Katholizismus

Kurt E. Koch

Katholizismus

Eine theologische Behandlung dieses schwierigen Themas ist hier nicht geplant. Ausgangspunkt ist die biblische Orientierung, die Seelsorge und die persönliche Lebenserfahrung. Ein Konfessionalismus ist nicht die Basis für die Diskussion, obwohl ich von der Evangelischen Kirche und Theologie herkomme.

Positive Erfahrungen mit Katholiken

Meine großväterliche Linie auf Vaters Seite waren Katholiken. Diese Linie hat sogar einen bekannten Theologen in ihrer Reihe.

Mein erster Beichtvater war der katholische Schuldirektor, weil ich zu den evangelischen Pfarrern meiner Umgebung kein Vertrau­en hatte. Diesem gottesfürchtigen Mann habe ich alle meine Sünden bekannt, die mir vom Wort Gottes und vom Heiligen Geist aufgedeckt worden waren (1930). Manchmal habe ich auch die Maian­dachten der katholischen Kirche in Ettlingen besucht, weil dort eine ansprechende Verkündigung geboten wurde.

Während des Krieges freundete ich mich mit dem katholischen Priester Dr. Ubbelohde an. Wir kamen täglich zusammen, lasen das Neue Testament nach dem griechischen Grundtext und hatten dann kniend Gebetsgemeinschaft. Er war mir ein Bruder in Christo. Die durch eine Bekehrung und Wiedergeburt entstandene Zugehörigkeit zu Jesus Christus überspringt die konfessionellen Zäune.

Bei meinen Evangelisationen in der Nachkriegszeit hatte ich es oft mit gläubigen Katholiken zu tun. Zu meinen Vorträgen in der Heilandskirche in Graz kamen viele Katholiken. Eine Begegnung ist mir in lebendiger Erinnerung. Eine ältere Katholikin kam nach dem Vortrag mit mir ins Gespräch. Sie berichtete: „Jahrelang hatte ich viel Ärger mit einer aufsässigen Mieterin. Alle Hausgenossen litten unter ihrem frechen Mundwerk. Nach dem Mieterschutzge­setz konnte ich ihr nicht kündigen. So machte ich ein Gebetsanlie­gen daraus und lernte eine gute Lektion. Ich sagte dem Herrn Jesus: Es muß alles erst an dir vorbei, bevor es mich trifft. Dann ist dem Angriff schon die Härte abgenommen.” Diese Katholikin gab mit diesem Bekenntnis auch mir eine Lektion, der ich oft weltweite Angriffe, vor allem von boshaften Psychopathen und Querulanten zu ertragen habe.

Während der Niederschrift dieses Buches erlebte ich abermals eine gläubige Katholikin. Am Sonntag, dem 9. Oktober 1983, gestaltete Inge Brück einen Konzertabend in der Marienkirche in Neckarelz. Diese Veranstaltung in der überfüllten Kirche brachte großen Erfolg. Die Künstlerin gewann im Fluge die Herzen der großen Zuhörerschaft. Zum Thema „Leben helfen” sagte Inge Brück: „Wir können erst anderen helfen, wenn wir uns selbst von Gott haben helfen lassen.” Zwischen den einzelnen Chansons machte sie treffsichere Bemerkungen, z. B.: „Die Umweltver­schmutzung ist nur ein Ausdruck von dem, was in uns selbst vorgegangen ist.” Am meisten imponierte mir ihr Zeugnis, daß sie mit 36 Jahren erst den Weg zu Gott gefunden hat und nun seit zehn Jahren auf diesem Weg geht. Ihre gesamte Arbeit, das Showbusi­ness, hat dadurch eine grundlegende Wandlung erfahren. Als Bestätigung sang sie uns als ihr persönliches Bekenntnis: „Sage es Jesus, sage es ihm!” Mein Freund Friedrich Hänssler hat dieses Lied auf einer Schallplatte herausgebracht.

Eine positive Erfahrung mit einem gottesfürchtigen Katholiken ist der folgende Artikel eines Mannes, der um des Glaubens willen Front macht gegen tausendfachen Kindermord durch gesetzlich erlaubte Abtreibung. Er hat folgenden Wortlaut:

Nachdem sich die CDU-Führung vor und nach der Wahl geweigert hat, den Massenmord an Ungeborenen zu beenden, treten nun verstärkt glaubenstreue Katholiken aus Gewissensgrün­den aus der CDU aus. Einer von ihnen, Hans-Jürgen Abeler aus Trittau, der seit Jahren leidenschaftlich gegen die Abtreibung kämpft, begründete Bundeskanzler Kohl öffentlich seinen Austritt.

Das Schreiben von Abeler an Helmut Kohl hat folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Kohl! Als aufrichtiger Katholik, Vater von 8 Kindern, seit über 20 Jahren aktives Mitglied der CDU, erkläre ich hiermit öffentlich meinen Austritt aus der CDU. Sicher interessie­ren Sie die Gründe. Ich nannte sie Ihnen früher bereits. Ich kann es mit meinem Gewissen vor Gott nicht weiter verantworten, in und für eine Partei tätig zu sein, die es geschehen läßt, daß Arbeitgeber, Arbeitnehmer und jetzt auch Rentner gezwungen werden, durch den § 200 f RVO den Massenmord am ungeborenen Kinde im Mutterleib, täglich 500 Kinder, durch ihre Pflichtbeiträge zu finanzieren.

Ich kann es als aktiver Katholik mit meinem Gewissen vor Gott, dem alleinigen Herrn über Leben und Tod, der geboten hat ,Du sollst nicht töten`, nicht verantworten, in einer Partei zu sein, die sich christlich nennt und diesen Massenmord am ungeborenen Kind legal nennt und nichts dagegen unternimmt.

Ich kann mit meinem Gewissen vor Gott nicht weiter in einer Partei sein, die vor der Wahl die Familie entdeckt, und die nach der Wahl alles tut, die Familien, ja das Wesentliche einer Familie, das Kind, zu zerstören. Eine Partei, die einen Familienminister hat, der gegen das Leben auftritt und somit gegen die Familie ist. Hiermit trete ich aus der CDU aus und hoffe, daß alle ehrlichen Christen, besonders die Katholiken, sich von einer Partei trennen, die sich zum Fang von Wählerstimmen christlich nennt, es aber zu verant­worten hat, daß täglich 500 Kinder im eigenen Vaterland ermordet werden, und der Familienminister weigert sich, etwas zu ändern.
Möge Gott unserem christlichen Vaterland barmherzig sein.”

Alle diese erwähnten kleinen und großen Erlebnisse zeigen, daß gläubig gewordene Katholiken und gläubige Evangelische den Weg zueinander finden, ohne daß konfessionelle Schranken dabei sicht­bar werden.

Viele Menschen haben über das „Gläubigwerden” unklare Vor­stellungen. Mitgliedschaft einer Kirche heißt noch lange nicht, daß der Betreffende ein gläubiger Christ ist. Selbst treuer Kirchenbe­such – so empfehlenswert er ist – ist kein Ersatz für das Ereignis, das im Neuen Testament (Joh. 3,3) Wiedergeburt genannt wird. Aktiver, sozialer Einsatz und bürgerliche Ehrbarkeit sind ebenfalls kein Ersatz für die Wiedergeburt. Justitia civilis ist die Rechtschaf­fenheit vor Menschen, Justitia coram deo ist das Gerechtwerden vor Gott, das nur durch das gnädige Eingreifen Gottes geschenkt wird.

Nehmen wir nochmals das Erleben von Inge Brück. Vor ihrem 36. Lebensjahr war sie auch Katholikin, aber keine Christin. Nach ihrer Umkehr blieb sie Katholikin, war aber nunmehr eine Chri­stin. Es ist äußerst schwer, einem kirchentreuen Katholiken eine solch grundlegende Wandlung klarzumachen.

B (Beispiel) 1 Es soll dieser Vorgang an einem ganz neuen Beispiel angedeutet werden. Eine Nonne schrieb einen Brief und suchte geistlichen Rat. Sie berichtete, daß sie keinen inneren Frieden habe. Nach der Regel ihres Ordens beichtet sie jeden Monat und kommuniziert. Das „absolvote in nomine patris et filii eius” gebe ihr keine Gewißheit der Vergebung. Sie suche daher einen gläubi­gen evangelischen Seelsorger, dem sie sich anvertrauen könne. Sie sei auch innerlich so geführt worden, daß sie nicht mehr zu Maria, der Mutter Gottes, bete, sondern nur zu Jesus und seinem Vater. Sie habe starkes Verlangen, an einem Ort zu sein, wo biblisches Christentum praktiziert werde. Sie fühle sich an ihr Ordensgelüb­de gebunden und warte nun darauf, daß der Herr selbst ihre Sache in seine Hände nehme.

Wir stehen hier vor der Tatsache, daß der Heilige Geist eine katholische Nonne geistlich aufgeweckt und suchend gemacht hat. Um das Problem des Austritts aus der katholischen Kirche und des Eintritts in die evangelische Kirche geht es hier wahrhaf­tig nicht. In 54 Jahren meiner seelsorgerlichen Arbeit habe ich noch keinem Menschen geraten, in unsere Kirche einzutreten, ich gebe aber jedem Ratsuchenden den Hinweis auf die Auslieferung des Lebens an Jesus. Wer sich Jesus als seinem Führer anvertraut, wird von ihm den rechten Weg geführt werden, was er zu tun und zu lassen hat.

Negative Erfahrungen mit Katholiken

Ungute Erfahrungen mit Katholiken liegen in meiner Kartei in großer Zahl vor. Der Titel dieses Buches heißt Okkultes ABC. Ich traf in katholischen Kreisen viele an, die Zauberei treiben. Ich erinnere an das Buch von Dr. theol. Dr. phil. Rudolph, der das Buch schrieb Die geheimnisvollen Ärzte. Darin berichtet er, daß er 300 magische Besprecher interviewt hat. Die Mehrzahl waren Katholiken. Ich selbst kann solche Beispiele in großer Zahl liefern.

B 2 Viermal weilte ich auf der Insel Sizilien und hörte von Priestern, die Schwarze und Weiße Magie trieben. Das gleiche erlebte ich in der Schweiz. Eine Frau hatte von einem Kapuziner ein Amulett erhalten. In der Seelsorge öffnete sie es. Darin befand sich ein Zettel mit der Verschreibung ihrer Seele an den Teufel. Auch von Mönchen des Kantons Solothurn hörte ich Ähnliches.

Um das Gleichgewicht herzustellen, sei erwähnt, daß ich auch protestantische Pfarrer durch die Seelsorge entdeckte, die Zauberei trieben.

Ein anderes Gebiet religiösen Unfugs ist der Versuch der Abwerbung. Dazu gibt es auf den Missionsfeldern bitterböse Beispiele.

B 3 Bei einer Evangelisation in Ijui (Brasilien) hatte ich in einer großen Halle zu sprechen. An jedem Abend, wenn ich um 8 Uhr zu sprechen begann, setzte ein überdimensionaler Lautsprecher ein, der über das ganze Städtchen hinwegdröhnte. In unserer Halle konnten die Hörer mich fast nicht verstehen. Ich bat öffentlich, daß Angestellte der Stadtverwaltung sich dieser Sache annehmen sollten. Was kam heraus? Dieser Lautsprecher war katholischer­seits installiert worden, um unsere Evangelisation zu stören.

Im gleichen Land kam ein Missionar zu mir und berichtete. In der Nähe der evangelischen Missionsstation zog ein neuer katholi­scher Missionar auf. Ihn störte die evangelische Nachbarschaft. So ließ er in der Nähe der evangelischen Mission einen Lautsprecher aufstellen, der Tag und Nacht plärrte und tobte. Der evangelische Missionar bat den katholischen Kollegen, doch diesen Unfug einzustellen. Es war alles umsonst. Von den Behörden bekam er keine Hilfe, weil es sich hier um katholisch eingestellte Beamte handelte.

Auch auf einem anderen Sektor habe ich Beispiele, die nicht in Details ausgebreitet werden können.

B 4 Eine ehemalige Nonne kam zu mir zur Aussprache. Es war nicht in Deutschland, und es war kein Beichtgespräch. Sie berichtete, daß sie als reines, unberührtes Mädchen in ein Kloster eingetreten war. In diesem „frommen Haus” ging es sehr unheilig zu. Die Schwestern trieben unsaubere Dinge mit den Arbeitern, die die Klostergüter bewirtschafteten. Die Oberin machte keine Aus­nahme. Sie hatte ihren speziellen Freund. Die junge Novizin wurde in dieses Treiben mit hineingezogen. Es wurde ihr zuviel, und sie trat aus dem Kloster aus. Sie hat alles noch deutlicher berichtet, was hier nicht wiedergegeben wird.

B 5 Einen Skandal ersten Ranges löste ein Buch von Prof. R. Bäumer im Jahr 1981 aus. Diese Schmähschrift gegen den evangeli­schen Glauben trägt den Titel Kleine deutsche Kirchengeschich­te und stellt ein gehässiges Pamphlet gegen Martin Luther dar, und das exakt im Vorstadium des Papstbesuches in Deutschland. In dieser, aus dem Ungeist der Gegenreformation geborenen Veröf­fentlichung heißt es z. B., daß Luthers Heirat mit Katharina von Bora durch Unzucht und Gelübdebruch und durch das Blut so viel tausend Ermordeter besudelt worden sei.

Wir fragen nun ganz vorsichtig, auf wessen Konto die vielen tausend ermordeter Blutzeugen zu buchen sind.

Ich sehe es weiter als Schande für die katholischen Bischöfe Deutschlands an, daß sie 40.000 Exemplare dieser Schmähschrift vor dem Papstbesuch in Deutschland verteilen ließen, statt diese Unwahrheit und Verunglimpfung zu stoppen.

Der Maßstab

Böse oder gute Erfahrungen sind noch kein Hinweis auf den Unwert oder Wert einer Glaubensrichtung. Man kann auch nicht z. B. die Slums von London, New York oder Kalkutta verallgemei­nern und damit der ganzen Stadt den Stempel aufdrücken. Der Maßstab für die Beurteilung einer Konfession ist allein die Heilige Schrift. Zu diesem Gesichtspunkt ein Beispiel.

B 6 Ich kenne einen aufrichtig suchenden katholischen Prie­ster. Er prüfte die katholische Glaubenslehre und danach die protestantische Dogmatik.

Er tat ein übriges und besuchte ein evangelisch-theologisches Seminar, um durch den Vergleich die letzte Wahrheit zu finden. Danach lebte er noch eine Zeitlang in einer bewußt evangelischen Familie. Er wurde enttäuscht und ging zurück in das katholische Pfarramt. Ich schrieb ihm, er dürfe nicht Menschen zum Maßstab nehmen, sondern nur die Heilige Schrift. Jesus sagt (Joh. 5,39): „Suchet in der Schrift … sie ist es, die von mir zeuget.” Natürlich wird uns bei der Enttäuschung des Wahrheitssuchers deutlich, was Paulus in 2. Kor. 3,3 schreibt: „Ihr seid ein Brief Christi.” Wenn wir Christen nicht ein Brief Christi sind, enttäuschen wir unsere Mitmenschen. Das ist unsere Schuld. Die Schuld des Wahrheitssu­chenden ist aber, daß er Menschen – dazu gehört auch die priesterliche Hierarchie und die Tradition – und nicht die Heilige Schrift allein als Maßstab nimmt.

Biblisches in der katholischen Kirche

Wenn wir nach der biblischen Substanz in der katholischen Dogmatik fragen, können wir den Reformator Luther zitieren. Wenn er von den positiven Werten der von ihm angegriffenen „gegnerischen” Kirche spricht, ist er bestimmt ein zuverlässiger Zeuge. Luther schrieb in den von ihm 1537 verfaßten Schmalkaldi­schen Artikeln folgendes:

Das erste Theil ist von den hohen Artikeln der göttlichen Majestät, als:

  1. Daß Vater, Sohn und Heiliger Geist, in einem göttlichen Wesen und Natur, drei unterschiedliche Personen, ein einiger Gott ist, der Himmel und Erden geschaffen hat.
  2. Daß der Vater von niemand, der Sohn vom Vater geboren, der Heilige Geist vom Vater und Sohn ausgehend;
  3. Daß nicht der Vater noch Heiliger Geist, sondern der Sohn sei Mensch worden;
  4. Daß der Sohn sei also Mensch worden, daß er vom Heiligen Geist ohn männlich Zuthun empfangen, und von der reinen, heiligen Jungfrauen Maria geboren sei. Danach gelitten, gestor­ben, begraben, zur Hölle gefahren, auferstanden von den Todten, aufgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten Gottes, künftig zu richten die Lebendigen und die Todten. Wie der Aposteln, item S. Athanasii Symbolum und der gemeine Kin­derkatechismus lehret. – Diese Artikel sind in keinem Zank noch Streit, weil wir zu beiden Theilen dieselbigen bekennen. Darum nicht vonnöthen jetzt davon weiter zu handeln.

Luther hat also die gemeinsame Basis des katholischen und evangelischen Glaubens anerkannt. Im 20. Jahrhundert müßte das noch differenzierter gesagt werden, da inzwischen katholische und protestantische Modernisten viele Positionen des gemeinsamen Glaubensbekenntnisses aufgegeben haben, vor allem die Jungfrau­engeburt der Maria. Selbst Emil Brunner, den man nicht als Modernisten bezeichnen kann, hat sich von diesem Glaubenssatz distanziert. Die offizielle kirchliche Linie ist es aber noch nicht.

In meiner Studentenzeit entdeckte ich selbst viel Gemeinsames in den beiden Schwesterkirchen. Ein Semester lang hörte ich scholastische Theologie und wurde vor allem von der Gnadenlehre beeindruckt. Die gratia praeveniens und die gratia gratis data – die zuvorkommende Gnade und die geschenkweise Gnade – sind doch auch Positionen in Luthers Theologie.

Unbiblisches in der katholischen Kirche

Wer sich intensiv mit der katholischen Lehre befaßt, entdeckt schwerwiegende Irrtümer. Man lese dazu das Buch von Otto Markmann Irrtümer der katholischen Kirche. Bei der Lektüre dieses Buches packt einen das Entsetzen: Spiritisten als Heilige erklärt, magische Erlebnisse als Wirkungen des Heiligen Geistes deklariert, echte Christen um ihres Glaubens willen gefoltert und umgebracht. Mit meinem Freund Dr. Helmut Pfandl zusammen stand ich im April 1983 in Schärding, gegenüber der Inn-Insel Gries, vor der Gedenktafel von Leonhard Kaiser, der auf dieser Insel um seines evangelischen Glaubens willen auf dem Scheiter­haufen sein Leben beendete. Als das Feuer entfacht worden war, rief er dem zuschauenden Volk zu, sie sollen das Lied singen Komm, heiliger Geist. Als die Flammen ihn einhüllten, hörte man ihn mit fast erstickter Stimme singen: Jesus, ich bin dein, mach mich selig. Das Blut der wirklichen Heiligen schreit zum Himmel. Hat die katholische Kirche eigentlich nie Buße getan für die Folterungen und Morde in der Zeit der Gegenreformation und Inquisition?

Bei einem Besuch und Dienst in der kleinen evangelischen Kirche in Madrid suchte ich unter anderem das Denkmal auf, das Zeugnis von der letzten Ketzerverbrennung im Jahr 1869 gibt.

Es soll und darf kein Haß gepredigt werden. Das düstere Kapitel katholischer Irrtümer muß aber wenigstens angedeutet werden. Es werden dabei nur einige Hauptpunkte genannt.

Die Mariologie

Dieser Abschnitt ist keine Abwertung der Maria. Gott hat sich die beste, reinste Mutter für seinen Sohn ausgesucht. Dieser Frau gehört unsere Hochachtung. Ihre Gestalt und Bedeutung darf aber nicht zu einem Götzendienst ausgeweitet werden, wie es in der katholischen Kirche geschehen ist. Wer einem Geschöpf vertraut statt dem Schöpfer, ist ein Götzendiener. Mir liegt durch meine vielen Missionsreisen schier unermeßliches Material vor, das gar nicht in seinem Umfang dargestellt werden kann. Es würde den Rahmen dieses Buches überschreiten.

Wer viele Missionsfelder besucht, dem fällt zuerst auf, daß es Marienstatuen mit allen Hautfarben gibt. Dem schwarzen Afrika­ner erscheint sie mit schwarzer Haut. Dem Indianer in Südamerika offenbar sie sich in seiner Hautfarbe, etwa als Maria Guadalupe. Das nächste, was dem Beobachter sich zeigt, ist die Tatsache, daß Maria neben anderen heidnischen einheimischen Gottheiten steht. Die Indios in Kolumbien oder Peru feiern ihre alten angestammten Götzenfeste weiter und fügen nur ein neues Marienfest hinzu. Das entspricht der katholischen Assimilation, ein Angleichsverfahren an das Heidentum, um das Volk zu gewinnen.

Diese Angleichung an das Heidentum kennzeichnet auch die katholische Kirche auf den Philippinen. 1565 kam der erste katholi­sche Missionar unter dem Schutz der spanischen Soldaten auf die Philippinen. Die Missionierung machte große Fortschritte, weil die Patres den Animismus und Ahnenkult der Heiden duldeten. Neben den Marienfesten existieren die alten heidnischen Kulte. Der Erfolg war, daß 80 % des Volkes für den katholischen Glauben gewonnen wurde. Bis heute existiert aber noch die alte heidnische Zauberei, wie vor allem an der obskuren Praxis der spiritistischen Heiler erkannt werden kann. Sie treiben Zauberei, haben aber Marienbilder oder sogar einen kleinen Marienaltar in ihrem Be­handlungsraum.

Religionsgeschichtlich bedeutet der Marienkult das Eindringen orientalischer Vorstellungen einer Muttergottheit. Das Ave Maria im Rosenkranzgebet ist eine Übernahme der Gebetsperlen, die bei allen Mönchen ostasiatischer Religionen seit Jahrtausenden üblich waren.

Dem psychisch-emotionalen Hang eines andächtigen Frommen kommt die Legendenbildung und das entstehende mythische Ran­kenwerk entgegen. So wird von Maria behauptet, sie sei von Geburt an ohne Erbsünde gewesen (immaculata conceptio). Es wurde ihr auch lebenslange Jungfrauschaft angedichtet, um ihren Nimbus zu erhöhen, obwohl in Matthäus 13,55 von den leiblichen Geschwistern Jesu gesprochen wird. Die katholischen Christen sollen die Bibel nur mit den authentischen Erklärungen der Kirche lesen und verstehen. An dieser Stelle liegt eine Fälschung der katholischen Kirche vor.

Der gleiche Vorgang einer Umdeutung des biblischen Textes liegt bei der Erklärung von 1. Mose 3,15. Es heißt dort ,,… dersel­be wird dir den Kopf zertreten.” Daraus machte die katholische Kirche ,,… dieselbe wird dir den Kopf zertreten” und bezieht das auf Maria. Daher wird Maria auch „Schlangenzertreterin” genannt und als Gegenspielerin Satans angesehen. Ein katholischer Priester, der das Manuskript las, machte mich darauf aufmerksam, daß nur in der alten Vulgata der Ausdruck „dieselbe” steht. In der neuen Vulgata heißt es „derselbe”. Das wird dankbar zur Kenntnis genommen.

Unter meiner katholischen Literatur befindet sich das Buch von Pater Bonifatius Günther mit dem Titel Maria, die Gegenspielerin Satans. In diesem Buch stehen merkwürdige Dinge.

Auf Seite 9 heißt es: „Die Schlangenzertreterin ist stärker als Satan und die ganze Hölle. Wo sie auftritt, muß er weichen … Nur ihren Kindern kann er nachstellen. Aber auch nur da, soweit sie es zuläßt.”

Hier werden also Maria Kräfte und eine Machtfülle angedichtet, die nur Gott und Christus haben.

Auch die Vorstellung, daß Maria Miterlöserin (corredemptrix) ist, findet sich in diesem Buch auf Seite 449, und auf S. 454 erhält Maria das Ehrenprädikat, sie sei „Pforte des Himmels”. Das Buch endet auf Seite 456 mit dem Hinweis: „Maria und die Hingabe an ihr unbeflecktes Herz ist der einfachste, schnellste und sicherste Weg zu Gott.”

Was hier Pater Bonifatius aussagte, steht in noch schärferer Form in dem Buch Die Jesuiten von H. Boehmer-Romundt. Darin heißt es auf Seite 136: „Die Jesuiten priesen Maria als die Adoptivtochter Gottes. Sie lehrten, daß es schwer sei, durch Christus, leicht aber durch Maria die Seligkeit zu erlangen.”

Das bedeutet, daß Christus in seiner einzigartigen Bedeutung entthront, Maria aber an seiner Stelle inthronisiert wird. Das ist Lästerung und Götzendienst.

Es bleibt, was Jesus sagt: „Ich bin der Weg” Joh. 14,6). Es hat in alle Ewigkeit Gültigkeit, was Paulus bezeugt: „Es ist ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus” (1. Tim. 2,5).

Im Marienkult nehmen die unbiblischen Greuel kein Ende. Vor Jahrzehnten stand ich in Venedig vor einem gewaltigen Altarge­mälde von Tizian, das die assumptio Mariae (Himmelfahrt Marias) darstellt. Was dieses Bild aussagt, wurde am 1. Nov. 1950 von Papst Pius XII. feierlich ex cathedra als Glaubenssatz verkündigt, daß Maria eine leibliche Himmelfahrt zu Gott erlebt habe.

Ein weiteres höchst bedenkliches Zeichen der übersteigerten Marienverehrung sind die Marienvisionen und Marienerscheinun­gen. Wir können nur die beiden wichtigsten kurz skizzieren.

Die Erscheinungen der Maria

In der Gegenwart sind es zwei Wallfahrtsorte, die am meisten fromme Katholiken anziehen, Lourdes und Fatima.

Lourdes hat bis jetzt 18 Erscheinungen der Maria aufzuweisen. Begonnen hat diese Serie im Februar 1858. Empfängerin oder Seherin war ein 14jähriges Mädchen mit dem Namen Bernadette. Diese „himmlische” Erscheinung betonte den fleißigen Gebrauch des Rosenkranzes und forderte Prozessionen und den Bau einer Kapelle zu ihren Ehren.

Seither strömen die Wallfahrer nach Lourdes und erwarten dort Heilung und Hilfe für ihre Nöte. In der Tat kommen Heilungen vor. Die katholische Kirche ist vorsichtig. Eine Ärztekommission ist eingesetzt, die Heilungen zu überprüfen haben. Ich las einen Artikel, wonach unter 2000 Pilgern im Schnitt drei Heilungen geschenkt werden. Wenn diese wenigen Heilungen biblisch echt waren, könnte man tatsächlich von Wundern reden.

Manche Heilungen lassen sich als Placebo-Wirkungen oder Suggestivwunder erklären. Die vielen Krücken, die ausgestellt sind, haben eine suggestive Wirkung. Zum anderen gibt es auch dämonische Wunder, wie ich sie oft in meinen Büchern dargestellt habe. Trotz höchster Bedenken halte ich es auch für möglich, daß echtes Geschehen passiert. Ich will einen Fall konstruieren. Eine gottesfürchtige Katholikin mit einem gläubigen Herzen, aber bescheidenen Geistes kommt nach Lourdes. Sie betet auf dem Weg: „Du Gott und barmherziger Vater, wenn es dein Wille ist, lasse mich in Lourdes gesund werden.” Gott, der nicht so engstir­nig ist wie die meisten Kritiker, sieht das Gebet und den Glauben der Frau an und erhört ihr Gebet. Damit ist die Heilung nicht wegen Lourdes, sondern trotz Lourdes erfolgt.

Solche positiven Beispiele können sich ereignen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß diese Marienerscheinungen in Lourdes spiritistischen Charakter haben. Gott kann aber auch in einer solchen Situation Menschen retten.

Zu dem Wallfahrtsort Fatima wird ein Bericht von Otto Mark­mann wiedergegeben, dessen Buch ich schon empfohlen habe. Auf Seite 54 heißt es:

„Von weltweiter Bedeutung sind auch die sechs Erscheinungen in Fatima/Portugal des Jahres 1917. Hier sprach ’Maria’ zur Welt. Drei Kindern des portugiesischen Dorfes erschien sie: in einem weißen Nebel schwebend, einen wundervollen Wohlgeruch ver­breitend, als ,Rosenkranz-Königin`; himmlischer Lichtschnee (der auch fotografiert wurde) rieselte vom blauen Himmel herab. In der Hand hielt sie einen Rosenkranz. Bei der sechsten Erscheinung folgte das Sonnenwunder, das von mehr als 70.000 Menschen gesehen wurde. Etwa 10 Minuten lang vollführte die Sonne einen Regenbogen-Rundtanz am Himmel. Die Kinder hatten nicht nur Marienerscheinungen, sondern auch Engelserscheinungen und ei­ne Höllenvision mit Teufeln. Als 1921 unweit der Kapelle der Erscheinung aus dem felsigen Boden eine Quelle entsprang, wurde das als wunderbarer Erweis der Güte Marias gedeutet, und unzäh­lige Pilger strömen nun jährlich nach Fatima. In diesem Jahr waren es rund 700.000 irregeleitete Menschen.”

Vor einigen Jahren sprach ich mit dem inzwischen verstorbenen Professor Gebhardt Frei vom Missionsseminar Beckenried über Lourdes und Fatima. Frei war ein exzellenter Kenner der parapsy­chologischen Phänomene und hatte bei vielen Problemen die gleiche Meinung wie ich. Als ich aber diese beiden Wallfahrtsorte erwähnte, wehrte er sofort ab und sagte: „Das hat mit Spiritismus nichts zu tun. Das sind wirklich himmlische Erscheinungen der Gottesmutter.”

In dem erwähnten Buch von Pater Bonifatius Maria, die Gegenspielerin Satans steht auf Seite 179, daß Lourdes und Fatima von der Kirche anerkannte Erscheinungsorte sind.

Ein Mitarbeiter der Evangelischen Kirche, Hans Schröder aus Essen, schrieb mir zu diesem Thema beachtenswerte Feststellun­gen. Ich gebe sie verkürzt wieder:

„Was mir zur Zeit große Sorge bereitet, ist die Tatsache, daß sich die radikale protestantische Bibelkritik auch in der katholischen Kirche voll durchgesetzt hat. Der Verlag Katholisches Bibelwerk in Stuttgart veröffentlicht jetzt eine Anzahl bibelkritischer Werke von katholischen Theologen, die sich in nichts von protestanti­schen Bibelkritikern unterscheiden. So z. B. leugnet Prof. Erich Zenger in seinem Buch Der Gott der Bibel die Gesetzgebung Gottes am Sinai und andere Lehren. Prof. Gerhard Lobfink behauptet in seinem Werk Jetzt verstehe ich die Bibel, daß viele Aussagen im Neuen Testament unhistorisch sind. Er meint auch, daß die Geschichte von Mariae Verkündigung in Lukas 1 so nicht geschehen ist. Prof. Alfons Weiser erklärt in Was die Bibel Wunder nennt, daß die Ruferweckung des Lazarus durch Jesus wohl nicht geschehen sei. Es habe überhaupt nie Totenerweckun­gen gegeben. Alle diese bibelkritischen Bücher sind mit katholischer Druckerlaubnis veröffentlicht worden.

Dadurch ergibt sich folgende widersinnige und paradoxe Lage in der katholischen Kirche: Die erwähnten biblischen Tatsachen und viele Wunder Jesu sind unhistorisch und nie geschehen, aber es muß von den Katholiken geglaubt werden, daß Maria in Lourdes der Bernadette und in Fatima den Hirtenkindern erschienen ist. Ich habe noch keinen katholischen Theologen gehört oder gelesen, der heute an den Erscheinungen der Maria in Lourdes und in Fatima zweifelt. Auch Papst Johannes Paul II. wallfahrtete ja nach Lour­des und Fatima, während er die Bibelkritik in der katholischen Kirche sich ausbreiten läßt. Die Bibel wird also von vielen katholi­schen Theologen kritisch zersetzt, aber ganz neue Privatoffenba­rungen der Maria in Lourdes und Fatima sollen von Katholiken geglaubt werden. Es ist paradox, das Wort Gottes in der Bibel zu entkräften, während unbiblische Offenbarungen verbindlich sind.”

Zum Thema Marienverehrung und Marienkult hat Johannes H. Rott­mann aus Niedernhausen bei Wiesbaden ein gutdokumentiertes Flugblatt heraus­gegeben. Darin werden aufschlußreiche Zusammenhänge aufge­deckt. Das Stichwort lautet: Maria und Europa.

„… Lassen Sie sich überraschen! Am 12. September 1958 wurde auf dem norditalienischen Berge Seranissima von dem Mailänder Erzbischof Montini, dem verstor­benen Papst Paul VL, eine 20 m hohe Europa-Madonna einge­weiht, die den Namen trägt: ,Unsere Liebe Frau und Herrin Europas`. Die katholische Kirche sieht in Maria die biblische Gestalt des ’Sonnenweibes’ (Offb. 12,1: Es erschien ein großes Zeichen am Himmel: ein Weib, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen), das einen Kranz von 12 Sternen auf dem Kopfe trägt. Papst Johannes Paul II. sagte: ’Wenden wir daher von neuem unseren Blick der Mutter des Erlösers der Welt zu, der Frau der Geheimen Offenbarung des Johannes, der Frau, mit der Sonne bekleidet`.

Für Marienverehrer ist Blau die Farbe Mariens. Die Europa-Flagge bringt zum Ausdruck: Maria ist die Herrin Europas.

Die Symbolik dieser Flagge richtet sich gegen die Herrschaft Jesu Christi und Gottes und ist deshalb antichristlich.

Katholische Zielvorstellungen

Papst Pius XII. forderte am 24. 12. 1941 dazu auf, ’ein neues Europa und eine neue Welt aufzubauen’. Eine angebliche Marien­erscheinung, die sich ’Frau aller Völker’ nannte, forderte am 20.3. 1953: ’Völker Europas, schließt euch zusammen.’ Am 25. 3. 1957 wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet. Bi­schof Dr. Graber sagte am 16. 9. 1978:

’Ich habe eine marianische europäische Internationale gefor­dert … Wir beten und bitten in der Stille, daß das Abendland wieder zu dem werde, was es einstmals war, ein IMPERIUM MARIANUM.`” – Soweit Johannes Rottmann.

Damit schließen wir den Abschnitt Mariologie ab, obwohl viele Probleme nicht erörtert werden konnten. Zum Beispiel ist die gefährliche Unterwanderung der katholischen Kirche durch die Mystik mit ihren ekstatischen, visionären, medialen und okkulten Elementen in diesem Kapitel nicht behandelt. Ähnliche Probleme klingen beim Joga und der Transzendentalen Meditation an und können dort nachgelesen werden.

Da diese Darstellung der Mariologie manche Leser auf verkehrte Vorstellungen leiten könnte, muß ich zur Klärung zusammen­fassen:

Ich sage radikal nein zu dem Götzendienst, der mit Maria getrieben wird.

Ich sage ein volles Ja zur Maria, die von Gott so hoch geehrt wurde und die zu den Jüngerinnen Jesu gehör hat. Sie lebt nun in der Herrlichkeit, die Gott den Seinen bereitet hat. Ihr Friede ist unangefochten, denn Gott informiert sie nicht über den lästerli­chen Kult, der mit ihr auf Erden getrieben wird. Das nehme ich an, sonst wäre ihre Seligkeit furchtbar gestört.

Während der Niederschrift dieses Kapitels brachte der Postbote eine Flugschrift, von P. Benno Mikocki verfaßt, die mit kirchlicher Druckerlaubnis vom 27. 6. 1983 in 130000 Exemplaren veröffent­licht worden ist. Diese Broschüre hat den Titel TOTUS TUUS Maria = Ganz dein, o Maria

In dem Weihegebet auf der ersten Seite steht: „Lassen wir uns doch von Maria führen, damit wir durch sie Jesus ähnlicher werden. Das ist der sicherste und vollkommenste Weg.”

Der Weg des Gläubigen geht direkt zu Jesus und nicht über Maria.

Am Schluß dieser Broschüre steht ein Weihegebet, das Papst Johannes Paul II. am 13. Mai 1982 in Fatima an die Gottesmutter gerichtet hat. Es kann nicht das vier Seiten lange Gebet abgedruckt werden. Wichtig ist darin, daß der Papst die ganze Menschheit der Maria weiht. Diese Stelle lautet:

„Darum, o Mutter der Menschen und Völker … umfange mit deiner mütterlichen und dienenden Liebe diese unsere Welt, die wir dir anvertrauen und weihen, erfüllt von Sorge um das irdische und ewige Heil der Menschen und Völker …” (Seite 28).

Jesus sagt (Mt. 28,18): „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.” Nicht Maria ist die Beauftragte Gottes.

Paulus bezeugt (Phil. 2,9): „Darum hat Gott ihn (Jesus) erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist.”

Die Gewichtsverlagerung auf Maria, die von der katholischen Kirche vollzogen worden ist, bedeutet Götzendienst und Abirrung vom Schöpfer zum Geschöpf.

Entnommen dem Buch: Kurt E. Koch OKKULTES ABC

Horst Koch, Herborn, im März 2006

Ergänzungen zum Thema Katholizismus finden sich in folgen­den Beiträgen:

  1. Dr. Lothar Gassman – Vatikan und die Neue Weltordnung
  2. Ernst Volk – Abendmahl oder Messopfer
  3. Kurt Koch – Purgatorium
  4. Dave Hunt – Rom, Nazis und Juden
  5. Dave Hunt – Das Messopfer
  6. Dave Hunt – Maria und die Neue Weltordnung
  7. Dave Hunt – Inquisition
  8. Norbert Homuth – Das Papsttum
  9. Werner Bartl – Inquisition in Österreich
  10. A. Omenzetter – Gemeinde der Reformation
  11. Joseph Chambon – Der französische Protestantismus
  12. Karl Dinges – Reformation in Österreich

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Islam

Dr. Kurt E. Koch

Islam

– Dieser Beitrag ist dem Buch OKKULTES ABC aus dem Jahre 1984 entnommen. Nach nun über 30 Jahren haben sich diese biblisch begründeten Warnungen vor unseren Augen erfüllt. Ein deutliches Zeichen für das baldige Auftreten des sog. Antichristen und der drauffolgenden Wiederkehr Jesu Christi. Horst Koch, Herborn, im Sommer 2016 – 

1683 standen die Türken vor Wien, der damaligen Metropole der Christenheit. Welch ein Gemetzel hätten die Christen erwartet, wenn man der alten Moslemregel gedenkt, mit Feuer und Schwert den Glauben an Allah zu verbreiten. Die Stadt wurde aber erfolgreich verteidigt durch den Grafen Rüdiger Starhemberg und den tapferen Bürgermeister Andreas Liebenberg. Diese Männer hielten die Belagerer ab, bis die Ersatzheere von Herzog Karl von Lothringen und dem Polenkönig Sobieski herangerückt waren und in der Schlacht am Kahlenberg gewannen und Wien befreiten. Bei diesen Türkenkriegen machte sich auch der badische Markgraf Ludwig Wilhelm einen Namen, der seither den Ehrennamen erhielt: Prinz Eugen, der edle Ritter. In großen Schlachten bei Nisch, Sinnkamen und Senta zwang er die Türken in die Knie, die dann ganz Ungarn an Österreich abtreten mussten.

300 Jahre später stehen die Türken nicht nur in Wien, sondern genauso in München, Frankfurt, Paris, London und vielen anderen Städten des Westens. Diese stille Eroberung, gleichsam durch die Hintertüre, erfolgte ohne Blutvergießen. Wie war das nur mög­lich? Die geistlich immer schwächer werdende Christenheit erlaub­te es dem Islam, Missionszentren in der westlichen Welt zu errichten. So hat z. B. Zürich den Bauplatz für die Errichtung einer Moschee den Moslems geschenkt, obwohl viele Bürger dagegen protestierten. In Rom haben Libyen und Saudi‑Arabien hoch oben auf dem Monte Mario eine Moschee gebaut. Gaddafi gab dazu 25 Millionen und die Saudis 50 Millionen. Der Papst konnte dieses Missionsprojekt im Herzen der katholischen Kirche nicht verhindern. England hat heute mehr als 200 Moscheen. In England und Frankreich sind die Moslems die zweitgrößte Religionsgemein­schaft.

Umgekehrt lassen die Länder mit vorwiegend islamischer Bevöl­kerung den Bau von christlichen Kirchen nicht zu. So habe ich in Djakarta eine neuerbaute christliche Kirche fotografiert, obwohl das gefährlich war. Zwei Monate nach der Einweihung wurde die Kirche von den Moslems zerstört, obwohl die Regierung Reli­gionsfreiheit proklamierte. Der moslemische Polizeipräfekt, der neben der Kirche sein Wohnhaus hat, und dem die Nachbarschaft der Christen zuwider war, hat bei der Zerstörungsaktion nichts gehört, obwohl das ein riesiger Tumult war. Ein anderer Vorfall war noch viel schlimmer. Auf einer entlegenen indonesischen Insel wurden in einer Nacht 29 Gebäude der evangelischen Mission, darunter die Kirche, das Schulhaus, Krankenstation und andere Räumlichkeiten, zerstört.

In Afghanistan gab es in Kabul eine einzige christliche Kirche, die während eines Besuches von General Eisenhower im Jahr 1959 gebaut werden durfte. Als Eisenhower nicht mehr Präsident war, wurde diese einzige christliche Kirche niedergerissen. Und das alles, während im Westen eine Moschee nach der anderen gebaut wird.

In islamischen Ländern musste weithin die christliche Missions­arbeit aufgegeben werden. Im Gegensatz dazu macht die islamische Missions­arbeit im Westen große Fortschritte. Darum sprechen die Moslems von einer Islamisierung des Abendlandes. Und Khomeini, der Führer Irans, spricht von einer Weltherrschaft des Islam als Fernziel.

Marius Baar spricht in seinem ausgezeichneten Buch „Das Abendland am Scheideweg“ davon, daß die missionarische Stoßkraft von den Christen auf die Moslems übergegangen ist. Auf Seite 103 schreibt er: „Heute ist die Chri­stenheit geistlich tot. So beginnt der Islam seinen Siegeszug über das Abendland und die ganze Welt.“ An dieser rückläufigen Bewegung der christlichen Mission ist vorwiegend der Neurationa­lismus in der modernen Theologie schuld. So hat vor einigen Jahren ein deutscher Theologe in Tokio erklärt: „Die Zeit der christlichen Mission ist vorbei. Wir haben nur die Koexistenz zu pflegen.“ Diese Schwäche, aus dem Unglauben geboren, ist die große Chance für die anderen Weltreligionen.

In der Bundesrepublik leben rund 1,5 Millionen Moslems[1]. In Frankfurt hat der Leiter der Moslemgemeinde die Anerkennung des Islam als gleichberechtigte Religion neben der christlichen Religion gefordert. In einer Zeit, da durch den beängstigenden Geburtenrückgang durch den Mord an den Ungeborenen die Bevölkerung in Deutschland abnimmt, wachsen die Gastarbeiterfamilien durch ihre große Kinderzahl. Hier wird eine biologisch-genetische Schlacht verloren, die sich auch auf dem religiösen Sektor auswirkt.

Nach der Einleitung über die Gesamtsituation gehen wir nun in einzelne Details. Auszugsweise bringe ich einen Artikel, den der Ismaeldienst der Bibelschule Adelshofen 1980 brachte. Er lautet:

Islam im Vormarsch

Im vergangenen Jahr sagte Ayatollah Khomeini, der Führer des Islam: „Der Endsieg wird kommen, wenn unser ganzes Land den Islam angenommen hat! Doch darüber hinaus muss noch ein anderer Sieg errungen werden: Der internationale Sieg des Islam und die Errichtung seines Reiches über die ganze Welt.“ Und Tausende iranischer Frauen riefen während einer Demonstration: „Wir werden die Welt zum Islam bekehren!“

Die Moslems glauben mit außerordentlicher Leidenschaft Dinge, die das genaue Gegenteil von dem sind, was Christen glauben. Die meisten christlichen Glaubensaussagen halten die Moslems für Irrtümer und Gotteslästerungen. Einige Beispiele:

  1. Der Christ glaubt an die Erbsünde. Der Koran lehnt die Erbsünde grundlegend ab. Deshalb hält der Moslem die Erbsünde für einen Unsinn. Er sieht nicht ein, wie hoffnungslos der Zustand des Menschen durch die Sünde wurde. Im Islam kann der Glaube an Allah und gute Werke vor der Sünde retten.
  2. Der Christ glaubt an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Der Moslem lehnt die Fleischwerdung Jesu völlig ab; er findet diesen Glauben als einen Unsinn. Gott würde sich nie so demütigen.
  3. Der Christ glaubt, daß Jesus Gottes Sohn ist. Für den Moslem ist das eine Gotteslästerung. Im Koran liest er: „Nicht steht es Allah an, einen Sohn zu zeugen.” (Sure 19,36) „Wahrlich, das sind Ungläubige, welche sagen: ’Allah ist doch Christus, der Sohn Marias.’“(Sure 5,18)
  4. Der Christ glaubt an die Dreieinigkeit Gottes. Im Koran steht: „Glaubt an Allah und seinen Gesandten, sagt aber nichts von einer Dreiheit. Vermeidet das.“ (Sure 4,172)
  5. Der Christ glaubt fest an Jesu Kreuzigung und Auferstehung und an die Erlösung durch Jesus Christus. Im Koran liest der Moslem: „Sie haben ihn aber nicht getötet und nicht gekreuzigt, sondern einen anderen, der ihm ähnlich war . . . Sie haben ihn aber nicht wirklich getötet, sondern Allah hat ihn zu sich erhoben…“ (Sure 4, 158,159). So erfährt man, daß man im Islam die Erlösung durch Christi Blut völlig ablehnt. Für den Moslem gibt es keinen Heiland, keinen Erlöser.

Eine noch etwas umfangreichere Darstellung ist im Informationsbrief Nr. 96 der Bekenntnisbewegung gegeben. Es heißt darin „Um die Auseinandersetzung um das Wesentliche zu ermöglichen, sollen einige wichtige Informationen über den Islam zusammengestellt werden.

Das Einmaleins über den Islam

Wussten Sie

‑ daß ’Islam’ soviel wie Hingabe (an Gott), Unterordnung, Unterwerfung
   bedeutet?
‑ daß die Anhänger des Islam ’Moslem’ oder ’Muslim’ genannt werden wollen
   und ’Mohammedaner’ ein Schimpfname ist?
‑ daß Mohammed von 570 bis 632 lebte, seit 622 in Medina (= Hedschra)?
‑ daß der Koran in Arabisch geschrieben ist und als unübersetzbar gilt?
‑ daß neben dem göttlichen Koran auch die schriftlich festgehaltenen
   überlieferten Äußerungen und Handlungen des Propheten Mohammed,
   genannt ’Hadith’, und die Gewohnheiten der ersten Moslems, genannt ’Sunna’,
   sowie viele weitere Schriften eine entscheidende Rolle spielen?
‑ daß der Islam keine religiösen Bilder und keine religiöse Musik kennt?
‑ daß der Islam in zwei große Parteien, die ’Sunniten’ und die ’Schiiten’,
    gespalten ist und es im Islam ebenso ’fundamentalistische’, ’liberale’ und
    ’konservative’ Strömungen gibt wie im Christentum?
– daß die religiöse Praxis folgende fünf Säulen umfasst?:

  1. Das Glaubensbekenntnis ’Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet’
  2. Fünf tägliche Gebete in Richtung auf die Kaaba in Mekka
  3. Die Almosensteuer und Armenhilfe
  4. Das Fasten, besonders im 9. Monat ’Ramadan’
  5. Die Pilgerfahrt nach Mekka, einmal im Leben
  6. Oft angefügt: Der Heilige Krieg ’Jihad’

‑ daß der Koran sehr viele Anspielungen auf das Alte und Neue Testament
   enthält?
‑ daß die Juden und Christen beschuldigt werden, die drei genannten Bücher
   verfälscht zu haben und den Rest unberechtigterweise als Gottes Wort zu
   bezeichnen?
‑ daß Jesus im Islam ein wichtiger Prophet ist, aber nicht Gottes Sohn?
‑ daß die Frage um Jesus und die Dreieinigkeit der größte Streitpunkt zwischen  
   Islam und Christentum ist?
‑ daß Jesus als Gottes Sohn zu bezeichnen, Gott als dreieinig und zu glauben, daß
   Jesus am Kreuz starb, als Gotteslästerung gilt?
‑ daß im Koran viel gegen das Christentum steht?
‑ daß trotzdem Juden und Christen als ’Religionen des Buches’ eine
   Sonderstellung zwischen Heiden/Ungläubigen und Moslems haben?
‑ daß man Christen dulden kann, solange sie nicht missionieren?
– daß Mission unter Moslems als die schwierigste überhaupt gilt?
– daß Moslems durch den Koran und andere Bücher, durch die politische
   Geschichte und die Tatsache, daß sie nur ein pervertiertes Christentum
   kennenlernten, meist gegen das Christentum und das Evangelium geimpft
   sind?

Diese stichwortartigen Merksätze zeigen, daß das Christentum und der Islam sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. An der Heiligen Schrift gemessen, ist der Islam eine antichristliche, ja sogar gefährliche Religion.

Wir müssen uns nun der Mühe unterziehen und den Gegensatz zwischen Isaak und Ismael herausstellen. Zuerst aber zwei Beispiele:

Beispiel 1 Bei einem Besuch in Jerusalem ging ich am Sonntagmorgen in den Gottesdienst der Erlöserkirche. Ein Kirchenältester, dem ich als Tourist auffiel, fragte mich nach meiner Heimat. Als er erfuhr, daß ich evangelischer Pfarrer bin, nahm er mich zur Kirchenbank der Gemeindeältesten. Es war in der Zeit nach dem Sechstagekrieg. Ich fragte ihn: „Wie sehen Sie die ganze Auseinandersetzung zwischen Israel und den Arabern an? Er antwortete: „Die Israelis haben unser Land geraubt. Ismael ist der erstgeborene Sohn Abrahams und damit der Erbe. Uns gehört das Land, nicht den Juden.” Ich war überrascht. Dieser Kirchenälteste war der Rasse nach Araber, dem Glauben nach Christ. In der Zeit, da Ludwig Schneller das syrische Waisenhaus baute und betreute, sind viele der jugendlichen Araber zum christlichen Glauben übergetreten. Der Übertritt kam aber manchmal nicht einer Lebenserneuerung durch Christus gleich. Dieser arabische Christ dachte ismaelitisch und nicht biblisch.

B 2 Ein anderes Beispiel hörte ich auf der gleichen Israeltour auf dem Ölberg. Ich besuchte das Haus der Marienschwestern. Eine Schwester erzählte mir folgendes. Ein arabischer Klempner wurde gerufen, um die defekte Wasserleitung zu reparieren. In den Essenspausen zog der Handwerker eine Taschenbibel heraus und las darin. Die Schwester freute sich, in ihm einen gläubigen Bruder zu entdecken. Sie fragte ihn nach seiner Meinung im Blick auf die Besetzung des Heiligen Landes. Der arabische Christ hob die Bibel hoch und sagte: „Die Schrift muss erfüllt werden. Dieses Land ist den Juden verheißen. Daran können wir Araber nichts ändern.“

Damit haben wir zwei arabische Christen vor uns. Der erste nennt sich Christ, denkt aber islamisch. Der zweite ist ein biblisch ausgerichteter Mann.

Wie erobert der Islam die Welt? Wer steht hinter ihnen?

Der Ausgangspunkt des Islam ist eine falsche Schriftauslegung. Die Moslems sind die Nachkommen Ismaels, eines Sohnes Abrahams mit der Magd. In 1. Mose 21,12 steht: „In Isaak soll dir der Same genannt werden.“ (Röm. 9,7) Ismael ist der Ausdruck der Ungeduld Abrahams, der nicht auf die Verheißung Gottes warten wollte. Ismael ist der Sohn nach dem Fleisch. Isaak ist der Sohn der Verheißung.

Der Zwiespalt zwischen den Söhnen Abrahams besteht nun schon 4000 Jahre. Gott hat eine Linie des Segens und der Rettung aufgebaut von Abraham, über Isaak, Mose, David, Jesus und die Gemeinde des Sohnes Gottes. Da Satan sich zum Gegenspieler der Gemeinde Jesu entwickelt hat, benützt er die Linie Ismaels und seiner Nachkommen, um gegen Jesus und seine Jüngerschar einen entscheidenden Vernichtungsfeldzug zu inszenieren. Er pflanzte in die Herzen der Ismaeliten einen fanatischen Hass gegen alles, was von Jesus kommt und zu Jesus gehört. Dieser Hass ist die Triebfeder aller Aktionen der Moslems. Man merkt es auch dem Koran an, daß da kein Platz ist für die Liebe zu Gott und zum Nächsten.

Eine zweite Wurzel des Islam ist die Herkunft Allahs, der von kurzsichtigen Christen in eins gesetzt wird mit dem Gott der Bibel. Hören wir kurz die Entstehung des Islam, aus der auch die Existenz und Bedeutung Allahs sichtbar wird.

Mohammed wurde 570 in Mekka geboren. Zu seiner Zeit bestand schon der schwarze Stein, wahrscheinlich ein Meteor. Dieses schwarze Heiligtum war das Zentrum von 365 Göttern. Ursprünglich wurden diesem Heiligtum Menschen geopfert, später nur noch Kamele. Durch seine Reisen kam der junge Mohammed mit den beiden monotheistischen Religionen, dem Christentum und Judentum, in Berührung. Dadurch entstand bei ihm der Vorsatz, in seiner Heimat alle Götter außer dem einen vom schwarzen Stein auszufegen.

Der schwarze Stein ist die Sühnestelle des Islam. Jeder Moslem muss einmal im Leben nach Mekka, um den schwarzen Stein zu küssen. Dann sind alle seine Sünden vergeben.

Die Berührung mit den beiden monotheistischen Religionen vermittelten Mohammed zahlreiche Kenntnisse, die er dann im Koran verwertete und dabei umdeutete. Um diesem Koran Autorität zu verleihen, wurde behauptet, er sei ihm vom Engel Gabriel diktiert worden. Allah ist nach allem nicht unser Gott der Bibel, sondern der höchste Götze unter 365 „Nebenbuhlern”. „Die Menschen, die sich diesem Geist hingeben, werden Gebundene Satans.” (Marius Baar S. 62)

Durch seine Kontakte mit dem Monotheismus hat Mohammed viele Vorstellungen aus dem Alten und Neuen Testament in den Koran hineingetragen. Die Mohammedaner sind das auserwählte Volk, dem sich alle Völker und Religionen zu unterstellen haben. Atheisten und Christen, Juden und abgefallene Moslems müssen sich dem Islam beugen, oder es droht ihnen die Vernichtung. Vom

Felsendom aus, wo einst der Tempel Salomos stand, wurden die islamischen Völker zur Endlösung aufgerufen. Die Moslems sind also die Gegenspieler der Christen und Juden. Sie vertreten auch die christliche Vorstellung vom Propheten und Antichristen der Endzeit. Ein islamischer Prophet wird erwartet, der aus den arabischen Staaten von Marokko bis Pakistan ein großarabisches Reich aufbauen soll.

Um dieses Ziel der islamischen Weltherrschaft zu erreichen, hätte Allah ihnen das Öl geschenkt. In der Tat hat der Ölsegen die Welt verändert. Viele Scheichs legten ihre Milliarden in der Schweiz an.

Die Moslems haben ihr Übergewicht in der Weltwirtschaft erkannt. Sie wissen, daß sie im Westen alles zum Erliegen bringen, wenn sie den Ölhahn zudrehen. Kein Jet kann mehr im Westen fliegen, kein Panzer, kein Auto mehr fahren, wenn sie den Ölstrom stoppen.

Sie nützen diese wirtschaftliche Vorherrschaft aus, indem sie auch idealistische Pläne zu verwirklichen suchen. Es soll die Basis für ein einheitliches großarabisches Reich geschaffen werden. Darum ist ihr Ziel, daß in allen islamischen Staaten nur die Koransprache gesprochen wird. Gaddafi in Libyen hat als erster die Koransprache als Amtssprache eingeführt. Der zweite Plan ist, eine einheitliche Währung einzuführen. Man denkt auch daran, den Dollar beim Ölgeschäft auszuschalten. Zur Werbung für das großarabische Reich soll in der ganzen Welt eine umfangreiche Werbung gestartet werden. So versorgen sie jeden japanischen Haushalt kostenlos mit einem Koran. Außerdem sollen 200000 Exemplare des Korans in Hotelzimmern ausgelegt werden. In einem asiatischen Hotel habe ich das schon erlebt, daß eine Gideonbibel und ein Koran im Nachtschränkchen lagen. Ferner wird der Bau von vielen Moscheen mitfinanziert und der Bau von islamischen Universitäten in Angriff genommen. Alle Möglichkeiten und der Einsatz aller Medien werden ausgeschöpft. In Mekka ist ein mächtiger Sender gebaut worden, der sich „Die Stimme des Islam“ nennt. Die Weltmoslemliga und mehrere islamische Weltmissionswerke sollen für die Verbreitung des geistigen Ideengutes des Islam intensiv sich einsetzen.

