Spiritismus (R.Kriese)
Richard Kriese
Der Spiritismus – Trip ins Jenseits?
Der Spiritismus – das Wort ist vom lateinischen spiritus = Geist abgeleitet – ist die Lehre vom Verkehr mit Geistern. Auch die Parapsychologie beschäftigt sich mit den außersinnlichen Fähigkeiten der Seele. Der Spiritismus will nachweisen, daß die Seele nach dem Ableben eines Menschen weiterexistiert.
Bereits im Altertum hat man versucht, den Kontakt mit Verstorbenen herzustellen.
Der oströmische Kaiser Valenz regierte 364-378. Er ließ zwei Okkultisten Hillarius und Patricius verhaften, weil sie versucht hatten zu ermitteln, wann er sterben und wer sein Nachfolger werden würde. Hillarius wurde gefoltert und gestand: >Wir fertigten ein hölzernes Tischlein an und stellten es in einen Kessel hinein, auf dessen Rand die Buchstaben des Alphabets eingraviert waren. Auf unsere Fragen berührte das Tischlein die Buchstaben in der Reihenfolge, aus der sich die Antwort ergab. Als wir die Frage aufwarfen, wer dem erhabenen Valenz in der Herrschaft folgen würde, kamen die Buchstaben THEO. Kaum war der letzte dieser Buchstaben erschienen, als einer der Anwesenden ausrief, das sei Theodorus, worauf wir überzeugt waren, daß dieser es sei und dann unsere Fragen einstellten.< – Auf dieses Geständnis hin ließ Valenz nicht nur die beiden Okkultisten, sondern auch Theodorus hinrichten. Daß Theodosius der Große aber sein Nachfolger wurde und damit die Voraussagung tatsächlich erfüllte, konnte Valenz nicht verhindern«.
Der moderne Spiritismus hat Mitte des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten begonnen; zu einem Zeitpunkt also, als Karl Marx sich zum Materialismus bekannte. Man schrieb das Jahr 1847, als mit Klopflauten und Spukerscheinungen der Schwestern Fox, Töchter eines Farmers im Staate New York, das Zeitalter des modernen Spiritismus eingeleitet wurde. Landauf, landab produzierten Berufs und Amateurmedien leuchtende Hände und Gesichter, Geistermusik, Stimmen, Lichterscheinungen und eisige Zugluft. Die Zahl der Anhänger stieg in die Millionen.
Inzwischen ist der Spiritismus zur größten pseudoreligiösen Sekte geworden. Man schätzt die Anhängerzahl auf 100 Millionen. In Nordamerika soll es über 6000 Logen geben, und allein in Zürich etwa 400 spiritistische Zirkel mit einer eingeschriebenen Mitgliederzahl von etwa 20000 Menschen. In Brasilien sind »Geisteroperationen« an der Tagesordnung. In den modern eingerichteten Operationssälen gibt es spiritistische Seancen (spiritistische Sitzungen). Die Geister verstorbener Kapazitäten werden zur Mitarbeit herangezogen. Selbst der Geist Sauerbruchs muß für chirurgische Eingriffe herhalten, wenn Ärzte sich von ihm, versunken in Trance mit nachtwandlerischer Sicherheit, die Hände führen lassen. Der prominenteste Patient, der sich von Geistern operieren ließ, war Staatspräsident Kubitschek, der die modernste Hauptstadt der Welt, Brasilia, gründete.
Der Okkultismus greift nicht nur mit abergläubischen Praktiken und magischen Experimenten frontal an, sondern ebenso mit spiritistischen Manipulationen; doppelt gefährlich, weil der Spiritismus einerseits den Kontakt mit Verstorbenen und »Geistheilungen« anbietet, andererseits aber seine Opfer dämonisiert und zugleich für den okkulten Angriff mobilisiert.
Zum spiritistischen Bereich gehört neben »Geistheilungen«, Totenbefragungen und Materialisationen auch der Spuk. Bereits Plinius berichtete von einem Spukhaus in Athen, »in dem es lange wie mit Ketten rasselte«. Fanny Moser berichtet in ihrem Buch »Spuk«, daß der Nationalrat Doller in Stans bei Luzern ein spukverseuchtes Haus zusammen mit seiner Familie verlassen mußte. Sie schreibt: »Der Spuk ist der größte Verstoß gegen den gesunden Menschenverstand und guten Geschmack. Nicht Wunsch führt zu ihm, sondern Schicksal und Pflicht«.
Spukphänomene können sehr verschieden sein: es raschelt, klopft, stampft, poltert, klirrt, ein kalter Luftzug wird wahrgenommen. Manche behaupten, daß sie berührt oder gestreichelt worden seien. Alles das geschieht ohne natürliche Einwirkungen. Gewiß hat man zuweilen mit Schabernack und Tricks solange rumort, bis Leute halb ängstlich, halb verärgert dem Spuk zu Leibe rückten und damit genau so reagierten, wie schadenfrohe »Poltergeister« vorausberechnet hatten. Und doch gibt es echten Spuk, den man weder auf »seelische Leiden eines Menschen« zurückführen kann, noch auf telekinetische Fähigkeiten. In einem Anhang zu seiner Wesley-Biographie berichtet Southey über Spukereignisse:
»Das Haus wurde Tag und Nacht gestört durch Geräusche, Trampeln, Rütteln von Geschirr und Betten, wobei aber nichts von seinem Platz gerückt wurde. Besonders laut war der Lärm bei den Familienandachten während der Fürbitte für die königliche Familie. Die Kinder gaben dem geheimnisvollen Wesen den Namen Old Jeffery. Es fiel der Familie auf, daß die kleine Hetty Wesley manchmal kurz vor Beginn der Störaktionen im Schlaf zusammenzuckte«.
Ein erfahrener Christ und Diakon, mit dem ich längere Zeit hindurch freundschaftliche Kontakte pflegte, berichtete mir gelegentlich, was sich in seinem Hause zugetragen hatte: »Während meine Frau noch in der Küche zu tun hatte, ging in der Stube das Licht aus. Der von ihr verlassene Stuhl lag umgekippt am Boden. Dann nahmen die unerklärlichen Dinge ihren Lauf: Klopfgeräusche an der Stubenwand, am Fenster, an der Außenwand, in einer Lautstärke, die sich am besten mit Axthieben vergleichen läßt. Das vor der Wand stehende Bett begann zu wackeln. Dazu kamen Pfeiftöne – friedlich, aber auch herausfordernd – bis zum Morgengrauen. Außerdem hörten wir ein Kratzen und Schaben am Kopfende des Bettes unseres Enkels. Zwischendurch erlebten wir, wie der Stuhl sechsmal sanft, aber auch polternd vor unseren Augen umfiel. Einmal drehte sich der Stuhl um seine eigene Achse. Plötzlich flog ein Pantoffel in unser Bett. Ich stand auf und wollte nach den Hausschuhen greifen, fand aber nur einen. Kurz darauf flog der zweite ins Bett, dann auch die Schuhe meiner Frau und anschließend auch andere Schuhe aus allen Ecken der Stube. Bei völliger Windstille bewegte sich vor meinen Augen die weitgeöffnete Tür und fiel ins Schloß. Ich öffnete die Tür und klemmte ein Stuhlbein in den Türrahmen. Nach einiger Zeit fand ich die Tür erneut geschlossen. Der Stuhl stand daneben.«
Wie ich später erfuhr, kam es zu diesen seltsamen Spukphänomenen, als ein Untermieter ins Haus zog. Es handelt sich also in diesem Fall um einen personengebundenen Spuk. Einige Parapsychologen setzen bei solchen und ähnlichen Vorkommnissen bis dahin noch nicht erforschte Überleistungen des Unbewußten voraus, sprechen von Restenergien oder gehen davon aus, daß beispielsweise Hysteriker unbewußte Persönlichkeiten abspalten können. Aber weder mit diesen Erklärungsversuchen noch mit der »Halluzinations-Hypothese« lassen sich alle Spukphänomene erklären. C. G. Jung, der sich in dem Landhaus seines Freundes selbst davon überzeugt hat, daß es objektiven, ortsgebundenen Spuk gibt, schreibt: »Mit dieser Hypothese (der Halluzination) sollen nun selbstverständlich nicht alle Spukphänomene erklärt sein, sondern höchstens eine gewisse Kategorie (Gattung) derselben«.
