Die Propheten kommen (W.Bühne)
Wolfgang Bühne
Die Propheten kommen
1. „Die Propheten kommen!“
„Prophetie über Deutschland“
Der „Prophet“ Kenneth Hagin
Der Prophet und prophetischer Dienst im Licht der Bibel
Die „Prophetenbewegung“ im Licht der Bibel
2. „Geistliche Kriegsführung“
Die Lehre von der „Geistlichen Kriegsführung“
Jesus-Märsche
Was lehrt die Bibel? . . .
– Stark gekürzt von Horst Koch –
Einleitung
In diesem Buch geht es um die neuesten Lehren und Praktiken, die vor allem von Männern der „Dritten Welle“ vertreten werden und einen immer größer werdenden Einfluß auf solche Gruppen haben, die bisher zu den nichtcharismatischen Evangelikalen gezählt wurden.
Charismatiker haben ihre eigene Geschichte in drei große Perioden eingeteilt, die sie die „Drei Wellen des Heiligen Geistes“ nennen.
Als „erste Welle“ bezeichnet man die Pfingstbewegung, die etwa um die Jahrhundertwende begann und in aller Welt zur Bildung der Pfingstgemeinden führte, die heute zu den weltweit am schnellsten wachsenden Gemeinden gehören.
Die Charismatische Bewegung, die etwa 1960 begann, wird als die „zweite Welle“ bezeichnet. Sie hat nicht zum Ziel, neue Gemeinden zu gründen, sondern die bestehenden katholischen und protestantischen Kirchen und Freikirchen mit den sog. „Geisterfahrungen“ wie Geistestaufe, Zungenreden, Visionen, Heilungen usw. zu durchdringen. Diese Bewegung, die sich selbst als „Sauerteig der Kirche“ versteht, hat tatsächlich in wenigen Jahrzehnten große Teile der bestehenden Christenheit durchdrungen und hat wohl heute die meisten Anhänger innerhalb der röm.-kath. Kirche, in welcher die Charismatische Bewegung als „Brückenbauer der Konfessionen“ besonderes Wohlwollen und den Segen des Vatikan genießt.
Die „Dritte Welle“ ist relativ jung, etwa seit 1980, und hat eine besondere Zielsetzung: die bisher von den ersten beiden Wellen nicht erreichten Kirchen und Freikirchen mit den „Geisterfahrungen“ zu versorgen, wobei darauf geachtet wird, daß dies auf eine „nichtcharismatische“ und „nichtpfingstlerische“ Weise geschieht. . . .
Diese Bewegung wird auch „power evangelism“ genannt und lehrt, daß der Heilige Geist in unserer Zeit noch stärker jede Verkündigung mit Zeichen und Wundern begleiten wird . . .
Man redet davon, daß die größte Erweckung der Kirchengeschichte begonnen hat, welche die Kirche bisher erlebt hat. Während in den 80er Jahren vor allem Praktiken wie „Ruhen im Geist“, „Innere Heilung“, „Befreiungsdienst“ und „Heilungsdienst“ im Vordergrund standen, wurde 1991 verkündet, daß „Geistliche Kriegsführung“ das „Programm des Heiligen Geistes für die 90er Jahre“ sei. Damit eng verbunden ist die „Jesus-Marsch“-Bewegung und „Evangelisation 2000“. . .
Um diese neueren Entwicklungen geht es also, sie sollen kurz dargestellt und im Licht der Bibel beurteilt werden.
1. „Die Propheten kommen!“
John Wimber: „Gott ist im Augenblick dabei, das Amt des Propheten wieder einzuführen. In den kommenden Jahren wird der Prophet eine grundlegende Rolle in Beginn und Aufrechterhaltung der Erweckung spielen.“
Diese von John Wimber angekündigte Prophetenbewegung hat Ende der 80er Jahre in Kansas City/USA begonnen und bewegt seit 1990 auch die charismatische Szene in Deutschland. Nachdem in den 70er Jahren besonders das Zungenreden im Vordergrund stand, wurden in den 80er Jahren die Themen „Heilung“, „Ruhen im Geist“, „Befreiungsdienst“ usw. durch Männer wie John Wimber, C.P. Wagner, Reinhard Bonnke u.a. betont. Seit 1990 tritt nun die sog. „Prophetengabe“ in den Vordergrund. . . .
So nahm das Thema „Prophetie“ einen großen Raum ein bei dem Gemeinde-Kongreß ’91 in Nürnberg. Unter der Leitung von F. Aschoff wurde ein Seminar zu diesem Thema durchgeführt, welches mit 675 Teilnehmern das bestbesuchte Seminar der Konferenz war. Einige Wochen vorher hatte ein Kongreß mit John Wimber und Mike Bickle in Bern stattgefunden, wo sich 3.700 Dauerteilnehmer zu einer Konferenz unter dem Thema „Erweckung“ einfanden. Auch hier lag der Schwerpunkt auf „Prophetie“. Ein Jahr später fand in Hamburg eine Konferenz mit John Wimber und seinen Mitarbeitern statt. Ebenfalls 1992 wurde wiederum im Nürnberger Messezentrum die Konferenz „Prophetischer Dienst und Gebet“ mit etwa 3000 Teilnehmern durchgeführt. Hier traten Paul Cain, Mike Bickle und Rick Joyner als die bekanntesten Repräsentanten der „Prophetenbewegung“ auf, hielten Vorträge zu diesem Thema und praktizierten „Prophetie“. Im September 1993 fand in Nürnberg der 2. Gemeinde-Kongreß statt . . . Bevor ich nun auf Einzelheiten eingehe, möchte ich kurz die Entwicklung der „Kansas-City-Propheten“ schildern und dabei besonders Paul Cain berücksichtigen, der wohl als der Patriarch der „Prophetenbewegung“ anzusehen ist.
Paul Cain:
Vor seiner Geburt im Jahr 1929, in einer Vorstadt von Dallas/USA, erkrankte seine Mutter an Tuberkulose und Krebs und wurde als unheilbar krank nach Hause geschickt. In ihrer Not versprach sie, ihr Kind Gott zu weihen und erlebte auf ihrem Sterbebett den „übernatürlichen Besuch eines göttlichen Engels“, der ihr die Zusage gab:
„Tochter, sei guten Mutes, denn du sollst leben und nicht sterben. Die Frucht deines Leibes wird ein Junge sein, den ich salben und ausrüsten will, daß er mein Evangelium wie der Apostel Paulus verkündigt; und sollst dein Kind Paul nennen.“
Es wird berichtet, daß darauf eine Heilung erfolgte und die Ärzte offen von einem Wunder sprachen. Im Alter von sieben Jahren erlebte Paul Cain seine Bekehrung und ein Jahr später, im Anschluß an einen Gottesdienstbesuch in der Baptistengemeinde, die er damals besuchte, hörte er angeblich zum ersten Mal, wie Gott ihn mit seinem Namen rief und mitteilte, daß er einmal großen Menschenmengen das Evangelium in Verbindung mit Heilungen verkündigen werde. Bereits als Kind begann Paul zu predigen und schon damals bekam er „präzise Offenbarungen“. Als er 14 Jahre alt war, betrieb er regelmäßige Radiosendungen und hielt Heilungsgottesdienste in einem kleinen Zelt ab. Es wird berichtet, daß Paul Cain als einer der ersten seine „Wundergottesdienste“ filmte und dann über das Fernsehen ausstrahlte. In den 50er Jahren hat er wohl auch in Verbindung mit William Branham gearbeitet, den er heute noch den „größten Propheten des 20. Jahrhunderts“ nennt, obwohl Branham die Trinität Gottes geleugnet und zudem gelehrt hat, daß zwar Abel von Adam, aber Kain am gleichen Tag vom Teufel gezeugt wurde und „dadurch die gesamte Menschheit verunreinigt worden ist“. Interessant ist, daß Paul Cains Leben und Dienst auffallend viele Parallelen mit William Branham hat. Weiter wird berichtet, Jesus sei ihm 1950 in Gestalt erschienen, während er in seinem Lincoln fuhr. Dort habe Jesus ihm gesagt, daß er eifersüchtig auf seine Braut sei und habe ihm befohlen, bis zum Ende seines Lebens ledig zu bleiben. Immanuel Malich berichtet von ihm, daß er 1957 im Rahmen einer Europareise auch Deutschland besuchte und in Karlsruhe jeden Abend vor ca. 30.000 Menschen predigte, wovon an einem Abend 1.500 Menschen ihr Leben Jesus Christus anvertraut hätten.
Im Anschluß an diese Reise habe Gott ihn dann aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit zurückgezogen und ihm eine Landgemeinde anvertraut. Gott habe ihm damals gesagt, daß er ihn beiseite nehmen würde, bis „eine neue Art von Männern Gottes auftreten werde“, die als „Joels Armee“ bezeichnet wurde. Damals hätte Paul Cain von Gott dieses Zeichen bekommen: Seine Mutter werde nicht sterben, bevor er dieser „neuen geistlichen Generation von geistlichen Leitern“ begegnet sei. (Seine Mutter feierte im Jahr 1990 ihren 105. Geburtstag!)
Weiter wird berichtet, daß Gott ihn vor einigen Jahren daran erinnert habe, daß der Ruf seines Lebens nicht vergessen sei und daß sich in den letzten Tagen vermehrt ein „starker, durch konkrete Offenbarungen gekennzeichneter Dienst entfalten wird“.
Neue Propheten würden die „Treuen im Lande“ ermutigen, „neue Weinschläuche“ für die bevorstehende Erweckung zu bilden und bereitzustellen. Außerdem habe Gott ihm gesagt, daß er einen evangelikalen Leiter finden solle, der ihm eine Plattform für seine Botschaft bereitstellen werde. Und an dieser Stelle wird es besonders interessant: Ende ’88, also ca. 30 Jahre nach seinem Rückzug aus der Öffentlichkeit, suchte Paul Cain John Wimber in Anaheim zu einer Zeit auf, als sich die Vineyard-Bewegung von Wimber in einer verzweifelten Situation befand. Als Beweis für die Echtheit seiner Berufung kündigte er vor seinem Besuch an, am Tage seiner Ankunft werde ein Erdbeben im Umkreis der Anaheimer Vineyard-Gemeinschaft stattfinden und am Tag nach seiner Abreise werde irgendwo in der Welt ein größeres Erdbeben geschehen.
John Wimber äußerte dazu später wörtlich: „Paul reiste am 7. Dezember ab. Das Erdbeben in Armenien ereignete sich am 8. Dezember. Um 3.38 Uhr morgens, also am Ankunftstage Pauls, fand ein größeres Erdbeben statt… Ich schenkte ihm (Paul) meine volle Aufmerksamkeit.“
Diese Begegung führte dazu, daß John Wimber den Bußruf Cains, er (Wimber) solle nicht mehr länger niedrige moralische Standards innerhalb der Bewegung dulden, ernst nahm und andererseits fand Cain nun in Wimber den Mann, der ihm seine Plattform zum Dienst zur Verfügung stellte und ihn in kürzester Zeit weltweit bekannt machte. Im Februar ’90 prophezeite Paul Cain auf einer Konferenz in Anaheim vor etwa 9000 Zuhörern: „Der erste Schuß (der Erweckung) wird abgefeuert werden, wenn John (Wimber) das nächste Mal nach England kommt.“ Als er im Juli ’90 mit John Wimber in London war, gab er eine noch konkretere Prophezeiung ab: „So spricht der Herr: Die Erweckung wird in England im Oktober 1990 losgehen… Zeichen von Erweckung werden im Oktober 1990 sichtbar werden.“
Ende 1991 trennte sich allerdings Paul Cain von der Vineyard-Bewegung und stellte sich unter die Leitung von R.T. Kendal, Westminster Chapel, London. Voraufgegangen waren wohl einige Schwierigkeiten und Verwirrungen, die durch die Dienste von Bob Jones und John Paul Jackson entstanden waren. Auch John Wimber wurde etwas ernüchtert und erklärte seine Ankündigung einer Prophetenschule („Shilo-Projekt“) für voreilig und gab diesen Plan auf.
Von Paul Cain wird berichtet, daß er präzise Prophezeiungen ausspricht, oft auch über Personen, die er nicht kennt und denen er bisher nie begegnet ist. Wie er selbst berichtet, zieht er sich oft des Nachts in die Stille zurück, um von Gott „Offenbarungen“ und „Gesichte“ zu empfangen, die er dann bei nächster Gelegenheit den Betreffenden mitteilt. Während der Konferenz „Prophetischer Dienst und Gebet“ in Nürnberg ’92 war es so, daß er – wie er selbst berichtet – in den Abendveranstaltungen konkrete prophetische Botschaften an einzelne Personen weitergab, die er tagsüber „zu den Füßen Jesu“ empfangen habe. Beispiele dafür werde ich an anderer Stelle nennen.
Mike Bickle
Mike Bickle gehört zu der jüngeren Generation von „Propheten“. Im Gegensatz zu Paul Cain kommt er aus einem völlig unreligiösen Elternhaus – sein Vater war in den 50er Jahren Amateur-Box-Weltmeister. Mit 15 Jahren bekehrte sich Mike und als 20jähriger gründete er mit einigen charismatischen Lutheranern seine erste Gemeinde, obwohl er anfänglich einigen Geistesgaben gegenüber kritisch eingestellt war. Er berichtet von sich selbst, daß er acht bis zehn Jahre damit verbrachte, täglich fünf bis sieben Stunden das Wort Gottes zu studieren, er hielt sich für einen „Mann des geschriebenen Wortes“, der zunächst Schwierigkeiten hatte, ein gesprochenes „prophetisches“ Wort als gleichwertig zu akzeptieren. 1982 gründete Mike Bickle mit einigen anderen die Kansas City Fellowship, der schon bald Männer mit einem „prophetischen Dienst“ beitraten. Auch durch die Verbindung zu Paul Cain, der in dieser Gemeinde Dienste tat, wurde sie bald in den USA als eine „prophetische Gemeinde“ mit den „Kansas-City-Propheten“ bekannt, zu denen auch Bob Jones und John Paul Jackson gehörten. Mike Bickle berichtet, daß er im Jahr 1982 auch eine außergewöhnliche Heimsuchung Gottes erfahren habe, in welcher er unmißverständlich die Stimme Gottes gehört hätte:
„Ich, der Herr, will das Aussehen und das Verständnis des Christentums in einer Generation auf der ganzen Welt verändern.“
1988 begleitete Mike Bickle John Wimber auf einem Einsatz in Schottland und diese Bekanntschaft führte dazu, daß sich die unter heftige öffentliche Kritik geratene Kansas-City-Fellowship der Vineyard-Bewegung unter der Leitung von John Wimber anschloß.
Seitdem nennt sich diese Gemeinde Metro Vineyard Fellowship, zu deren Hauptveranstaltungen etwa 3.000 Besucher kommen. Mike Bickle ist durch die Zusammenarbeit mit Paul Cain und John Wimber inzwischen zu einem bekannten Konferenz-Redner geworden, der vor allem über Themen wie Gebet, Erweckung, geistlicher Kampf und prophetischer Dienst spricht. Bickle berichtet von sich, dreimal die Stimme Gottes akustisch im Wachzustand gehört und auch Heimsuchungen von Engeln erlebt zu haben. Auf dem Kongreß in Nürnberg ’93 spürte er während seines Seminars ein Brennen in der Magengegend und ein Heißwerden seiner Hände. Das war für ihn das Zeichen, daß der Heilige Geist nun als das Feuer Gottes unter den Seminarteilnehmern wirksam werde. Bei Mike Bickle fällt auf, daß seine Vorträge, trotz salopper Vortragsweise, wesentlich mehr Tiefgang haben, als man das bei Männern der Dritten Welle gewohnt ist. Seine starke Betonung von Heiligung wirkt sicher anziehend auf solche Zuhörer, die ansonsten von den oberflächlichen, showmäßigen Vorträgen anderer Redner eher abgestoßen werden. Ein kurzer Auszug aus seinem Einführungsvortrag am 3.9.92 in Nürnberg macht das deutlich:
„Ich glaube, daß wir der Kraft des Heiligen Geistes im weltweiten prophetischen Dienst gar nicht entgehen können. Die Gemeinde der Endzeit wird erfüllt sein von Träumen und Visionen, die mit dem geschriebenen Wort Gottes übereinstimmen. Wir weisen jede ‚Offenbarung‘ zurück, die das geschriebene Wort Gottes nicht ehrt, die Person Jesu Christi nicht groß macht und die Menschen nicht dazu anleitet, ein Leben des Glaubens und des Gehorsams zu führen und bereit zu sein, zu lernen und Korrektur anzunehmen…
Gott wird seinen Geist über alle Nationen ausgießen in einer Weise, wie es noch nie geschehen ist. Viele Christen wissen das schon, anderen ist es noch unbekannt… Viele aufrichtige Männer und Frauen Gottes stehen in der Versuchung, diesem Geschehen Widerstand entgegenzusetzen, weil sie es nicht verstehen. Ich kann das verstehen, denn ich habe einige Jahre in dem Teil des Leibes Christi gelebt, in dem diese Haltung vertreten wird. Ich weiß, daß viele von ihnen Jesus Christus ebenso lieben wie andere, die zu Konferenzen über Prophetie gehen. Sie haben ein ehrliches Herz, sie verstehen nur einige Dinge nicht…“
Rick Joyner
Rick Joyner ist in Deutschland neben seinen Vorträgen auf Konferenzen für Prophetie durch seine beiden Bücher „Die zwei Bäume im Paradies“ und „Die Engel, die Ernte und das Ende der Welt“ bekannt geworden. Nach eigenen Angaben kam er 1971 zum Glauben und erlebte in der folgenden Zeit, wie er in der Zukunft liegende Ereignisse zutreffend voraussehen konnte. Er schreibt von sich:
„Gelegentlich hatte ich die seherische Fähigkeit, Menschen anzuschauen und danach Einzelheiten über ihr Leben zu wissen – wie beispielsweise Probleme, die sie gerade hatten oder geistliche Berufungen, die es in ihrem Leben gab. Ich wußte, daß diese Fähigkeiten die biblischen Gaben des „Wortes der Erkenntnis“ und der „Prophetie“ waren.“
Nach einigen Jahren vollzeitigen Dienstes sei ihm bewußt geworden, daß seine Beziehung zum Herrn und auch sein Dienst oberflächlich geworden seien. So beschloß er 1980, so lange mit dem Dienst auszusetzen, bis in ihm eine „aufrichtige und reine Liebe zu Christus“ gewachsen sein würde. Da er von Beruf Pilot war, nahm er bei einer Fluggesellschaft eine Stelle als Flugzeugführer an, die ihm viel Zeit für Bibelstudium und Gebet ließ. Ab 1982 stieg er in ein Unternehmen ein und führte nach eigenen Worten einen „fleischlichen“ Lebensstil. 1987 habe ihn der Herr mit dem Hinweis in den Dienst zurückgerufen, daß er seine Berufung jemand anderem geben würde, wenn er dieses Mal nicht zurückkäme. Er nahm diesen Ruf an und ließ sich als Redner in Gemeinden von ihm bekannten Pastoren einladen. Nachdem er zum ersten Mal wieder gepredigt hatte, habe er am anderen Morgen in seinem Büro „die ehrfurchtgebietende Gegenwart des Herrn“ gespürt. Er bekam eine prophetische Offenbarung über den gegenwärtigen Zustand der Gemeinde Jesu und die bevorstehenden Ereignisse. Diese Offenbarung beschreibt Joyner so:
„Ein Teil der Offenbarung kam in Form von offenen Visionen. Diese sind sichtbare äußerliche Visionen; es ist so, als ob man auf eine Kinoleinwand schaut.“
Weiter berichtet er, daß er plötzlich Einzelheiten über zukünftige Dinge wußte und Gott ihm gesagt habe, daß er in ihm an einem Tag das vollbringen könne, wozu er sich bei anderen vielleicht viele Jahre Zeit nehmen würde. Teilweise habe er „wortwörtliche Gespräche mit dem Herrn“ geführt und insgesamt drei Tage lang diese Offenbarungen bekommen. Rick Joyner hat diese Offenbarungen dann in dem Buch „Die Engel, die Ernte und das Ende der Welt“ veröffentlicht. Inzwischen ist Rick Joyner Pastor und Leiter des Morning-Star-Verlages in Charlotte, North Carolina (USA). Man sagt von ihm, daß sein prophetischer Dienst sich besonders auf nationale und internationale gesellschaftliche Entwicklungen bezieht. Tatsächlich hat er auch konkrete Offenbarungen über Deutschland und andere Länder der Welt veröffentlicht, auf die wir noch eingehen werden. Über Rick Joyner wird berichtet, daß sogar das „Wall Street Journal“ seine prophetischen Publikationen archiviert. Auch bei Rick Joyner fällt auf, daß er in seinen prophetischen Botschaften die Bibel – besonders das Alte Testament – sehr oft zitiert und auch Heiligung stark betont:
„Wir müssen zu unserer ersten Liebe zurückkehren und uns wieder radikal einem biblischen Christentum hinwenden.“
„Wir müssen vertrauter mit ihm werden und durch ihn auch miteinander. Geistlicher Stolz und die Erhöhung von Menschen, einzelnen Wahrheiten oder Werken werden der unerbittlichen Zucht des Herrn anheimfallen und bald als „unerlaubtes Feuer“ (vgl. 3. Mose 10,1) verstanden werden.“
Diese kurzen Auszüge zeigen, daß hier eine Sprache gesprochen wird, die von vielen bibeltreuen, konservativen Christen positiv und beruhigend empfunden wird. Es ist sehr gut möglich, daß gerade diese Männer der Dritten Welle in der Lage sind, die wenigen Evangelikalen, die bisher noch skeptisch und ablehnend waren, zu überzeugen.