 

 

Man fragt sich zum Schluss: „Woher kommt nun der Antichrist? Aus dem wiedererstandenen römischen Weltreich oder aus dem Islam?” Hat nicht der Islam mehr wirtschaftliche Trümpfe in seiner Hand?

Vergleichen wir ruhig einmal, was Pfr. Wolfgang Borowsky in seinem Buch „Christus und die Welt des Antichristen” schreibt mit dem, was Marius Baar über den Islam berichtet hat.

Ich bin ein neutraler Beobachter oder Kritiker beider Bücher. Ich bin mit beiden Autoren befreundet. Borowsky setzte seine Karten auf die „One-World-Bewegung” und auf die Multimilliardäre der Geheimbünde. Marius Baar zeigt als Gegengewicht die Multimilliarden der Ölscheichs. Wo liegt das größere finanzielle Gewicht?

In dem monatlichen Magazin eines amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers (The Reaper von McMaster) vom Januar 1984 las ich folgende Zahlenangaben: USA hat gegenwärtig 5 Billionen Dollar Schulden, davon entfallen 1,3 Billionen auf den Staatshaushalt, der Rest auf private Schulden amerikanischer Bürger und Unternehmungen. Zu den 1,3 Billionen kommen noch 850000 Dollar als Darlehen an die dritte Welt, die natürlich auch verloren sind. Dem Staatssäckel fehlen demnach 2,15 Billionen Dollar. Dem amerikanischen Volk wachsen die Schulden, den Scheichs wachsen täglich die Ölmilliarden. Die westlichen Länder pumpen nahezu alle die Ölmilliardäre an.

Fragen wir nochmals: Wer hat die größeren Chancen? Wirtschaftlich liegen die Ölmilliardäre vorne. Intelligenzmäßig immer noch der Westen. Der Westen baut die Kernkraftwerke und die Satelliten. Die Ölscheichs müssen sich die Experten aus dem Westen holen, wenn sie auf speziellen Gebieten Schritt halten wollen.

Das Problem um den Vorrang ist trotzdem noch nicht gelöst. Es geht im Reich Gottes ja gar nicht darum, wer mehr Milliarden hat, sondern was Gott geplant hat.

Borowsky und Marius Baar sind sich einig, daß der Antichrist ein Jude sein muss, sonst würde er in Jerusalem nicht angenommen werden.

Der Unterschied zwischen den beiden Autoren Borowsky und Baar liegt darin, daß Borowsky mehr an die Elite und geheimen Führer des wiedererwachten römischen Reiches denkt. Baar dagegen hat den Islam im Auge.

Ich streite mich in dieser Frage nicht sondern sehe dazu noch die übergeordnete Möglichkeit, daß die Multimilliardäre der One-World-Bewegung auch ihre Hintermänner unter den Ölmilliardären haben. Damit haben nämlich beide Autoren recht. Der Teufel ist ein schlauer Fuchs. Er handelt manchmal nach dem militärischen Grundsatz: getrennt marschieren, vereint schlagen. Die Multis in West und Ost können eines Tages unter einem Hut vereinigt werden und gemeinsame Sache gegen Christus machen, an dem sie dann zerschellen werden. Der Herr Jesus gibt seine Macht keinem anderen.

In den folgenden Abschnitten werden Beispiele aus meinem Bekanntenkreis gebracht, die zeigen, daß Jesus auch Moslems trotz ihres Fanatismus retten kann. Es wäre für den Leser belastend, wenn er nur negative Berichte vorgesetzt bekommt. Es muss als Gegengewicht der Sieg Jesu sichtbar werden. Das ist der Sinn der folgenden Beispiele.

Die Geschichte eines Moslemlehrers

In Madras/Südindien hörte ich die Geschichte von Iqbal dem Moslemlehrer. Ich lernte ihn persönlich kennen, als er bereits Christ war.

Iqbal stammt aus einer fanatischen mohammedanischen Familie. Die Eltern geben sich Mühe, ihre Kinder vor jedem christlichen Einfluss zu bewahren. Leider war an ihrem Ort nur eine christliche Schule. Lesen und Schreiben konnte er dort lernen, jedoch gegenüber dem christlichen Einfluss sollte er sein Herz verschließen. Das war aber nicht so einfach; denn an der Schule gab es einige gläubige Lehrer, die für alle Schüler beteten.
Immerhin schaffte es Iqbal, als überzeugter Moslem die Grundschule zu beenden und eine höhere Schule in Madras zu besuchen.

Sehr viele Schulen in Indien haben die Koedukation. Hindus, Moslems und Christen werden zusammen unterrichtet. Dieses System ist gar nicht so übel. Junge Leute sollen sich ruhig mit anderen Religionen auseinandersetzen.

Im College in Madras, auf das Iqbal übergesiedelt war, gab es lebhafte und oft hitzige Rededuelle und Auseinandersetzungen. Es blieb nicht bei geistigen Kämpfen. Die jungen Burschen trugen ihre Meinungsverschiedenheiten auch mit ihren Fäusten aus. Iqbal war einer der hauptsächlichsten Rädelsführer bei diesen Streitereien.

Um seine Kameraden zu ärgern, spielte er sonntags in der Gottesdienstzeit der Christen Fußball oder Kricket. Die regulären Andachten vermied er. Er sagte sich oft tagsüber Koranverse vor, um sich der christlichen Umklammerung zu erwehren.

Nach Abschluss der Collegezeit besuchte Iqbal die Universität. Dort lernte er einen echten Christen kennen, der sich auf keine Rededuelle einließ, sondern sein Christsein vorlebte.

Für den feurigen Moslem war das der erste echte Anstoß zum Nachdenken. Er merkte, daß es auch Christen gibt, die nicht nur über Lehren streiten, sondern ihren Glauben ausleben.

Aus Sympathie zu dem Kommilitonen ließ er sich eines Sonntags bewegen, eine Versammlung von Vater Daniel zu besuchen, der als christlicher Führer in Madras und in ganz Südindien einen Namen hatte. Der alte Bruder ist vor einigen Jahren heimgegangen. Ich war mit ihm befreundet.

In der christlichen, geistgewirkten Atmosphäre der Daniel-Bruderschaft geriet Iqbal in große Anfechtung. Er erlebte eine geistliche Kraft, die ihn verwirrte, bedrängte und an seinem bisherigen Glauben irre werden ließ.

Es war eine Entdeckung, die ihn geistig geradezu niederschmetterte, daß Mohammed kein Prophet war, sondern ein religiöser Hochstapler, ein Verführer der Menschheit. Er fühlte den Boden unter sich wanken. Bei dieser Revolution trat dann der in sein Leben, der in dem Zerbruch des Alten einen festen Boden unter die Füße gab: Jesus.

Damit trat Kampfesruhe, Waffenstillstand ein. Schritt für Schritt ging es weiter. Er ging zu Vater Daniel in die Beichte und Seelsorge. Im Glauben erlebte er Vergebung seiner Schuld. Er suchte nun­mehr die Gemeinschaft der Gläubigen. Sein Leben hatte einen neuen Kurs bekommen.

Eine Sorge erfüllte ihn noch. Wie würden seine Eltern seine Entscheidung aufnehmen? Oft werden ja Neubekehrte von ihren Angehörigen verstoßen. Viele beteten für ihn. Der Herr gab Gnade. Seine Eltern machten ihm keine Vorwürfe. Sie ließen ihn gewähren.

Noch eine andere Freude wartete auf ihn. Er fand an seiner früheren Schule, wo er so hart für den Islam gekämpft hatte, als christlicher Lehrer eine Anstellung.

Dabei blieb es aber nicht. Der Herr hatte einen anderen Plan. Eines Tages las Iqbal in der Tageslese das Wort Jes. 61,6: „Ihr aber sollt Priester des Herrn heißen, und man wird euch Diener unseres Gottes nennen.“

In diesem Augenblick spürte er die Unmittelbarkeit des Heiligen Geistes: „Du bist gemeint. Du bist berufen. Willst du folgen?“

Iqbal gehorchte. Er gab seinen Lehrerberuf auf und ging in der Bibelschule von Vater Daniel ins Bibelstudium und wurde als Evangelist abgeordnet.

Der Verkündigungsdienst von Iqbal ist vom Segen des Herrn begleitet.

*

Vom Sieg Jesu über den Koran zeugt der nächste Bericht über die Bekehrung eines Moslemführers. Der junge Mann studier­te an der Universität in Djakarta und wollte Lehrer werden. Ein ungeheurer Fanatismus beseelte diesen jungen Mann. Er übernahm daher die Leitung einer mohammedanischen Jugendgruppe, mit der er allerlei Terrorakte gegen die Christen durchführte. Einmal warf er mit seinen Freunden die Scheiben der christlichen Kirche und des evangelischen Pfarrhauses ein.

Der evangelische Pastor reagierte nicht auf diese Angriffe. Das reizte den jungen Studenten. Er suchte den Pastor auf und fragte ihn, warum er sich nicht wehre. Der Pastor erklärte ihm: „Christen wehren nicht Gewalt mit Gewalt ab.“

Dem jungen Moslemführer ließ das keine Ruhe. Er kaufte sich eine christliche Bibel, um die Grundlagen des Christentums zu studieren. Er wollte in der Lage sein, die Bibel und den christlichen Glauben zu widerlegen.

Es kam ein anderes Resultat heraus. Der Moslem bekehrte sich. Er legte seinen mohammedanischen Namen ab und nahm den christlichen Namen Timotheus an. Das gab in seinem Freundes­kreis eine ungeheure Revolution. Die Moslems ertragen eher ein Verbrechen ihrer Leute als eine Bekehrung zum christlichen Glauben.

Alle Versuche, ihn umzustimmen, schlugen fehl. Er gab sein Studium auf und beschloss, Theologie zu studieren. In Djakarta ist ein theologisches Seminar, bei dem er sich anmeldete.

Das gab die erste Enttäuschung. Dieses Seminar ist mit der modernen Theologie verseucht. Der jung bekehrte Moslem geriet in große Nöte. Dafür hatte er doch nicht sein Lebensziel geopfert und die Verachtung seiner Eltern und Freunde auf sich genommen, um sich den hart erkämpften Glauben wieder nehmen zu lassen! Er fragte sich: „Was ist das für ein Christsein? Dafür habe ich nicht meinen bisherigen Glauben eingetauscht.“ Er suchte dann nach Christen, die an das glauben, was in der Bibel steht. Und er fand sie.

Timotheus bekam Verbindung mit der Bibelschule in Batu und trat dort ein. Nach seiner Ausbildung empfand er genau wie seine Lehrer, daß er unter den Moslems in Sumatra arbeiten sollte. Seither steht er dort und tut einen gesegneten Dienst. Ich traf ihn mehrmals. Wir sind gute Freunde geworden. Auf meiner Gebetsli­ste für Sumatra steht er obenan.

Aus der Arbeit dieses tapferen Streiters Jesu seien einige Beispie­le erwähnt. Timotheus traf eines Tages einen 90 Jahre alten Diener der Moschee. Der junge Pastor sagte ihm: „Wenn du stirbst, fährst du zur Hölle.” Der 90-jährige antwortete: „Ja, ich weiß es. Wenn du aber den Weg zum Himmel weißt, dann zeige ihn mir.” Timotheus zeigte dem Alten den Weg zu Jesus. Der hochbetagte Greis nahm den Herrn Jesus als seinen Heiland an und war damit gerettet.

Ein andermal kam Timotheus ins Gespräch mit einem Moslem­priester. Als guter Korankenner zeigte ihm der ehemalige Moslem und Koranstudent die Unterschiede zwischen dem christlichen Glauben und dem Allah‑Glauben. Er sagte dem Priester: „Es gibt im Koran keine Gotteskindschaft. Die Bibel aber verheißt uns: ‚Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, daß wir Gottes

Kinder sollen heißen’ (1. Joh. 3,1). Ferner kennt der Koran keine Gewissheit der Vergebung, keine Gewißheit des ewigen Lebens. Die Bibel sagt uns aber: ,Wer an den Sohn Gottes glaubt, der hat das ewige Leben’ (Joh. 3,36). Ferner sagt uns Paulus (Eph. 1,7): ,An Jesum haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade’. Der Priester wurde nachdenklich. Und was überhaupt kein Missionar fertig bringt, einen Moslempriester zu überzeugen, das tat der Heilige Geist. Der Priester zerriss sein Moslemgewand und warf es vor den Eingang der Moschee. Seither folgt er Jesus nach und wurde sogar von der christlichen Gemeinde als Ältester gewählt.

Jesus ist kommen, der starke Erlöser,
Bricht dem gewappneten Starken ins Haus,
Sprenget des Feindes befestigte Schlösser,
Führt die Gefangenen siegend heraus.
Fühlst du den Stärkeren, Satan, du Böser?
Jesus ist kommen, der starke Erlöser.

*

Christophorus

Bei einer Konferenz in Java lernte ich Christophorus kennen. Kaum war er am Tagungsort angelangt, da rief ihn ein Telegramm nach Sumatra zurück. Die Moslems hatten wieder einen Mordanschlag gegen die Christen geplant. Wo die Moslems die Herrschaft haben, sind sie brutal und grausam. Wo sie in großer Minderheit sind, benehmen sie sich freundlich und täuschen damit ihre Mitmenschen.

Christophorus ist ein jüngerer Mitarbeiter von Timotheus bei den Serawai. Er ist ebenfalls in Batu ausgebildet. Unter den Serawai hat er sich bereits in besonderer Weise bewährt.

Eines Tages hatte er eine Einladung zum Essen erhalten. Ahnungslos nahm er die Einladung an. Nach dem Essen befielen ihn schreckliche Schmerzen. Seine freundlichen Gastgeber hatten ihm Gift in das Essen gemischt, das sonst stets tödlich wirkte.

Christophorus legte sich ins Bett. Drei Tage war er einem furchtbaren Brennen im Magen und in der Lunge ausgesetzt. Unablässig schrie er zu seinem Herrn. Nach drei Tagen war die Krise überwunden. Die Moslems staunten, daß das Gift ihn nicht getötet hatte. Sie sagen seither: „Bei den Christen muss man aufpassen. Ihr Gott hilft ihnen immer.“

Die Frucht dieses misslungenen Giftanschlages war, daß einige Moslemfamilien sich bekehrten, aber nicht die betreffenden Giftmischer.

Wer unter den Moslems sich bekehrt, muss täglich auf seinen Tod gefasst sein. Es ist ein Leben in ständiger Todesbereitschaft. Das ist eine heilsame Lektion und Situation für die, die dort Christen werden.

Und doch kommt Gott auch mit den Giftmischern zum Ziel. Er gebraucht viele Mittel und Wege, um diese Moslems zu finden.

So betete ein Christ mit einem Moslempriester, der geisteskrank war. Auf Grund des Gebetes wurde er gesund. Er folgte dann Jesus nach. Den mohammedanischen Gouverneur ärgerte es, daß der Mann, der schon 38 Jahre Priester gewesen war, Christ geworden ist. Die Soldaten holten ihn. Unter drohenden Waffen wurde er verhört: „Warum bist du Christ geworden?“ Er antwortete: „Ich war geisteskrank, und der Herr Jesus hat mich gesund gemacht, darum bleibe ich bei ihm.“ Es war ein Wunder, daß sie ihm nichts taten, sondern ihn unbehelligt heimgehen ließen. Die Moslems, die Christen geworden waren, wurden ja manchmal von den Soldaten geprügelt oder auch kurzerhand ins Gefängnis gesteckt.

Auch die Moslemkinder hat Gott sich als Werkzeuge zugerüstet. Pastor Christophorus hatte einmal den Kindern den Vers beigebracht „Das Blut des Lammes reinigt uns und machet alles neu“. Als dann am nächsten Freitag, dem Sonntag der Moslems, in der Moschee Gottesdienst war, zogen die Kinder an der Moschee vorbei und sangen dieses Lied. Pastor Christophorus erschrak, ging hinaus und wollte die Kinder beschwichtigen. Da sah er, daß der Sohn des Moslempriesters mitsang. Dann ließ er es geschehen. Vielfach werden die Eltern durch ihre eigenen Kinder auf den Herrn Jesus hingewiesen.

Bei einem Gottesdienst der Moslems wurde heftig gegen die Christen gehetzt. Die Christen hatten sich in der gleichen Zeit zum Gebet versammelt, weil sie einen Angriff fürchteten. Es kam anders. Als der Moslempriester um 10 Uhr morgens die Moslems zu einem Angriff gegen die Christen anstachelte, lief ein Moslem aus der Moschee heraus und gerade auf das Haus von Pastor Christophorus zu. Er sagte dem Pastor: „Ich will Christ werden.” Christophorus fürchtete eine Falle und zögerte. Der Moslem sagte:

„Du zweifelst. Ich sehe, du hast hier Schweinefleisch. Gib mir davon zu essen, damit du überzeugt bist.” Den Moslems ist ja Schweinefleisch ein Greuel. Er aß davon und sagte: „Gib mir auch für meine Familie. Wir machen Schluss mit der Moschee und kommen alle zum Herrn Jesus.“ So geschah es auch. Die ganze Familie bekehrte sich. Das war die Antwort Gottes auf die Hetzerei des Priesters und das Gebet der Christen.

Ein Moslem mit Namen W. bekehrte sich. Er brachte auch seine ganze Familie und seine Nachbarn zu Jesus. Nicht lange danach brachten ihn die Moslems ins Gefängnis. Eines Nachts kam seine Frau angerannt: „Mein Reisfeld brennt ‑ vermutlich auch ein Racheakt der Verfolger ‑, kommt und helft mir löschen!“ Die Christen eilten zu Hilfe, denn der Reis war reif zur Ernte. Sie konnten allerdings nicht löschen, weil es die regenlose, trockene Zeit war. Es war kein Wasser da. Da knieten die Christen am Reisfeld nieder und baten den Herrn um Hilfe. Das Wunder geschah. In kurzer Zeit, unmittelbar nach ihrem Gebet, sandte der Herr Regen, obwohl es nicht Regenzeit war. Der Brand wurde rasch gelöscht. Die Ernte war gerettet. Durch dieses Wunder bekehrten sich wieder zwei andere Familien. So muss auch die Verfolgung dazu dienen, daß das Reich des Herrn gebaut wird.

Bei den Moslems gibt es viele Zauberer. Selbst die meisten der Priester üben nicht ihre Macht durch den Koran aus, sondern durch Magie. Bei seiner Verkündigung stieß Christophorus eines Tages auf drei Zauberer. Er kam mit ihnen ins Gespräch und wies sie auf Jesus hin. Zwei von ihnen bekehrten sich. Der dritte war reich und hing an seinen Gütern. Christophorus besuchte ihn und wies ihn auf das Wort hin: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele.“ Der Zauberer wehrte sich und lehnte Jesus ab. Neun Tage später starb er ganz unerwartet, ohne jegliche Erkrankung gehabt zu haben.

Das Evangelium läuft. Weder Gift noch Drohungen, noch Mordanschläge können den Geist Gottes an seinem Werk hindern. Was ist das für ein wunderbares Geschehen in Indonesien! Und das alles ohne die übliche Schwärmerei, mit der man so oft eine Erweckung vortäuschen will.

In den letzten Jahren waren auf Sumatra viele Christen im Gefängnis. Auch das war des Herrn Wille. Die Christen sind dadurch oft den üblichen Mordanschlägen entkommen. Dazu haben sich andere Gefangene und Aufseher durch ihr Zeugnis im Gefängnis bekehrt.

Einer der bekanntesten Gefangenen war der Leiter der Moslemmission. Er war wegen politischer Dinge verurteilt worden. Auch er fand im Gefängnis durch den Dienst der Christen den Herrn Jesus. Als er entlassen wurde, marschierte er 75 Kilometer zu Fuß, um sich in der nächsten christlichen Kirche taufen zu lassen. Er hat also das außerhalb des Gefängnisses bewährt, was er innerhalb gehört und gelernt hatte.

Der Geist Gottes wirkt in der Erweckungszeit unter den Moslems. Der Herr Jesus verherrlicht seinen Namen. Es ist aber auch zugleich eine Zeit der Verfolgung, eine Epoche dämonischer Angriffe. Und das gehört notgedrungen dazu.

Die Moslems arbeiten mit allen Mitteln. Sie schleichen sich in geschlossene christliche Versammlungen ein, um die Christen auszukundschaften. Sie fälschen Ausweise. Sie schicken Polizei und Soldaten vor. Sie bringen Christen in die Gefängnisse. Gift und Brandstiftung ‑ alles passt in ihr Konzept. Sie isolieren die Christen. Sie entlassen sie aus den bisherigen Ämtern. Alle Regierungsstellen werden „sauber” gehalten. Wenn ein Moslem sich bekehrt, verliert er sofort seinen Posten. Und doch behält der Herr Jesus das letzte Wort. „Das Reich muss uns doch bleiben.”

Trotz aller Bedrängnis festigt sich die Gemeinde der bekehrten Moslems. Es sind jetzt schon 1400 Christen, alle ehemalige Moslems und Feinde des Kreuzes Christi. Seit 1965 haben sie eine eigene Bibelschule in Tendjung Enim, die von 30 jungen Serawai besucht wird. Ehemalige Giftmischer verkündigen nun das Evangelium. Es sind von Südsumatra aus auch andere Moslem‑Inseln, Lombok und Sumbaja, besucht worden. Auch dort festigt sich die Arbeit für den Herrn Jesus.  –  Kurt Koch

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[1] Dr. Koch schrieb diesen Artikel um ca. 1984. Heute, Oktober 2001, leben in Deutschland ca. 4 Millionen Moslems, in Europa zusammen über 20 Millionen. Die derzeitige Anzahl der Moscheen in Deutschland liegt bei ca. 2200.

Letzte Beitragsdurchsicht von Horst Koch, im August 2016




Kommt ein islamisches Weltreich? (Al-Masih)

Abd-Al-Masih

KOMMT EIN ISLAMISCHES WELTREICH?

Hintergründe der Entwicklungen in der Welt des Islam und in Israel

I. Entstehung und Zerfall der islamischen Großreiche seit der Reformation 


1. Aufstieg und Zerfall der osmanischen Großmacht im Mittelmeerraum

2. Entstehung und Zerfall des Reiches der Großmogulen in Indien

3. Entstehung und Zerfall der islamischen Sultanate in Indonesien

4. Aufstieg und Zerfall der islamischen Sultanate in Schwarzafrika

5. Brachte der Zweite Weltkrieg die entscheidende Wende für den Islam?

II. Die Hintergründe der Entwicklungen im Nahen Osten seit 1948

1. Die Entstehung des Staates Israel

2. Der Sozialismus in Israel und in den islamischen Ländern

3. Die religiösen Erneuerungsbewegungen bei den Moslems u. den Juden


4. Der Zusammenbruch des Ostblocks
5. Die Bevölkerungsexplosion der islamischen Völker
6. Kann eine Vereinigung der Religionen den Weltfrieden bringen?

7. Kommt ein islamisches Weltreich in der nahen Zukunft?

I. Entstehung und Zerfall der islamischen Großreiche seit der Reformation

Einleitung
Berichte über die Ereignisse im Nahen Osten und in der Welt des Islam sind ein fester Bestandteil in der Presse und im Fernsehen geworden. Mit dem Jom-Kippur-Krieg im Jahre 1973 trat die Renaissance des Islam in das Bewußtsein der Völker. Die Folgen sind in allen Erdteilen sichtbar geworden. Diktatoren mit Charisma reißen immer wieder die Massen der Moslems mit sich und wecken in ihnen die Hoffnung auf ein islamisches Großreich, das die ruhmvollen Tage vergangener Zeiten wiederbringen soll. Wer die Träume und Motive der Moslems von heute verstehen will, muß sich in die eindrucksvolle Geschichte ihrer Großreiche und Sultanate in Asien und Afrika vertiefen. In der Vergegenwärtigung ihrer Vergangenheit können die Besitzansprüche und Entwicklungen in der Welt des Islam und in Israel besser verstanden werden.

1. Aufstieg und Zerfall der Osmanischen Großmacht im Mittelmeerraum

Die Kreuzfahrer wurden um 1300 in Akku endgültig besiegt und nach 200jähriger Herrschaft aus dem Nahen Osten vertrieben. Dschingis Chan (ein Mongolenfürst, gest. 1227) und seine Nachkommen hatten von 1220 bis 1260 ganz Zentralasien und Europa, von Xian, der damaligen Hauptstadt Chinas, bis zur Oder bei Liegnitz (1242) erobert und dem arabischen Kalifat in Bagdad 1258 ein Ende gesetzt. Die Eroberer akzeptierten nach kurzer Zeit den Islam mit seinem Recht auf Heilige Kriege zusammen mit Sitten des mongolischen Schamanismus als ihre eigene Religion. Die Osmanen, ein Zweig dieser asiatischen Völkerbewegung, die schon früher den Islam angenommen hatten, besetzten zu jener Zeit Kleinasien, überschritten 1354 die Dardanellen und brachten Teile Griechenlands und Bulgariens unter
 ihre Herrschaft.

Der Einfall Tintur Lenks (ein Enkel Dschingis Chans) und sein Sieg über die verwandten Osmanen bei Ankara (1402) stoppte für kurze Zeit deren Vormarsch auf dem Balkan. Timur Lenk, ein Moslem richtete nochmals mit rücksichtsloser Grausamkeit ein zentralasiatisches Großreich auf, das Samarkand, Bagdad, Damaskus und Delhi umfaßte.

1453 fiel Konstantinopel in die Hände der Osmanen, jenes Bollwerk, das die Christenheit Europas 1000 Jahre lang gegen die Anläufe des Islam und der Völker Asiens geschützt hatte.
Seit diesem bedeutenden Sieg drangen die Türken auf dem Balkan unaufhaltsam vorwärts. 1512 fiel Belgrad, 1529 standen sie das erste Mal vor Wien, 1664 bereits am Gotthard und 1683 das zweite Mal vor Wien. Die Türkengefahr hat viele europäische Herrscher so stark beschäftigt, daß sie die Reformation Luthers vorübergehend duldeten.

Im gleichen Zeitraum waren die Osmanen über Damaskus (1516) nach Mekka (1517), Kairo und Tunis (1531) vorgestoßen. Bagdad und der ganze Irak fielen 1534 in ihre Hände. Der Kaukasus und das westliche Persien folgten 1630. Damit hatten die Osmanen den Höhepunkt ihrer Macht erreicht und die Ursprungsländer des Islam, den Balkan, die Krim und den Kaukasus unter ihre Kontrolle gebracht.

In der Zwischenzeit waren die Völker Europas unter der Führung Habsburgs aufgewacht und hatten gemeinsam die Türken bei Wien besiegt. Der Kampf um Belgrad sollte (trotz des Sieges von Prinz Eugen 1717) beinahe 200 Jahre lang (1688-1867) dauern. Serbien wurde erst 1882 nach 370 jähriger türkischer Besatzung vom Islam befreit, Bosnien 1908, Albanien 1912 und Mazedonien 1913. Der Haß gegen die früheren Unterdrücker wird heute in
 Bosnien-Herzegowina erneut sichtbar.

In der gleichen Zeit, in der Österreich-Ungarn immer mehr erstarkte, begannen die Zaren die Krim (1783) zu erobern. Von 1805 bis 1878 dauerten die Kaukasus-Kriege an. 1829 eroberte Rußland Armenien und das Donau-Delta. 1853 entbrannte nochmals der Krieg auf der Krim zwischen Russen und Türken, an deren Seite Engländer und Franzosen kämpften. Er dauerte bis 1856. General Kaufmann eroberte für den Zaren 1865 Taschkent, Buchara und Samarkand. Ein großer Teil der zentralasiatischen Reiche Dschingis Chans und Timur Lenks war damit in die Hände der Zaren gefallen und kam später unter die Herrschaft der UdSSR.

Unterdessen waren, neben Habsburg und Rußland, auch die westlichen Kolonialmächte auf der politischen Bühne des nahen Ostens erschienen. Die Französische Revolution hatte 1789 ein neues Zeitalter eingeleitet. Napoleon kämpfte von 1798 bis 1801 in Ägypten und im Nahen Osten. Mit 32000  Mann erschütterte er die nahöstliche und die islamische Welt durch seinen Sieg über das osmanische Heer bei den Pyramiden von Gizeh (21.7.1798).

Algerien wurde 1830 französisch. 1869 folgte die Einweihung des Suez-Kanals, den die Franzosen erbaut hatten. Tunesien wurde 1881 an Frankreich angegliedert. Die Engländer trotzten 1882 den Franzosen Ägypten wieder ab, um in den Besitz des Suez-Kanals zu gelangen, der für sie den Seeweg nach Indien um die Hälfte verkürzte. Aden war schon 1839 von den Engländern annektiert worden. 1899 warf Kuwait das osmanische Joch ab und stellte sich unter die britische Oberhoheit.

Die rasante Industrialisierung Westeuropas und der USA brachte 1875 die Entwicklung des Benzin-Autos und 1903 den ersten Motorflug. Das erste Erdöl wurde 1908 in Persien entdeckt. Die Katastrophe des Ersten Weltkrieges besiegelte 1917 endgültig den Untergang des Osmanischen Reiches. Im April 1920 wurden in San Remo Syrien und der Libanon Frankreich, der Irak und Palästina England unterstellt. Der Vertrag von Sèvres (10.8.1920) legalisierte die Zerstückelung des Osmanischen Reiches, das 400 lange Jahre den östlichen Mittelmeerraum, die Arabische Halbinsel, den Balkan und den Süden Rußlands beherrscht hatte.

Was war die Folge des Zusammenbruchs der 400 Jahre alten Großmacht am Bosporus? Es entstanden zwei Dutzend kleine Kolonien und Protektorate, die fast alle von England, Frankreich oder Rußland beherrscht wurden. Die Kolonialherren sollten sich jedoch nicht lange über ihre Beute freuen. Die arabischen Völker hatten fünfzehn Generationen lang unter dem Joch der Türken geseufzt und verlangten nun energisch ihre Freiheit. Aufstände, Terrorakte und Bürgerkriege flammten seit 1920 überall in der arabischen Welt auf. Die Türkei hatte sich in den Jahren von 1920 bis 1923 freigekämpft; Ägypten wurde 1922 und der Irak 1932 teilweise unabhängig. Saudi-Arabien proklamierte im gleichen Jahr sein Königreich.

Schon 1927 war im Irak Öl gefunden worden. 1934 wurde die Anglo-amerikanische Gesellschaft in Saudi-Arabien fündig und 1938 in Kuwait. Ein neues Zeitalter dämmerte herauf: Die Macht der Ölländer und ihr Einfluß begannen sich auszuwirken.

Der Zweite Weltkrieg ermöglichte es den meisten arabischen Staaten, die volle Unabhängigkeit zu erlangen. Syrien und der Libanon nützten die Schwäche Frankreichs bereits 1941 aus. Die letzten französischen Soldaten verließen jedoch erst 1946 diese beiden Länder. Jordanien folgte im gleichen Jahr, Libyen 1951, Tunesien und der Sudan 1956, Marokko 1957, Kuwait 1961 und 1962 zuletzt – nach blutigen Kämpfen – Algerien.

Damit waren nach dem Zerfall des großen Osmanischen Reiches und nach einer unrühmlichen Zwischenperiode unter der Herrschaft der Kolonialmächte am Mittelmeer und auf dem Balkan zahlreiche kleine Nationalstaaten entstanden. In ihnen lebten jedoch keine eigenständigen Völker. Die willkürlich gezogenen Grenzen wurden von den Kolonialmächten übernommen. In den 23 arabischen Staaten und in der Türkei lebten 1948 etwa 150 Millionen Moslems. 1993, nach 45 Jahren, ist ihre Zahl auf 250 Millionen angewachsen. Damit hat das Osmanische Reich etwa ein Viertel aller Moslems dem Islam erhalten.

2. Entstehung und Zerfall des Reiches der Großmogulen in Indien

Die Araber waren in ihrem ersten Eroberungssturm durch ganz Persien hindurch bis ins Indus-Tal vorgestoßen, hatten 711 Sind erobert und dort einen islamischen Staat gegründet. Ab 1045 war Lahore Regierungssitz der moslemischen Ghassaniden. Von 1197 bis 1206 unterwarfen die Ghoriden Nordindien und Bengalen dem Islam. Nach dem Zerfall ihrer Herrschaft errichteten die Turkmenen in Delhi (1206) ein eigenes Sultanat. Die Ruinen einer Koranschule mit ihrem eigenwilligen Minarett sind bis heute noch Zeugen ihres Vordringens nach Indien. Zwischen den Feldzügen Dschingis Chans (1221 in Delhi) und Timur Lenks (1389 in Delhi) wurde der Norden Indiens immer wieder von Persern, Afghanen, Türken und äthiopischen Sklavenheeren verheert und ausgebeutet.

Barbur, ein Enkel Timur Lenks, versuchte von 1494 an ein eigenes Reich in Kabul und Samarkand aufzurichten, mußte aber dem Widerstand der Usbeken weichen und errichtete schließlich 1526 in Delhi ein eigenes Sultanat. Von 1556 bis 1605 herrschte sein Sohn, Akbar der Große, über den größten Teil der heutigen Gebiete von Pakistan, Indien und Bangladesch. Eine Inschrift an seinem roten Schloß in Delhi verkündet: ,,Wenn je irgendwo auf Erden das Paradies gegenwärtig war, dann hier, hier gewiß!”

Seine Nachfolger konnten sich 150 Jahre lang behaupten, erkannten jedoch 1683 den Kalifen von Istanbul als das geistliche und politische Oberhaupt des Islam an.
Unter Aurangzeb (1658-1707) erreichte das Reich der Mogulen seine größte Ausdehnung, und zwar bis weit in den Süden Indiens hinein. Seine Macht begann jedoch nach dem Tod Aurangzebs langsam zu zerfallen.

Die Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama (1497/98) hatte für die seefahrenden europäischen Mächte (Portugal, Spanien, Holland, England und Frankreich) neue Horizonte eröffnet und eine neue Situation geschaffen. Sie errichteten in großer Eile Stützpunkte an der indischen Küste.

Die Erbstreitigkeiten zwischen den Mogul-Herrschern, Persern, Afghanen und Hindus wurden besonders von der britischen Handelskompanie für Ostindien (gegründet 1600) geschickt ausgenützt. Sie gewann immer mehr an Einfluß und konnte überall in Indien Protektorate errichten. Nach ihrem Sieg über die Mogulen in der Schlacht von Plassey (1757) konnte sich die englische Kolonialmacht in Indien umfassend festsetzen.

Die East-India-Company regierte von Bombay (1661), Kalkutta (1690) und Madras (1693) aus über ganz Indien, von einigen halbselbständigen hinduistischen Fürstentümern und kleinen europäischen Kolonien abgesehen. 1857/58 folgte, nach einer Meuterei der Hindu- und Moslemtruppen der East-India-Company, die direkte Herrschaft der Krone Englands über den gesamten Raum des heutigen Pakistans, Indiens und Bangladeschs. 1877 ließ sich Königin Viktoria zur Kaiserin von Indien ausrufen. In ihrem Reich lebten mehr Moslems und Hindus als Christen.
Die Kämpfe um die Unabhängigkeit Indiens von den Engländern waren seit 1757 immer wieder aufgeflammt. Großbritannien aber unterdrückte mit harter Hand jeden Widerstand.
Der Religionsphilosoph Jamal al-Din al-Afghani (1839-1897) propagierte den Pan-Islam unter osmanischer Herrschaft, um die Herrschaft der Kolonialmächte über die islamischen Länder zu brechen. Er wird als der geistige Vater der heutigen Renaissance des Islam angesehen.

Mohammed Ali /i/iwa/r verband 1913 die Moslem-Bewegung im großindischen Raum mit dem indischen Nationalkongreß, um gemeinsam mit den Hindus die Briten zu besiegen. Von 1919 bis 1923 arbeitete er eng mit Ghandi zusammen, der mit seinem gewaltlosen Widerstand, mit Fasten und langen Fußmärschen durch Indien die Autorität der Briten immer mehr aushöhlte.
Jinnah arbeitete jedoch seit 1940 bewußt auf einen eigenen Moslem-Staat hin, der Pakistan, „Land der Reinen”, heißen und den Punjab, Kaschmir, das Indus-Tal und Gesamt-Bengalen umfassen sollte.

Der Zweite Weltkrieg zwang Großbritannien Indien 1947 die Unabhängigkeit zu gewähren. Dabei kam es zu einer tragischen Völkerwanderung. Millionen Moslems flohen aus Indien nach Pakistan und eine ähnliche Anzahl Hindus aus Pakistan nach Indien. Unzählige Tote auf beiden Seiten waren die Folge dieser Massenflucht. Ghandi wurde von einem fanatischen Hindu ermordet, weil er der Teilung Groß-Indiens zugestimmt hatte.

1949 kam es zur ersten Teilung Kaschmirs. 1965 entbrannte der Krieg um Kaschmir zwischen Indien und Pakistan nochmals und brachte die zweite Teilung mit sich. Seit Januar 1991 verwüstet erneut ein Terroristen-Krieg dieses  Hochtal am  Himalaya, um seinen Anschluß an das islamische Pakistan zu erzwingen.

1970/71 brach zwischen Bangladesch und Pakistan ein Bruderkrieg aus, weil die Bengalen sich von den Pakistanis vernachlässigt fühlten. Indien unterstützte die Bengalen, um die drohende Umklammerung zu sprengen. So wurde
Bangladesch, das Armenhaus der Welt, 1971 unabhängig.

Das glanzvolle Reich der moslemischen Mogulen war 1757 nach 225 jähriger Herrschaft von den Briten als Kronkolonie annektiert worden. Der indische Subkontinent aber erreichte erst nach 190 Jahren Kolonialherrschaft seine Unabhängigkeit. Heute (1993) leben in Pakistan, Indien und Bangladesch jeweils etwa 110-120 Millionen Moslems. Die Mogulherrschaft hat damit beinahe ein Drittel aller Moslems (350 Millionen) dem Islam erhalten.


3. Entstehung und Zerfall der islamischen Sultanate in Indonesien

Der Monsun hatte um die Jahrtausendwende oder schon früher arabische Händler, Sufis und Rechtsgelehrte nach Südindien (Kerala) getrieben und sie bis zum Westende der 13 000 Inseln vordringen lassen, die heute Indonesien bilden.

Als die Portugiesen 1498 den Seeweg nach Indien entdeckten, drangen sie bis zu der Inselgruppe der Molukken und nach Timor vor. Sie gründeten in Malakka, an der Schiffahrtsstraße nach Singapur, und in Acheh, am Nord-Westende Sumatras, Handelsniederlassungen in der Nähe arabischer Zentren. Die Portugiesen konnten sich jedoch nicht lange behaupten. Das Eindringen der Europäer in den Handelsbereich der Araber hatte zur Folge, daß sich (zur Zeit der Reformation Luthers) ein islamischer Staat von Acheh aus in Westsumatra bildete (1524-1637). Dort residierte ständig ein Botschafter Mekkas, der die neuesten Entwicklungen der islamischen Gesetze, der Theologie und der Wissenschaft vermittelte. Acheh erreichte seinen kulturellen, wirtschaftlichen und militärischen Höhepunkt unter Sultan Iskandar Muda (1607-1636)

Größere Gebiete in Malaysia und in Nordsumatra, die an der Schiffahrtsstraße nach Singapur liegen, wurden vom Sultanat Malakka aus beherrscht. Palembang war schon 1440 vom Islam erreicht worden. Bis 1624 hat der Islam von Acheh und Malakka aus beinahe ganz Sumatra durchdrungen und dominierte mit seinem arabischen Einfluß über die vorhandenen animistischen und hinduistischen Kulturen.

Das volkreiche Java wurde von Demak (1518-1550) und Pajang aus (1568-1586) mit Hilfe von islamischen Mystikern (Walisongo) missioniert. Banten (Bantam) wurde 1526 von Demak aus erobert, formte aber bald sein eigenes Herrschaftsgebiet unter Sultan Fatahillah und kontrollierte die strategisch wichtige Sunda-Straße.

Sultan Agun (1613-1646) beherrschte von Matarant aus beinahe ganz Java (außer dem Westzipfel um Banten). Der mystische Einfluß des Hinduismus prägte den Islam in Java mit einer ungesetzlichen, toleranten Auffassung bis heute. Auf Sulawesi (Celebes) wurde von Makassar aus seit 1605 der Islam verbreitet und erlebte seinen Höhepunkt unter dem Fürsten Hassan al-Din, dessen Einfluß von Kalimantan (Borneo) bis Neu-Guinea und von Lombok bis zu den Süd-Philippinen reichte.

Schon seit 1521 gab es in Nord-Kalimantan (Nord-Borneo) islamische Sultane, die ihren Regierungssitz in Brunei, dem heutigen Ölförderzentrum, hatten. Der von den Portugiesen 1498 entdeckte Seeweg nach Indien und Indonesien hatte zunächst die Übernahme des Gewürzhandels zum Ziel, der bis dahin von den Arabern beherrscht worden war. Diese hatten ihre Güter mit kleinen Segelschiffen nach Oman oder Ägypten zurückgebracht, von wo aus sie auf Kamelrücken zum Mittelmeer transportiert wurden.

Im Zuge der protestantischen Reformation in Europa bekämpften die Holländer die katholischen Portugiesen und Spanier auch in Indonesien. Erst nach einem 80 Jahre dauernden Religionskrieg gegen die Spanier (1567-1648) wurde den Holländern 1648 im Westfälischen Frieden die Unabhängigkeit zugesprochen. Im Rahmen dieser langen Kämpfe hatten sie eine starke Flotte geschaffen, mit der sie in der Lage waren, fernöstliche Gebiete zu erobern und die Gewürze Indonesiens samt anderen Gütern nach Amsterdam zu bringen.

Die Holländer besetzten 1596 Banten, eröffneten eine Niederlassung in Ambon 1599, fassten 1616 in Palembang Fuß und gründeten 1619 den Stadtstaat Batavia auf Java, aus dem sich das heutige Djakarta 20  entwickelte. Malakka wurde 1641 von ihnen eingenommen, Acheh 1649, Makassar und Sulawesi (Celebes) 1648-1667 und Timor 1653.

Die pragmatisch denkenden Briten brachten jedoch wenig später die strategisch wichtige Schiffahrtsstraße nach Singapur unter ihre eigene Herrschaft. Malakka fiel 1795 in ihre Hände. Singapur wurde 1819 gegründet. Sie akzeptierten daß die dahinterliegenden Inseln von ihren Verbündeten, den Holländern, beherrscht wurden. Über 300 Jahre lang unterstand Niederländisch Indien, ein Gebiet so groß wie Europa, der Herrschaft Hollands.

Seit 1920 formierte sich auf vielen Inseln eine kommunistische Partei. Die Holländer schlugen den ersten kommunistischen Aufstand 1926 mit Waffengewalt nieder. Während des Zweiten Weltkriegs (1942) besetzten die Japaner die wichtigsten Inseln Niederländischindiens, mußten aber 1945 kapitulieren und alle besetzten Gebiete wieder herausgeben.

Präsident Ahmad Sukarno rief am 17. August 1945 die Unabhängigkeit Indonesiens aus. Erbitterte Freiheitskämpfe gegen die Holländer folgten bis 1949. Mit der Unabhängigkeit Indonesiens war der größte islamische Staat der Erde entstanden, in dem bei 200 Millionen Einwohnern etwa 175 Millionen Moslems leben, die 15 Prozent des Islam darstellen.

Sukarno sympathisierte eine Zeitlang unter dem Einfluß des nahen Rot-Chinas mit dem Sozialismus. 1949 wagten es die Kommunisten ein Kommunistisches Indonesien auszurufen. Diese Proklamation wurde jedoch von der Regierung sofort dementiert und die kommunistische Partei unterdrückt. Am 1. Oktober 1965 kam es erneut zu einem kommunistischen Putschversuch. General Suharto konnte den detailliert vorbereiteten Aufstand blutig niederschlagen und wurde im März 1966 Ministerpräsident und 1968 Staatspräsident Indonesiens.

Die moslemischen Sultanate Indonesiens sind unter der 300jährigen Herrschaft der Niederlande politisch weitgehend entmachtet worden. Erst der gescheiterte Kommunisten-Aufstand von 1965 ließ der blutigen Rache der Moslems an den von Fremden beeinflussten Atheisten freien Lauf.

Nach diesem Aufstand wurde die Pancasila, eine anti-atheistische Weltanschauung, als Grundgesetz für Indonesien verfaßt, eingeführt. Sie verlangt, neben der Gleichberechtigung aller gottgläubigen Religionen, die Zugehörigkeit eines jeden Indonesiers zu einer der fünf Hauptreligionen, die auf den 13 000 Inseln praktiziert werden. Die Pancasila stellt die Zusammenfassung der indonesischen Geschichte mit ihren multikulturellen Strömungen dar. Sie wird jedoch von Saudi-Arabien, Brunei und Malaysia strikt abgelehnt. Mit finanziellen Hilfen, strategischer Planung und Ausbildung indonesischer Schariajuristen wird die Renaissance des Islam auch in Indonesien vorwärts getrieben. Der Ruf nach der Einführung der Scharia wird lauter. Die Mehrzahl der mystisch gesinnten Moslems aber lehnen einen legalistischen Islam bis heute noch ab.

4. Aufstieg und Zerfall der islamischen Sultanate in Schwarzafrika

Der Islam war zur Zeit der Reformation Dr. Martin Luthers schon weit über die Sahara hinaus in die Sahelzone vorgestoßen. Auch hatten die seefahrenden Moslems von Oman aus an der Ostküste Afrikas zahlreiche Handelszentren geschaffen. Bis dahin waren allerdings in Schwarzafrika keine bemerkenswerten islamischen Machtzentren entstanden. Dies hatte mit der Ablehnung und Verurteilung der Animisten im Koran zu tun, die getötet oder versklavt werden sollten, falls sie den Islam nicht annahmen. Damit zeigte sich der Islam bei der Mehrheit der Schwarzen als unduldsame und unerwünschte Religion. Die Sklavenjagden der Moslems sind bis heute noch bei vielen Afrikanern unvergessen.

Elfenbein, Gold, Weihrauch, Bücher, Waffen und Sklaven waren jedoch begehrte Handelswaren, die den Moslems trotz Ablehnung und Haß die Tür nach Schwarzafrika öffneten.
Das änderte sich aber mit dem Erstarken der Portugiesen und der Entdeckung des Seeweges nach Indien und Indonesien. Die portugiesischen Seefahrer gründeten  Handelsniederlassungen  und bauten Festungen an der Ostküste Afrikas, um ihren Seeweg nach Indien und Indonesien zu sichern. Sie erreichten 1502 Mosambik und besetzten im gleichen Jahr die wichtige Insel Sansibar. 1505 landeten sie in Mombasa und 1506 in Lamu. Damit hatten sie die wichtigsten strategischen Städte Ost-Afrikas in ihre Hand bekommen.

Das vom Islam wegen seiner karitativen Hilfe für moslemische Asylanten tolerierte christliche Königreich Abessinien bekam durch die Präsenz der Portugiesen Aufwind und verlangte von den Moslems in Nordsomalia Tribut. Das führte zum Heiligen Krieg mit Ahmed Grans von Harar aus (1506-1543). Er versuchte, das Joch der Christen abzuschütteln. Sein Reich Adal wurde jedoch von den Portugiesen, von ihrer Festung Gondar aus, überwunden.

Die Sultane von Oman, die an der äußersten Ostspitze der Arabischen Halbinsel residierten, sahen ihren Handel, durch das Auftauchen der Portugiesen bedroht, die ihnen ihre Niederlassungen an der Ostküste Afrikas streitig machten. Im Laufe der Zeit eroberten die Omanis die strategisch wichtige Insel Sansibar zurück. Sie gründeten dort ein islamisches Sultanat, das 1856 selbständig wurde und als ein ganz Ostafrika prägendes Machtzentrum des Islam bis zur Vereinigung von Tanganjika und Sansibar in Tansania (1946) bestand.

Im heutigen Sudan, nördlich von Khartum, existierte das christliche Königreich der Nubier, seit dessen Königin Kandake ihren Kämmerer nach Jerusalem geschickt hatte. Die dortigen Christen wurden von den Fundsch überrannt, die Animisten waren und später Moslems wurden. Ihr Reich am Zusammenfluss des Blauen und Weißen Nils bestand vom 16. bis ins 18. Jahrhundert, ging aber später in den Besitz des moslemischen Sultanats Darfur-Kordofan über.

Im gleichen Gebiet verkündigte Mohammed Ahmed am 29. Juni 1881, daß er der von vielen Moslems erwartete Mahdi sei und ihnen den ,,Gottesstaat der Gerechtigkeit” bringen würde. Sein Mahdi-Aufstand führte 1885 zur gewaltsamen Besetzung Khartums. Sein theokratischer Staat, in dem die Scharia streng durchgeführt wurde, umfaßte den größten Teil des heutigen Sudan. Das rigorose Vorgehen des Mahdi, auch gegen die Ausländer, führte zu einem Feldzug britischer Truppen unter Lord Kitchener, der 1893 das Ende des Mahdi- Reiches herbeiführte. Die Reformgedanken der Sufis aber leben im Sudan bis heute weiter.

Im Herzen Afrikas, in Nigeria, hatten sich die verfeindeten Hausa-Stadtstaaten Katsina, Kano, Zaria und andere dem Islam geöffnet, hielten jedoch gleichzeitig an animistischen Bräuchen fest. König Mohammed Rumfa von Kano (1463-1499) versuchte, dem Aberglauben durch das Fällen eines heiligen Baumes in der Nähe der Moschee ein Ende zu setzen. Seine Mühe war jedoch vergeblich! Die Vermischung von Islam und Aberglauben hielt in Westafrika weiterhin an. Der Durchbruch zum islamischen Staat ging 1680 vom Gebiet des heutigen Senegambia aus. Dort begannen die Heiligen Kriege der Fulanis, die sich 1725 ins Futa-Tschalon-Gebiet (anderssprachige Schreibweise: Futa-Jalon) und 1776 bis Futa Toro ausweiteten. Zum Schluß sprang der Funke ins 1600 km entfernte Gebiet der Hausa über. Dort rief Osman dan Fodio (anderssprachige Schreibung: ‘Uthman Dan Fodio) 1804 zum Heiligen Krieg auf, der, von Hausas und Fulanis gemeinsam getragen, zur Bildung des Sultanats von Sokoto führte. Bis zum Jahre 1850 hatten seine Krieger Adamawa, Illorin und Gombe in ihr islamisches Reich eingegliedert. Das Kalifat von Sokoto sollte über das Jahr 1938 hinweg Bestand haben und seinen Einfluß bis heute in die umgebenden Länder aufrechterhalten.

Der Heilige Krieg der Moslems in Westafrika (1775-1844) pflanzte sich bis zum nördlichsten Punkt des Niger-Flusses fort und erreichte schließlich die Gelehrtenstadt Timbuktu mit ihren 150 Koranschulen. Schon 1493 bis 1591 hatte das bedeutende Songhai-Reich versucht, in diesem Teil des West-Sudan das Nebeneinander von Animismus und Islam zu überwinden. Doch auch die Heiligen Kriege konnten den Eingott-Glauben der Moslems nicht vom Einfluß der Zauberei und Magie reinigen.

Alle diese islamischen Sultanate in Schwarzafrika waren jedoch nicht in der Lage, der liberalen Aufklärung und der modernen Waffentechnik der europäischen Kolonialmächte zu widerstehen. Außer Liberia und Äthiopien wurden bereits 1890 die meisten und bis 1914 alle islamischen Staaten von europäischen Mächten beherrscht.

Die Kolonialmächte Europas vermochten jedoch die Moslems in Schwarzafrika nicht lange zu beherrschen. Durch die beiden Weltkriege unglaubwürdig geworden, sahen sich die europäischen Mächte gezwungen, den nach Unabhängigkeit strebenden islamischen Völkern Schwarzafrikas in den Jahren 1960/61 die Freiheit zu gewähren. Die Bevormundung und Unterdrückung durch die Europäer hatte bei den meisten dieser Völker weniger als 100 Jahre gedauert. Doch das Trauma von der Vorherrschaft der Weißen sitzt tief im Unterbewußtsein der Araber und der Schwarzen. Deshalb kommt die Renaissance des Islam einem Akt der Selbstfindung dieser islamischen Völker gleich. Insgesamt leben in den Ländern südlich der Sahara und in Ostafrika 120 Millionen Moslem, die ein Zehntel des Islam darstellen.

5. Brachte der Zweite Weltkrieg die entscheidende Wende für den Islam?

Die Geschichte der islamischen Staaten von der Reformation bis in die heutige Zeit weist mehrere epochale Entwicklungen auf:

a. Die zentralasiatischen Reiche Dschingis Khans und Timur Lenks zerbrachen die Reste der arabischen Vorherrschaft und beendeten das Kalifat in Bagdad. Die Eroberer akzeptierten schnell die höherstehende Kultur und Religion der Moslems. Die anstürmenden Mongolenheere drängten die Osmanen in Richtung Balkan und bereiteten den Siegeszug der Türken durch die arabischen Länder vor. Das glanzvolle Reich der islamischen Mogulen in Pakistan, Indien und Bangladesch war ein anderer Zweig dieser Mongolenstürme. Die beiden islamischen Großmächte der Osmanen und Mogulen prägten mit ihrer Macht und ihrem Glanz die Geschichte des Islam von der Reformation bis in die Neuzeit.

b. Die Eröffnung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama brachte den europäischen Völkern eine neue Vision. Ostafrika, Indien und Indonesien lagen seit der Reformation offen vor den seefahrenden Nationen. Eine Welle europäischer Kolonialisierung folgte. Die Portugiesen errichteten Stützpunkte an den Küsten Afrikas und Asiens. Die Großmogulen wurden von den Briten besiegt; die Sultanate Indonesiens von den Holländern unterworfen. Einige der schwarzafrikanischen Herrscherhäuser blieben symbolisch erhalten, weil sie sich den europäischen Besatzungsmächten unterordneten. Der Erste Weltkrieg besiegelte den Untergang des Osmanischen Reiches. Das Ergebnis dieser europäischen Kolonialisierungswelle war die Zerschlagung der islamischen Großmächte in viele kleine Kolonien, die die Siegermächte untereinander aufteilten.

c. Spätestens der Zweite Weltkrieg machte jedoch die Vorherrschaft der Europäer über die islamischen Völker unmöglich, so daß von 1945 bis 1962 alle islamischen Staaten in Afrika und Asien unabhängig wurden. Die von den Kolonialmächten willkürlich gezogenen Grenzen sind von den neuen Nationalstaaten weitgehend übernommen worden. Aus der Zerschlagung und Besetzung der islamischen Großreiche und Sultanate waren damit viele kleine selbständige und oft untereinander verfeindete islamische Nationalstaaten entstanden.

d. Der Traum der islamischen Völker (der von ihren Herrschern selten geteilt wird) ist ein panislamisches oder zumindest panarabisches Großreich. Persönlichkeiten wie Gamal Abd al-Nasser, Khomeini oder Saddam Hussein waren und sind nicht nur bei ihren eigenen Völkern beliebt, sondern wurden von der gesamten islamischen Welt als Hoffnungsträger stürmisch begrüßt. Die islamische Welt wartet auf den Mann mit der starken Hand, der die einheimischen Herrscher mit ihren einander widerstrebenden Interessen und die feindlichen Großmächte eindeutig in die Schranken weist und dem Islam zum Sieg und zu neuer Weltgeltung verhilft. Die Macht des Erdöls soll dabei als Triebkraft in der Renaissance des Islam wirken.

II. Die Hintergründe der Entwicklungen im Nahen Osten seit 1948 und die islamische Renaissance

1. Die Entstehung des Staates Israel

Der Staat Israel ist, politisch gesehen, ein Nebenprodukt der Zerschlagung des Osmanischen Reiches. Bereits 1897 hatte der erste Zionistische Kongreß in Basel Palästina zum alleinigen Ziel der zionistischen Siedlungsbewegung erklärt. Zuvor hatte Theodor Herzl beim Sultan in Istanbul mehrere Male demütig um Siedlungsrechte für die verfolgten Juden Europas in Palästina gebeten, jedoch nie eine Zusage erhalten. Trotzdem begann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine zahlenmäßig schwache Einwanderung der Juden in Palästina. Im Jahr 1917 hatten die Engländer in der Balfour-Erklärung Bankier Rothschild in Paris schriftlich zugesagt, daß die jüdischen Zionisten nach einem Sieg der Engländer im Ersten Weltkrieg eine Heimstätte in Palästina aufbauen könnten. Diese Zusicherung setzte die Zerschlagung des Osmanischen Reiches stillschweigend voraus. Die Heimkehr der Zionisten in das englische Protektorat Palästina konnte jedoch nicht in Ruhe und Frieden erfolgen, denn schon 1923 hatten Terror und Überfälle der Araber auf die jüdischen Siedlungen begonnen. Die Engländer behinderten daraufhin die Einwanderung  der Zionisten  immer  stärker. Das Entsetzen über die Judenverfolgung durch Hitler von 1938 bis 1945 ließ jedoch die Zahl der Einwanderer in Palästina auf 750 000 emporschnellen, so daß eine Wiedergeburt des Alten Bundesvolkes sichtbar wurde.