Es läßt sich nun einmal nicht leugnen, daß Spuk auch von Geistern verursacht wird. Professor Dr. Alois Gatterer schreibt: »Nicht wenige Spontanerscheinungen Verstorbener sind die Grundlage eines gediegenen wissenschaftlichen Beweises für das Fortleben nach dem Tode.«
Wie sich dämonischer Spuk äußert, hat Pfarrer Blumhardt in seinem Bericht über die Gottliebin Dittus beschrieben: »Was man hörte, war ein häufig wiederkehrendes, bisweilen die ganze Nacht durch dauerndes Poltern und Geschlürfe in der Kammer, Stube und Küche, das die armen Geschwister oft sehr ängstigte, auch die oberen Hausleute beunruhigte, wiewohl alle sich scheuten, irgend etwas davon kund werden zu lassen. G. erfuhr noch besondere Dinge an sich, daß bei Nacht zum Beispiel die Hände gewaltsam übereinandergelegt wurden, daß sie Gestalten, Lichtlein und so weiter erblickte«.
Es sollte uns zu denken geben, daß sich Spuk an Orten sexueller Ausschweifung ereignet oder dort, wo Verbrechen begangen worden sind. Andererseits wird bezeugt, daß der Spuk aufhört, wenn Menschen, die zu Jesus Christus gehören, beten und in seinem Namen finsteren Mächten gebieten.
Dazu ein Briefauszug aus der seelsorglichen Korrespondenz. Es handelt sich dabei um die Zuschrift eines Häftlings: »Viele Menschen wissen gar nicht, was es bedeutet, okkult belastet zu sein. In meiner Zelle entstand plötzlich eine große Unruhe, die sich von Stunde zu Stunde steigerte. Auf dem Höhepunkt hätte ich alles zerschlagen und mich selbst umbringen können. Überall Geräusche, Bilder fielen von den Wänden mit lautem Knall und das einige Tage lang. Meinem Kollegen in der Zelle habe ich gesagt: >Jetzt wird für mich gebetet.< Und auch wir haben das getan. Jetzt ist Ruhe und Stille. Gott hat auf die Gebete geantwortet. In diesem Jahr konnte ich wirklich Weihnachten feiern endlich frei! Frei von aller Last, die mich viele Jahre gequält hatte.«
Zusammenfassend können wir feststellen: Wenn die Parapsychologie Spukphänomene als Halluzinationen oder hysterische Zerfallserscheinungen der Persönlichkeit bezeichnet, gibt sie nur eine Teilantwort. Finstere Mächte können durchaus auf unsere dreidimensionale Wirklichkeit einwirken. Sie müssen allerdings weichen, wenn ihnen wiedergeborene Menschen im Namen Jesu vollmächtig entgegentreten.
Das Tischrücken angeblich ein interessantes Gesellschaftsspiel ist bei weitem nicht so harmlos, wie das manche meinen. Dazu ein Tatsachenbericht aus dem Buch »Die unsichtbare Welt« von Dr. Paul Müller: »Im Internat wohnten zehn Mädchen. Einmal, nachdem sie aus den Ferien zurückgekommen waren, schlug eines das Tischrücken als besonders interessantes Spiel vor. Doch Elvira lehnte ab und sagte: >Ach, laßt mich in Ruh. Das ist doch Humbug!< Heftiger Widerspruch. Das Tischrücken füllte nun die Abende, lange Zeit ohne Elvira. Dann wurde verabredet, der Kreis sollte Elvira beweisen, daß es kein Humbug sei und Elvira solle den Gegenbeweis führen. So nahm sie zum erstenmal an einer >Sitzung< teil.
Die Sache mißlang. Alle waren empört und warfen Elvira vor, sie störe absichtlich. Doch sie antwortete: Wenn das von ihrem Willen abhänge, sei ja das Tischrücken als Humbug erwiesen. Elvira wurde jedoch gebeten, bei einem weiteren Besuch ihre Einstellung zu ändern. Jetzt nimmt sie sich vor, alle anderen an der Nase herumzuführen. Feierliche Stille. Der Tisch wird befragt. Sie denkt eine >beliebige Antwort<, und siehe da, der Tisch gibt genau die gedachte Antwort. Von jetzt ab spielt Elvira begeistert mit und denkt sich auf alle Fragen die tollsten Antworten aus, die alle geglaubt werden.
Einmal geht ein wichtiger Schlüssel verloren. Große Aufregung. Der Schlüssel muß unbedingt gefunden werden. Man greift zu dem bewährten Mittel und fragt den Tisch. Elvira denkt: >Der Schlüssel liegt auf der Oberhauser Steige, 3 km entfernt, dritter Bau, Abzweigung links, unter dem siebten Busch.< Unverzüglich machen sich einige auf den Weg und bringen tatsächlich den Schlüssel. Doch Elvira erschrickt im Innersten, spielt aber trotzdem weiter und tröstet sich damit, es sei vielleicht doch ein Zufall gewesen.
An einem Abend fragt eins der Mädchen nach einem ihrer Bekannten, von dem sie seit langem nichts mehr gehört hat. Elvira kennt ihn nicht und denkt: >Sagen wir einmal: Er ist in Italien.< Prompt sagt es der Tisch. Weitere Frage: >Ist er allein dort?< Antwort: >Nein<. Neue Frage: >Mit wem ist er in Italien?< Antwort: >Mit seiner Frau.< Großes Gelächter. Diesmal wußte der Tisch nichts, denn der Bekannte hat gar keine Frau. Wenige Tage darauf kommt eine Karte aus Italien, wo der Betreffende auf der Hochzeitsreise ist.
Nach diesem Erlebnis wird Elvira vorn Grauen erfaßt. Sie erkennt, daß Tischrücken keineswegs Humbug ist. Sie selbst wurde zum Spielball dunkler Mächte. Seitdem meidet sie streng alle Gelegenheiten ähnlicher Art.
In der Rückschau nach einigen Jahrzehnten werden ihr manche Zusammenhänge klar. Sie hatte in jener Zeit keinen Wunsch zu beten oder in die Kirche zu gehen. Den >Frommen< ging sie aus dem Weg. Andere Mächte hinderten sie am Glauben«.
Schon oft sagten mir im seelsorglichen Gespräch solche, die sich am Tischrücken beteiligt hatten: »Ich habe mir nichts dabei gedacht.« Der Teufel aber denkt sich in jedem Fall etwas dabei. Er zerrt in die Zone dämonischer Mächte, verführt zu anderen okkulten Praktiken, bringt das psychische Gleichgewicht durcheinander und ruiniert dann einen Menschen nach Leib, Seele und Geist. Hände weg vom Tischrücken!
Paul Bauer informiert über das Tischrücken aus eigener Erfahrung in seinem Buch »Horoskop und Talisman«:
1. Schwere Tische, etwa rechteckige Eichenmöbel, ließen sich nur selten bewegen. Runde, kleine Tischchen spielen am ehesten mit.
