechtlichen Sender.

Gleichschritt und Denunziation

Der Same geistiger und mentaler Gleichschritt-Übungen ist längst aufgegangen. Die gereifte Frucht heißt kritikloser, nicht hinterfragender Gehorsam. (So sagte ein Psychiater (!) in einer Talkshow bei Markus Lanz, dass er auch beim Waldspaziergang eine Maske aufsetzten würde, wenn dies Vorschrift wäre.) In der gegenwärtigen Phase der Coronakrise zeigt sich internalisierte Gehorsamslust sowohl in der – von Politikern immer wieder mit öffentlichem Lob bedachten – peniblen Befolgung selbst in ihrer Sinnhaftigkeit nicht nachvollziehbarer Corona-Verhaltensregeln. Kooperativ gesellt sich in weiten Kreisen der Bevölkerung die keineswegs als verachtungswürdig empfundene Bereitschaft zur Denunziation von Nichtbeachtern regierungsamtlicher Bestimmungen. (Man erinnert sich an Kindergeburtstage, die mit polizeilicher Autorität nach anonymen Hinweisen aufgelöst wurden.)

Der Blick zurück

Der britische Journalist Brendan O’Neill sieht, historische Quellen einbeziehend, im öffentlichen Umgang mit den Kritikern verordneter Corona-Maßnahmen eine Parallele zur historischen “Jagd auf Ketzer und Hexen”.

Hier seine Erläuterungen, im Original nicht so als zusammenhängender Text präsentiert. (Die Übersetzung des Autors ist nicht streng an den Formulierungen, sondern an den inhaltlichen Aussagen ausgerichtet.).

Das gesamte politische Establishment ist gegenwärtig pro-Lockdown.
Die Strategie der Verunglimpfung von Lockdow-Skeptikern zielt darauf ab, sie gleichzusetzen mit „Covid-Leugnern“, welche die Existenz von Covid -19 bezweifeln, sowie mit Impfgegnern, die glauben, dass die Covid-Spritze mit einem Mikrochip ausgestattet ist, damit Bill Gates jede unserer Bewegungen überwachen kann.  Die Pauschalisierung aller, von kritischen Oxford-Wissenschaftlern bis hin zu anonymen Usern auf Twitter, hat zum Ziel, Maßnahmen-Skeptiker in toto zu diskreditieren.

Parallelen der Anklage

Wie in der Vormoderne werden unbotmäßige Wortführer und Querdenker, die es wagen gegen den politischen Konsens aufzubegehren, als Erfüllungsgehilfen der Seuche, als willige Helfer Covids („assistants of the plague“) verteufelt und öffentlich angeprangert. Lockdown-Skeptiker  riskieren, so O’Neil, den Vorwurf,  “Blut an den Händen” zu haben. ( Man denke an Kanzlerin Merkels Äußerung, die Abweichler von Corona-Maßnahmen für  den Tod von Großeltern suggestiv  verantwortlich macht: „Wenn wir jetzt vor Weihnachten zu viele Kontakte haben und anschließend es das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben, das sollten wir nicht tun.“ )

In Seuchenzeiten wurden Menschen an den Pranger gestellt mit dem Vorwurf, “entweder die Pest gebracht oder zumindest ihre Ausbreitung gefördert” zu haben.

Parallel zu Pestverbreitungspaniken gab es Hexenverfolgungen. Im Klima der Schuldzuweisungen lief die Suche nach Verantwortlichen für die Ausbreitung der Seuchen. Die Schuldigen waren Hexen und dämonische Personen. Man bezeichnete sie als „Agenten der Desinformation, des Reiches des Bösen“. Denunziation und sogar Hinrichtungen von Pestkranken kompensierten die Schrecken der Pest.

Abweichendes Denken, Ketzerei, wurde als eine Spielart von Seuche angesehen. Das Pamphlet „Heresiographie“, erschienen 1645, sah in Ketzerei eine „infektiöse und ansteckende Krankheit“.

Skepsis ist weder Leugnung noch Verharmlosung

Es geht, so das Resümee O’ Neills, nicht darum, Fakten zu bestreiten. Covid ist eine reale Gefahr. Einschränkungen im täglichen Leben sind ein Muss. Der pauschale, flächendeckende Lockdown ist jedoch in Frage zu stellen. Es muss aber auch damit ein Ende haben, mit einer Politik des Schreckens die Bevölkerung in ein bedingungsloses Hinnehmen der Maßnahmen zu treiben und einen „Krieg gegen abweichende Meinungen“ zu führen.  Das Unterbinden freier Diskussion fügt der Gesellschaft einen weitaus größeren Schaden zu als „falsche“ Meinungen, weil dies den Raum für kritisches Hinterfragen politischer Maßnahmen einengt und nicht mehr in Betracht ziehen lässt, dass verordnete politische Maßnahmen falsch sein könnten.  – Josef Huber

Die Betonungen im Text sind von mir. H. Koch, Herborn

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