Als Israel 1948 unabhängig wurde, brach sofort der Gründungskrieg aus, in den alle angrenzenden arabischen Staaten mit ihren Armeen eingriffen. Sie zerbrachen mit ihrer Agrokultur an der Technokultur Israels. Etwa eine Million Palästinenser floh in die arabischen Nachbarländer. Ein Problem, das die Welt bis heute in Atem hält, war damit entstanden. Die Palästinenser wurden von den arabischen Staaten, Jordanien ausgenommen, absichtlich nicht integriert, um als Armee des Hasses bereitzustehen, den Staat Israel zu vernichten.

Weshalb schließen die arabischen Staaten mit Israel keinen Frieden? Die semitischen Völker können nicht ohne weiteres Kompromisse eingehen, weil dies ihr Rechtsverständnis nicht erlaubt. Sie leben noch weitgehend „unter dem Gesetz” und klammern sich mehr als westliche Völker an ihre Rechte und kämpfen dafür.

Die Araber pochen auf die Menschenrechte, da ihre Vorväter seit 1350 Jahren in Palästina das Land bebaut haben. Auch haben sie in der Zwischenzeit von den Vereinten Nationen völkerrechtliche Zusicherungen erhalten. Das islamische Recht, die Scharia, verbietet ihnen den Abschluß eines Friedensvertrags mit einem nicht-islamischen Feind. Sie könnten im Notfall höchstens einem Waffenstillstand zustimmen. Wer Frieden mit Israel schließt, riskiert getötet zu werden.

Die Israelis ihrerseits pochen seit der Gründung ihres Staates auf ihre natürlichen Rechte, ihre historischen Rechte und auf das Völkerrecht, da die meisten Staaten der Vereinten Nationen 1948 das Existenzrecht Israels anerkannt haben. Erst 20 Jahre nach der Staatsgründung begannen einige religiös gesinnte Politiker in Israel das Verheißungsrecht der Bibel zu proklamieren.

Damit kämpfen die Menschenrechte, Paragraphen des Völkerrechts und das islamische Gesetz auf der Seite der Araber gegen das historische Recht, einige Zusicherungen des Völkerrechts und das Verheißungsrecht der Bibel auf der Seite der Juden. Keiner kann nachgeben — um des Gesetzes willen! Er würde sonst die Wurzeln seiner Existenz verraten.

Israel wirkt wie der Pfahl im Fleisch der Araber. Viele Moslems können weder arbeiten noch schlafen, ohne daran zu denken, daß dieser Staat zu Unrecht auf ihrem Territorium gegründet wurde. Sie starren voller Haß auf das kleine Israel, das 1948 etwa 750 000 Juden beherbergte, und versuchten in den letzten 46 Jahren diesen Stein des Anstoßes vergeblich zu zertrümmern. In Wirklichkeit handelt es sich bereits um einen 71jährigen Krieg (1923-1994). Er hat eigenartige Entwicklungen und weitreichende Erschütterungen hervorgebracht, die sich sowohl in Israel als auch in den arabischen Ländern auswirken.


2. Der Sozialismus in Israel und in den islamischen Ländern

Der Staat Israel ist bei seiner Gründung nicht als ,,Gottesstaat“ gegründet worden. Sozialistische Prinzipien prägten seine ersten Jahre entscheidend.

Marx, ein liberaler Jude, und Engels hatten die Ideen der Französischen Revolution (1789) aufgegriffen und im Kommunistischen Manifest (1848) festgelegt. Lenin, ebenfalls ein liberaler Jude, setzte sie in der Oktoberrevolution 1917 in Rußland mit Waffengewalt in die Praxis um. Durch diese Ereignisse wurde der Zionismus in Israel von Anfang an stark sozialistisch beeinflußt und fand in 274 Kibbuzim (Gemeinschaftssiedlungen mit gemeinsamem Besitz) und 390 Moschawim (Genossenschaftssiedlungen mit Eigenvermögen der Einzelnen) seine Ausprägung.

Darüber hinaus wird in der Verteilung des Landbesitzes im Staat Israel der sozialistische Grundgedanke deutlich. 90 Prozent aller Ländereien gehören dem Staat selbst. Nur 3 Prozent des Bodens befinden sich im Besitz einzelner Israelis und 7 Prozent im Besitz von Nicht-Juden.

Die prägende Figur der sozialistischen Periode Israels war David Ben Gurion, der von 1948 bis 1953 und von 1955 bis 1963, also 13 Jahre lang, den werdenden Staat formte. Golda Meir, die ihm (nach Eschkol) von 1969 bis 1974 folgte, verzichtete auf ihr Gehalt als Ministerpräsidentin und ließ es sich in der Höhe des Lohnes eines Busfahrers von Tel Aviv auszahlen. Sie wollte nicht nur vom Sozialismus reden, sondern ihn auch real leben.

Parallel zur sozialistischen Grundprägung des neuen Staates Israel entstand in den arabischen Ländern eine eigene Form des islamischen Sozialismus. Gamal Abd al-Nasser hat von 1956 bis 1970 versucht, seine Version des Sozialismus durchzusetzen. Er ließ die Großgrundbesitzer Ägyptens enteignen, gab ihr Land den Fellachen zur selbständigen Bearbeitung, führte die allgemeine Schulpflicht für alle Schichten der Bevölkerung ein und verstand es, sich als der Held und Führer darzustellen, der die arabische Einheit verwirklichen wolle.

Er verstaatlichte den Suez-Kanal, was 1956 zum Kanal-Krieg und zum Sieg der Israelis, Briten und Franzosen über Ägypten führte. Auf Drohen der UdSSR und unter dem Druck der USA mußten sich die Sieger dieses Kampfes zurückziehen. Gamal Abd al-Nasser aber stellte sich den arabischen Massen als der alleinige Held dar.

Im Jahre 1959 wurde die Fatah, eine Organisation der palästinensischen Widerstandskämpfer, als eine Reaktion auf die Niederlage und den Scheinsieg Ägyptens gegründet. Chruschtschow weihte 1964 eine Baustufe des Assuan-Hochdammes ein, den die UdSSR für Ägypten baute. Im gleichen Jahr wurde die Dachorganisation PLO für alle antiisraelischen Terrorgruppen geschaffen und in die Arabische Liga aufgenommen. 1966 wurden Sayid Kutb und andere Führer der Moslembruderschaft in Ägypten gehängt, weil sie mit Gewalt einen islamischen Staat anstelle des sozialistischen durchsetzen wollten. Nasser hatte verstanden, daß mit dem Rechtsverständnis der moslemischen Fundamentalisten kein Kompromiß zu erzielen war und ihm nur ihre Zerschlagung übrigblieb. Der islamische Sozialismus Nassers fand schnell Eingang in Algerien und in Libyen, im Süd-Jemen, in Syrien und im Irak und hat diese Länder nachhaltig geprägt. Ein gewaltiger Aufbruch schien der arabischen Welt bevorzustehen.

Als jedoch Nasser in seinem Übermut mit großen Worten im Juni 1967 die Meerenge von Tirana sperrte, kam es zum folgenschweren Sechstagekrieg (5.-10. Juni 1967). Die kleine Armee der eineinhalb Millionen Israelis besiegte die Armeen der 150 Millionen Araber in einer Woche! Die gesamte Sinai-Halbinsel, Ost-Jerusalem und die West-Bank wurden von den Israelis besetzt. Hunderttausende von Palästinensern flüchteten von der West-Bank nach Jordanien. Dieser Blitzkrieg Israels bewirkte bei den Arabern einen tiefen Schock. Viele Moslems fragten sich: „Was ist bei uns falsch? Weshalb sind wir so schwach? Ist Allah nicht mehr mit uns?” Eine große Umbesinnung begann sich anzubahnen.

1969 kam es zum sozialistischen Putsch in Libyen; seither regiert Ghaddafi den Wüstenstaat mit Hilfe jener Millionen, die ihm täglich als Gewinn aus seinen Erdölquellen zufließen.
1970 brach ein Bürgerkrieg in Jordanien aus. Die PLO wollte einen eigenen palästinensischen Staat erzwingen. Das jordanische Militär aber  schlug diesen  Aufstand  brutal  nieder,  und  zwar  am Schwarzen  Freitag, dem 17. September 1970. Wieder einmal flohen 150.000  Palästinenser, diesmal von Jordanien in den liberalen Libanon und legten dort die Grundlage für den späteren Bürgerkrieg.

Der Sozialismus Nassers war weder in der Lage, die arabischen Staaten zu einen, noch vermochte er Israel zu besiegen. Die arabischen Völker standen als unfähige Verlierer da. Das führte zu einer Rückbesinnung auf den Islam. Die Religionsscheichs predigten: „Eure Niederlage ist die Strafe Allahs, weil Nasser die Führer der Moslembruderschaft hängen ließ! Hättet ihr besser geglaubt, mehr gebetet, treuer gefastet und die Scharia eingeführt, hätte euch Allah den Sieg über Israel gegeben!”

3. Die religiösen Erneuerungsbewegungen bei den Moslems und den Juden

Die Sozialisierung der arabischen Staaten führte meistens zu Militärdiktaturen. In Syrien ergriff Hafez al-Assad 1971 die Macht. Kossygin unterstützte den Irak mit modernsten Waffen. 1972 wurde die internationale Irak-Petroleum-Kompanie verstaatlicht. Die UdSSR wollte ihren Einfluß auf die arabischen Ölförderländer ausdehnen, da ihre eigenen Ölquellen versiegten oder nur schwer zu erschließen waren.

In Ägypten jedoch brachte der Tod Nassers (1970) die Wende. Anwar al-Sadat, ein kluger Kaufmann, wurde Regierungschef. Er erkannte die Gefahr der sowjetischen Überfremdung und vertrieb 1972 die russischen Experten aus Ägypten. Die Moslembruderschaft wurde wieder geduldet. Eine religiöse Welle begann zu rollen. Langsam wurde die freie Marktwirtschaft eingeführt.

Assad und Sadat begannen, trotz gegensätzlicher Ansichten, zusammenzuarbeiten und fielen unerwartet über Israel her. Der Jom-Kippur-Krieg dauerte vom 6. bis zum 25. Oktober 1973 und veränderte den Lauf der Geschichte im Nahen Osten und in der ganzen Welt entscheidend.

Der anfänglich überraschende Erfolg der Ägypter und Syrer am Bußtag der Juden gab den Arabern wieder das Selbstbewußtsein zurück, das sie im Sechstagekrieg verloren hatten. Dieses wurde auch nicht wesentlich getrübt, als die Israelis sich von ihrem Schock erholten und über den Suez-Kanal nach Kairo, und über Qunaitra auf Damaskus vorstießen. Wieder waren es die UdSSR und die USA, die Israel zum Waffenstillstand und zum Rückzug zwangen. Die Araber hatten jedoch in diesem Krieg begriffen: Israel ist nicht unverletzlich. Wir können uns auch die Fähigkeiten einer modernen Technokultur aneignen.

Der psychologische Erfolg dieses Krieges war für die Araber wichtig. Das Öl-Embargo und die Erhöhung des Ölpreises am 17. Oktober 1973 kann als sichtbarer Beginn für die Renaissance des Islam betrachtet werden. Zunächst erhöhten die OPEC-Länder den Ölpreis um das Vierfache, später um das Zwölffache; schließlich kletterte der Ölpreis auf das 34fache des Wertes vor dem 17. Oktober 1973.

Die Ölländer wurden reich. Die arabische Politik schwamm auf einer Welle von Öl. Der Kauf von modernen Waffen, der Ausbau der Industrieanlagen, die Unterstützung der islamischen Bestrebungen und eine weltweite Missionsstrategie des Islam waren möglich und realisierbar geworden. Die Präsidenten Europas und Japans gaben sich bei den Ölscheichs die Türklinke in die Hand. Ein Umschwung war erfolgt, der weiter reicht, als gemeinhin beachtet wird.

Die Erstarkung des Islam nahm konkrete Formen an. Zunächst wurden alle Missionsversuche der Christen und Kommunisten in den islamischen Ländern gestoppt. Missionare bekamen keine Visa mehr. Aktive einheimische Gemeinden wurden bedroht und verfolgt, Konvertiten gefangengenommen und gefoltert. Mission war fortan nur noch im Untergrund möglich.

Die Reformation des Islam zeigt sich in zahlreichen religiösen Fernseh- und Radiosendungen, in Koran-Fernbriefkursen, in der Gebetspolizei Saudi-Arabiens, im Bau neuer Moscheen und in der Änderung der Mode mit der Verschleierung der Frauen. Gut gedruckte islamische Bücher und Magazine werden zu einem Spottpreis angeboten.

Die Reformation des Islam zeigt sich besonders darin, daß, wo immer möglich, die Gesetze geändert wurden. Der Islam versteht sich nicht nur als eine Religion, sondern hat den Religionsstaat zum Ziel. Die Scharia braucht eine Exekutive, eine Autorität, die das islamische Gesetz durchsetzt. Deshalb müssen die Moslems immer wieder versuchen, stufenweise oder  auf einmal, legal oder durch Umsturz, die Scharia in ihrem Land einzuführen. Bisher ist in Marokko, im Sudan, in Saudi-Arabien, Katar, im Iran, in Pakistan und in Afghanistan die Scharia weitgehend oder nur teilweise eingeführt worden.

Die meisten sozialistischen Staaten widersetzen sich der Einführung der Scharia mit Gewalt. Syrien kämpfte 1982 mit seiner Armee gegen die Moslembruderschaft, und Algerien hat 1991 die demokratische Machtergreifung der Scharia-Partei durch eine Militärregierung gestoppt. Sie wissen, daß wo die Scharia herrscht, Demokratie nicht mehr möglich ist. Ein blutiger Terror regiert seither in diesem flächenmäßig zweitgrößten Land Afrikas.

Die Weltmission des Islam wird mit allen Mitteln einer weltlichen Theokratie betrieben. Finanzen, Wirtschaft, Medien, Politik und Krieg, sowie Familie und Schule werden in den Dienst des Islam gestellt. Bedeutende Firmen Europas und der USA wurden durch Petro-Dollars unterwandert. (14 Prozent von Daimler-Benz gehören Kuwait, Prozent von Krupp dem Iran und 25 Prozent der Höchst AG einem Konsortium von OPEC-Staaten.)

Teile der Staatsverschuldungen wurden von Ölländern übernommen und die Schuldnerstaaten politisch beeinflußt. Banken wechselten den Besitzer, und fruchtbare Ländereien wurden aufgekauft. Die arabische Sprache wird wieder weltweit unterrichtet und der Koran auswendig gelernt. Islamische Universitäten entstehen in London, Moskau, Peking, Seoul, Khartum und in anderen Zentren der nicht-islamischen Welt. Wer Moslem wird, kann ein Stipendium bekommen.

Mischehen sind für manche Moslems ein Mittel, um den Islam auszubreiten. Über 54 000 Deutsche sind bereits Moslems. Der deutsche Botschafter in Marokko, Hoffmann, tritt öffentlich für den Islam ein. Gastarbeiter, Asylanten und Studenten werden aufgefordert, sich als Speerspitze der islamischen Weltmission zu verstehen. Moscheen und islamische Kulturzentren schießen, wo immer möglich, aus dem Boden.

Die Renaissance des Islam hat eine Weltmission in allen Kontinenten zuwege gebracht, die weiter reicht, als die meisten wissen oder erkennen. Idealistisch gesinnte christliche Theologen, Humanisten und Friedensfreunde in Europa und den USA werden in Dialoge verwickelt, denen sie oft nicht gewachsen sind. Der Islam zeigt immer nur so weit sein wahres Gesicht, wie es seinen Zwecken dienlich ist. Im Heiligen Krieg der Moslems sind List und Betrug erlaubt.

Die  Leitfigur  der Moslems für  diese  religiöse Erneuerung wurde Ayatollah Khomeini. Er regierte im Iran von 1979 bis 1989 und wollte das Reich Allahs mit allen Mitteln auf dieser Erde aufrichten. Sein radikaler Fanatismus hat die islamischen Länder positiv und negativ beeinflußt. Die Türkei, Syrien, der Irak und Indonesien haben seine fanatischen Lehren abgelehnt. In Afghanistan jedoch unterwanderte seine Propaganda die Bevölkerung in zunehmendem Maße, so daß die UdSSR keinen anderen Weg mehr sah, als an Weihnachten 1979 einzumarschieren, um ihren Satellitenstaat nicht zu verlieren. In einem zehnjährigen blutigen Krieg besiegte der alte Greis die Großmacht UdSSR. Niemand kann auf die Dauer gegen einen Feind kämpfen, der seinen eigenen Tod im Heiligen Krieg bejaht.

Als der liberale Saddam Hussein sich gegen die Propaganda Khomeinis verteidigte und den Iran am 23. September 1980 angriff, dachte er, ein leichtes Spiel mit den religiösen Fanatikern in Teheran zu haben. Acht Jahre lang dauerte dieser mörderische Krieg zwischen den zwei islamischen Ländern, der als Teil der Reformation des Islam zu verstehen ist. Saddam hätte ihn verloren, wenn er nicht skrupellos seine Gaswaffe eingesetzt hätte. Khomeini mußte wegen der ABC-Waffen des Irak einem Waffenstillstand zustimmen.

In den Bürgerkrieg im Libanon, der von 1975 bis 1990 dauerte, griff der Alte von Ghom ebenfalls ein, indem er 1983 die Selbstmordkommandos der Hisbollah gegen die Kasernen der USA und Frankreichs hetzte. Die USA gingen in die Knie, verließen eiligst den Libanon und übergaben am 29. Februar 1984 diesen Brückenkopf der Christenheit in der islamischen Welt der atheistischen Ordnungsmacht Syrien.

In Israel begann, am 8. Dezember 1987, die von Khomeini inspirierte Hamasbewegung den Intifada-Aufstand. Das führte im Gegenzug, am 15. November 1988, die PLO in Algerien zur Proklamation des Palästinenser-Staates, der von 61 Staaten anerkannt wurde, obwohl er damals noch keine Grenzen und keine Regierung besaß.

Khomeini hat das Erscheinungsbild des Islam grundlegend verändert. Er führte den Heiligen Krieg als legales Mittel der islamischen Weltmission wieder ein und unterstützte jede Art von Terrorismus, der dem Islam dient. Der Westen und der Osten mußten erkennen, daß der Islam nicht nur eine aufs Jenseits ausgerichtete Religion ist, sondern auch eine politische Kraft darstellt, die den Gottesstaat auf Erden mit allen Mitteln durchsetzen will.

Eigenartigerweise entstand auch in Israel, nach dem Sechstage- und dem Jom Kippur Krieg, eine religiöse Bewegung. Ihre Leitfigur wurde 1977 Präsident Menachem Begin, einer der Terroristenführer aus dem Gründungskrieg Israels. Die zahlreichen orientalischen und einige westlich gesinnte Juden in Israel wollten nicht viel von einem sozialistischen Zionismus wissen; sie verlangten die Anwendung der Verheißungsworte in der Bibel. Auf ihr Drängen wurden etwa 170 Wehrsiedlungen in der West-Bank und im Gazastreifen errichtet und kampfbereite Juden als Siedler in Gebieten mit arabischen Mehrheiten angesiedelt. 17 dieser 170 Siedlungen sind in der Zwischenzeit zu beachtlichen Städten herangewachsen. Die gesteuerte Landnahme der religiösen Fundamentalisten in Israel hat den Idealismus der sozialistisch gesinnten Kibbuzniks abgelöst. Sie kämpfen ähnlich den islamischen Fundamentalisten für einen diesseitigen Gottesstaat.

Es war ausgerechnet Menachem Begin, der Mann des jüdischen Fundamentalismus, der die Initiative von Präsident Sadat aufgriff und ihn 1977 nach Jerusalem einlud. Unter dem Drängen Präsident Carters unterschrieben beide, am 26. März 1979, einen Teilfriedensvertrag zwischen Ägypten und Israel in Camp David. Sadat mußte 1981 nach islamischem Recht diesen Teilfriedensvertrag mit seinem Leben bezahlen.  Wenig  später  wurde  der  Sinai  (1982) kampflos Ägypten überlassen. Dieses Gebiet wird von den Juden nicht als Teil des verheißenen Landes betrachtet. Ganz anders ist es jedoch mit der West-Bank, die heute von den Israelis Judäa und Samaria genannt wird. Begin sagte, solange er regiere, werde keine Handbreit dieses Bodens den Arabern zurückgegeben. Begin stimmte auch seinen Generälen zu, den Atomreaktor im Irak durch einen Luftangriff zu zerstören (1981). Er war von Frankreich gebaut worden.

Unter der Verantwortung Begins begann, am 6. Juni 1982, der Einmarsch der Israelis in den Libanon, der zur Zerschlagung der PLO in Beirut führte, aber auch das Massaker in Schatila mit sich brachte, das Begin zur Resignation trieb.

Shamir, der Nachfolger Begins, war ebenfalls ein fundamentalistischer Jude und regierte bis 1992. Er beharrte auf dem Siedlungsrecht Israels in der West-Bank und im Gazastreifen und nahm die Verstimmung mit den USA in Kauf, die um des arabischen Öls willen Israel ständig drängten, das besetzte Land wieder herauszurücken. Der Kampf zwischen Präsident Bush und seinem Außenminister Baker einerseits, und den fundamentalistisch gesinnten Juden in Israel und den USA andererseits endete mit der Abwahl Bushs und dem Sieg Clintons, der Israel mehr Toleranz und Unterstützung versprach. Presse und Fernsehen werden in den USA zum großen Teil von einer jüdischen Lobby kontrolliert. Ob die Regierung Clinton ihre Wahlversprechen einlösen kann, wird sich in der Auseinandersetzung mit den arabischen Ölscheichs zeigen. Mehr als 60 Prozent der bekannten Ölreserven unserer Erde liegen in ihren Händen.

4. Der Rüstungswettlauf im Nahen Osten und das blinde Vertrauen auf ABC-
     Waffen

Im Lauf der letzten Jahre hat eine Ernüchterung bei Sozialisten und Fundamentalisten im Nahen Osten eingesetzt. Sie kamen zu der Erkenntnis, daß weder der Sozialismus noch der religiöse Fundamentalismus den Sieg allein herbeizwingen könne, sondern daß die besten und modernsten Waffen eingekauft oder hergestellt werden müßten — koste es, was es wolle.

Schon im April 1968 hatte Frankreich dem Irak 18 Mirage-Flugzeuge verkauft. Die UdSSR lieferte 1972 große Mengen Waffen an den Irak und verkaufte 1975 Waffen im Wert von 2,2 Mrd. Dollar an Libyen. 1980 sandte Frankreich nochmals 20 moderne Flugzeuge an den Irak. Saudi-Arabien rüstete 1981 weiter auf und kaufte 5 AWACS (Frühaufklärungsflugzeuge) zum Preis von 12 Mrd. Dollar von den USA. 1984 erhielt Kuwait russische Flugabwehrraketen. 1986 lieferten die USA weitere 132 moderne Kampfflugzeuge an Saudi-Arabien. Im gleichen Jahr zerstörten die Amerikaner eine der Giftgasfabriken Ghaddafis und dessen Wohnung in Libyen. 1988 zerstörten die  französischen Luft-Boden-Raketen Saddam Husseins in iranischen Häfen fünf große Tanker.
Saddam Hussein hatte in aller Stille den Bau von Atomwaffen vorbereitet, Giftgas in großen Mengen produziert und bakteriologische Waffen geplant. Er ließ 1987 15 000 Kurden durch Giftgaseinsätze seiner Flugzeuge töten. Bis heute suchen die UN-Inspektoren seine unterirdischen Waffenfabriken aber vergeblich!

Israel produziert schon seit der Staatsgründung Atomwaffen und besitzt heute mehr als 100 Atom- und Neutronenbomben aus eigener Produktion. Diese fürchterlichen Waffen wurden bisher noch nicht eingesetzt, stehen aber für den Notfall bereit. Israel ist bis an die Zähne bewaffnet und verkauft über 30 Prozent seiner eigenen Waffenproduktion ans Ausland.

Es konnte nicht ausbleiben, daß dieses ständige Wettrüsten der islamischen Staaten und Israels zu einer Konfrontation führen mußte. Saddam Hussein forderte — nach seinem Sieg über den bevölkerungsmäßig dreimal so starken Iran — von Saudi-Arabien und Kuwait einen Schuldenerlaß von 30 Mrd. Dollar, und einen Kredit von weiteren 30 Mrd. Dollar zum Wiederaufbau des Irak und seiner Armee. Als ihm diese Gelder nicht gewährt wurden, rückte er am 2. August 1990 in Kuwait ein und erklärte es aufgrund der früheren Ländereinteilung des Osmanischen Reiches zu einer irakischen Provinz. Als die Warnungen der UN, ein Totalembargo und die Bereitstellung von einer halben Million Soldaten verschiedener Nationen nichts nützten, begann am 17. Januar 1991 der Wüstensturm, ein 100-Stunden-Krieg, der Saddam vernichtet hätte, wenn Präsident Bush nicht auf Drängen Saudi-Arabiens den Irak als Bollwerk gegen den fanatischen Iran hätte erhalten wollen.

Dieser Blitzkrieg hat im Nahen Osten einen neuen tiefen Schock ausgelöst. Was für ein Unbehagen muß die Moslems befallen haben, daß eine halbe Million Christen die Kaaba, das wichtigste Heiligtum des Islam, vor einem gottlosen arabischen Diktator schützen mußten! Außerdem funktionierten die Waffen der Amerikaner so präzise, daß sie aus 20 km Entfernung eine Rakete durch dasselbe Loch steuern konnten, das eine andere Rakete wenige Minuten zuvor gerissen hatte. Die modernen Computerchips haben die Waffen der beiden letzten Weltkriege veralten lassen.
Dabei hatten viele Araber und Moslems in Nigeria, Tansania, Pakistan und Indien gehofft, Saddam Hussein würde den Erzfeind der Moslems — Israel — vernichten, die Ölquellen der Kuwaitis und der Saudis besetzen und mit ihrer Hilfe ein neues islamisches Weltreich aufbauen. Der  Haß gegen Amerika und seine Helfer ist weiter gewachsen, weil sie die größte Hoffnung der arabischen Massen zerstört haben.

In der Zwischenzeit hat Saudi-Arabien, ohne Wissen der USA, 12 Sidwinder-Raketen mit Nuklear-Sprengköpfen von China für 12 Mrd. Dollar gekauft. Durch diesen Handel bekamen die 30-50 Millionen Moslems in China wesentliche Vergünstigungen und Freiheiten. Der Iran und Syrien haben sich weiterentwickelte Scud-Raketen von Nord-Korea besorgt. Ein Wettrennen um die modernsten Waffen hat im Nahen Osten eingesetzt. Das Geld dazu ist da, denn die Ölquellen der Saudis, Libyer und Iraner sprudeln unentwegt. Die 300 brennenden Ölquellen Kuwaits sind inzwischen von westlichen Fachleuten mühsam und unter Lebensgefahr gelöscht worden.

Der Nahe Osten ist bis an die Zähne mit modernsten Waffen gerüstet. Der 100-Stunden-Krieg gegen den Irak, für den die Bundesrepublik 14 Mrd. D-Mark an die USA, England und Frankreich überwies, war nur das Vorspiel eines noch größeren Flächenbrandes, der auf den Nahen Osten wartet.

Wer vom Frieden redet, läuft in den arabischen Ländern meistens Gefahr, verspottet zu werden. Solange die Rechtsauffassung der Moslems und das Rechtsverständnis der Israelis unversöhnt gegeneinander kämpfen, kann es keine Ruhe geben. Der vergangene Weltfriedensplan von Präsident Bush wirkte, angesichts der Tatenlosigkeit des Westens bei den Kurdenmassakern und angesichts des Blutbades im ehemaligen Jugoslawien, beinahe lächerlich. Bei diesen Verfolgten gibt es kein Öl und kein Geld zu holen. Deshalb will sich niemand für sie die Finger verbrennen. Moslems aus islamischen Ländern beginnen, Freiwillige und Waffen auf den Balkan zu schleusen, um die Moslems vor den Angriffen der serbischen Christen zu retten. In der islamischen Presse steht immer wieder in den Schlagzeilen zu lesen: „Christen vergewaltigen moslemische Frauen in Bosnien-Herzegowina! Wie lange wollen wir noch mit unserer Rache warten?”

In Israel hat sich der Sozialismus im Laufe der letzten zwei Generationen in einen materialistischen Kapitalismus verwandelt. Dort leben heute 20 000 Millionäre. Ein halbes Prozent der Bevölkerung besitzt 95 Prozent allen Kapitals in Israel. Die Kibbuz-Ideale der Gründergeneration sind weitgehend zerbrochen. Ein pragmatischer Materialismus und das Vertrauen in eine starke Bewaffnung bestimmen heute das Denken der meisten Israelis. Vielleicht hing der Regierungswechsel im Sommer 1992 mit dem Umstand  zusammen, daß die USA ihren 12 Milliarden-Kredit nur dann gewähren wollten, wenn die Bautätigkeit der Juden in der West-Bank eingestellt wird. Verkauft Israel das verheißene Land um Geld oder macht es sich die USA zum Feind? Wird die führende Schicht der jüdischen Lobby eines Tages auch aus den USA vertrieben werden, so wie heute hunderttausende Juden aus der UdSSR nach Israel auswandern?

5. Der Zusammenbruch des kommunistischen Blocks und seine Folgen für Israel und die islamischen Staaten

Ein entscheidender Faktor für den schnellen Sieg der Truppen der Vereinten Nationen gegen Saddam Hussein war das Nicht-Eingreifen der UdSSR. In allen früheren Nahost-Kriegen waren die Russen als Garanten der sozialistischen arabischen Staaten aufgetreten und hatten die vordringenden Israelis mit der unmißverständlichen Drohung ihres sofortigen Eingreifens gebremst. Diese Drohung blieb im Kuwait-Krieg aus! In Moskau hatte sich eine epochale Änderung angebahnt, die die Entwicklung des Islam und Israels wesentlich beeinflussen sollte.

1986 war Michail Gorbatschow Chef der KPdSU geworden und hatte „Glasnost” und „Perestroika” zu Themen seines neuen kommunistischen Programms gemacht. Das hatte zur Folge, daß 1987 8150 und 1988 8000 Juden nach Israel ausreisen durften. Bis 1993 sind etwa 450 000 Juden aus der ehemaligen UdSSR in Israel eingewandert. Viele von ihnen sind Akademiker oder gut ausgebildete Fachleute. Ihre Ankunft in Israel  bedeutet  eine  verlorene  Schlacht  für  die 59 Araber und eine Stärkung Israels, das die Einwanderer wo immer möglich in arabischen Gebieten ansiedelte.

Die UdSSR brauchte dringend Devisen und High-Tech aus dem Westen; deshalb durften viele Juden ausreisen. Die Hilfe aus dem Westen war den Russen diesmal wichtiger als die Freundschaft der Araber. Die Planwirtschaft in den sozialistischen Staaten war so zerrüttet und die Fabriken und Wohnungen derart verkommen, daß der gesamte Ostblock vor einem Kollaps stand. Der Sozialismus hatte abgewirtschaftet, weil er die Privatinitiative der Einzelnen unterdrückte. Gorbatschow forderte mit dem „Mut der Verzweiflung”, ein Umdenken, eine Erneuerung und eine Offenlegung der Wirklichkeit. Das Ergebnis war ein Putschversuch der konservativen Kommunisten in der UdSSR (1991). Doch Jelzin setzte sich als Volksheld durch und wurde, am 23. August 1991, als Präsident des unabhängigen Rußlands gewählt. Die furchterregende UdSSR zerfiel in wenigen Wochen in 16 selbständige Staaten.

Die 50 bis 60 Millionen Moslems, die in der ehemaligen UdSSR lebten, witterten Morgenluft und handelten Schlag auf Schlag. Zwischen dem 30. August und dem 27. Oktober 1991 erklärten sieben mehrheitlich von Moslems bewohnte  Staaten  ihre Unabhängigkeit, Ihre Namen sind: Aserbaidschan, Kirgisistan und Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Kasachstan am 25. und die Tschetschenen am 27. Oktober 1991. Das verschüttete Erbe Dschingis Khans und Timur Lenks brach wieder durch, sowie das Erbe der Turkvölker und der Osmanen. Der Islam hatte sich stärker erwiesen als 74 Jahre sowjetischer Umschulung und Diktatur.

Die schnelle Gründung von sieben neuen islamischen Staaten brachte alarmierende Aspekte mit sich. Der Iran sandte sofort 1000 Missionare in die neuen Länder, um die atheistisch erzogenen Moslems schiitisch zu missionieren. Saudi-Arabien schickte mehrere Flugzeugladungen Korane, die, in die Sprachen dieser Völker übersetzt, zusammen mit dem arabischen Urtext schnell gedruckt worden waren. Die Türkei liefert Schreib- und Druckmaschinen, damit das lateinische Alphabet anstelle des kyrillischen oder arabischen eingeführt werde. Wahrscheinlich steht der gemäßigte Islam türkischer Prägung diesen Turkvölkern am nächsten, da sie meistens der turkmenischen Sprachfamilie angehören und schamanistische Praktiken in ihre Kulturen aufgenommen haben.

Weit problematischer ist jedoch die Tatsache, daß die Uranvorkommen, die Atomkraftwerke und die Industrieanlagen zur Herstellung von Atomwaffen der ehemaligen UdSSR zum größten Teil in diesen islamischen Staaten liegen. Ein Wettlauf zum Einkauf von Atombomben wurde von Pakistan, Iran, Irak, Saudi-Arabien und Libyen aus gestartet. Wahrscheinlich sind unter der Hand bereits mehrere Atombomben um Milliarden von US-Dollar verkauft worden. Noch gefährlicher aber ist die Abwerbung hochgeschulter Wissenschaftler und Spezialisten mit Traumgehältern in die bereits genannten islamischen Länder. Neuerdings taucht auf den Schwarzmärkten des Nahen Ostens und in Europa radioaktives Material ungeschützt auf, das zu Horrorpreisen angeboten wird. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis diese fanatischen islamischen Staaten ihre Atombomben selbst herstellen können. Die Petro-Dollars, spaltbare Substanzen und Fachleute aus den neuen islamischen Staaten stehen zur Verfügung und machen die Produktion von Nuklearwaffen möglich. Vielleicht ist die Auflösung der ehemaligen UdSSR für den Nahen Osten und die ganze Welt gefährlicher als die Bedrohung durch die alte Sowjetunion. Der Traum der Moslems von einer schnellen Aufrüstung und ihrem Erstarken zur islamischen Weltmacht ist näher gerückt und realisierbar geworden. …

6. Die Bevölkerungsexplosion der islamischen Völker

Weder der islamische Sozialismus, noch der religiöse Fanatismus, noch gehortete Waffen in islamischen Staaten, auch nicht der geplante Friedensschluss im Nahen Osten stellen die Hauptprobleme für Israel und die übrige Welt dar, sondern das ungebremste Bevölkerungswachstum in den islamischen Ländern.

Nach der World Christian Encyclopedia von David Barret gab es im Jahr 1900 ungefähr 200 Millionen Moslems. Im Jahr 1992 erreichte ihre Zahl bereits 1,2 Milliarden. Das bedeutet, daß sich die Moslems seit 1900 zweimal verdoppelt haben: 1944 das erste Mal nach 44 Jahren, 1978 bereits das zweite Mal nach 34 Jahren. Voraussichtlich wird die nächste Verdoppelung in 27 Jahren erfolgt sein, also im Jahr 2005. Dann werden 1,6 Milliarden Moslems diese Erde bevölkern.

In unseren Tagen nimmt der Islam jährlich um etwa 30 Millionen zu. Das bedeutet, daß tagtäglich etwa 80 000 Moslems hinzugeboren werden. Diese Entwicklung geht auf Sure 4,4 zurück, nach der die Moslems das Recht haben, mit bis zu vier Frauen die Ehe einzugehen. Die meisten Moslems besitzen allerdings nicht die finanziellen Möglichkeiten, um mehrere Familien gleichzeitig zu ernähren. Sie heiraten deshalb ihre Frauen nacheinander. Für einen Moslem bedeutet es eine große Ehre, viele Söhne zu haben. Deshalb wächst die Zahl der Moslems doppelt so schnell wie die der Christen. …

Praktisch heißt das: In einem Land wie Ägypten mit seinen 60 Millionen Einwohnern werden Jahr für Jahr etwa 1,6 Millionen Menschen dazugehören, alle 7 Monate eine Million. Präsident Mubarak müßte jedes Jahr Schulen, Krankenhäuser und Wohnungen für 1,6 Millionen Bürger bauen lassen. Das ist undenkbar! Deshalb leben in Kairo 2 Millionen Menschen in der alten Gräberstadt der Mameluken, werden Schulen in Schichten von morgens bis in die Nacht hinein benutzt und sind die Krankenhäuser überfüllt. In der Türkei mit ebenfalls 60 Millionen Einwohnern werden jährlich etwa 1,3 Millionen Menschen dazugehören. Ein Drittel der Bevölkerung ist arbeitslos und zudem ohne Sozialversicherung und Altersvorsorge. Viele Türken warten darauf, in die Bundesrepublik ausreisen zu können, wo man Arbeitslosenunterstützung und Kindergeld, wie sie meinen, umsonst bekommen kann, die zusammen mehr als das Doppelte eines Gehaltes in der Türkei ausmachen. Sollte die Türkei in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft aufgenommen werden, wäre es abzusehen, wann sie bevölkerungsmäßig der größte Staat Europas geworden wäre.

7. Kann eine Vereinigung der Religionen den Weltfrieden bringen?

Wie kann man diesem rasanten Wachstum des Islam begegnen? Was muß getan werden, um den Frieden auf der Erde zu sichern? Verschiedene Kirchen haben dazu eigene Konzepte entwickelt:

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hat unter anderem empfohlen, daß die katholische Kirche die „positiven Kräfte” in den anderen Religionen unterstützen solle. Besonders gegenüber dem Islam bemühten sich der Papst, sein Klerus und die katholischen Verlage, eine Basis der Verständigung zu schaffen. Den Staat Israel aber hatte der Vatikan 45 Jahre lang nicht anerkannt. Statt dessen sandte Papst Johannes Paul II. jährlich zu den beiden großen Festen des Islam Grußworte und brachte darin zum Ausdruck, daß Moslems und Christen an den gleichen Gott glauben und deshalb zusammenarbeiten sollten, um die Probleme der Welt miteinander zu lösen.

Als Ministerpräsident Rabin und Arafat sich bei Präsident Clinton in Washington am 13.September 1993 die Hand reichten, sah der Vatikan die Stunde gekommen, sich  Israel  ebenfalls  zuzuwenden.  So wurde  am 30.12.93 eine gegenseitige Teilanerkennung ausgesprochen. Der Vatikan will sich jetzt direkt ins turbulente Geschehen des Nahen Ostens einschalten, wenn Jerusalem zum Taumelbecher aller Völker werden wird (Sacharia 12,2).

Führende Vertreter der evangelischen Kirche haben ihrerseits bei der Weltkirchenkonferenz in Canberra (1991) zum Ausdruck gebracht, daß die Christen die Wahrheit nicht allein besitzen. Sie sollten sich den Ideen und Energien der anderen Religionen öffnen und in einen Dialog mit ihnen treten, besonders mit dem Islam.

Eine Woge des Synkretismus läuft heute durch alle Kontinente. Der Friede zwischen den Religionen wird als Voraussetzung für den Frieden in der Welt angesehen. Alle Ärgernisse sollten ausgeräumt werden. Mission zur Bekehrung von Nicht-Christen scheint den Friedensprozess zu stören und gilt immer mehr als unerwünscht. Der Absolutheitsanspruch Jesu Christi wird in Frage gestellt. Die Voraussetzungen für eine Weltreligion beginnen sich abzuzeichnen.

Es ist heute nicht mehr undenkbar, daß Juden und Moslems doch noch einen gemeinsamen Nenner finden. Beide Religionen nehmen in Anspruch, an den Gott Abrahams zu glauben; in beiden leben die Gläubigen unter einem Gesetz; beide bauen ihre Gerechtigkeit auf eigene Werke auf; beide lehnen Jesus als den Sohn Gottes ab; beide kämpfen gegen das Kreuz Christi und sein Heil als den Inbegriff aller Ärgernisse. Es ist heute nicht mehr undenkbar, daß ein demagogischer Volksverführer kommt, der im eigenen Namen Gesetze ändert und beide Kulturen in einer leicht akzeptablen Religion vereinigt.

Wir Christen aber sollten uns in unserer missionarischen Aufgabe nicht beirren lassen. Jesus ist der einzige Weg, die bleibende Wahrheit und das göttliche Leben. Johannes, der Evangelist der göttlichen Liebe, hat die Wahrheit am deutlichsten formuliert: „Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind nun schon viele Antichristen gekommen; daran erkennen wir, daß es die letzte Stunde ist. Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der leugnet, daß Jesus der Christus ist? Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater” (1.Joh.2,18-23).

„Ihr Lieben, glaubt nicht einem jeden Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt. Daran sollt ihr den Geist Gottes erkennen: Ein jeder Geist, der bekennt, daß Jesus Christus in das Fleisch gekommen ist, der ist von Gott; und ein jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Antichrists, von dem ihr gehört habt, daß er kommen werde, und er ist jetzt schon in der Welt” (1.Joh.4,1-4)

Wir hören in unseren Tagen immer häufiger, daß alle Religionen verschiedenartige Wege zu dem gleichen Gott darstellten. Jesus freilich habe den besten Weg gebracht. Solche Ansichten sind menschlich. Ohne den gekreuzigten Sohn Gottes aber gibt es keine Rettung im letzten Gericht. Er ist unser Bürge, unser Heiland und Herr. Jesus ist Gott in Person. Alle anderen Religionsstifter waren nur Geschöpfe. Er aber ist unser Maßstab, unsere Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung. Jede andere Religion, Philosophie oder Weltanschauung führt letztlich in die Irre und schenkt uns keine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens.

Es ist durchaus möglich, daß liberale Juden, liberale Christen und liberale Moslems sich eines Tages in einer Weltreligion vereinigen und Frieden ohne den Vater Jesu Christi schließen. … Wenn nach einer zukünftigen Katastrophe in der Welt oder im Nahen Osten einer kommt und Frieden in seinem Namen verkündigt, mit Hilfe der modernen Technik atemberaubende Wunderwerke vollbringt, eine neue Weltordnung aufstellt, Versöhnung unter den Kindern Abrahams gebietet und mit eiserner Faust Andersdenkende vernichtet, werden ihm die Massen zujubeln und ihn als den Friedefürsten anbeten.

Wir aber wissen, daß Jesus in seiner Herrlichkeit und in der Herrlichkeit seines Vaters mit allen seinen heiligen Engeln auf den Wolken des Himmels wiederkommen wird (Luk. 9.26). An seinen Händen und Füßen werden wir die Nägelmale erkennen und durch die Kraft seines Heiligen Geistes getröstet werden, der in allen Gläubigen an den Sohn Gottes wohnt. Diese werden aus Juden, Christen und Moslems kommen und ihm aus viel Verfolgung mit Lob, Dank und Anbetung entgegeneilen. Laßt uns deshalb auch weiterhin miteinander das Evangelium unter Moslems, Juden und Christen verkündigen und damit dem wiederkommenden Herrn seinen Weg bereiten! Der Herr ist nahe! (Philliper 4,5).

8. Kommt ein islamisches Weltreich in der nahen Zukunft?

Während des Golfkriegs sprühten Moslems in Hyderabad (Indien) an die Mauerwände: „Saddam Hussein ist der König der Welt!” Nach einer Umfrage in einer nigerianischen Zeitung unterstützten damals 53 Prozent aller Nigerianer Saddam Hussein und 35 Prozent Präsident Bush, obwohl nur etwa 45 Prozent der Bevölkerung Moslems sind. In Deutschland sagte eine Türkin, innerhalb einer Generation würde ganz Europa unter dem islamischen Gesetz leben. In Paris rief ein nordafrikanischer Scheich über das Fernsehen Frankreich zur sofortigen Bekehrung zum Islam auf, andernfalls müsse es mit Gewalt Allah unterworfen und islamisch befriedet werden. In den USA und in Australien verstärken sich die Bemühungen, große Ländereien aufzukaufen, islamische Zentren zu errichten und in Universitäten und Gefängnissen moslemische Seelsorger anzustellen. Ein erster Imam wurde 1993 für das Militär in den USA vereidigt. Ein islamischer Fürst bekam das Vorrecht, vom Dach des Weißen Hauses ,,Allahu akbar” über Washington auszurufen und eine Sitzung des amerikanischen Kongresses mit islamischem Gebet zu beginnen.
Die  moslemischen Massen träumen vom Sieg des Islam über die ganze Welt. Ihr Glaube wird von den Ölmilliarden getragen. Ihre politischen und religiösen Ziele sind klar, aber die Realität sieht noch anders aus.

50 Prozent aller Moslems können bis heute weder lesen noch schreiben. Ihre Meinungsbildung basiert auf Moscheepredigten und Fernsehansprachen ihrer religiösen und politischen Führer. Kritisch denkende Moslems beginnen, diese Reden und Appelle mit der Wirklichkeit zu vergleichen. Sie erkennen erhebliche Differenzen zwischen Wort und Tat, zwischen Traum und Wirklichkeit.
Die reichsten Staaten der Erde sind islamische Ölstaaten, die Ärmsten aber leben in Bangladesh, im Tschad und anderen islamischen Ländern Westafrikas unter dem Existenzminimum. Die reichen islamischen Länder unterstützen die armen zwar verbal, aber zur notleidenden Bevölkerung dringt so gut wie keine Hilfe durch. Warum gewähren die reichen Ölstaaten ihren armen Brüdern keine substantielle Hilfe? Warum ist die Unterstützung durch christliche Staaten oft umfangreicher als die der islamischen Nachbarn?

Die meisten islamischen Staatschefs denken kaum daran, sich Beschränkungen aufzuerlegen, ihre Eigenständigkeit aufzugeben und sich in einem einzigen islamischen Staat zu vereinigen. Tatsächlich hat bisher noch kein einziger islamischer Staat die Scharia vollständig eingeführt. Sie wollen keine Unterordnung unter ein religiöses oder politisches Oberhaupt, unter einen Kalifen oder Sultan akzeptieren. Vereinigungsversuche zwischen Ägypten und Syrien oder zwischen Pakistan und Bangladesch sind schnell gescheitert. Die von den Syrern unterstützten palästinensischen Kämpfer von Abu Musa haben das Oberhaupt der PLO, Arafat, mit Waffengewalt bekämpft. Gegen diesen Schlag protestierten zwar die übrigen islamischen Staaten verbal heftig, aktiv aber griff keiner in diesen Bruderzwist ein. In viele Kriege innerhalb der letzten 50 Jahre waren islamische Staaten verwickelt. Aufstände, Revolutionen und Überfälle können in islamischen Ländern jederzeit aufbrechen. Das erinnert an den Ausspruch des Engels an Hagar. Im Blick auf ihren Sohn Ismael hat er schon vor über 4 000 Jahren prophezeit: „Seine Hand wird gegen jedermann und jedermanns Hand gegen ihn sein” (l.Mose 16, 12).

Der Geist des Islam ist ein überheblicher, stolzer Geist und kann sich nicht unterordnen. Er findet keine Ruhe. Dazu steht mehreremale im Koran: ,,Tötet sie, (die Ungläubigen) wo immer ihr sie findet!” Solche Befehle zum Kampf mit der Waffe werden als göttliche Gebote verstanden. Allah stellt sich als der Tötende durch die Waffen seiner Gläubigen vor, wie in Sure 8, 17 zu lesen ist: „Nicht ihr habt sie getötet, Allah hat sie getötet. Nicht du hast auf sie geschossen, wenn du geschossen hast, sondern Allah.” Dazu kommt, daß sich Allah als der Listigste von allen offenbarte (Sure 3, 55). Deshalb sind Lüge, List und Betrug in der islamischen Welt überall gegenwärtig. Keiner traut dem andern. Jeder kämpft gegen jeden.

Nur ein starker charismatischer Führer, der mit eiserner Hand regiert, wird in der Lage sein, die auseinanderstrebenden moslemischen Massen zu vereinigen. Er muß sich als Sieger im Kampf gegen die Feinde der Moslems erweisen und als fähiger Organisator eine machtvolle Regierung aufbauen. Einem solchen Führer werden die Moslems blind nachfolgen und von ihm die Weltherrschaft des Islam erwarten. Dabei kann es Rückschläge auf dem Weg zur Einheit aller Moslems geben. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß der Koran den Kampf mit der Waffe befiehlt, bis der Islam die einzige religiöse und politische Macht der Welt darstellt (Sure 2, 193 und 8, 93).

Ein rein islamischer Weltstaat wird jedoch in der nahen Zukunft nicht zu erwarten sein. Das weit verbreitete Analphabetentum, die mangelnde Selbstdisziplin und der streitsüchtige Geist mit der Verteidigung der individuellen Rechte verhindern eine vertrauensvolle, solide Einheit. Außerdem fehlen den Moslems die technischen Voraussetzungen, selbständig einen modernen Industriestaat aufzubauen und zu erhalten. Sollte jedoch ein charismatischer, intelligenter Führer etwa aus Israel auftauchen, der den moslemischen Staaten weitreichende Kompromisse verspricht, Recht und Land den Palästinensern in Israel anbietet, gewaltige technische Wunderwerke zu schaffen in der Lage ist und den islamischen Staatsmännern und religiösen Führern eine gleichberechtigte Zusammenarbeit anbietet, so könnte es diesem Demagogen gelingen, liberale Juden, liberale Christen und liberale Moslems sich gegenseitig näher zu bringen und in einem säkularen Staat zu vereinigen.

Ein solcher Einheitsstaat könnte die Weltmacht von Morgen werden und würde eine große Gefahr für alle Nachfolger Christi darstellen. Wenn  die  Ölmacht  der  Moslems  sich  mit  der Intelligenz und Finanzmacht der Juden vereinigt, würde eine synkretistische Weltmacht größten Ausmaßes entstehen, die eine Verfolgung der Christen weltweit mit sich bringen würde.

Falls der Papst, der Weltkirchenrat und der Dalai Lama ihren Segen dazu geben würden, stünden wir mitten in der Erfüllung apokalyptischer Aussagen. Wir sollten wach bleiben und die Entwicklungen im Nahen Osten genau verfolgen, damit wir nicht von politischen Ereignissen und religiösen Entwicklungen überrascht werden.

Jesus sagte: „Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so sehet auf und erhebet eure Häupter darum, daß sich eure Erlösung naht” (Lukas 21, 28).

Alle diese Entwicklungen haben letztlich ein eindeutiges Ziel: Nicht einen islamischen oder jüdischen Weltstaat, sondern die Wiederkunft des Herrn Jesus Christus. Er hat seine Nachfolger gewarnt und sagte zu ihnen:  „Es werden falsche Christusse und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder tun, so daß sie, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten verführten.” , Jedoch wie der Blitz ausgeht vom Osten und leuchtet bis zum Westen, so wird auch das Kommen des Menschensohnes sein” (Matth. 24, 24 + 27).

Das Buch KOMMT EIN ISLAMISCHES WELTREICH? wurde von Abd Al-Masih schon im Jahre 1994 geschrieben. Heute sehen wir diese erschreckenden Entwicklungen vor unseren Augen leider voll bestätigt.
Eine leichte Kürzung und die Hervorhebungen sind von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im Februar 2016

Abd-al-Masih (d.h. «Diener Christi»), unter diesem Namen ist Charles Marsh in Algerien durch seine Missionsarbeit unter den Berbern bekannt geworden. Er lebte in der Zeit der Kolonialherrschaft, die zwar den Aufenthalt in islamischen Ländern für christliche Zeugen etwas vereinfachte, aber für die Verkündigung des Evangeliums nicht unbedingt von Vorteil war. Seine Wirksamkeit begann im Jahre 1925:
1925  Der Autor geht über Frankreich nach Algerien

1927 Er heiratet Lalla Jouhra in Algerien. Sie ist die Tochter eines Missionars in der Kabylei.

1927 Sie beginnen ihre Arbeit in Lafayette, gehen nach Hamman

1946 Arbeit in Hall und Außenstation in Beni Ourtilane

1954 Die Revolution beginnt

1969 Ende der Arbeit

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Wer ist Allah im Islam? (Abd al-Masih)

ABD-AL-MASIH

WER IST ALLAH IM ISLAM?

– Niemand hat GOTT je gesehen; der einziggeborene SOHN, der in des Vaters Schoß ist, hat uns berichtet. (Joh. 1:18) –

I. ALLAH IM DENKEN UND LEBEN DER MOSLEMS
Die weltweite Anbetung im Islam

Die 99 Namen Allahs

Der Islam — eine theozentrische Kultur

II. ALLAH IM VERGLEICH ZUM CHRISTLICHEN GOTTESVERSTÄNDNIS
Allah — kein dreieiniger Gott

Allah — kein Vater

Allah — kein Sohn

Allah — kein Heiliger Geist

Allah — keine Liebe

III. DAS WAHRE GESICHT ALLAHS
Ein antibiblischer Geist

Der Islam — eine kollektive Gebundenheit

Wachsende Bedrückung der Kirchen und Verfolgung von Konvertiten

ISLAM  –  WELTMACHT DER ZUKUNFT?

Im 19. Jahrhundert war der Islam aus dem Blickfeld der Europäer und Amerikaner verschwunden. Nur wenige hatten Erfahrungen mit Moslems in fernen Kolonien gesammelt. In romantischen Geschichten war noch etliches aus den Türkenkriegen lebendig geblieben, ansonsten jedoch hatte die stürmische Entwicklung der Technik die islamischen Staaten so gut wie nicht berührt und unwichtig erscheinen lassen.

Dabei ist noch nicht viel Zeit vergangen, seit Europa in der Gefahr gestanden hatte, vom Islam überrollt zu werden. Im Jahre 1453 war Konstantinopel, das Bollwerk der Christenheit am Bosporus, gefallen. Schon 1529 und nochmals 1683 standen die Türken vor Wien. Die Kämpfe um Belgrad dauerten fast 200 Jahre. Erst kurz vor dem ersten Weltkrieg konnten die letzten Balkanländer das islamisch-türkische Joch vollends abschütteln. Sechshundert Jahre hatte das Ringen zwischen Islam und Christentum auf dem Balkan gedauert.

Die meisten Christen haben vergessen, daß Nordafrika und der syrische Großraum einst christliche Kerngebiete waren. Während des ersten islamischen Großangriffs in den Jahren 632 bis 732 waren sie überrollt und arabisiert worden. Vorstürmende Moslems standen bereits 200 km vor Paris und in der Nähe von Genf. Wäre nicht Karl Martell aufgestanden, wir wären heute alle Moslems.

Der dritte Großangriff des Islams begann am 17. Oktober 1973, als arabische Könige und Scheichs im Laufe des Jom-Kippur-Krieges gegen Israel plötzlich den Preis für das Öl um das drei- bis vierfache hinaufsetzten. Seither ist das Öl um ein vielfaches teurer geworden, weshalb die Weltwirtschaft im Westen und Osten von Krisen geschüttelt wird. Manche Staaten, besonders in der 3. Welt, werden von ihren Schulden beinahe erdrückt. Die Ereignisse im Nahen Osten fehlen heute nicht mehr im täglichen Fernsehprogramm. Wer will, kann erkennen, daß der Islam in allen fünf Erdteilen mit seiner Öl- und Finanzwaffe ein Machtpotential aufbaut, das mithilft, diese Religion nicht nur in Europa und den USA, sondern auch in Asien und Afrika den Massen nahe zu bringen.
Langsam besinnen sich etliche Christen und fragen: „Was ist eigentlich der Islam, und wer ist Allah?” Eine große Unkenntnis herrscht auf diesem Gebiet. Mit gutgemeinten Programmen, Dialogen und Ratschlägen versuchen gutwillige Menschenfreunde, oberflächlich die Probleme zu lösen.

In Europa arbeiten, wohnen und studieren gegenwärtig etwa 10 Millionen Moslems. In Nordamerika halten sich, ebenfalls mehrere Millionen auf. Bedeutet dies nicht eine doppelte Herausforderung an alle Nachfolger Christi? Erstens ist das „Missionsfeld” in die Heimat gekommen, und zweitens ist der Islam zu seinem dritten Großangriff mit dem Ziel angetreten, die ganze Welt zu islamisieren. Deshalb ist es für jeden verantwortungsbewußten Christen unerläßlich, daß er sich ernsthaft mit der Frage beschäftigt: Was will der Islam? Wer ist Allah? In welcher Beziehung steht er zu Jesus Christus und zu seiner Gemeinde?