2. Es kam sehr stark auf die Fähigkeit der Teilnehmer an, sich zu konzentrieren. Unaufmerksame Partner und kichernde Mädchen störten die Vorgänge.
3. Jeder Teilnehmer war gehalten, einen bestimmten Vorgang mitzudenken, z. B. der Tisch soll sich auf der Fensterseite heben oder er soll sich rechts herumdrehen.
4. Nach einer Anlaufzeit von zwei bis fünf Minuten hörte man oft ein eigentümliches Knacken im Holz, das vorher bei dem ruhig dastehenden Tisch nicht gehört wurde. Erst dann setzte sich der Tisch in Bewegung.
5. Die Glaubensbereitschaft der Teilnehmer spielte eine große Rolle. Erklärte ich einführend die Sache für Einbildung, so ereignete sich öfters überhaupt nichts; stellte ich mich selbst begeistert und erzählte von Erfolgen, wurden die Experimente besser. Manche Teilnehmer äußerten, ein Kribbeln in den Armen, ja sogar Schmerzen zu verspüren…
Er kommt zu dem Ergebnis: »Im Ganzen ist hier also Zurückhaltung geboten«.
Das gilt ganz besonders für den Fall, wo man sich nach Verstorbenen erkundigt oder Geister befragt. Nicht nur Zurückhaltung ist geboten: Wir haben ganz einfach spiritistischen Manipulationen fernzubleiben, weil dabei ein Grenzübergang in dämonische Zonen passiert wird, die keiner ungestraft betritt, ganz gleich, ob man über der Fotografie eines Verstorbenen pendelt, auf Klopfzeichen des »Tischchens« achtet, »gläserlt« im süddeutschen Raum , Klopfalphabete benutzt oder sich des »automatischen Schreibens« bedient.
Mag auch manches, was sich als Jenseitsspektakel ausgibt, Lüge und Betrug sein oder mitunter auch wissenschaftlich erklärt werden können: hinter der Todeslinie gibt es einen Bereich, der auf keinen Fall gleichsam zum luftleeren Raum gehört. Mehr als einmal habe ich festgestellt, daß Menschen, die den Blick hinter die Todeslinie riskieren, von Lästergedanken, Jähzorn, Süchten und Depressionen gequält werden. Manche können nicht mehr beten und verabscheuen das Evangelium. Je und dann ist der Selbstmord die Endstation, weil man das alles auf die Dauer nicht zu ertragen imstande ist. Nur einer kann helfen: Jesus Christus, der am Kreuz unsere Schuld gesühnt, den Tod entmachtet und den Satan besiegt hat. Wer sich ihm anvertraut, wird von okkulten Belastungen befreit.
Beim Tischrücken buchstabiert der »Geist« seine Antwort durch Klopfzeichen; beim »automatischen Schreiben« bedient er sich dazu der Hand des Mediums. Der Brasilianer Chico Xavier soll 97 Bücher geschrieben haben. Das auf einem Friedhof entstandene Sonett eines verstorbenen brasilianischen Dichters »wurde fachlich als ein Werk bedeutender Inspiration in vollendeter metrischer Form angesehen«. (Reinhold Ruthe: Medien, Magier, Mächte) Wie Professor Staudenmaier beweist, ist das automatische Schreiben nicht ungefährlich:
»Mit Erfolg weckte er innere Stimmen, die sich in Form verschiedener Persönlichkeiten meldeten, sich gegenseitig befehdeten und unerträglich miteinander stritten. Geister Verstorbener meldeten sich in seinen Niederschriften. Es traten Halluzinationen auf, und er fühlte sich von Teufeln und Spottgeistern geplagt. Selbst wenn er spazierenging, sah er allerlei Kobolde, merkwürdige Tiere und Gespenster auf Sträuchern und Bäumen hocken, die ihn spöttisch anlächelten. Die rätselhaften Wesen gewannen immer stärkeren Einfluß auf ihn. Er hatte seine Hände nicht mehr in der Gewalt. Zu den verschiedensten Zeiten meldeten sich motorische Automatismen, auch in Beinen und anderen Körperteilen«.
Der 1961 verstorbene Parapsychologe Tischner warnt davor, sich rückhaltlos der reizvollen Beschäftigung des automatischen Schreibens hinzugeben. Man könne »sehr schnell die Herrschaft über seinen Körper verlieren und sklavisch vom destruktiven Automatismus heimgesucht werden«. Genauer gesagt: Wer sich mit dem automatischen Schreiben beschäftigt, wird willenloses Organ dämonischer Mächte, die nicht nur inspirieren, sondern zugleich auch ruinieren.
Ein weiteres Teilgebiet des Spiritismus sind die »Geistheilungen«.
Zur Vorgeschichte: »Dr. Singer war jahrelang als praktischer Arzt in England tätig gewesen, bis er selbst erkrankte und die Diagnose auf Krebs lautete. In dieser Zeit wurde er mit einem Geistheiler bekannt, der als Mitarbeiter einer spiritistischen Kirche in England bekannt war. Viele sonntägliche Sitzungen machten ihn wieder gesund, und er beschäftigte sich eingehend mit spiritueller Heilung. Später wurde er über ein bekanntes englisches Medium von dem Arzt Dr. Lang operiert. Als er 1961 starb, ließ Dr. Singer über ein Medium seiner Tochter ausrichten, sie möchte seine Arbeit aus dem Jenseits fortsetzen. Die Tochter war einverstanden. Leider hatte sie keinen entsprechenden Beruf. Sie war Stewardess bei einer Londoner Fluggesellschaft. Die Prüfung ihrer Medialität verlief für alle zufriedenstellend. Sie schloß sich der Heilungsgruppe der spiritistischen Kirche in Hayes an und wurde planmäßig als Geistheilerin ausgebildet. Die Ausbildung erfolgte in Form von spiritistischen Sitzungen, wobei Ärzte aus dem Jenseits auch bei Operationen ihre Hände führten. Während dieser Schulungsstunden geschah es dann, daß sich. der verstorbene Dr. Singer meldete und den Wunsch äußerte, seine Tochter möge seine alte Praxis in Hayes in ein Sanktuarium verwandeln. Aus der anderen Welt hoffe er, seiner Tochter beizustehen. Schritt für Schritt haben Mutter und Tochter Singer stets neue Anweisungen und Voraussagen aus der geistigen Welt bekommen, die sie zuerst ungläubig aufnahmen, doch ohne Ausnahme haben alle ihren Sinn bewiesen«.
Es dürfte sich erübrigen, noch einmal darauf hinzuweisen, daß Menschen, die sich ihrem auferstandenen Herrn verpflichtet wissen, auf derartige Heilungsmethoden verzichten. Das Neue Testament weist uns einen anderen Weg. Wenn es unserem Herrn gefällt, den einen oder anderen nicht zu heilen, ist es besser, man bleibt krank, als daß man gesund unter einen Bann Satans kommt.
Die Materialisation der Geister.