Die „Prophetenbewegung“ und ihre Lehre über Prophetie
Da die „Prophetenbewegung“ noch recht jung ist, gibt es keine einheitliche, festgelegte Lehre darüber, was ein Prophet ist und was prophetisches Reden heute bedeutet. Daher beziehe ich mich vor allem auf Aufsätze von Fr. Aschoff und anderen Autoren, deren Beiträge in dem Werkstattheft „Prophetie“ veröffentlicht wurden, auf das „Kongreßmaterial“ zur Konferenz „Erweckung“ in Bern mit John Wimber, Paul Cain, John White und Mike Bickle und auf Niederschriften von Vorträgen, die Paul Cain, Mike Bickle und Rick Joyner in Deutschland gehalten haben. Inzwischen ist auch das erste ausführliche Werk zu diesem Thema von Wayne Grudem „Die Gabe der Prophetie“ mit einem Vorwort von Mike Bickle in deutscher Sprache erschienen, das sowohl von John Wimber als auch von F.F. Bruce empfohlen wird und als eine Art Standardwerk zum Thema „Prophetie“ gilt.
Zur Definition von Prophetie hat Fr. Aschoff eine grundlegende Aussage gemacht:
„Prophetie ist Aktualisierung und Konkretisierung des ewig wahren Gotteswortes in unsere Situation hinein.“
Mit diesem „ewig wahren Gotteswort“ ist allerdings nicht ausschließlich das geschriebene Wort Gottes gemeint, das wir als göttliche Autorität in Händen haben, sondern auch prophetisches Reden durch Inspiration. Man geht davon aus, daß wir auch heute noch Apostel und Propheten haben, die inspirierte Worte und Bilder weitergeben.
„Manchmal spricht Gott zu seinen Dienern mit hörbarer Stimme. Es handelt sich dann ganz eindeutig um ‚seine eigenen Worte‘, die mit 100%iger Genauigkeit weitergegeben werden können.“
„Wenn es stimmt, was im Epheserbrief steht, daß die Kirche auf Apostel und Propheten gegründet ist, dann muß das prophetische Element in unserer Kirche geweckt werden.“
So muß man auch die Aussage von Fr. Aschoff in Nürnberg verstehen: „Das prophetische Wort durch den Menschen hat eine größere Aktualität und Dringlichkeit als nur das geschriebene Wort.“
A. John Carr (Schottland), der ein Buch über die Notwendigkeit von Visionen und Offenbarungen geschrieben hat, zählt verschiedene Möglichkeiten auf, wie nach seiner Meinung Gott zu uns reden möchte:
„Gott hat viele Wege, um zu uns zu sprechen: entweder durch Sein geschriebenes Wort, gepredigt oder prophezeit, durch Zungenrede und ihre Auslegung, durch das Wort der Erkenntnis oder das Wort der Weisheit, oder durch Visionen, Träume, Offenbarungen, oder durch eine leise, kleine Stimme in uns…“
Fr. Aschoff schreibt von vier Ebenen prophetischen Redens:
1. Inspiration
2. Die prophetische Gabe
3. Der prophetische Dienst
4. Das prophetische Amt
Damit sollen Personen wie Jesaja, Jeremia usw. im AT und Agabus im NT betraut gewesen sein, aber auch heute sollen Menschen auf dieses Amt vorbereitet werden.
Auch Mike Bickle spricht von verschiedenen Ebenen des prophetischen Dienstes, z.B. von einer „Anfangsebene“, in welcher Menschen Eindrücke und Visionen bekommen, die noch nicht viel Offenbarung enthalten. Als nächste Stufe nennt er die „prophetische Begabung“, wo jemand „klare Träume und Visionen erhält, die schon ein bestimmtes Maß an Offenbarung beinhalten.“
Die dritte Stufe ist der Dienst eines Propheten, der ein hohes Maß an Klarheit in der Offenbarung, eine große Reife der Persönlichkeit und eine „langjährige Verantwortung im geschriebenen Wort Gottes“ voraussetzt.
„Der Dienst des Propheten hat eine viel größere Autorität der Offenbarung. Er teilt auf tiefere Weise die Geheimnisse des Herzens mit, als es die allgemeine Prophetie tut. Er gibt klare Wegweisung für eine Gemeinde, die Gott übernatürlich bestätigt. Es gibt eine Reife in dieser Offenbarung, die den ganzen Leib Christi korrigieren und ausrichten kann. Diese Art prophetisch begabter Menschen kann auch zu führenden Politikern mit Klarheit und Autorität sprechen. Bisher gibt es nur wenige, die das können.“
Die höchste Stufe wird von Bickle als „das Prophetenamt“ bezeichnet. Im Gegensatz zu Wayne Grudem, der deutlich ausführt, daß „jede Behauptung, neue Schriftworte, neue Worte von Gott erhalten zu haben, als falsch verworfen werden muß“ , sagt Bickle:
„…Gläubige, deren Dienst große Ähnlichkeit mit der Berufung der Propheten im Alten Testament hat. Ihr Dienst ist von Zeichen und Wundern begleitet, und sie sprechen immer mit 100%iger Sicherheit Worte von Gott aus.“
Woran erkennt man einen „Propheten“?
Mike Bickle hat die Erkennungsmerkmale eines Propheten so beschrieben:
Sie können auf Erfahrungen zurückblicken, die darauf hindeuten, daß sie direkt von Gott erwählt worden sind (Geburt durch ein Wunder, Besuch eines Engels usw.).
Sie haben sich im Dienst über mehrere Jahre bewährt. Sie haben unter Ablehnung und Unverständnis gelitten.
Sie empfangen einen beständigen Informationsfluß in Form von Offenbarungen – „mehr im Himmel daheim als auf der Erde“.
Ihre Worte haben große Autorität, da sie regelmäßig „Gottes eigene Worte“ prophezeien (d.h. sie sprechen 100%ig genaue prophetische Worte aus).
Weitere Kennzeichen sind „Voraussage ‚ungeistlicher‘ Naturereignisse (z.B. klimatische Verhältnisse, internationale Politik)“ und Bestätigung der Prophezeiungen „durch das Eintreffen natürlicher Zeichen (z.B. Erdbeben, Stürme, Dürreperioden).“
So ist es auch verständlich, daß Mike Bickle den sogar von Pfingstlern teilweise sehr kritisch beurteilten William Branham als „Prophet“ anerkennt, seinen „außerordentlichen Erfolg und die Vollmacht bei seinen frühen Einsätzen“ rühmt und seine Biographie empfiehlt. 30 Auffällig ist, daß sowohl das Leben als auch Begabung und Dienst von William Branham und Paul Cain starke Parallelen aufweisen.
Die Praxis von „Prophetie“ in der „Prophetenbewegung“
Bei der Ausübung des prophetischen Dienstes wird von drei Bereichen gesprochen:
1. Offenbarung:
2. Auslegung:
3. Anwendung:
„Wem sagen wir die Offenbarung weiter, wann und warum? Die meisten Offenbarungen, die reife Propheten erhalten, werden nie öffentlich verkündet, sondern geistlichen Leitern in privaten Treffen mitgeteilt.“
Da in den vergangenen Jahren viel Durcheinander und Verwirrung durch „prophetisches Reden“ entstanden ist, legt man inzwischen großen Wert darauf, wegweisende, konkrete „Prophetien“ zuerst Ältesten der Gemeinden zur Prüfung vorzulegen und grundsätzlich diesen Dienst in Unterordnung unter die Ältesten der Gemeinden zu tun.
Man unterscheidet verschiedene Formen des prophetischen Redens: „Weissagung“, „Mahnrede“, „prophetisches Gebet“, „prophetisches Singen“, „persönliche Prophetie“, „prophetische Vision“, „prophetische Tat“, „Zukunftsprophetie“ und „prophetisch inspirierte Lehre“.
Einübung von „Prophetie“
In den Seminaren für „prophetisches Reden“ werden die Teilnehmer geschult, innere Bilder zu empfangen, diese Bilder richtig zu deuten und anzuwenden. So wurde z.B. in dem Seminar in Nürnberg ’93 im Übungsteil empfohlen, die Augen zu schließen und an Offbg. 4 zu denken. Mike Bickle betete dann: „Komm, Heiliger Geist, offenbare deine Gegenwart… ich bitte dich um Worte der Erkenntnis für Heilungen… setze Träume und Visionen frei… komm, Heiliger Geist, setze dein Feuer frei… mehr Kraft, Herr!“ Inzwischen spürte Bickle ein Brennen in der Magengegend und ein Heißwerden seiner Hände. Das war für ihn das Zeichen, daß nun der Heilige Geist als Feuer wirksam würde. Wer nun von den Teilnehmern ebenfalls ein Brennen spürte, sollte aufstehen, weil diese Personen nun eine besondere Wirkung des Heiligen Geistes erfahren würden. Dann gab er bekannt, daß der Heilige Geist nun stärker wirken und einige von Träumen heimgesucht würden. Mit denen, die inzwischen aufgestanden waren, betete man unter Handauflegung und in persönlichen Gesprächen wurden die empfangenen Bilder und Eindrücke ausgetauscht und ausgewertet.
Bereits vorher hatten die anwesenden „Propheten“ erklärt, wie der Heilige Geist durch Gefühle, körperliche Schmerzen und symbolische Bilder wie Pfeile, Netze, Schlüssel, Landkarten, „kirchliche Kragen“ (als Beweis für einen Mann Gottes!) usw. reden würde und wie diese Symbole zu deuten und anzuwenden seien. Schließlich demonstrierten sie ihre „prophetische“ Begabung auch öffentlich, indem Phil Elsten und John Paul Jackson nacheinander Personen aufforderten aufzustehen, über die sie ein „prophetisches Wort“ empfangen hatten. Phil Elsten forderte zuerst die Betreffenden auf, ihre Handflächen zu zeigen, weil Gott ihm oft durch diese aufgehobenen Handflächen prophetische Einblicke gäbe. Es folgten dann konkrete Aussagen über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser Personen, die sich im Anschluß daran, nach einer kurzen Absprache mit dem Leitungsteam, öffentlich zu diesen Prophezeiungen äußern konnten. Ausnahmslos wurde die Richtigkeit der Aussagen bestätigt und mit dem Beifall der Seminarteilnehmer quittiert. Jackson prophezeite u.a. dem anwesenden Pastor H.C. Rust, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises „Gemeinde und Charisma“ im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten), daß Gott ihn gebrauchen werde, in einem „apostolischen Dienst“ die Baptisten in ganz Deutschland zu beeinflussen, und daß er eine „neue Salbung zum Lehren“ und einen neuen Dienst in Frankreich bekommen werde.
Einige persönliche Gespräche, die ich mit diesen Personen führen konnte, zeigten mir, daß hier – soweit ich das beurteilen konnte – keine Manipulation im Spiel war und die konkreten Aussagen mit dem Leben und den Erfahrungen dieser Personen übereinstimmten. Sehr interessant war mir auch ein Gespräch mit einem leitenden Mitarbeiter von Campus für Christus, der mitverantwortlich für die Organisation des Kongresses war. Er erzählte mir, daß er mit einem der Propheten ein seelsorgerliches Gespräch verabredet hatte, um einige ihn bewegende Anliegen loszuwerden. Als diese Aussprache begann, fragte der „Prophet“, ob er einen zweiten „Propheten“ dazuziehen dürfe. Das wurde gerne erlaubt und so kam ein zweiter Prophet zu diesem Gespräch (wenn ich mich recht entsinne war es J.P. Jackson), welcher sinngemäß sagte: „Bevor du uns dein Herz ausschüttest, will ich dir sagen, was der Herr mir gezeigt hat.“ Und dann sprach dieser „Prophet“ genau die Fragen und Anliegen aus, mit denen der Bruder zu diesem Gespräch gekommen war, die er aber bisher noch nicht geäußert hatte.
Beispiele für persönliche „Prophetien“
Es folgen nun zwei typische Beispiele aus dem Dienst von Paul Cain, den er während der Konferenz „Prophetischer Dienst und Gebet“ in der Zeit vom 3.-6. September in der Nürnberger Frankenhalle getan hat. Diese etwas ausführlichen Berichte sind eindrückliche Beispiele dafür, daß hier Kräfte und Fähigkeiten wirksam werden, die übernatürlich sind.
„Prophetie“ für den Leiter eines Fürbitte-Dienstes (gemeint ist Berthold Becker, der Leiter des Dienstes „Fürbitte für Deutschland“)
„Ich hatte die Vision eines Mannes, eines Leiters, der hier sitzt. Sein Name ist Berthold, seine Frau heißt Barbara. Ich habe ein Wort vom Herrn für dich, Ap. 10,4: ‚Deine Gebete und deine Almosen sind vor Gott gekommen, und er hat ihrer gedacht.‘ Deine Gebete und die Gebete deiner Helfer – ich sehe einen deiner Helfer, der eine dunkel gefaßte Brille trägt, dunkles Haar und einen Bart hat – es gibt eine Salbung zwischen euch, ich glaube, sein Name ist Michael, ist das richtig? (Gemeint ist Michael Schiffmann, ein Mitarbeiter von Berthold Becker.) Wir kennen uns nicht, weil ich darauf geachtet habe, bestimmte Leute auf dieser Konferenz nicht zu treffen. Ich kann heute Abend mit Autorität sagen, daß der Herr zu dir spricht. Du und deine Frau haben die gleiche Salbung. Es ist eine Salbung von Weisheit wie bei den Männern Issaschars. Deine Gebetspartner werden wissen, was in Zukunft das Problem ist und ihr werdet entsprechend handeln. Gott wird dir eine verborgene Salbung geben, den Neonazismus und die Torheit, die in diesem großartigen Land umhergeht, niederzureißen; ebenso die Zauberei und das Böse, das zu den jungen Menschen kommt. Der Herr sagt, daß er in besonderer Weise mit dir ist. Und ich sehe ebenso deinen Dienst und den Dienst derer, die mit dir verbunden sind, mit einem Fuß auf London oder England und einem Fuß auf Deutschland. Ich weiß, daß Gott dies zu mir gesagt hat. Wenn du etwas damit anfangen kannst, gib ein Zeichen mit deiner Hand.“ . .
„Prophetie über Deutschland“
Zunächst eine Prophetie, von der Mike Bickle in Nürnberg ’92 berichtete. John Wimber, Paul Cain, Leonhard Ravenhill und weitere Propheten haben sie Anfang 1990 unabhängig voneinander bekommen. Diese Prophetie sei inzwischen von allen weltweit anerkannten Propheten bestätigt worden.
Die Prophetie beinhaltet folgendes:
Ausgehend von London und Berlin werde sich in England und Deutschland (in Wiederaufnahme der Reformation des 16. Jahrhunderts) eine zweite geistliche Reformation ausbreiten, die eine nie zuvor gekannte Kraft entfalten werde. Die christlichen Leiter in England und Deutschland sollten sich in großer Einmütigkeit zusammenfinden, die genannten Städte würden eine „Heimsuchung“ Gottes erleben. Gott habe einen Fuß auf London und den anderen auf Berlin gesetzt und diese beiden Nationen würden die Leiterschaft für die große kommende Erweckung hervorbringen. Diese und weitere Erweckungsvorgänge sollen das säkulare Verständnis vom Christentum radikal verändern. Auch die Ausdrucksform christlichen Lebens werde sich im Sinne urchristlichen Lebensstils (Ap. 2,42) wandeln.
Die erwähnten Prozesse sollen überraschend schnell kommen und begleitet sein von großen Konflikten im übernatürlichen Bereich und im politisch-gesellschaftlichen Leben. Der Kommunismus werde zu neuem Leben erwachen und sich mit dem Islam verbinden und das werde der Plan Satans zur Zerstörung Europas sein. Es werde viel Verwirrung, Verfolgung und auch Spaltungen unter den Christen geben. Im Gegenzug dazu werde sich aber die „zweite Reformation“ durch eine präzise Theologie, ein kraftvolles Zeugnis der Christen und eine große, leidenschaftliche Liebe für Jesus auszeichnen und stärker sein als alle antichristlichen Kräfte. Voraussetzung für diese Erweckung sei allerdings die Einheit der geistlichen Väter Englands und Deutschlands. Gott habe für die Endzeit eine siegreiche Gemeinde verheißen. Die 2000 Jahre der Kompromisse würden dann ein Ende haben. Deutschland werde ein „Ältester im weltweiten Leib Christi“ sein und in Deutschland wolle Gott eine „prophetische Kirche“ entstehen lassen. Auch einzelne Städte in Deutschland würden eine neue Bedeutung im Heilsplan Gottes bekommen. In Nürnberg, der Stätte der Reichsparteitage der Nazis, werde Gott „seine geistlichen Truppen aufmarschieren lassen“. Berlin werde das Zentrum einer neuen geistlichen Reformation werden. In den nächsten Jahren würden wir Zeugen davon, daß infolge dieser Erweckung etwa eine Milliarde Bekehrte auf der Erde seien, also 20% der Weltbevölkerung bekehrt sind. Das würde bedeuten, daß dann auf der Erde mehr Gläubige sind, als die Gesamtzahl all derer, die jetzt im Himmel sind.