I. ALLAH IM DENKEN UND LEBEN DER MOSLEM
S

1. DIE WELTWEITE ANBETUNG IM ISLAM

Das Verhältnis eines Moslems zu Allah läßt sich am besten an den täglichen fünf Gebetszeiten darstellen, die zu den unaufgebbaren Grundlagen des Islam gehören. Im Verlauf dieser festgelegten Gebete wirft sich ein Moslem insgesamt 34 mal an jedem Tag vor Allah zu Boden. Wer einmal einen Moslem bei seinem Gebet gesehen hat, wird von dieser Art der Anbetung nicht unbeeindruckt geblieben sein. Die Linie seines gekrümmten Rückens ist eine Auslegung des Wortes ISLAM. Es heißt übersetzt nichts anderes als Auslieferung, Hingabe und Unterwerfung. Diese Worte klingen wie pietistische Formulierungen. Sie bedeuten die völlige Hingabe eines Moslems an Allah.

Wer darüber nachdenkt, daß ein Mann sich täglich 34 mal vor Allah zu Boden wirft und ihn anbetet, versteht, daß dieser Mensch nicht mehr frei und unabhängig ist. Er ist nicht mehr er selbst, sondern sein ganzes Leben und Denken wird von Allah gesteuert und beeinflußt. Es ist bezeichnend, daß die arabischen Worte für Gottesdienst, Anbetungsstätte und Anbeter mit dem Wort für Sklaverei eng zusammenhängen. Alle Menschen werden im Islam als Sklaven Allahs verstanden. Niemand ist frei. Keiner soll für sich selber leben. Jeder ist ein Eigentum seines Schöpfers und geschaffen, ihn anzubeten und ihm bedingungslos zu dienen.

Wenn wir in einem Raumschiff hoch über der Erde fliegen könnten und es möglich wäre, mit einem Superfernrohr die Menschen zu beobachten, würden wir erkennen, wie die Gebetsordnung des Islam in mächtigen Wellen fünfmal täglich über die Erde läuft und jedes Mal 800 Millionen Moslems in der Anbetung Allahs vereinigt und zu Boden wirft.

Im Morgengrauen, sobald man einen weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden kann, beginnt das Gebet der Moslems auf den Philippinen. Diese erste Welle der Anbetung wird über Indonesien, Malaysia, Bangladesch, Indien, den Iran und die Türkei bis nach Europa vorgedrungen sein, wenn um die Mittagszeit die zweite Gebetswelle bei den Moslems in China einsetzt. Diese wird gerade Indien und die 41 Millionen Moslems in Rußland erreicht haben, wenn um 15 Uhr eine dritte Welle, das Nachmittagsgebet, im Fernen Osten startet. Diese drei Wellen der Anbetung laufen, das Leben der islamischen Völker prägend, hintereinander drein, bis mit dem Sonnenuntergang die vorletzte Gebetszeit beginnt. Zu diesem Zeitpunkt hat das Gebet der Morgendämmerung die Ostküste der USA erreicht, beugen sich die Moslems im Niltal in der Hitze des Mittagsgebets und versammeln sich die Männer in Kaschmir zum Nachmittagsgebet in ihren Moscheen. Wenn dann die letzte Welle des islamischen Abendgebets zwei Stunden nach Sonnenuntergang beginnt, berühren die Strahlen der untergehenden Sonne die Anbeter im Ganges-Delta, werfen sich alle Pilger vor dem Schwarzen Stein der Kaaba in Mekka im Zuge ihres Nachmittagsgebets zu Boden und beugt die zweite Gebetswelle gerade die Bewohner im Hohen Atlas in Marokko, während die erste Welle im Morgengrauen an die Rocky Mountains brandet.

Diese fünf Gebetszeiten vereinigen täglich Millionen Moslems in der Anbetung ihres Gottes. Der Islam ist eine Religion der Anbetung. Viele Moslems beten mit Ernst und Zucht ihre liturgisch vorgeschriebenen Gebete.

Schon in der Morgendämmerung rufen die Muezzins von den Minaretten der Moscheen, meist durch Lautsprecher, über die Dächer allen Bewohnern zu: „Auf zum Gebet! Auf zum Erfolg! Gebet ist besser als Schlaf!”

Wenn Christen nicht umdenken und regelmäßig intensiv beten, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn der Islam allen Missionsversuchen trotzt und sich aufmacht, eine müde Christenheit zu erobern.

Der Ruf vom Minarett enthält die bezeichnende Formulierung: „Auf zum Erfolg!”, denn das Gebet im Islam hat Verdienstcharakter. Wer betet, wird mit irdischen und himmlischen Gütern gesegnet. Die Frömmigkeit im Islam wird weitgehend von Werkgerechtigkeit und Lohndenken bestimmt. So dankt ein Moslem Allah nicht, weil dieser ihn umsonst aus Gnaden erlöst hat, sondern betet, damit das Wohlgefallen Allahs sich ihm vielleicht zuwenden möge. Wer sich für Allah und den Islam einsetzt, wird dafür belohnt.

Das Gebet im Islam ist ein Muß, ein Soll und ein Gesetz. In Saudi-Arabien kann immer wieder beobachtet werden, daß Polizisten während der Gebetszeiten Passanten in die Moscheen treiben, damit nicht der Zorn Allahs wegen mangelhaften Gebets über das Volk ausgegossen werde. Der Islam ist eine Religion unter dem Gesetz. Alle Lebensgebiete sind durch viele Vorschriften bis ins einzelne geregelt worden.

Im Islam existiert eine tiefe Sehnsucht nach Reinheit. Vor jeder Gebetszeit muß sich ein Moslem in vorgeschriebener Reihenfolge Hände, Mund, Nase, Gesicht, Arme, Haare, Ohren und Füße waschen, bevor er zum Gebet vor Allah treten kann. Wer die Reihenfolge dieser Waschungen nicht einhält, dessen Gebet gilt als wertlos. Christen wissen, daß solche äußerlichen Handlungen keine Reinigung in Herz und Gewissen bewirken. Aber die Waschungen weisen auf das tiefe Verlangen des Anbeters nach Reinheit hin.

Auch die Formulierung im Hauptgebet der Moslems: „Führe mich den rechten Weg, den Weg derer, die du begnadigst, nicht den Weg derer, auf denen dein Zorn ruht, und nicht den Weg der Verirrten!” offenbart den Schrei eines Herzens nach ganzer Abhängigkeit von Allah. Es wäre falsch und hochmütig, wenn Christen die ehrliche Absicht der Moslems, Gott zu dienen, in Abrede stellten. Im Gegenteil, die Zucht, der Ernst und die Regelmäßigkeit des Gebets können uns zum Vorbild werden. So steht außer Frage: Jeder treue Moslem meint, dem wahren Gott von Herzen zu dienen. Ihn ruft er in seinen Gebeten an, verehrt ihn, kämpft für ihn und ist mit seiner ganzen Existenz auf ihn bezogen. Gott hört jedes ehrliche Gebet — auch von Moslems ( 1. Mose 21, 17 und 1. Mose 16, 7-14)!

2. DIE 99 NAMEN ALLAHS

Wie stellt sich ein Moslem Allah vor? Wer ist es, den er anzubeten meint?

Mohammed hat in seinem Kampf gegen die heidnische Vielgötterei in Mekka und Umgebung einen erbarmungslosen Kampf gegen alle Götter, Götzen und Abbildungen von Gottheiten geführt. Er lehrte: „Allah ist einer! Alle anderen Götter sind Nichtse.” Er hatte die Glaubensaussage der auf der Arabischen Halbinsel lebenden Juden übernommen, die von den Römern aus ihrer Heimat vertrieben worden waren, und hat damit die arabische Welt im Sinne der alttestamentlichen Propheten von der Vielgötterei befreit (Sure Al Ichlas 112:1-5).

Die erste Hälfte des islamischen Glaubensbekenntnisses stellt eine doppelte Verneinung und Abgrenzung der Einheit Gottes gegen alle Religionen und Zauberer dar, die Allah andere Götter zur Seite stellen. So bekennen Millionen von Moslems täglich: „Es gibt keinen Gott außer Allah!” Dieses Zeugnis ist das Nadelöhr des islamischen Glaubens. Wer diesem Dogma nicht bedingungslos zustimmt, gilt bei Moslems als gottlos und Götzendiener. Jede theologische Aussage, die sich nicht diesem Prinzip unterordnet, ist schon im voraus abgelehnt.

Mohammed hat aber nicht nur die Einzigartigkeit Allahs bezeugt, sondern ihn auch mit vielen Namen beschrieben. Die islamischen Theologen haben die Aussagen des Korans über Allah systematisiert und aus seinen Eigenschaften und seinem Tun die „99 schönsten Namen Allahs” geprägt. Diese sind im Koran nicht gleichmäßig stark bezeugt. Einige kommen hundertmal vor, andere ein- oder zweimal, und einige stehen nur indirekt zwischen den Zeilen. Alle arabischen Eigenschaftswörter können gleichzeitig als Hauptwörter verstanden werden, so daß jede im Koran erwähnte Eigenschaft Allahs gleichzeitig einen seiner Namen bedeutet.

Wer behutsam versucht, diese Namen Allahs ihrer Bedeutung und Häufigkeit nach zu ordnen, kommt der Gedankenwelt Mohammeds etwas näher.

Allah ist der Allwissende und der Allweise. Er hört alles und sieht alles. Er versteht alles und umfaßt alles.
Er ist allmächtig und stark, reich ohne Maßen und mächtig, aufzubauen oder zu vernichten.
Deshalb ist er der Erhabene und Allerhöchste, der Große und Gewaltige, der Herrliche und unbegrenzt Mächtige. Keiner ist ihm gleich.
Er ist der Lebendige, Existierende, Unveränderliche, Bleibende, Ewige, der Erste und der Letzte, der Eine und Einzige, der unvergleichlich Schöne.
Deshalb ist er lobenswert, gütig, edel, heilig, das Licht und der Friede. Er ist die wahre Wirklichkeit und das Fundament des Alls.

Im Verhältnis zur Schöpfung ist Allah derjenige, der alles durch sein starkes Wort aus dem Nichts geschaffen hat. Er hat alles begonnen, und alles kehrt zu ihm zurück. Er schafft Leben. Er ist auch der Tötende. Er wird die Toten auferwecken und das All zusammenfassen.

So ist er der souveräne Herrscher und König, dem allein das All gehört. Er erhöht, und er erniedrigt. Er ist der Beschützer, aber auch der Schaden Verursachende. Er ist der Führer und der Verführer. Er rettet, welche er will, und verdammt, welche er will (Sure 7:44, 8:27, 16:95, 76:34).

Vor allem aber heißt er der harmherzige Erbarmer und ist doch gleichzeitig der Rächer und Beste aller Richter. Er hat alles aufgeschrieben und ist der unbestechliche Zeuge im Gericht. Er wird jedermann eine fehlerlose Rechnung präsentieren.

Dieser überdimensional Gewaltige gibt freie Bahn zum Erfolg oder verhindert das Fortgehen einer Sache. Er hat alles und alle in seiner Hand. Er öffnet und schließt. Nichts geschieht ohne seinen Willen. Er braucht keinen Mittler. Es ist alles auf ihn direkt bezogen.

Dabei ist er auch der Gütige und Geduldige, der Treue und Freundliche. Er ist der großzügige Geber aller Gaben und Begabungen. Von ihm allein kommt die Versorgung der Menschen. Er, der das All besitzt, macht reich und behütet als Schutzherr jeden, den er erhöht. Er erzeigt sich dankbar und ist ein Schutzherr über alle, die ihn anbeten.

Er wendet sich dem zu, der Buße tut, und vergibt, weil er der Vergebende ist. Er ist den Moslems freundschaftlich zugeneigt und steht in einem guten Verhältnis zu ihnen. Aber kein Moslem weiß genau, ob die guten Eigenschaften Allahs ihm wirklich zugewandt sind, oder ob ihn seine harten, vernichtenden Absichten treffen werden. Oft sind die Eigenschaften und Namen Allahs für die Glaubenden mehr Wünsche und Hoffnungen als Gewißheiten. Die bedrückenden und fürchterlichen Aussagen über Allah schaffen Ängste und stellen eine Anstachelung zum Tun des Gesetzes dar. Armut und Krankheit gelten als Zeichen des Zornes Allahs wegen verborgener Schuld. Aber Reichtum, Erfolg und Ansehen bedeuten Gnade von dem, der allein reich macht und der seine gesetzestreuen Anbeter ehrt. Moslems sagen heute: „Weil wir Allah 1300 Jahre lang die Treue gehalten haben, hat er uns das Erdöl geschenkt.”

Wenn man von diesen verwirrenden und frustrierenden Namen Allahs absieht und einen einfachen Moslem fragt: „Wer ist nun Dein Gott? Was denkst Du, wenn Du den Namen Allahs hörst?”, dann lächelt er vielleicht und breitet seine Arme aus und sagt nur, wie ein Schauender: „Allah!” Das bedeutet: Allah ist nicht zu beweisen und nicht zu beschreiben. Man kann ihn nur ahnen und wissen. Und dann bekräftigt er vielleicht sein intuitives Verstehen mit dem Wort: Allahu Akbar!

Damit sind wir bei der Kurzform des islamischen Glaubensbekenntnisses angelangt, die unzählige Male an jedem Tag über Millionen Lippen kommt. Mit diesem Wort rennen die Revolutionswächter Khomeinis blindlings in die Minenfelder hinein und werden zerrissen. Dieser Ruf wird vierzigmal an jedem Tag von allen Minaretten mit Lautsprechern über Geschäfte, Wohnungen, Schulen, Fabriken und Regierungssitze gelegt. Dieser Ausdruck ist jedoch kein Satz, sondern nur ein Satzteil. Er heißt nicht, wie manchmal falsch übersetzt wird: Allah ist groß, oder Allah ist der Größte, sondern bedeutet wörtlich: Allah ist größer! Und nun muß jeder Hörende diesen Gedanken vervollständigen: Allah ist weiser als alle Philosophen, schöner als der schönste Anblick, stärker als alle Atom- und Wasserstoffbomben, größer als alles, was wir kennen. Allah ist der ganz andere, der Unerforschliche, der ferne, große, unbekannte Gott. Jeder Gedanke, den wir über ihn denken, ist mangelhaft und falsch. Allah läßt sich nicht begreifen. Er ergreift uns. Wir sind seine Sklaven, die das Vorrecht haben, ihn mit Furcht anzubeten.

Der Islam ist eine Absage an den Rationalismus in Europa. Lange Zeit war es ein Grundzug in der islamischen Theologie, daß Allah philosophisch nicht erfaßt werden könne. Es war unerwünscht, Allah verstehen und ergründen zu wollen (Sure 13:13).

Damit sind wir bei einer Kernaussage des Islam-Theologen Al Razali angekommen, der viel über die „99 schönsten Namen Gottes” meditiert hatte und dann schrieb, daß sie alles und nichts bedeuten, daß ein Name Allahs den andern aufhebt und eine Eigenschaft von der anderen überdeckt wird. Kein Mensch könne Allah begreifen. Die Gläubigen können diesen, den unbekannten, überdimensionalen Gott nur anbeten, vor ihm mit Furcht und Ehrfurcht leben und seine Gesetze befolgen. Vielleicht erbarmt er sich über den einen oder anderen. Aber das bleibt ungewiß bis zur Stunde des Gerichts.

3. DER ISLAM — EINE THEOZENTRISCHE KULTUR

Was sind die praktischen Konsequenzen, die sich aus diesem Gottesverständnis für den Alltag eines Moslems ergeben?

Das Bild des alles beherrschenden Allahs hat das Alltagsleben der Moslems in Familie, Schule, Arbeit und Politik tief geprägt. Das Wort bewahrheitet sich auch hier: „Zeige mir, wie dein Gott aussieht, und ich erkläre dir, warum du so lebst, wie du lebst.” Mit anderen Worten: Die Offenbarung in 1. Mose 1:27 hat eine vielschichtige Bedeutung: „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.” Das Gottesbild einer Religion ist der Urtyp der dazugehörigen Kultur.

Im Islam ist ein Familienvater nicht in erster Linie Partner seiner Frau, der mit ihr zusammen das Ehe- und Familienleben gestaltet, vielmehr ist er der Chef im Haus und der Patriarch, der so gut wie alle Rechte und Macht in seiner Hand behält. Ihm gehören die Kinder rechtlich. Er kauft meistens die Lebensmittel und Kleider ein und gewährt niemand Einblick in seine Finanzen. Die Frau ist kein gleichberechtigter Lebensgefährte, sondern oft ein Objekt zur Erfüllung männlicher Wünsche und wird nicht selten zur Gebärmaschine degradiert. Gewiss, es gibt Ausnahmen, wo feinfühlige Araber sich humanistischen Einflüssen aus Europa öffneten oder resolute Frauen ihre Männer dirigieren und das Christentum die islamische Sitte beeinflusste. Aber aufs Ganze gesehen ist der Islam eine Männergesellschaft, wo die Frau in der Moschee, in den Kaffeehäusern oder im öffentlichen Leben in den Hintergrund zu treten hat. Khomeini will mit der Reformation des Islams gerade auch die Frau wieder in eine mittelalterliche Unterwerfung zurückführen.

Nicht selten sagt ein Vater: „Ich habe ein Kind und drei Mädchen,” wenn er sagen will, daß er einen Sohn und drei Töchter hat. Die Dominanz über die Frau ist in allen Gebieten des Lebens zu finden. Der Mann ist der Herr und wird in übertragener Weise sogar „Herr des Hauses” oder „Gott des Hauses” genannt.

In der Schule unterrichtete bis vor wenigen Jahren der Lehrer noch wie ein Patriarch, der über seinen Kindern thronte und ihnen den Lehrstoff an den Kopf warf, den sie unverdaut und unverstanden zu schlucken und auswendig zu lernen hatten. Das Abhören des zu Hause Auswendiggelernten und das Bestrafen derer, die den Lernstoff nicht beherrschten, gehörte zum täglichen Ritus einer Schulstunde.

In vielen islamischen Schulen steht nicht zuerst das Denken, Verstehen und verantwortliche Mitgestalten im Vordergrund, sondern ein passives Aufnehmen und gehorsames Aneignen. Das hängt eng mit dem Verständnis der islamischen Religion zusammen. Allah denkt, beschließt und befiehlt alles. Der Moslem darf den Koran nicht kritisch bedenken, sondern soll ihn passiv aufnehmen, möglichst ganz auswendig lernen und intuitiv, erfüllt mit islamischem Geist, in den Bahnen Allahs denken und leben. (Wer von den Christen kennt auch nur ein Evangelium auswendig? Nicht wenige Moslems beherrschen den Koran ganz oder haben sich große Teile eingeprägt.)

Unterrichtsformen und Denkprinzipien in der islamischen Welt gehen weitgehend auf das Gottesbild Mohammeds zurück. Der Mensch wird nicht zur aktiven, verantwortlichen Persönlichkeit erzogen, sondern, anders als im Rationalismus, in eine passive Unterordnung unter sein vorherbestimmtes Schicksal geführt. Deshalb brechen Emotionen oft stark und ungehemmt aus den Moslems hervor, weil ihre Erziehung auf eine gedankliche und willentliche Einordnung in ein theozentrisches Weltbild hinausläuft.

In der Politik gilt nicht die Demokratie als Leitbild, sondern Allah, der König und Herr über alle. Er war Sultanen und Diktatoren ein unbewußtes Vorbild. Der Mann mit der starken Hand, der mit eisernem Besen alle Korruption ausfegt, der mächtige Sieger, der dem Islam zur Weltgeltung verhilft, galt schon immer als Leitbild.

Wir können in arabischen Schulen manchmal hören, daß Kinder eigenartige Vornamen tragen, wie Bismarck, Stalin, de Gaulle oder Nasser, weil ihre Eltern im Geist dieser Persönlichkeiten eine Hoffnung für ihre Zukunft sehen. Es klingt beinahe makaber, wenn man auf der Straße eines arabischen Dorfes den Satz hört: „Hitler hat sein Schulgeld noch nicht bezahlt,” was heißt, daß ein Vater, der Hitler heißt, für seinen Sohn den Schulbeitrag noch nicht entrichtet hat.

Seien es Könige oder Diktatoren, Sultane oder Kalifen, wer mit Macht und Gewalt die Zügel fest in der Hand behielt, war beliebt. Nachgiebigkeit oder Kompromißbereitschaft werden als Schwäche und Unfähigkeit verstanden. Nicht umsonst waren in den letzten Jahrzehnten Gamal Abdel Nasser und Ayatollah Khomeini die beherrschenden Männer im Nahen Osten. Während Nasser versuchte, einen arabischen Sozialismus mit dem Islam zu verbinden, um den Angriff des atheistischen Kommunismus zu unterlaufen, hat Khomeini einen radikaleren Weg eingeschlagen und versucht, das Reich Allahs auf Erden im Sinne der Schiiten wiederherzustellen. Nicht die Beseitigung des Schahs oder die Ausmerzung aller christlichen, kapitalistischen oder kommunistischen Tendenzen aus seinem Volk war das Thema der Khomeini-Revolution, sondern die Wiederherstellung der islamischen Theokratie, daß Allah allein herrsche und in allen Bereichen des Lebens regiere. Das brachte einen Mullah-Staat zustande, der im Namen Allahs und seiner Religion viele hinrichten läßt und die Feinde der islamischen Revolution nicht mehr als Menschen ansieht. Khomeini sagte: „In Persien sind bisher noch keine Menschen getötet worden — nur Bestien!”

Der islamische Geist erträgt keine anderen Götter neben sich. Deshalb ist der Islam in seinem innersten Wesen missionarisch und findet keine Ruhe, bis alle Menschen Moslems geworden sind. Dieses Sendungsbewusstsein liegt im islamischen Glaubensbekenntnis begründet, wo es heißt, daß es keinen Gott außer Allah gibt und kein Friede auf Erden zustande kommt, außer durch den Islam.

Früher war in der islamischen Strategie die Welt in zwei große Räume aufgeteilt worden: In das Haus des Friedens (Dar-es-Salam) und in das Haus des Krieges (Dar-el-Harb). Friede herrschte nur, wo der Islam Staatsreligion in einem Lande geworden war und die Scharia’, das Grundgesetz des Islams, das Leben beherrschte. Das „Haus des Krieges” aber umfaßte alle Völker, die sich dem Anspruch Allahs entzogen. In den vergangenen Monaten wurden im Nahen Osten unter arabischen Christen Flugblätter mit der Überschrift verteilt: „aslam taslam!” was soviel heißt wie: Nimm den Islam an, unterwirf Dich Allah, so kannst Du ungestört im Frieden leben!

Mission im Islam bedeutet aber nicht allein das intellektuelle und glaubensmäßige Überzeugen eines Menschen, daß die einzig wahre Religion Gottes der Islam sei, vielmehr ist der Glaubenskrieg ein im Koran befohlenes Mittel zur Ausbreitung der Wüstenreligion Mohammeds. Sicher, auch die Christen haben als Kreuzfahrer blutige Spuren im Nahen Osten hinterlassen und die Christen als militante Angreifer in das Geschichtsbewußtsein der Moslems eingraviert; doch stehen alle sogenannten heiligen Kriege im Gegensatz zur Lehre Jesu, der sagte: „Widerstehet nicht dem Übel. Stecke dein Schwert in die Scheide!” Christus hat nie einen Religionskrieg befohlen, sondern jede Gewaltanwendung verboten. Mohammed aber hat sich selbst mehrere Male an die Spitze der Kämpfenden gestellt, die Mekka und die Arabische Halbinsel eroberten. Der heilige Krieg im Islam ist ein Gebot Allahs und nicht nur eine Verirrung der Gläubigen. So ist die Möglichkeit des heiligen Krieges im Islam bis heute noch vorhanden. Sie darf nicht unter- und nicht überschätzt werden (2:244).

Wer den Islam verstehen will, muß umdenken lernen. Islam bedeutet nicht allein eine Religion für Kopf, Seele und Herz eines Menschen, sondern stellt eine alles umfassende Kultur dar, eine theozentrische Gesellschaft, in der alle Bereiche des Lebens — Erziehung, Wirtschaft, Familie und Politik — auf Allah ausgerichtet sind. Es gibt keine Trennung zwischen Thron und Altar, zwischen Politik und Religion. Die Moschee ist oft Ausgangspunkt für Demonstrationen und politische Umstürze, und die Freitagspredigt will nicht nur Glaubenspflege sein, sondern bringt oft massive Aufrufe zum politischen Handeln im Namen Allahs.

Dies alles hängt mit dem islamischen Gottesbild zusammen. Es gibt nichts außerhalb seiner Macht. Er allein ist alles in allem. Und was sich nicht freiwillig an ihn ausliefert, muß mit List, wirtschaftlichem Druck oder mit revolutionärer Gewalt unterworfen werden, denn Islam heißt Unterwerfung unter Allah, Auslieferung aller Lebensgebiete an seinen Geist und die Herrschaft des Korans über alles Denken und jede Sitte.

Beduinenstämme hatten seinerzeit Mohammed gegenüber erklärt: Wir glauben an Allah! Er aber antwortete ihnen: Ihr habt nicht geglaubt, bis ihr sagt: Wir haben uns unterworfen! (Sure 49:14)

Der Islam ist eine totale Religion, die keinen Kompromiß mit irgendwelchen „Ismen” eingehen kann. Die Geschichte des Islams hat gezeigt, daß aus dem Koran heraus immer wieder Anstöße kamen, welche eingedrungene Ideen aus europäischen, persischen und indischen Weltanschauungen überwanden und zu einer alles ordnenden Gesetzesreligion hinführten, die nichts anderes sein will, als die Fixierung des islamischen Gottesreiches auf unserer Erde.

II. ALLAH IM VERGLEICH ZUM CHRISTLICHEN GOTTESVERSTÄNDNIS

Der Islam in seiner Erstarkung und Ausbreitung im 20. Jahrhundert stößt in die Kulturen der Christenheit, des Hinduismus, des Kommunismus und der afrikanischen Kulte vor. Wir als Christen wollen bei solchen Begegnungen und allen Betrachtungen des Islams festhalten, daß viele Moslems ehrliche Anbeter sind, die ihrem Gott im Rahmen ihres Glaubens mit Willen dienen. Ein Christ wird diese Absicht nicht verachten und jeden Anbeter aus dem Islam lieben und ehren.

Das aber enthebt uns nicht der Pflicht, die Wahrheitsfrage zu stellen. Gerade unsere Achtung den Moslems gegenüber führt uns zum sachlichen Vergleich des Korans mit dem Neuen Testament, das für uns der Maßstab der Wahrheit ist. Wer die 99 Namen Allahs im Islam mit den Namen Gottes in der Bibel vergleicht, muß erkennen, daß der Allah der Moslems an entscheidenden Stellen nicht mit den Aussagen der Bibel übereinstimmt. Wer also sagt: Euer und unser Gott ist derselbe, der hat weder Allah noch Christus recht erkannt, oder vertuscht mit bestimmten Absichten tiefgreifende Differenzen.


1. ALLAH — KEIN DREIEINIGER GOTT!

Es ist für einen Moslem undenkbar und unmöglich, an die Existenz eines Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes im Sinne des Neuen Testamentes zu glauben. Wer sagt, daß Gott einen Partner, Gesellschafter oder einen ihm gleichen Gott neben sich habe, begeht islamisch gesehen die Sünde wider den Heiligen Geist. Deshalb stellt das Glaubensbekenntnis des Islams nicht nur ein Bekenntnis zur Einzigartigkeit Allahs dar, sondern bedeutet gleichzeitig eine strikte Ablehnung der Gottheit Christi und der Gottheit des Heiligen Geistes.

Der Name Allah ist in sich selbst ein Programm. Das Wort kann als ein Satz verstanden werden, der heißt: al-el-hu. „El” ist der alte Gottesbegriff im semitischen Raum und heißt der Starke und Allmächtige. Der Name Allah ist dem jüdischen Namen Elohim ähnlich, der auch als Satz verstanden werden kann und dann hieße: Al-el-hum. Während im jüdischen Elohim noch die Möglichkeit einer Mehrzahl (hum) enthalten ist, so ist im Namen Allah (hu) nur noch die Einzahl möglich. Allah im Islam ist also immer nur einer, niemals eine Einheit von dreien, auch wenn diese vollkommen wäre.


2. ALLAH — KEIN VATER

Im Gespräch mit Moslems und Juden müssen wir die Aussagen Jesu im Neuen Testament zum Vaternamen neu durchdenken. Mindestens 164 mal finden wir in seinen Reden diesen Namen aufgezeichnet, so daß man von einer theologischen Revolution Jesu gegenüber dem erstarrten semitischen Eingottglauben reden kann. Christus predigte keinen fernen, großen, unbekannten Gott, den niemand kennen und begreifen kann, noch lehrte er uns einseitig das Fürchten und Zittern vor dem heiligen Richter, dem sich keiner nahen kann, sondern zog behutsam den Schleier von dem Namen Gottes im Alten Testament weg und offenbarte uns, wer Gott in Wirklichkeit ist: Der Vater. Er lehrte uns nicht zu Elohim, Jahwe oder Zebaoth zu beten, auch nicht zum Herrn, zum Allmächtigen oder Dreimalheiligen, sondern legte uns das freundliche Wort in den Mund: Unser Vater. Christus hat sein eigenes Vorrecht mit uns, den Unwürdigen, geteilt. Wir sind durch ihn Kinder Gottes geworden, was Mohammed im Koran scharf ablehnt (Sure 5:18).

Wer nachprüft, wann und wie oft Christus in seinen Reden den Namen „Gott” verwandte und bei welchen Gelegenheiten er den Namen „Vater” benützte, erstaunt, denn meistens redete Jesus mit Fernstehenden, Dämonen und seinen Feinden über Gott, den großen, gewaltigen Herrn, von dem alle Kreatur geschaffen worden ist. Wenn Jesus aber betete oder im vertrauten Kreis seiner Jünger redete, offenbarte er das innerste Geheimnis Gottes: Seine Vaterschaft.

Um dieses seines Zeugnisses willen wurde Jesus wegen Gotteslästerung verurteilt, denn der Hohepriester Kaiphas hatte ihn gefragt: „Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du sagst, ob du bist Christus, der Sohn Gottes” (Mt. 26:63). Kaiphas konnte Gott nicht Vater nennen, weil dies eine Lästerung für die Juden bedeutet hätte, deshalb fragte er Jesus, ob er sich etwa als Sohn des Ewigen bezeichne, was die Vaterschaft Gottes einschließt. Christus hielt an seinem Bekenntnis fest. Sein erstes Wort am Kreuze lautete „ Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.” Als aber der heilige Vater sein Gesicht vor seinem lieben Sohn verhüllte und sich als strafender Richter zeigte, schrie der Sohn auf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?” Doch der Gekreuzigte glaubte sich mitten im Gericht zur Treue seines Vaters durch und verstarb mit den Worten: „VATER, in deine Hände befehle ich meinen Geist.”

Der Vatername Gottes, als die Offenbarung seiner innersten Wirklichkeit, ist ein unaufgebbarer Bestandteil des christlichen Glaubens. Gottes Liebe hat sich in der rechtlichen Verpflichtung des ewigen Vaters an uns Menschen gebunden, wie Johannes schrieb: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, daß wir Gottes Kinder sollen heißen!”

Einer der Gründe, weshalb der Islam die Heilige Dreieinigkeit und die Vaterschaft Gottes ablehnt, ist ein falsches Verständnis derselben. Eine Sekte im arabischen Raum zur Zeit Mohammends hatte gelehrt, daß die Dreieinigkeit aus Gott, Christus und Maria bestehe. Jeder Christ wird diesen Irrtum mit Mohammed zusammen ablehnen.

Bedauerlich in diesem Zusammenhang ist, daß das christliche Verständnis der Zeugung Jesu durch den Heiligen Geist in Maria im Islam nicht geistlich, sondern fleischlich verstanden wird. Für einen Moslem bedeutet es eine Lästerung zu denken und zu sagen, Allah habe von Maria einen Sohn gezeugt. Das Verständnis der geistlichen Vaterschaft ist so gut wie allen Moslems verschlossen. Allah ist für sie der erhabene, ferne und unbegreifliche Gott. Sie kennen keinen nahen Gott der Liebe, der sich als Vater in Christus geoffenbart hat.


3. ALLAH — KEIN SOHN!

Die Sohnschaft Christi ist für die Moslems ein anderes Ärgernis. Sie können nicht denken, daß es neben Allah noch einen zweiten Gott gibt. Das enthielte die Möglichkeit zum Streit innerhalb der Gottheit. Eine Revolution des Sohnes gegen den Vater würde irgendwann zu erwarten sein. Allah allein ist der Starke und Mächtige. Er wird sogar der Hochmütige genannt und der Listigste aller Listigen (Sure 59:23 und 3:54). Die Idee der Demut und Sanftmut Christi sowie seine Selbstverleugnung wird im Islam als Schwäche aufgefaßt. Es wird als ein Beweis für sein Nicht-Gott-Sein angesehen, wenn er sagt: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig”, oder: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun”, oder: „Der Vater ist größer als ich.”

Das Geheimnis der Heiligen Dreieinigkeit ist dem Islam verborgen. Der Sohn verherrlichte während seines Erdenlebens stets seinen Vater, wie der Heilige Geist heute den Sohn verherrlicht. Der Vater ehrte den Sohn und setzte ihn zu seiner Rechten, während der Sohn es dem Heiligen Geist überläßt, seine Gemeinde zu bauen, die er mit seinem Blut erkauft hat. Das Wort Christi klingt einem Moslem wie eine Lästerung in den Ohren: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden!” Wenn das so wäre, hätte ja Allah keine Gewalt mehr in den Händen! Der Geist im Islam ist hochmütig, deshalb kann er die Demut Christi und seines Geistes nicht verstehen.

Die Existenz eines Sohnes Gottes würde für einen Moslem die Schmälerung der Souveränität Allahs bedeuten. Allah vergibt wem er will, wann er will und wo er will. Er braucht kein Lamm, keinen Mittler und kein Kreuz. Der Gekreuzigte ist vom islamischen Denken her unnötig, weil Allah direkt tut, was er will.

Mohammed leugnete neben der Gottessohnschaft Christi auch die geschichtliche Tatsache der Kreuzigung. Er sagte kurzerhand: „Christus ist nicht gekreuzigt worden” (Sure 4:157). Hätte Allah zugelassen, daß Christus gekreuzigt worden wäre, hätte auch Mohammed während seiner Verfolgung in Mekka mit einem Schandtod rechnen müssen. So klammerte er sich an die Macht Gottes, die seine Propheten schützt. Das Kreuz Christi bedeutet im Islam eine Leugnung der Allmacht Gottes.

Der Unterschied zwischen der Heiligkeit Gottes, die den Tod aller Schuldigen fordert, und seiner Liebe, die alle Sünder retten will, ist dem Islam verborgen. Allah liebt die Sünder nicht, heißt es 24 mal im Koran (2:190ff), nur die Gottesfürchtigen (3:76). Deshalb wissen die Moslems nie genau, ob Allah für sie das Paradies bestimmt hat, oder ob die Hölle vor ihnen offensteht.
Im Islam gibt es keinen gekreuzigten Gottessohn und kein Lamm Gottes, das stellvertretend für alle Menschen starb. Deshalb kennen die Moslems kein Heil in unserem Sinne, stehen nicht in der Gnade und leben noch in ihren Sünden. Unser ganzer zweiter Glaubensartikel ist für einen Moslem durchgestrichen. Den Begriff des „Heils durch Christus” gibt es im Islam nicht. Der wahre Heiland ist ihnen verborgen.


4. ALLAH — KEIN HEILIGER GEIST!

Der Islam lehnt nicht nur den Vater und den Sohn ab, sondern behauptet auch, daß der Heilige Geist nicht Gott, sondern ein zeitliches Geschöpf sei, wie Engel und Dämonen. Der Heilige Geist wird als Engel Gabriel angesehen, der Maria und Mohammed die Botschaften Gottes brachte. Die Tatsache, daß Gott Geist ist, in Christus Fleisch wurde und in Menschen Wohnung macht, ist dem sunnitischen und schiitischen Islam verborgen. Allenfalls haben die Sufís, die Mystiker im Islam, eine Einwohnung Gottes in den Menschen erhofft, ohne jedoch die Rechtfertigung durch den Gekreuzigten als Basis dieser Einwohnung akzeptiert zu haben.

So muß gesagt werden, daß ein Moslem den Heiligen Geist nicht kennt und derselbe nicht in ihm wohnt. Deshalb kann er auch Christus keinen Herrn heißen (1. Kor. 12:3). Wo aber der Heilige Geist nicht in einem Menschen Wohnung gemacht hat, fehlt die Gewißheit der Gebetserhörung, gibt es keine Heilsgewißheit und ist die gewisse Hoffnung des ewigen Lebens unbekannt. Wer in der Seelsorge mit Moslems zu tun hatte, wird zwar eine tiefe Religiosität und Hoffnung auf die Barmherzigkeit Allahs feststellen, aber eine Heilsgewißheit ist bei Moslems unbekannt.

Manchmal hört man das Wort: Wie sollte der große Allah sich auch um die Milliarden zweibeiniger Ameisen auf der Erde kümmern, die durcheinanderkrabbeln und sich gegenseitig vernichten? Allah ist größer, als daß er alle Gebete erhört. Gewiß, er kann Gebete erhören, wenn er will, aber er muß nicht. Die Gewißheit, daß der ewige Vater jeden Schrei seiner Kinder hört, ist dem Islam verborgen. Der persönliche Kontakt zu Gott fehlt. Moslems sind keine Kinder Gottes, sondern seine Sklaven.

Wer einen Moslem fragt: „Hast Du Vergebung Deiner Sünden empfangen?” erhält im besten Falle die Antwort: „Wenn Allah will!” Ob Allah will, weiß keiner gewiß. Wir aber bezeugen: „Ja, Gott hat mir meine Sünden vergeben, weil sein Sohn meine Schuld und unser aller Gericht am Kreuz auf sich genommen hat. Der Tröster, der Heilige Geist, der Rechtsbeistand gibt Zeugnis unserem Geist, daß wir gerechtfertigte Familienangehörige im Hause Gottes geworden sind” (Römer 8:16, Eph.2,18-22).

Wie kommen dann christliche Theologen dazu auszusprechen: „Der Gott im Islam ist derselbe wie im Judentum und im Christentum!” Wissen sie nicht, daß im Evangelium steht: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben, wer aber den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben auch nicht” (1. Jon. 5:12).

Wer nicht unter dem Kreuz Christi steht, trägt kein ewiges Leben in sich. „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzig-geborenen Sohn dahingab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern ewiges Leben haben” (Joh.3:16).

Wir müssen bekennen: Wo der Heilige Geist nicht in einem Menschen wohnt, kennt dieser auch das ewige Leben nicht. Kein Moslem trägt in sich die Gewißheit des ewigen Lebens, weil er Christus, das Leben, nicht akzeptiert. So bleibt ihm nur der Weg zum Gericht, während die Nachfolger Christi, um seines Todes willen, aus dem Gericht genommen sind (Joh.3:18).


5. ALLAH — KEINE LIEBE

Die Gottesfrage in beiden Religionen konzentriert sich letztlich auf folgenden Vergleich. Wir wissen: Gott ist Liebe. Der Islam aber bekennt Allah als den barmherzigen Erbarmer. Vielleicht denkt der eine oder der andere: „Bedeutet dieser Name, der im Koran am häufigsten von allen Namen vorkommt, nicht dasselbe wie Liebe? Barmherzigkeit und Liebe meinen doch dasselbe!” Vielleicht hilft ein lebensnaher Vergleich, den Unterschied zwischen den beiden Worten darzustellen: Wenn ein Bräutigam zu seiner Braut sagt: „Ich erbarme mich über dich und heirate dich”, was würde die Reaktion der Braut sein? Sie würde ihm davonlaufen! Wenn er aber bekennt: „Ich liebe dich”, so ist das Verhältnis in Ordnung.

Auch in seiner Barmherzigkeit, dem besten aller Namen Allahs im Islam, bleibt er immer noch der Hohe, Erhabene, der sich höchstens zu dem bedürftigen Geschöpf herabbeugt und ihm hilft, aber eben auch in seinem Erbarmen fern und unpersönlich bleibt.

Gott aber, in seiner Liebe, stieg in Jesus Christus auf unsere Ebene herab, nahm Knechtsgestalt an und erniedrigte sich noch mehr, indem er unsere Schuld auf sich nahm und an unserer Stelle im Gericht starb.

Wir haben keinen fernen, unpersönlichen Gott, sondern einen Vater, einen Sohn und einen Geist, der sich nicht scheut, uns zu retten und in uns Wohnung zu machen. So können wir in überspitzter Form sagen: „Gott, im alten Sinne des Wortes, gibt es seit dem Kommen Jesu nicht mehr. Was real existiert, ist der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.” Wer also die Heilige Dreieinigkeit nicht kennt oder nicht akzeptiert, zeigt damit, daß ihm der wahre Gott verborgen ist.

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Wenn Allah im Islam grundsätzlich vom Vater, Sohn und Heiligen Geist verschieden ist, kann es nicht anders sein, als daß auch die Ethik, Kultur und das Leben in den beiden Religionen wesentlich voneinander verschieden sind.

Ein Grundprinzip im Islam ist das Rechtsdenken, ein Leben in und unter dem Gesetz. Schuld verlangt Sühne. So steht im Koran ähnlich wie im Alten Testament: Auge um Auge, Nase um Nase, Ohrum Ohr, Zahn um Zahn (Sure 5:45, Mt.5:38).

Christus hat aber ein neues Gesetz, seine Liebe, gebracht und befahl seinen Nachfolgern: „Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel” (Matth. 5:44).

Da unser Vater durch Christus bedingungslos allen Menschen alle Sünden vergeben hat, ist unsere Ethik auch auf bedingungsloses Vergeben gegenüber allen schwierigen Menschen aufgebaut. Jesus lehrte uns zu beten: „Und vergib uns unsere Schulden, genauso wie wir unseren Schuldigern vergeben.” Er legte selbst dieses Gebet mit den Worten aus: „Wenn ihr den Menschen nicht alle Sünden vergebt, die sie gegen euch begangen haben, so wird euch euer himmlischer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben” (Mt. 6:12 + 15).

Während also im Christentum die Liebe Gottes und seine bedingungslose Gnade das Prinzip des Lebens geworden sind, ist im Islam das Gesetz und das Recht die Basis für alles Denken und Handeln. Die Sprache der Moslems ist voller Ausdrücke wie: „Das Recht ist mit mir”, oder: „Das Recht liegt auf dir.” Das Recht kann nicht gebeugt werden, Kompromisse sind nicht möglich. Sie wären Unrecht.

So verlangt jede Schuld Sühne und Strafe. Wenn eine Schuld nicht gesühnt wird, ist das Recht nicht gestillt. Wir lesen schon im Alten Testament, daß vergossenes Blut zum Himmel schreit. Mord fordert Vergeltung und Rache. Blutrache ist ein Gesetz Allahs. Oberflächliches Vergeben wäre Unrecht. Vergebung konnte im Alten Testament nur durch Blutvergießen geschehen. Die Moslems wissen nicht, daß in Jesus alle Rechtsforderungen des göttlichen Gesetzes ein für allemal und für jedermann erfüllt worden sind. Er vergoß sein heiliges Blut anstelle derer, die den Tod verdient haben. Weil aber die Versöhnung mit Gott durch Christus nicht islamisch ist, geht das Gesetz der Blutrache weiter, wäre eine bedingungslose Vergebung im Islam Unrecht, geht Gnade nicht vor Recht, sondern Recht vor Gnade. Eine endlose Kette von Berichten über Blutrache und Tötung, selbst Familienangehöriger, zur Reinwaschung der Familienehre, kann jeder geben, der längere Zeit in islamischen Ländern, im „Haus des Friedens”, gelebt hat!

In den Nahost-Kriegen gibt es kaum Kompromisse. Das Recht an Land, Flüssen und Quellen muß ungeschmälert zurückkommen, sonst finden die Gewissen keine Ruhe. Die Ägypter sagten bei der Rückgabe der Sinai-Halbinsel: „Wir bestehen darauf, daß jedes Sandkorn zurückgegeben wird.”

Dieses Rechtsdenken führt zwischen islamischen Stämmen und Völkern zu ständigen Kriegen, die wir kaum verstehen können. Der Irak und der Iran haben sich gegenseitig ihre Ölförderungsanlagen zerstört. Weil Sadat auf Druck Amerikas einen Teilfrieden mit Israel geschlossen hatte, wurde er erschossen. Im Libanon tobt ein Bürgerkrieg seit acht Jahren. In Syrien vernichten sich die Alaviten und die Moslembrüder gegenseitig, und Gaddafi sorgt mit seinen Ölmilliarden, daß im Tschad und an der Grenze Marokkos nicht zu schnell Ruhe eintritt. Der Geist des Islams ist ein unruhiger Geist. Die Verheißung über Ismael bewahrheitet sich immer wieder: „Seine Hand wird gegen jedermann und jedermanns Hand gegen ihn sein” (l.Mose 16:12).

Das besondere an diesem Rechtsdenken ist, daß es in Allah gegründet liegt. Er selber gebot, den Islam mit der Waffe zu verteidigen, den Heiligen Krieg mit Blutvergießen durchzuführen und Konvertiten zu töten, wenn sie den Islam verlassen, von Allah abfallen und Christus als Gottes Sohn annehmen (Sure 5:9). Der Gott im Islam ist ein Gott der Rache, ein Richter, der Unrecht unbarmherzig straft. Aus ihm heraus kommt ein gesetzliches Denken, ein Ehren -Fanatismus und das Verlangen nach Sühne.

Die Ordnung der Ehe. Im Verständnis von Ehe und Familie zeigen sich weitere tiefgreifende Gegensätze zwischen Christentum und Islam, so daß es absurd ist, vom gleichen Gott in beiden Religionen zu sprechen.

Es war nach islamischer Auffassung eine Offenbarung Allahs an Mohammed, als dieser hörte, daß jeder Moslem bis zu vier Frauen legal heiraten könne (Sure 4:3). Dazu konnte er, nach dem früheren Verständnis einiger Rechtsschulen, noch Ehen auf Zeit eingehen, etwa bei Reisen sich Frauen an verschiedenen Orten halten oder Nebenfrauen von seinen Sklavinnen nach Belieben nehmen (Sure 4:24).

In der Gegenwart können sich allerdings nur noch die Reichen mehrere Frauen leisten, weil ein Mann allen seinen Frauen jedesmal gleich viel Kleider, Nahrung und Geschenke, auch für alle Kinder, geben muß. Wenn er also mehrere Frauen besitzt, muß er im Grunde genommen mehrere Haushalte durchziehen. Wieviel Haß, Neid und Mißgunst sich hier aufbaut, können Außenstehende kaum ahnen.

Moderne Islamtheologen haben im Zeitalter der Geburtenkontrolle eine besondere Auslegung für die Sure 4:3 bereit, demnach Allah schon immer die Einehe für die Moslems beabsichtigt habe, weil kein Mann die Bedingung, alle vier Frauen gleich zu lieben, erfüllen könne.

In Wirklichkeit aber steht die Frau eine Stufe tiefer als der Mann. Er hat sie in der Ehe zu erziehen, kann sich ihr bei Ungehorsam enthalten und hat das Recht, sie zu schlagen (Sure 4:34). Vor Gericht gilt das Zeugnis eines Mannes soviel wie das von zwei Frauen. (Sure 22:282) Das sind, islamisch verstanden, Worte Allahs im Koran. Kinder gehören immer dem Mann. Zwar besitzt eine Mutter das Pflegerecht an den Kindern bis zu einem gewissen Alter, aber dann kehren sie zum Vater zurück.

In den meisten islamischen Ländern kann sich ein Mann einseitig und leicht von seinen Frauen scheiden. Sollte er das im Zorn getan haben, kann er seine entlassene Frau wieder heiraten, kann sich aber später wieder von ihr scheiden und sie dann noch einmal heiraten. Wenn er sich aber ein drittes Mal von ihr scheidet, kann er sie nicht mehr sofort heiraten, bis sie mit einem anderen Mann verheiratet war. Wenn dieser sie dann auch entlassen hat, kann der erste sie wieder heiraten (Sure 2:29+230).

Es ist unbegreiflich, welch ein Elend hinter solchen Prinzipien verborgen liegt. Die Frau ist kein Partner, sondern ein Gebrauchsgegenstand für den Mann, ein Mittel zum Zweck. Das hängt damit zusammen, daß der Mensch im Islam kein Ebenbild Allahs ist, sondern nur sein Sklave. Deshalb steht auch die Frau nicht auf der Ebene ihres Mannes, sondern gleicht einer besser gestellten Dienerin. Sie gilt als sein Acker, in den er säen kann, wann er will (Sure 2:223).

Bis ins Paradies hinein ist die Dominanz des Mannes projiziert. Bei einem prächtigen Leben unter Bäumen, im Schatten, mit frischen Früchten an kühlen Wassern stehen einem Moslem einige Dutzend Jungfrauen und einige Knaben zur Verfügung. Von den früheren Ehefrauen aber wird im Blick aufs Paradies im Koran nur wenig geredet (Sure 55:54, und Sure 56:15—22 und 34 u. 72).
Wie ganz anders ist doch das christliche Eheverständnis! Die Frau trägt auch das Ebenbild Gottes in ihrem Wesen, nicht nur der Mann. Sie ist in geistlicher Beziehung dem Mann völlig gleichgestellt. Deshalb ist die Einehe die Folgerung aus dieser geistlichen Stellung der Frau. Sie ist Partnerin und Gehilfin ihres Mannes zur gemeinsamen Lebensbewältigung. Christus hat die Einehe ausdrücklich bestätigt und eine leichtfertige Scheidung verboten (Mk. 10:6-12).

Paulus fordert zwar die völlige Unterordnung der Frau unter ihren Mann, aber in dem Sinne, wie die Kirche sich Christus unterordnet. Deshalb hat der Mann das Vorrecht, sich für seine Frau und Kinder in Liebe aufzuopfern, so wie Christus sein Leben dahingegeben hat für seine Gemeinde (Eph. 5:22-25).

Das religiöse Prinzip ordnet alle Bereiche des Lebens. Deshalb ist die Liebe des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes das Geheimnis der christlichen Kultur. Im Islam aber bestimmt die richterliche Erhabenheit des Diktators Allah alle Lebensbereiche. Der Islam und das Christentum sind zwei völlig verschiedene Religionen, so verschieden, wie Allah und die Heilige Dreieinigkeit verschieden sind.

III. DAS WAHRE GESICHT ALLAHS


1. Ein antibiblischer Geist

Der Islam nimmt in Anspruch, daß der Koran nicht von Mohammed selbst verfaßt worden ist. Die theologischen Fachgelehrten verschließen sich den Konsequenzen aus der offensichtlichen Tatsache, daß 75% aller Korantexte verdrehte Gesetze und Geschichten aus dem Alten Testament sind. Vielmehr verteidigen sie vehement, daß Allah Mohammed alle Worte und Befehle im Koran inspiriert und eingegeben habe. Jeder Buchstabe im Koran sei reines Gotteswort, unfehlbares Direktdiktat aus dem Munde Allahs.

Damit werden alle Aussagen in der Thora und im Evangelium relativiert. Diese beiden Bücher gelten dem Moslem nur insofern als Inspiration Allahs, als sie mit dem Koran übereinstimmen. Alle Texte der Bibel, die mit dem Koran nicht übereinstimmen, gelten als Fälschung. Damit steht Offenbarung gegen Offenbarung und straft die echte Offenbarung die andere als Lüge. Der Islam richtet sich selbst in seiner radikalen Ablehnung der Dreieinigkeit.

Dabei sollten wir auch bedenken, daß der Islam eine nachchristliche Religion ist. Mohammed hat sich notwendigerweise mit dem Christus des Neuen Testaments auseinandersetzen müssen und ihn teilweise akzeptiert, jedoch entscheidende Fakten in seinem Leben geleugnet. So finden wir im Koran die Geburt Christi von der Jungfrau Maria bezeugt. Allerdings sei er nicht vom Heiligen Geist gezeugt, sondern durch Gottes Wort geschaffen worden. Christus gilt als ein großer Prophet, der gewaltige Wunder tat, Blinde sehend machte, Aussätzige heilte und Tote auferweckte. Allah habe ihn ohne vorheriges Sterben direkt in die Himmel emporgehoben, wo er heute noch lebe. Der lebendige Christus ist ein islamisches Dogma! Er ist angesehen in dieser und jener Welt und wird wiederkommen, um alle Juden und Christen zu richten, die den Islam nicht anerkannt haben. Der Islam bezeichnet also Christus als einen besonderen Propheten, der größere Wunder tat und gewaltigere Eigenschaften in seinem Leben aufzuweisen hatte als Mohammed. Aber trotz all diesen Ehrungen werden die Gottheit Christi und der Zweck seines Kommens, sein Sühnetod, radikal abgelehnt, weil Jesus nach dem Koran nicht Gottes Sohn war und seine Kreuzigung nie stattgefunden habe.

Der koranische Christus ist für alle Moslems die dunkle Brille, durch welche sie den wahren Christus ansehen. Die Christologie des Islam ist der falsche Maßstab, mit dem sie unseren Heiland und sein Heil messen. Wir werden uns in zunehmendem Maße mit dem Christus der Moslems auseinandersetzen müssen, weil er der Ausgangspunkt oder das Ende vieler Gespräche mit Moslems sein wird.

Angesichts der entscheidenden Bedeutung des koranischen Christus, müssen wir feststellen: Gott wird nicht 600 Jahre nach der übernatürlichen Geburt seines einzigen Sohnes den Engel Gabriel nach Mekka und Medina in die Wüste senden, um Mohammed zu beweisen, daß er, der lebendige Gott, keinen Sohn habe! Und der Vater unseres Herrn Jesu Christi wird nicht die geschichtliche Tatsache der Kreuzigung leugnen, wenn doch sein Sohn dazu geboren wurde, die Sünde der Welt wegzutragen. Wenn der Islam in Anspruch nimmt, daß Mohammed echte Inspirationen empfangen hat, so war das ein anderer Geist, ein falscher Geist und nicht der Heilige Geist, der Mohammed inspirierte. Gott lügt nicht.

Das Neue Testament lehrt uns deutlich, wie wir den Islam zu betrachten haben, denn Johannes schreibt in seinem 1. Brief 2,18-23 und 4,1-6: „Jeder Geist, der nicht bezeugt, daß der Christus ist ins Fleisch gekommen, ist vom Widerchrist.” So müssen wir mit aller Demut bekennen, daß der Geist im Islam ein. antichristlicher Geist ist. Mohammed hat vieles von Jesus gehört, sich aber gegen den gekreuzigten Gottessohn entschieden.

Das führt zum weiteren Zeugnis, daß der Geist, der sich Allah nennt und Mohammed inspirierte, nicht der Vater unseres Herrn Jesus Christus ist, sondern ein Lügengeist, der sich den altarabischen Namen Gottes „Allah” wie eine Maske vors Gesicht gebunden hat und in Anspruch nimmt, daß er Gott sei, obwohl er nicht Gott ist. Allah im Islam ist ein unreiner Geist Satans, der bis heute noch in religiösem Gewand eine große Macht ausübt (Joh. 8:30-48).

2. Der Islam – ein kollektive Gebundenheit

Wir bekennen nochmals, daß der Islam eine tiefe Religiosität in seinen Nachfolgern hervorrufen kann. Er ist eine Religion der Anbetung, der Werkgerechtigkeit und des Selbstopfers. Unzählige Moslems sind im Laufe der Geschichte in Heiligen Kriegen gestorben, um die Sache Allahs in alle Welt hineinzutragen.

Religiöser Eifer aber rettet keinen Menschen. Vielmehr sagt uns das Evangelium: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, und der Zorn Gottes bleibt auf ihm” (Joh. 3:36). Der Islam lehnt Gottes Sohn ab. Damit stellt er sich außerhalb der Wahrheit. Der Islam ist kein Weg, der zu Gott führt. Niemand kommt zum Vater, außer durch Jesus Christus (Joh. 14:6).

Solche geistlichen Realitäten rufen jeden Christen zur Mission, gerade auch unter Moslems. Sind wir eine satte Christenheit, die nur für sich selbst lebt, oder kann uns die geistliche Not der 800 Millionen Moslems noch bewegen? Wer nicht selbst in ein islamisches Land zum Zeugnis für Christus fliegen kann, hat die Möglichkeit für alle Moslems zu beten, missionswillige Brüder und Schwestern zu unterstützen und kann den Gastarbeitern und Studenten in unserem Land etwas zuliebe tun. Wenn heute nur wenige junge oder ältere Christen den Ruf Jesu zur Weltmission hören und befolgen, so bedeutet das ein Alarmzeichen für jede Kirche und Gemeinde. Gerettetsein bringt Rettersinn! Wenn kein Drang zur Mission bei Christusnachfolgern aufbricht, muß die Frage gestellt werden, ob sich noch echte Bekehrungen und geistgewirkte Wiedergeburten bei den Gemeindegliedern ereignen.
Christus ist auch heute unterwegs zu suchen und zu retten, den der verloren ist. Läßt die Gemeinde ihn allein, oder antworten einzelne mit Jesaja, nach einer echten Buße und göttlichen Reinigung: Hier bin ich; sende mich! (Jesaja 6, 8)

Neben den alten Formen der Missionsgesellschaften und der Ausstrahlung einheimischer Kirchen, gibt es heute besonders Chancen für Facharbeiter, Studenten und Touristen, in verschlossene Länder vorzudringen, wo für Missionare bisher Dienste beinahe unmöglich waren.