Es gibt genügend ernstzunehmende Berichte, die eindeutig zeigen, daß Verstorbene erscheinen können. Dazu zwei Beispiele:
»Pfarrer J. in Sch. erzählt: Vor etlichen Jahren fuhr ich wie in jedem Herbst auf einem >Berner Wägele< ins Remstal (BadenWürttemberg), um einzukaufen. Neben mir als Kutscher der Bauer N. aus W. Wir fuhren vier bis fünf Stunden und kamen in die Nacht hinein. Zwischen 23 und 24 Uhr gerieten wir an eine Steigung der Fahrstraße. Wir beide stiegen ab, um die Pferde zu entlasten. Das Gefährt fuhr dadurch etwas schneller, so daß ich einige Meter zurückblieb. Plötzlich sah ich neben mir einen Mann, der mir wohlbekannt war, weil er ja aus meinem Dorf stammte. Er trug seltsamerweise den langen, schwarzen Rock, den unsere Bauern sonntags landesüblich tragen. Er zog seinen Hut und sagte: >Guten Abend, Herr Pfarrer! Ich komme nur, um ihnen zu sagen, daß sie bald heimfahren müssen. Am Freitag ist eine Beerdigung. Es ist ein Unglück geschehen, im Wald beim Holzmachen ist einer erschlagen worden!< Der Mann war unverkennbar der Bauer W. Ich fragte zurück: >Ja, sind Sie mir deswegen eigens bis hierher nachgelaufen?<, aber ich erhielt keine Antwort mehr. Er war augenblicklich verschwunden. Mit langen Schritten holte ich den Wagen ein. Der Kutscher fragte mich: >Was hat denn der W. von Ihnen gewollt?< Der Mann kam nicht mehr zum Vorschein. Als ich andern Tags an meinem Zielort ankam, fand ich auf dem Frühstückstisch ein Telegramm meiner Frau: Bauer W. sei im Wald beim Holzfällen tödlich verunglückt«. (Wilhelm Horkel: „Botschaft von Drüben“)
Der Ozeanflieger Charles A. Lindbergh, der im Jahre 1927 als erster den Atlantischen Ozean auf der Strecke New YorkParis überflog, berichtet in seinem Buch »Mein Flug über den Ozean«, was er während seiner 22. Flugstunde erlebte:
»Während ich auf die Instrumente starrte, füllte sich die Kabine hinter mir mit Geistern verschwommenen, durchsichtigen Gestalten, die sich schwebend regen. Die Erscheinung überrascht mich nicht, weil es ohne Plötzlichkeit geschieht. Ohne den Kopf zu drehen, kann ich sie so klar sehen, als wären diese in meinem normalen Gesichtsfeld. Meine Sicht ist nicht mehr begrenzt, sondern wie ein großes Auge, das gleichzeitig überall hinblickt. Die Phantome freundliche Schatten wie Nebel ohne Substanz sind jederzeit in der Lage zu erscheinen und zu verschwinden. Die Wände des Flugzeugs sind für sie kein Hindernis. Manchmal stehen sie dichtgedrängt hinter mir, dann wieder sind nur einige da, bald einer, bald ein anderer lehnt sich nach vorne an meine Schulter, um über das Motorengeräusch hinweg mit mir zu sprechen und begibt sich dann wieder zur Gruppe der übrigen zurück. Zuweilen kommen ihre Stimmen auch direkt aus der Luft, deutlich, doch wie von weither vertraute Stimmen, die meinen Flug mit mir besprechen, mir technische Ratschläge erteilen, über Probleme der Navigation mit mir diskutieren; Stimmen, die mich beruhigen und mir Botschaften überbringen, wie sie im täglichen Leben nicht erhältlich sind…«
Lindbergh folgert: »Raum und Zeit haben ihren früheren Sinn verloren, und jedes Gefühl für Materie ist dahin: Mein Körper hat kein Gewicht mehr, der Steuerknüppel keine Härte, und das Fleisch keine Empfindung. Ich bin von den Gesetzen der Körperwelt unabhängig und fühle mich fast eins mit diesen nebelgleichen Wesen in meinem Rücken… Obwohl meinen geisterhaften Freunden der feste Körper fehlt, sind sie doch Menschen gleich in ihrer äußeren Erscheinung: Besucher aus einer Welt, die dem Sterblichen verschlossen ist. Ich bin auf der Grenze zwischen dem Leben und einem größeren Reich jenseits; von Kräften geführt, auf die ich keine Einwirkung habe und die eine Macht darstellen, wie sie mir in dieser Stärke nie begegnet ist. Die Sendlinge aus der Geisterwelt sind für mich weder Eindringlinge noch Fremde. Eher ist es wie ein Zusammentreffen mit der Familie, mit Freunden nach Jahren der Trennung als hätte ich sie in einem früheren Leben alle gut gekannt. Eine Umwertung aller Werte geht diesseits wie auch jenseits meines Verstandes vor sich . . . . So wäre der Tod nicht das unwiederbringliche Ende, das er bisher zu sein schien, sondern vielmehr das Tor zu einer neuen, freien Existenz, die allen Raum und alle Zeit umschließt…?«.
Berichte, die sich wissenschaftlich weder einordnen noch erklären lassen, die aber unausweichlich auf Dimensionen hinweisen, die jenseits unseres Verstehenshorizontes liegen. Der Schweizer Psychologe C. G. Jung schrieb in seinem Vorwort zu dem Buch von Dr. Fanny Moser »Spuk, Irrglaube und Wahrglaube«, in dem 20 außergewöhnliche Spukerscheinungen beschrieben sind:
»Eben dieselbe Unwissenheit macht auch, daß ich mich nicht unterstehe, so gänzlich alle Wahrheit an den mancherlei Geistererzählungen abzuleugnen, doch mit dem gewöhnlichen, obgleich wunderlichen Vorbehalt, eine jede einzelne derselben in Zweifel zu ziehen, alles zusammengenommen aber einigen Glauben beizumessen«.
Professor Walther Hinz Universität Göttingen, geht in einem Artikel mit der Überschrift »Moderne Jenseitsforschung« einen Schritt weiter. Zu lesen ist u.a.:
»Eine Strömung in ihr (der Parapsychologie) bemüht sich krampfhaft, alle parapsychologischen Phänomene als Leistungen des Unterbewußtseins von Menschen zu erklären. Auch das ist im tiefsten Grund ungeistiges, materialistisches Denken. Wohl gibt es parapsychologische Erscheinungen genug, die tatsächlich auf seelische Kräfte von Menschen zurückzuführen sind. Aber darüber hinaus begegnet uns eine ganze Welt von übersinnlichen Erfahrungen, die sich befriedigend nur deuten lassen, wenn man ihren Ursprung in persönlichkeitsbegabten geistigen Wesen sucht.
Alle Beobachtungen deuten darauf hin, daß der Mensch bei seinem Tod den irdischen Leib abstreift und als GeistIch mit einem Seelenleib in diese jenseitige Welt eintritt. Auf Dr. Emil Mattiesen geht das dreibändige Grundwerk zurück mit dem Titel »Das persönliche Überleben des Todes«. Ich selbst habe dazu beitragen dürfen, daß Mattiesens grundlegendes Buch trotz der Herrschaft des Hitlerreiches erscheinen konnte. Durch dieses Werk ist das persönliche überleben des Todes wissenschaftlich erwiesen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß engstirnige Wissenschaftler davon keine Notiz nehmen wollen. Der Gedanke an ein persönliches überleben des Todes ist sehr vielen Menschen unangenehm, ja zuwider. Begreiflicherweise wollen gerade die – bewußt oder unbewußt. materialistisch eingestellten Gelehrten von einem solchen Überleben nichts wissen. Die Tatsachen des nachtodlichen Lebens nehmen indes keinerlei Rücksicht auf menschliche Vorlieben oder Abneigungen. Tatsachen sind härter als selbst der eigensinnigste Dickschädel . . .
Auch Emil Mattiesen hat, ich deutete es schon an, ursprünglich die durch Medien empfangenen Jenseitsschilderungen nicht für Wirklichkeit genommen, sondern sie dem Unterbewußtsein der Medien zuschreiben wollen. Genauso war es vor ihm dem bedeutenden italienischen Parapsychologen Ernesto Bozzano ergangen. Entscheidend aber ist: beide Gelehrte haben sich durch die Fülle übereinstimmender Berichte, durch das Gewicht ihrer statistischen Häufungen zu der gegenteiligen Überzeugung durchgerungen, zu der Überzeugung nämlich, daß diesen Jenseitsschilderungen echte, reale Wirklichkeiten zugrunde liegen . . .