Wie man die Zahl derer, die bereits im Himmel sind, errechnet hat, wurde allerdings nicht mitgeteilt.
Aus Rick Joyners Vision über Deutschland:
„Deutschland wird einen erneuten Blitzkrieg starten, doch diesmal wird die Armee, die loszieht, eine Armee des Heils sein, nicht der Zerstörung. Diese Armee wird wieder durch fast alle Nationen Europas ziehen, und sie wird unbesiegbarer sein als jede andere Armee, die durch Europa marschiert ist. Was Satan durch die zwei Weltkriege anrichten konnte, war ziemlich exakt eine ins Gegenteil verdrehte Kopie des Planes, den der Herr eigentlich für Deutschland gehabt hatte. Deutschland wird allen Orten, an denen es einstmals Zerstörung verursachte, Heilung, Wiederherstellung und Errettung bringen.“
„Deutschland wird Israel liebgewinnen und segnen, und Israel wird Deutschland liebgewinnen… In Deutschland wird in Kürze eine neue Reformation aufkommen, die sich gegen die antichristlichen Mächte stellen wird, welche sich gegenwärtig auf der ganzen Welt zusammenballen. Dort, wo der Geist des Antichristen durch Rassenhaß und Rebellion des Humanismus Finsternis, Tod und Zerstörung bringt, wird die deutsche Kirche und die deutsche Nation aufstehen und mit hellem Licht strahlen. Deutschland ist eine erwählte Nation…“
Rick Joyners Offenbarungen
Wie bereits schon erwähnt, hat Rick Joyner in seinem Buch „Die Engel, die Ernte und das Ende der Welt“ Offenbarungen veröffentlicht, die er teilweise nach eigener Aussage „wortwörtlichen Gesprächen mit dem Herrn“ entnommen hat. Zunächst zitiere ich einige Aussagen, die er zu der Entwicklung der Christenheit gemacht hat:
„Von jetzt an bis zum Ende aller Zeiten werden mehr Menschen Jesus kennenlernen, als dies von Pfingsten bis heute geschehen ist… Oft werden sich ganze Städte und manchmal auch ganze Nationen zum Herrn bekehren… mehr als eine Milliarde Menschen werden in aufrichtiger Hingabe den Namen des Herrn anrufen, und Gott wird ihnen eine wahre Bekehrung schenken.“
„Das Ausmaß dieser Ernte wird am Ende sogar die zuversichtlichsten Christen überwältigen. Gemeinden mit weniger als hundert Mitgliedern werden zu bestimmten Zeiten jede Woche tausend neubekehrte Gläubige aufnehmen… In vielen Regionen werden die beliebtesten Sportarten aufgegeben, da niemand mehr Interesse daran hat. Ganze Städte mit vielen tausend Einwohnern werden in die benachbarten Städte strömen, um diese zu evangelisieren.“
„Reporterteams werden den Aposteln auf Schritt und Tritt folgen, wie sie es auch bei Staatsmännern tun. Sie werden große Wunder aufzeichnen und diese mit spontaner Begeisterung im Fernsehen ausstrahlen… Große Städte werden Zeiten erleben, in denen es kein Verbrechen mehr gibt, da alle Einwohner Überführung durch den heiligen Geist erleben… In vielen Gegenden werden Pornographie, Prostitution, illegaler Drogenhandel, Abtreibung und Alkoholmißbrauch völlig aufhören… Ganze Nationen werden sich von Zeit zu Zeit gemeinsam dem Gebet und dem Fasten widmen.“
„Wunder, die sogar die aufsehenerregendsten Dinge in der Bibel noch übertreffen, werden bewirken, daß ganze Nationen sich zu Jesus bekehren. Staatsmänner von einigen der mächtigsten kommunistischen Länder werden öffentlich ihren Glauben an Jesus Christus bekennen… Auf manchen von ihnen wird bisweilen die sichtbare Herrlichkeit des Herrn ruhen, und diese Herrlichkeit wird jeden heilen, der damit in Berührung kommt… Das Erscheinen von Engeln wird so alltäglich sein, daß die Leute dies nicht mehr als ein bedeutsames Ereignis ansehen. Bei Versammlungen der Apostel und Ältesten wird der Herr selbst erscheinen und die Richtung weisen.“
„Jüngere Kinder werden Dämonen austreiben, Kranke heilen, Tote auferwecken und mit einem Wort tobende Sturmfluten zurückweisen. Manche werden sogar Herrschaft über ganze Krankenhäuser und Nervenanstalten ergreifen und jeden einzelnen der Patienten heilen, nur indem sie die Hände auf das Gebäude legen.“
„In Kürze wird Gott manchen so große Vollmacht und Autorität verleihen, wie er es noch nie zuvor getan hat.“
„Das prophetische Wort wird mit einer Reinheit und Genauigkeit gesandt, wie es in der Kirchengeschichte noch niemals zuvor geschehen ist. Große Konferenzen der Apostel und Ältesten werden abgehalten, ohne daß Einladungen verschickt oder mündlich geworben worden wäre.“
„Über einigen, durch die die Kraft des Herrn gerade fließt, wird für längere Zeit die sichtbare Herrlichkeit des Herrn erscheinen. Keine Seuche oder Krankheit, kein körperlicher Schaden, abgetrennte Gliedmaßen, Aids, Giftgas- oder Strahlungsschäden mit eingeschlossen, wird sich der Heilung und den Wundern, die die Heiligen in dieser Zeit wirken, widersetzen können… Apostel und Propheten werden aufstehen, um im Namen des Herrn Felder und Städte zu segnen und dadurch jede Spur von Strahlung von ihnen zu entfernen.“
„In den Anfangsstadien der Ernte werden eine große Anzahl von Zeugen Jehovas, Mormonen, Adventisten und Mitgliedern anderer Sekten, deren Lehre vermischt ist, gerettet. Die meisten von ihnen werden durch Liebe gewonnen, nicht durch Wahrheit.“
„Diese Ernte wird so großartig sein, daß niemand mehr auf die Urkirche zurückschaut, um sich zu orientieren… Von den Aposteln, die bald gesalbt werden, wird man sagen, daß sie eine auf den Kopf gestellte Welt wieder richtig herum gedreht haben. Nationen werden zittern, wenn sie nur ihre Namen hören, aber sie werden von ihnen auch Heilung empfangen.“
Interessant sind auch einige „Prophezeiungen“, die falsche Entwicklungen ankündigen:
„Es wird viele relativ kleine Einheitsbewegungen geben, die Zwietracht bewirken, aber auch eine große und bedeutende Bewegung, die sich am Ende zum ärgsten Verfolger der voranschreitenden Kirche entwickelt. Diese Bewegung wird aus Katholiken, Protestanten, Evangelikalen, Pfingstlern, Charismatikern und Christen der „Dritten Welle“ bestehen… diese Bewegung wird das wichtigste Werkzeug antichristlicher Kräfte sein, deren Bemühen sein wird, die Ernte zu verhindern.“
„Es kann sein, daß Menschen weltberühmt sind, viele Wunder tun und viele Dämonen austreiben, nur um dann vor den Herrn zu kommen und zu hören, daß er sie nie gekannt hat.“
„Pastoren und Leiter, die diesem Strom der Einheit weiterhin Widerstand leisten, werden abtreten müssen. Einige von ihnen, die heute in Leiterschaft stehen und diesem Wirken Gottes widerstehen, werden sich so verhärten, daß sie all diejenigen bekämpfen und verfolgen, die die Absichten des Herrn vollbringen.“
Abschließend noch einige Aussagen zu weltpolitischen und geographischen Veränderungen:
„Der Kommunismus… wird wieder in signifikanter Weise voranschreiten. Südkorea, die Philippinen, Süd- und Mittelamerika, einschließlich Mexiko, und fast ganz Afrika werden schließlich vom Kommunismus erfaßt werden.“
„Eines dieser Killerbeben wird mit solcher Wucht die Ostküste Amerikas treffen, daß man es noch an der Westküste spüren wird. Die Vernichtung, die dieses Beben verursacht, wird sich bis zum westlichen Mississippi hinziehen. Ein Erdbeben wird Florida zerstören und es vom Festland wegreißen… Eine große Nation Südeuropas wird bis auf ein paar kleine Inselchen einfach verschwinden… Die Krankheit Aids wird sich weiterverbreiten, bis sie zu einer der tödlichsten Krankheiten aller Zeiten geworden ist. Dieser Virus wird sich dahingehend verändern, daß er durch zufälligen Kontakt, Mücken und sogar Nahrungsmittel übertragen werden kann.“
Zusammenfassung:
Wenn wir die bisher genannten „Prophezeiungen“ auflisten, wurden u.a. folgende Dinge vorausgesagt:
Bill Clinton wird sich bekehren, eine göttliche Salbung bekommen und zum besten Präsidenten der USA seit Eisenhower werden.
Eine zweite Reformation wird stattfinden, die sich durch leidenschaftliche Liebe zu Jesus und eine präzise Theologie auszeichnet und die eine bisher nicht gekannte Kraft entwickelt.
Es wird die größte Erweckung aller Zeiten sein.
Diese Reformation wird von England und Deutschland ausgehen, die Städte London und Berlin werden darin eine besondere Rolle spielen. Berlin wird das Zentrum der neuen Reformation sein. Diese Erweckung hat bereits im Oktober 1990 in London begonnen.
Auch Nürnberg wird eine besondere Bedeutung im Heilsplan Gottes haben. In dieser Stadt wird Gott seine geistlichen Truppen aufmarschieren lassen.
Diese Truppen werden in einem Blitzkrieg Europa evangelisieren und Heil und Errettung bringen.
Deutschland und Israel werden durch gegenseitige Liebe und Segnung gekennzeichnet sein.
Weltweit werden Apostel und Propheten gesalbt werden.
Diese Apostel werden mit größerer Autorität auftreten als die Jünger Jesu. Sie werden derartige Heilungen vollbringen, daß sogar abgetrennte Gliedmaßen nachwachsen und Aids geheilt wird. Sie werden alle Spuren von Strahlungsschäden beseitigen.
Eine große Anzahl Zeugen Jehovas, Mormonen, Adventisten usw. werden zu Beginn der Erweckung zum Glauben kommen.
Mehr als eine Milliarde wiedergeborener Christen werden auf der Erde sein.
Unmoral wird im Umkreis der Apostel und Propheten verschwinden.
Ganze Nationen werden sich bekehren.
Engel-Erscheinungen werden alltäglich und Jesus-Erscheinungen gelegentlich sein.
Kinder werden Insassen von Krankenhäusern und Nervenheilanstalten heilen, indem sie ihre Hände auf die Gebäude legen. . . .
Nun, manche dieser teilweise konkreten Aussagen sind zum Teil überprüfbar. Die meisten haben allerdings den Nachteil, daß sie auch noch in zehn Jahren als in der Zukunft liegende Ereignisse interpretiert werden können. Die meisten dieser „Prophezeiungen“ sind einfach unbiblisch und zeigen, daß diese „Propheten“ unnüchtern sind, daß sie die endzeitlichen Aussagen der Bibel entweder nicht kennen, oder aber sie ignorieren oder falsch einordnen, als hätte das Tausendjährige Reich schon begonnen. In gegenwärtigen Entwicklungen jetzt schon Anfänge dieser prophezeiten Erweckung zu sehen ist ein trauriges Zeichen von Blindheit und Verwirrtheit. Der Verdacht drängt sich auf, daß diese Männer weder die Kirchengeschichte noch die Aussagen der Bibel zu diesem Thema kennen, wenn sie die weltweit zunehmende Verflachung, Verweltlichung, Unmoral und okkulten Praktiken unter Christen mit einer geistlichen Erweckung verwechseln.
Der „Prophet“ Kenneth Hagin
Da Kenneth Hagin nicht zu der neuen „Prophetenbewegung“ gehört, sich selbst aber als „Prophet“ versteht und angeblich bereits schon vor Jahrzehnten „persönliche Offenbarungen vor dem Thron Gottes“ und durch Jesus-Erscheinungen bekommen hat, möchte ich ihn getrennt von den bisher genannten „Propheten“ kurz darstellen.
Kenneth Hagin wurde 1917 geboren und gilt als Gründer und Vater der „Glaubensbewegung“, oder „Wort des Glaubens“- Bewegung. Er hat inzwischen mehr als 126 Bücher und Schriften geschrieben, die mit einer Auflagenhöhe von 33 Millionen angegeben werden. Eine Anzahl dieser Schriften sind in viele Sprachen übersetzt worden, selbst in Rußland und weiteren Ost-Ländern sind sie weit verbreitet und auch in deutscher Sprache wurden sie veröffentlicht. Kenneth Hagin hat einen sehr großen Einfluß auf die Charismatische Bewegung.
Inzwischen sind auch weitere Männer seiner Bewegung international bekannt geworden: Kenneth Copeland, Fred Price, Charles Capps, John Osteen, Robert Tilton, Lester Sumrall, Don Gossett. In Deutschland wird sein Anliegen vom „Wort des Glaubens“- Zentrum Feldkirchen, bei München, unter der Leitung von John Angelina vertreten. Weitere bekannte Pastoren, die sein Anliegen verbreiten, sind Wolfhard Margies und Hartwig Henkel (beide von der Gemeinde „Auf dem Weg“, früher „Philadelphiagemeinde“, Berlin), Peter Wenz, sowie Prediger der „Zoe“ Vereinigung in der Schweiz und der „AGAPE“ – Gruppen in Österreich. Kenneth Hagin ist einer der bekanntesten Prediger des „Wohlstandsevangeliums“, der Krankenheilung durch Glauben und Bekennen und der sog. „Identifikationslehre“. Diese gotteslästerliche Lehre besagt, daß Christus die Versöhnung nicht am Kreuz, sondern in der Hölle vollbrachte. Dort habe Christus die „Natur Satans“ angenommen, damit wir die „Natur Gottes“ bekommen können. Drei Tage wäre Jesus dort von Dämonen gequält worden. Schließlich habe er in der Hölle seine Wiedergeburt erfahren und dem Satan ein Opfer gebracht, um uns loszukaufen.
K. Hagin berichtet, daß er acht Mal vor dem Thron Gottes erschienen sei und dort besondere Offenbarungen bekommen habe. Er ist ein treffendes Beispiel dafür, wie durch Berufung auf göttliche Offenbarung Irrlehren und okkulte Praktiken in die Christenheit und besonders in die Charismatische Bewegung Eingang gefunden haben. Er berichtet, wie er am 2.9.1950 um 20.30 während einer kurzen Gebetszeit die Stimme Gottes gehört habe: „Komm hier herauf!“ Es schien ihm, als würde er durch die Luft getragen, bis er an den Toren des Himmels stand. Schließlich sei ein Reiter gekommen, der ihm eine Schriftrolle gebracht habe mit den Worten: „Nimm und lies.“ Er habe dann folgende Worte gelesen:
„Alle Gaben des Geistes werden in diesen letzten Tagen noch einmal reichlich in der Gemeinde des Herrn wirksam sein. Die Gemeinde wird größere Dinge tun, als in der ersten Christengemeinde geschahen. Es werden größere Kräfte, Zeichen und Wunder geschehen und wirken, als die in der Apostelgeschichte berichteten. Wir kommen nun in die Zeit, in der Gott seine wunderwirkenden Kräfte noch einmal besonders kundtun will. Selbst viele Christen werden dieses gewaltige Wirken des Heiligen Geistes nicht akzeptieren und sich zurückziehen und deshalb nicht bereit sein, wenn Ich wiederkomme. Viele andere werden durch falsche Propheten und satanische Wunder verführt. Doch folge Mir, und du wirst nicht verführt werden. Ich sammle jetzt mein Volk und mache sie bereit, denn die Zeit ist kurz.“
Hagin berichtet, wie er sich anschließend lang ausgestreckt auf dem Fußboden wiederfand, „eingehüllt in die herrliche Gegenwart Gottes“. Danach wäre er wieder gemeinsam mit Jesus zum Thron Gottes geschwebt, wo er „sechs bis sieben Meter mit Jesus zusammen vom Thron entfernt“ 56 stehengeblieben sei. Dort habe er das erste Mal in die Augen Jesu geblickt.
„Dann sagte Jesus zu mir: ‚Strecke deine Hände aus.‘ Ich gehorchte. Auch er streckte seine Hände aus und legte sie auf meine Hände. In diesem Augenblick begannen meine Hände zu brennen, als lägen glühende Kohlen darin. Dann forderte Jesus mich auf, niederzuknien… Ich tat es. Er legte mir die Hände auf den Kopf und sagte, Er habe mir einen besonderen Dienst zum Heilen der Kranken gegeben. Nun begann er mich zu unterweisen, ich solle beim Beten den Kranken meine Hände rechts und links an den Körper legen. Würde ich bemerken, daß das Feuer, das jetzt in meinen Händen brannte, von einer Hand zur anderen sprang, so sei der Kranke von einem bösen Geist besessen, der die Krankheit verursachte. In diesem Falle sollte ich den oder die Dämonen in Jesu Namen austreiben, und sie würden gehen müssen. Wenn aber das Brennen bei mir nicht von einer Hand zur anderen springen würde, handele es sich um eine natürliche Krankheit. Ich solle dann in Jesu Namen mit den Kranken beten. Wenn der Kranke im Glauben die Heilung ergreifen würde, könnte ich spüren, wie das Feuer in meiner Hand in den Körper ginge, um dort Heilung zu bringen. Wenn ich dies spüren würde, so könnte ich wissen, daß der Kranke geheilt sei.“
Hagin berichtet weiter, daß er zu einem Zeitpunkt, als er wegen einer Armverletzung im Krankenhaus lag, von Jesus persönlich besucht worden sei. „Ich vermutete, es sei eine Krankenschwester, da die Person ganz in weiß gekleidet war. Doch dann erkannte ich Jesus. Mir war, als stünden meine Haare aufrecht…“
Er benutzt dieses geschilderte Erlebnis, um daran eine „offene Vision“ zu illustrieren:
„…weil sich der Mensch hierbei seiner äußeren Umgebung bewußt bleibt und auch seine physischen Sinne die Möglichkeit erhalten, in das Reich des Geistes hineinzuschauen und wahrzunehmen, was dort geschieht. Als Jesus mich, um ein Beispiel zu nennen, in dem Krankenhauszimmer besuchte, hörte ich mit meinen Ohren Seine Stimme, ich sah mit meinen normalen Augen, wie Er den Raum betrat und sah Ihn die ganze Zeit neben mir sitzen und hörte Ihn zu mir reden. Und während der ganzen Zeit nahm ich auch meine gesamte äußere Umgebung weiter wahr.“
In einer weiteren „offenen Vision“, die er angeblich im Februar 1959 hatte, beschreibt Hagin die Person, die er sah, näher und schildert, wie er weitere Einsicht über das Amt eines Propheten bekommen habe:
„Ich sah Ihn. Er trug ein weißes Gewand und römische Sandalen. (Jesus ist mir achtmal erschienen. Jedes andere Mal waren Seine Füße bloß, doch diesmal trug Er Sandalen; deshalb hatte ich seine Schritte gehört.) Es kam mir vor, als ob er etwa 1.80 m groß war und fast 80 kg wog…. Er erklärte mir, daß man, um im Amt eines Propheten zu stehen, in erster Linie ein Diener des Evangeliums ist, auf dessen Leben der Ruf Gottes zum Werk des Dienstes liegt. Zudem müssen mindestens zwei der drei Offenbarungsgaben – das Wort der Weisheit, das Wort der Erkenntnis und die Unterscheidung der Geister – und die Gabe der Weissagung in seinem Dienst wirksam sein… Dann sagte der Herr etwas, was nicht nur zu meinem, sondern auch zu deinem Nutzen ist: ‚Wenn du lernst, diesem inneren Zeugnis zu folgen, werde Ich dich reich machen. Ich werde dich in allen Angelegenheiten des Lebens führen, in geistlichen und auch in finanziellen…‘“
Seiner Autorität als „Prophet“ Gottes versucht er durch folgenden Bericht Nachdruck zu verleihen, welcher zugleich eine versteckte Drohung an alle Kritiker beinhaltet:
„Der Herr sagte zu mir: ‚Wenn du einem Menschen oder einer Gemeinde eine Botschaft weiterzugeben hast und sie wird nicht angenommen, bist du nicht mehr dafür verantwortlich. Alle, die nicht hören wollen, müssen die Folgen dann selbst tragen.‘ Nur zögernd berichte ich nachfolgendes Erlebnis, fühle aber doch, daß ich es mitteilen sollte. Ich hielt in einer Gemeinde eine Reihe Gottesdienste und mußte dem dortigen Pastor eine Botschaft vom Herrn ausrichten, die er nicht annahm. Weinend verließ ich nach der letzten Versammlung die Gemeinde. In der nächsten Gemeinde, in der ich Gottesdienste hielt, sagte ich dem Pastor: ‚Dieser Mann wird eines Tages tot auf seiner Kanzel umfallen.‘ Wenige Tage nachher geschah es. Genau 14 Tage, nachdem ich ihn nach dem letzten Gottesdienst weinend verlassen hatte, brach er tot auf der Kanzel zusammen.“
Der Prophet und prophetischer Dienst im Licht der Bibel
1. Der Prophet im Alten Testament
Aaron, der Bruder Moses, ist einer der ersten Männer der Bibel, die Propheten genannt werden. Der Auftrag, den er bekommt, macht deutlich, worin der Dienst eines Propheten besteht: Er ist ein „Verkündiger“ oder „Sprecher“ eines anderen. Aaron war der Prophet oder Sprecher Moses, während Mose der Prophet oder Sprecher Gottes war.