Jeder Fachmann hat heute die Möglichkeit in seinem Beruf, in einem Ölland als aktiver Christ zu arbeiten. Die Frage ist nur, ob er sich zum Zeugnis unter Moslems rufen, dafür zurüsten und von Christus senden läßt. Die Facharbeitermission bedeutet eine Herausforderung an jeden jungen Christen!

Allerdings, wer unter Moslems missionieren will, sollte sich bewußt sein, daß der Islam jede Form christlicher Mission haßt. Sie ist beinahe in allen Ländern, in denen der Islam Staatsreligion ist, verboten. Der Islam stellt nicht nur eine Religion, sondern eine ganzheitliche Weltanschauung dar. Wer Moslems in einem islamischen Land missioniert, begeht ein Unrecht dem betreffenden Staat gegenüber und muß unter Umständen mit Strafen rechnen. Wir haben jedoch Gott mehr zu gehorchen als den Menschen.

Gleichzeitig ist das Missionsfeld in die Heimat gekommen. Über 10 Millionen Moslems leben, arbeiten und studieren heute in Europa und den USA. Wer redet mit ihnen über Christus? Wer begleitet sie in ihren Problemen? Wer lädt sie zum Abendessen ein? Wieviel beten wir für Gastarbeiter? Nur soviel, wie wir für sie beten, lieben wir sie! Wer ihre Sprache nicht kennt, kann von verschiedenen Zentren gute Schriften und Kassetten für sie erwerben.

Jeder, der Moslems in Jesu Namen dienen will, wird bald die Tatsache erkennen, daß die permanente Ablehnung des Evangeliums eine Verhärtung im Gewissen mit sich brachte. Alle Moslems sind von Kind auf gegen den Glauben an den wahren Christus geimpft. Der ablehnende Geist des Korans hält sie in einer kollektiven Besessenheit gefangen. Es kommt bei keinem Moslem zu einer klaren Bekehrung, außer durch einen Direkteingriff Jesu Christi.

Wir finden in der Welt des Islams eine andere Missionssituation als in jenen Ländern vor, wo die Botschaft Christi noch nicht verkündigt worden war, als deren Religionen oder Kulte gegründet wurden. Es ist deshalb unerläßlich, daß ein Konvertit aus dem Islam sich willentlich ganz vom Geist des Islam samt seiner Praxis löst und sich in Christus einverleiben läßt. Wenn er das nicht tut, lebt er in einer geistlichen Schizophrenie, die ihn früher oder später zum Islam zurückzieht.

Jeder Christ, der unter Moslems dienen will, muß sich vorher prüfen, ob der Herr ihn persönlich zu diesem Dienst berufen hat. Begeisterung oder Romantik helfen nicht weit. Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit den Fürsten und Gewaltigen der anderen Welt. Jesus allein ist unser Schutz und unsere Kraft. Er schafft auch bleibende Frucht. Deshalb ist jeder Missionar unter Moslems abhängig von einer völligen Hingabe an den gekreuzigten Christus, der alle Dienstwilligen führt, wie und wohin er will. Das Denken des bürgerlichen Christentums muß bei Missionaren unter Moslems aufhören. Sie haben keine Rechte mehr, nur noch Pflichten, so wie ihr Herr sagte: „Ich bin nicht gekommen, daß ich mir dienen lasse, sondern daß ich diene und gebe mein Leben zu einer Erlösung für viele” (Mt. 20, 28).

3. Wachsende Bedrückung der Kirchen u. Verfolgung der Konvertiten

Überall, wo in islamischen Staaten christliche Kirchen bestehen, die von der Urchristenheit her manche Verfolgungen überdauert haben, zeichnet sich durch die Erstarkung des Islams ein vermehrter Druck auf einheimische Christen ab. Es sind Zehntausende, die heute aus dem Irak, Syrien, Jordanien, Israel, Ägypten und anderen Ländern auswandern, weil sie keine Hoffnung mehr sehen, für sich und ihre Kinder in islamischen Ländern eine Existenz aufbauen zu können. Bei politischen Unruhen werden immer wieder Christen verdächtigt, eigene Staaten schaffen zu wollen. Manche wurden deshalb ins Gefängnis geworfen, wie es in Ägypten 1981 geschah, wo 8 Bischöfe der koptischen Kirche samt 50 Klerikern und Laien eingesperrt wurden. 1979 war eine ähnliche Zahl von Gläubigen im Irak ins Gefängnis geworfen worden.

Tatsächlich gibt es Bewegungen, wie im Libanon, wo orientalische Christen zur Waffe greifen, um ihre christliche Identität nicht zu verlieren und noch einmal zu Menschen zweiten oder dritten Grades degradiert zu werden, wie das in der Geschichte des Nahen Ostens 1300 Jahre lang der Fall gewesen ist.

„Wir müssen unsere Gemeinden zum Leiden vorbereiten,“ sagte der Kirchenälteste einer kleinen Gemeinde in Marokko, als er erkannte, was Moslems im Zuge der islamischen Machtentfaltung denken. Er hatte selbst um seines Glaubens Willen ein halbes Jahr Gefängnis absitzen müssen.

Zwar steht einheimischen Christen, die schon als Christen geboren worden sind und zu einer Kirche gehören, die vielleicht noch aus urchristlicher Zeit stammt, ein Lebensrecht unter dem Islam zu, weil Mohammed sie als Schriftbesitzer bis zu einem gewissen Grad tolerierte, aber für die Konvertiten, die den Islam verlassen, gibt es keine Gnade. Allah verlangt ihre Tötung, weil er keinen losläßt, der sich ihm unterworfen hat.

Wenn nun trotzdem in verschiedenen islamischen Ländern Hauskreise aus Konvertiten zusammengesetzt oder Untergrundkirchen entstehen, hängt dies damit zusammen, daß der Liberalismus aus Ost und West in vielen islamischen Köpfen säkulare Gedanken hervorgebracht hat. Auch erlauben besondere Familienverhältnisse einzelnen, daß sie Christen werden. In seltenen Fällen treten auch ganze Familien geschlossen über.

Das aber schließt nicht aus, daß sowohl von staatlicher Seite, als auch von fanatischen Gruppen her solche Keimzellen der Kirche Jesu Christi verfolgt werden, sobald ihre Existenz bekannt wird. Wir müssen damit rechnen, daß Konvertiten aus dem Islam in Zukunft gefährdeter leben, denn der Islam erstarkt. Wenn schon bestehende Kirchen unter zunehmenden Druck geraten, werden Konvertiten noch weniger Barmherzigkeit erfahren. Vielleicht bekommen sie offiziell Gelegenheit, unter der Anleitung eines Scheichs wieder zum Islam zurückzukehren. Wenn sie das aber nicht tun, sollen sie vom Staat getötet werden. So lautet eine Vorlage, die in Ägypten schon mehrere Male zum Gesetz erhoben werden sollte, bisher jedoch an der liberalen Haltung vieler Moslems scheiterte.

Hier kommen die Worte Jesu zum Tragen, die er in Johannes 15,21 – 16,4 sagte: „Das werden sie euch tun, weil sie weder mich noch den Vater erkannt haben. Sie meinen, ,Allah’ einen Gefallen zu tun, weil sie euch töten, aber in Wirklichkeit handeln sie nicht gegen euch, sondern gegen mich und den Vater direkt.” Christus hat zu Saul vor Damaskus nicht gesagt: „Warum verfolgst du meine Gemeinde?” sonder betonte: „Warum verfolgst du mich?” Das ist ein Trost für alle ehemaligen Moslems, die an Jesus glauben, daß keiner allein ist, sondern daß Christus mitleidet und jedem seiner verfolgten Nachfolger Kraft gibt.

Der Geist, der vor 2000 Jahren Christus abgelehnt und ans Kreuz geschlagen hat, ist auch heute noch im Islam lebendig. Er verleugnet den Gekreuzigten und bekämpft alle, die durch ihn gerecht geworden sind. Ein treuer Moslem meint zwar, den wahren Gott anzubeten und ihn zu ehren. In Christus jedoch wissen wir, daß Allah im Islam nicht Gott, sondern ein dämonischer Irrgeist ist, der ein Sechstel der Menschheit gefangenhält. Jesus Christus aber liebt auch jeden Moslem. Unser Herr kann durch ein Zeichen seines kleinen Fingers Dämonen austreiben. Deshalb gibt es auch für jeden Moslem die Hoffnung:  „So euch nun der Sohn freimacht, so seid ihr recht frei“ Johannes 8:36

 

Abd-al-Masih (d.h. «Diener Christi»), unter diesem Namen ist Charles Marsh in Algerien durch seine Missionsarbeit unter den Berbern bekannt geworden. Er lebte in der Zeit der Kolonialherrschaft, die zwar den Aufenthalt in islamischen Ländern für christliche Zeugen etwas vereinfachte, aber für die Verkündigung des Evangeliums nicht unbedingt von Vorteil war. Seine Wirksamkeit begann im Jahre 1925:
1925  Der Autor geht über Frankreich nach Algerien

1927 Er heiratet Lalla Jouhra in Algerien. Sie ist die Tochter eines Missionars in der Kabylei.

1927 Sie beginnen ihre Arbeit in Lafayette, gehen nach Hamman

1946 Arbeit in Hall und Außenstation in Beni Ourtilane

1954 Die Revolution beginnt

1969 Ende der Arbeit

Seine sehr lesenswerte Lebensgeschichte finden Sie auf meiner HP unter: Mission unter Berbern. – Im Handel lautet der Titel des Buches: Unmöglich für Gott?
Die Hervorhebungen im Text sind von mir. Horst Koch, Herborn, im Jahre 2016

www.horst-koch.de
info@horst-koch.de




Islam im Licht der Bibel (R.Liebi)

Roger Liebi

DER ISLAM IM LICHT DER BIBEL

Dieser Artikel ist die Niederschrift eines Vortrags aus dem Jahr 2000. Heute ist dieser Vortrag aufgrund der Flüchtlingsbewegungen der letzten Monate besonders aktuell. Wir geben ihn hier auch im Vortragsstil wieder.

Einleitung

Heute Morgen möchten wir im Rahmen der verschiedenen Religionen, die wir im Licht der Bibel bisher betrachtet haben, auch den Islam unter die Lupe nehmen. Der Islam beschäftigt uns heute in ganz besonderer Weise, wenn wir daran denken, dass es heute weit mehr als eine Milliarde Muslime in aller Welt gibt. Dann muss man doch sagen, dass ein sehr bedeutender Teil der Menschheit unter dem Islam steht. Es kommt dazu, dass durch die starken Bewegungen in den letzten Jahrzehnten heute Millionen von Muslimen in Europa wohnen. Das ist insbesondere deswegen bedeutsam, wenn man daran denkt, dass in der Vergangenheit der Islam mehrmals versucht hatte, Europa zu erobern. Dabei wurde bisher der Islam immer wieder zurückgeschlagen. Und heute haben wir eine Einwanderung nach Europa von Millionen. Es kommt dazu, dass die Ölmilliarden des 20. Jahrhunderts die finanzielle Grundlage gelegt haben für den größten islamischen missionarischen Aufbruch aller Zeiten. Der Islam ist heute eine der am schnellsten wachsenden Religionen. Das ist einerseits bedingt durch den massiven Geburtenzuwachs, aber auch durch die Mission besonders in Europa.

Eine weitere Technik sind die vielen Mischehen, durch die der Islam nach Europa gebracht wird. Wir werden das heute noch ganz deutlich sehen, dass der Islam von seinen Grundaussagen her ein Angriff auf die Fundamente des christlichen Glaubens ist. Ganz wesentlich ist die Leugnung der Trinität, also dass Gott eine Dreieinheit ist; zweitens die Leugnung des Kreuzestodes Christi. Wir haben heute Morgen zu Beginn zwei Lieder gesungen, die mit dem Kreuzestod zu tun haben und die das Herz des Evangeliums ausmachen. Erlösung durch das Kreuz Jesu, das wird also geleugnet. Und weiter wird auch die Zuverlässigkeit der Bibel massiv bestritten. Das bedeutet also, dass das Fundament, auf dem das Christentum überhaupt ruht, angegriffen wird. Nun, man kann das heute natürlich als eine Bedrohung sehen, und viele tun das auch. Ich sehe es also eigentlich eher als die große Chance. Denn früher mussten Missionare unbedingt in weit entfernte Länder gehen. Heute kommen die Leute zu uns und wohnen neben uns. Das ist eine große Chance für das Evangelium, und es ist auch so, dass große Mengen an Muslimen hier offener sind für das Evangelium, als sie es in ihren Heimatländern wären.

Was bedeutet Islam und Muslim?

Nun eine Erklärung zum Begriff Islam. Es ist ein arabisches Wort und bedeutet so viel wie Unterwerfung, Auslieferung. Gemeint ist Unterwerfung unter beziehungsweise Auslieferung an Allah, den Gott des Islam. Das Wort Muslim — man merkt, es hat die gleichen Wurzelkonsonanten — bedeutet: ein Unterworfener, einer der sich unterworfen, der sich ausgeliefert hat.

Was charakterisiert den Islam besonders?

Der Islam ist ganz deutlich eine Religion der Öffentlichkeit. Das heißt, der Moslem muss in der Öffentlichkeit zeigen, dass er ein Moslem ist. Ganz besonders gilt das zum Beispiel im Fastenmonat. Das Fasten muss gesehen werden. In muslimischen Staaten wacht der Staat zum Beispiel über das Einhalten der Fastengebote. Jeder Moslem muss in der Öffentlichkeit zeigen, dass er es mit seiner Religion ernst nimmt.

Weiter ist er eine politische Religion. Das geht zurück auf Muhammad, denn er war ein politischer Führer und ein Heerführer. Das hat die ganze Religion geprägt.

Weiter sehen Muslime ihre Religion als eine Religion der Vernunft. Es ist eine Religion, die über Vernunft und Kopf geht. Das Herz, der Sinn der Empfindungen, ist nicht so wichtig. Darum ist es zentral im Islam, dass jeder vernunftbegabte Moslem verpflichtet ist, an Allah zu glauben, und ein Muslim sagt: Nur was vernünftig ist, kann sein. Das steht ganz zentral. Und so ist es zum Beispiel absolut unvernünftig, zu glauben, dass Gott einen Sohn hat. Das kann man verstandesmäßig nicht erfassen. Es ist daher unvernünftig und so müssen wir es ablehnen.

Der Islam wird gesehen als Religion der Zukunft. Er ist also eine Religion, die schließlich alles verdrängen wird und gewissermaßen Garantie ist für die Zukunft.
Und damit hängt auch die Ansicht zusammen, der Islam sei die Religion des Erfolgs. Das rührt daher, dass am Anfang die ersten Muslime unter Muhammad gewaltige militärische Erfolge hatten. Und auch in den unmittelbar darauffolgenden Jahrhunderten hatten sie große militärische Erfolge, so dass der ganze Nahe Osten und Nordafrika unterworfen werden konnte.

Daraus wurde gefolgert: Das ist der Beweis: Diese Religion ist allen anderen Religionen überlegen. Dann versteht man auch, warum, wenn eine muslimische Nation einen Krieg verliert, das eigentlich eine Katastrophe ist. Das hat begonnen mit Napoleon, der bereits muslimisches Gebiet erobert hat. Dann kamen die Kolonialmächte im 19. Jahrhundert. Die haben auch große muslimische Gebiete unterworfen.

Das hat einen Schock ausgelöst, der die Fundamente der Religion erschüttert hat. Dann kam der Erste Weltkrieg, bei dem sich die Türken, die Osmanen, die den ganzen Nahen Osten beherrscht hatten, auf die Seite von Deutschland stellten. Das hat die Alliierten herausgefordert und so wurde das Osmanische Reich zusammengeschlagen. Und während dieses Krieges war es ja, dass die Engländer Palästina den Juden versprochen hatten, um dort eine nationale jüdische Heimstätte zu schaffen. Und das war eine Erschütterung für den Islam, wie wir uns das kaum vorstellen können.

Dann kam der Zweite Weltkrieg mit den Judenverfolgungen und Millionen Juden wurden vernichtet. Das hat für kurze Zeit bei der Mehrheit der Vereinten Nationen Mitleid erweckt, so dass diese Mehrheit bereit war, im November 1947 „Ja“ zu stimmen für die Schaffung eines Judenstaates auf islamischem Boden. Von den islamischen Staaten war im Voraus klar erklärt worden, wenn das so weit käme, dann würden sie den Judenstaat in der Wurzel vernichten und ausradieren.

Dann kam dieser schreckliche Unabhängigkeitskrieg, 1948/49, unmittelbar auf die Ausrufung des Staates Israel am 14. Mai 1948. Das hat damit geendet, dass alle muslimischen Länder, die sich gegen Israel gestellt hatten, besiegt waren. Dann kam ein Krieg nach dem andern. Und jeder Krieg wurde verloren. Und das Verheerendste war dann 1967, als man beschlossen hatte unter den muslimischen Führern, jetzt den Judenstaat endgültig auszuradieren. Nach sechs Tagen waren alle Feinde geschlagen, an drei Frontabschnitten. Und noch viel mehr muslimisches Gebiet wurde dadurch erobert.

Das hat eine derart tiefe Erschütterung gegeben, so dass genau in der Folge des Sechs-Tage-Krieges dann der moderne Fundamentalismus unter den Moslems ausgebrochen ist. Es ist also das letzte Zucken und Sichaufbäumen gegen das, was eigentlich nicht möglich sein darf, denn der Islam ist die einzige Religion, die richtig ist, und sie ist die Religion der Zukunft, der Überlegenheit, der Vernunft. Also muss es schließlich so weit kommen, dass alles, was sich gegen den Islam auflehnt, unterworfen wird. Daher also auch dieses blinde Zuschlagen durch den Terrorismus. Das muss man in diesem Zusammenhang sehen.

Weiter: Der Islam ist eine Leistungs- und Gesetzesreligion. Es geht darum, dass der Mensch gewisse Dinge tut und seine Pflichten erfüllt. Das Ziel ist klar formuliert: der Weltislam. Die Welt wird eingeteilt in zwei Gebiete: Dar-ul-Islam, das ist das Gebiet des Islam, das der Islam beherrscht. Der Rest der Welt heißt: Dar-ul-Harb. Es ist das Gebiet des Krieges oder des Schwertes, das heißt das Gebiet, das noch erobert werden muss.
Also, Europa ist wesentlich Dar-ul-Harb. Es wird so gesehen: Der Weltislam wird zur Vollständigkeit kommen bei der Wiederkunft von Isa. Das ist „Jesus“ im Islam. Ich habe bewusst Jesus in Anführungsstrichen gesetzt. Wir werden noch sehen, dass der Jesus im Koran nicht derselbe Jesus ist wie in der Bibel.

Die Zukunft des Islam nach der Bibel

Wir wollen aber die Zukunft des Islam nach der Bibel sehen, und da möchte ich einfach auf zwei Stellen aus Jesaja verweisen. Dort geht es effektiv um die Wiederkunft Christi, um die Endzeit, wenn Jesus Christus kommt, um das Tausendjährige Friedensreich aufzurichten, und da lesen wir in Jesaja 19,19:
„An jenem Tag wird dem Herrn inmitten des Landes Ägypten ein Altar geweiht sein und eine Denksäule dem Herrn nahe an seiner Grenze; und das wird zu einem Denkzeichen und zu einem Zeugnis für den Herrn der Heerscharen im Land Ägypten sein. Denn sie werden zu dem Herrn schreien wegen der Bedrücker, und er wird ihnen einen Retter und Kämpfer senden und sie erretten. Und der Herr wird sich den Ägyptern kundgeben, und die Ägypter werden den Herrn erkennen an jenem Tag; und sie werden dienen mit Schlachtopfern und Speisopfern und werden dem Herrn Gelübde tun und bezahlen.“

Und dann nennt Gott Ägypten schließlich sogar: „mein Volk Ägypten“, zusammen mit Assyrien. Das ist Syrien und viele weitere Gebiete bis in den Irak. Assyrien und Ägypten sind heute muslimische Gebiete und hier wird gesagt: Der Tag kommt, wo der Gott der Bibel sich den Ägyptern als Nation zu erkennen geben wird, und auch Assyrien wird ihn erkennen und sie werden schließlich von Gott als sein Volk gesehen werden.

Dann Jesaja 45,14. Es geht auch hier um die Endzeit: „So spricht der Herr: Der Reichtum Ägyptens und der Erwerb Äthiopiens und die Sabäer, Männer von hohem Wuchs, werden zu dir [das ist Israel] übergehen und dir gehören.“
Was mit Äthiopien übersetzt wird, ist im Hebräischen Kush, das ist einfach das Gebiet südlich von Ägypten. Es ist eigentlich der Sudan plus Äthiopien und Eritrea, also dieses Gebiet. Und der Sudan ist ja ein ganz wesentliches Land unter den islamischen Ländern. Also von Ägypten und Sudan und von den Sabäern — das ist ein Volk im Süden von Saudi-Arabien — werden sie zu Israel übergehen: „Sie werden dir nachfolgen, in Fesseln werden sie zu dir übergehen; und sie werden sich vor dir niederwerfen, werden zu dir flehen: Gewiss, Gott ist in dir; und sonst ist kein, gar kein Gott!“

Merken wir, was da gesagt wird? Hier wird gesagt: Der Gott Israels ist der wahre Gott und außer diesem Gott gibt es gar keinen anderen Gott. Das erinnert einen richtig ans Glaubensbekenntnis des Islam. Das beginnt ja mit: Es gibt keinen Gott außer Allah; und hier werden sie Israel bekennen: „Gewiss, Gott ist in dir; und sonst ist kein, gar kein Gott!“ Also genau die Umdrehung. Nun, das so zur Einleitung.

Die Stammesverhältnisse in Arabien zur Zeit Muhammads

Jetzt beschäftigen wir uns mit der Entstehung des Islam. Und dabei müssen wir uns Klarheit verschaffen über die Stammesverhältnisse in Arabien zur Zeit Muhammads. Arabien war gekennzeichnet durch das Nomadentum mit Kleinviehzucht: Schafe und Ziegen. Das war bei den arabischen Stämmen das Normale. Es gab nur wenig feste Niederlassungen. Zwei sind besonders wichtig:
Mekka und Yathrib, das später dann Medina genannt wurde. Mekka war nämlich damals das Handelszentrum der Karawanen und zugleich religiöser Mittelpunkt unter den Arabern. Es gab dort die Kaaba. Kaaba heißt Würfel. Es war also ein würfelförmiges Heiligtum. Das was Zentralheiligtum der arabischen Stämme. Da wurden viele arabische Götter verehrt und auch die wichtigsten Hauptgötter der arabischen Stämme. Es gab auch landwirtschaftliche Siedlungen in Oasen. Aber die waren hauptsächlich von Juden bewohnt. Jeder arabische Stamm wurde durch einen Scheich regiert, und Krieg und Razzien war das Normale, was zu ihrem Lebensstil gehörte. Aber, wichtig, es gab bestimmte Monate — der erste, neunte, elfte und zwölfte Monat im Jahr —, da gab es absoluten Landfrieden. Da konnte man also damit rechnen, zu hundert Prozent: Da werde ich nicht überfallen. Das wird noch wichtig sein. Also das war, obwohl sie so wilde Stämme waren, eine Sache, an die man sich halten konnte. Und diese Monate waren natürlich vor allen Dingen auch wirtschaftlich sehr wichtig, denn da konnte man sicher sein, dass die Ware durchkam.

Die Religion der vorislamischen Araber

Nun ein paar Bemerkungen zur Religion der vorislamischen Araber. Es gab dort einen Viel-Götter- und Geisterglauben. Man kannte keine Erlösung. Man machte auch für die Verstorbenen keine Bestattungsrituale. Das Diesseits stand im Vordergrund. Unter diesen vielen Göttern, von denen wir von den meisten nur sehr wenig wissen, waren drei Göttinnen und ein Gott besonders wichtig. Dieser Hauptgott war Allah, das ist übrigens ein Ausdruck, der zusammengezogen ist aus Al-i-la. i-la heißt Gott, ist das semitische Wort für Gott, verwandt mit dem hebräischen Eloah, das ja oft im Alten Testament vorkommt, oder Elohim, das ist das normale Wort für Gott im Alten Testament, und al ist der Artikel, also „der Gott“ (al-i-la). Das war der Obergott, aber dieser Gott wurde gesehen als Gott mit drei Töchtern. Das waren die drei Göttinnen al-Lat, die Sonnengöttin, al-Uzza, eine Sternengöttin, und al-Manat, eine Schicksalsgöttin.

Interessant sind dabei die zwei Fassungen der Sure 53,19-23 im Koran. Die erste Fassung war nämlich so, dass Muhammed die Erlaubnis gab, dass diese drei Göttinnen als Fürbitterinnen weitergelten dürfen. Das war sozusagen eine Kompromisslösung mit den arabischen Stämmen damals. Und später hat er das dann allerdings zurückgezogen und erklärt: Nein, das war eine satanische Eingebung. Und das sind also keine richtigen Verse und die wurden dann gestrichen. Jetzt wissen Sie den Hintergrund zu Rushdies Buch Die satanischen Verse. Das geht ganz wesentlich um dieses Problem: Wie kann ein Prophet Gottes satanische Verse verkündigen als Gotteswort, die er dann später zurücknehmen muss? Das erschüttert eigentlich den Islam in den Fundamenten. Aber dafür kann niemand angeklagt werden, wenn er über dieses Problem spricht beziehungsweise das vorbringt. Es ist einfach höchst peinlich. Darum hat man dann bei Rushdie ein anderes Vergehen gesucht, damit man ihn einer Ermordung ausliefern konnte. Das also so zum Hintergrund.

Also wurde das gestrichen und diese Göttinnen wurden auch abgeschafft. Es gab auch noch den Wadd, einen Liebesgott, und den Hubal, den Gott der Kaaba. Man weiß auch nur sehr wenig über ihn. Für alle Götter gab es Symbole. So war zum Beispiel der schwarze Stein, der Kaaba, in Mekka das Symbol für Allah. Das war wahrscheinlich ein Meteor, der heruntergekommen ist und den man dann verehrt hat.

Die Juden zur Zeit der Entstehung des Islam

Nun muss natürlich auch etwas gesagt werden über die arabischen Juden in dieser Zeit. Das Jahr 70 markiert mit der Zerstörung Jerusalems den Untergang des Judenstaates. Da gab es starke Fluchtbewegungen der Juden, einerseits nach Babylonien in den Irak, aber auch nach Saudi-Arabien, und so kamen viele in dieses Gebiet. 132 n.Chr. machten die Juden dann noch einmal einen Aufstand gegen die Römer, um das Joch noch einmal endgültig abwerfen zu können. Das hat zu einem grausamen Krieg geführt, in dem mehr als eine Million Juden umgekommen sind. 135 n.Chr. wurde dieser Aufstand niedergeschlagen. Übrigens war das ein Aufstand unter der Führung eines falschen Messias, Bar-Kochba. Zu dieser Zeit gab es noch einmal Fluchtbewegungen unter anderem nach Arabien. Und so haben die Juden dann in diesem Gebiet blühende Siedlungen aufgebaut. In Yatrib, dem späteren Medina, gab es neben zwei arabischen Stämmen drei jüdische Stämme. Gemeint sind Familienstämme, Sippen. Dadurch wurde ein jüdisches Zeugnis unter den Heiden verbreitet. Dieses Zeugnis war: Es gibt nur einen einzigen Gott. Das hat sehr überzeugend auf die Araber gewirkt. In dieser vorislamischen Zeit gab es ein gutes Zusammenleben, eine gute Koexistenz zwischen Arabern und Juden, weil eigentlich beide Seiten von diesem Zusammenleben profitierten. Aus diesem Umstand erklärt sich zu einem Teil das große Interesse von Muhammad für den Monotheismus, den Glauben an einen einzigen Gott.

Die damalige Christenheit in Arabien

Nun müssen wir aber auch die Situation der damaligen Christenheit in Betracht ziehen. Und zwar beschäftigen wir uns vor allen Dingen mit der sektiererischen Christenheit im Osten. Im 4. und 5. Jahrhundert wurde die Christenheit von trinitarischen und christologischen Kämpfen erschüttert. Ich erkläre: Bei der Trinität ging es um Folgendes: Es ist so, dass die Bibel eine Dreieinheit lehrt, dass Gott also nicht eine Person ist, sondern drei Personen. Das war ein ganz massiver Kampf damals gegen solche, die das leugneten. Schließlich führte das 324 n.Chr. zu einer Klärung auf dem Konzil von Nizäa, wo klar bezeugt wurde: Der Vater und der Sohn sind wesensgleich. Der Sohn ist also nicht eine Schöpfung, wie das die Zeugen Jehovas noch heute lehren, sondern Er ist ewiger Gott und dem Vater wesensgleich. Die Kämpfe gingen aber weiter und 381 n.Chr. kam es zum Konzil von Konstantinopel und dort wurde die Dreieinheitslehre als biblische Lehre deutlich bestätigt. Dort wurde auch erklärt: Der Heilige Geist ist Gott. Er ist nicht eine unpersönliche Kraft oder irgendetwas, Er ist Gott. Dann wurde aber weitergekämpft in Bezug auf die Person von Jesus Christus. Wer ist Jesus Christus? Es wurde nicht nur seine Gottheit geleugnet, auch seine wahre Menschheit wurde geleugnet. Am Konzil von Chalzedon, 451 n.Chr., wurde klar herausgestellt, die biblische Lehre ist so: Christus ist sowohl wahrer Gott als auch wahrer Mensch in einer Person.

Besonders in den östlichen Randgebieten der Christenheit gab es aber weiterhin die Irrlehren. So findet man zum Beispiel die Jakobiten in Syrien. Die haben gesagt: Christus hat nicht zwei Naturen, eine menschliche und eine göttliche, sondern Er hatte nur eine göttliche und in gewisser Weise wurde das Menschliche im Göttlichen aufgesogen. Das hat natürlich dazu geführt, dass die natürlich besonders scharf darauf waren, dass Maria als Gottesgebärerin bezeichnet wurde. Das hat dann bei vielen eben einen Schritt weiter dazu geführt, dass man letztlich auch Maria als göttlich ansah.

Dann gab es auch die Nestorianer. Ob Nestor selber ein Irrlehrer war, das können wir offenlassen. Die Überlieferungen sind zum Teil nicht so eindeutig. Das waren so massive Kämpfe, dass man auch nicht sicher ist, ob alle Vorwürfe wirklich berechtigt waren. Jedenfalls bei seinen Nachfolgern muss offensichtlich falsche Lehre vorhanden gewesen sein. Da wurde ganz scharf getrennt zwischen der menschlichen und der göttlichen Natur Christi. Und diese Trennung führte leicht dazu, dass man Christus sah als zwei Personen, also einerseits als Mensch und dann eine göttliche Person, die sich irgendwie vereinigt hätten.

Wir haben das jetzt so überflogen, um zu sehen, dass es damals in den östlichen Randgebieten viele Sekten auf der arabischen Halbinsel gab, bei denen wohl weiterhin falsche Lehre über Gott und Christus festgehalten wurde. Und Muhammad kam in Kontakt mit Jakobiten und Nestorianern, aber auch mit koptischen Mönchen und anderen sektiererischen Gruppen. Und von daher erklärt sich auch die perverse Dreieinheitsvorstellung im Koran. In der Sure 5,116 wird nämlich den Christen vorgeworfen, sie würden Gott und Jesus und Maria als drei Götter verehren. Nun, das macht ja weder die katholische Kirche noch die orthodoxe Kirche und dann die Reformierten und die Evangelikalen erst recht nicht. Also, dieser Vorwurf ist eigentlich völlig belanglos, und man ist schockiert, dass jemand überhaupt auf solch eine Idee kommt. Aber das hängt zusammen mit all diesen Irrlehren, die im östlichen Gebiet der Christenheit bis gegen Arabien hin kursierten.

Weiter erklärt das nun einiges in Sure 19,16-36. Dort wird Jesus als ein geschaffenes Wesen hingestellt. Allah hätte Isa erschaffen. Und es gibt auch keine Präexistenz. Er hätte ihn einfach als Mensch in der Jungfrau Maria erschaffen. Und Sure 112 sagt, Gott sei nur eine einzige Person. Und es wird als größtes Vergehen betrachtet, wenn man irgendeine weitere Person neben Gott stellt. Also, aus all dem Gesagten wird deutlich, dass die fundamentalen Irrlehren im Christentum über die Person des Sohnes Gottes und über das Wesen der Gottheit einen wichtigen Faktor für die islamischen Irrlehren über Gott und Jesus darstellen.

Wir können also sagen, dass die Christenheit eine wesentliche Mitverantwortung zur Entstehung des Islam hat. Das muss man bedenken. Weil die Christenheit in großen Teilen in diesen neutestamentlichen Lehren, was Gott und Jesus Christus angeht, versagt hat und nicht treu daran festgehalten hat, hatte das dann letztendlich zu dieser Geißel des Islam im Blick auf die Christenheit geführt.

Das Leben Muhammads

Nun, vor diesem Hintergrund können wir uns mit dem Leben Muhammads beschäftigen. Er lebte 570-632 n.Chr. Er wurde 570 in Mekka geboren und gehörte zur armen Sippe der Haschemiten. Sie waren damals arm. Es ist vielleicht bekannt: Der König Hussein [damals zur Zeit des Vortrags war Hussein König] von Jordanien ist auch ein Haschemit. Er kommt also aus dieser Linie von Muhammad. Aber damals war das eine arme Sippe. Sie gehörte zum Stamm der Kuraischiten. Das war in gewisser Weise der Stamm von Mekka. Der Stamm bestand aus etwa zehn Sippen. Es war eigentlich ein reicher Stamm, aber Muhammad gehörte zu einer armen Sippe darin. Mit fünf Jahren wurde Muhammad Vollwaise. Zunächst wurde er von seinem Großvater Muttalib aufgezogen, und als der gestorben war, von seinem Onkel Abu Talib. Er verdiente sein Leben als Hirte. Mit zwanzig Jahren wurde er angestellt bei einer reichen Dame namens Chadidscha. Und da hatte er unwahrscheinlichen Erfolg. Also, wo er die Hände drin hatte im Handel, da ging es einfach aufwärts. Und so hat er sich dann schließlich hinaufarbeiten können bis zum Karawanenführer.

Daher konnte er von Mekka her Reisen machen bis nach Syrien. Er hatte Kontakt mit christlichen und jüdischen Kaufleuten, und schließlich, 595, bekam er einen Heiratsantrag von Chadidscha. Nun, das ist natürlich ungewöhnlich, dass eine Frau einem Mann in dieser Gesellschaft einen Heiratsantrag machte. Aber das war umgekehrt auch nicht möglich, denn ein Ärmerer durfte nicht einer reichen Frau einen Antrag machen. So war es also die Reiche, die es dem Armen machte. Er war fünfundzwanzig und sie vierzig und es gab eine glückliche Ehe. Sie hatten sechs Kinder, und das wichtigste Kind war Fatima. Also nicht ein Junge, sondern ein Mädchen, denn durch sie wurde das Geschlecht fortgesetzt.

Muhammad war von Natur aus sehr religiös veranlagt. Und wenn er so die Religion seiner arabischen Umwelt betrachtete, dann war er betrübt über die Oberflächlichkeit. Denn vieles war einfach nur noch Tradition. Aber die Stämme hingen im Allgemeinen selber gar nicht mehr an dieser Religion. Er hatte Diskussionen mit jüdischen und christlichen Kaufleuten, und jeden Monat zog er sich dann wieder in eine Höhle zurück, in der Nähe von Mekka, um über die Diskussionen nachzudenken. So hat er sich also sehr stark mit dem Glauben an einen Gott beschäftigt. Er hat dann gefastet und sich religiös unter starke Zucht gestellt, und das führte ihn manchmal bis zur Verwirrung. Und ungefähr 609 oder 610 hatte er dann mit vierzig Jahren ein großes meditatives Erlebnis in einer Höhle: Da wurde ihm eine Offenbarung, eine Vision zuteil.

Interessant ist, in welchem Zustand er dabei war, wie auch bei seinen späteren Offenbarungen. Sie waren nämlich begleitet von Stöhnen, Röcheln, Schreien, und man stellte auch krampfartige Muskelspannungen bei ihm fest. Das hat ihm selber Zweifel eingebracht, ob das wirklich Offenbarungen von dem einen Gott waren oder nicht. Denn es gab ja damals diese Stammeszauberer, die bekamen ja auch von den Dämonen, Geistern, ihre Offenbarungen und Eingebungen, und die hatten nämlich genau die gleichen Kennzeichen wie er. Also, er hatte Zweifel, aber Chadidscha, seine Frau, überzeugte ihn: Nein! Du bist ein echter Prophet des einen Gottes Allah. Sie hat ihn also ganz wesentlich darin bestärkt, dass er auf diesem Weg weiterging. Und von diesem ersten Ereignis an bekam er dann immer wieder neue Offenbarungen und so soll ihm dann der Koran übermittelt worden sein. Übrigens nicht durch Allah direkt, sondern durch einen Engel, und zwar einen Engel, der sich als Engel Gabriel bezeichnet hat.

Die Mekkaner waren misstrauisch gegenüber seinen Offenbarungen. Und sie sagten ihm: Schau, das ist gar nichts anderes, als was unsere Zauberer auch haben. Das ist die gleiche Art von Offenbarungen und die gleichen Umstände. Und sie wollten ihm darin nicht folgen. Aber es gab doch einige Anhänger von diesen neuen Offenbarungen, das waren vor allem arme Mekkaner, aber auch einige reiche Kaufleute. Dabei waren zum Beispiel Abū Bakr und Omar. Das wird später wichtig, weil es sich hierbei um den ersten beziehungsweise zweiten Kalifen, also um Nachfolger von Muhammed nach seinem Tod handelte. In diese Zeit fällt dann der massive Schlag, dass Chadidscha stirbt. Das war wirklich ein ganz massiver Einschnitt in seinem Leben.

Im Gegensatz zu seiner Heimatstadt Mekka war Medina, also damals noch Yathrib, sehr offen für den Islam. In Mekka hatte es gegenüber den jungen Muslimen viel Druck gegeben. Jetzt kam es zur sogenannten Hidschra, das ist das arabische Wort für Loslösung / Bruch. Er machte einen Bruch mit seinem bisherigen Stammesverband und ließ sich in einen neuen Stamm in Medina eingliedern. Von diesem Moment an beginnt die islamische Zeitrechnung. Von da an werden die Jahre gezählt. Yathrib wird umbenannt in Medina. Medina bedeutet auf Arabisch Stadt. Es ist gewissermaßen die Stadt des Propheten. Muhammad wird dort durch seine ausgeprägte Begabung, führen und schlichten zu können, politischer und religiöser Führer.

Aber es gab ein Problem in Medina. Die Juden dort wollen ihn nicht anerkennen. Sie sagen ihm offen: Schau, diese Offenbarungen, die du hast, die stimmen nicht überein mit der Bibel. Er war natürlich der Überzeugung, dass es da keinen Unterschied gibt, sondern dass er ein Prophet sei in der Linie all dieser Propheten, die die Juden schon hatten. Und er war überzeugt, dass es in völliger Harmonie damit stand, aber die Juden sagten: Nein, das stimmt überhaupt nicht. Das können wir nicht akzeptieren. Du bist kein Prophet von dem einen Gott. Und so begann Muhammad dann, Druck auszuüben, bis schließlich ein Stamm der Juden nach dem anderen vertrieben wurde. Viele Juden wurden durch ihn ermordet. Eine Jüdin hat er dann sogar noch als Frau genommen. Also alle drei jüdischen Stämme in Medina wurden vertrieben beziehungsweise ermordet.

Dann gab es Krieg mit Mekka. Jetzt geschah noch etwas ganz Wichtiges: Muhammad hat in dieser Zeit den Frieden des Friedensmonats der arabischen Stämme gebrochen. Das war natürlich ein Skandal sondergleichen. Was kein Heide je gewagt hat, hat er gewagt. Und natürlich bekam er dann auch eine Offenbarung, dass das in seinem Fall gerechtfertigt war. Die Rechtfertigung dafür findet man im Koran.

624 n.Chr. hat Muhammad einen überwältigenden und totalen Sieg mit einem kleinen Heer über die Mekkaner errungen. Die Motivation war: Mutige kommen ins Paradies, Feiglinge in die Hölle. 625 kam es zu einem Gegenangriff der Mekkaner. Die Muslime unter Muhammad erlitten eine schlimme Niederlage. Jetzt musste natürlich die Niederlage erklärt werden, und er hat sie erklärt als Strafe Allahs für ihre Beutegier, die sie in den früheren Kämpfen an den Tag gelegt hatten. Und so konnte man diese kurzzeitige Niederlage akzeptieren. Aber dann hat Muhammad Mekka den Heiligen Krieg, den Dschihad, erklärt. Das ist der Kampf nach dem Willen Allahs gegen Andersgläubige. Da haben wir die Wurzel des Dschihad, von dem heute dauernd gesprochen wird. Das geht also auf diese Zeit zurück.

627 greift Mekka Medina mit einem für die dortigen Verhältnisse riesigen Heer von zehntausend Soldaten an. Wenigstens wird das so überliefert. Muhammad sah die Übermacht. Und er hat sich gewissermaßen vergraben. Er ist also nicht in einen offenen Kampf getreten. Sie haben sich also in und um Medina eingegraben, so dass sie nur belagert werden konnten. Aber die Leute von Medina hatten nicht genügend Nahrung und Logistik für eine solche Situation. So führte das schließlich zu einem Sieg ohne Kampf.

Es gab dann 628 einen Friedensvertrag. Dieser Vertrag mit Mekka wurde für zehn Jahre geschlossen. Darin gab es eine besondere Klausel, die es den Muslimen erlaubte, eine Wallfahrt nach Mekka zu machen, zu der Kaaba. Das hat Muhammad dann ausgenutzt, um eine machtvolle Demonstration des Islam in Mekka zu vollziehen. Das führte dann dazu, dass es in Mekka viele neue Anhänger für den Islam gab. Aber nach zwei Jahren hat er den Friedensvertrag gebrochen und Mekka erobert. In der Folge hat dann ein islamischer Stamm nach dem anderen um Aufnahme in den Islam gebeten.

Das ist übrigens auch ein wichtiger Punkt: Friedensvertrag brechen. Dafür hat er auch wieder eine Rechtfertigung bekommen, eine Offenbarung, dass das rechtens war. Aber von daher leitet sich auch die heutige Überlegung ab: Man kann mit einem Feind einen Friedensvertrag machen, aber man ist gegenüber Ungläubigen, sprich Nicht-Muslimen, nicht gebunden, diesen auch einzuhalten. Das ist übrigens der Hintergrund für die Rede von Arafat kurz nach dem Friedensschluss mit Israel in Washington im Weißen Haus vor einigen Jahren.

Kurz darauf hat er in einer Moschee in Südafrika gesagt: ich bin überhaupt nicht an dieses Abkommen gebunden, denn schließlich hat ja auch Muhammad einen Friedensvertrag gebrochen. Das ist in der Öffentlichkeit bekannt, und doch geht man weiter mit diesem Gerede von Frieden und Fortschritt usw. Das ist unglaublich. Man fragt sich wirklich: Was für eine Kenntnis haben die Leute im Westen vom Islam? Sie denken westlich, aufklärerisch tolerant. Und sie denken, so würden letztlich auch alle Menschen in der Welt denken. Das stimmt einfach nicht. 632 stirbt dann Muhammad am 8. Juni.

Die Lehre des Islam

Wenn man die Lehre des Islam kennt, dann versteht man eben auch Dinge, die die heute die Welt beschäftigen. Dann versteht man die Weltpolitik besser. Wenn man das nicht kennt, ist eigentlich alles absurd. Zunächst, nachdem wir das Leben von Muhammad zusammen angeschaut haben, kommen wir jetzt mal zu seiner Verkündigung. Muhammads Verkündigung unter den Arabern betonte sehr stark das göttliche Endgericht, dann auch das Jenseits, das Paradies. Und das Paradies wird im Koran als ein sehr sinnliches Paradies beschrieben. Zentral stehen Allah, der Gott, der einzige Gott und die Verkündigung eines Gesetzes. Das Gesetz der Muslime ist deutlich geprägt durch die zehn Gebote aus der Bibel. Aber man sieht auch Einflüsse der arabischen Stammesgesetze von damals. Der Koran betont fünfzehn Gesetze. Sie finden sich alle in der Sure 17 zusammengestellt. Er geht es also um Regelung von allen zwischenmenschlichen Verhältnissen, von dem Verhältnis Kinder zu Eltern, Respekt usw.; alle Verhältnisse werden da zusammengestellt. Dann weiter sind ganz zentral fünf kultische Gesetze.

Man spricht auch von den fünf Säulen des Islam:
– Das Glaubensbekenntnis zu Allah. Also, es gibt keinen Gott außer Allah und Muhammad ist sein Prophet.
– Dann das rituelle Gebet mit ganz bestimmten Zeiten am Tag und ganz bestimmten vorgeschriebenen Riten und Waschungen.
– Weiter das Fasten, ganz besonders das Fasten am Ramadan.
– Als Nächstes geht es um eine Besteuerung, es handelt sich um Almosen, eine Art Kapitalsteuer.
– Eine Pilgerfahrt nach Mekka.  –  Und man könnte dann eventuell noch sechstens hinzufügen, den Dschihad, den Heiligen Krieg.

Die Entstehung des Koran

Nur ein paar Bemerkungen zum Koran. Der Koran betrachtet sich selbst als Allahs Wort. Um 632, dem Todesjahr von Muhammad, war er nur zum Teil schriftlich fixiert. Aber viele Texte befanden sich auswendig im Gedächtnis von Anhängern. Der erste Kalif, Nachfolger von Muhammad, war Abū Bakr. Er veranlasste eine Sammlung von all dem, was an Texten übrig war, und auch von dem Auswendiggelernten. Aber erst der dritte Kalif, Osman, veranlasst dann eine einheitliche Fassung des Korans. Sie entsteht also erst zwanzig Jahre nach Muhammads Tod. Man spricht daher von der osmanischen Textfassung. Das ist die Endfassung. Da wurden Suren oder Verse, die nicht eindeutig auf Muhammad gehen, vernichtet. Alles, was man nicht als authentisch betrachtete, wurde jedenfalls vernichtet. Die Suren, das sind die Kapitel im Koran — es gibt davon 114 —, hat man nicht in zeitlicher Reihenfolge geordnet, sondern im Wesentlichen nach der Länge.

Zum Ausdruck „Koran“

Koran auf Arabisch bedeutet eigentlich „Rezitation“. Karaa bedeutet „lesen“ auf Arabisch. Der Koran ist damit das, was zu lesen, zu rezitieren ist. Im Islam wird betont: Es ist nicht wichtig, dass man alles verstehen kann. Vielmehr ist das Rezitieren des Textes an sich wichtig. Und so gibt es tatsächlich Muslime, die können große Teile des Korans auswendig, aber sie verstehen es nicht. Aber für sie hat es einen Wert in sich. Ich habe einen Afghanen kennengelernt, in Tadschikistan, der mir gesagt hat: Ich habe den Koran dreimal auf Arabisch gelesen. Aber er kann selbst kein Arabisch. Das war sogar ein Intellektueller. Und lesen konnte er den Text deswegen, weil Farsi, also Persisch, in Afghanistan und Persien auch mit arabischen Buchstaben geschrieben wird. In Tadschikistan haben sie ja das kyrillische Alphabet von der Sowjetunion übernehmen müssen. Das Rezitieren ist also wichtig.

Es handelt sich um den Glauben an die Wortkraft, die Wortmagie. Das erinnert mich sehr stark an das heutige Zungenreden, das ja auch einfach ein Rezitieren, ein Lallen ist, das der Sprecher anerkanntermaßen nicht versteht. Und trotzdem sieht man in diesem Vorgang eine Erbauung. Das biblische Sprachenreden war ja das Beherrschen von Fremdsprachen, ohne dass man sie gelernt hatte. Aber das Zungenreden, dieses unverständliche Lallen, erinnert eigentlich sehr stark daran, dass man im Wortklang selber die Auferbauung sucht. Das wäre ungefähr so, wie wenn der CLV-Verlag ein Büchlein herausbringen würde mit den Psalmen, wobei der hebräische Text umgeschrieben würde mit unseren Buchstaben. Dann kann jeder zu Hause die Bibel lesen in der Sprache des Heiligen Geistes. Denn so sind ja die Psalmen inspiriert worden. Dann kann man beginnen: Aschere ha ischascher loh halach usw. Aber was bringt das? Das bringt keine Auferbauung. Gottes Wort bringt Auferbauung, indem die Botschaft rüberkommt. So wird jemand auferbaut. Wenn der Sinn der Sprache allein schon im Wortklang gesucht wird, ist das eigentlich ein magisches Denken. Das widerspricht dem Grundanliegen der Sprache. Sprache ist dazu da, um Kommunikation von A nach B hinüberzuführen und dann eine Antwort von B zu A. Gott spricht zu uns und Er möchte, dass wir wieder zu Ihm sprechen.

Der Koran — eine Offenbarung

Nun, der Koran sieht sich als eine Offenbarung aus einem Urbuch, dass sich bei Allah befindet. Die Muslime betrachten den Koran als Wunder aller Wunder. Muhammad hat keine Wunder getan, aber das größte Wunder, dass es gebe, sei dieses Buch selbst. Der Koran betrachtet sich als Offenbarung von Allah, aber übermittelt durch den Erzengel Gabriel. Dazu eine Stelle aus Galater 1,8 und dann 2. Korinther 11: „Aber wenn auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium verkündigte außer dem, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: Er sei verflucht!“ (Gal 1,8).

2. Korinther 11,14: „Und kein Wunder, denn der Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichts an.“ Der Engel Gabriel kommt ja in der Bibel vor: Lukas 1; Daniel 9: „Es ist daher nichts Großes, wenn auch seine Diener die Gestalt als Diener der Gerechtigkeit annehmen, deren Ende nach ihren Werken sein wird.“ Das wird also bereits im Neuen Testament im ersten Jahrhundert, etliche Jahrhunderte vor Muhammad geschrieben.

Der Koran und die Bibel

Die Muslime erklären das Verhältnis des Koran zum Alten Testament so: Sie sagen: auch das Alte Testament und das Neue Testament stammen aus diesem Urbuch. Aber was nicht mit dem Koran übereinstimmt, das ist schlicht eine Fälschung. Also sehen wir das Grundproblem, wenn wir mit Muslimen sprechen. Der Koran spricht zwar auch über das Alte Testament wie das Gesetz Mose und die Psalmen von David und auch über das Injil, das Evangelium. Aber es hat für sie keine Autorität. Denn sobald wir daraus etwas vorlesen, was im Widerspruch steht zum Koran, dann sagen sie: Das ist eine Fälschung. Sie sind also von vornherein immunisiert.

Der Koran — das Ende aller Offenbarung

Dann wird der Koran auch als Ende aller Offenbarung betrachtet. Also, diese Kette der Offenbarungen seit Adam hätte nun den Abschluss, das Siegel, gefunden in Muhammad und dem Koran. Dazu lesen wir in der Offenbarung dem letzten Buch der Bibel, das im Jahr 95 die biblische Offenbarung krönt und abschließt, in Kapitel 22,18 — da spricht Jesus selbst —: „Ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen hinzufügen, die in diesem Buch geschrieben sind.“ Hiermit haben wir eine ganz wichtige Stelle dazu.

Was sind die Quellen des Koran?

Der Koran bildet schlicht die Grundlage des Islam. Wir können aus dem Koran selber verschiedene Quellen annehmen. Man kann eigentlich fünf Quellen unterscheiden:

Zunächst sieht man Einflüsse aus den arabischen Stammesreligionen. Darum ist es wichtig, dass man auch die Umwelt von damals kennt.
Zweitens sieht man deutlich Einflüsse aus dem Judentum. Ich sage „Judentum“, nicht „Altes Testament“, denn es gibt Dinge aus dem Alten Testament darin, aber auch rabbinische Ideen und Gedanken.
Drittens findet man Einflüsse eines sektiererischen Christentums. Es gibt Dinge aus dem Neuen Testament, also Anspielungen, aber es gibt auch etwas aus den Apokryphen, aus den neutestamentlichen Apokryphen, die sowieso heute keine Kirche anerkennt. Auch die katholische Kirche erkennt keine neutestamentlichen Apokryphen an, nur sogenannte alttestamentliche.

Muhammads eigene okkulte Einflüsse. Also, wir müssen diese Offenbarungen nicht irgendwie als eine Einbildung abtun. Auch diese Umstände, also dieses Röcheln und Stöhnen und Verkrampfen, das finden wir auch in anderen Religionen, zum Beispiel im Animismus. Dort ist das ja ganz normal. Da muss man mit ganz realen Offenbarungen rechnen. – Muhammads Ehrgeiz und Selbstbehauptungswille.

Der Hadith

Nun, der Koran ist ziemlich kurz und deswegen brauchte es Klärung für viele andere Fragen. Im 8. Jahrhundert tauchten dann Überlieferungen auf, die schwierige Koranstellen erklären beziehungsweise erhellen sollten, und weitere Überlieferungen, von denen man glaubte, dass sie auf Muhammad zurückgehen. Diese Überlieferungen wurden gesammelt und führten zu dem zweiten Überlieferungsstrang, das ist der Hadith. Der Hadith nimmt den zweiten Platz nach dem Koran ein. Es gibt da noch weitere Überlieferungen, die wieder einen tieferen Rang haben. Aber hier muss man nun wieder unterscheiden. Denn es gibt zwei verschiedene Hadith, den schiitischen und den sunnitischen.

Zwei Hauptspaltungen des Islam

Es ist ja bekannt, dass der Islam hauptsächlich in zwei Richtungen gespalten ist. Es gibt da noch viele weitere Spaltungen und Untergruppen, aber die beiden Hauptspaltungen sind dann die Sunniten — neunzig Prozent gehören dazu — und dann die Schiiten.

Die unterscheiden sich also in diesem Hadith. Damit etwas als Hadith angesehen werden konnte, musste man eine Überlieferungskette bis auf einen Augenzeugen von Muhammad nachweisen. Nun, diese Spaltung ist sehr wichtig. Nach dem Tod von Muhammad war Abū Bakr, der Schwiegervater von Muhammad, der erste Kalif. Der starb aber bald. Dann kam der Schwiegersohn von Muhammad, Ali. Der konnte sich nicht durchsetzen. Die Schiiten, das waren die, die Partei nahmen für Ali. Sie sagten: Ali hat ein göttliches Recht, Nachfolger Muhammads zu werden, denn er ist ja gewissermaßen aus dieser heiligen Familie. Das wird festgehalten im schiitischen Hadith. Ali wird noch heute als Bevollmächtigter und auch Schutzherr der Gläubigen betrachtet. Im schiitischen Islam wird die heilige Familie, das ist Muhammad, Ali, Fatima und auch die Söhne Hassan und Hussein besonders verehrt. Man betet zum Beispiel am Grab von Ali. Die religiösen Nachfolger von Ali werden verehrt als Imame. Man macht Wallfahrten zu ihren Gräbern und sie werden als Fürsprecher bei Allah betrachtet.

Die Zukunftsansicht bei den Schiiten. Nun gab es aber später ein Problem. Der elfte Imam starb mit vier Jahren. Dazu wurde dann erklärt, er sei entrückt worden. Deshalb spricht man beim elften Imam von dem verborgenen Imam. Im schiitischen Islam glaubt man, er werde einmal als Mahdi, als Welterlöser, wiederkommen. Es ist also so ein messianischer Glaube, dass da so ein Messias, der verborgene Imam, als Mahdi wiederkommt.

Die Zukunftsansicht bei den Sunniten. Die Sunniten sehen die Zukunft ganz anders, die betonen die Wiederkunft Isas, also Jesus im Islam. Er käme wieder und dann gäbe es eine Spanne von vierzig Jahren. Das sei die letzte Gelegenheit, um zum Islam überzutreten, und dann käme das göttliche Endgericht, wo die Menschen dann über einen Graben auf messerscharfer Klinge hinübergehen müssen, und wer herunterfällt, fällt in die Hölle und die anderen kommen ins Paradies. Also wird gewissermaßen der Gedanke des Tausendjährigen Reiches hier verkürzt auf vierzig Jahre, und das wird betrachtet als die Zeit, wo die Menschheit noch eine letzte Chance hat, zum Islam überzutreten.
Jesus wird also als zukünftiger Vertreter des Islam betrachtet, der die Welt zuletzt zum Islam überführt. Also wir sehen die Schiiten und die Sunniten haben eigentlich eine unterschiedliche Sicht der zukünftigen Dinge. Die Theologen würden sagen: Sie haben eine unterschiedliche Eschatologie, also eine unterschiedliche Lehre von den letzten Dingen. Das ist ein besonderes Unterscheidungskriterium.