Wir haben nämlich Grund anzunehmen, daß die Abgeschiedenen noch geraume Zeit nach ihrem Tode dieselben Eigenschaften aufweisen, die sie schon zu Lebzeiten besaßen. Mit anderen Worten: Nicht nur die Lebenden sind von sehr unterschiedlichem Range, sondern auch die Abgeschiedenen. Es wäre daher geradezu ein Argument gegen die Echtheit der Kundgaben, wenn sie inhaltlich alle genau übereinstimmten…
Den Wissenschaftler darf bei seinen Forschungen die Einsicht begleiten, daß wahrer Glaube und wahre Erkenntnis sich ihrem Wesen nach ergänzen, nicht ausschließen und daß auf höherer Stufe Glaube und Erkenntnis zu einer Einheit verschmelzen (15).
Auch der Spiritualismus ist eine Variante des Spiritismus. Während sich bei spiritistischen Sitzungen die verschiedensten Geister manifestieren (offenbaren, kundgeben), konzentriert man sich im Spiritualismus ausschließlich auf Gestalten der Bibel. Maurice Elhot, ein Geisterseher der spiritualistischen Gemeine in London, untersuchte eine Anzahl biblischer Erzählungen und gab dazu spiritistische Erklärungen. Wörtlich schreibt er: »Hieran sehen wir, daß Abraham seine Gaben des Hellsehens und Hellhörens fortgesetzt anwandte… Es muß dem durchschnittlichen Kirchgänger nahezu unglaublich erscheinen, daß der >Herr< sowie andere Geistwesen (1. Mose 18) sich in solcher soliden Form materialisieren konnten, daß sie imstande waren zu sprechen, zu sitzen und sogar ein festes Mahl unter den Bäumen einzunehmen. Doch jenen, die mit den heutigen psychischen Phänomenen vertraut sind, wird dieses Geschehen keineswegs unbegreiflich erscheinen. Er (Abraham) fühlte ganz sicher, daß sein himmlischer Führer mit ihm war. So begann er ihn anzureden, als wenn er einen sichtbaren Freund an seiner Seite anreden würde« (5/144).
Auf dem Berg der Verklärung sagte Petrus zu Jesus: »Meister, hier ist gut sein. Lasset uns drei Hütten machen: Dir eine, Mose eine und Elia eine.« Elliot bemerkt dazu: »Denn erfahrungsgemäß waren die abgegrenzten >geheiligten Orte< besonders geeignet, die Medialität bzw. die übersinnlichen Funktionen zu verstärken und zu erhalten, wie es Mose mit seinem tragbaren Zelt in früheren Tagen erfahren hatte« (5/147).
Im Blick auf Zeichen und Wunder des Neuen Testaments, die von Spiritualisten ebenfalls gedeutet werden, schreibt H. Martensen-Larsen ironisch: »Dieselben. O ja. Wenn ein Kind Striche in ein Heft kritzelt, so ist es dasselbe, wie wenn ein Dichter sein Werk schreibt beides ist ja Schrift. Und wenn der Straßenjunge seinen Gassenhauer pfeift, so ist es dasselbe, wie wenn eine Sonate von Beethoven gespielt wird. Beides ist ja Musik! Und wenn bei der spiritistischen Sitzung die Gitarre oder Violine in der Luft herumfliegen oder das Medium an der Zimmerdecke schwebt, so ist es dasselbe, wie wenn der Herr auf dem Meere wandelt oder auf gen Himmel fährt« (5/148).
Ironische Sätze, die aber den Nagel auf den Kopf treffen! Was sagt die Bibel? Im Alten Testament finden wir zwei häufig wiederkehrende Ausdrücke: »ob« und »yiddeoni«. Der Sinn von »ob« ist ungewiß, doch bedeutet ein ähnliches arabisches Wort »zurückkehren«. Es ist nahezu sicher, daß das zweite Wort mit dem hebräischen Zeitwort für »wissen« verwandt ist. Die Art, in der diese beiden Wörter verwendet werden, läßt darauf schließen, daß sie sich auf einen sich mitteilenden Geist beziehen (6/63).
3. Mose 19, 31: »Ihr sollt euch nicht an die Totengeister (ob) und an die Wahrsagegeister (yiddeoni) wenden, ihr sollt sie nicht befragen und euch so an ihnen verunreinigen.«
3. Mose 20, 6: »Wenn sich jemand an die Totengeister und Wahrsager wendet und sich ihnen hingibt, so werde ich mein Angesicht Wider einen solchen wenden und ihn aus seinem Volk ausrotten.«
3. Mose 20, 27: »Wenn in einem Mann oder Weib ein Totengeist oder Wahrsagegeist ist, so sollen sie getötet werden.«
5. Mose 18, 1012: »Es soll in deiner Mitte kein Wahrsager, Zeichendeuter, Schlangenbeschwörer oder Zauberer, kein Bannsprecher oder Geisterbeschwörer gefunden werden, keiner, der Wahrsagegeister befragt oder sich an die Toten wendet; denn ein Greuel ist dem Herrn ein jeglicher, der solches tut…«
1. Samuel 28, 3: »Saul hatte das Land von den Totenbeschwörern und Wahrsagern gesäubert.«
1. Samuel 28, 7: »Suchet mir ein Weib, das Macht hat über Totengeister, daß ich zu ihr gehe und sie befrage. Ein Weib, das Macht hat über Totengeister, gibt es in Endor. «
1. Samuel 28, 8: »Wahrsage mir doch durch den Totengeist und bringe mir den herauf, den ich dir nenne.«
1. Chronik 10, 13. 14: »Also starb Saul…, weil er einen Totengeist befragt hatte, um eine Offenbarung zu bekommen, beim Herrn aber nicht Rat geholt hatte; darum ließ er ihn umkommen.«
Zur Weisung und zur Offenbarung! Wenn sie nicht also sprechen, gibt es für sie keine Morgenröte.«
Jesaja 29, 4: »Dann wirst du tief unten am Boden liegen, reden und in den Staub gesunken eine bescheidene Sprache führen, und deine Stimme wird wie die eines Totengeistes aus der Erde hervorkommen und deine Rede aus dem Staub heraus flüstern.«
J. Stafford Wright schreibt dazu in »Der Christ und das Okkulte«: »Wenn wir diese Stellen genau betrachten, dann haben wir den Eindruck, daß »ob« und »yiddeoni« Namen von kommunizierenden Geistern sein könnten. Da »ob« zuweilen für sich allein steht, während »yiddeoni« immer mit »ob« zusammen genannt wird, scheint es vernünftig, »ob« als den herrschenden Geist zu betrachten und »yiddeoni« als andere Geister, die vom beherrschenden herbeigerufen werden. Die meisten Medien unserer Zeit stehen anscheinend unter der Kontrolle von ein oder zwei Geistern. An den alttestamentlichen Stellen, die von der Säuberung des Landes von »ob« und »yiddeoni« sprechen (1. Sam. 28, 3 und 2. Kön. 23, 24) müßten die beiden Wörter wohl mit »Medien« übersetzt werden. Zwar wird an den beiden Stellen ein unterschiedlicher Ausdruck für »Säuberung« verwandt, der Sinn ist jedoch derselbe. Die ursprüngliche Bedeutung ist leicht verständlich: Man säubert ein Land tatsächlich von den Geistern, wenn man es von den Medien säubert, die ihre Vermittler sind« (6/65).