„Und du sollst zu ihm reden und die Worte in seinen Mund legen, und ich will mit deinem Mund und mit seinem Mund sein, und ich will euch lehren, was ihr tun sollt. Und er soll für dich zum Volk reden; und es wird geschehen, er wird dir zum Mund sein und du wirst ihm zum Gott sein.“ (2. Mose 4, 15-16)
„Und der Herr sprach zu Mose: Siehe, ich habe dich dem Pharao zum Gott gesetzt, und dein Bruder soll dein Prophet sein. Du sollst alles reden, was ich dir gebieten werde, und dein Bruder Aaron soll zu dem Pharao reden, daß er die Kinder Israel aus seinem Land ziehen lasse.“ (2. Mose 7,1)
Propheten Gottes waren verpflichtet, nichts anderes als nur die Worte Gottes weiterzugeben.
„…denn zu allen, wohin ich dich senden werde, sollst du gehen, und alles, was ich dir gebieten werde, sollst du reden.“ (Jer. 1,7)
Zu den bekannten Propheten Gottes gehören Mose, Samuel, Nathan, Elia, Elisa, Micha, Jesaja, Jeremia, Jona usw. Sie hatten nicht in erster Linie zukünftige Ereignisse zu prophezeien, sondern dem Volk Gottes und Einzelnen ins Gewissen zu reden und sie vor Sünde und falschen Entscheidungen zu warnen. An einigen Stellen werden Propheten auch „Seher“ genannt (1. Sam. 9,9; 2. Chron. 9,22), was darauf deutet, daß sie nicht nur im Auftrag Gottes redeten, sondern auch Einsicht in kommende Gefahren und Ereignisse hatten. Manche Propheten hatten auch ausdrücklich den Dienst eines Wächters zu verrichten. Sie waren verpflichtet, Einzelne und auch das Volk allgemein vor drohenden Gefahren zu warnen.
„Menschensohn, ich habe dich dem Hause Israel zum Wächter gegeben, und du sollst das Wort aus meinem Mund hören und sie von mir verwarnen.“ (Hes. 3,17)
„Wenn ich zu dem Gesetzlosen spreche: Gesetzloser, du sollst gewißlich sterben! und du redest nicht, um den Gesetzlosen vor seinem Weg zu warnen, so wird er, der Gesetzlose, wegen seiner Ungerechtigkeit sterben, aber sein Blut werde ich von deiner Hand fordern.“ (Hes. 33,8)
Als Wächter hatte der Prophet eine außerordentliche Verantwortung, weil ein oberflächlicher Dienst den Untergang des Volkes Gottes bedeuten konnte. Von einigen Propheten lesen wir, daß sie auch „Mann Gottes“ genannt wurden. So der namenlose Prophet in 1. Kön. 13, wie auch Mose, Elia und Elisa an verschiedenen Stellen.
Die Aufgabe eines Propheten im Alten Testament war also:
– an Gottes Stelle zu reden,
– einen Blick für kommende Gefahren und Ereignisse zu haben,
– ein Wächter zu sein, vor Feinden und Sünden jeder Art zu warnen.
Prophet zu sein war keine leichte Sache. Propheten hatten keine lange Lebenserwartung. Viele von ihnen wurden verfolgt, eingesperrt, man setzte ein Kopfgeld auf sie, manche wurden von den Führern des Volkes Gottes ermordet. Stephanus beendete vor dem Hohen Rat der Juden seine Predigt über die Geschichte Israels mit folgenden Worten:
„Welche der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben die getötet, welche die Ankunft des Gerechten vorher verkündeten, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid.“ (Ap. 7,52)
Als Prophet Gottes mußte man mit Unverständnis und Haß der Menschen rechnen, mit Spott und Gelächter. Propheten waren oft einsame, deprimierte und am Leben verzweifelnde Männer. Jeremia verfluchte den Tag seiner Geburt, weil er mit dem Spott und Gelächter, mit dem das Volk Gottes seine Botschaft quittierte, nicht fertig wurde. (Jer. 20) Elia, dessen Todesurteil von der Königin Isebel ausgesprochen war, wurde lebensmüde und bat, daß er sterben dürfe. (1. Kön. 19) Wie Micha waren sie meist umgeben von einer Mehrzahl falscher Propheten, die sich oft große Mühe gaben, den Sprecher Gottes auf Einheitskurs zu bringen. Die Geschichte Michas (1. Kön.22) und auch des „Mannes Gottes“ in 1. Kön.13 sind aktuelle Illustrationen für die Versuchungen, Bestechungen und Bedrohungen, denen Propheten ausgesetzt sind.
Im Gegensatz zu den bezahlten und angestellten Propheten, die den Führern des Volkes Gottes nach dem Mund redeten und damals schon viel vom „positiven Denken“ und „positiven Bekennen“ verstanden, war das Kennzeichen eines echten Propheten, daß seine Botschaften in den meisten Fällen schmerzliche, unangenehme Warnungen beinhalteten. Deshalb hielt sich der gottlose König Ahab auch den Propheten Micha so weit wie möglich vom Leibe: „Ich hasse ihn, denn er weissagt nichts Gutes über mich, sondern nur Böses.“ (1. Kön. 22,8) Ganz anders wie die wohlversorgten Staatspropheten lebten die Propheten Gottes in großer Schlichtheit und manchmal in bitterer Armut. Ein kleines Obergemach, ein Bett, Stuhl, Tisch und Leuchter war z.B. die geeignete Ausstattung für den Propheten Elisa (2. Kön. 3,10) – von der wohlhabenden Sunamitin zur Verfügung gestellt. Keinem dieser Propheten wurde je von Gott verheißen: „Ich werde dich reich machen!“, wie der moderne „Prophet“ Kenneth Hagin behauptet.
Sie wußten um ihre große Verantwortung und hüteten sich, ein Wort im Namen des Herrn zu sagen, das Er ihnen nicht geboten hatte:
„Doch der Prophet, der sich vermessen wird, in meinem Namen ein Wort zu reden, das ich ihm nicht geboten habe zu reden, oder der im Namen anderer Götter reden wird: dieser Prophet soll sterben. Und wenn du in deinem Herzen sprichst: Wie sollen wir das Wort erkennen, das der Herr nicht geredet hat? Wenn der Prophet im Namen des Herrn redet und das Wort geschieht nicht und trifft nicht ein, so ist das das Wort, welches der Herr nicht geredet hat; mit Vermessenheit hat der Prophet es geredet; du sollst dich nicht vor ihm fürchten.“ (5. Mose 18,20-22)
Die äußeren Merkmale der Propheten Gottes waren also:
– sie standen oft im Gegensatz zur öffentlichen Meinung,
– ihre Predigt war meist ein unbequemer Bußruf,
– sie wurden im allgemeinen vom Volk Gottes verachtet, gehaßt, getötet,
– sie lebten bescheiden, oft in Armut,
– sie orientierten sich allein am Wort Gottes,
– sie wußten um ihre große Verantwortung.
Die Kennzeichen der falschen Propheten
In Jeremia 23 wird ein treffendes, eindrückliches Bild von den falschen Propheten gemalt, das zu allen Zeiten der Beachtung wert ist.
– Sie täuschen vor, im Namen Gottes zu reden, weissagen aber durch den Baal (Vers 13+17),
– sie reden nicht die Worte des Herrn, sondern „das Gesicht ihres Herzens“ (Vers 16),
– sie reden „positiv“: „Es wird kein Unglück über euch kommen!“ (Vers 17),
– sie reden und weissagen ohne Auftrag (Vers 21),
– sie weissagen Lügen und berufen sich auf Träume (Vers 25),
– sie bringen Gott selbst und Sein Wort in Vergessenheit dadurch, daß sie ihre Träume erzählen (Vers 27),
– sie verführen das Volk Gottes mit angeberischer Prahlerei (Vers 32).
Das Urteil Gottes über diese Propheten: „Darum siehe, ich will an die Propheten, spricht der Herr, die einer vom anderen meine Worte stehlen. Siehe, ich will an die Propheten, spricht der Herr, die ihre Zungen nehmen und sprechen: Er hat geredet. Siehe, ich will an die, welche Lügenträume weissagen und sie erzählen und mein Volk irreführen mit ihrer Prahlerei. Ich aber, ich habe sie nicht gesandt und ihnen nichts befohlen. Sie nützen diesem Volk gar nichts, spricht der Herr.“ (Vers 30-32)
2. Die Propheten des Neuen Testamentes
Auch im Neuen Testament ist der Prophet ein Sprecher Gottes, der die Worte Gottes der Gemeinde mitteilt. Allerdings differenziert das NT zwischen den Propheten, die mit den Aposteln die Grundlage der Gemeinde gelegt haben und solchen Propheten, die in der Gemeinde einen prophetischen Dienst im Sinne von 1. Kor. 14 praktizieren. Die ersten möchte ich „einmalige“ Propheten nennen, die anderen „allgemeine“ Propheten. Eine ähnliche Unterscheidung müssen wir bekanntlich auch bei den Aposteln machen.
a) „Einmalige“ Propheten
Die Gemeinden zu Beginn der Apostelgeschichte hatten kein geschriebenes Testament in Händen wie wir. Teilweise im Judentum aufgewachsen, waren sie mit dem AT vertraut, standen jetzt aber in einer ganz neuen Situation. Der alte jüdische Gottesdienst war für sie nicht mehr gültig, sie hatten keinen sichtbaren Tempel, keinen Altar, keine Tieropfer mehr. Es gab keine Priesterklasse mehr, die sich auf die Abstammung von Aaron berufen konnte, keine Kleidungsvorschriften, keine Reinigungsvorschriften. Wie sollte jetzt ihr Gottesdienst aussehen? Welche Anweisungen gab es für sie? Gott gab ihnen die neue „Gottesdienstordnung“ durch die Apostel und Propheten. Sie waren die inspirierten und autorisierten Sprecher Gottes, die Seine Gedanken verbindlich für die Gemeinde aussprachen. Aus diesem Grund werden sie in der Auflistung der Gaben in 1. Kor. 12,28 und Eph. 4,11 jeweils als erste genannt. Ihre Briefe, die wir im NT finden, bildeten die Grundlage, auf welcher die Gemeinde aufgebaut wurde.
„ …aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten, indem Jesus Christus selbst Eckstein ist, in welchem der ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in welchem auch ihr mitaufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geiste.“ (Eph. 2, 20-22)
„ …in dem Geheimnis des Christus… wie es jetzt geoffenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geist…“ (Eph. 3,5)
Zu diesen „einmaligen“ Propheten gehören die Schreiber des NT, die keine Apostel waren: Markus, Lukas, Jakobus und Judas.
b) „Allgemeine“ Propheten
Natürlich gab es in jeder der jungen Gemeinden damals auch Propheten, weil die Gemeinden darauf angewiesen waren, Gottes Absichten und Vorschriften durch den Mund Seiner Sprecher zu hören. Dazu gebrauchte Gott das „Wort der Erkenntnis“, das „Wort der Weisheit“ (1. Kor. 12,8) und Prophezeiungen. Bei brennenden Fragen konnte man damals keine Konkordanz aufschlagen und z.B. unter „Abendmahl“ alle Stellen des NT auf einen Blick vergleichen, die zu diesem Thema etwas zu sagen haben. Man mußte, wie im Fall der Korinther, die zunächst das Abendmahl mit einem Festgelage verwechselt hatten, dem Apostel Paulus einen Brief schreiben und ihn fragen. So kam der 1. Korintherbrief zustande, der für uns heute verbindliches, inspiriertes Wort Gottes ist und uns eine Menge zu diesem Thema zu sagen hat. Seitdem aber das NT vollendet war, haben wir nach seinem eigenen Zeugnis den ganzen Ratschluß Gottes in Händen. Es gibt keine neuen Offenbarungen mehr. Deswegen sind auch heute die Gaben der „Erkenntnis“ und „Weisheit“ im ursprünglichen Sinn nicht mehr nötig, während die Gläubigen der frühen Christenheit darauf angewiesen waren.
In der Apostelgeschichte lesen wir nur an wenigen Stellen von Propheten. In Ap. 11 werden Propheten aus Jerusalem erwähnt, welche die neu entstandene Gemeinde in Antiochien besuchten.
„Einer unter ihnen, Agabus, zeigte durch den Geist eine große Hungersnot an, die über den ganzen Erdkreis kommen sollte, welche auch unter Klaudius eintrat.“ (Ap. 11,28)
Agabus wird noch einmal in Ap. 21, 10-11 erwähnt, wo er über Paulus prophezeit: „Dies sagt der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem also binden und in die Hände der Nationen überliefern.“
Das ist übrigens die einzige Schilderung einer situationsbezogenen Prophetie, die wir in der Apostelgeschichte und in den Briefen finden. Bemerkenswerterweise wird sie nicht eingeleitet mit den Worten: „So spricht der Herr…“, wie es im Alten Testament üblich war, sondern mit den Worten: „So spricht der Heilige Geist…“ Ansonsten werden namentlich noch Judas und Silas als Propheten bezeichnet (Ap. 15,32), von denen berichtet wird, daß sie die „Brüder mit vielen Worten“ ermunterten und stärkten. Auch in Ap. 13,1-3 werden einige Propheten aufgezählt, denen der Heilige Geist die Berufung von Barnabas und Saulus deutlich macht.
c) Falsche Propheten
Während das NT nur an wenigen Stellen den Dienst der „allgemeinen“ Propheten erwähnt, finden wir dagegen recht viele Warnungen vor falschen Propheten. Der Herr selbst hatte bereits in Matth. 24,11 +24 für die Endzeit vorausgesagt, daß „viele falsche Propheten aufstehen und viele verführen“ werden. Diese Propheten werden „große Zeichen und Wunder tun“ und versuchen, „wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen.“
Paulus warnt nachdrücklich vor solchen, die etwas anderes verkündigen, als was er verkündigt hat:
„Aber wenn auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium verkündigte außer dem, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: er sei verflucht!“ (Gal. 1,8)
Der letzte Vers des NT und damit der ganzen Bibel beinhaltet eine ernste Warnung:
„Ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen hinzufügen, die in diesem Buch geschrieben sind. Und wenn jemand von diesen Worten wegnimmt, so wird Gott sein Teil wegnehmen von dem Baum des Lebens und aus der heiligen Stadt, wovon in diesem Buch geschrieben ist.“ (Offb. 22, 18-19)
Bereits zu Lebzeiten der Apostel traten in den Gemeinden falsche Apostel, Propheten und Lehrer auf, die einen „anderen Jesus“ predigten, „einen anderen Geist“ vermittelten und ein „anderes Evangelium“ verkündeten. (2. Kor. 11,4)
Kurz vor seinem Tod schreibt der alte Apostel Paulus seinen Abschiedsbrief an Timotheus. In den ergreifenden letzten Versen seines 2. Briefes ermahnt er ihn noch einmal mit großem Ernst und Nachdruck:
„Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus, der da richten wird Lebendige und Tote, und bei seiner Erscheinung und seinem Reich: Predige das Wort, halte darauf in gelegener und ungelegener Zeit; überführe, strafe, ermahne mit aller Langmut und Lehre. Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und zu den Fabeln sich hinwenden. Du aber sei nüchtern in allem…“ (2. Tim. 4,1-5)
Angesichts des kommenden Antichristen ermahnt auch der Apostel Johannes die Gläubigen, nicht nach neuen Offenbarungen Ausschau zu halten, sondern bei dem zu bleiben, was sie von Anfang an gehört hatten:
„Ihr, was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch. Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet ihr auch in dem Sohn und in dem Vater bleiben.“ (1. Joh. 2,24)
„Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen.“ (1. Joh. 4,1)
In der Endzeit der Gemeinde, in welcher nach den Aussagen des NT viele falsche Lehrer und Propheten auftreten werden, ist es wichtig, uns daran zu erinnern, daß wir den „einmal den Heiligen überlieferten Glauben“ (Judas 3) verteidigen. Wir finden in den Endzeitbriefen keine einzige Anweisung, nach neuen Offenbarungen des Geistes Ausschau zu halten, sondern die Ermahnung, das ein für allemal überlieferte Glaubensgut festzuhalten. Wenn daher heute von einer neuen und großen „Prophetenbewegung“ geredet wird und gewisse Propheten weltweit bekannt werden, sollten wir darin eine Erfüllung der Endzeitwarnungen des Herrn und Seiner Apostel sehen.
In den sieben Sendschreiben der Offenbarung bekommt die Gemeinde Philadelphia das größte Lob. Und diese Anerkennung steht im Gegensatz zu allen Prognosen moderner Propheten, die weissagen, daß die endzeitliche Gemeinde mehr Kraft und Autorität hat, als die urchristliche Gemeinde:
„…denn du hast eine kleine Kraft, und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet.“ (Offb. 3,8)
Hier lobt der Herr Eigenschaften, die in der heutigen Christenheit nicht hoch im Kurs stehen, die Er aber offensichtlich außerordentlich schätzt: Das Bewußtsein eigener Schwäche, die Treue zum Wort Gottes und das Bekenntnis zum Herrn als alleinige Autorität.