Die Ehe und die Rolle der Frau im Islam

Jetzt ein paar Worte zur Ethik, zur Moral im Islam. Das ist natürlich nur eine Auswahl, das ist ja ganz klar. Vielleicht ein paar Punkte, die eben wichtig sind, weil es so im Vordergrund steht und immer wieder diskutiert wird. Zuerst mal die Frage der Heirat. Erlaubt sind im Koran vier Frauen, aber unbeschränkt sind die Konkubinen. Das kann man nachlesen in der Sure 4,3. Aber das auch nur, wenn der Mann in der Lage ist, das zu finanzieren. Und heute können die meisten das gar nicht finanzieren. Und das führt dazu, dass heute in der Praxis in vielen muslimischen Ländern die Einehe das Normale ist. Aber das ist schon eine Einschränkung gegenüber früher, wo das nicht beschränkt war, diese Einschränkung auf vier Frauen.

Muhammed hatte dreizehn Frauen. Mit Chadidscha, das war immer eine Einehe. Dann, als sie gestorben war, hat er eine um die andere geheiratet. Er hat sogar Blutschande begangen und eine enge Verwandte, Zainab, geheiratet, obwohl natürlich Blutschande im Koran in verschiedenen Graden verboten ist. Aber für ihn gab es dann eine spezielle Offenbarung (Sure 33,50-52), dass er das eben ausnahmsweise darf, weil er der Prophet ist.

Die Frau ist erschaffenen für die sexuelle Beziehung mit dem Mann (Sure 7,189 oder 30,21). Ungehorsame Frauen soll man schlagen (Sure 4,38). Das ist sehr ernst. Ich meine, das ist ja ein Problem, über das zu wenig gesprochen wird in unserer Gesellschaft. Aber wenn das bekannt wird, das betrachtet unsere Gesellschaft als ein schweres Vergehen. Aber man muss sich vorstellen, wenn man das sogar religiös abstützen kann, wie leicht es da zu Übergriffen kommen kann. Nun, das ist so das eine Bild vom Islam.

Aber dann ist man doch überrascht, dass es Frauenbewegungen gibt im Islam. Warum gibt es zum Beispiel in Pakistan die Möglichkeit, dass eine Frau Präsidentin wird? Das ist so ein Widerspruch, sagt man sich. Wie bringt man das zusammen? Ganz einfach. Die berufen sich auf Chadidscha. Und das Verhältnis von Mann und Frau in dieser Ehe war ganz anders. Das war nicht das Verhältnis der Unterdrückung. Das war ein Verhältnis, wo wirklich Beziehung, gegenseitiger Respekt und Achtung da war. Und daher kann man im Islam, je nachdem, was man will, das eine mehr betonen als das andere. Das erklärt also diese für uns schwer verständlichen Widersprüche.
Die ganze Problematik mit dem Thema Frau zeigt sich natürlich auch in den Paradiesvorstellungen, die ich bezeichnen würde als sexistisches Paradies, wo der Koran sagt: Jeder Mann hat unzählige großäugige Jungfrauen zur Verfügung und kann dauernd vom Alkohol genießen, ohne betrunken zu werden. Das ist also das Ideal, auf das der Mann im Paradies wartet.

Das Bild des Menschen im Koran

Der Koran sieht den Menschen als gleichzeitig böse und gut an. Wir haben ja gesehen, im Hinduismus wird der Mensch grundsätzlich als gut gesehen. Wir haben gesehen, es ist sogar eine Sünde nach dem Hinduismus, den Menschen einen Sünder zu nennen. Da haben wir also ein Zwischending hier im Islam: Der Mensch wird böse und gut gesehen. Es gibt die Möglichkeit zum Guten und die Möglichkeit zum Schlechten. Das erklärt die ganze Gesetzlichkeit.

Keine Heilsgewissheit. Es gibt aber keine Heilsgewissheit, ganz im Gegensatz zum Evangelium, wo der Herr Jesus sagt, in Johannes 10,27, von denen, die an ihn glauben: „Niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Sie gehen nicht verloren ewiglich.“ Oder Römer 8,1: „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“ Oder die Schlussverse von Römer 8. Ganz wunderbar: Nichts, aber auch gar nichts kann uns noch von der Liebe Gottes trennen. Also, das bezieht sich auf die, die wirklich wiedergeboren sind. Der Islam kennt keine Neugeburt, also dass der Mensch neues Leben bekommt, wie das in Johannes 3 durch den Herrn Jesus gelehrt wird: Der Mensch muss von Gott, von oben her, völlig erneuert werden. Das kennt der Islam nicht.

Zum Islam konvertieren. Wie wird man denn nun Moslem? Man muss in Gegenwart einer Zeugenschaft das Glaubensbekenntnis ablegen und versprechen, die fünf Pfeiler des Islam einzuhalten. Also ist keine Reue benötigt, keine Beugung über das vergangene Leben, das, was eben die Bibel als Buße oder Umkehr bezeichnet. Und das ist ja genau der Punkt, was unserem stolzen und rebellischen Wesen so Mühe macht. Und es ist natürlich viel einfacher, sich auf diese Weise zu bekehren.

Wer ist Gott im Islam? Wer ist Gott und wer ist der Mensch im Islam? Die Sure 112 — das ist übrigens eine der wichtigsten Suren —, die ist ganz kurz. Also, wenn Sie das durchlesen, haben Sie schon das Wichtigste gelesen. Es gibt nur einen Gott und niemand neben ihm. Gott hat keinen Sohn. Weiter wird durch den Koran Gott als Vater vollständig geleugnet. Also, Allah darf niemals als Vater gesehen werden. Das betrachtet man als Gotteslästerung. Und es gibt keinen Sohn Gottes. Auch die Gottheit des Heiligen Geistes wird geleugnet. Also die Begriffe Vater und Sohn darf man auf keinen Fall mit Gott in Verbindung bringen.

Dazu etwas aus dem ersten Johannesbrief. Der wurde ja im Jahr 90 n.Chr. geschrieben, und zwar im Blick auf die Irrlehren, die da schon stark unter den Christen kursierten. Diese Irrlehren waren dann auch in der Zeit von Muhammad wichtig. Da wurden eben auch die Vaterschaft Gottes und die Sohnschaft Christi angegriffen. Und so sagt um das Jahr 90 der Apostel Johannes: „Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der da leugnet, dass Jesus der Christus ist. Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet“ (1Jo 2, 22).
Das ist doch frappant. So ausdrücklich wurde das Jahrhunderte vorher schon in der Bibel festgehalten. „Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater.“

Das sind die Fundamente des Christentums. „Das habt ihr von Anfang an gehört“, sagt Johannes einige Jahrzehnte nach der Entstehung des Christentums. Wenn das in euch bleibt, ja, dann ist die Gemeinschaft mit Gott eben möglich.

Glaube wird im Islam vielmehr als ein intellektuelles Wissen verstanden. Natürlich ist manches, was ich sage, verallgemeinert, und Sie werden immer einen Moslem finden, der sagt: Nein, ich sehe das anders. Aber ich muss verallgemeinern und sagen, wie das hauptsächlich vertreten wird. Es gibt ja zum Beispiel auch die Mystiker im Islam, die Sufis, das ist natürlich eine kleine Spezialgruppe.

Die Beziehung des Menschen zu Gott. Glaube wird gesehen als intellektuelles Wissen, Fürwahrhalten: Es gibt einen Gott und sein Prophet ist Muhammad. So ist hier also keine Herzensbeziehung da. So gibt es auch keine Vertrauensbeziehung. Im Islam wird auch geleugnet, dass der Mensch im Bild Gottes geschaffen worden ist, so wie das in 1. Mose 1,27 steht. Und das ist auch ganz logisch, denn Allah wird gesehen als der Unnahbare, der total andere. Darum kann der Mensch nicht in seinem Bild geschaffen sein. Das führt dazu, dass man Allah keine persönlichen Gebetsanliegen bringen darf, keine Fürbitte. Das ist ganz wichtig.

Ich habe jetzt so einiges erzählt, was auch im Islam als peinlich empfunden wird. Aber wenn wir mit Muslimen sprechen, dann sollten wir auf keinen Fall mit diesen Dingen kommen. Das müssen wir wissen, aber wir dürfen nie jemand verletzen oder herausfordern, denn dann verschließen sie sich sowieso. Außerdem wäre es nicht anständig, jemanden zu verletzen. Also, mit Achtung begegnen, das ist das, was das Neue Testament uns lehrt.
Dennoch müssen wir diese Dinge wissen und dürfen sagen: Schau, wir haben eine Beziehung zu diesem einen Gott, wir dürfen im Vertrauen alle unsere Probleme, alles was uns belastet, sei es mit der Familie oder im Beruf, alle diese Dinge Gott ganz vertrauensvoll sagen, und wir dürfen wissen, dass Er es hört. Nicht, dass Er immer sofort eingreift, und doch erleben wir das, wie Gott uns führt und sich sogar für die kleinen Dinge des Lebens interessiert. Das kennen die Muslime nicht. Das ist ganz etwas Eindrückliches.

Wir können auch für andere Leute beten, wir können auch für sie beten. Ich habe einen Bekannten, der ist extra in Lausanne in die Quartiere gegangen, wo Ausländer wohnen, Pakistaner usw., von Tür zu Tür; zu zweit ist er gegangen. Und wenn sie dann aufmachen, dann sagt er: Wir glauben an einen Gott, der die Ausländer liebt, und wir möchten das mit euch teilen. Und dann sind die Türen offen. So etwas kennt man nicht. So etwas, was wir in Philipper 4,6.7 finden: „Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden; und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christus Jesus.“

Im Islam kennt man nur Anbetung. Und für Gläubige gibt es kein Vater-Kind-Verhältnis, sondern Herr und Sklave. Sure 19,94 zeigt das im Gegensatz zu Johannes 1,12: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht! [die Vollmacht] Kinder Gottes zu werden.“ Auch im Paradies gibt es im Islam keine Begegnung mit Allah. Das ist wichtig. Er ist der Unnahbare, und das bleibt er. Währenddessen wartet der Christ darauf, dass er seinen Herrn einmal sehen wird und die Gemeinschaft mit dem dreieinen Gott in Ewigkeit genießen können wird. Allah kann keine Gemeinschaft mit Menschen haben. Es gibt keine Gemeinschaft mit Gott.

Nochmal kurz der Hinweis: Ich spreche jetzt nicht über die Sufis, diese Spezialgruppe, die mit ekstatischen Erlebnissen schon so etwas von sich behaupten. Doch der normale Islam kennt das überhaupt nicht. Ich lese 1. Johannes 1,3: „Was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei.“

Also, wir sehen diese Gegensätze. Zwischen Gott und Mensch gibt es eine absolute Wesensungleichheit, und Allah im Islam kann in seinem Wesen nicht als Liebe bezeichnet werden. Im Gegensatz zu 1. Johannes 4,8-10: „Gott ist Liebe. Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten. Hierin ist die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden.“
Ein Verhältnis von Liebe Gottes zu den Menschen gibt es nicht. Natürlich wird über Allah, den Barmherzigen gesprochen, aber das entsprechende arabische Wort bezeichnet mehr „Mitleid haben“. Es ist nicht das Empfinden, was die Liebe ausdrückt. Vor Allah ist der Mann ein Nichts und die Frau ein Garnichts.

Jesus im Islam. Jetzt kurz etwas über Jesus im Islam. In diesem Zusammenhang werden verschiedene Themen behandelt: seine Geburt, Sure 19,16-36, die Jungfrauengeburt. Aber das wird so gesehen: Jesus ist erschaffen worden aus dem Nichts in Maria. Nicht durch Zeugung. Damit wird auch die Präexistenz, dass Jesus Christus schon vorher existiert hat, und damit auch seine Gottheit geleugnet.

1. Johannes 4,1 sagt aber: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen. Hieran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus Christus im Fleisch gekommen bekennt, ist aus Gott; und jeder Geist, der nicht Jesus [Christus im Fleisch gekommen] bekennt, ist nicht aus Gott; und dies ist der Geist des Antichrists, von dem ihr gehört habt, dass er komme, und jetzt ist er schon in der Welt.“

Ganz klar, Jesus Christus ist gekommen, also präexistent. Er ist im Fleisch gekommen und Mensch geworden. Wer das leugnet, ist aus dem Geist des Antichristen.

Dann wird auch gesprochen über die Wundertaten Jesu (Sure 5,110): Heilung, Totenauferweckungen. Diese Stelle hat also auch schon dazu geführt, dass Muslime zum Glauben an den Herrn Jesus Christus gekommen sind, weil sie sagen: Der Koran sagt, dass Jesus Christus Wunder getan hat, aber Muhammad nicht.

Dann wird die Verkündigung Jesu beschrieben in Sure 43,63-64. Dort wird er in gewisser Weise als Verkündiger des Islam hingestellt.

Dann wird über den Tod gesprochen in Sure 4,156. Und da wird gesagt: Jesus ist nicht am Kreuz gestorben, sondern ein anderer, der genauso aussah wie er. Allah hat das so gewirkt: Diesen anderen haben sie gekreuzigt. Und warum ist das für sie so wichtig? Für sie ist der Glaube an eine Kreuzigung Jesu gewissermaßen der Glaube an einen ohnmächtigen Gott. Der Islam ist die Religion der Macht, des Sieges, des Krieges. Aber der Glaube an einen Gekreuzigten ist der Glaube an einen ohnmächtigen Gott. Das ist ein Ärgernis. Nun, das hat Paulus schon in 1. Korinther 1 geschrieben. Jahrhunderte zuvor hatte er gesagt in 1. Korinther 1,18: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft.“ – Dann wird auch über die Wiederkunft gesprochen, das haben wir bereits angesprochen.

Die Bibel im Koran. Jetzt kommen wir zur Bibel im Koran. Ich habe schon gesagt, der Koran wird als Bestätigung aller früheren Offenbarungen angesehen. Aber an die Juden und die Christen wird der Vorwurf gemacht, sie hätten die Bibel verfälscht. Darum stimme sie so oft nicht mit dem Koran überein. Neunmal wird das gesagt in Sure 2, fünfmal in Sure 3, viermal in Sure 4 und 5.

Aber der Herr Jesus hat gesagt in Matthäus 5,17, dass kein Jota und kein Strichlein von dem Gesetz je vergehen werden. Und in Lukas 21,33 hat Er gesagt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“
Heute, fünfzig Jahre nach der Entdeckung der ersten Rollen von Qumran, können wir sagen: Jetzt gehen wir mit der Kenntnis des Alten Testaments zurück bis in vorchristliche Zeit. Die Bibel ist nicht verändert worden. Es ist keine neue Bibel gemacht worden. Wir sehen eine ganz getreue Überlieferung bis in vorchristliche Zeit zurück.

Was das Neue Testament angeht: Wir haben heute in unserer Zeit 5300 griechische Handschriften vom Neuen Testament und seit dem 20. Jahrhunderts sogar Handschriften, die ins erste Jahrhundert zurückgehen. Und diese Handschriften zeigen: Die Bibel ist nie geändert worden.

Zum Beispiel der P47 umfasst achtzig Prozent der Paulus-Briefe. Er stammt aus der Zeit 75-100 n.Chr. Das ist die gleiche Bibel, die die ägyptischen Bauern damals hatten, die wir auch schon immer hatten. Das ist auch wieder wichtig, solche Dinge zu wissen, nicht, um mit Muslimen zu streiten. Ein Schlagabtausch nützt nichts. Wenn jemand Fragen hat — ja wie kann man das denn begründen, dass die Bibel nicht verändert worden ist? —, dann helfen diese Dinge, aber bitte nicht zum Streiten benutzen. Wir gewinnen keinen Muslim, sondern wir verlieren ihn.

Beweise für die Dreieinheit Gottes. Dann der letzte Punkt: Wie kann man aus der Bibel die Dreieinheit wirklich begründen?

Dazu nur ein paar Punkte. 5. Mose 6,4 zeigt ganz klar: Es gibt nur einen einzigen Gott. Aber im Neuen Testament geschieht die Taufe, die christliche Taufe, nach Matthäus 28,19 auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Achtung, nicht auf die Namen, auf den Namen. Und warum geschieht die Taufe so? Das ist ganz wichtig, weil damit geklärt wird, dass es für den christlichen Glauben fundamental ist, dass man an den dreieinen Gott glaubt. Darum ist das in der Taufe verankert. In 1. Mose 1,26 und 11,7 und Jesaja 6,8 spricht Gott von sich in der Mehrzahl. Und es gibt einige Stellen in Hosea und Sacharja, wo ganz deutlich über zwei Personen gesprochen wird, und beide heißen Jahwe (Hos 1,7; Sach 2,8-9; 2,10-11). Jahwe sendet Jahwe. Wie ist das möglich? Ein Gott, ein Jahwe, aber es sind mehr als eine Person.

Die Bibel zeigt uns verschiedene sich ergänzende Wirkungen in der einen Gottheit:

Pläne stehen speziell in Verbindung mit dem Vater. Er hat die Schöpfung geplant (1Kor 8,6). Alles kommt von Ihm.
Aber der Sohn hat es ausgeführt (1Kor 8,6). Alles ist durch Ihn geworden und nach Psalm 33,6
durch die Kraft des Heiligen Geistes geschehen.

Mit der Erlösung ist es genauso:

Der Vater hat die Erlösung geplant (Eph 1,3). Die Auserwählung und Zuvorbestimmung ist von Ihm.
Aber Christus ist gekommen, um zu sterben, und Hebräer 9,14 sagt: Er hat sich geopfert in der Kraft des ewigen Geistes. Es gibt auch Stellen, die zeigen, dass der Heilige Geist eine Person ist und Gott ist:
Apg 5,3.5: Heiliger Geist = Gott,
Heb 9,14: Der Heilige Geist ist ewig.
Jes 40,13; Hiob 34,14: Der Heilige Geist ist Schöpfer und Erhalter.
Ps 139,7: Der Heilige Geist ist allgegenwärtig.

Auch die Gottheit der Person Christi wird im Neuen Testament bezeugt:

Er ist Gott: Joh 1,2; 20,28; Apg 20,28; Röm 9,5; 1Tim 3,16; Tit 2,13; Heb 1,8; 2Pet 1,1; 1Joh 5,20. In Römer 9,5 wird Er sogar „Gott über alles, gepriesen in Ewigkeit“ genannt.
Jesus Christus ist ewig: Joh 1,3: Es gibt absolut nichts, das je ins Dasein gekommen ist, das nicht durch Ihn ins Dasein gekommen ist. „Alles“ schließt jedes Ding ein und kein Ding aus!
Jesus Christus ist als Gott von Ewigkeit her Sohn: Heb 7,3; Joh 16,28; 17,5.24; Spr 30,4.

Quellen zum Thema Islam

Klaus Hoppenworth, Islam-Vorlesungen an der STH, Basel, Studenten-Mitschrift
Max Henning, Der Koran, Reclam, Stuttgart 1960
J.-M. Nicole, Précis d’histoire des Religions, Nogent-sur-Marne 1990, SS. 137-161
C. + T. Schirrmacher: Mohammed, „Prophet“ aus der Wüste, Berneck 1984
C. Schirrmacher: Der Islam, 2 Bände, Neuhausen 1994

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Medialität u. Seelsorge

Kurt E. Koch

MEDIALITÄT AUS DER SICHT DER SEELSORGE

– Teil II von SEELSORGE UND OKKULTISMUS –

Gekürzter Text, von Horst Koch, Herborn, 2008

1. Die parapsychologische Unterwanderung der Seelsorge



Der Begriff der Medialität

Das Prinzip der Amplifikation

Die mediale Volksmedizin

2. Die Sanktionierung der Magie

1.   Die mediale Heilkunst

2.   Die Häufigkeit der medialen Heilkunst

3.   Unkenntnis der medialen Heilkunst

4.   Die Vererbung der medialen Fähigkeit

5.   Die Entdeckung der medialen Fähigkeit

6.   Übertragung der medialen Fähigkeiten

7.   Magisches Experimentieren

8.   Formen der medialen Heilkunst
9.   Das Resistenzphänomen
11. Der Ursprung der medialen Fähigkeit
12. Die Befreiung

Im Allfrontenkrieg der Seelsorge

Es ist ein ungewöhnliches Faktum, dass der erste Teil dieses Buches im Jahr 1951 begonnen wurde, der „Spatenstich“ zum zweiten Teil erfolgte erst 30 Jahre später, im Jahr 1981. . . Aufschlußreich ist auch, dass amerikanische Veröffentlichungen, die das Verhältnis Theologie – Parapsychologie behandeln, mein Buch Seelsorge und Okkultismus häufig zitieren. Sehr spärlich dagegen sind positive Anerkennungen von deutschen Autoren.

Zwei positive Stimmen sollen allerdings nicht unerwähnt bleiben. Der Kirchenhistoriker Prof. D. Dr. Fritz Blanke von der Züricher Universität hat das Buch „Seelsorge und Okkultismus“ „eine Pionierarbeit, welche höchste Dankbarkeit und Anerkennung verdient“, genannt. . . .

In dem Vorwort seines Buches „Im Bannkreis des Aberglaubens und der Zauberei“ (1958) schrieb Pfarrer Lüscher folgendes: „Es fehlte nicht an immer neuen und scharfen Angriffen und Kritiken. Es wäre ja ein Wunder, wenn sie nicht erfolgten; denn Satan liebt es nicht, wenn seine dunklen Methoden ins Licht gestellt werden. Betrüblich ist nur, dass viele Prediger des Evangeliums nicht zu erkennen vermögen, welch scheußliches Gift die Zauberei und der Aberglaube ist . . .”.
Seelsorgerlich ist zu raten, dass Leser der folgenden Kapitel sich betend unter den Schutz Jesu Christi stellen.

Teil 1
Parapsychologische Unterwanderung der Seelsorge  

Der Begriff der Medialität

Philologisch kommen die Termini Medium, medial, Medialität aus dem Lateinischen medius, media, medium = mittlerer, dazwischenliegend, vermittelnd. In der Parapsychologie versteht man unter einem Medium eine Person mit paranormalen Fähigkeiten. Ein Medium spielt eine Mittlerrolle zwischen Unbekanntem und Bekanntem. Im Spiritismus ist ein Medium eine Person, die imstande ist, Kontakte zur Geisterwelt herzustellen. …

In manchen parapsychologischen Veröffentlichungen wird das Wort „medial“ mit „sensitiv“ ausgetauscht. Dieser Ausdruck kommt aus dem Lateinischen sentio, sensi, sensum = wahrnehmen, empfinden. Damit ist aber nur eine Seite medialer Tätigkeit gekennzeichnet . . .  Wir bleiben also bei der Bezeichnung „medial“.

Das Prinzip der Amplifikation

Dieses Fremdwort kommt aus der lateinischen Sprache. Das Verb „amplificare“ heißt erweitern, vergrößern. Das Substantiv amplificatio bedeutet Vergrößerung, Erweiterung, Steigerung. Da es in seelsorgerlicher Arbeit kein Experimentieren gibt, ist man auf den Vergleich möglichst vieler Erlebnisse angewiesen.

Pfarrer Dr. theol. Dr. phil. Rudolph hat 300 Besprecher befragt, um deren Geheimnisse zu erkunden. Aniela Jaffé besitzt als Grundlage ihrer Forschung 1200 Briefe. Mir persönlich stehen über 20.000 Berichte zur Verfügung. Historische Beispiele zum Vergleich muss ich außer acht lassen, denn es liegen so viele Berichte aus der seelsorgerlichen Arbeit vor, dass ich mit deren Bearbeitung in meinem Leben nicht zu Ende komme.

„Amplifikation“ heißt aber nicht nur Kumulierung vieler Erlebnisse, sondern auch Vergleich, Ergänzung, Bereicherung, Erweiterung des Spektrums der Symptome. Den Negativisten bedeutet es nichts, wenn ein Schwarzmagier auf Neuguinea methodisch genauso arbeitet wie der Voodooist auf Haiti, auch wenn beide um den halben Erdball auseinanderliegen. Dem Entlarvungsfanatiker sagt es nichts, wenn ein Amazonasindianer, der im entlegensten Winkel des großen Stromgebietes wohnt und noch nie in seinem Leben einen ostasiatischen oder tibetischen Zauberer gesehen hat, genauso Krankheiten behandelt wie sein Kollege auf dem Dach der Welt. Gegen eine apriorische Festlegung hilft aber keine noch so gut fundierte Beweisführung.

Die mediale Volksmedizin

Nach dem erwähnten Prinzip der Amplifikation soll das Gebiet der außermedizinischen Heilung beleuchtet werden. Dieser Ausdruck erregte aber schon den Protest einiger Ärzte, die sagten: Alle Formen der Heilung gehören zur medizinischen Wissenschaft, also nicht nur die Allopathie, sondern auch die Homöopathie, die Biochemie und der Bereich der suggestiven, magnetischen und Besprecherheilungen. Leider ist es so, dass sich Ärzte im Blick auf die Heilerfolge der Nichtmediziner Grenzüberschreitungen erlauben und bei der Magie Anleihen machen, wo die Ratio nicht weiterkommt. Ich habe solche Beispiele in der Seelsorge gesammelt.

Es geht hier in diesem Kapitel um die Heilungen durch das magische Besprechen. Dieser Vorgang marschiert unter vielen Bezeichnungen. In Österreich gebraucht man dafür das Wort „wenden“. In der Schweiz wird der Ausdruck „mit Worten heilen“ gebraucht. In Schlesien und in Polen wird für Besprechen der Ausdruck „messen gehen“ gebraucht. In der Hamburger Gegend hörte ich die Ausdrücke „bepusten“ oder „beblasen“, und in Württemberg sagt man das Wort „brauchen“. Dieses Wort ist durch deutsche Siedler nach Südamerika gekommen und wurde unter dem spanischen Einfluss zu „brucho“.

Manche kirchlich sich gebenden Besprecher nennen ihre Zauberei „wegbeten“ oder „etwas dafür tun“. Mit dem biblischen Beten hat diese Weiße Magie nichts zu tun! In Frankreich benutzen die Besprecher den Ausdruck „Sympathie“, eine Bezeichnung, die schon von Paracelsus gebraucht wurde. Terminologisch ist das ein gutes Wort. „Sympathein“ heißt ja sich mit dem Kranken solidarisch erklären. In Nordamerika hörte ich den Ausdruck „Porow“, was in etwa Kraftanwendung bedeutet. Alle diese Bezeichnungen bedeuten das gleiche: das magische Besprechen oder die mediale Heilung.

Zum Thema mediale Heilung sind mir in der seelsorgerlichen Arbeit viele Formen bekannt geworden. Grundsätzlich gibt es profane Arbeitsweisen und religiös getarnte Formen. Ohne ins Detail zu gehen, wird nur eine Übersicht gegeben:

Profane Formen   –   Unter religiöser Tarnung

1. Schwarzmagische Heilungen  –  Weißmagische Heilungen

2. Spiritistische Heilungen  –  Spiritualistische Heilungen

3. Fetischistische Heilungen  –  Religiöser Fetischismus

4. Psychometrische Heilungen  –  Religiöse Psychometrie

5. Mentalsuggestive Heilungen  –  Religiöse Form

Über diese Arten der medialen Heilungen hier nur einige kleine Hinweise in Form von Stichworten.

1. Die schwarzmagischen Heilungen erfolgen nach den Anweisungen vieler Zauberbücher ohne religiöses Beiwerk. Solche Bücher sind z.B.: „Das 6./7. Buch Moses“, „Der feurige Drache“, „Das Albert-Magnus-Buch“, „Der Magisch-sympathetische Hausschatz“, „Das Romanus-Büchlein“ usw.  –  Die weißmagischen Heilungen erfolgen angeblich in den drei höchsten Namen und können äußerlich eine Gebetsform haben, ohne ein biblisches Gebet zu sein.

2. Es gibt spiritistische Heilmedien, die Diagnosen stellen und heilende Einflüsse ausüben.  –  Den gleichen Vorgang gibt es unter religiösem Beiwerk bei den religiösen Spiritualisten wie Edgar Cayce, Harry Edwards, Jakob Lorber.

3. Bei den fetischistischen Heilungen wird ein Gegenstand benutzt. Zauberer in Afrika benutzen dazu Piniensamen oder bestimmte Gräser und Kräuter, aber auch Menschenknochen, Tierknochen und anderes.  –  Die religiösen Fetischisten benutzen „heiliges Öl“, „heiliges Wasser“, „geweihte Taschentücher“, Reliquien und andere sakrale Artikel. Der Charakter der Zauberei bleibt trotzdem erhalten.

4. Der psychometrische Heiler benutzt einen Gegenstand des Kranken oder Hilfesuchenden als Induktor und versetzt sich damit in die Psyche des Kranken, um ihm zu helfen.  –  Religiöse Psychometrie überschneidet sich mit dem religiösen Fetischismus. Als Kurzbeispiel: Eine Frau, die beim Ehepartner Untreue vermutet, lässt seinen Ehering (durch Weihwasser, Berühren mit einer Reliquie) weihen, um dadurch die Treue des Mannes wiederherzustellen.

5. Mentalsuggestive Heilungen wurden betrieben von Dr. Trampler, Bruno Gröning, J. Bolte und anderen Heilern. Sie versetzen sich geistig in die Psyche des gegenwärtigen oder weit entfernten Kranken, um ihm zu helfen.  –  Religiöse Mentalsuggestion wird von den Anhängern der Christlichen Wissenschaft (Christian Science) betrieben. Die „Ausüber“ nennen es einfach „arbeiten für jemand“, oder sie nennen es auch „beten“. Agnes Sanfords Buch „Das Heilende Licht“ ist das berühmteste Beispiel für die religiös praktizierte Mentalsuggestion, und Tausende sind darauf hereingefallen.

6. Magisch unterbaute Hypnose wird von einer Reihe von Naturheilern benutzt.  –  Es gibt auch christliche Ärzte die ebenfalls die Hypnose benutzen. – Prof. Dr. med. Tournier lehnt aber die Hypnose als Eingriff in die Freiheit des Menschen total ab. Die Hypnose hat also bejahende Anhänger, aber auch scharfe Kritiker.

7. Die bioenergetische Heilung wird von Außenseitern vertreten. Die Idee von der Bioenergie ist gar nicht so neu. In Indien nennt man diese Kraft ,Prana‘, die alles einschließt. Mesmer nannte sie ‚animalischer Magnetismus‘. Reichenbach nannte sie ,Od-Kraft‘. Sowjetische Wissenschaftler bezeichnen sie als ‚bioplasmatische Energie‘ und tschechische als ‚psychotronische Energie‘. Über die Charakteristik der Energie scheint man sich also einig zu sein, auch wenn man ihr verschiedene Namen gibt. Die alten Chinesen nannten die Energie, die den Menschen durchfließt „Ch’i“. Der Mensch nimmt Ch’i aus der Unendlichkeit des Kosmos auf. Die bioenergetischen Heilmethoden sind wieder modern geworden.  –  Verwandt mit dem bioenergetischen Verfahren sind die heilmagnetischen Bestreichungen, die auch von christlichen Heilpraktikern ausgeübt werden.  . . .

Teil 2  Sanktionierte Magie

Wir stellen das Buch Die geheimnisvollen Ärzte vor (350 Seiten), geschrieben von Dr. theol. Dr. phil. Ebermut Rudolph. Es ist eine Veröffentlichung mit explosivem Charakter, von den Besprechern als Rechtfertigung ihres dunklen Gewerbes gefeiert, von gläubigen und erfahrenen Christen mit Bedauern und Schrecken gelesen.

Zunächst ein Wort über den Autor. Er ist eine Persönlichkeit mit einer warmen menschlichen Ausstrahlung. Diesen Eindruck gewann ich, als ich einige seiner Gemeindebriefe las, die er als evangelischer Pfarrer an seine Pfarrkinder gerichtet hat. Nachdem er jahrelang als Krankenhauspfarrer in Kempten tätig gewesen war, hatte er ein weitverzweigtes Diasporagebiet in Rain am Lech übernommen.  . . .

Zum Wissenschaftler Dr. Rudolph ist zu sagen, dass er auf zahlreichen Reisen in Afrika, Indien und Zentralasien die Weltreligionen und den Okkultismus in den Bereich seiner intensiven Forschung einbezogen hat.  . . .

Das Buch Die geheimnisvollen Ärzte stellt ein Stück Volkstum dar, die Tätigkeit der magischen Besprecher, die in unserem Volk entsetzlich viel Unheil angerichtet haben. Natürlich muss man auseinanderhalten, dass hier Rudolph in erster Linie als Volkskundler schreibt und nicht als Theologe. Mit einer großen Sachkenntnis und feinem Einfühlungsvermögen führt der Autor in die Praxis der Spruchheiler ein. Ich kenne kein Buch, das so sorgfältig das Wesen – vielmehr das Unwesen – des alten heidnischen Brauchtums aufzeigt wie die Veröffentlichung von Rudolph.

Rudolph hat 300 Spruch- und Gebetsheiler befragt, ihre Methoden erforscht und dann sein Buch diesen „geheimnisvollen Ärzten“ gewidmet. Ungeheuerlich ist für mich, dass der Theologe Rudolph ertragen hat, was der Psychologe und Volkskundler Rudolph zu hören bekam.

Zu beachten ist, dass meine Kritik nicht an der Technik und bei dem Erfolg der Besprecher einsetzt, sondern bei dem Hintergrund und den Auswirkungen dieses Heilerunwesens. Von Ausnahmen abgesehen, hat das Besprechen große Heilerfolge. Aber um welchen Preis?

Es ist unmöglich, in einer kurzen Rezension alles zu erfassen, was in diesem Buch schief liegt und große Gefahren in sich schließt. Zunächst halte ich es für gefährlich, dass Heilungssprüche in dem Stil, wie sie im 6./7. Buch Moses, im „Magisch-sympathetischen Hausschatz“ und im „Albertus-Magnus-Buch“ vorkommen, dem Leser zugänglich gemacht werden. Ich weiß aus der Seelsorge, dass Neugierige oft solche Sprüche ausprobieren. Rudolph hat zwar nur harmlos aussehende Sprüche zitiert. Das ist aber keine Entschärfung des Problems. Zu einem Besprechungsvorgang gehört natürlich mehr als nur die Kenntnis eines Heilspruches. Manche Besprecher unterstreichen den geplanten Heilungsvorgang mit einer absurden Handlung. So hörte ich einmal im Zweisimmental in der Schweiz von einem „Verpflocken“ und „Verbohren“ der Krankheit. Es werden Haare des Kranken auf einen Baum verpflockt. In der Lüneburger Heide hörte ich den Ausdruck „wegversetzen“. Eine Krankheit soll auf einen Stein oder einen Baum, manchmal sogar auf Tiere „wegversetzt“ werden. Für manche Besprecher ist es wichtig, einen Gegenstand des Kranken zu haben, vor allem dann, wenn es sich um eine Fernheilung handelt. So hat mir einmal im Kanton St. Gallen ein Besprecher, der sich in der Seelsorge für Jesus Christus entschied, gesagt, er brauche zur Fernheilung einige handgeschriebene Zeilen des Kranken. Andere lassen sich Urin des Kranken geben oder einige Blutstropfen, ein Taschentuch, ein Foto oder auch nur die Anschrift.

Diese Besprecher arbeiten als psychometrische Heiler. Sie gebrauchen den Gegenstand des Kranken als temoin, als Kontaktbrücke, als „Zwischenträger“. Die Heiler konzentrieren sich auf diesen Gegenstand und versetzen sich dabei in die Psyche und den Krankheitsbereich des Hilfesuchenden. Spiritistische Heiler stellen die Diagnose auch in einer sekundenschnellen Halbtrance.

Die psychometrischen Techniken sind von Rudolph mehrfach erwähnt. So zitiert er ein Rezept für Warzenentfernung. Ich wiederhole es nicht, weil immer wieder die Gefahr der Nachahmung besteht. Auf den Seiten 13 und 14 werden auch als Beispiele für die „Zwischenträger“ Haar und Schnupftüchlein genannt. Auch die psychometrische Praxis, die nach dem Grundsatz arbeitet „pars pro toto“ reicht für eine erfolgreiche Heilung noch nicht aus. Eine wesentliche Ausrüstung des Besprechers ist eine starke Medialität. Die Intensität der Medialität verbürgt die Qualität und Tiefe der Heilung. Rudolph äußert sich dazu. Er sagt auf S. 122: „Viele der Heiler sind hochgradig medial.“ Ich füge hinzu: „Der Besprecher, der nicht medial ist, hat nur geringe Heilerfolge und wirkt vielleicht nur suggestiv nach dem Prinzip der Placebo-Wirkung.“ – Wie die Medialität erworben wird im zweiten Teil behandelt.

Das Kernproblem der Besprecherei ist die Geisteshaltung des Heilers. In welchem Kraftfeld steht und arbeitet er? Rudolph stellt die Besprecher als biedere Wohltäter dar, als Werkzeuge Gottes, die eine Gabe und Kraft von oben erhalten hätten (S. 257). Im Grunde genommen handelt es sich um die uralte heidnische Zauberei, wie sie im Alten Bund und in allen heidnischen Völkern praktiziert wurde und sich bis heute erhalten hat. Ein Beispiel dazu.

B 2 Bei einer Vortragsreihe in Frankreich saß in der ersten Bankreihe ein Mann vor mir, der als Heiler und Besprecher einen großen Zulauf hatte. Nach einem Vortrag kam ich ins Gespräch mit ihm. Ich fragte ihn rundheraus, wie er denn seine Kunden heile. Er antwortete: „Ich bete ein Gebet und schließe mit den drei höchsten Namen.“ Den Wortlaut des Gebets wollte er nicht preisgeben. So fragte ich schließlich: „Wie stehen Sie denn zu Christus?“ Seine Entgegnung war: „Ich glaube an den Herrgott. Christus brauche ich nicht.“ Ich bohrte weiter: „Brauchen Sie keine Vergebung Ihrer Sünden durch Jesus Christus?“ Seine aufschlussreiche Antwort war: „Ich habe keine Sünde, darum brauche ich Christus nicht.“

Natürlich ist die Haltung eines Besprechers noch nicht maßgebend für alle Besprecher. Aber eines steht für mich fest: Ich habe noch nie einen Besprecher kennen gelernt, der eine klare Bekehrung erlebt hatte und in der Nachfolge Jesu Christi stand.  . . .

Dr. Rudolph selbst sieht in den Kräften der Besprecher naturhaft bedingte Gaben. Er schließt sich damit der Meinung vieler – der Zauberei unkundigen – Theologen an, die die These vertreten, dass bei den Besprechern eine schöpferbedingte Gabe zum Tragen kommt. Tausende von seelsorgerlichen Gesprächen liefern einen anderen Beweis. Wie es bei dieser oft gepriesenen Volksfrömmigkeit aussieht, soll an einigen Beispielen aus Rudolphs Buch gezeigt werden:

S. 17: „Neben dem Herrgott, dessen Mithilfe er voll und ganz vertraute, stand Forster (ein Besprecher) auch in Verbindung mit seinem großen Heilervorbild, dem Kapuzinermönch von San G. Rotondo. Manchmal erschien ihm der verstorbene Pater Pio, von dem er früher geweihte Kreuze bezogen hatte, mitten in der Nacht und ließ ihn Visionen erleben, die ihm unvergeßlich blieben . . .  Er gibt auch den Segen . . . “.

S. 72: „Die armen Seelen werden von zahlreichen katholischen Bauernheilern als stille, unsichtbare Helfer angerufen, denen man Opfer zu bringen bereit ist, etwa durch regelmäßige Gebete, durch Messelesen oder durch die Teilnahme an einer Wallfahrt.“

S. 135: „Der Besprecher Schwendinger stillt das Blut mit einem einfachen christozentrischen Blutsegen. Der Schwund wird durch eine simple Beschwörungsformel beseitigt, welche – auf ein Stück Papier geschrieben – in einem jungen Baum, nach Möglichkeit im Frühling, verbohrt wird. Dazu wird dann ein Vaterunser gesprochen.“

S. 146: „Aus seinem religiösen Empfinden heraus hat Karl Höbel (ein Besprecher) jede seiner Heilformeln mit fünf Vaterunser ergänzt: Einmal hat er gesagt: Heute habe ich mehr gebetet als ein Pfarrer. Es waren 150 Vaterunser.“

S. 194: „Alois Kehle war Mesner in der Dorfkirche von Tussenhausen … Bereits seine Eltern waren im Besitz von Heilgebeten für die Augen und Halsschmerzen. Kehle selbst führte seine aktive Heilertätigkeit zurück auf ein Geheiß des Erzengels Michael. Öfters in seinem Leben hatte er bereits mit übersinnlichen Erscheinungen zu tun. Auch die armen Seelen lassen ihm keine Ruhe und bitten bei ihm um Gebete.“

S. 176: Ein Besprecher, der in Freiburg i. Br. viele Menschen anzog, berichtete: „Mit meinem Vater habe ich immer ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Er war ein sehr guter Mann und hat die Gebete, die er gemacht hat, vom Bischof in Augsburg prüfen lassen, um ja nichts Unrechtes zu tun.“ Über die Zeit nach dem Tode des Vaters sagt der gleiche Besprecher: „Noch heute stehe ich mit meinem Vater in Verbindung, von ihm habe ich meine magischen Kräfte geerbt. Über mein Kreuzpendel erhielt ich vom Vater die Nachricht, dass er nicht ins Fegfeuer, sondern direkt in die Glorie eingegangen sei.“

Auf Seite 196 wird die Kombination Heilungsmagie und Spiritismus deutlich. Ein Besprecher hatte die Erscheinung eines Geistes. Hören wir nun diesen irregeführten Mann selbst. „Der Geist hat mich gebeten, für ihn heilige Messen aufzuopfern … Da fragte ich zurück: Aber warum gerade ich? Da sagte der Geist diese Worte: ,Ich sah ein Licht in dir. Ich ging darauf zu. Du kannst mich erlösen. Gott lässt es zu.‘“  –  Kann man diesen Vorgang eigentlich missverstehen? Ein Besprecher wird von einem jenseitigen Geist gebeten, ihn zu erlösen. Diese wenigen Kostproben genügen. Das ist nicht das geistliche und gesunde Klima des Neuen Testamentes. Das sind auch nicht Kennzeichen echter Nachfolge Jesu Christi, sondern spiritistisches Blendwerk unter religiöser Verbrämung.

Merkwürdig ist, dass der Theologe Rudolph dieses spiritistisch- magische Labyrinth nicht durchschaut. Bei der Frage der Fernheilungen spricht er von der Aussendung heilender Kräfte, welche naturhaft bedingt sind. Ein andermal beruhigt Pfarrer Rudolph die Frau eines Besprechers. Sie hatte den Seelsorger gefragt: „Was mein Mann tut, wird doch nichts mit dem bösen Feinde zu tun haben? Oder etwas mit der ewigen Seligkeit?“ Nach dieser Frage der Besprechersfrau beschwichtigte sie der Seelsorger Rudolph: „Ich konnte diese Frau mit dem besten Gewissen beruhigen: Weder mit dem bösen Feind noch mit der ewigen Seligkeit ihres Mannes hatte sein Heilungsspruch auch nur das geringste zu tun, wohl aber mit jener kulturgeschichtlichen Epoche der Menschheitsentwicklung, in der man an Krankheitsdämonen glaubte oder sich die Krankheit personalisiert vorstellte.“

Auf der gleichen Ebene der Fehleinschätzung liegt der Ausdruck „Segensformeln“ oder „Blutsegen“ oder „begnadeter Heiler“ (S. 229). Auch das Urteil auf Seite 162 gehört in diese Rubrik. Der Autor sagt: „Nicht zulässig aber wäre die besonders in bestimmten kirchlichen Kreisen verbreitete Anschauung, dass die mehr magisch orientierte Spruchformel nun gleich etwas ‚Dämonisches‘ sei. Es handelt sich hierbei um verschiedene Stufen des religiösen Bewusstseins, nicht aber um Entscheidungen für oder gegen Gott oder seine Gebote.“

Die Besprecher umgeben sich gern mit einem frommen Nimbus. Beim katholischen Besprecher finden sich ein Kruzifix oder eine Marienstatue, manchmal sogar eine kleine Mariengrotte, vielleicht sogar mit einem kleinen Hausaltar (S. 285), wenn möglich mit einer Reliquie. Durch einen häufigen Gang zur Frühmette soll seine Kirchlichkeit dokumentiert werden.

In protestantischen Gegenden will der Heiler durch Auflage einer Bibel, des Losungsbüchleins und des Neukirchner Abreißkalenders seine Loyalität dem christlichen Glauben gegenüber andeuten. Ein weiteres Kernstück der Weißen Magie ist der Gebrauch der Dreifaltigkeitsformel. Die Besprecher beenden ihre Heilungsformel „Im Namen des Vaters, des Sohnes und de Heiligen Geistes“. Manche fügen drei Vaterunser, drei Ave Maria, drei Kreuzeszeichen hinzu. Um dieses religiösen Rahmens willen nennen die Besprecher ihre Heilungsformeln „Gebete“. In Wirklichkeit liegt aber die Erfüllung des Pauluswortes vor: „Und das ist nicht verwunderlich, denn der Satan selbst verkleidet sich als ein Engel des Lichts.“ 2. Korinther 11, 14. …

Die Gesamtaussage des Buches ist eindeutig: Nach Rudolphs Meinung sind die Besprecher biedere Vertreter einer althergebrachten Volksfrömmigkeit, und ihre Heilertätigkeit ist eine Wohltat für die Kranken und hat nichts mit einer Dämonie zu tun.

Ich habe mehrmals dieses Buch gelesen, um dem Autor kein Unrecht zu tun. Immer wieder kamen mir beim Lesen die Worte des Propheten Jeremia in den Sinn: „O dass mein Haupt zu Wasser würde und mein Auge zum Tränenquell, so würde ich Tag und Nacht die Erschlagenen meines Volkes beweinen!“ Die Besprecher haben unermeßliches seelisches Leid bei ihren organischen Heilungen ausgelöst.  . . .

Wir stehen hier an einem sehr heiklen Punkt. Ich spiele mich nicht als Richter über das Glaubensleben anderer auf.  . . .

Quellen und ihre Beurteilung

1. Das Einzugsgebiet meines Quellenstudiums

Das Einzugsgebiet meines Quellenstudiums ist die Lebenserfahrung und vor allem die Seelsorge. Wir holen dazu etwas aus.  . . .  1930 wurde mir durch Gottes Gnade ein Christuserlebnis geschenkt, das eine Neuorientierung auf allen Gebieten nach sich zog.

Diese erlebte Christusbegegnung wirkte sich nachhaltig auf mein Leben aus. Ich hielt Bibelstunden in christlichen Kreisen ehe ich Pfarrer war. Diesem Verkündigungsdienst folgte Seelsorge nach, und so gab es die ersten Berührungspunkte mit den okkulten Erlebnissen der Ratsuchenden.  . . .

Schon während des theologischen Studiums hörte ich medizinische Vorlesungen, vor allem auf dem Gebiet der seelischen Erkrankungen und der Psychosen. Zu Beginn des Krieges immatrikulierte ich noch an einer medizinischen Fakultät, da ich Missionsarzt werden wollte. Der Krieg zerstörte diesen Wunschtraum. Ich arbeitete aber autodidaktisch auf diesem medizinischen Gebiet weiter. Im Lauf der Jahre wurde ich zu zahlreichen Bibelwochen eingeladen und bekam viel Seelsorge.  . . .

In den ersten Jahrzehnten meiner Tätigkeit führte ich Buch über meine Erfahrungen. Bis zur Niederschrift des Buches Seelsorge in 1951 waren bereits 600 Beispiele in meiner Kartei erfasst. Drei Jahre nach der Publikation war es fast das Dreifache. Einige antiokkulte Veröffentlichungen verursachten eine ausgedehnte Briefseelsorge. Tausende von Briefen erreichten mich. Alle diese Aufzeichnungen bilden den Grundstock für die Untersuchung der Medialität. Die Fremdsprachübersetzungen meiner Bücher ließen die Informationen lawinenartig ansteigen. Sie führten außerdem zu Einladungen in alle Teile der Welt.  . . .

Besucht wurden nicht nur Universitäten, theologische Seminare, Kirchen und Missionsgemeinden, sondern auch sogenannte unterentwickelte Länder und primitive Völker. Bei den Steinzeitmenschen der westaustralischen Wüste hörte ich unglaubliche Dinge, die aber doch wahr sind. Der Wongai-Häuptling Puwantjara, der Christ wurde, erzählte mir als erstem Weißen einige Praktiken seines Stammes. Die Wongai-Erlebnisse stehen in dem Buch Name über alle Namen Jesus. Im Inneren von Neuguinea begegnete ich ehemaligen Schwarzmagiern, die Christen geworden waren. Sie behaupteten, dass die Todesmagie funktionierte. In dem Buch Unter der Führung Jesu ist ab Seite 224 im Zusammenhang mit dem Saugummakult darüber berichtet.

Auf den östlichen Inseln des indonesischen Inselreiches wurde ich über das Unwesen der Alauts informiert. In Ostasien und anderen Teilen der Welt beobachtete ich die Fähigkeiten der Yogis, die in Halbtrance sich schwere Verletzungen zufügen, ohne Schmerzen zu empfinden. Auf der St. Lawrence-Insel in der Beringstraße wohnte ich neben einem Schamanen. In Haiti sammelte ich Informationen aus erster Hand über die Kinderopfer im Voudouismus. In Rio de Janeiro erzählte mir Otilia Pontes, die aus einer leitenden Macumbamutter eine Christin geworden war, ihre Geschichte. Diesen Bericht habe ich in Jesus auf allen Kontinenten Seite 544-558 berichtet. Am Amazonas erlebte ich Indianer bei ihren Kriegstänzen. Nach der Verkündigung des Evangeliums über zwei Dolmetscher traten sechs junge Indianer vor, die sich für Jesus Christus entschieden. Diese Indianer hatten nie zuvor das Evangelium gehört, weil noch kein Missionar in ihr Gebiet vorgestoßen war. Mein Drang, in unerreichte Gebiete zu kommen, führte mich auch zweimal nach Feuerland und auf den Südpolkontinent.

Beispiele von diesen Missionsreisen umfassen ca. 2.000 okkulte Erlebnisse. Mein Leben reicht nicht aus, um all das darzustellen, was sich mir bei Besuchen in 140 Ländern an seltsamen religiösen und okkulten Bräuchen bot. Meine Materialsammlung umfasst 50 Jahre intensiver Arbeit als Evangelist, Pfarrer, Missionar, Seelsorger und Dozent. Das Einzugsgebiet meiner Informationen ist praktisch die ganze Welt und umfaßt über 10.000 Berichte.   . . .

Ich empfinde etwas von dem, was Luther schrieb. Der Reformator sagte: „Ich habe zwischen mir und meiner Berufung zu unterscheiden. Ich halte mich für den Geringsten. Aber meine Berufung ist unanfechtbar…“ (zitiert von R. Wurmbrand in Kleine Noten, die sich mögen. S. 13)

2. Beurteilung der Quellen

In den vielen Jahren meiner Sammeltätigkeit konnte ich vier große Gruppen in der Beurteilung der okkulten Phänomene feststellen:

Die erste Gruppe sind die Negativisten und Verfechter der Humbugtheorie.  . . .  Einige vertreten die Humbugtheorie und fassen alle parapsychologischen Phänomene unter der Rubrik zusammen: Tricks, Täuschung, Schwindel, Bauernfängerei. . . .

Die zweite Gruppe sind die Animisten, die erklären, dass die Seelenkräfte des Menschen ausreichen, um paranormale Wirkungen auszulösen. Der Transzendenz, Wirkungskräfte von außen, steht die Immanenz, die Aktion aus den Tiefenschichten der Seele entgegen.  . . .

Die spiritistische Auffassung als dritte Gruppe ist, dass die meisten okkulten Phänomene durch jenseitige Helfer, jenseitige Operatoren, helfende Kontrollgeister verursacht seien  . . .

Der Spiritismus ist eine weltweite Bewegung. Trotz zunehmender Industrialisierung und Blüte der Naturwissenschaften ist eine dauernde Ausdehnung dieser okkulten Strömungen zu verzeichnen.

Unter den Ärzten der westlichen Welt herrscht seit zwei Jahrzehnten ein Trend zum Spiritismus. Ich könnte viele eigene Erfahrungen dazu bringen. Bei meinem Vortrag an der Universität in Port Elisabeth (Südafrika) sprach am gleichen Abend ein Chirurg über den Spiritismus und erklärte, es gäbe in Südafrika 7.000 spiritistische Zirkel und Organisationen. Eigentlich ist das für das ganze Land Südafrika wenig, da eine einzige brasilianische Stadt, Rio de Janeiro, ebenso viele hat.

Ärzte, die aus den Reihen der Spiritisten besonderes Aufsehen erregten, sind Dr. Moody mit seinem Buch „Leben nach dem Leben” und Dr. Kübler-Ross mit ihrem vielgelesenen Buch „Reif werden zum Tode“. Ich musste mich in meinen Büchern mit deren Schrifttum auseinandersetzen, weil Biblisches und Unbiblisches darin vermengt ist. Die Autorin, die eine warmherzige Frau mit ausgeprägter philanthropischer Einstellung ist, erfreut sich in der ganzen Welt großer Beliebtheit. Ihre Veröffentlichungen entsprechen aber nicht den Aussagen der Bibel. Sie vertritt also die Vorstellung der Reinkarnation, der Wiederverkörperung, wie wir sie in östlichen Religionen und in der Anthroposophie vorfinden. Es ist auch bekannt geworden, dass Frau Dr. Kübler-Ross im spiritistischen Sinne arbeitet und sich von drei Kontrollgeistern leiten lässt.  . . .

Eine vierte Möglichkeit der Beurteilung der paranormalen Phänomene findet sich nicht in der parapsychologischen Literatur, weil sie aus dem Raum des christlichen Glaubens kommt. In diesem Zusammenhang erwähne ich zwei englische Titel „Soul and Spirit“ (Seele und Geist) von Jessie Penn Lewis und „That Latent Power of the Soul“ (Die verborgene Kraft der Seele) von Watchman Nee. Beide Autoren behaupten, dass Adam im Paradies bedeutend größere Fähigkeiten gehabt hat als nach dem Sündenfall. Beim Sündenfall seien gleichsam seine ursprünglichen Kräfte in den Bereich der Seele eingeschlossen worden. Bei den okkulten Erscheinungen würde Satan diese verschlossenen und verborgenen Kräfte des gefallenen Menschen entbinden, lösen und für seine Zwecke nutzen.  . . .

Bei der Auffassung von Lewis und Watchman Nee ist der auslösende Faktor Satan und die Dämonen, also außermenschliche Wesenheit. Mit dieser Auffassung nähern sich Lewis und Nee den Spiritisten. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Spiritisten diese Dämonen ihre guten Helfer nennen, während Lewis und Nee diese Vorgänge als teuflisch bezeichnen.
Sagen wir es schlicht biblisch: der Mensch hatte vor dem Sündenfall umfassendere Fähigkeiten als der Mensch nach dem Verlust des Paradieses. Das ist die Meinung von Lewis und Nee, das ist auch meine Überzeugung.
Das sind kurz einige Antworten zu der Frage, wie wir die okkulten, medialen, metaphysischen, paranormalen Phänomene beurteilen können. Bei der Betreuung von belasteten Menschen spielen sie eine zweitrangige Rolle. Hier geht es dem Seelsorger um die Frage: wie kann dem leidenden Menschen geholfen werden.


3. Arten der Quellen  . . .


Auslese und Darbietung des Materials

Der erste Teil dieses Buches gruppierte die okkulten Fälle der Seelsorge in ASW (= Außersinnliche Wahrnehmung), ASB (= Außersinnliche Beeinflussung) und in ASE (= Außersinnliche Erscheinung). Eine ähnliche Gliederung war ursprünglich in dem zweiten Teil geplant. Diese Absicht ließ sich nicht verwirklichen. Es mussten ca. 1800 Briefe okkulten Inhalts und Tausende von Beispielen aus meiner okkulten Kartei gelesen werden. Die Fülle des Materials ging mir dabei über den Kopf.

Christen werden bei diesem Bericht begreifen, welchen Kämpfen ich bei dieser Arbeit ausgesetzt war. Man braucht bei dieser ständigen Konfrontation mit der Macht der Finsternis starke Nerven und, das Wichtigste, den Schutz Jesu Christi, ohne den man einfach nur unter „die Räder kommt“. Luther wusste um die Angriffe. Er sang: „Der alt böse Feind, mit Ernst er’s jetzt meint; 
groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist,
 auf Erd ist nicht seins gleichen.“

Deutlich wurde mir auf jeden Fall, dass ich mich auf ein einzelnes Gebiet beschränken müßte. Aus dem Gesamtblock der Erlebnisse schälte ich darum ein Teilgebiet heraus, auf dem es am meisten Seelsorge gibt. Das ist der Bereich der außermedizinischen Heilungen. Vergegenwärtigen wir uns zuerst das Gerüst meiner Darstellung:

1.   Die mediale Heilkunst

2.   Die Häufigkeit der medialen Heilung

3.   Unkenntnis der medialen Heilkunst

4.   Vererbte Medialität

5.   Entdeckte Medialität

6.   Übertragene Medialität

7.   Magisches Experimentieren

8.   Formen der medialen Heilung

9.   Umkehrung der Medialität

10. Auswirkungen

11. Querverbindungen

12. Resistenzphänomen

13. Tarnung und Täuschung

14. Ursprung der medialen Begabung

15. Die Befreiung

Diese Disposition könnte nun mit Tausenden von Beispielen gefüllt werden, um das Knochengerüst mit Fleisch und Blut zu umgeben. Doch ist eine Beschränkung auf ein Minimum erforderlich.