»Spiritualisten berufen sich immer wieder auf den Befehl, wir sollten die Geister prüfen (1. Joh. 4, 1) . . . Der Zweck der Prüfung besteht nicht darin, zu entscheiden, ob der Kommunikator ein irreführender, ein böser Geist ist oder der Heilige Geist Gottes. Kein anderer als der Heilige Geist inspiriert einen echten Propheten: Botschaften von einem verstorbenen Juden oder Christen stehen gar nicht zur Diskussion. Das unterscheidet den Propheten Gottes vom Medium« (3/66).
Alles das macht deutlich, daß dort, wo die Parapsychologie hinter spiritistischen Phänomenen entweder »Restenergien Verstorbener« oder »außerkörperliche Intelligenzen« vermutet, die Bibel sehr viel genauer von Geistern redet und die Erscheinung Verstorbener wenn auch sparsambezeugt (1. Sam. 28, 79 und Matth. 17, 18). Damit stehen wir vor der Frage, ob es einen Zwischenzustand, einen Zwischenbereich, eine Wartezone für Verstorbene gibt, oder ob wir mit einer »totalen Existenzvernichtung« rechnen müssen. Blumhardt so Wilhelm Horkel in seinem Buch »Botschaft von drüben« hat damit gerechnet, daß die unselig Verstorbenen beunruhigend, verwirrend auf die Nachlebenden einwirken. Befreit von der alten Leiblichkeit, können sie sich gerade um so tätiger machen auf dem Kampffeld des Geistes und der Geister, denn böse Geister haben den Drang nach Verleiblichung in sich, wollen unter Menschen wohnen (die Besessenen des Neuen Testaments!) (1/145). Viele Fragen brechen an dieser Stelle auf, die im einzelnen nicht beantwortet werden können. Eine grundsätzliche Klärung aber ist möglich, wenn wir uns darüber informieren, was die Bibel über die Seele und den Zwischenzustand aussagt.
Seele heißt wörtlich übersetzt Hauch, Lebenshauch, Atem. Sie umfaßt sowohl die Lebensgrundlage als auch das Bewußtsein. In der alten griechischen Literatur wird die Seele als mit dem Leib zusammenhängend vorgestellt. Sie kann das Innere des Menschen bedeuten, seine Persönlichkeit. Seele und Person sind also gleich. Später wird der Begriff der Seele zu dem des Charakters und der Gesinnung. Die Seele ist Sitz der Empfindungen, des Verlangens und Vergnügens, des Genusses. Die griechische Philosophie vertritt die Auffassung, daß die Eigenschaften der Seele Bewegung, Wahrnehmung, Empfindung, vor allem Unkörperlichkeit sind.
In der Septuaginta (griechische Übersetzung des Alten Testaments) kommt das Wort Seele 900 mal vor. Am häufigsten ist es für »naephaesch« verwandt, was ursprünglich Kehle, Gurgel, dann Hauch und Atem bedeutet. Das Wort »naephaesch« bezeichnet das, was einen Körper gleich, ob Tier oder Mensch zu einem lebendigen Wesen macht. Die Psyche als Übersetzung von »naephaesch« ist das Empfindsame in der Lebendigkeit des Ichs, Sitz der Affekte, der Liebe, der Sehnsucht und der Freude. Die Psyche als der innere Mensch mit den verschiedenen Kräften steht dem Leib gegenüber (17/1112 f.).
Wie wenig das Alte Testament eine einheitliche Vorstellung über Gestalt und Sitz der Seeleim Menschen hat, zeigt sich daran, daß es heißt: »Sie werde verhaucht« (entsprechend ihrer Gebundenheit an den Atemvorgang). Das Blut wird übrigens mit Seele geradezu gleichgesetzt. Daneben kennt das Alte Testament auch die Seele als das Organ der Empfindungen im Menschen, wobei das Wort bedeutungsgleich mit Herz oder Gemüt verwandt werden kann. »Naephaesch« bezieht sich ursprünglich nicht auf eine Sache, sondern auf einen Zustand bzw. einen Vorgang. über die Seele werden folgende Aussagen gemacht:
1. Sie ist jene Kraft, die aus einem Körper ein lebendiges Wesen macht und den Lebensvorgang bewirkt und erhält.
2. Eine Seele kann einfach jemand bedeuten. Auch der tote Mensch wird als eine Seele bezeichnet.
3. Seele meint immer den ganzen Menschen. Der Ausdruck »Leib und Seele« darf nicht im Sinne der Trennung dieser beiden, sondern muß gerade als Betonung der ganzheitlichen Zusammengehörigkeit verstanden werden. Selbst nach dem Tod wird vom Menschen ganzheitlich gesprochen.
4. Innerhalb der Ganzheit der Person wird unter Seele die den Lebensvorgang gestaltende Kraft, also das Leben selbst, verstanden.
5. Die Rückkehr der Seele meint Fortdauer, das Wiederaufflammen des Menschenlebens (1. Kön. 17, 21). Immer ist der Mensch in seiner Gesamtexistenz gemeint, wobei die Seele als Organ des Denkens, Erkennens und des Willensentschlusses gilt.
Auch im Neuen Testament gilt die Seele als tragende Kraft des geschöpflichen Lebens und kann die menschliche Person meinen. Auch hier hat Seele die gleiche Doppelbedeutung wie Leben, indem es sowohl den Menschen in seiner vergänglichen Existenz wie in seinem gottgewirkten neuen Leben meint, über das der Tod keine Macht hat. Die Seele wird unterschieden vom Geist (pneuma), wo der menschliche Geist als die durch Überlegung wirksame Steuerungskraft des Denkens und der Entscheidung gemeint ist, im Gegensatz zur Seele als der lebenserhaltenden Kraft und dem Organ der Empfindung. Auch im Neuen Testament gehört zur Seele durchaus der Leib, dem sie verfallen und von dem sie beherrscht werden kann. An der Seele, als der das menschliche Leben am meisten bestimmenden Kraft, nimmt Gottes Heiligung ihren Ansatzpunkt. Hier erfährt der Mensch seine Wiedergeburt.
»Vom Ergehen der Seele nach dem Tode spricht die Schrift in verschiedener Weise. Hält man sich vor Augen, daß hinter Seele immer der ganze Mensch steht, so wird deutlich, daß die Heilige Schrift an einer speziellen Seelenlehre, die von der Ganzheit des Menschen absieht, nicht interessiert sein kann und deshalb die in der Philosophie erdachte und in manchen Religionen vertretene Existenz der Seele an sich, also ohne Beziehung zu der Gestalt eines bestimmten Menschen, nicht kennt. Das zeigt vielleicht am deutlichsten 1. Thessalonicher 5, 23, wo es um die Bewahrung des. Menschen nach Geist, Seele und Leib geht. Nicht nur der Leib, sondern auch die Seele ist der Errettung und der Erlösung bedürftig, und vor dem Throne Gottes stehen nicht nur Seelen, sondern wiederum ganze Menschen. Für das, was nach dem Tode geschieht, reichen unsere Begriffe und Vorstellungen zur Erklärung nicht aus. Aber wie schon im Alten Testament wird auch im Neuen Testament dem verstorbenen Menschen ein Dasein zugeschrieben. Denen, die das neue Leben nicht erhalten haben, gilt hier die Trennung von Gott und Totenreich, bis sie nach der Wiederkunft Christi zum letzten Gericht erscheinen müssen; denen aber, die im Glauben sterben, ist die Gemeinschaft mit Gott verheißen. Sie sind dem Gericht entkommen. Daß auch im Neuen Testament die Vorstellung vom Blut als Träger der Seele nachwirkt, zeigt Offenbarung 6, 9, wo von den Seelen der Märtyrer am Altar Gottes gesprochen wird: Sie befinden sich da, wo im Alten Testament das Blut der Opfer hinfließt; wo sie ihr Leben für Gott hingegeben haben, ist es nicht verloren, sondern erhalten«.