Es sollte zu denken geben, daß alle Sekten und Irrlehren durch Visionen und außerbiblische Offenbarungen entstanden sind. Ein Gang durch die Kirchengeschichte würde beweisen, welche verhängnisvolle Rolle „Propheten“ gespielt haben.
d) Prophetischer Dienst heute
Auch heute gibt es noch vereinzelt Männer in der Gemeinde, die ähnlich wie Agabus vor konkreten Gefahren warnen. Es gibt auch aus jüngerer Zeit Beispiele dafür, besonders aus Ländern, in welchen die Christen verfolgt wurden oder werden. Viel wichtiger aber ist für unsere Zeit ein „prophetischer Dienst“ im Sinne von 1. Kor. 14, der vor allem darin besteht, daß die Gläubigen auferbaut werden.
„Wer aber weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung.“ (1. Kor. 14,3)
Deswegen ist von allen Geistesgaben die richtig verstandene Gabe der „Weissagung“ für die Gemeinde von größter Wichtigkeit.
„Strebet nach der Liebe, eifert aber um die geistlichen Gaben, vielmehr aber, daß ihr weissaget.“ (1. Kor. 14,1)
Dieser Dienst bewirkt, daß selbst die „Ungläubigen oder Unkundigen“, die in die Gemeinde kommen, vom Geist Gottes überführt werden und erleben, wie das Verborgene ihrer Herzen offenbar wird. In unserer Zeit, wo wir als Christen vor vielen Gefahren stehen, wo Kompromißbereitschaft, Verweltlichung und Oberflächlichkeit die Gemeinden charakterisieren, ist ein solcher Dienst besonders nötig. Gott möchte, daß wir durch die Wortverkündigung in der Gemeinde persönlich auf unsere Situation angesprochen werden. Einige werden Trost brauchen, andere müssen ermahnt werden, wieder andere stehen vor einer Entscheidung und warten auf Wegweisung und Orientierung. Vielleicht lebt auch jemand in einer konkreten Sünde, von der niemand sonst etwas weiß. Der Heilige Geist möchte, daß seine Sünde offenbar wird. Sicher sind auch solche anwesend, die Ermutigung brauchen. Wie soll all diesen Nöten begegnet werden? Dadurch, daß Männer aufstehen, die, geleitet vom Heiligen Geist, und ohne die einzelnen Situationen genau zu kennen, die Bibel auslegen und so aktuell anwenden, daß jeder persönlich vom Heiligen Geist angesprochen und neu ausgerichtet wird. In den wenigsten Fällen wird ein solcher Dienst durch einen einzelnen Prediger getan werden können. Deshalb schreibt Paulus: „Propheten laßt zwei oder drei reden und die anderen laßt urteilen.“ (1. Kor. 14,29)
Hier wird der große Mangel der heutigen Gemeinden deutlich. In den meisten Gemeinden ist dadurch, daß ein Prediger für die Wortverkündigung zuständig ist, kein Raum für einen solchen Dienst. Die Predigten sind lange im Voraus eingeteilt und der Prediger steht vor der unlösbaren Aufgabe, allen Nöten und Bedürfnissen gerecht werden zu sollen. Für einen geistlichen Gebrauch der Geistesgaben ist in solchen Gemeinden kaum oder nur wenig Raum. Würde ein Bruder aufstehen und sagen: „Der Herr hat mir ein Wort aufs Herz gelegt“, dann wäre eine peinliche Situation vorprogrammiert, weil eine solche Spontanität nicht nach Plan ist. Wahrscheinlich würde der Prediger ihn etwas verlegen, aber freundlich darauf hinweisen, daß eine solche Einlage nicht der üblichen Gemeindetradition entspricht. Diese traditionellen Strukturen können dahin führen, daß der Geist Gottes nicht mehr die Möglichkeit hat, Weissagungen in der Gemeinde zu bewirken und die Gewissen der Gläubigen anzusprechen.
„Den Geist löschet nicht aus; Weissagungen verachtet nicht; prüfet aber alles, das Gute haltet fest.“ (1. Thess. 5,19-21)
Unbiblische Strukturen und Traditionen können also dahin führen, daß der Geist „ausgelöscht“ oder „unterdrückt“ wird. Eine Gemeinde, die sich an dem NT orientiert, wird daher immer für die Möglichkeit sorgen, daß neben bibelauslegenden Predigten Raum geschaffen wird für einen biblisch-prophetischen Dienst im Sinne von 1. Kor. 14. Ein solcher Dienst wird nicht darin bestehen, daß jemand mit erhobenen Händen und geschlossenen Augen auf irgendwelche Eingebungen wartet, die er dann mit den Worten „So spricht der Herr…“ einleitet, sondern mit der aufgeschlagenen Bibel in der Hand wird das geschriebene Wort Gottes unter der Leitung des Heiligen Geistes so aktuell in die Situation der Zuhörer gesprochen, daß sie persönlich angesprochen und berührt werden. Hier wird der Mangel vieler evangelikaler Gemeinden deutlich. Die unbiblische Praxis hat ein Vakuum geschaffen, das tragische Konsequenzen nach sich zieht. Die heutige Prophetenbewegung würde sicher nicht auf solch großes Interesse stoßen, wenn ein nüchterner, biblisch-prophetischer Dienst in unseren Gemeinden praktiziert würde.
Der bekannte Erweckungsprediger C.H. Spurgeon hat in seinen Predigten oft einen prophetischen Dienst getan. Hier eins von vielen Beispielen:
Am 23.7.1864 entschloß sich eine Frau, deren Mann regelmäßig zu den von ihr verachteten Predigten Spurgeons ging, aus Neugierde einen Gottesdienst im Tabernakel zu besuchen. Da sie nicht erkannt werden wollte, verkleidete sie sich und suchte Platz auf der obersten Empore. Als sie den Saal betrat, begann Spurgeon gerade den Bibeltext zu lesen, über den er predigen wollte. Er zeigte mit dem Finger in ihre Richtung und las:
„Komm herein, du Weib Jerobeams! Warum stellst du dich denn fremd? Ich aber bin mit harten Worten zu dir gesandt“. (1. Kön. 14,6)
Man kann sich vorstellen, wie diese Dame unter ihrem Schleier rot wurde, zumal Spurgeon im Lauf der Predigt sagte:
„Ich denke, es sind einige unter uns, deren Charakter und Verhalten ich so genau beschrieben habe, daß sie wissen, daß sie gemeint sind… Ich vermute nicht, daß sich heute abend hier jemand verkleidet hat, obwohl auch das vorkommen kann: Der Arbeiter, der Angst hat, ausgelacht zu werden, kommt vielleicht verkleidet hierher. Und vielleicht auch der Pfarrer, dessen Gewissen nicht ruhig wäre, wenn er hier gesehen würde. Ganz gleich, wer du auch bist, ob verkleidet oder nicht, all das nützt nichts, wo Gottes Evangelium gepredigt wird. Er erkennt dich schnell und findet das Denken und Trachten des Herzens heraus. Er wird dich finden, und wie sehr du dich auch verkleidest, er wird dir zeigen, wer du wirklich bist.“
Dieses Beispiel zeigt, wie ohne Spektakel und ohne das Wissen der zahlreichen Zuhörer ein prophetischer Dienst getan wurde, von dem Spurgeon selbst erst später erfuhr.
Die Prophetenbewegung im Licht der Bibel
Es ist für Außenstehende nicht leicht, die Prophetenbewegung gerecht zu beurteilen. Manche Verkündigungsinhalte dieser Männer sind biblisch und manche Betonungen, was Heiligung, Hingabe und Entschiedenheit betrifft, sogar notwendig und sehr zeitgemäß. Die Tatsache, daß Paul Cain Prophezeiungen ausgesprochen hat, die präzise eingetroffen sind und daß er in der Lage ist, detaillierte Offenbarungen über einzelne Menschen weiterzugeben, die er bisher nie gesehen hat, zeugt auf jeden Fall von einer übernatürlichen Begabung. Für seine Anhänger ist das ein Zeichen seiner göttlichen Berufung, mir scheint es eher eine mediale Fähigkeit zu sein, die an Hellseherei erinnert.
1. Die Sicht von „Prophetie“ entspricht nicht der Lehre des NT
Abgesehen von Agabus finden wir in der Apostelgeschichte und in den Briefen kein Beispiel für Prophetie im Sinne der heutigen Prophetenbewegung. Im NT finden wir weder Beispiele noch Anweisungen für die Ausübung eines „prophetischen Dienstes“, wie er in dieser Bewegung üblich ist. Einleitende Worte, denen durch die Formulierung „So spricht der Herr…“ Autorität verliehen wird, finden wir wohl im AT, aber an keiner Stelle im NT.
2. Das „Prophetenamt“ – eine zweite Offenbarungsquelle?
Wenn es tatsächlich so wäre, daß heutige Propheten 100%ige Worte Gottes aussprechen könnten, hätte das eine weitreichende Konsequenz: Dann wären diese Worte für uns absolut verbindlich und dem geschriebenen Wort Gottes gleichzusetzen. Ungehorsam diesen Propheten gegenüber würde gleichbedeutend sein mit Ungehorsam gegen Gott selbst! Eine solche Auffassung war in den vergangenen Jahrhunderten die Ursache für die Entstehung vieler Irrlehren und fast aller Sekten. Die Führer dieser Sekten haben sich auf Propheten, Prophetinnen oder Instanzen berufen, die für sich die gleiche Autorität beanspruchten wie die Bibel. Unsere Verantwortung ist es, das vollendete, geschriebene Wort Gottes auszulegen und auszuleben. Daher fallen alle neuen Offenbarungen unter das Urteil von Gal. 1,8 und Offb. 22,18 und sind deshalb als ein Produkt des „Engels des Lichts“ grundsätzlich abzulehnen.
3. Prophetie im Sinne der Prophetenbewegung verdrängt das Wort Gottes.
Auch wenn die heutigen Propheten ihre Bibeltreue und Bibelkenntnis sehr betonen und tatsächlich oft Bibelstellen zitieren, ändert das nichts an der Tatsache, daß durch ihren Dienst das geschriebene Wort Gottes an Aktualität verliert. Wenn auf Konferenzen und Seminaren ein Prophet seine Bilder und Eindrücke mit den Worten „So spricht der Herr…“, oder „Höret das Wort des Herrn…“ einleitet, wird er wesentlich mehr Aufmerksamkeit bekommen als jemand, der eine Bibelarbeit hält. Der Prophet kann mit absoluter Stille und Spannung rechnen, während Bibelarbeiten nicht automatisch auf Interesse stoßen.
Ein Leserbrief in „idea“ auf meinen Kommentar zum Nürnberger Gemeindekongreß macht das deutlich:
„Das Hauptargument von Herrn Bühne, zur Zeit der Apostel habe man die Prophetie gebraucht, weil man ja die Bibel noch nicht hatte, kommt mir so vor, als ob meine Frau zu mir sagen würde: „Du brauchst von heute an nichts mehr zu sagen. Auf jeden Fall werde ich dir nicht mehr zuhören, denn ich habe ja die Briefe, die du mir vor Jahren einmal geschrieben hast…“
An dieser Argumentation wird deutlich, daß die Bibel gleichgesetzt wird mit alten, verstaubten Briefen, die in der Vergangenheit einmal wichtig waren. Das Wort Gottes wird bewertet wie Briefe, die Menschen einander schreiben. Offensichtlich räumt eine solche Auffassung dem gesprochenen „Wort Gottes“ mehr Aktualität und Autorität ein, als dem geschriebenen Wort Gottes, welches mit Briefen aus alten Zeiten verglichen wird. Daher wird diese Bewegung über kurz oder lang auch weitere Irrlehren hervorbringen, denen man nicht widersprechen wird, weil man sich nicht mehr dem geschriebenen Wort Gottes allein verpflichtet weiß, sondern sich den Worten falscher Propheten unterwirft. (2. Tim. 4,3)
4. Exakt eingetroffene Prophezeiungen sind nicht unbedingt Beweis für eine göttliche Legitimation.
Eingetroffene Prophezeiungen, Zeichen und Wunder sind zwar Beweise übernatürlicher Kräfte, aber nicht grundsätzlich Wirkungen des Heiligen Geistes. Selbst in 5. Mose 13, 1-6 ist die Rede davon, daß Propheten Zeichen und Wunder tun können, die aber nicht durch Gott gewirkt sind, sondern Abfall von Gott zum Ziel haben. Von den Zauberern des Pharao bis zu den heutigen Schamanen, Wahrsagern und Geistheilern aller Religionen kann man sagen, daß viele von ihnen nachweislich Wunder getan und künftige Ereignisse vorausgesagt haben. Und doch war hier nicht der Geist Gottes, sondern okkulte Kräfte am Werk. Jesus Christus selbst hat für die Endzeit falsche Propheten angekündigt, welche „große Zeichen und Wunder tun“ (Matth. 24,24), in Seinem Namen weissagen, Dämonen austreiben und viele große Dinge tun. Aber der Herr wird zu ihnen sagen: „Ich habe euch niemals gekannt, weichet von mir, ihr Übeltäter!“ (Matth. 7,22)
Paulus spricht von der „Wirksamkeit des Satan, in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge (2. Thess. 2,9), und in der Offenbarung wird ebenfalls der Antichrist als einer beschrieben, der „große Zeichen tut“ und damit die Menschen verführt (Offb. 13,14). Diese zahlreichen Warnungen sollten uns skeptisch machen, wenn jetzt in der Christenheit eine Bewegung an Zulauf gewinnt, die durch Zeichen und Wunder auf sich aufmerksam macht.
5. Eine „siegreiche Kirche“ und die „größte Erweckung aller Zeiten“ – was sagt die Bibel dazu?
Die Endzeitbriefe des NT vermitteln uns nicht den Eindruck einer kommenden Erweckung, sondern zeichnen das Bild eines allgemeinen Abfalls (2. Tim. 3+4; 2. Thess. 2; 2. Kor. 11; 2. Petr. 2; 1. Joh. 4). Ähnlich wie das Volk Gottes im AT in Babylon endete, wird auch die Christenheit in Babylon enden. (Offb. 17) Ganz sicher kann es zu allen Zeiten und an jedem Ort zu einer Erweckung kommen, wenn Christen kompromißlos und geisterfüllt nach dem Wort Gottes leben. Die vergangene und gegenwärtige Kirchengeschichte zeugt davon. Aber eine weltweite Erweckung ist uns nicht verheißen. Man kann nur von einer weltweit siegreichen Kirche träumen, wenn man Prophezeiungen des AT und Kapitel der Offenbarung, die für das Volk Israel gelten, auf die Gemeinde überträgt. Interessant ist, daß – so weit ich das verfolgen kann – alle Männer der Dritten Welle und der Prophetenbewegung den Dispensationalismus, aus dem sie teilweise kommen, ablehnen. Besonders deutlich wird das bei John Wimber, C.P. Wagner, Mike Bickle, Charles Kraft und Jack Deere. Unter Dispensationalismus versteht man die Teilung der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen in verschiedene Heilszeiten (Zeit ohne Gesetz, Zeit unter Gesetz, Zeit der Gemeinde, Zeit der Drangsal und Erweckung Israels, Tausendjähriges Reich, neuer Himmel und neue Erde), so wie es z.B. in der Scofield-Bibel gezeigt wird.
6. Die angeblich angebrochene Erweckung widerspricht der Alltagswirklichkeit.
Nur wenige Charismatiker haben wie Wolfram Kopfermann den Mut, zuzugeben, daß allen großartigen Prophezeiungen und Proklamationen zum Trotz von der bereits begonnenen „größten Erweckung aller Zeiten“ bisher kaum etwas zu sehen ist.
„Es geht mir nicht um begriffliche Streitigkeiten, sondern um schmerzhafte Ehrlichkeit. Solange wir den „Beweis des Geistes und der Kraft“ noch so wenig erbringen, gehe ich davon aus, daß wir weiter auf den ‚vollen Pfingstsegen‘ warten müssen.“
Ob bei Benny Hinn oder Reinhard Bonnke: die mit großen Hoffnungen und Erwartungen gekommenen Rollstuhlfahrer werden nach der Veranstaltung fast immer nur um eine Enttäuschung reicher nach Hause geschoben. Von Totenauferweckungen wird zwar hier und da geredet, aber sie sind nicht nachprüfbar, weil sie ausnahmslos in Ländern geschehen, die weit weg sind. Charismatiker werden ebenso krank wie Nichtcharismatiker und mein Eindruck, daß die psychischen Krankheiten gerade auch unter Charismatikern zunehmen, wird von vielen bestätigt, die jahrelang verantwortlich in dieser Bewegung mitgearbeitet haben. Zu denken geben sollte auch, daß bekannte „Propheten“ in den letzten Monaten wegen sexueller Vergehen angezeigt und zum Teil auch ausgeschlossen worden sind. Davon, daß im Umkreis der Propheten Unmoral verschwindet, ist jedenfalls bisher nicht viel zu sehen. Von Massenbekehrungen kann zumindest in Deutschland keine Rede sein und anstelle der kraftvollen Reformation, die wir in Deutschland erleben sollen, können wir eine Deformation der Evangelikalen beobachten, die sich immer mehr Rom und Genf annähern. In den letzten Monaten haben sich zahlreiche Charismatiker – teilweise in führenden Positionen – von dieser Bewegung getrennt, weil sie die Unaufrichtigkeit, die Art und Weise, wie um Geld gebettelt wird und die Widersprüche in Bekenntnis und Leben nicht länger ertragen konnten.
7. Die Kennzeichen der neuen Apostel und Propheten, sowie die angekündigten Wunder zeugen von einer ungesunden Selbsteinschätzung.
Ich bin davon überzeugt, daß zu dem Zeitpunkt, wo Christus auf dieser Erde regieren wird, alle Strahlungsschäden beseitigt sind und die Erde von den Folgen der Sünde befreit ist. Aber in unserer Zeit werden die Umweltschäden zunehmen und die atomare Verseuchung wird weiter fortschreiten. Hoffnungen zu wecken, daß amputierte Gliedmaßen nachwachsen, Tote auferweckt und Aidskranke geheilt werden, ist unverantwortlich. Es ist unfaßbar, daß solche unsinnigen Prognosen angenommen werden, obwohl die Propheten selbst Brillen- und Zahnersatzträger sind. Wir zweifeln nicht daran, daß Gott Wunder tun kann und Wunder tut. Doch nach den Aussagen der Bibel leben wir nicht in einer Zeit, die von göttlichen Zeichen und Wundern gekennzeichnet ist. Für die Endzeit der Christenheit werden uns vom NT „falsche Propheten“ verheißen, die „große Zeichen und Wunder tun“ (Matth. 24,11.24; vgl. auch 2. Thess. 2,9), um die Menschen zu verführen. Diese Warnungen der Bibel sollten uns allen „Propheten“ gegenüber kritisch machen, die Zeichen und Wunder prophezeien.