1. Die mediale Heilkunst

Einen Überblick über die Geschichte der medizinischen Wissenschaft zu geben, ist Aufgabe von berufeneren Leuten. Eine Linie, die oft übersehen wird, muss ich aber ausziehen. In allen kulturellen Epochen waren die Ärzte und Heilkundigen in der Gefahr, Grenzüberschreitungen in der Richtung zur Magie vorzunehmen. Dieser Vorgang ist oft in mein Blickfeld getreten.

a. Im alten China

Bei sechs Ostasienreisen, die mich auch durch China, Korea und Japan führten, begegnete ich mehrmals dem Missionsarzt Dr. Eitel, der 30 Jahre Chefarzt des Hospitals in Changsa gewesen war. Als Mao die Missionare vom chinesischen Festland vertrieb, fand Dr. Eitel eine neue Wirkungsstätte in Japan. In Tokio war ich sein Gast. Eitel hatte als Chirurg einen so guten Namen, dass die führenden Leute in der Politik und Wirtschaft sich von ihm operieren ließen. Ich nahm diese wundervolle Gelegenheit wahr und fragte Dr. Eitel nach den chinesischen Heilmethoden. Auf einen einfachen Nenner gebracht, sagte er mir, die Chinesen seien ausgezeichnete Internisten, sie unterscheiden zum Beispiel 12 Pulsformen, sie leisten aber chirurgisch nur Mittelmäßiges. Am meisten lag mir aber die Akupunktur am Herzen. Ein Mann, der Jahrzehnte als leitender Arzt in China gearbeitet hatte, mußte doch darüber mehr wissen als Außenseiter. Dr. Eitel wies mich darauf hin, dass im Verlauf von 5.000 Jahren der astrologische Charakter der Akupunktur zurückgetreten sei, immerhin würden noch verblüffende Erfolge erzielt werden. Mir geht es hier nicht darum, eine generelle Beurteilung der Akupunktur zu bieten. Wer sich darüber informieren will, den verweise ich auf das medizinisch und biblisch gut fundierte Buch von Dr. Samuel Pfeifer: Gesundheit um jeden Preis?

Nun muss ich aber mit eigenen Beobachtungen aufwarten. Ich kam seit Jahrzehnten auf viele Missionsfelder. Was dem gläubigen Missionar auffällt, ist die starke Medialität der heidnischen Religionen und der heidnischen Heilkunst. Über die Medialität als Hintergrund der Akupunktur schrieb ich schon im OKKULTEN ABC. Hier muss ich noch einen Schritt weiter gehen. Ich lernte vor allem in Ostasien medial veranlagte Menschen kennen, die sich in eine Halbtrance versetzen können. Sie werden dabei schmerzunempfindlich, ihr Bewusstsein ist aber voll da. Sie können sich zum Beispiel Nadeln, Nägel, ja auch lange Stilette durch die Gesichtsmuskeln, die Oberarmpartien und die Brust stoßen. Die Wunden bluten nicht und verheilen nach dem Herausziehen der metallischen Gegenstände in etwa zwei Stunden. Während dieser Prozedur können sie mit den umherstehenden Menschen lachen und scherzen. … Auf die Akupunktur zurückkommend muss gesagt werden: Wenn der zu operierende Patient die Fähigkeit der medialen Halbtrance besitzt, dann spürt er bei jeder Operation keine Schmerzen. Er kann sich mit den Ärzten unterhalten und auch während der Operation Apfelsinenstückchen essen.

Die Fähigkeit der Halbtrance ist im Westen eher selten. Ich habe vielleicht nur etwa zehn solcher Medien kennengelernt oder in der Seelsorge davon gehört. In heidnischen Ländern gibt es solche Medien in großer Zahl. Auf den Philippinen, aber auch in anderen Ländern Ostasiens gibt es Medien, die sich Fleischhaken durch die Muskeln stoßen und sich aufhängen lassen. Sie erleiden diese schauerliche Prozedur sechs bis acht Stunden, ohne Schmerzen zu empfinden. Ich besitze einige Aufnahmen von solchen Selbstverstümmelungen in der Halbtrance.

Äußerst erfolgreiche Akupunktur-Operationen finden statt, wenn sowohl der Arzt als auch der Patient medial veranlagt ist, und wenn der Patient zusätzlich die Fähigkeit der Halbtrance besitzt. Mit dem bisher Gesagten wird nur die Kombination Medizin plus Medialität dargestellt. Diese Partnerschaft zwischen Rationalem und Irrationalem tritt oft in der Geschichte der Heilkunst zutage.

b. Im alten Ägypten

Ein anderes Gebiet herausragender Ärzte ist Ägypten. 1980 hatte ich Gelegenheit, an einer Studienreise durch Ägypten teilzunehmen, bei der großartige Einblicke in die alte ägyptische Kultur gegeben worden sind. Im Blick auf die Medizin interessierten mich zwei Daten. … Als Architekt und Baumeister wird Imhoteb genannt, dessen Name auf dem Sockel einer Statue beim Grabmal Djosers gefunden wurde. Dieser Imhoteb spielt bei den Ägyptern die gleiche Rolle wie Asklepios bei den Griechen. Imhoteb ist der Vater der Medizin. In unserem Zusammenhang ist wichtig, dass Imhoteb zugleich als der Chefmagier gilt. Wie bei den chinesischen Akupunkteuren, so bestand auch hier die Kombination: medizinische Wissenschaft plus Magie. Die Ägypter haben diesen Pionier der Heilkunst zum Gott erhoben, wie es die Griechen mit Asklepios gemacht haben. Dass die Ägypter sich auf die Magie verstanden, wissen wir auch z.B. aus 2. Mose 7, 11; 7, 22 „Da rief der Pharao die Weisen und Zauberkundigen. Und auch die ägyptischen Zauberer taten dasselbe mit ihren Zauberkünsten.“ . . .

c. Im alten Griechenland

Wir begeben uns nun historisch nach Europa. . . . Kontakt mit großen Vorläufern auf dem Gebiet der Medizin wurde mir bei einigen Griechenlandtouren gegeben.  Zwei Ärzte erweckten mein besonderes Interesse. Asklepios und Dioskurides.

Die Ruinen des Asklepios-Tempels sind etwa 10 km von Epidauros entfernt. Man sieht noch das in den Boden eingelassene Steinlabyrinth, in dem Asklepios seine Schlangen aufbewahrte. . . . Er heilte schon Rheuma mit Bienengift und Schlangengift und führte nach einer Holzhammernarkose chirurgische Eingriffe durch. Er kannte auch schon eine Therapie, Geistesgestörte durch Schlafkuren zu behandeln. Die Methoden dieses Arztes wurden dreitausend Jahre später wieder von der modernen Medizin aufgenommen.
In der griechischen Mythologie wurde Asklepios „Sohn des Appollo“ genannt. Hier liegt also die schon erwähnte Apotheose vor, die vor ihm in Ägypten der medizinische Magier Imhoteb erlebt hat. In dem Gedankengang dieses Kapitels geht es um die unheilvolle Verbindung zwischen medizinischer Wissenschaft und Medialität. Von Asklepios ist nichts Derartiges bekannt, dafür aber um so mehr bei seinen Nachfolgern.

Altgriechenland hat eine ausgeprägte Dämonologie. . . . Hier soll nur ein philologischer Hinweis gegeben werden. Im heidnischen Altertum wurden oft die Krankheiten als von Dämonen verursacht angesehen. Heilen hieß dann nichts anderes als die Dämonen austreiben. Im Gegensatz zu den mehr nüchternen Römern hatten die Griechen viele Termini zum Thema heilen, beschwören, austreiben.

Die Römer hatten eigentlich nur den von den Griechen übernommenen Ausdruck homo magicus, der Magier. In der altgriechischen Ärzteschaft gab es immer wieder Übergriffe vom wissenschaftlichen Arbeiten zur Magie. Es hat aber auch Ärzte gegeben, die sich mühten, die Medizin von der Magie freizuhalten. Der bekannteste unter ihnen soll erwähnt werden. Dioskurides schrieb im ersten Jahrhundert nach Christus sein Werk „De materia medica“. Er versuchte darin, die medizinische Arbeit von allem mystischen, mythologischen und magischen Wust zu säubern und die Heilkunde auf eine saubere, naturwissenschaftliche Basis zu stellen. In diesem führenden medizinischen Werk seiner Zeit führte Dioskurides 500 Heilmittel aus pflanzlichen und mineralischen Substanzen auf. . . .


d. Im Mittelalter

Über die „wilde Ehe“ zwischen medizinischer Wissenschaft und Magie ließen sich auch in der christlichen Ära Bände schreiben. . . . An der Schwelle der Neuzeit um 1500 gibt es nicht nur den theologischen Aufbruch durch Martin Luther, es gibt auch eine Ära der Kabbalisten und Magier. Eine ausführliche Auseinandersetzung ist hier nicht angebracht, aber einige Namen sollen genannt werden.


Abt Johann Tritheim in Würzburg (1462-1516) war ein Spezialist der Kabbala. Er schrieb ein mysteriöses Buch „Steganographia“. Der Schlüssel zum ersten Kapitel sollte in den Händen eines vornehmen Geistes Pamersyel sein. Dieses Werk weist Abt Johann Tritheim als Spiritisten aus. Furchtbare Geistergeschichten und Geisterbeschwörungen füllen die Seiten.
Ein Gesinnungsgenosse von Tritheim war Johann Reuchlin (1455-1522), ein ausgezeichneter Spezialist für die hebräische und griechische Sprache. Durch Juden angeregt, studierte er auch die Kabbala. Ein weiterer Freund Tritheims war Agrippa von Nettesheim (1456-1535). Schon als junger Mann hatte er die Geheimwissenschaften studiert. Sein Hauptwerk hieß „De occulta philosophia“. Zu dem Trio der Kabbalisten kann man als vierten Nostradamus hinzunehmen. Seine Hellsehfähigkeit hat er beim Lesen okkulter Bücher erhalten. Nostradamus hielt genau wie später Swedenborg seine Fähigkeit für eine Gabe Gottes. Das Ende des Mittelalters berechtigt zu dem Schimpfwort „finsteres Mittelalter“. Tritheim, leider auch teilweise Reuchlin, Agrippa und Nostradamus waren eine kabbalistische Quadriga. . . .

Diese gärende Zeit zu Beginn des 16. Jahrhunderts brachte Männer mit umwälzenden Ideen hervor. Agrippa fühlte sich als Reformator der Magie.  Paracelsus (1493-1541) hielt sich für einen Reformator der Medizin. Mit ihm müssen wir uns kurz befassen, weil er wie kein anderer vor ihm und nach ihm in der Heilkunst die medizinische Wissenschaft mit der Magie koppelte. Im Sprechzimmer eines Arztes las ich den Wandspruch:  Alles, was zur Heilung führt, kommt von Gott. – Paracelsus
So einfach ist es aber nicht. Paracelsus ist Sohn eines Arztes und hat wie sein Vater Medizin studiert. Von seinem Lehrmeister Tritheim wurde er in die magischen Wissenschaften eingeführt. Paracelsus ging in seinem heilenden Bemühen davon aus, dass der Mensch als Mikrokosmos in Harmonie mit dem Makrokosmos, dem Universum, gebracht werden müsse. Seine beiden wichtigsten Heilmethoden ist die Lehre von den „Arcana“ (arcanum = Geheimnis) und den „Sympathiemitteln“.

In unserer Linienführung interessiert vor allem die mediale Heiltätigkeit dieses Arztes. Durch Sympathie (sympathein = mitleiden) heilen, heißt bei ihm z.B., dass eine Krankheit auf ein Tier oder eine Pflanze übertragen wird. Paracelsus betrieb also vor 450 Jahren bereits klassisches Besprechen, magische Heilmethoden. Diese Art der Heilung wird heute noch in Norddeutschland von den Besprechern betrieben und wird dort „wegversetzen“ genannt.

Die Zeitgenossen von Paracelsus waren oft wütend auf ihn, weil ihm Heilungen von Krankheiten gelungen sind, denen sie selber machtlos gegenüberstanden. Ein ganz typisches Beispiel eines medialen Heilverfahrens soll wiedergegeben werden. Es ist dem Buch „Aberglaube und Zauberei“ von Prof. Dr. A. Lehmann S. 239 entnommen.

B 11 „Es wird der Zahnschmerz transplantiret in eine Weide, Holderbusch, Haselstaude auf folgende Weise. Nachdem die Rinde ein wenig abgeschält worden, so schneide ein Spänchen heraus, mit demselben stich in das Zahnfleisch, so lange, bis es blutet, hernach lege den blutigen Span wieder an seinen Ort, decke die Rinde darüber und verwahre sie wohl mit Kote.“

Das ist eine Methode, wie man sie auch in dem „6./7. Buch Moses“ oder im „Magisch sympathetischen Hausschatz“ findet. Diese Methode wirkt aber nur unter Gebrauch einer Formel, die aber hier nicht wiedergegeben wird. Auch das nächste Beispiel ist aus der umfangreichen magischen Rezeptur entnommen.

B 12 „Die Schwindsucht kann folgendermaßen kuriert werden. Nimm Johannesbrot, so viel du willst, gieß guten Wein darauf, und lass es 24 Stunden weichen. Den anderen Tag darauf laß zuvor den Urin, trink darauf von dem Wein, und wiederhole es neun Tage nacheinander, so dass du dich von allem andern Getränke gänzlich enthaltest, indessen allen gelassenen Urin aufsammelst und in den Rauch hängest, damit er allgemacht verzehrt werde, so wird die Schwindsucht nach und nach geheilt werden.“

Urinrezepte gibt es in großer Zahl in den Spruchbüchern der medialen Heiler. Sie funktionieren normalerweise nur, wenn der mediale Heiler das Rezept verordnet und dazu einen Heilungsspruch verwendet. Mir sind Heilungssprüche durch die Seelsorge bekannt geworden. Ich hüte mich aber, solche Formeln zu veröffentlichen.

Die großen Heilerfolge von Paracelsus erklären sich also dadurch, dass er außer einer medizinischen Therapie Zauberei trieb. Diese Spruchheilungen mit den widersinnigen Handlungen sind nicht nur Aberglaube, sondern das Tor, durch das dunkle Mächte eindringen.


2. Die Häufigkeit der medialen Heilkunst

Bei meinen vielen Missionsreisen habe ich noch kein Land entdeckt, das keine medialen Heiler hätte. In nichtchristlichen Religionen ist ohnehin seit Jahrtausenden die mediale Heiltätigkeit die übliche Form. In christlichen Kreisen wird Besprecherei in Gegenden in Anspruch genommen, die keine Ärzte haben, z.B. unter den nach Sibirien verbannten Deutschen, in Nordkanada und in Südamerika, aber auch sonst in aller Welt. Aus der vorhandenen Fülle an Beispielen ziehe ich einige heraus. Zuerst ein Beispiel von August Winning.

B 13 Ein baltischer Adliger war dafür bekannt, dass er bei schweren Verletzungen sofort das Blut stillen konnte. Ein Pfarrer, der zufällig als Gast auf seinem Gut weilte, fragte ihn nach den Ursachen dieser geheimnisvollen Kraft. Der Adlige erklärte ihm, er würde nur ein Wort gebrauchen, die Verletzung anblasen oder die verletzte Körperstelle berühren, und dann würde sofort das Bluten aufhören. Bereitwillig gab er auf Befragen dem Pfarrer auch das Wort bekannt. Der Pfarrer fragte bei vielen Altphilologen und Orientalisten nach der Bedeutung des Wortes. Niemand konnte ihm Auskunft geben. Da ihn die Bedeutung des geheimnisvollen Wortes interessierte, schrieb er auch an die orientalistischen Seminare und Institute verschiedener Universitäten. Schließlich erhielt er die Auskunft, dass es sich bei diesem Wort um einen chaldäischen Dialekt handle. Das Wort hätte den Sinn: Die Seele gehört dem Teufel. Der Pfarrer teilte dem baltischen Baron die Bedeutung des Wortes mit. Der Adlige erschrak und hörte sofort auf, das Wort weiterhin anzuwenden. Eines Tages verunglückte sein Sohn bei der Jagd. Ein Schuss ging ihm in die Schulter und verletzte eine große Ader. Der Vater eilte zu dem schwer blutenden Sohn. Dieser bat den Vater inständig: „Du hast doch die Kraft, das Blut zu stillen, also hilf mir doch.“ Der Vater war sehr tapfer und glaubensstark und erwiderte dem Sohn: „Unter den Umständen, wie ich früher das Blut stillte, kann ich es heute nicht mehr tun.“ In der Brust des Vaters tobte ein fürchterlicher Kampf. Der Sohn verblutete in den Armen des Vaters, obwohl dieser die magische Kraft gehabt hätte, dem Sohn zu helfen. Hier siegte der christliche Glaube über die Magie.

In den letzten Jahren sind viele Russland-Deutsche nach Westdeutschland eingereist. Es sind viele Christen darunter. In der Seelsorge zeigt es sich, dass sich manche mit Depressionen abplagen. Natürlich gibt es viele Formen von Depressionen, die nichts mit Zauberei zu tun haben. Bei manchen Einwanderern ist aber der Zusammenhang deutlich. Ein derartiges Beispiel soll hier wiedergegeben werden.

B 14 Eine Briefzuschrift zeigt den Besprechungsvorgang bei einer russlanddeutschen Familie, die in Sibirien lebte, bis sie nach Westdeutschland auswandern durfte. Es handelt sich um eine gläubige Familie, die ihren Glauben auslebte und viel Liebe übte. Großvater und Vater waren Besprecher. Weil in Sibirien kein Arzt zu erreichen war, waren sie auf die Selbsthilfe angewiesen. Bevor sie kranke Menschen oder kranke Tiere behandelten, hielten sie eine brennende Kerze über eine Schale Wasser. Das Wasser sollte dadurch geweiht werden. Mit diesem „Weihwasser“ bespritzten sie die kranken Menschen oder das kranke Vieh. Dabei beteten sie Psalmen, aber auch Spruchgebete, die mit den drei höchsten Namen abgeschlossen wurden. Es traten häufig Heilungen ein, die sie als Wundertaten Christi ansahen. Nach ihrer Einwanderung informierte eine gläubige Verwandte diese Männer, dass sie Weiße Magie getrieben hatten.

B 15 Noch ein anderes Beispiel aus Sibirien soll berichtet werden, um zu zeigen, unter welchen Entbehrungen die Volksdeutschen zu leben hatten. Mein Berichterstatter ist ein Russlanddeutscher, der nach Westdeutschland ausreisen durfte. Seine Eltern wohnten ursprünglich in der Ukraine und wurden dann nach dem Ersten Weltkrieg nach Sibirien umgesiedelt. Die Siedler besaßen nicht einmal das Existenzminimum, weil sie ihr gesamtes Vermögen in der Ukraine hatten zurücklassen müssen. Wenn gütige Nachbarn ihnen nicht zu essen gegeben hätten, wäre die Familie nach dieser Zwangsumsiedlung in Sibirien verhungert. Schließlich kam der Vater in einer Fabrik unter. Die Familie gehörte zu den Stundisten. Das waren damals die gläubigen Kreise in dem sonst orthodoxen Russland. Es wurde auf den Knien gebetet und täglich Andacht gehalten.

In dieser schweren Zeit wurde mein Berichterstatter als 12-jähriger Junge krank. Weit und breit war kein Arzt erreichbar. In ihrer Not nahm die Mutter einige Bibelsprüche, sagte sie über dem Jungen, fügte einen Spruch dazu und die drei höchsten Namen und bepustete das Kind dreimal, wie es heute noch gelegentlich in Schleswig-Holstein geübt wird. Der Junge wurde nach diesem Besprechungsakt gesund. Der Geheilte hat sich dann aber charakterlich und geistlich völlig anders entwickelt, als es sich vor der Heilung angebahnt hatte. Der Sohn war von seinem Vater zu Jesus Christus geführt worden. Der Junge hatte bereits Heilsgewissheit. Nach dem Bepusten ging aber alles schief. Ein Leben der Sünde folgte. Von seiner ersten Frau wurde er geschieden. Wiederverheiratung. Sein jüngster Sohn beging Selbstmord aus heiterem Himmel, das heißt ohne äußere Ursache. Die vier Kinder sind alle ablehnend gegen Gottes Wort.

Das ist die dunkle Bilanz eines Mannes, der von seiner gläubigen Mutter besprochen worden war. Der Teufel hat aber nicht das letzte Wort behalten. Nach seiner Einwanderung in die Bundesrepublik kam er in Kontakt mit einem gläubigen Pfarrer. Er wurde geistlich erweckt, beichtete alles, sagte sich los von der Besprecherei und wurde nun Glied einer lebendigen Gemeinde.

B 16 Es folgt ein Bericht von Nordkanada. Ich habe Kanada insgesamt 18mal besucht und viele Vorträge dort gehalten. Bei einer Vortragswoche in Edmonton hatte ich unter anderen folgende Begegnung. Eine Frau war zur Aussprache gekommen. Sie berichtete, dass sie als Kind die englische Krankheit (Rachitis) gehabt habe. Ihre Mutter holte dann nach einem alten Rezept von neun verschiedenen Ackergrenzen Erde, die sie in ein Tuch band. Der Beutel wurde dann mit heißem Wasser übergossen und dabei ein Spruch gesagt, der mit den drei höchsten Namen endete. Das Kind wurde dann in diesem Absud gebadet. Die Erde musste dann an den ursprünglichen Platz zurückgebracht werden. Das Kind genas, nahm aber eine ungute Entwicklung, neigte zum Jähzorn und geriet in sexuelle Abartigkeiten. Nach der Heirat hatte die Frau viele Streitigkeiten mit ihrem Mann. Die unerträglichen Zerwürfnisse brachte sie dann in die Seelsorge, in der ihr der Weg zu Jesus Christus und zur Befreiung gezeigt wurde.

Den Einwand gegen dieses Beispiel kenne ich. Man wird sagen, das Kind hätte sich auch ohne die Spruchheilung so entwickelt. Das kann man annehmen, wenn nur ein oder zwei solcher Fälle vorliegen. Wenn aber Tausende von derartigen Beispielen zur Verfügung stehen, dann muss nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung ein derartiger Zusammenhang angenommen werden.

B 17 In dem folgenden Bericht hören wir eine Familiengeschichte aus Ostkanada. Ein 56 Jahre alter Mann kam zur Seelsorge und räumte alle seine Belastungen und Sünden vor dem Angesicht Gottes aus. Seine Mutter – inzwischen verstorben – war eine Besprecherin gewesen. Für alle Erkrankungen hatte sie ihre Spruchrezepte. Wenn ein Kind ein Bettnässer war, dann wurde ein Totenzauber angewandt. Eine benässte Windel wurde in ein offenes Grab geworfen und dabei ein Spruch aus dem 6./7. Buch Moses zitiert, der mit den drei höchsten Namen endete. Das Bettnässen hörte dann tatsächlich auf.

Die dreizehn Kinder dieser Frau nahmen fast alle eine unnatürliche Entwicklung. Zwölf von den 13 kamen um. Mein Berichterstatter, der dreizehnte, ist allein übriggeblieben. Er ist auch schwer belastet. Jähzorn, sexuelle Verwilderung, Geiz, unstetes Wesen kennzeichnen seinen Charakter. Wenn er die Bibel lesen will, flackern seine Augen. In der Kirche packt ihn die Wut, oder es wird ihm schlecht. Einen Lichtblick gab es bisher bei ihm. Er hat eine gläubige Frau, die ihn in Geduld trug. Der Mann brachte in der Seelsorge alles ans Licht, auch seine Unterschlagungen. Er konnte sich Jesus Christus übergeben und im Glauben die Vergebung fassen.

B 18 In Brasilien blüht die magische und spiritistische Heilkunst in allen Formen. Merkwürdig ist, dass auch die portugiesischen Besprecher – sie heißen dort Curandero – Formen des Besprechens praktizieren, die den europäischen Normen ähnlich sind. Es wurde schon in einem vorangegangenen Kapitel vom „messen“ und „messen lassen“ gesprochen. Die Curanderos haben ähnliche Gebräuche. Wenn ein Kranker den Curandero ruft, dann muss der Patient eine lange Schnur an der Magengrube festhalten. Der Heiler misst dann mit seinem Unterarm (Elle) dreimal an der Schnur entlang auf sich selbst zu. Dann schlägt der Curandero ein Kreuz und misst wieder die Schnur zurück zum Kranken. Ein Spruch und drei Kreuze beenden diese seltsame Form der Diagnose. Dann verordnet der Curandero einen Tee und gibt einige Ratschläge.

Ich habe in Brasilien und in Argentinien, in Uruguay und Paraguay viele Kolonisten aus Deutschland aufgesucht und in ihren Kirchen gesprochen. Der Pfarrer einer deutschen Gemeinde klagte mir sein Leid. Er erzählte, dass er unter rund 100 deutschen Familien nur zwei Familien hätte, die nicht zum Besprecher gehen. Bei Schlangenbissen, Wespenstichen und allen Arten von Verletzungen rufen sie den Heiler, der bei den Deutschen dort „brucho“ heißt, nicht Curandero wie bei den Portugiesen und Spaniern. Die Siedler aus Pommern haben auch ihre Heilungssprüche mit in die neue Heimat gebracht. Der Pfarrer, der mein Berichterstatter ist, meinte, es sei sehr schwer, dieses eingewurzelte Brauchtum zu beenden. Die Kolonisten hatten in der Anfangszeit keine Schulen, kaum kirchliche Betreuung und vor allem keine Ärzte. Darum hat sich das Besprechen so lange gehalten.

Der Bericht über die Häufigkeit des medialen Brauchtums soll nun mit einem Brief aus Argentinien abgeschlossen werden. Es handelt sich um das Schreiben eines Pfarrers, mit dem ich zusammen im Gebiet von Entre Rios evangelisiert habe. Da der Brief zu lang ist, wird nur eine Partie über das Besprecherunwesen herausgeschnitten.

B 19 „Es sind nun bereits 3½ Jahre, dass ich in dieser Gemeinde das Evangelium verkündige und die Leute zum Glauben an Jesus führen will. Aber oft habe ich den Eindruck, als wäre alles umsonst. Wenn es darum geht, um Jesu willen seine ganze Lebenseinstellung und den Wandel zu ändern, so wird erst deutlich, wie groß die Gebundenheit an die Masse ist. Weil alle Welt zum Besprecher läuft, gehen auch die meisten Gemeindeglieder – bis hinein in die Reihen der Vorsteher – in Krankheitsfällen zu dieser dämonischen Hilfsquelle. Sie fühlen sich aber dabei doch als sehr gute Christen. Als ich kürzlich in einer Gemeinde einen Vortrag über die Zusammenhänge des magischen Besprechens gehalten habe – es war eine Kolonie, in der nicht eine Familie von diesen okkulten Dingen unbelastet ist – kamen wir während des Mittagessens in eine angeregte Unterhaltung über die Braucher (Besprecher). Immer wieder wurde versucht, die Besprecherei als eine gute und nützliche Sache hinzustellen. Anhand der Heiligen Schrift widerlegte ich intensiv diese Meinung. Als schließlich das Zeugnis der Schrift eindeutig das Widergöttliche der Braucherei aufzeigte, erklärte mein Gegenüber – ein Kirchenvorsteher – einfach: ‚Schließlich ist die Bibel ja doch nur das Werk von einigen klugen Menschen!‘ Gerade dadurch ist mir deutlich geworden, wie tief die Verblendung durch die Sünde geworden ist. Eine solche Antwort kann nur die Antwort eines Menschen sein, der sein Ohr bereits der Schlange geöffnet hat, die spricht: Sollte Gott gesagt haben? Mit diesen Beispielen soll es dieses Mal genug sein. Ich habe Ihnen das heute geschrieben, damit Sie um so mehr für unsere Arbeit hier beten können …, Ihr dankbarer …“

Dr. Rudolph wies in seinem Buch „Die geheimnisvollen Ärzte“ darauf hin, dass das Besprechen eine rückläufige Entwicklung genommen hat. Ich habe die gleiche Beobachtung gemacht. Die letzte Besprecherin in meinem Heimatdorf ist vor zwei Jahrzehnten gestorben. Der Rückgang des „Brauches“ ist aber nicht mit dem Zurücktreten der alten bäuerlichen Sitten zu begründen, sondern mit der fortschreitenden Industrialisierung. Der Bauer, der früher vier Pferde hatte, besitzt heute einen Traktor. Wenn dieser Traktor „krank“ ist, geht der Bauer nicht zu dem Besprecher, sondern in die Werkstatt. Diese rückläufige Bewegung in der medialen Heilkunst ist aber noch nicht auf den Missionsgebieten zu erkennen.

Nach diesem Abschnitt über das Nachlassen des Besprecherunwesens kann ein Mißverständnis entstehen, als ob „der Teufel auf dem Rückzug“ wäre. Das Besprechen nimmt ab, aber die Medialität nimmt trotzdem zu. Das hängt mit dem Überhandnehmen der Kulte und dem Vormarsch der östlichen Religionen zusammen. Es wird auf eine summarische Liste dieser antichristlichen Bewegungen verzichtet. Man kann darüber nachlesen in Huttens „Seher, Grübler und Enthusiasten“. Ein Hinweis soll aber nicht übergangen werden: Wer Joga praktiziert oder TM (Transzendentale Meditation) betreibt, entwickelt Medialität. Wer sich von Kulten gefangen nehmen lässt, begibt sich in einen negativen Bannkreis, aus dem er nur ganz schwer wieder herauskommen kann. Die ganze religiöse und geistig-kulturelle Situation der Gegenwart ist medial geprägt, okkult basiert und antichristlich überhängend.


3. Unkenntnis der medialen Heilkunst

„Gegen die Dummheit kämpfen selbst die Götter vergebens“, heißt ein antikes Sprichwort. Seit Jahren beobachte ich die Unerfahrenheit vieler Christen auf dem Gebiet der okkulten Praktiken. Ich lasse erst einen Brief aus der Schweiz in vollem Wortlaut folgen.

B 20 „Sehr geehrter Herr Doktor, im Jahr 1943 bekam ich durch das Buch von Pastor Modersohn Im Banne des Teufels Aufschluss über das okkulte Gebiet. Danach las ich Blumhardt, Lüscher, Kremer und zuletzt Ihre Bücher. Ich sehe, dass Sie alles sehr gründlich nehmen und auch Beispiele über die Befreiung bringen. Ich möchte am Wort Gottes dienen, weiß aber nun, dass wir schon von den Vorfahren her mit Formen des Besprechens und des Aberglaubens belastet sind.

Meine Mutter hatte schwere Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Ich vermute, dass sie ein Amulett trug in Form einer Kette, die von Generation zu Generation weitergegeben worden ist. Meine Frau wurde als Kind von Zauberkurpfuschern behandelt. In der Folgezeit hatte sie drei Schwermutsperioden und andere Erkrankungen. Es ist heute so, dass die meisten Pastoren und Versammlungsleiter über dieses Gebiet nichts wissen oder darüber lächeln. Meine Frage ist, ob Sie persönlich solchen Gebundenen dienen, oder sammeln Sie nur Material zur Aufklärung … Es können ja nur solche für Belastete einstehen, die nüchtern auf biblischem Boden stehen. Es gibt ja heute in Deutschland und in der Schweiz Gruppen, die allen Suchenden so lange ‚den Teufel austreiben‘, bis die Hilfesuchenden besessen sind und in eine Nervenheilanstalt eingeliefert werden müssen.“
Dieser Schweizer Bruder schrieb also, dass die meisten Pfarrer und Versammlungsleiter nichts über das okkulte Gebiet wissen. Leider ist das nur zu wahr!

B 21 Das nächste Beispiel betrifft einen Missionsprediger in Nürnberg. Eine Frau schrieb mich nach der Lektüre meiner Bücher an und beichtete im Brief. Grund dafür waren die schweren Belastungen, denen sie ausgesetzt war. Da sich nicht alle Seelsorge brieflich erledigen läßt, verwies ich sie an einen mir bekannten Prediger. Kurze Zeit später bekam ich von der Nürnberger Frau den zweiten Brief, in dem sie mir mitteilte, dass sie diesen Prediger nicht als Seelsorger akzeptieren könne, weil er auf dem Gebiet der okkulten Belastungen völlig unwissend sei. Dieser Bruder, den ich sonst schätzte, hatte ihr gesagt, sie soll ihre okkulten Fähigkeiten als Gabe Gottes ansehen und dafür danken. Die hilfesuchende Frau nahm diesen Rat nicht an, weil sie selbst ihre Belastungen auf ihre früheren okkulten Praktiken zurückführte.

Der Schweizer Laienbruder vom vorangegangenen Beispiel verstand von den Zaubereisünden mehr als dieser Missionsprediger. Wurde da nicht etwas bei seiner Ausbildung versäumt? Nicht nur die theologische Ausbildung enthält verhängnisvolle Lücken im Blick auf die Seelsorge an okkult Belasteten, auch an Seminaren und Bibelschulen fehlt es oft an einer sachlichen Einführung in dieses Gebiet.

B 22 Im Blick auf die ignoratio theologorum folgt nun ein haarsträubender Bericht über die Einstellung eines lutherischen Pfarrers in Norddeutschland. Sein Brief umfasst sechs Seiten in enger Maschinenschrift. Es kann also nur einiges entnommen werden.

Dieser Pfarrer H. spricht völlig harmlos von Besprechern, Rutengängern, Pendlern und anderen Okkultisten. Er bekennt sich zu diesen Praktiken. Ich zitiere einiges aus seinem Brief: „Einer meiner Konfirmanden ist ein befähigter Rutengänger. Er vermag Reizstreifen mit Hilfe einer Stahlrute genauestens festzustellen. Auf der einen Seite der Wasserader dreht sich die Rute aufwärts und auf der andern abwärts, und zwar im Kreise. Sie überwindet also den Schwerpunkt. Der Zug der Rute ist so stark, dass der Rutengänger kaum die Rute halten kann. Dieser Rutengänger tastete auch meinen Körper ab. Er stellte in Stirnhöhe einen leisen Ausschlag fest, wahrscheinlich ein Hinweis auf meine Kreislaufstörungen.“

Dieser Pfarrer hat auch Familienangehörige den Okkultisten zugeführt. Ich zitiere wieder aus seinem Brief: „Ich erfuhr von der wunderbaren Heilpraktikertätigkeit des katholischen Pfarrers Emmenegger in Maienfeld, Kanton Graubünden, Schweiz, speziell in bezug auf gehirnkranke Kinder. Eine diesbezügliche Erkrankung eines meiner Großkinder ließ mich mit dem Kind in seine Praxis fahren. Diagnostiziert wurde mit einem siderischen Pendel. Der Erfolg war offensichtlich fabelhaft. Also ein im Amt befindlicher katholischer Geistlicher betreibt okkulte Heilkunde, und dann soll das Teufelswerk sein? Eine Parallele dazu ist der leider verstorbene evangelische Pfarrer Jaesche in Gudmannsbach in Estland. Über ihn berichtete Erwin Liek in seinem Buch ‚Das Wunder der Heilkunde‘ erstaunliche Erfolge.“

Die Geschichte von Pfarrer Jaesche in Gudmannsbach ist mir wohlbekannt. Jaesche hatte heilmagnetische Kräfte. Die Diagnose war sehr einfach: Wenn Pfarrer Jaesche mit seinen Händen über die kranke Körperstelle fuhr, wurden seine Finger kalt. Er führte danach magnetische Bestreichungen durch, bei denen die Hand den Körper nicht berührte, sondern im Abstand von etwa 10 cm gewöhnlich die Wirbelsäule entlang fuhr.

Pfarrer H., von dem mir zwei Briefe vorliegen, spricht sehr wohlwollend von den okkulten Heilern, wie zum Beispiel vom Schäfer Ast, der Tausende von Menschen mit seinen okkulten Fähigkeiten belastet hat. Pfarrer H. rühmt aber nicht nur derartige okkulte Praktiken, nein, er nahm sie auch selbst in Anspruch, wie die beiden Beispiele oben zeigen.

Wie beurteilt Pfarrer H. die okkulten Kräfte? Zunächst spricht er wie die Parapsychologen davon, dass die Psyche, und zwar sowohl das Bewusstsein als auch das Unbewusste der Sitz der okkulten Heilkräfte sei. Dann geht Pfarrer H. einen Schritt weiter und erklärt, dass es sich bei den okkulten Heilkräften „um menschliche Fähigkeiten handle, die dem Menschen schöpfungsmäßig von Gott gegeben sind. Gott wirke in den okkulten Taten der Menschen also nur mittelbar, wie etwa bei der Musikalität oder jeder anderen Begabung.“ . . .

Psyche und pneuma – Seele und Heiliger Geist sind niemals gleichzusetzen. Durch unsere leibliche, natürliche Geburt erhalten wir nur natürliche Kräfte und Gaben. 
Nur durch die Wiedergeburt des Heiligen Geistes (Johannes 3: Wenn jemand nicht von oben geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen) erhalten wir Charismata, Gnadengaben.

Pfarrer H. ist nicht der einzige, der in der Beurteilung der okkulten Kräfte irregeleitet ist. Bei einer Vortragswoche in Norddeutschland kam ich mit einem lutherischen Pfarrer in Kontakt, der ein weithin bekannter Astrologe ist. Er lässt sich von Gemeindegliedern und auch auswärtigen Besuchern das Geburtstagsdatum geben, stellt das Horoskop und beantwortet dann die Fragen des Ratsuchenden. Er ist in der Lage, mit Hilfe des Horoskops verborgene Dinge aufzufinden, Krankheiten zu erkennen, verworrene Lebensverhältnisse aufzudecken. Ich wies diesen Kollegen auf Jesaja 47, 12-14 hin, wo die Astrologie eindeutig verworfen wird. Die Antwort des Amtsbruders war: „Das ist ein Wort aus dem Alten Testament, das für uns heute nicht mehr verbindlich ist. Das galt dem Volk Israel.“

Es traten viele Christen in meinen Gesichtskreis, die ihre Zauberei für ein Werk des Heiligen Geistes ausgaben oder noch so sehen. In den letzten 30 Jahren hatte ich im Elsaß viele Vorträge. In einem Gebiet wurde mir immer wieder von einem Pfarrer berichtet, der Pendelbehandlungen durchführt.

Eines Tages bekam ich nun von diesem Elsässer einen Brief, in dem er seine Heilpraktikertätigkeit als biblisch rechtfertigt. Schon bei seinen Vorfahren ist die Befähigung zur Heilung aufgetaucht. Er schrieb: „Ich weiß, dass mein Großvater mütterlicherseits, der ein schlichter Landpfarrer war, die Gabe der Handauflegung besaß und diese an seinen Kranken ausführte, so dass die Kranken von ihrem Fieber befreit wurden oder sonst eine Erleichterung verspürten.“

Der Elsässer berichtete in seinem Brief, dass er zum Feststellen der Reizstreifen keine Rute oder Pendel brauche, sondern sie mit den bloßen Händen spüren kann. Zur Rechtfertigung seiner Heiltätigkeit gab er nun Berichte über verschiedene Heilungen. Einige Beispiele:

B 23 „Ich denke an jene Frau, die mühselig und beladen zu mir kam und ihres Lebens nicht mehr froh werden konnte, weil ihr kranker Leib ihr zu schaffen machte. Durch eine kleine Pendeldrehung stellte ich das erkrankte Organ fest und verwies sie zum Frauenarzt. Nach einigen Wochen kehrte sie gesund heim. Und dieser Dienst, den wir Mitmenschen erweisen, soll ein Teufelswerk sein?“

B 24 „Ich erinnere mich der 17-jährigen Tochter eines treuen Christen, die nachts im Gipsbett liegen musste und in der Schule meist nur stehend dem Unterricht folgen konnte, weil das Sitzen ihr große Qualen bereitete. Ein Vetter brachte sie zu mir. Nach einem Gebet legte ich ihr die Hände auf den kranken Rücken. 14 Tage später schrieb sie mir aus dem Gebirge, dass sie kein Gipsbett mehr brauche und sogar Wanderungen bis 2000 m hoch machen könne. Sollte die Kirche nicht darum ringen, dass ihre Diener wieder in den Besitz jener Gabe gelangen, von der Jesus in Markus 16, 18 redet?“

Diese Beispiele hören sich oberflächlich gesehen gut an. Ein in die Materie Uneingeweihter könnte meinen, das seien neutestamentliche Vorgänge. Und doch liegt die Sache anders! Der Elsässer ist Pendler und besitzt in starkem Maße die Rutenfühligkeit. Auch arbeitet er wie die Heilmagnetiseure. An den Heilungen zweifle ich nicht, aber um so mehr an dem Hintergrund dieser Heilungen. 
Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt (und seine Gesundheit auf diesem Weg) gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele? Und genau das konnte ich beobachten, denn ich habe Gemeindeglieder dieses hochmedialen Elsässers in meiner Seelsorge gehabt.

Grotesk wie bei den beiden Pfarrern vorher ist die Meinung des Elsässers, seine Gaben wären das, was Paulus in 1. Kor. 12 schildert. Er fragte mich in seinem Brief: „Sie scheinen jegliche charismatische Gabe abzulehnen.“ Nein, ich lehne das Charismatische und Pneumatische nicht ab! Den Beweis erbrachte ich durch viele Bücher über Erweckungen. Ich lehne aber mit aller Radikalität die pseudocharismatischen, die okkulten Gaben ab. Dass es so viele Pfarrer gibt, die das nicht unterscheiden können, ist ein Trauerspiel. Eine heilmagnetische oder weißmagische Handauflegung und eine pneumatische Handauflegung sind nicht das gleiche. Paulus warnt in 1. Timotheus 5, 22: „Die Hände lege niemand schnell auf, mache dich auch nicht fremder Sünden teilhaftig; bewahre dich selbst rein!“
 Es gibt Handauflegungen, die belasten und gefährlich sind. Man braucht eine Gabe der Geisterunterscheidung!

Da sowohl der norddeutsche als auch der elsässische Pfarrer die Pendelpraxis als Gabe Gottes, als Charisma, ansehen, lasse ich einen zünftigen Pendler über „diese Kunst oder Gabe“ sprechen. Die folgenden Sätze sind dem Buch „Der erfolgreiche Pendel-Praktiker“ (K. Spiasberger) S. 7-8, entnommen. Es kann der Länge wegen nur das Wesentliche gebracht werden:

„In der Hand des Könners ist der Pendel das ideale Instrument zum Stellen von Diagnosen … Die Charakterveranlagung ist ebenfalls mittels Pendel festzustellen … Der Praktiker in der Magie kontrolliert mit Hilfe des Pendels die Stärke der Strahlkraft bei seinen Arbeiten auf dem Gebiete des Heilmagnetismus … Ferner zeigt der Pendel dem Experimentator, ob und wo sich jenseitige Intelligenzen in seiner Nähe befinden … Auch Fragen nach Vermisstem, Verlorenem oder auch Zukünftigem beantwortet bereitwillig der Pendel … Die genannten Anwendungsgebiete lassen erkennen, von wo der Pendel seine Antriebskraft empfängt. Drei Imponderabilien (Unwägbarkeiten; Gefühls- u. Stimmungswerte ) verursachen die Pendelbewegungen.
 1. Die Strahlungskräfte, die in allem Organischen wie Anorganischen wirksam sind.
 2. Die Psychodynamik des Unbewussten und die Kraft des Gedankens.
 3. Die Kräfte der Transzendenz: Jenseitige Wesenheiten wie Spirits, Dämonen, Elementargeister.  –  Der minder Sensitive erzieht sich gewissermaßen ein Pendelmedium.“

Diese Erklärungen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. In wessen Hand der Pendel (auch das Pendel) zukünftige Dinge voraus wahrnimmt, Diagnosen stellen und Heilungen vollbringen kann, darf sich rühmen, ein Pendelmedium zu sein, der auch mit Spirits, Dämonen und Elementargeistern Kontakte pflegen kann, wie es in dem Pendelbuch zu lesen ist. Der norddeutsche und der elsässische Pfarrer meint aber, es handele sich um charismatische Vorgänge.

4. Die Vererbung der medialen Fähigkeit

1952 suchte ich Prof. Dr. med. Siebeck in Heidelberg auf. Er war damals Leiter der Medizinischen Klinik. Ich legte ihm eine Reihe von Familiengeschichten vor, in denen okkulte Fähigkeiten in mehreren Generationen hintereinander auftraten. Siebeck las diese Berichte und schrieb mir dann einen zustimmenden Brief. Den entscheidenden Satz will ich wiedergeben: „Das für mich bemerkenswerteste Ereignis ist, dass die Neigung zu okkulter Betätigung in der Erbanlage begründet ist.“

Es ist zwar eine Genugtuung, von einem bekannten Mediziner eine Zustimmung zu erhalten, wo die meisten Theologen nur mit Kritik aufwarten. Aber ich sehe die successio medialis nicht als ein medizinisches Faktum an, sondern als eine biblisch-geistliche Tatsache.

Außerhalb jeder Kritik steht die Beobachtung, dass es Familien gibt, in denen drei oder vier Generationen hindurch mediale Kräfte in Erscheinung treten. Das wird auch in dem Buch von Dr. Rudolph „Die geheimnisvollen Ärzte“ festgehalten. Auf S. 103 steht eine solche Geschlechterfolge des Besprecherunwesens: „Mein Urgroßvater war Schäfer, dieser hat als erster in unserer Familie mit der Heilertätigkeit begonnen. Dann kam mein Großvater, dann mein Vater, und danach war ich an der Reihe.“ In diesen Heilergenerationen besteht die Regel, dass der Besprecher vor seinem Tode seine magische Kunst oder seinen Heilspruch an einen Nachfolger weitergeben muss, sonst „findet er keine Ruhe und kann nicht sterben“.

B 25 Dazu ein Beispiel aus dem Buch von Rudolph auf S. 96: „Meine Schwiegermutter betete sehr viel und war auch sehr sozial eingestellt. Zuletzt konnte sie nicht mehr in die Kirche, denn sie litt an Atemnot. Als es aufs Ende zuging, wollte sie mir das Wenden (Besprechen) übergeben. Ich aber wollte nicht. Da sagte meine Schwiegermutter: Sonst tät ich in Ewigkeit keine Ruh finden.“

Berichte über Besprechergenerationen liegen mir in so großer Zahl vor, dass es ein selbständiges Buch mit einigen hundert Seiten geben würde. Hören wir einige Beispiele.

B 26 1978 hielt ich in einem ganz unkirchlichen Dorf eine Evangelisation. Das ganze Dorf steckt so voll Zauberei, dass ein gläubiger Pfarrer es darin nicht lange aushält. Der gläubige Pfarrer, der mich gerufen hatte, verkraftete die dämonische Atmosphäre der Gemeinde auch nicht und meldete sich weg. Eine beichtende Frau gab mir Einblick in eine Besprecherfamilie dieses Dorfes. Ihr Urgroßvater war Besprecher und Fernheiler, der Viehseuchen zum Stillstand bringen konnte. Der Sohn dieses Zauberers war wieder Besprecher und Krankheitsbanner. Der nächste in der dritten Generation, Sohn und Enkel der beiden Besprecher, war ein ausgeprägt gottloser Mann. Er drehte sich selbst seine Zigaretten und benutzte dazu das dünne Papier der Bibel. Zuletzt lag die Bibel im WC, nicht zum Lesen, sondern für den anderen Papierbedarf. Es gibt kein Haus mehr in der Gegend, in dem nicht aktive oder passive Besprecherei getrieben worden wäre.

Wie sieht es nun charakterlich in diesen vier Generationen aus? Es liegen allein vier Selbstmordfälle vor, darunter die Selbstverbrennung eines 18 jährigen. Der junge Mann hat sich mit Nitro übergossen und angezündet. Die Zeitung nannte als Motiv Eifersucht. Meine Berichterstatterin, die Tante des jungen Selbstmörders, sagte mir, das stimme nicht. Die Glieder dieser Familie in vier Generationen sind fast alle depressiv, dem Alkohol verfallen, bekannt für Ehebruch und Perversitäten.

Aber auch aus dieser Tragödie hat Gott ein Glied dieser belasteten Familie herausgerettet. Meine Berichterstatterin arbeitete als Schwester in einem Krankenhaus. Sie beobachtete eine Patientin, die meine Bücher las. Die Schwester lieh sich die Bücher aus und las sie. Ihre erste Reaktion war, dass sie ihre okkulten Bücher verbrannte, dann kam sie zu mir in die Seelsorge, beichtete alles, was ihr gezeigt wurde, sagte sich von allen Zaubereisünden der Vorfahren und der eigenen los und lieferte ihr Leben Jesus Christus aus. Diese Geschichte zeigt, dass im tiefsten Dunkel das Licht Jesu Christi aufleuchten kann. Jesus Christus ist wahrhaftig das Licht der Welt!

B 27 Alle Beispiele der successio medialis zeigen in meiner Sammlung ein schauerliches Gepräge. Schauen wir in eine andere Besprecherfamilie hinein. Großvater, Vater und Sohn eines Geschlechtes waren Bauern und lebten auf dem gleichen Hof. Alle drei Bauern hatten noch Waldbesitz und Anteile an einer Sägemühle. Sie betätigten sich auch als Holzhändler und Holzfuhrleute. Die Familie war im Besitz eines magischen Segensspruches, der jeweils vom Vater auf den Sohn überging. Alle drei Besprecher wurden in vielen Krankheitsfällen bei Menschen und Tieren zu Rate gezogen. Ihre magische Tätigkeit war von großen Erfolgen begleitet. Der Zulauf war daher sehr groß. Aus weiten Entfernungen kamen die Bittsteller und Hilfesuchenden angereist.

Die charakterliche Seite dieser Männer zeigt die übliche Tendenz der Besprecher. Von dem Großvater konnte ich nichts mehr erfahren, weil er schon viele Jahre tot ist. Der Vater in dieser Reihe war nach außen hin ein geachteter Mann, Gemeinderat und Kirchenältester, auch vermögend, da die Geheilten oft ihre Dankbarkeit bezeugen, auch wenn keine Forderungen gestellt werden. In den Tagen seines Todes ging im Sterbehaus ein Höllentanz los. Es polterte und krachte, als ob schwere Kisten die Treppen hinuntergeschleift würden. Der Lärm und das Getöse wurde nicht nur von den Familienangehörigen, sondern auch von Außenstehenden gehört. Die Nachkommen dieses Gemeinderates sind alle nicht normal. Zwei Töchter sind schwachsinnig, die anderen Kinder sind Trinker. Bevor der Sterbende die Augen schloss, übergab er dem ältesten Sohn den magischen Segensspruch.

Dieser Sohn ist der dritte Besprecher in dieser magischen Erbfolge. Als Krankheitsbanner sonnte er sich zunächst in dem Ruhm von Vater und Großvater. Da er aber nicht gern arbeitete und nur viel trank, kam sein Hof herunter. Als Besonderheit erzählen die Dorfbewohner, dass er nachts auf dem Heimweg vom Wirtshaus zu seinem Hof in gräßlicher, abscheulicher Weise laut fluchte. Oft übernachtete er auch auf einer Bank im Gasthaus. Bei seinen Kindern zeigt sich das typische Bild der Besprechernachkommen. Ein Sohn ist nicht normal und wurde in einer Anstalt untergebracht. Auch keines der anderen Kinder gilt als normal. Dazu löst ein Unglück das andere ab. Der Schlußpunkt war ein Brand auf dem Hof. Der Besprecher äußerte sich früher wiederholt, wenn er durch magisches Besprechen jemand helfe, dann müsse er das durch allerlei Unglücksfälle büßen.

B 28 Das folgende Beispiel kann man „Magie in vier Generationen“ überschreiben. Bei einer Vortragswoche kam eine Frau zur Seelsorge. Ihre Absicht war nicht der Bericht über ihre Vorfahren, nein, sie suchte Hilfe wegen ihrer Depressionen. Um bei Medizinern, vor allem bei Psychiatern, keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, sage ich hier, dass ich viele Formen von Depressionen kenne: die anlagemäßig vererbte Form (endogen) etwa in dem Krankheitsbild der Zyklophrenie mit ihrem Wechsel zwischen manischen Phasen (Hochstimmung) und den depressiven Phasen (Trübsinn). Eine andere Form ist die Involutionsdepression, vor allem bei Hypochondern (ta ypochondria) mit ihrer krankhaften Überbewertung aller Erlebnisse. Im Gegensatz zu den endogenen Depressionen gibt es die exogenen, psychisch bedingten Depressionen, die meistens durch eine nicht bewältigte Konfliktsituation entstehen. Diese gewöhnlich auch reaktive Depression genannte Form hat einen verschiedenen Tiefgang: Zu einer körperlich bedingten depressiven Veranlagung kann ein zusätzliches schweres Erlebnis kommen, so dass das seelische Gleichgewicht vollends gestört ist. Von dieser Form unterscheidet sich die depressive Reaktion, die rein psychogen durch ein schweres Erlebnis hervorgerufen wird.

Bis hierher folgen die meisten Mediziner, weil es sich um Fakten der Schulmedizin handelt. Sie lehnen aber das folgende ab: Die Depressionen der besprochenen Menschen passen nicht in dieses psychiatrische Schema, weil die okkult bedingten Depressionen ein geistliches Problem darstellen und nur mit geistlichen Mitteln angegangen werden können.

Kommen wir zurück auf das seelsorgerliche Gespräch mit der erwähnten Frau. Wenn Menschen mit schweren seelischen Belastungen zu mir kommen, muss ich genau wie der Arzt eine Anamnese, eine Krankengeschichte erarbeiten. In der Familien-Vorgeschichte dieser Frau gab es exakte Anhaltspunkte für ihr gestörtes Seelenleben. Ihre Urgroßmutter hatte sich mit ihrem Blut dem Teufel verschrieben. Sie trieb Schwarze Magie und heilte Menschen und Tiere mit Hilfe der Schwarzen Kunst. Auf dem Sterbebett hatte diese Urgroßmutter einen entsetzlichen Todeskampf. Die Großmutter hatte von der Sterbenden die okkulte Literatur übernommen. Sie besprach ebenfalls Krankheiten in den Vollmondnächten. Sie pendelte auch mit „Schlüssel und Bibel“. Hierbei wird ein großer Schlüssel in der Diagonale auf den Deckel der Bibel gebunden. Das Ganze hängt an einer Schnur. Das schwergewichtige Pendel bewegt sich dann und gibt die gewünschte Auskunft. Eine Spezialität der Großmutter war das Blutstillen. Mit zunehmendem Alter fing die Großmutter an die Bibel zu lesen. Da setzten furchtbare Anfechtungen ein. Sie beobachtete auch seit dieser Zeit schwarze Gestalten in der Wohnung. Der Todeskampf war genauso schrecklich wie der ihrer Mutter.

Dieses Charakteristikum begegnete mir in einigen Jahrzehnten bei fast allen okkult Belasteten. Das Leben der Besprecher verläuft in ruhigen Bahnen, solange sie des Teufels Dienst betreiben. Wenn sie aber anfangen, sich für die Bibel und das Gebet zu interessieren oder gar willens werden, sich für Jesus Christus zu entscheiden, dann setzen harte Angriffe von Seiten der Finsternismacht ein!

Dr. Rudolph wird mir hier als Gegenargument bringen, dass unter seinen Besprechern sich viele treue Kirchgänger befinden. Manche gingen ja beinahe täglich zur Frühmesse. Dieser Aussage von Rudolph widerspreche ich nicht. Der springende Punkt liegt woanders. Traditions- und Namenschristentum, formale Frömmigkeit ist kein Gegensatz zur Zauberei! Wir wissen ja, dass Pfarrer, Kirchen- bzw. Gemeindeälteste, ja auch Bischöfe Zauberei und Spiritismus treiben. Das sogenannte Resistenzphänomen, über das wir noch sprechen, tritt nur ein, wenn der Besprecher oder Besprochene ernsthaft zur Einsicht und Umkehr kommt bzw. kommen will!

Die Mutter meiner Berichterstatterin trieb genau wie ihre Vorfahren Schwarze Magie und heilte Krankheiten aller Art. Sie nahm die gleiche Entwicklung wie ihre Vorgängerinnen. Das vierte Glied in der Besprechergeneration ist meine Berichterstatterin. Als kleines Kind wurde sie von ihrer Mutter besprochen. Danach wurde sie schon als Kind hellsichtig und sah die schwarzen Gestalten im Haus. Ihr Bruder und ihre Schwester litten unter Depressionen. Sie selbst empfand schwere seelische und nervöse Störungen, die sie zu mir in die Seelsorge führten. Sie wollte aus dem Fluchgeschäft ihrer Vorfahren aussteigen. Ich zeigte ihr den Weg dazu.

B 29 Die Bedeutung der successio medialis ist bereits sichtbar geworden. Besprecherfamilien gibt es nach der Beobachtung gewöhnlich in vier Generationen. Von Generation zu Generation nehmen die nervlichen und seelischen Erkrankungen sowie die Unglücksfälle zu. In der vierten ist das Familienbild häufig nur noch ein einziges Chaos.