Die Bibel unterscheidet mithin zwischen Leib, Seele und Geist, sieht aber den Menschen immer in ganzheitlichen Bezügen. Dort, wo die Seele durch den Heiligen Geist erneuert wird, weiß sie um ein unvergängliches Leben, das die Todeslinie durchbricht.
Im Alten Testament bedeutet Leben zunächst den durch Tod und Geburt begrenzten Ablauf des natürlichen Lebens. Neben dem natürlichen Leben, dessen Anfang und Ende durch die natürliche Geburt und den natürlichen Tod bestimmt werden, kennt die Bibel vor allem das Neue Testament ein anderes Leben, das mit einer übernatürlichen Geburt beginnt (Joh. 3, 3. 5): das Leben aus Gott, das vor allem in den Schriften des Johannes seine besondere Rolle spielt. Im Glauben ist das neue Leben Wirklichkeit, weil der Glaube die Verbindung mit dem herstellt, der dieses neue Leben aus Gott selber ist. Mit dem Glauben ist in dem zeitlichen Ablauf des natürlichen Lebens etwas völlig Neues gekommen. Daß das neue Leben so zwar einen Anfang hat, aber doch ohne Ende sein soll, ist bei aller Widersinnigkeit für unseren menschlichen Verstand Gottes kraftvolle Möglichkeit und Wirklichkeit.
Im Tod, der als eine personhaft gottwidrige Macht verstanden wird, leben alle Menschen, soweit sie von Gott getrennt sind. Der geistliche Tod wird aufgehoben, wo der Mensch durch Gottes Gnade zu neuem Leben in der Wiedergeburt errettet wird und damit vom Tod zum Leben hindurchgeht (Joh. 5, 24). Dieses neue Leben kann nicht getötet werden. Der Tod hat über den Gläubigen keine Macht (Offb. 20, 6), denn Jesus Christus, der sich selbst in die Gewalt des Todes begab, hat dem Tode die Macht genommen. Für Paulus ist sowohl das Sterben als auch das Leben Lobpreis Christi und Gottes (Phil. 1, 20); denn seine Liebe zu Christus übertrifft die zum eigenen Leben. Er weiß, daß sein Tod das eigentliche Leben, die Gottesgemeinschaft nicht aufhebt.
Bereits dieser lexikalische Befund zeigt, daß wir uns nicht dogmatisch auf die »totale Existenzvernichtung des Menschen« festlegen dürfen: Für eine bestimmte theologische Richtung gibt es keinen Zwischenzustand. Sie meint, Gott werde ein neues eschatologisches Schöpfungswort sprechen und dann erneut die Toten zum Leben erwecken. Von diesem Ansatzpunkt aus kann man sich allerdings zur animistischen Deutung spiritistischer Phänomene bekennen, ist aber genötigt, 1. Samuel 28, 1719 und Matthäus 17, 18 wegzuexegesieren, weil sich diese Bibelstellen nicht in das vorgegebene Schema einfügen. Das Neue Testament dagegen bezeugt, daß mit dem Tod nicht alles aus ist (Matth. 10, 28) : »Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele in der Hölle verderben kann.« Während sonst im neutestamentlichen Text Seele = psyche für leibliches Leben steht (vgl. auch Vers 39!), ist hier mit Seele = psyche das bleibende und unzerstörbare, das ewige Leben gemeint, das vom vergänglichen Leib unterschieden wird (vgl. Luk. 12, 4. 5).
Lukas 16, 1931: »Zwischen den Seligen und Unseligen im Hades ist eine große Kluft befestigt, die keine Willkür und kein Mitleid durchbricht. Es ist ein unüberschreitbarer, weitgähnender, tiefreichender, überall brückenloser Zwischenraum der Scheidung. Durch die >große Kluft< wird die Trennung des Ortes der Seligen vom Ort der Verdammten als eine unabänderliche Weltordnung bezeichnet. Die Gewährung der Bitte des Reichen ist aus diesem Grunde unerfüllbar«.
Lukas 23, 43: »Der Herr versprach ihm (dem Schächer) das Paradies, und zwar noch für heute und in der Gemeinschaft mit ihm. Ungereimt ist die Satzverbindung: >Ich sage dir heute<, um das Weilen mit Jesus im Paradiese bis auf eine fernhegende Zukunft hinauszuschieben. Dem Wörtlein >heute< eine solche Bedeutung beizulegen, entspricht gar nicht dem Sprachgebrauch des LukasEvangeliums. Jesus spricht zu dem Schächer von dem Zustand, in dem die Seelen der Gläubigen durch ihr Sterben eingehen. Wie das selige Fortleben der alttestamentlichen Frommen nach dem Tode ein Ruhen im Schoße Abrahams ist (Luk. 16, 22), so gehen die an Jesus Glaubenden im Augenblick ihres Sterbens ins Paradies, um >mit Christus< zu sein, so wie es Paulus in Philipper 1, 23 sagte. Der Schächer, der sein qualvolles Leiden mit ihm teilte, der in demütiger Reue seine Schuld und Jesu Unschuld bezeugte, der auf ihn als den König hoffte und sich gläubig im Gebet an ihn wandte, sollte auch die Seligkeit mit ihm teilen, in welche Jesus durch sein Sterben gelangte« (22/530).
Johannes 11, 2526: »Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?«
Das leibliche Sterben kann unsere Verbundenheit mit Jesus nicht lösen und darum auch ein Leben nicht antasten, das in Jesus sein Wesen und seinen Bestand hat. Wenn heute vielfach gelehrt wird, der ganze Mensch sterbe im leiblichen Tode und werde erst am Jüngsten Tage in der Auferstehung aus dem Nichts neu hervorgeholt, so widerspricht das den Aussagen Jesu fundamental. Es wirft uns auch praktisch auf jenes >Wissen der Marten zurück, das keine Kraft des Trostes in sich trägt. W. Stählin sagt zu dieser Frage: »Das Prinzip der ersten Schöpfung ist die Creatio ex nihilo (die Schöpfung aus dem Nichts), das Prinzip der zweiten Schöpfung die Verwandlung« (23/29).
Philipper 1, 21. 23: »Denn Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn. Denn es liegt mir beides hart an: Ich habe Lust abzuscheiden und bei Christus zu sein, was auch viel besser wäre.«
Voreilige Systematisierung ist dem Neuen Testament gegenüber immer vom Übel und steht dem Ausleger nicht zu. Paulus spricht hier von einem »Gewinn«, den ihm das Sterben und nicht erst die Wiederkunft des Herrn bringt. Und in seinem Verlangen, das er bezeugt, faßt er das »Aufbrechen« und das »Mir,ChristusSein« so eng in eines zusammen, daß wir kein Recht haben, es durch eine lange Zeit des Todseins oder des Seelenschlafs auseinanderzureißen. Die Stelle verlöre dadurch ihre eigentliche Kraft im ganzen Zusammenhang der Aussagen. Wir können nur feststellen, daß die Hoffnung des Paulus reicher war als wir in unserer Systematik so oder so wahrhaben wollen.
Mit voller Kraft hat er auch beim Schreiben an die Philipper die Erwartung der Parusie festgehalten und erst in ihr und der mit ihr erfolgenden Vollendung der Gemeinde, auch durch das Geschenk eines neuen Lebens, das erfüllende Ziel gesehen.
Aber er hat zugleich eine solche Lebensverbindung mit Jesus gehabt, daß auch das leibliche Sterben sie nicht zerreißen, sondern nur vertiefen konnte. Er ist dann »mit Christus« in einer Weise, wie er es jetzt in dieser Welt noch nicht sein konnte, obwohl er auch hier schon »in Christus« ist.