8. Einzelne Nationen und Städte haben in unserer Zeit keine heilsgeschichtliche Bedeutung.
Das mangelnde Verständnis darüber, was das wirkliche Wesen der neutestamentlichen Gemeinde ist, wird besonders deutlich, wenn davon geredet wird, daß ganze Städte und Nationen sich zu Gott bekehren werden und Deutschland eine Schlüsselrolle in der Erweckung spielen soll. Im Leib Christi ist kein Platz für irgendwelche nationalistischen Gedanken. Die Gemeinde Jesu besteht aus wiedergeborenen Menschen aller Rassen und Klassen. „Deutsche Christen“ hat es unter Hitler gegeben, aber niemals unter Jesus Christus. Daß Deutschland die „Leiterschaft“ in der kommenden Erweckung übernehmen soll, ist eine von der Bibel her unmöglich zu begründende Vorstellung – ganz abgesehen davon, daß die „deutschen Führer“ dieser Bewegung zum Teil keine klare Haltung in der Inspirationsfrage der Bibel haben. Fr. Aschoff z.B. schreibt offen von einem „Deuterojesaja“. Im Tausendjährigen Reich werden sich tatsächlich ganze Völker zu dem Gott Israels bekehren, wie es die AT-Propheten geweissagt haben. Aber diese Prophezeiungen auf unsere Zeit anzuwenden, zeugt von einem willkürlichen Umgang mit der Heiligen Schrift.
9. Die vorgestellte Praxis von Prophetie ist seelsorgerlich nicht zu verantworten.
Was ist mit dem kinderlosen Ehepaar, dem ein Kind prophezeit wurde, wenn es aber weiter kinderlos bleibt? Was ist mit dem Herausgeber einer charismatischen Zeitschrift, dem die Herausgabe in Fremdsprachen prophezeit wurde, wenn er auf die letzte deutsche Ausgabe schreiben muß „Dies könnte Ihre letzte Ausgabe sein!“ Was ist mit den vielen, denen im Namen Jesu Gesundheit zugesprochen wurde, die aber weiterhin krank sind? Was ist mit der Gemeinde, der zu einem bestimmten Termin eine „große Erweckung“ verheißen wird, die jedoch ausbleibt? Finden wir im NT Stellen, in denen Menschen vermehrte „Ehre und Salbung“ prophezeit wird?
Auf welche Irrwege kann ein Christ geraten, wenn ihm vor Tausenden gesagt wird: „Das ist ein Mann mit Autorität für die Völker.“ Als vor Jahren prophezeit wurde, daß die Russen Deutschland bis an den Rhein einnehmen würden, wechselten manche Christen dadurch verunsichert ihren Wohnplatz.
1980 prophezeite Volkhard Spitzer für das kommende Jahr ein gefülltes Olympiastadion für die „Berliner Bekenntnistage“. Der Heilige Geist sollte über Europa ausgegossen werden, die größte Luftbrücke der Weltgeschichte stattfinden. Das Stadion wurde nicht einmal zu einem Viertel gefüllt. Später wurde von Steven Lightle und Eberhard Mühlan prophezeit, daß die Juden in Rußland in einem großen „II. Exodus“ über Finnland und Deutschland nach Israel ausziehen würden. Sogar einzelne Städtenamen wie Berlin, Braunschweig und Helmstedt wurden in der Prophetie genannt. Busse, Wohnräume, Lebensmittel wurden besorgt, um diesen Auswanderern zu helfen. Sogar ein Buch ist darüber veröffentlicht worden. Was ist aus diesem Exodus geworden? Das sind nur einige wenige Beispiele von den vielen konkreten Prophezeiungen, die niemals eingetroffen sind.
Wie vielen ist unter einer angeblichen „Salbung des Geistes“ eine „Geistesgabe“ durch Handauflegung und Weissagung übertragen worden, die aber trotz aller prophetischen Worte nicht erkennbar wurde. Wie viele geistliche Schäden sind durch einen leichtfertigen und unverantwortlichen Umgang mit „prophetischen Worten“ entstanden, wie viele Depressionen und öffentliche Ärgernisse, die für Schlagzeilen in der säkularen Presse sorgten. (Ich erinnere hier nur an die Aussage von Oral Roberts im Frühjahr 1987, daß Gott ihm geoffenbart habe, er würde ihn sterben lassen, wenn nicht eine große Summe Geld bis Ende März 1987 durch Spenden eingegangen sei.)
10. Eine willkürliche Auslegung der Offenbarung ist die Ursache vieler Irrtümer
Wenn alle Prophezeiungen der Offenbarung und anderer prophetischer Bücher ohne den Zusammenhang zu beachten und ohne danach zu fragen, an wen welche Prophezeiungen gerichtet sind, auf die Gemeinde heute übertragen werden, kommt man zu folgenschweren Irrtümern. Zum Beispiel Offbg. 11,1-14 – wenn es auf unsere Zeit bezogen und Jerusalem als ein Bild für die Gemeinde ausgelegt wird, dann kann man tatsächlich für unsere Zeit Propheten erwarten, die größere Zeichen und Wunder tun, als die Propheten und Apostel in der Vergangenheit. Aber welche verheerenden Irrtümer durch diese willkürliche Deutung der Offenbarung entstanden sind, dürfte jedem Kenner der jüngeren Kirchengeschichte bekannt sein.
Als Beispiel nenne ich hier nur William Branham, der sich als der Vorläufer oder Elia des kommenden Messias verstand, von Tausenden so angesehen wurde und auf tragische Weise umkam. Seine Predigten wurden unter dem Titel „Das gesprochene Wort durch William Branham“ veröffentlicht. Es macht nachdenklich, daß ausgerechnet dieser Mann mit seinen offensichtlichen Irrlehren von Paul Cain, Mike Bickle und auch John Wimber als „Prophet mit außerordentlichem Erfolg“ (M. Bickle) und als „größter Prophet des 20. Jahrhunderts“ (P. Cain) hochgeachtet wird. . . .
2. „Geistliche Kriegsführung“
C. Peter Wagner: „Mit dem Eintreten in die 90er Jahre empfinde ich und mit mir viele andere christliche Leiter, daß der Heilige Geist zu uns spricht: ‚Bereitet euch auf den Krieg vor.‘ Dieses Jahrzehnt wird vielleicht den intensivsten geistlichen Kampf der jüngsten Zeit sehen.“
John McFarlane: „Bei einer Gebetskonferenz 1987 in Bonn hat Gott prophetisch geredet, daß er in der nächsten Zeit seinem Volk Strategien für seine Mission, Schlüssel für geistliche Siege geben werde.“
Berthold Becker: „So haben wir zum Beispiel bei einer Gebetstagung in Frankfurt 1989 sowohl Honecker mit seiner Regierung abgesetzt und die Mauer eingerissen als auch Ceaucescu, den Tyrannen Rumäniens im Gebet abgesetzt. Wir waren uns eins, daß das exakt im Willen und der Salbung Gottes war, und alles geschah innerhalb von drei Monaten.“
Roger Forster: „Es ist ein Vorrecht, in diesen aufregenden Zeiten zu leben; Zeiten in denen Gottes Wahrheit wiederentdeckt wird… Von ganzem Herzen glaube ich, daß diese Wiederentdeckung bzw. neue Betonung von satanischen Geistern mit örtlich begrenzter Wirksamkeit mit Gottes Absicht und Plan verbunden ist, sein Volk zur vollen Erkenntnis seines Sohnes zu führen, so daß wir in das ganze Maß hineinwachsen, sowohl im Hinblick auf die Einnahme geographisch begrenzter Gebiete wie auch hinsichtlich der Kraft geistlichen Lebens.“
Larry Lea: „Um Menschen geht es uns hier überhaupt nicht, sondern um geistliche Kampfführung. Es geht uns hier um den Nahkampf gegen unsere geistlichen Feinde: den Teufel und seine Dämonen. Es geht uns darum, Autorität über böse Geister, Beherrscher der Finsternis, Gewalten und über die Starken zu nehmen, die dir alles Gute zu rauben versuchen, das Gott dir zugedacht hat.“
Wolfhard Margies: „Der Himmel tut, was wir tun, befehlen oder durch göttliche Kampfführung bewirken und nicht umgekehrt… Die Willensentscheidung wird zuerst auf der Erde von uns formuliert und vollzogen, und der Himmel zieht nach!“
Hartwig Henkel: „Diese Lehre über den geistlichen Krieg wird vom Heiligen Geist gerade jetzt wiederhergestellt. Unsere Autorität über den Feind wird zunehmend erkannt und ausgeübt. In wenigen Jahren werden sich die geistlichen Verhältnisse total verändert haben zugunsten einer Christenheit, die die Segnungen von Jesu Sieg über den Feind in überwältigender Weise erlebt. Die Lehre über den Kampf gegen Satans Mächte wird sich als ganz bedeutender Meilenstein zur Wiederherstellung der neutestamentlichen, herrlichen Gemeinde erweisen.“
Mit diesen Zitaten, die einen ersten Eindruck von „Geistlicher Kriegsführung“ geben, habe ich gleichzeitig einige der wichtigsten, auch in Deutschland durch Bücher, Konferenzen und Vorträge bekannten Vertreter dieser Praxis vorgestellt.
C.P. Wagner ist sicher der Pionier und Prophet dieser relativ jungen Theorie und Praxis. Er ist einer der beiden Väter der „Dritten Welle“ und der führende Kopf der Gemeindewachstums-Bewegung. Als Mitglied des internationalen Lausanner Komitees und Koordinator von „A.D. 2000“ hat Wagner beste internationale Beziehungen und hält in aller Welt Konferenzen ab, um sein Anliegen „Geistliche Kriegsführung“, das er als das „Programm des Heiligen Geistes für die 90er Jahre“ bezeichnet, bekannt zu machen. In deutscher Sprache sind bisher vier Bücher von ihm erschienen, die dieses Thema behandeln, weitere Bücher sind in Vorbereitung. Wagner berichtet, daß er 1985 zum ersten Mal durch den argentinischen Pastor Omar Cabrera „Geistliche Kriegsführung“ kennenlernte und daß dieses Thema auf dem Kongreß Lausanne II in Manila 1989 durch fünf Workshops zum Thema „territoriale Mächte“ Schlüsselleuten in aller Welt bekannt wurde. Männer wie Jack Hayford, Yonggi Cho, Omar Cabrera, Edgardo Silvoso, Tom White und auch C.P.Wagner selbst hätten in ihren Vorträgen dieses Thema behandelt. Wagner schreibt in Erinnerung an diesen Kongreß:
„Das Interesse an diesen Workshops übertraf unsere Erwartungen, und bevor wir Manila verließen, wurde in mir der Eindruck immer stärker, daß Gott mich berufen hatte, auf diesem Gebiet weitere Forschungsarbeit zu treiben.“
1990 fand in Pasadena/Kalifornien ein Treffen von Männern und Frauen statt, die bereits Erfahrung mit „Geistlicher Kriegsführung“ besaßen. Wagner war Koordinator dieses Treffens, an welchem Larry Lea, John Dawson, Jack Hayford, Charles Kraft und andere teilnahmen. Ein Jahr später war C.P. Wagner Hauptredner auf dem ersten Nürnberger Gemeindekongreß, wo er „Geistliche Kriegsführung“ erstmals in Deutschland einer breiten Öffentlichkeit vorstellte und bekannt machte. Dort kündigte er als Koordinator von „A.D. 2000“ auch den „Tag, der die Welt verändert“, den 25.6.1994, an, an welchem in Verbindung mit Jesus-Märschen in aller Welt die satanischen Mächte gebunden und aus den himmlischen Örtern vertrieben werden sollten. Interessant ist, daß Wagner berichtet, daß zwei Romane einen wesentlichen Beitrag dazu geliefert haben, „Geistliche Kriegsführung“ vielen Christen bekannt zu machen:
„Zweifelsohne waren die beiden Romane von Frank E. Peretti ‚Die Finsternis der Welt‘ und ‚Licht in der Finsternis‘, der wichtigste Faktor, der unter amerikanischen Christen das große Interesse an der Thematik der strategischen geistlichen Kampfführung entflammen ließ.“
Inzwischen gibt es eine Anzahl Bücher in deutscher Sprache, die das Thema „Geistliche Kriegsführung“ behandeln und es ist erstaunlich, wie diese Theorien in kurzer Zeit sehr bekannt wurden. Durch Missionswerke wie z.B. „Jugend mit einer Mission“, „Operation Mobilisation“, „Campus für Christus“ und vor allem durch „Jesus-Marsch e.V.“ und „Fürbitte für Deutschland“ ist „Geistliche Kriegsführung“ eine Methode geworden, die nicht nur von Charismatikern, sondern auch von vielen Evangelikalen praktiziert wird. Interessant ist, daß ausgerechnet zwei bekannte Charismatiker aus Deutschland in ihren Büchern Stellung gegen diese Methode bezogen haben. Peter Kierner vom Charismatischen Zentrum München schrieb bereits 1991 das Buch „Engel des Lichts im 20. Jahrhundert – Gedanken zu biblischem Befreiungsdienst und geistlicher Kriegsführung“.
Im Frühjahr 1994 erschien das Buch von dem Hamburger Pastor Wolfram Kopfermann: „Macht ohne Auftrag – Warum ich mich nicht an der ‚geistlichen Kriegsführung‘ beteilige“.
Beide Autoren warnen ausdrücklich vor diesen Praktiken, stellen sie als biblisch unhaltbar dar und bezeichnen sie als ein „Krankheitsphänomen“ (so W. Kopfermann) der Charismatischen Bewegung. Kopfermann beendet seine Untersuchung mit folgenden unmißverständlichen Worten:
„Ich wünsche mir … daß viele Leser sich nach der Lektüre dieses Buches von der ‚Geistlichen Kriegsführung‘ verabschieden.“
Bezeichnend ist, daß von evangelikaler Seite bisher kaum eine warnende Stimme laut wurde, was beweist, daß man entweder aus Desinteresse oder Gleichgültigkeit die neuen geistlichen Strömungen nicht zur Kenntnis nimmt, oder aber gedankenlos alle neuen Modeerscheinungen akzeptiert.
Die Lehre von der „Geistlichen Kriegsführung“
1. „Territoriale Mächte bzw. Geister“
Auf den folgenden Seiten möchte ich zunächst kurz die Theorien über „Geistliche Kriegsführung“ darstellen, wie sie von den bekannten Führern dieser Bewegung gepredigt und publiziert werden. Eine Beurteilung dieser Lehren wird später erfolgen.
C.P. Wagner zitiert in seinem Buch „Der Kampf mit satanischen Engeln“ den Professor für Mission, Timothy M. Warner, der folgendes erklärt hat:
„Ich bin zu der Überzeugung gelangt, daß Satan tatsächlich jede geopolitische Einheit der Welt einem Dämon oder einem ganzen Korps von Dämonen überträgt und daß diese Dämonen zu den Gewalten und Mächten gehören, gegen die wir kämpfen.“
Möglicherweise ist der Begriff „territoriale Mächte“ ebenso wie „Dritte Welle“ eine Wortschöpfung C.P. Wagners. Satan wird als oberster General der Mächte der Finsternis bezeichnet, der sozusagen die Spitze der Pyramide einer hierarchischen Struktur von bösen Geistern bildet. Darunter befinden sich die „Herren“ und „Fürsten“, die über eine gewisse Unabhängigkeit verfügen und denen die „Mächte“ unterstellt sind, „möglicherweise in größerer Zahl und etwas weniger unabhängig und machtvoll“ wie die „Fürsten“. Im Rang „untergeordneter Offiziere“ werden die „Herrscher der Finsternis“ gesehen und die unterste Stufe bilden die „bösen Geister und Dämonen“. Als Beleg für diese Rangordnung zitiert man gewöhnlich Eph. 6,12:
„Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt.“
2. Zuteilung von geographischen Gebieten
C.P. Wagner und seine Schüler stellen die Hypothese auf, daß innerhalb der satanischen Hierarchie Gebiete auf- und zugeteilt werden. Daher spricht man von „territorialen Dämonen“.
„Satan delegiert die Kontrolle über Nationen, Regierungen, Städte, Stämme, Völkergruppen, Wohnviertel und auch wichtige soziale Netze überall in der ganzen Welt an hochrangige Glieder der Hierarchie der bösen Geister.“
Diese Hypothese hat dazu geführt, daß viele Charismatiker davon überzeugt sind, daß für jedes Haus, jedes Kirchengebäude, jede Straße, Stadt, Bezirk und Nation territoriale Dämonen verschiedener Rangordnung zuständig sind. Daneben ist man der Überzeugung, daß andere Dämonen jeweils für Medien, Ideologien, falsche Lehren usw. zuständig sind. So erwähnt C.P. Wagner z.B. den ehemaligen US-Innenminister James Watt, welcher meint, daß „dem Weißen Haus ganz bestimmte finstere Engel zugewiesen sind. Welche Auswirkungen solche Einsichten für die soziale Gerechtigkeit, den Frieden und die Rechtssprechung, sowie auf die Evangelisation haben könnten, liegt auf der Hand.“
Als biblischer Beleg für diese Hypothese wird Daniel 10 zitiert, wo die Rede ist von dem „Fürst des Königreichs Persien“ und dem „Fürst des Königreichs Griechenland“ (Dan. 10, 13.20), die beide mit den Engeln Gottes im Kampf standen. Alle anderen Bibelstellen, die zitiert werden (5. Mose 32,8; Ps. 18, 29-43; Luk. 11,21-22 usw.), sagen nichts über „territoriale Dämonen“ aus.
3. Die Geister identifizieren
Um wirksam gegen die dämonischen Mächte kämpfen zu können, wird empfohlen, durch Gebet und Fasten zunächst einmal die Aufgaben und Namen der zuständigen Dämonen zu erfahren, um sie dann unschädlich machen zu können. Wagner führt dazu aus:
„Viele, die im Befreiungsdienst stehen, forschen zunächst nach den Namen der Dämonen und treiben sie dann persönlich im Namen Jesu aus. Als Jesus dem dämonisierten Gadarener zur Hilfe kam, fragte Er nach dem Namen des Geistes und fand heraus, daß er Legion hieß (siehe Mk. 5,9). Wenn diese Methode bei Dämonen angewandt wird, die einzelne Menschen quälen, dann könnte es berechtigt sein, dieselbe Vorgehensweise auch bei territorialen Geistern anzuwenden.“
An anderer Stelle schreibt Wagner:
„Ich habe bei einigen meiner Freunde, die einen vollmächtigen Befreiungsdienst haben, ein Muster festgestellt, nach dem sie oft vorgehen. Wenn sie beginnen, dann provozieren sie die Dämonen oft dazu, mit ihnen zu sprechen, weil sie deren Namen und Wirkungsweise herausbekommen wollen. Sie sind der Meinung, daß sie im Verlauf dieses offenen Aufeinandertreffens sicherer sagen können, ob sie den Kampf gewinnen und wann der Dämon tatsächlich gewichen ist.“
Von Rita Cabezas wird berichtet, ihr sei aufgrund von „Worten der Erkenntnis“ offenbart worden, daß „unter Satan sechs Weltmächte stehen, die Damian, Asmodeo, Menguelesh, Aros, Beelzebub und Nosferasteus heißen“. Diesen Mächten würden dann jeweils sechs weitere Herrscher unterstehen, die als Oktett über eine Nation herrschen. Jeder einzelne dieser Herrscher wäre dann für bestimmte Aktionsbereiche verantwortlich. So sei der für USA zuständige Herrscher „Anoritho“ z.B. für Ehebruch, Trunkenheit, Unzucht, Freßsucht, Gier, Homosexualität, Lesbianismus, Prostitution, Verführung, Sex und Laster zuständig. Don Sherman von „Jugend mit einer Mission“ sagt:
„Gott zeigt uns den einzelnen Geist, damit unsere Gebete genau sein können. Danach können wir die Macht dieser Geister im Namen Jesu brechen und dafür beten, daß der Heilige Geist kommt und die Situation heilt.“
Ed Murphy, der Vizepräsident und Direktor von „International Ministry Team of Overseas Crusades“ ist der Überzeugung, daß erfahrene Seelsorger in der Lage sind, Dämonen zu zwingen, die Wahrheit zu sagen:
„Wer Erfahrung im Befreiungsdienst hat, kann böse Geister dazu zwingen, die Wahrheit zu sagen. Ich tue dies immer. Damit soll nicht gesagt werden, daß es weise ist, lange Gespräche zu führen. Wir fordern von ihnen nur die Informationen, die wir brauchen, um mit der Befreiung fortzufahren. Danach treiben wir sie aus an den Ort, wo Jesus sie hinschickt.“
Der Schwede Kjell Sjöberg, der zehn Jahre lang Leiter der „Fürbitte für Schweden“ war und seit 1983 in vielen Ländern unterwegs ist, um über Gebet und geistliche Kriegsführung zu lehren, ist der Überzeugung, daß es heute Menschen gibt, welche die Gabe der „geistlichen Spionage“ haben, einen „Jagdinstinkt“, der es ihnen ermöglicht, die Machenschaften des Feindes aufzuspüren und das Böse zu lokalisieren.
„In Brüssel verbrachten wir die ganze Konferenz in diesem Prozeß der Identifizierung. Wir suchten in der Stille vor dem Herrn, um herauszufinden, welche Mächte über Brüssel herrschen. Die Anwesenden schrieben Bibelverse, Visionen und Bilder und prophetische Worte auf. Als wir alle diese Informationen zusammentrugen, bekamen wir ein klares Bild von zwei feindlichen Mächten, gegen die wir zu kämpfen hatten: Mammon und die Hure, Materialismus und Sittenlosigkeit. Es geschah ‚zufällig‘, daß wir für jedes Gebiet, das wir im Gebet anzugreifen hatten, sieben Zeugnisse und Bestätigungen hatten, die alle übereinstimmten.“
4. Autorität gebrauchen
Weiter wird gelehrt, daß es nun auf die Initiative der Christen ankommt, ob Befreiung geschieht. Einige Männer wie Hartwig Henkel und Wolfhard Margies gehen sogar soweit zu sagen, daß der Himmel auf die Initiative der Erde angewiesen und Gott in seiner Allmacht eingeschränkt ist:
„Wie uns in Daniel 10 beschrieben wird, haben Satans Engelfürsten über einem Land die Kraft, einem geplanten Dienst Gottes auf der Erde zu widerstehen und ihn aufzuhalten. Das Gebet und Fasten Daniels war der entscheidende Faktor! Der Himmel ist auf die Initiative der Erde angewiesen! Die Entscheidung von Menschen wird vom Himmel anerkannt und vollzogen! (Matth. 18,18) Gottes Kraft hat also nicht wegen seiner Allmacht automatisch Freiheit, auf der Erde zu wirken, wie er will. Welch eine Beraubung und Lähmung hat doch seit Jahrhunderten am Leib Christi stattgefunden wegen dieser Lehre von der Souveränität Gottes! Der Geist des Kommunismus z.B. hat trotz seiner Irrationalität und Inkonsequenz einen solchen Siegeszug feiern und Millionen von Menschen knechten können, weil der Leib Christi seine Autorität nicht verstanden und genutzt hat… Nur wenige Jahre Gebetskampf brauchte es, bis ein mehr als europaweiter Zusammenbruch des Kommunismus übernatürlich erreicht wurde.“
Larry Lea, den C.P. Wagner seinen „guten Freund“ nennt und ihn zu den „erfahrendsten Kämpfern in Amerika“ zählt, ist inzwischen durch seine Vorträge und Bücher auch im deutschsprachigen Raum bekannt geworden. Lea gibt den bereits schon zitierten Ratschlag:
„Gib dich nicht damit zufrieden, den Starken zu binden und dann einfach wegzugehen. Nimm Autorität über ihn… Um Menschen geht es uns hier überhaupt nicht, sondern um geistliche Kampfführung. Es geht uns hier um den Nahkampf gegen unsere geistlichen Feinde: den Teufel und seine Dämonen. Es geht uns darum, Autorität über böse Geister, Beherrscher der Finsternis, Gewalten und über die Starken zu nehmen, die dir alles Gute zu rauben versuchen, das Gott dir zugedacht hat.“
Die Grundlage für unsere angebliche Autorität über den Teufel sieht Larry Lea in seiner völlig unbiblischen Lehre über den „Blutaustausch“. Er empfiehlt seinen Lesern folgendes Gebet:
„Ich möchte, daß dein Blut durch mein Leben strömt und meine ganze alte genetische Struktur, alle meine früheren Sünden, meine bisherigen Krankheiten und meine ganze ‚alte Natur‘ reinigt. Ich möchte eine hundertprozentige Blutübertragung. Ich möchte, daß dein Blut durch meine Adern fließt. Ich möchte, daß mein Herz so wird wie dein Herz und dein Lebensblut durch mich pulsiert.“
„Nachdem du einmal dein adamitisches Blut durch einen Akt deines Willens und deines Glaubens gegen das Blut Jesu ausgetauscht hast, ist das Eigentumsrecht für dein Leben auf Jesus übertragen worden.“
„Das Blut gibt dir den geistlichen ‚genetischen Code‘, der dich zum Kämpfer Gottes werden läßt, der die Macht hat, den Feind zu besiegen und Frieden und Freiheit zu erleben!“
Hartwig Henkel lehrt ebenso wie Wolfhard Margies und andere Männer der „Wort-des-Glaubens“-Bewegung, daß unsere Autorität über Satan in dem „geistigen Tod“ Jesu begründet ist. Diese von E.W. Kenyon und K. Hagin zuerst entwickelte „Identifikationslehre“ besagt, daß Jesus angeblich nicht nur körperlich, sondern auch geistlich gestorben ist und der Geist Jesu nach seinem leiblichen Tod drei Tage lang im Hades von Dämonen gequält wurde und schließlich dem Satan ein Opfer gebracht, oder einen Preis für unsere Erlösung bezahlt hat.
„Diese gewaltige Kraft Gottes war notwendig, als Jesus von den Toten zurückgeholt werden sollte, weil Jesus nach dem Kreuzestod im Geist als Gefangener Satans in dessen Machtbereich war, als unser Stellvertreter.“
„Erst am Kreuz gab sich Jesus freiwillig in die Hand des Teufels… nach dem physischen Tode wurde Jesus im Geist in die Gewalt der Finsternis gebracht.“
Henkel spricht dann von der „geistlichen Erneuerung“, die Jesus bei der Auferweckung aus den Toten erfahren habe, andere Autoren reden davon, daß Jesus „in den Tiefen der Hölle wiedergeboren“ wurde und E.W. Kenyon scheut sich nicht zu sagen:
„Er (Jesus) ging in die Hölle als ein von Dämonen besessener, sterblicher Mensch und entstieg ihr als ein Wiedergeborener und Auferweckter.“
Auch W. Margies sieht in diesem „geistlichen Tod“ Jesu die Ursache für unsere Autorität über den Feind:
„Er (Jesus) war… für drei Tage unter der Herrschaft des Teufels, die er in all ihrer Grausamkeit, Bosheit und Demütigung ertragen mußte. Weil er nun diese Herrschaft ertragen hat, deswegen hat er uns in Gestalt dieses Preises die Autorität erworben, ab jetzt über den Teufel herrschen zu können.“
So kommt Margies in Anlehnung an Lukas 10,19 zu der Schlußfolgerung:
„Wir sind dem Satan und seinem Reich überlegen. Es ist nicht nur so, daß wir vor seinen Attacken geschützt sind, vielmehr haben wir aktive Vollmacht über ihn.“
Diese vermeintliche Vollmacht wird dazu eingesetzt, Satan und seine Dämonen zu „binden“.
„Der Kampf gegen geistlich-satanische Formationen in der Sphäre von Kulturen und Weltanschauungen, der eigentlich eine Auseinandersetzung mit Wahrheiten und Gedanken ist, obliegt völlig der Gemeinde Jesu und wird nicht für uns von Gott oder irgendeiner anderen göttlichen Instanz übernommen. Wenn wir nicht kämpfen, bleiben Positionen, die uns eigentlich gehören, dem Feind überlassen. Der Himmel tut, was wir tun, befehlen oder durch göttliche Kampfesführung bewirken, und nicht umgekehrt… Die Willensentscheidung wird zuerst auf der Erde von uns formuliert und vollzogen, und der Himmel zieht nach!“
5. Den Sieg des Herrn proklamieren und die Salbung freisetzen
In der Annahme, daß durch „offensives Gebet“ die Dämonen über Städte und Länder vertrieben oder gebunden worden sind, sind die Gebetskämpfer überzeugt, daß erst jetzt eine Freiheit und Offenheit für das Evangelium entsteht.
„Nachdem wir also den Gebetskampf ausgetragen haben, ist es das Normale, um die Ausgießung des Heiligen Geistes zu beten. Das Herrschen der bösen Geister muß durch das Herrschen der Heiligen abgelöst werden. Nachdem wir gegen den Starken Krieg geführt haben, beten wir, daß starke christliche Leiterschaft entsteht und den leergewordenen Platz einnimmt. Nachdem wir die Stellungen und Befestigungen des Feindes niedergerissen und zerstört haben, kommt die Zeit zu bauen und zu pflanzen.“
Mit dieser „geistlichen Landeinnahme“ ist bei vielen Männern der geistlichen Kriegsführung die Überzeugung verbunden, daß sie in der Lage sind, den Segen Gottes, oder sogar den Geist Gottes „freizusetzen“:
„Wir mobilisieren die Armee Gottes zum Kampf. Wir machen uns eins mit dem Herrn und seinen Engeln in einem koordinierten Angriff gegen die geistlichen Mächte, die die Völker gefangen halten. Dann, in der Autorität der völligen Einmütigkeit in dem Herrn (Matth. 18,18-20), werden wir den Segen Gottes über Europa freisetzen… Gott setzt jetzt Menschen, Geldmittel, Kraft und Weisheit frei, um ganze Städte für das Reich Gottes einzunehmen.“
Kjell Sjöberg hat in seinem Buch auch den Wortlaut seiner Proklamation in Bonn veröffentlicht:
„Der Herr hat verheißen, daß er einen Geist der Gnade und der Fürbitte ausgießen wird (Sach. 12,10). Diesen Geist des Gebets, der bereits über die Gruppen der messianischen Juden in Israel gekommen ist, setzte ich jetzt über das Volk Gottes in Deutschland frei. . . Ein Geist des Gebets über Deutschland führt dahin, daß Altäre des Gebets in den Städten entstehen, wo Christen in Einigkeit sich treffen und für ihre Stadt beten können. . . Der Herr brüllt wie ein Löwe. Warum brüllst du wie ein Löwe, Herr? Mein Geist brüllt um die Salbung Elias, daß sie ausgegossen wird auf Männer und Frauen in der Endzeit. Die Zeit ist für euch gekommen, im Geist und in der Kraft des Elias zu beten, und euch zusammenzutun, um den Weg für die Wiederkunft Jesu vorzubereiten. . . . Ich erkläre, daß die Zeit für euch gekommen ist, eure Plätze an Jesu Seite einzunehmen und mit ihm zu herrschen.“
Was lehrt die Bibel?
1. Werden in der Bibel „territoriale“ Dämonen erwähnt?
Ohne Frage wird aus Daniel 10 deutlich, daß es satanische Engel gibt, die für einen bestimmten Bereich zuständig sind. Diese gefallenen Engel werden „Fürst von Persien“ und „Fürst von Griechenland“ (Dan. 10,20) genannt. Im NT gibt es eine Anzahl Bibelstellen, in denen die Rede von „Engeln“, „Mächten“, „Gewalten“ und „Fürstentümern“ ist (vgl. Rö. 8,38; 1. Kor. 6,3; 15,24; Eph. 1,21; 3,10; 6,12; Kol. 1,16; 2,10). Einige dieser Verse reden von guten, andere auch von gefallenen Engeln. Manche dieser Stellen reden davon, daß Christus Herr ist über alle Fürstentümer und Gewalten und lassen offen, ob es sich um gute oder böse Engel und Fürstentümer handelt. Einzig aus Dan. 10 und evtl. Judas 9 können wir entnehmen, daß es Engel gibt, die für besondere Völker oder Territorien zuständig sind. Einzelheiten über diese Fürstentümer und Gewalten gibt uns die Bibel nicht bekannt. Doch gibt es Anzeichen dafür, daß es im Judentum zur Zeit der Apostel Gruppen gab, die besondere Lehren über Engel entwickelt hatten, von denen einige Christen negativ beeinflußt wurden (siehe Kol. 2,18). An keiner Stelle im NT werden Informationen über „territoriale“ Engel weitergegeben. Da, wo Gottes Wort gar keine oder keine konkreten Aussagen macht, sollten wir uns hüten, Lehren und Auffassungen zu entwickeln, die über das hinausgehen, was in der Bibel eindeutig geoffenbart ist. Man kann Wolfram Kopfermann nur zustimmen, wenn er zu dem Ergebnis kommt:
„In der Heiligen Schrift finden sich zwar Ansätze für die von C. Peter Wagner und anderen vertretene Lehre von territorialen Mächten. Diese Ansätze wurden dann aber von den Vertretern der Geistlichen Kriegsführung spekulativ ausgeweitet. Bereits darin liegt eine Gefährdung des evangelischen Schriftprinzips, weil eine solche Ausweitung nur mittels subjektiver Eindrücke möglich ist.“
2. Gibt es Anweisungen in der Bibel, Dämonen zu identifizieren und anzugreifen?
Ich habe keine einzige Stelle in der Bibel gefunden, die eine Aufforderung enthält, Namen von Dämonen zu erforschen und diese Dämonen zu attackieren.
Im Leben unseres Herrn gibt es eine Begebenheit, wo er den Namen eines Dämons erfragt (Luk. 8,30). Doch nirgends finden wir einen Befehl des Herrn oder der Apostel, in solcher Weise mit Dämonen umzugehen.
Die Apostel trieben Dämonen aus, doch diese Austreibungen waren Reaktionen auf satanische Angriffe oder Herausforderungen und niemals umgekehrt (vgl. Ap. 16, 16-18).
So ist auch die von den „Gebetskämpfern“ vielzitierte Stelle Eph. 6, 10-20 zu verstehen. Dort geht es um „widerstehen“ (Vers 13), „stehen“ (Vers 14), um das „auslöschen feuriger Pfeile“ (Vers 16). Alle aufgezählten Waffen werden als Verteidigungswaffen beschrieben. Es geht um Wahrheit, Gerechtigkeit, Glauben, eine evangelistische Lebenshaltung, Bibelkenntnis und Fürbitte. Nirgendwo ist hier die Rede vom „attackierenden Gebet“.
Die „Gebetskrieger“ benutzen Begriffe aus diesem Abschnitt, füllen sie willkürlich mit einem anderen Inhalt und entwickeln eine Lehre und Praxis, die im Gegensatz zu den Aussagen von Eph. 6,10-12 stehen.
Auch die Verse in 2. Kor. 10,3-6, wo Paulus von den gottgemäßen Waffen zur „Zerstörung von Festungen“ redet, geht es um eine Reaktion auf Lehren und Praktiken, die von „falschen Aposteln“ (2. Kor. 11,13) verbreitet wurden. Diesen „Superaposteln“ (2. Kor. 11,5) , deren Charakter Paulus in den weiteren Versen und Kapiteln beschreibt, stellt sich Paulus entgegen und entlarvt sie als machthungrige, skrupellose und geldgierige Betrüger.
2. Kor. 10 und 11 sind daher Belege dafür, daß unser geistlicher Kampf u.a. darin besteht, falschen Lehrern und Aposteln mit dem Wort Gottes entgegenzutreten und ihre falschen Lehren und Praktiken zu entlarven.
3. Haben wir Autorität über den Teufel?
Aufgrund der Worte Jesu an die Jünger „Siehe, ich gebe euch die Gewalt, auf Schlangen und Skorpione zu treten, und über die ganze Macht des Feindes, und nichts soll euch irgendwie beschädigen“ (Luk. 10,19) folgern viele Gebetskämpfer, daß wir als Christen heute in gleicher Weise Autorität über den Teufel ausüben können.
So schreibt Wolfhard Margies: „Wir sind dem Satan und seinem Reich überlegen… wir haben aktive Vollmacht über ihn.“ 47
Doch wer berechtigt uns, eine zeitlich begrenzte, ausdrücklich an die Apostel oder an die 70 Jünger gerichtete Verheißung nahtlos auf uns zu beziehen? Die Geschichte der Apostel zeigt, daß sich die Verheißung von Luk. 10,19 offensichtlich nicht uneingeschränkt auf die Zeit nach der Kreuzigung des Messias anwenden läßt. Der Apostel Paulus wurde von Satan gehindert, die Thessalonicher zu besuchen.
„Deshalb wollten wir zu euch kommen, (ich, Paulus, nämlich) einmal und zweimal, und der Satan hat uns verhindert.“ (1. Thess. 2,18)
Paulus mußte als Verkündiger des Evangeliums fliehen, er wurde versteckt, verhaftet, ausgepeitscht und forderte Timotheus auf, mit dem Evangelium „Trübsal“ zu leiden. (2. Tim. 4,5)
Allen, die gottselig leben wollen, verheißt Gottes Wort Verfolgung. (2. Tim. 3,12) Der Apostel Jakobus wurde von Herodes getötet. Stephanus wurde gesteinigt. Fehlte diesen Männern Gottes Einsicht in „Geistliche Kriegsführung“?
Im Gegensatz zu den Gebetskämpfern lehrt das NT, daß Satan der „Gott dieser Welt“ ist (2. Kor. 4,4) und das die „ganze Welt in dem Bösen liegt“. (1. Joh. 5,19)
Während Gebetskämpfer wie Annacondia und Cabrera Satan öffentlich verfluchen, wagte der Erzengel Michael kein „lästerndes Urteil“ über den Teufel zu fällen. (Judas 9) Satan hat sicherlich keine uneingeschränkte Autorität, aber Gott läßt es zu, daß der Teufel einige Christen aus Smyrna ins Gefängnis wirft. (Offb. 2,10)
Die Zeit, in welcher die Macht Satans endgültig gebrochen wird, liegt noch vor uns:
„Der Gott des Friedens wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten.“ (Röm. 16, 20)
In Offb. 20, 1-3 lesen wir, daß Satan vor Beginn des Tausendjährigen Reiches von einem Engel gebunden und für tausend Jahre in den Abgrund geworfen wird. Nach dieser Zeit wird er für eine kurze Zeit noch einmal die Menschen verführen können, bis er endgültig sein Gericht im Feuer- und Schwefelsee finden wird. (Offb. 20,7-10) Wenn wir uns einbilden, Vollmacht über den Teufel zu haben, erliegen wir einer tragischen Selbsttäuschung. Die Bibel und auch der Lebensalltag von Charismatikern zeigt, daß wir diese Vollmacht eben nicht haben und es wäre besser, diesen Tatbestand demütig anzuerkennen und „stark in der Gnade“ (2. Tim. 2,1) zu sein, als derart unnüchtern auf vermeintliche Autorität zu pochen.