Darum ist für ihn persönlich das Sterben ernsthaft und ungekünstelt »Gewinn«, und er kann sich tatsächlich nach diesem »Aufbruch der Herzen« sehnen. Er kann es mit einem fast unübersetzbar knappen und starken Satz sagen: »Denn um vieles besser (wäre das)!« Die manchmal versuchte Auskunft, Paulus habe sich durch das Ausbleiben der Wiederkunft Jesu und angesichts seines eigenen nahen Todes genötigt gesehen, nun doch in die Linie einer rein persönlichen Unsterblichkeitshoffnung abzubiegen, ist angesichts von Philipper 3, 20. 21 ganz unmöglich. Ebenso vergewaltigt aber auch die theologische Systematik, die den völligen Tod des ganzen Menschen beim Sterben im Neuen Testament gelehrt findet, unsere Stelle, wenn sie unausgesprochen in den Text eingefügt lassen will: »Ich habe das Verlangen, aufzubrechen und (später einmal bei der Auferstehung der Toten) mit Christus zusammen zu sein« (24/61).
1. Thessalonicher 4, 14: »Denn so wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, also wird Gott auch die da entschlafen sind, durch Jesum mit ihm führen.«
Der schwebende Ausdruck »mit ihm zusammen führen« wäre ein ganz knapper Blick in den »Zwischenzustand«. Die Entschlafenen sind und bleiben zwar hier Tote; das steht durch Vers 16 eindeutig fest. Aber »Tote« heißt keineswegs »Nichtseiende«. Es heißt auch nicht »Schlafende«, da die Verwendung des Wortes »entschlafen« in unserem Brief lediglich dem allgemeinen griechischen Sprachgebrauch entspricht und sachlich über den Zustand nach dem Tode nichts aussagt. Und »Christen« sind auf jeden Fall »Tote in Christus«, also Tote, über die »Jesus Christus der Herr« ist wie über die Lebenden. Sie sind auch als Tote von Christus ungetrennt, also umfaßt von seiner Herrschaft, seinem Frieden, seinem Schutz (25/81). »Die Christen sind in Wahrheit nicht tot, sie sind Schlafende, weil Jesus als der Herr lebt. Sie haben eine Existenzweise, die sich von der des physischen Lebens unterscheidet, aber sie haben in Wahrheit, wenn dieser Tatbestand von Gott her gesehen wird, nicht eigentlich die Todeslinie überschritten. Die wird nur dann überschritten, wenn Gott und Christus die Verbindung mit einem Menschen lösen, weil der Mensch sie längst gelöst hat. Wirklicher Tod ist im Sprachgebrauch des Johannes »der zweite Tod«, der nach dem Endgericht die völlige Vernichtung der Existenz bedeutet« (18/64).
Offenbarung 6, 9 u. 10: »Und da es das fünfte Siegel auftat, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die erwürgt waren um des Wortes Gottes willen und um des Zeugnisses willen, das sie hatten. Und sie schrieen mit großer Stimme und sprachen: Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rächest unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?«
Ihm (Johannes), wurden beim Anblick des Blutes die Menschen bewußt, deren Tod Sterben am Altar, d. h. unschuldiges Opfer für Gott gewesen war, und die in eine besondere Nähe Gottes gelangt waren. Der Tod hatte sie nicht von Gott getrennt. Blut schreit zu Gott (1. Mose 4, 10; Hebr. 12, 24), und das Schreien der Gerechten greift in die Endereignisse ein (26/202).
Zusammenfassung:
Die Bibel unterscheidet zwischen psyche und pneuma. Die Seele ist das im Menschen, was ihn zu einer Person macht samt alledem, was zum Personenleben des Menschen gehört. Die Seele hat die Fähigkeit zu empfinden, zu denken, zu wollen, ein reiches Innenleben zu entfalten; sie verfügt über allerlei schöpferische Kräfte und Gaben, also auch über die verschiedenen >geistigen Gaben. Und doch steht im Neuen Testament neben der Seele als etwas Besonderes der Geist (pneuma) da. Der Geist ist das im Menschen, wodurch er Gott benachbart ist, wodurch er zu Gott in Beziehung treten kann. Der Heilige Geist, wenn er über den Menschen kommt, knüpft an den menschlichen Geist an (Röm. 8, 16). Durch den Geist wird dann die ganze Persönlichkeit oder Seele des Menschen göttlich erleuchtet und belebt«. Man müßte ergänzen: erneuert. Die Seele hat dann eine Qualität, die vom Tod nicht zerstört werden kann.
Deutlich unterscheidet das Neue Testament im Totenreich zwei Orte. An dem einen warten solche, die sich schon zu Lebzeiten bewußt Jesus Christus angeschlossen haben, auf den »geistlichen Leib« (1. Kor. 15, 46). An dem anderen bleiben bis zum letzten Gericht (Offb. 20, 11-15) alle, die nicht zum auferstandenen Herrn gehören. Obschon uns keine Details genannt werden, ist im Zwischenbereich das Bewußtsein vorhanden und die Persönlichkeit erkennbar. Wenn je davon gesprochen werden könnte, daß »der Mensch als ganzes Wesen dem Tod verfällt», dann träfe das auf Menschen zu, die keine Verbindung zu Jesus Christus hatten, also nur psychisch waren. Wer im Kraftfeld des Auferstandenen lebt, darf mit Paulus bekennen:
»Denn ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn« (Röm. 8, 38).
Die Gemeinschaft mit Jesus bleibt über den Tod hinaus erhalten, auch wenn wir im einzelnen nicht wissen, wie das aussieht. Auf keinen Fall ist die Seele im absoluten Sinne tot. Sie gehört zum pneuma und ist in diesem Sinne unsterblich. Man sollte beachten, was Professor Köberle zu diesem Fragenkreis geschrieben hat:
»Die christliche Kirche sollte der spiritistischen Zuversicht nicht die von den Zeugen Jehovas am heftigsten vertretene Überzeugung von einer totalen Existenzvernichtung des Menschen im Tod entgegenstellen. Wohl aber haben wir bei dieser Verkündigung darauf hinzuweisen, daß die Botschaft >Die Toten leben< noch lange keine Heilsbotschaft ist. Es kann nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift auch >schrecklich sein, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen<, wenn der Feind wird das Leben verklagen. Allein der Rechtfertigungsglaube schenkt die Gewißheit, daß der Mensch im Sterben nicht ins Bodenlose stürzt, vielmehr eine Heimat bei Gott auf uns wartet, zu der uns Jesus Christus durch sein Versöhnungsleiden den Zugang geöffnet hat. Wir sollen den Spiritismus nicht mit Rationalismus bekämpfen, sondern mit dem freudigen Zeugnis, daß unsere Namen im Himmel angeschrieben sind« (5/149).
Aus alledem zu folgern, man dürfe mit Verstorbenen spiritistische oder spiritualistische Kontakte pflegen, wäre nicht nur falsch, sondern zugleich gefährlich. Es bleibt bei 5. Mose 18, 10:
»Es soll sich niemand in deiner Mitte finden, der seinen Sohn oder seine Tochter als Opfer verbrennen läßt, niemand, der Wahrsagerei, Zeichendeuterei oder Beschwörungskünste.
Entnommen dem Buch OKKULTISMUS IM ANGRIFF, 1976, Hänssler-Verlag. Horst Koch, Herborn, 2007
Weiter Beiträge zu dem Thema:
Der Spiritismus aus der Sicht der Seelsorge, von Pfr. Dr. Kurt E. Koch
www.horst-koch.de
info@horst-koch.de