4. Können wir Satan und seine Dämonen binden?
Die Vorstellung, daß wir Satan und seine Dämonen binden können, entbehrt jeder biblischen Grundlage. Selbst C.P. Wagner gibt zu:
„Aber was geschieht dann, wenn heutzutage Christen „Satan, ich binde dich“ befehlen? Wahrscheinlich nicht so viel, wie wir gerne hätten. Satan wird irgendwann in der Zukunft für 1000 Jahre gebunden werden, aber in Offb. 20, 1-2 steht, daß dies ein Engel tun wird. Von einem Menschen ist nicht die Rede.“
Dann aber kommt Wagner zu einer eigenartigen und für ihn typischen Folgerung:
„Auf der anderen Seite mag es ganz nützlich sein, wenn man „Ich binde dich, Satan!“ sagt, denn damit versichert man sich selbst und auch anderen auf unmißverständliche Weise, daß wir den Teufel nicht dulden, und daß wir ihn so weit wie irgendwie möglich lahmlegen.“
Auch hier wird deutlich, wie tragisch sich ein leichtfertiger Umgang mit der Heiligen Schrift auswirkt. Soll es einen psychologischen Effekt haben, wenn Christen sagen: „Satan, ich binde dich!“ – obwohl sie gleichzeitig wissen, daß dieser Befehl in den Wind geredet ist?
Um diese Praktiken biblisch zu rechtfertigen, beruft man sich immer wieder auf die Verheißung in Matth. 18,18:
„Wahrlich, ich sage euch: Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein.“
Doch diese Stelle steht eindeutig im Zusammenhang mit Gemeindezucht, wobei „binden“ bedeutet, an Sünde gebunden sein und Ausschluß aus der Gemeinde zur Folge hat und „lösen“ Vergebung, Befreiung und Wiederaufnahme in die Gemeinschaft beinhaltet. Davon zu reden, daß „der Himmel tut, was wir tun, befehlen oder durch göttliche Kampfführung bewirken“, stellt die Dinge auf den Kopf und zeigt, zu welch einer Anmaßung und Vermessenheit ein solches Denken führt.
Alle Autorität zum Binden und zum Lösen hängt damit zusammen, daß Christen „im Namen Jesu“ (Matth. 18,20) versammelt sind. Nur das, was dem Willen Gottes entspricht und daher im Namen Jesu getan wird, erfährt die Zustimmung und Anerkennung des Himmels. Gott wird sich niemals zu unbiblischen Aktionen und Beschlüssen bekennen, weil er sich nicht zum Diener der Ungerechtigkeit und Sünde machen kann.
Während der Jahrhunderte, in denen der Vatikan eine solche falsche Auffassung gelehrt und praktiziert hat, haben aufrichtige Protestanten diese Anmaßung oft unter Lebensgefahr gebrandmarkt. Es ist tragisch, daß dieser römische Sauerteig nun auch in evangelikale Kreise eindringt.
Schließlich sollte die Alltagswirklichkeit jeden aufrichtigen Gebetskämpfer davon überzeugen, daß irgend etwas an der Geistlichen Kriegsführung nicht stimmt. Tatsache ist, daß allem tausendfachen „Binden“ von territorialen Dämonen zum Trotz Unmoral, Krieg und Zerstörung weltweit zunimmt.
Auch nach dem 25.6.94, „dem Tag, der die Welt verändert“ (Jesus-Märsche in aller Welt), hat Korruption, Prostitution und Unmoral entgegen allen Prognosen der Gebetskämpfer in keiner Weise abgenommen. Im Gegenteil, der weltweite Abfall von biblischen Maßstäben wird weiter rapide zunehmen. Wir steuern nicht auf eine weltweite geistliche Erweckung, sondern auf einen weltweiten Abfall vom biblischen Christentum zu.
5. War Jesus nach seinem Tod auf Golgatha drei Tage unter der Herrschaft des Teufels?
Einige der Gebetskämpfer, die von der „Wort-des-Glaubens“-Bewegung geprägt sind, lehren, daß wir durch die angebliche Gefangenschaft Jesu unter der Macht Satans Autorität über den Teufel bekommen haben.
Diese Männer lehren, daß Jesus am Kreuz angeblich nur leiblich gestorben sei, der „geistliche Tod“ aber bereits vorher stattgefunden habe. Durch diesen „geistlichen Tod“ wäre Jesus in ein „dämonisches Wesen“ verwandelt worden und hätte die „Natur Satans“ angenommen. Daher habe die eigentliche Versöhnung oder der „Loskauf“ im Hades stattgefunden, in welchem „alle Dämonen der Hölle über ihn herfielen, um ihn zu vernichten“.
Dort sei dann dem Satan ein Lösegeld gezahlt worden, um die Rechtsansprüche des Teufels aufzuheben. Schließlich wurde Jesus angeblich „in den Tiefen der Hölle wiedergeboren“, damit wir die „Natur Gottes“ und damit auch Autorität über den Teufel bekommen können.
So schreibt z.B. Kenneth Hagin:
„Geistlicher Tod bedeutet, Satans Wesensart zu haben – genauso wie das Empfangen des Ewigen Lebens bedeutet, daß wir die Wesensart Gottes in uns haben.“
Auch W. Margies vertritt die Auffassung, daß die Erlösung mit dem Ruf Jesu „Es ist vollbracht!“ nicht abgeschlossen war:
„Er war, wie es das Schriftwort gemäß der Bedeutung der vom Heiligen Geist gewählten Worte bezeugt, für drei Tage unter der Herrschaft des Teufels, die er in all ihrer Grausamkeit, Bosheit und Demütigung ertragen mußte. Weil er nun diese Herrschaft ertragen hat, deswegen hat er uns in Gestalt dieses Preises die Autorität erworben, ab jetzt über den Teufel herrschen zu können.“
Diese sog. „Identifikationslehre“ ist sicher die schwerwiegendste Irrlehre, die in einigen Kreisen der Charismatischen Bewegung verbreitet wird. Gott sei Dank ist dieser Lehre auch innerhalb der Charismatischen Bewegung deutlich widersprochen worden (siehe D.R. McConnell: „Ein anderes Evangelium?“, Verlag C.M. Fliß).
Die letzten Worte Jesu am Kreuz: „Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist“ (Luk. 23,46) zeigen, daß die am Kreuz wegen unserer Sünden unterbrochene Gemeinschaft mit Gott nun wiederhergestellt war. Hätte Jesus – wie K. Hagin, K. Copeland, W. Margies, H. Henkel usw. behaupten – durch seinen angeblich „geistlichen Tod“ die „Natur Satans“ angenommen, um ein „dämonisches Wesen zu werden“, dann hätte er Gott niemals mit „Vater“ anreden können. Mit dem leiblichen Tod Jesu zerriß der Vorhang des Tempels, um symbolisch anzudeuten, daß der Weg zu Gott nun durch das sühnende Blut Jesu frei geworden war.
Folgende Verse machen deutlich, daß die Lehre von der „Versöhnung im Hades“ unbiblisch und häretisch ist:
„…denn auch Christus hat für euch gelitten… welcher selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat…“ (1. Petr. 2,21-24)
„Durch welchen Willen wir geheiligt sind durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi.“ (Hebr. 10,10)
„…denn es gefiel der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen – indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes…“ (Kol. 1,19-20)
„…wieviel mehr wird das Blut des Christus, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen.“(Hebr. 9,14)
„…in welchem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen…“(Eph. 1,7)
„Denn Gott ist einer, und einer Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst zum Lösegeld gab für alle…“(1. Tim. 2,5)
„…und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist; welchen Gott dargestellt hat zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben an sein Blut…“ (Röm. 3,24-25)
Nirgendwo im NT steht, daß dem Satan ein Lösegeld gezahlt wurde oder daß Jesus nach seinem Tod von Dämonen gequält worden wäre. Gott hat als gerechter Richter Jesus als unseren Stellvertreter gerichtet, der auch in den Stunden der Finsternis am Kreuz, wo er „zur Sünde gemacht“ (2. Kor. 5,21) wurde, in sich selbst rein und heilig blieb. Es bleibt für uns ein Geheimnis, daß der Herr Jesus auch in seinem sühnenden Leiden wahrer Mensch und wahrer Gott blieb. Diese Lehre, daß Jesus nach seinem „geistlichen Tod“ ein „dämonisches Wesen“, von „Dämonen gequält“ und in der Hölle wiedergeboren wurde, um uns die Natur Gottes geben zu können, kann nur von jedem aufrichtigen Christ zutiefst verabscheut werden. Zu welchen Auswüchsen die falschen Lehren führen können, zeigt ein Zitat von Kenneth Copeland:
„Sie haben nicht einen Gott, der in ihnen lebt, nein, Sie selbst sind einer!“
Casey Treat geht in seiner Fehleinschätzung noch weiter:
„…Wenn Gott in den Spiegel sieht, dann sieht er mich! Wenn ich in den Spiegel sehe, dann sehe ich Gott… und weil ich eine genaue Kopie Gottes bin, werde ich auch handeln wie Gott!“
Diese Zitate machen deutlich, wie schnell evangelikale Prediger – durch diese falschen Lehren beeinflußt – in die Nähe von Pantheisten und New-Age-Anhängern geraten können. Es ist die alte Lüge Satans: „Ihr werdet sein wie Gott!“, die den Menschen groß und Gott klein machen möchte.
Seelsorgerliche Aspekte
1. Die Praxis der Geistlichen Kriegsführung führt zu einer überheblichen Selbsteinschätzung
Die Zitate und Beispiele von Larry Lea, Wolfhard Margies, Berthold Becker usw. zeigen, daß die Praxis der Geistlichen Kriegsführung eine ungeistliche und unnüchterne Selbsteinschätzung zur Folge hat. Die eingebildete Überzeugung, daß der Himmel angeblich das tut, was wir hier auf der Erde befehlen und daß die politischen und moralischen Umstände durch solche Befehle und Kampfgebete verändert werden, läßt sehr schnell ein Machtgefühl und ein Bewußtsein von Stärke wachsen, das einem Nachfolger Jesu nur zum Schaden sein kann. Wolfram Kopfermann hat diese Gefahr sehr genau erkannt und beschrieben:
„Wer Geistliche Kriegsführung betreibt, verläßt den Ort der Abhängigkeit und Schwäche (2. Kor. 12!), den Gott seiner Kirche, ihren Leitern und Gliedern zugewiesen hat. Er verläßt ihn auch dann, wenn er subjektiv frei von Stolz ist, ja vorher durch eine Phase „geistlichen Zerbruchs“ gegangen ist.“
Peter Kierner kommt zu folgender Überlegung:
„Warum findet die Aufforderung zur Geistlichen Kriegsführung so viele Anhänger, obwohl kein Auftrag vorliegt? Ich glaube, die Beantwortung dieser Frage hängt sehr stark mit dem Machtstreben des menschlichen Herzens zusammen. Es war von Anfang an dieser fleischliche Trieb des Herrschen-Wollens im Menschen… Nachdem wiedergeborene Gotteskinder in der Schrift aufgefordert werden, zu lieben, bis hin zur Feindesliebe, wird dem Herzen der Nährboden zum Herrschen entzogen. Nun ist ein Vakuum für diesen alten fleischlichen Trieb entstanden. Leider ist der Drang zum Herrschen, dieses Machtstreben, in vielen Gotteskindern noch nicht gestorben. Er hat sich deshalb in den Bereich des Unsichtbaren verlagert. Da die Bibel den Satan und die Dämonen als Feinde des Menschen bezeichnet, konzentriert sich das Herrschen auf diesen Bereich. Jetzt fängt man an, dieses Vakuum wieder zu befriedigen oder zu stillen. Das ist meiner Erkenntnis entsprechend der Grund für Geistliche Kriegsführung. In Wirklichkeit ist es aber ‚ungeistlicher Zeitvertreib‘. Viele wollen über Dämonen herrschen und sind nicht einmal fähig, ihrer eigenen Frau treu zu bleiben.“
2. Die Praxis von Geistlicher Kriegsführung verschiebt die biblischen Orientierungspunkte
Im NT werden wir immer wieder aufgefordert, auf Jesus Christus zu sehen (Hebr. 12,2) und über das nachzudenken, was „droben“ ist. (Kol. 3,2) Die Orientierung auf unseren Herrn hin vermittelt uns nicht nur einen geistlichen Maßstab für eine gesunde Selbsteinschätzung, sondern ermöglicht auch eine biblische und nüchterne Beurteilung von menschlichen „Größen“ im Reich Gottes. Das Anschauen des Herrn und seiner Herrlichkeit (2. Kor. 3,18) macht uns Ihm ähnlicher und sorgt auch dafür, daß wir Satan und seine Mächte weder über- noch unterbewerten. Immer dann, wenn unser Interesse und unsere Blicke von unserem
Herrn Jesus weg auf andere Personen, Mächte oder Dinge gerichtet werden, verlieren wir geistliche Kraft und erliegen einem Betrug. Wir sollten den Teufel nicht dadurch ehren, daß wir ihm mehr Beachtung schenken, als unbedingt nötig ist.
3. Die Praxis der Geistlichen Kampfführung führt zu einer gefährlichen Fehleinschätzung Satans
Als charismatischer Insider hat Peter Kierner hierzu Ausführungen gemacht, die jeder Gebetskämpfer ernst nehmen sollte:
„Wir sollten uns hüten, den Feind als schwach, hilflos und kraftlos darzustellen. Ich muß immer wieder feststellen, wie Satan mit lächerlichen und lästerlichen Worten bedacht wird und Christen den Bogen ihrer Autorität gegen den Teufel bei weitem überspannen… Ich kann Gotteskindern nur raten, alle lästerlichen Worte gegen den Satan aus ihrem Vokabular zu streichen. Der Teufel ist keine Witzfigur, die wir lächerlich machen dürfen. Er ist kein Löwe im Käfig. Satan hat auch kein ‚Gummigebiß‘, und er ist kein Wurm, den wir einfach zertreten können.“
Die Geschichte der sieben Söhne des Hohenpriesters Skevas, die in einer Haltung der Selbstüberschätzung meinten, Dämonen austreiben zu können, sollte allen leichtfertigen Gebetskämpfern zu denken geben: Diese sieben Beschwörer wurden von dem bösen Geist überwältigt, „so daß sie nackt und verwundet aus jenem Haus entflohen.“ (Ap. 19,16) Ein ähnliches Bild geben heute manche ehemaligen Gebetskämpfer ab, die in ihrer Einbildung, Autorität über den Teufel ausüben zu können, für öffentliche Ärgernisse und Schlagzeilen in der Presse gesorgt haben. . . . .
Ausblick
Erstaunlicherweise gibt es völlig verschiedene Ergebnisse in bezug auf die Entwicklung der Evangelikalen und der Christenheit in den letzten Jahren.
C.P. Wagner und mit ihm viele Führer der Charismatischen Bewegung und der Dritten Welle sprechen von der „herrlichsten Zeit der Christenheit“, von der „größten Erweckung der Kirchengeschichte“, von der „besten Zeit mit Gott zu leben, die es je gegeben hat“. Andere können diese optimistische Sicht nicht teilen und sehen keinerlei Anlaß, in diese allgemeine Begeisterung miteinzustimmen.
Als Mose und Josua nach vierzig Tagen in der Gegenwart Gottes vom Berg Sinai hinunterstiegen, hörten sie das große Jubelgeschrei des Volkes Gottes unten im Tal. Der junge Josua schätzte dieses Jauchzen sehr positiv als Kriegsgeschrei ein. Der erfahrene Gottesmann Mose aber deutete diesen Lärm realistischer und erkannte den oberflächlichen Wechselgesang des Volkes, den sie beim Tanzen um das goldene Kalb angestimmt hatten.
Manche werden sich beim Überdenken der letzten Jahre schmerzlich an eine Stelle in Jeremia erinnern, wo dieser einsame, weinende Prophet kurz vor der Wegführung des Volkes in die babylonische Gefangenschaft den Zustand des Volkes Gottes kurz und treffend diagnostiziert:
„Entsetzliches und Schauderhaftes ist im Land geschehen: die Propheten weissagen falsch, und die Priester herrschen unter ihrer Leitung, und mein Volk liebt es so. Was werdet ihr aber tun am Ende von dem allen?“ (Jer. 5,30-31)
Wenn ich die Situation richtig einschätze, wird die röm.-kath. Kirche ihren Einfluß und ihre Macht mit Hilfe der meisten anderen christlichen Denominationen und vielleicht auch anderer Weltreligionen vergrößern. Wahrscheinlich werden viele Evangelikale an dieser Entwicklung teilhaben. Der einerseits sehr konservativ und orthodox auftretende und andererseits sehr liberale Marienverehrer Papst Johannes Paul II. sprach bereits davon, daß heute kaum noch ein Unterschied zwischen der Rechtfertigungslehre Luthers und der Rechtfertigungslehre der Katholischen Kirche bestünde und daß auch schon Überlegungen angestellt werden, „Ketzer“ wie z.B. den böhmischen Vorreformator Jan Hus, der 1415 in Konstanz verbrannt wurde, zu rehabilitieren. Mit solchen Verlautbarungen wird den Evangelikalen weiter Sand in die Augen gestreut und der Eindruck gefestigt, als habe sich der Katholizismus grundlegend verändert.
Extreme Charismatiker werden von einer Modeströmung in die andere fallen, um besondere „Geistausgießungen“ zu erleben und ihren Durst nach „geistlichen“ Erfahrungen zu stillen. Zur Zeit wird das „Trunkensein im Geist“ als besondere Segnung gepriesen, wo Leute im „Gottesdienst“ beginnen zu lachen, bis dahin, daß sie vor Lachen geschüttelt werden, auf den Boden fallen und über die Erde rollen, oder vor „Trunkenheit im Geist“ durch die Reihen torkeln. Das, was von dem Argentinier Claudio Freidzon auf der Pastorenkonferenz in der Berliner „Gemeinde auf dem Weg“ (Wolfhard Margies) und in der „Biblischen Glaubensgemeinde“ in Stuttgart (Peter Wenz) diesbezüglich in Szene gesetzt und als besondere „Salbung“ und Gegenwart Gottes bezeichnet wurde, war für mich das bisher Erschütterndste, was ich in der Charismatischen Bewegung beobachtet habe. Aber auch diese „Welle“ wird wahrscheinlich nur für eine Zeit die Leute begeistern, um für eine nächste „Welle“ Platz zu machen.
„Was werden wir tun… ?“
Die unbiblischen und gefährlichen Tendenzen in der Christenheit sollten allen, denen ein bibeltreues, erweckliches Christentum am Herzen liegt, nicht entmutigen oder lähmen, sondern eine Herausforderung sein, biblische Alternativen zu erkennen und zu praktizieren. Daher möchte ich die Themen dieses Buches noch einmal kurz aufgreifen und einige Gewissensfragen daran anknüpfen. . . . . . .
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