Manchmal kommt es auch vor, dass ein Glied dieser schaurigen Dekadenz durch Jesus Christus herausgerettet wird. Ein solches Beispiel hörten wir bereits. Es folgt ein weiteres:

B 30 Ein Christ, der als Mensch und Kirchenältester einen guten Ruf hat und ein Vorbild ist, berichtete mir folgendes:

Sein Urgroßvater war Viehbesprecher und Krankheitsbanner. Die älteste Tochter dieses Besprechers, also die Großmutter meines Berichterstatters, war nervenkrank. Drei Schwestern dieser Frau hatten unnormale Kinder. In der dritten Generation, also in der Onkelreihe des Kirchenältesten, kam ein Bruder ins Irrenhaus, der andere ist schon 30 Jahre manisch depressiv, der dritte ist ebenfalls nervenkrank und schwermütig. In der Urenkelreihe, das heißt unter den verwandten Altersgenossen des Berichtenden, sind wieder schwermütige, nervenschwache und manisch depressive Glieder. Alle vier Generationen dieser Besprecherfamilie zeigen psychopathische und psychotische Krankheitsbilder. Aus diesem Hexenkessel der Zauberei ist durch Gottes mächtige Hand einer wie ein Brand aus dem Feuer gerettet. Das ist mein Berichterstatter. – In die tiefste Tiefe, in das äußerste Elend, in die dunkelste Finsternis reicht Gottes Arm!

B 31 Bei vielen Berichten wird deutlich, dass die Besprecher erst dann sterben können, wenn sie einem Nachfolger ihren Zauberspruch übergeben konnten. Manchmal kommt es vor, dass sterbende Besprecher ihren ins Auge gefaßten Nachfolger verfluchen, wenn dieser nicht zur Übernahme gewillt ist. Wenn der Besprecher seinen Spruch nicht los wird, quält er sich lange mit dem Sterben ab. Ein solches Beispiel habe ich von einem lutherischen Pfarrer von der Insel Rügen.

Ein Besprecher lag auf dem Sterbebett. Er hatte keinen Nachfolger gefunden. So schrie er fortwährend: „Nehmt mir das Wort ab! Nehmt mir das Wort ab!“ Die Angehörigen gingen zum Pfarrer, um ihn um Rat zu fragen. Der Pfarrer riet ihnen dringend, dem Wunsch des Sterbenden nicht nachzukommen. Dieser Rat war nicht grausam, sondern richtig. Einige Wochen wälzte sich der Sterbende hin und her. Als er schließlich doch starb, lag er, wie der Pfarrer selbst gesehen hat, wie ein Pesttoter schwarz im Sarg. Das ist nicht der einzige Fall, den ich kenne.

In der Schweiz kam eine Frau zu mir, die mich fragte, ob sie einer berüchtigten Besprecherin, die ich kannte, den Spruch abnehmen solle, damit diese sterben könne. Wie der Rügener Pfarrer gab ich den gleichen Rat, unter keinen Umständen den Spruch zu übernehmen. Es genügt, dass ein Leben durch die Zauberei ruiniert worden ist. Satan soll nicht noch mehr Beute kriegen.

B 32 Zur Frage der successio erhielt ich von der Steiermark (Österreich) einen aufschlußreichen Brief. Dieses Schreiben umfasst acht Seiten. Es kann also nur einiges wiedergegeben werden:
„Lieber Herr Dr. Koch, ich möchte Ihnen herzlich danken für allen Segen, den ich durch das Lesen Ihres Buches Seelsorge und Okkultismus erhalten durfte. Das Buch war aus doppeltem Grund für mich von besonderem Interesse. Meine Vorfahren, meine Familie und Verwandtschaft hatten alle mit okkulten Dingen zu tun, ferner bin ich in Österreich, einem Lande, das besonders unter den Machenschaften des Satans leidet.

Mein Großvater und sein Bruder trieben Magie. Sie konnten durch Zauberei ihre Feinde plagen, verstanden sich aber auch darauf, in den drei höchsten Namen Kranke zu heilen. Meine Eltern führten die Praxis ihrer Vorfahren weiter, und dadurch gerieten wir fünf Kinder alle in den Bannkreis der Zauberei. Es wurden bei uns die Karfreitagseier gesammelt, die nicht verdarben. Man vergrub sie im Boden gegen den Berg, damit keine Lawine das Haus gefährde. Man brachte sie auch unter dem Firstbalken an, um das Haus gegen Blitzschlag und Brand zu bewahren. Auch unser religiöses Leben war genauso verworren wie unsere abergläubischen Vorstellungen. Wir gehörten zur Sekte der Antonianer. Der Sektengründer Anton Unternährer gab sich für den wiedergekommenen Christus aus. Er stand in dem Wahn, das ‚vollkommene Wort‘, die ‚vollkommene Bibel‘ schreiben zu müssen, weil die erste Bibel Stückwerk sei.

1945 kam ich zum Glauben an Christus. Meine Liebe zu Jesus war so stark, dass ich mich bei einer Bibelschule in der Schweiz anmeldete, um Missionar zu werden. Mein erster Einsatz war in der Steiermark.“

Von dort erhielt ich den Brief des jungen Missionars. Er konnte sich glücklich verheiraten, aber äußerlich stellten sich viele Schicksalsschläge ein. Er wurde lungenkrank, so dass er seine Arbeit unterbrechen musste. Seine Frau vertrug nicht das rauhe Klima und ging mit dem kleinen Sohn für lange Zeit nach England. Dazu kamen Anfechtungen verschiedener Art. Menschen, die aus dem Milieu der Zauberei herausgerettet werden, sind immer eine Zielscheibe Satans. Der Missionar erlebte nächtliche Angriffe. Einmal erhielt er nachts einen schweren Schlag auf den Kopf, ein Vorgang, der mir manchmal in der Seelsorge gebeichtet worden ist. Wenn wir nicht wüssten, dass der Endsieg des Herrn ist, dann könnte man manchmal mutlos werden.

B 33 In manchen Besprecherfamilien gibt es eine gewisse Hierarchie, bestimmte Regeln, wie der „Segensspruch“ weitergegeben werden muss. Es sollen dazu einige Angaben gemacht werden, die aus einem Brief stammen, den mir ein gläubiger Arzt zugesandt hat. In dem Schreiben erklärte ein Besprecher: „In unserer Vorfahrenreihe wurde das Besprechen geübt. Die Segensformel begann mit dem Satz: ‚Unser Herr Christus hatte fünf Wunden …‘ Der Schluss des Spruchs war die Nennung der drei höchsten Namen. Ich erinnere mich gut an meine Großmutter, die eine Besprechungsformel gegen Verletzungen hatte. Als eines Tages ein junger Mann sich beim Schlachten die Schlagader am Arm aufschnitt, so dass er heftig blutete, half der ,Segensspruch‘ sofort, sonst wäre der Verletzte verloren gewesen. Warum soll so etwas nicht möglich sein? Das Blutstillen und Besprechen half ja nur, wenn man an die Wirkung glaubte. Hat nicht Jesus auch bei seinen Wundertaten so oft gesagt: ‚Gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen‘? Von meiner Großmutter, die ihren Segensspruch an meinen Vater und an mich weitergab, hörte ich, dass sie sagte, die Weitergabe der Spruchformel sei an bestimmte Regeln gebunden. In manchen Familien wird der Spruch an den ältesten Sohn oder die älteste Tochter weitergegeben. Es kommt auch vor, dass eine Generation übersprungen wird und die ,Segensformel‘ an ein Enkelkind übergeben wird. Die Übergabe kann bewusst erfolgen oder im Falle eines Kleinkindes auch unbewusst.“

Der Brief, aus dem dieses Stück stammt, wurde von einem aktiven Besprecher geschrieben. Die Heilformel beginnt vernünftig mit dem Hinweis auf die Wunden Jesu, die Fortsetzung, die ich bewusst weglasse, ist banal und irrsinnig. Eine Gleichstellung mit der Heiltätigkeit Jesu Christi ist absurd. Selbstverständlich glaube ich an biblische Heilungen. Ich habe Bücher darüber geschrieben. Das Besprecherunwesen ist aber die satanische Nachäffung biblischer Vorgänge. Bei Jesus Christus waren Heilungen ein charismatischer Vorgang, bei den Besprechern eine mediale Praxis. Mediale Gaben sind anticharismatisch und stammen aus dem regnum diaboli.

Nun kommt aber die schwerwiegende Frage derer, die sich für die Besprecher einsetzen wie Dr. Rudolph: „Hätte man den Metzgerburschen verbluten lassen sollen, wenn doch das Besprechen lebensrettend gewesen war?“ Der humane Mensch sagt nein – das Neue Testament sagt ja, weil es eine dämonische bzw. teuflische Hilfe war. Besprechen ist das Geschäft Satans: Heilung des Leibes um den Preis der Seele.
I
ch verweise in diesem Zusammenhang auf das Beispiel 13 des baltischen Adligen, der Blutstiller gewesen war, aber bei der lebensgefährlichen Verletzung seines Sohnes um Jesu Christi willen darauf verzichtete. Sein Sohn starb zu seinen Füßen. Es gibt noch andere Möglichkeiten, wie der Mensch medial und zu einem Besprecher werden kann. Davon hören wir in den nächsten Kapiteln.

5. Die Entdeckung der medialen Fähigkeit

In diesem Kapitel geht es um die Tatsache, dass Menschen eines Tages an sich mediale Kräfte entdecken. Es gibt Beispiele der Literatur und viele Beispiele in meinen Karteien. Zunächst ein Zitat von dem ehemaligen Pfarrer Bolte, der im Kirchendienst begonnen hat und dann zu magischen Praktiken übergewechselt ist.

B 34 In seiner Schrift „Von der Pendelforschung zur Wunderheilung“ schreibt er auf S. 56: „Manche Menschen entdecken diese Gabe zufällig. Der italienische Friseur Tranti, der in der Bundesrepublik von sich reden machte, entdeckte diese Gabe (der Heilung), als er einen Herrn bediente, der eine Augenlidlähmung hatte. Als der Mann beim Rasieren oder Haarschneiden seine Augen berührte, verlor er dieses Leiden … Diese Gabe der heilenden Hände kann auf einer großen Odstrahlung des Körpers beruhen. Meistens wird aber noch etwas Überirdisches dabei sein. Der Mensch ist Werkzeug helfender Wesen aus dem Jenseits … Auch ein Jude oder Mohammedaner kann auf religiöser Basis diese Gabe entwickeln. Auch auf der Basis von Joga-Studien können Heilgaben entwickelt werden. Und bei mir entwickelte sich das aus dem wissenschaftlichen Interesse an der Pendelforschung.“

Dieses Beispiel zeigt, dass der italienische Friseur zufällig die Heilgabe an sich entdeckte. Dieses Zitat ist auch zugleich eine Visitenkarte, die Johannes Bolte über seine eigene Tätigkeit abgibt. Darauf eingehen kann ich hier nicht.

B 35 Ein anderes Beispiel über entdeckte Heilgaben ist die Geschichte des Hungerpastors von Gudmannsbach in Estland. In einer abgelegenen Waldgegend mit magerem Boden versorgte Pfarrer Jaesche drei Gemeinden. Zur Pfarrei gehörten 60 Hektar Land, das den Pfarrer ernähren sollte. Der Pächter aber zahlte keine Pacht, weil der felsige Boden nichts hergab. Gebühren für Sonderleistungen in der Gemeinde wurden nicht bezahlt, weil die Gemeindeglieder lieber auf die Trauung verzichteten, um die Gebühr zu sparen. Diese Zustände brachten dem total verarmten Pfarrer den Namen „Hungerpfarrer“ ein. Und doch wurde dieser einsame, wortkarge Pfarrer über die Grenzen seines Landes hinaus bekannt durch seine magnetischen Heilungen. Der Beginn war die Entdeckung dieser Kräfte.

Das ging so zu. Als Jaesche noch Hilfsgeistlicher war, wurde er nachts aus dem Schlaf und Bett geklopft. Er wurde von einem Boten gebeten, sofort zu einem Mann zu kommen, der an einer schweren Blutvergiftung leide und vor Schmerzen nicht aus noch ein wisse. Der junge Geistliche verwies den Boten an einen Arzt. Ein Arzt kostet natürlich Geld. Der Pfarrer wurde so genötigt, dass er schließlich mitkam. Er setzte sich an das Bett des fiebernden Mannes und hielt seine Hand. Auf seinen Rat hin wurden dem Kranken Kamillenumschläge gemacht. Der hoch fiebernde Kranke wurde ruhig und schlief bald ein. Die Wende war gekommen. Dieser Erfolg sprach sich herum. Immer mehr Menschen riefen nach dem kostenlosen Doktor, denn Pfarrer Jaesche verlangte nie ein Honorar. Schließlich merkte der hilfsbereite Geistliche, dass eine besondere Kraft von ihm ausging. Aus dem Hungerpastor war ein Wunderpastor geworden.

Für den Nichtinformierten ist die Beurteilung der Kräfte in diesem Fall besonders schwierig. Bei einem Pfarrer denkt man an einen biblischen Vorgang, und doch waren es auch bei dem Wunderpastor magnetische und damit mediale Kräfte, die entdeckt wurden, als Gemeindeglieder den Pfarrer zu einem Krankenbesuch zwangen. Was der Hintergrund dieser Entdeckungen ist, soll beim letzten Beispiel dieses Kapitels angedeutet werden.

B 36 Ein Entdeckungsbeispiel ist der „Wunderdoktor“ von Hahnenklee. Ferdinand Steinmeyer heißt der Mann, der Hahnenklee zu einem Wallfahrtsort werden ließ. Das ganze Heilungsgeschäft soll uns hier aber nicht interessieren, sondern nur die Frage der Entdeckung der magnetischen Kräfte. Wir hören dazu den Chirurgen und Erforscher okkulter Heilmethoden, Prof. Dr. med. Erwin Liek. In seinem Buch „Das Wunder in der Heilkunde“ schrieb er auf Seite 95: „Wie ist dieser Mann auf den Gedanken gekommen, kranke Menschen zu behandeln? Hellsehen ist in seiner Familie erblich. Schon früh entdeckte Steinmeyer in sich die Fähigkeit, Vorgänge aus weiter Entfernung geistig zu schauen. Vergangenheit und teilweise auch Zukunft lagen vor seinen Augen. Die Heilkraft scheint er verhältnismäßig erst spät entdeckt zu haben … Eines Tages trifft er auf der Straße einen Bekannten, der seit Monaten an schwerem Rheuma leidet. Er legt ihm, wie jeder von uns es gelegentlich tut, teilnahmsvoll die Hand auf die Schulter, und siehe da, der Rheumatismus ist mit einem Schlage fort. Der evangelische Pfarrer hört von dieser Wunderheilung, lernt Steinmeyer kennen und lieben. Im Gemeindehaus werden ‚Heilsitzungen‘ veranstaltet mit großen, an Wunder grenzenden Erfolgen.“

Steinmeyer war wie der Hungerpastor der Meinung, dass diese Kräfte von Gott kommen. Damit soll jeder Zweifel entkräftet und die heilmagnetische Praxis sanktioniert werden.

B 37 Von einer Entdeckung wird auch im Leben von Rudolph Steiner, dem Begründer der Anthroposophie gesprochen. Dr. med. Pfeifer schrieb: „Mit acht Jahren entdeckte der Knabe eine seltsame Fähigkeit, das Hellsehen, wie er es nannte. Immer mehr kam er dadurch mit Geistern von Verstorbenen in Kontakt, doch konnte er mit niemand darüber reden, weil ihn seine Umgebung nicht verstand. Steiner schreibt später. ‚Ich hielt mich verpflichtet, durch die Philosophie die Wahrheit zu suchen. Den gestorbenen Menschen verfolgte ich weiter auf seinem Wege in die geistige Welt hinein.“

Detaillierte Angaben über eine solche Entdeckung erhielt ich von einem Holländer. Nach dem Lesen dieses Buches hatte er mich angeschrieben und um eine Auskunft gebeten, die ihn selbst betraf. Nach meiner Antwort erhielt ich dann einen ausführlichen Brief, in dem der Holländer mir sein Herz ausschüttete. Für diesen Vertrauensbeweis bin ich dankbar. Ich muss das holländisch gefärbte Deutsch etwas in das Hochdeutsche korrigieren:

B 38 „Ich war Kaufmann und lebe seit Jahren mit meiner Schwester zusammen. Wir sind beide unverheiratet. Im Alter von 59 Jahren machte ich plötzlich die Entdeckung, dass ich hellsehen konnte. Mich hatte diese Fähigkeit bisher nicht interessiert. Ich konnte plötzlich durch geschlossene Türen oder in verdeckte Behälter sehen. Bei Frauen, die ein Kind erwarteten, erkannte ich, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden würde. Nur meine Schwester erfuhr von der neuen Fähigkeit. Sonst sprach ich mit niemand darüber. Ich sah diese Gabe als von Gott gegeben an, und es war mir klar, dass ich keine Kunststücke treiben durfte. Etwa 2 Jahre später entdeckte ich genauso unmittelbar und plötzlich eine zweite Gabe. Ich konnte heilen. Aber auch bei dieser zweiten Gabe blieb es nicht. Immer neue Gaben gesellten sich dazu. Insgesamt wurden es acht.“

Im Verlauf einiger Jahre stellte sich sein Körper auf diese Gaben ein. Ohne dass kranke Menschen es beachteten, konnte er sie durch festes Anblicken günstig beeinflussen. Die Kraft dazu spürte er von einem kleinen Zirkel auf der Stirn, zwischen den Augen, auf dem Weg über die Augen auf den Patienten übergehen. Eine zweite Heilkraft kam aus seinen Händen. Der Sitz dieser Kraft war ein Ring oder ein Band rund um das Gehirn. Diese Kraft ging über die Schulter durch die Arme aus den Händen auf die Kranken. Eine dritte ausstrahlende Heilungskraft ging vom ganzen Körper aus. Sie war die intensivste und wurde bei Geistes- und Gemütskrankheiten und schweren organischen Erkrankungen benötigt. Die interessanteren Gaben kommen jetzt erst an die Reihe. Um den kleinen Zirkel auf der Stirn schloss sich wie ein konzentrischer Ring ein Kraftzentrum, mit dem geistliche Eigenschaften der Menschen hellfühlend erkannt werden konnten. Betrat er eine Kirche, so erkannte er, wer Christ war oder nur Namenchrist. Auf der Straße, in den Verkehrsmitteln erkannte er die Atheisten. Auch charakterliche Eigenschaften konnte er fühlen. Bis jetzt sind das alles Kräfte, denen manche vielleicht einen natürlichen Charakter zusprechen möchten, obwohl es mediale Gaben sind. Dieses Testvermögen entwickelte sich so stark, dass er bei Verstorbenen, auch wenn sie schon lange tot waren, feststellen konnte, was sie für Menschen waren. Er mußte dazu nur auf einem Friedhof vor ihr Grab treten.

Die Gaben des Holländers wurden immer vielseitiger. Wenn er Menschen begegnete, die bald sterben sollten, so hat er das erkannt. Die Nekroskopie gehört zu dieser Gabe, die in spiritistischen Kreisen zu finden ist. Diese Gabe ist eine seelische Belastung für den Träger, denn es greift das Herz an, ein blühendes Menschenkind zu sehen, das vom Tod vorgezeichnet ist.

B 39 Ein kleines Heilungsbeispiel soll diesen Bericht abschließen. Ein herzleidender 75-jähriger Mann wurde in einer Herzkrise von den Ärzten aufgegeben. Ohne dass der Leidende es merkte, schaute ihn der Holländer eine Minute lang fest an. Der Schwerkranke genas und konnte hinterher mit dem Fahrrad bergauf und bergab Touren von 30 km bewältigen.
Für uns ist die Frage, die bei allen Beispielen dieses Kapitels wiederkehrt: Wie kommt es zu solchen Entdeckungen medialer Fähigkeiten? Gibt es Voraussetzungen dafür? Mein holländischer Berichterstatter gab mir eine Antwort dazu. Er schreibt in seinem Brief: „Mir ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass ich die Gaben des Hellsehens und der Heilung latent (verborgen) in mir herumgetragen habe, bis sie sozusagen ‚zum Ausbruch‘ kamen.“

Dieser Holländer hat richtig beobachtet oder gedacht. Es gibt eine unbewusste Medialität, die einmal im Leben in Erscheinung treten kann. Wo kommt die unbewusste Medialität her? Die Antwort ist sehr einfach. Viele Mütter lassen einen kranken Säugling oder ein Kleinkind besprechen. Das Kleinkind versteht nicht, was mit ihm geschieht, kann sich später auch nicht daran erinnern. Durch das Besprechen entsteht aber eine unbewusste Medialität. Eine andere Möglichkeit ist, dass Kinder durch die Zaubereisünden der Vorfahren medial belastet sind. Sie wissen es nicht. Wenn sie dann aber eines Tages Okkultisten in Anspruch nehmen, kann eine latente Belastung manifest werden.

B 40 Ein geradezu klassisches Beispiel dazu. Ein Junge stammt aus einer Vorfahrenreihe, in der Besprechen und andere mediale Praktiken betrieben wurden. Karfreitagseier wurden gesammelt, ein Kräuterwisch gegen Blitzschlag auf den Speicher gehängt, Osterwasser geholt, Warzen mit Speck eingerieben, der zusammen mit einem Zauberspruch unter einer Dachrinne vergraben wurde. Der Junge war unbewusst medial. Bei einer Erkrankung schleppte ihn die Mutter zunächst zu einem Pendeldoktor, dessen Pendel aber keinen Erfolg brachte. Danach suchte sie einen „Wunderdoktor“ auf, der die mesmerischen Bestreichungen durchführte. Auch ein Astrologe wurde zu Rate gezogen. Danach war die „Bewußtseinsschwelle“ für das Auftauchen medialer Fähigkeiten erreicht. „Wenn das Häfele langsam gefüllt worden ist, dann läuft es eben über.“ Der Junge, zum Mann herangereift, hatte drei Hellsehererlebnisse. Es waren ein präkognitives Erlebnis und die zweimalige Beobachtung von Wiedergängern. Der Mann hat inzwischen Jesus Christus gefunden und lehnt diese medialen Kräfte ab. Er beichtete einem Seelsorger und betete mehrmals ein Lossagegebet. Er wurde danach nicht mehr damit belästigt.

6. Übertragung der medialen Fähigkeiten

Es war in meiner Jugend. Ich beobachtete, wie ein Rutengänger Wasser suchte. Da redete mich dieser Mann an und sagte: „Du kannst das vielleicht auch.“ Er gab mir die Rute in die Hand. Ich war damals schon Christ und betete innerlich, dass der Herr mich vor unrechten Kräften schützen möge. Die Rute schlug in meinen Händen nicht aus.

Oft funktioniert aber diese Übertragung der Rutenfühligkeit, wenn der Rutengänger mit seinen Händen die Handgelenke des Neulings umschließt. Die Rute schlägt dann gewöhnlich aus. Die Fähigkeit kann hinterher wieder verschwinden oder auch bleiben. Das hängt von der Intensität der medialen Kraft des Rutengängers ab. Hören wir ein derartiges Beispiel aus einem seelsorgerlichen Brief.

B 41 „Sehr verehrter Herr Pfarrer Koch, bei mir hat das Rutengehen ein- oder zweimal funktioniert, als mir ein Rutengänger von hinten seine Hände auf meine Hände beziehungsweise Unterarme legte. Der betreffende Rutengänger hat inzwischen einen Nervenzusammenbruch gehabt. Nach dieser Erfahrung mit dem Rutengänger befaßte ich mich mit schwärmerischer Literatur, die mich eine Zeitlang gefangen nahm. Da mir die Sache nicht geheuer vorkam, habe ich diese Literatur verbrannt.“

In dem Brief stehen noch andere Erlebnisse, die aber in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung sind. In einem anderen Brief, 15 Seiten lang, teilte mir ein gläubiger Bruder seine Erfahrungen mit der Wünschelrute mit. Auch er kam, wie der Schreiber des vorangegangenen Briefes, durch Übertragung zu der Rutenfühligkeit. In seinem Bericht taucht sogar ein Hinweis auf, der mir bisher unbekannt war. Hören wir die betreffenden Sätze:

B 42 „Lieber Bruder Koch, ich kaufte für eine Süßmostkelterei ein Obstbaumgrundstück. Da wir Wasser brauchten, ließen wir einen Rutengänger kommen, der auch tatsächlich viel Wasser fand. Der Rutengänger meinte, ich könne das auch erlernen. Ich nahm die Rute in die Hand, sie schlug aber nicht aus. Da fasste der Rutengänger meine Handgelenke, und nach mehrmaligem Probieren funktionierte die Rute auch in meinen Händen. Von diesem Rutengänger lernte ich auch, wie man die Tiefe der Quelle feststellen kann. Er sagte: Vom Strahlungszentrum gehen drei Strahlen in die Höhe, einer senkrecht, die beiden andern schräg, so dass sie ein Dreieck bilden, das auf der Spitze steht. Wenn man den senkrechten Strahl erfasst hat, dann darf man nur noch die beiden Seitenstrahlen suchen. Ihr Schnittpunkt unter der Erde gibt das Strahlungszentrum, also die Quelle oder die Mineralien, an. Wenn dies hier berichtet wird, so heißt das nicht, dass ich das alles für wahr halte. Die Rutengänger haben ja verschiedene Systeme und Methoden, die Tiefen der Quellen zu bestimmen.“

Die sensitiven Experimente, die in diesem langen Brief berichtet worden sind, interessieren hier nicht, sondern die andere Tatsache, dass dieser Bruder mit 17 Jahren eine Bekehrung erlebt hatte und sich mit 30 Jahren die Rutenfühligkeit übertragen ließ. Es steht für mich schon lange fest, dass auch Christen sich in ihrem Leichtsinn mediale Kräfte zu ihrem Schaden übertragen lassen können. Bedeutungsvoll ist mir auch das Bekenntnis dieses Bruders am Schluß des Briefes, daß er sich seiner Sache nicht ganz sicher ist. Er erklärte, er sei bereit, sich von der Rutenfühligkeit loszusagen, wenn ich ihm den Nachweis erbringen könne, dass das nicht schriftgemäß sei.

B 43 Die Medialität macht auch vor einem Jünger Jesu Christi nicht halt. Ein Prediger hatte in seinem Bruderrat einen Pendler. Dieser Gemeindeälteste sah das Pendeln und Ruten gehen für eine wissenschaftliche Sache an. Eines Tages probierte der Prediger selbst mit der Rute zu gehen. Die Rute schlug nicht aus. Dann stellte sich der Älteste hinter ihn und fasste seine beiden Unterarme an. In diesem Augenblick zog die Rute nach unten. Der Prediger war von dieser Zeit an sensitiv und konnte mit der Rute gehen. Gleichzeitig aber setzten seit diesem Vorfall Depressionen und Glaubensstörungen ein. Er betete mit seiner Frau viel über diese seelischen Anfechtungen. Es wurde ihm klar, dass die Übertragung der Rutenfühligkeit seine Depressionen ausgelöst hatte. Er tat Buße und wurde von der Rutenfühligkeit und von seinen Depressionen wieder frei.

B 44 Von einer übertragenden Heilfähigkeit berichtet das folgende Beispiel. Ein Mann wurde in seiner Kindheit gegen eine Hautkrankheit magisch besprochen. Die Ekzeme gingen sofort zurück. Seit dieser Zeit ist er aber hellsichtig, besitzt die Fähigkeit des zweiten Gesichtes und heilmagnetische Kräfte, mit denen er andere behandeln kann. Wenn er aber unter das Wort kommt, packt ihn eine Unruhe, oder es wird ihm übel.

Die Übertragung medialer Fähigkeiten geht dann schnell vor sich, wenn bereits eine latente mediale Belastung vorliegt, die durch den Vorgang der Kumulation (Anhäufung) manifest wird. Ein solches Beispiel haben wir bei den Pendelfähigkeiten von Johannes Bolte. In seiner Schrift „Von der Pendelforschung zur Wunderheilung“ auf S. 13 steht zu lesen:

B 45 „Wie lernte ich pendeln? Ich probierte, und der Pendel lief in meiner Hand. Ich gehörte also wohl zu den sogenannten Sensitiven, die genügend Odstrom in sich haben. Erst später kam ich dahinter, dass ich das keineswegs von Geburt her hatte. Sondern kurz vorher war ich schwer krank gewesen, und durch die Behandlung eines damals sehr bekannten Magnetiseurs und Heilpraktikers, Steinmeyer in Hahnenklee im Harz, zweifellos in diesem Sinne magnetisch geworden, dass ich mit dieser Kraft dann später pendeln lernen konnte. So kann man durch heilmagnetische Behandlung jeden, der es will und reines Herzens ist, magnetisch und pendelfähig machen.“

Der Vorgang, dass Menschen durch eine mediale Heilbehandlung selber mediale Kräfte übertragen bekommen, ist mir oft in der Seelsorge bekannt geworden. Dazu ein Brief, aus dem die betreffende Partie zitiert wird.

B 46 „ … vor einigen Jahren war ich von einem Arzt hypnotisiert worden. Später erhielt ich von dem ,geistigen Heiler‘ Dr. Trampler wegen eines Ekzems eine Behandlung. Seither habe ich unheimliche Fähigkeiten des Hellsehens und Hellfühlens. Ich kämpfe dagegen, weil sie mir im Umgang mit Menschen sehr lästig und peinlich sind. Der Abwehrkampf war seither vergebens. Es ist mir einfach entsetzlich, dass ich am Arbeitsplatz und bei jedem Umgang mit Menschen fühle, was diese Menschen denken. Ich bin aber nicht nur telepathisch passiv, sondern auch aktiv. Ohne dass ich es will, sende ich meine Gedanken aus, die von anderen aufgenommen werden, wie die Kontrollen zeigen. Mein Vater war Missionar, meine Mutter und ich sind Christen. Wir sind aber aus Unkenntnis in diese Belastungen hineingeraten. Es muss doch eine Möglichkeit geben, von diesen Kräften wieder frei zu werden …“

Seit Jahren warne ich davor, sich von okkulten Heilern behandeln zu lassen. Dr. Trampler gehörte in diesen Personenkreis. Er hat unzählige Menschen mit seinen okkulten Kräften belastet. Wenn man die Heiltätigkeit mancher Heilpraktiker untersucht, stößt man immer wieder auf einen Ansatzpunkt, einen Vorgang, bei dem eine mediale Übertragung stattgefunden hat. Ich bringe ein Erlebnis:

B 47 1966 war in Berlin ein Weltkongreß für Evangelisation. Ich war einer der Delegierten. Es waren Vertreter aus der ganzen Welt da, darunter Männer mit großen Namen. Einer von ihnen war Oral Roberts, der insgesamt drei Vorträge über Glaubensheilungen und Zungenreden hielt. Ich habe mir alle drei Vorträge angehört und den anschließenden Diskussionen beigewohnt. In einer solchen Fragestunde fragte ein Teilnehmer: „Oral Roberts, seit wann oder wodurch haben Sie Ihre Heilgabe erhalten?“ Oral Roberts antwortete: „Ich war als Junge krank und wurde von einem alten Indianer geheilt. Seit dieser Zeit hatte ich selbst eine Heilgabe.“

Für mich war das eine übertragene mediale Heilfähigkeit. So hat zum Beispiel dieser Oral Roberts seine Zuhörer im Fernsehen aufgefordert, ein Glas Wasser auf den Fernseher zu stellen und das Wasser nach seinem Vortrag zu ihrer Heilung zu trinken. In meiner Sammlung befindet sich auch ein religiöses Blatt, in dem ein ganzseitiges Foto von Oral Roberts erschien. Die Leser wurden gebeten, dieses Foto unter ihr Kopfkissen zu legen, um dadurch gesund zu werden. Und eine derartige Heiltätigkeit soll vom Heiligen Geist gewirkt sein? Nein, sie ist dämonisch! Alle diese Dinge gehören in das Gebiet des religiösen Aberglaubens, der Weißen Magie und des religiösen Fetischismus!

In 1. Timotheus 5, 22 warnt Paulus: „Die Hände lege niemand schnell auf, mache dich auch nicht fremder Sünden teilhaftig; bewahre dich selbst rein!“ Man kann diese Warnung auch in anderer Weise fortsetzen und sagen: „Lasse dir nicht von jedermann die Hände auflegen!“ Ein Beispiel dazu:

B 48 Eine Frau suchte in einem Krankheitsfall den Rat eines katholischen Priesters. Er „segnete“ sie in den drei höchsten Namen und legte ihr die Hände auf. Als die Frau aufblickte, hatte der Priester eine furchtbare Fratze. Nach dieser merkwürdigen Segnung erklärte die Frau: ‚Der hat mich magisch besprochen statt biblisch gesegnet.‘ Nach dieser medialen Behandlung bekam die Frau Visionen und die Fähigkeit des zweiten Gesichts. Sie konnte Todesfälle in der Familie und Verwandtschaft und öffentliche Unglücksfälle voraussehen. Ihr Mann, der sich bei einer Erkrankung ebenfalls besprechen ließ, bekam hinterher jähzornige Wutausbrüche und wurde sexuell total verwildert. Diese Beispiele dürfen nicht zu dem Schluss führen, als ob alle magischen Anwendungen die gleichen Auswirkungen hätten. Wie die Vielzahl der Praktiken, so die Vielfalt der Auswirkungen.

B 49 Ein Pfarrer, in dessen Kirche ich eine ganze Vortragswoche hielt, berichtete mir, dass er als kleiner Junge von seinen Eltern zu einem Warzenbesprecher geschickt worden war. Der Heilkundige brachte die Warzen an einem Tag weg. Der Pfarrer war aber seither medial und hatte okkulte Erlebnisse. Später, als er schon Theologie studierte, hörte er von einer Krankenschwester, dass jener Spruchheiler unter fürchterlichen Begleitumständen gestorben war. Er hätte tagelang geflucht, gestöhnt und gejammert. Das Sterbezimmer war von einem penetranten Gestank erfüllt. Nach seinem letzten Atemzug lag er ganz schwarz im Gesicht und an den Händen im Bett.

Es ist bereits erwähnt worden, dass es auch gefährliche Handauflegungen gibt. Ein solches Beispiel aus der Schweiz sei hier wiedergegeben. Ich kenne die beteiligten Prediger. Der eine von ihnen ist mein Berichterstatter. Ich habe in seiner Gemeinde gepredigt.

B 50 Prediger S. informierte mich über einen Seelsorgefall seiner Gemeinde. Eine Frau, die seit vielen Jahren Mitglied seiner Gemeinde gewesen war, ließ sich von einem Prediger einer unnüchternen Richtung die Hände auflegen. Bei diesem Vorgang hat eine mediale Übertragung stattgefunden. Die Frau hatte hinterher Visionen. Sie erklärte, der Herr hätte beschlossen, sie bald heimzuholen. Sie würde in Kürze ihre Himmelfahrt erleben. Als der Tag näher kam, versammelten sich ihre Angehörigen und rüsteten sich für dieses Ereignis. Sie badete, legte ein Sterbehemd an und lag mit strahlendem Gesicht im Bett. Ihr Mann, der von der Himmelfahrt seiner Frau nicht überzeugt war, holte Prediger S. und bat ihn, er möchte doch diesen Unfug abstellen. Auch in Gegenwart von Prediger S. erklärte die Frau: „Heute Nacht um 12 Uhr holt mich der Herr.“ Die angegebene Stunde rückte näher. Prediger S. ließ in der Wohnung alle schlagenden Uhren abstellen. Alle Angehörigen waren gespannt, was kommen würde. Sie waren von dem Seelsorger angewiesen worden, die Mutter nicht über die Uhrzeit zu informieren. Als es gegen ½ 1 Uhr war, fragte die Frau: „Es muss doch schon 12 Uhr sein?!“ Prediger S. antwortete ihr: „Es ist gleich halb eins.“ Bei dieser Antwort sackte die Frau innerlich zusammen. Sie war über die nichterfolgte Himmelfahrt enttäuscht.

Prediger S. besprach hinterher diesen Fall mit dem Prediger, der die Handauflegung vorgenommen hatte. Dieser Unbelehrbare antwortete: „Wenn Menschen unter Handauflegung mit dem Heiligen Geist getauft würden, dann würden sich auch leicht fremde Geister einschleichen. Diese Frau hätte bei ihrer Geistestaufe das erlebt und wäre nun durch diese miteingeschlichenen Irrgeister verführt worden.“

Bei den medialen Übertragungen werden oft Kontaktmittel benutzt. Tenhaef nannte sie Induktoren. In der französischen Parapsychologie werden sie temoin (= Zeuge) genannt. Es gibt Naturheilkundige, Heilpraktiker, Magnetopathen und Spruchheiler, die auf Distanz auch durchs Telefon arbeiten. Der Patient muss nicht persönlich erscheinen. Die Heilung erfolgt auf dem Wege der Fernbeeinflussung, auch Mentalsuggestion genannt. Einige Beispiele dazu:

B 51 Ein katholischer Pater, der als Missionar in Indien war, lässt sich einen Hausschuh zusenden. Er hat den Spitznamen „Der Schlappenpater“. Ein Heilpraktiker in der Nähe von Straßburg lässt sich als „Intuitionserreger“ Speichel senden. Der Kranke spuckt auf einen Briefbogen und sendet ihn dem Heiler zu. Der berüchtigte Schäfer Ast ließ sich drei Kopfhaare senden. Sie dürfen aber nicht abgeschnitten sein. Durch das Abschneiden würden sie einen Teil ihrer Bioenergie verlieren. Madame König in Hagenau ließ sich Urin geben, der aber nicht chemisch untersucht wird. Die Heilerin konzentriert sich nur darauf. Zwei Ärzte, die ich kenne, lassen sich einen Blutstropfen senden, der psychometrisch, nicht medizinisch, untersucht wird. In einem anderen Zusammenhang wurde das schon erwähnt. Bei kranken Säuglingen müssen die Mütter eine gebrauchte Windel einsenden. Andere „Wunderdoktoren“ verlangen abgeschnittene Nägel. Wieder andere Heiler verlangen ein Foto. Ein Heiler in Appenzell braucht die Anschrift des Kranken, die aber handgeschrieben sein muss, nicht mit der Schreibmaschine getippt. Bei hochmedialen Heilern genügt ein Telefonanruf, bei dem die Beschwerden und der Name des Kranken angegeben werden müssen. Alle Gegenstände eines Menschen können als Kontaktbrücke gelten.
Übertragungen gibt es in der Psychiatrie, zum Beispiel das induzierte Irresein. Übertragungen gibt es bei den psychotherapeutischen Behandlungen, z. B. die wechselweise auftretenden Hass- und Liebesbeziehungen zwischen Patient und Therapeut. Übertragungen gibt es bei den medialen Praktiken, um die es in diesem Kapitel geht. Übertragungen gibt es auch in der Seelsorge. Dazu liegt mir großes Beobachtungsmaterial vor. Ich bringe dazu einige Beispiele, die sich aber um viele vermehren ließen.

B 52 In der Schweiz war ein Heilsarmeeoffizier in meiner Seelsorge. Er hatte längere Zeit für einen teufelsverschriebenen Mann, der Sadist ist, gebetet. Nach einigen Monaten wurde der Heilsarmeeoffizier selbst Sadist, der anfing, seine Frau zu quälen, zu plagen und zu schlagen. In einer Vollmondnacht erklärte er seiner bestürzten Frau mit veränderter Stimme: „Ich hätte Lust, mich heute Nacht mit der Unterwelt zu verbinden.“

Es gibt ein „ungeschütztes Beten“. Wer für schwerbelastete Menschen intensiv betet, muss sich anhaltend unter den Schutz Jesu Christi stellen!

B 53 Ein Pfingstprediger legte einem Kranken mehrmals unter Gebet die Hände auf. Das ist nach 1. Timotheus 5, 22 durchaus gestattet, sollte aber nur nach vorangegangener gründlicher Seelsorge geübt werden. „Nicht zu voreilig!“ sagte der Apostel Paulus. Der Prediger bekam dann die gleiche Krankheit, gegen die er gebetet hatte, und starb daran. Es war keine ansteckende Krankheit gewesen.

B 54 Ein gläubiger Mann betete für einen seelisch kranken Mann mit Selbstmordgedanken. Schließlich bekam der Prediger selbst solche Gedanken. Der depressive Kranke reiste heim und erschoss sich. Am Todestag wurde der Prediger von Selbstmordgedanken angefochten, ohne zu wissen, dass sein Pflegebefohlener sich an diesem Tag das Leben genommen hatte.

B 55 Ein Prediger, der in seiner Seelsorge viel mit Depressiven und auch Besessenen zu tun hatte, nahm solche Menschen zur besseren Betreuung in seine Familie auf. Da musste er erleben, dass sein eigenes Kind besessen wurde, so dass zum Beispiel tiefe Männerstimmen aus dem Kind redeten. Das war für den Seelsorger Alarmstufe 1. Er nahm keine solche Belasteten mehr in sein Haus. Sein Kind durfte durch die Gnade Gottes und viel Gebet von Seiten der Eltern wieder frei werden.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf mein Buch „Besessenheit und Exorzismus“

B 56 Zu diesem letzten Beispiel einen Bericht von Pfarrer W. Brauer, der seit einigen Jahren im Ruhestand ist. Ich habe mehrmals in seiner Gemeinde in Lübeck evangelisiert. Brauer schrieb mir einen Brief, aus dem ich ein Stück bringe. „Nun noch eine besondere Sache, die in Dein Spezialgebiet hineinragt. Bei meinem letzten Besuch in Sch. bei Berlin lernte ich eine gläubige Frau kennen, die mir sagte, dass sie Händezittern bekommen und behalten habe, seit sie mit einer besessenen Frau gebetet hatte. Sie kann davon nicht frei werden. Mein Gebet mit ihr hat nur für einige Zeit Besserung gebracht. Nun wünscht sie Dein Buch über den Okkultismus. Vielleicht kannst Du diese Schwester zu Dir bestellen und mit ihr eine seelsorgerliche Aussprache haben.“

Der Brief von Pfarrer Brauer enthält zu wenig Angaben, wie diese gläubige Frau zu Händezittern gekommen war. Ein persönlicher Brief der Schwester brachte Licht in die Sache. Diese gläubige Seelsorgerin hat aus Unkenntnis mit einer besessenen Frau unter Handauflegung gebetet. Seit dieser Zeit hatte sie die Störungen. An dieser Seelsorge sind einige Dinge verkehrt. Jesus Christus hat bei Besessenen nur geboten. Bei Kranken hat er auch die Hände aufgelegt. Das ist eine der Grundregeln, die in der Seelsorge an Besessenen zu beachten ist. Eine zweite Regel ist, dass Frauen Gebetshilfe für Besessene nicht allein leisten, sondern in einem kleinen Gebetskreis. Seelsorge an Besessenen ist Teamwork. Es ist auch besser, Frauen überlassen das Brüdern. Ich habe aber Verständnis dafür, dass Frauen solche Hilfe wagen, wenn eben keine geeigneten Brüder da sind.

Ein interessantes und zugleich unheimliches Gebiet sind die medialen Übertragungen bei Fakiren. Ich habe vor dem Vietnamkrieg fast alle Länder Ostasiens bereist, auch Korea, Japan, China und Taiwan. Der Dozent Dr. Heusser von der Bangkoker Universität erzählte mir von den extremen Leistungen der Fakire. Es waren Dinge, für die man in Europa nur ein ungläubiges Kopfschütteln übrig hätte. Es fehlt der Raum, um alles Material von Prof. Dr. Heusser hier auszubreiten. Eine weitere Informationsquelle sind die Berichte von Prof. Tarachand Roy, der sich zum Christentum bekennt.

B 57 Ein Übertragungsbeispiel soll diese letzte Reihe in diesem Kapitel beginnen. Ein indischer Jogi schritt mit seinen Schülern barfuss durch eine Grube mit glühenden Holzkohlen. Die Jogis erlitten bei diesem Feuergang keine Brandwunden oder auch nur die geringste Versengung. Unter der Zuschauermenge befand sich auch ein englischer Richter und sein Freund. Der Europäer unterhielt sich mit dem Jogi und fragte, aus welchen Kräften er so etwas tun könne. Der Inder antwortete. „Das bringen Sie auch fertig. Ich will Ihnen die Kraft dazu geben.“ Bei diesen Worten berührte der Jogi den Richter und seinen Begleiter. Beide Männer spürten, dass eine Kraft sie durchströmte. Sie probierten das Experiment mit dem gleichen Erfolg. Sie blieben bei dem Gang durch die glühenden Kohlen unversehrt.

An dieser Stelle kann ein Mißverständnis entstehen. Nicht jeder ist geeignet, solche medialen Kräfte zu übernehmen. Starke Medien beherrschen den sogenannten medialen Kontakt. Sie empfinden es sofort, wenn ein Mensch medial veranlagt ist. Mediale Belastung kann sich bei einer Einschränkung jeder holen. Sofort wirksame Kräfte zur Ausübung einer medialen Praktik können normalerweise nur solchen Menschen gegeben werden, die schon latent medial sind. Das muss also bei dem Richter und seinem Begleiter der Fall gewesen sein. Die drei weiteren Beispiele stellen für einen „europäischen Verstand“ eine große Zumutung dar. Ich gebe bei allen drei Berichten den Gewährsmann an. Zunächst ein Beispiel von Prof. T. Roy.

B 58 Die Fakire in Ostasien praktizieren gewöhnlich an freien Plätzen, die eine große Zuschauermenge fassen können. Ein Fakir „in Aktion“ fragte einen „Naseweiß“ in der vordersten Zuschauermenge: „Welches Parfüm wollen Sie an Ihren Händen riechen?“ Antwort: „Rosenduft.“ Darauf der Fakir: „Riechen Sie an Ihren Händen.“ Der Besucher hob die Hand und stellte starken Rosenduft an seiner inneren Handfläche fest. Dann folgte ein zweites Experiment. Der Fakir forderte den Fragesteller auf, eine in der Nähe stehende Blume zu pflücken und fragte dann: „Welchen Duft soll die Blume haben?“ – „Jasmin“, nannte der Besucher. Sofort nahm die Blume den artfremden Duft an. Dem zweimaligen Zeugen dieser Duftproduktion kam das nicht geheuer vor. Er fragte sich, ob hier eine Suggestion vorliegt.

Auf dem Heimweg traf dieser Zuschauer seine Schwester, die von den Vorgängen nichts wusste. Er hielt seiner Schwester die Hand unter die Nase. Sie fragte ihn erstaunt: „Seit wann bist du so stark parfümiert?“ Dann hielt er seiner Schwester die Blume mit dem artfremden Geruch hin. Sie sagte erstaunt: „Das stimmt doch nicht. Die Blume riecht ja nach Jasmin.“ Damit hatte der Mann den Beweis, dass er nicht unter Hypnose diesen verschiedenen Duft wahrgenommen hatte.

Wie soll man sich eine solche Übertragung erklären? Eine Geruchshalluzination war es nicht, denn die unbeteiligte Schwester hatte die gleiche „Geruchstäuschung“. Prof. Roy meinte, der Fakir lebe in Harmonie mit kosmischen Kräften und habe die Fähigkeit, Schwingungen zu materialisieren. Damit sind wir aber bei den Postulaten der Spiritisten und Anhängern der Radiästhesie, die erklären, es gäbe außer den bekannten physikalischen Strahlen noch eine auf höherer Ebene sich vollziehende Strahlung der gesamten Materie, die von hochsensitiven Medien wahrgenommen oder gar materialisiert werden kann. Ich kann diese Theorien nicht übernehmen und weiß nur, dass es derartige Zauberei bei den tibetischen Lamas auch gibt. Man muss als Christ aufpassen, dass man nicht in den Sog dieser medialen Vorgänge gerät.

Bei diesen Fakirbeispielen kann der Eindruck entstehen, dass ihre Glaubwürdigkeit angefochten werden kann. Ohne Frage gibt es Tricks, Scharlatanerie und Geldmacherei. Es gibt aber auch unanfechtbare mediale Leistungen, die über das hinausgehen, was in das normale Spektrum unserer Erkenntnisse hineinpasst. Beim nächsten Bericht habe ich als Gewährsmann einen ehemaligen Missionar, der in Indien arbeitete.

B 59 Pfarrer S. war zuerst Missionar in Indien. Danach übernahm er in der Schweiz ein Pfarramt der Reformierten Kirche. Auf Grund dieses Buches erhielt ich von diesem Pfarrer eine Einladung, in seiner Kirche zu sprechen. Nach dem Vortrag erzählte mir dieser Indienkenner eine Fakirgeschichte. Es handelt sich um den bekannten Trick, dass ein Fakir den Kern einer Mangofrucht in eine Schale legt, aus der dann in einigen Minuten ein Bäumchen wächst, das blüht und Früchte bringt. Dieser Vorgang widerspricht dem Gesetz der Natur. Wie ist er aber zu erklären?

Die meisten antworten mit dem Hinweis auf eine Massenhypnose, die wir in Europa in dieser Weise nicht kennen. Die Erklärung bedeutet, dass die Zuschauer en bloc unter die Suggestion des Fakirs geraten. Der Fakir sitzt dabei auf einem erhöhten Podest oder am Boden und hält nur eine kleine Schale in der Hand. Alles andere spielt sich nur über eine Form der Mentalsuggestion ab. Das war auch die Meinung des Missionars und auch meine eigene Überzeugung, bis ich mich eines Besseren belehren lassen musste. Selbstverständlich gibt es Fakire, die nur mentalsuggestiv arbeiten. Es gibt unter ihnen aber auch noch stärkere Medien, die einen Schritt weiter gehen. Worin besteht die nächst höhere mediale Kraftäußerung? Der Missionar war der Meinung, er könne mit einer Kamera den Fakir überführen und machte eine Serienaufnahme von etwa fünf oder sechs Aufnahmen. Er war nun der Meinung, die Kamera würde die Wahrheit offenbaren. Wie groß war sein Erstaunen: Die Filme waren jeweils belichtet und zeigten den ganzen Vorgang: Kernlegung, junge Pflanze, Bäumchen, Blüten, Fruchtansätze und ausgereifte Frucht. Pfarrer S. legte mir die Fotos vor und fragte nach meiner Meinung. Hypnose, Massensuggestion, Trick oder Schwindel scheiden aus. Es bleibt wahrscheinlich nur noch die Gedankenfotografie übrig, auf die ich bei meinen Missionsreisen schon gestoßen bin.

In der Parapsychologie ist das Problem der Gedankenfotografie schon seit dem Ende des letzten Jahrhunderts bekannt. 1896 hielt sich der französische Offizier Darget eine lichtempfindliche Platte in schwarzes Papier eingewickelt an die Stirn. Nach dem Entwickeln zeigten sich die gedachten Bilder. Ein noch stärkeres Medium für Psychofotografie war Ted Serios, mit dem zahlreiche Experimente durchgeführt worden sind. Auch der Japaner Prof. Fukurai betätigte sich erfolgreich auf diesem Gebiet. Die meisten Psychofotos sind Schwarzweißaufnahmen. Allerdings wurden schon 1912 einige Farbaufnahmen erzielt, zu einer Zeit, als die Farbfotografie bei uns noch nicht entwickelt war.

Bei dem Beispiel von Pfarrer S. hatte also die mediale Übertragung einer mentalsuggestiven Energie auf die Zuschauer wie auf den Filmstreifen stattgefunden. Für das Fakirexperiment mit dem Mangokern habe ich weitere Zeugen in Gestalt eines ehemaligen Schiffsarztes, eines Juristen und eines Schiffsoffiziers. Es ist sozusagen ein Paradebeispiel.

B 60 Mein Berichterstatter, Dr. med. B., ist praktizierender Arzt, nachdem er einige Jahre als Schiffsarzt die Weltmeere bereist hatte. Als sein Schiff in Hongkong anlegte, machte er zusammen mit zwei Begleitern einen Landausflug. An einem freien Platz der Stadt stießen sie auf eine große Menge, die sich um einen Fakir scharte. Der Fakir zeigte den üblichen Trick mit dem Mangokern, ging aber noch einen Schritt weiter. Er forderte die drei Europäer auf, die Mangofrüchte von dem in wenigen Minuten gewachsenen Bäumchen zu pflücken und zu essen. Sie taten es und aßen die Frucht. Als die ganze Schau zu Ende war, fragten sich die drei Männer, davon zwei Akademiker waren: „Was haben wir nun eigentlich erlebt? Mangofrüchte kann man ohne Messer nicht essen. Haben wir ein Taschenmesser bei uns? Ja, es ist aber trocken, und die Mangofrüchte sind sehr saftreich und klebrig. Auch die Hände müssten klebrig sein. Wir haben auch keinen Mangogeschmack mehr im Mund.“ Es kam ihnen alles so mysteriös vor. Der Arzt tat ein übriges. Auf das Schiff zurückgekehrt, machte er einen Test nach dem schwedischen Chemiker Nylander benannten Zuckernachweis. Ergebnis negativ. Keine Spur von Zucker.

Die drei Männer gaben dann schließlich zu, dass sie einer Massensuggestion zum Opfer gefallen waren. In dieser Form habe ich von dem Mangokern-Experiment nur einmal gehört. Die Glaubwürdigkeit des Arztes und des Juristen stehen außer Zweifel. Bei dem Schiffsoffizier könnte man von dem berühmten Seemannsgarn reden, obwohl man in diesem Fall dem Offizier unrecht tun würde.

Unsere Parapsychologen sind zwar solchen Übertragungen auf der Spur. Unwidersprochen ist aber die Tatsache, dass die Jogis, die Fakire und die Magie praktizierenden Lamas und Buddhapriester die erbittertsten Feinde des Evangeliums sind. Manche von ihnen, vor allem die tibetischer Herkunft, geben offen zu, dass sie mit dämonischen Kräften operieren und dem Fürsten der Finsternis dienen.

7. Magisches Experimentieren

Mediale Kräfte können erworben werden: durch Vererbung oder Übertragung, sie können eines Tages entdeckt oder durch magisches Experimentieren entwickelt werden. Das Buch, mit dem am meisten experimentiert wird, ist das sogenannte 6./7. Buch Moses. Dieses Buch wird im Volksmund auch „Teufelsbibel“ genannt.

In der Seelsorge wurde mir einige Male dieses Buch ausgehändigt, die ich dann verbrannt habe. Ich habe mich oft gewundert, dass manche Pfarrer, die zugleich an einer höheren Schule Unterricht erteilen, dieses Buch in ihrem Bücherschrank haben. Pfarrhäuser, die dieses Buch besitzen, sind Unglückshäuser! Eine Pfarrfrau sagte mir: „Seit dieses Buch im Hause ist, herrscht Unfrieden und Streit unter uns.“ Ein Pfarrer hat dieses Buch studienhalber für seinen Unterricht am Gymnasium benutzt. Um seinem Sohn den Zugang zu verwehren, schloss er den Bücherschrank ab.

B 61 Der verschlossene Bücherschrank und das sorgsam gehütete Buch reizte die Neugierde des Sohnes. Als er in der reichhaltigen okkulten Literatur des Vaters magische Formeln entdeckte, schrieb er einige ab, um nachzuprüfen, ob sie auch wirklich funktionierten.

Gelegentlich beim Nasenbluten versuchte er es mit einem Blutsegen. Das Bluten hörte augenblicklich auf. Eines Tages entdeckte er Anrufungsformeln für Luzifer. Er ging voller Spannung in den Wald und rief die Formel dreimal. Sofort entstand ein unheimliches Brausen in der Luft, ein Krachen in den Bäumen, dass er erschreckt aus dem Wald eilte. Hinterher dachte er an einen Zufall, dass diese Sturmbö gerade im Augenblick seiner Teufelzitierung durch den Wald raste. Zehn Tage später reizte ihn wieder die Neugierde, das Experiment noch einmal zu versuchen. Er wandte die Formel an und erlebte die gleichen Erscheinungen wie beim ersten Mal. In Zukunft unterließ er das unheimliche Experiment. Es muss dazwischengeschaltet werden, dass der Junge latent medial war, der seine verborgene mediale Kraft durch das Experimentieren geweckt hatte.

Nachdem für den jungen Magier feststand, dass die Formeln in den okkulten Büchern seines Vaters kein Bluff waren, spezialisierte er sich auf Heilungsformeln, weil das mehr einbrachte. Es sprach sich rasch herum, dass er eine Kraft gegen Krankheiten besaß und wurde dafür in Anspruch genommen. Der junge Spruchheiler wurde also schnell im Verwandtenkreis berühmt, doch er selbst merkte, dass er einen bösen Preis dafür bezahlen musste. Er beobachtete an sich selbst psychische Veränderungen. Es zeigten sich Lähmungserscheinungen, Schwermut und Selbstmordgedanken. In seiner Umgebung traten Spukerscheinungen auf. War er mit seiner Familie in den Ferien, setzten dort die gleichen seltsamen Geräusche ein wie zu Hause. Es handelt sich also um einen personengebundenen Spuk. Diese Erfahrungen brachten ihn dazu, Befreiung im Gebet zu suchen. Ein furchtbarer Kampf setzte ein. Er sah, dass sich die dunklen Mächte leicht und gern in den Dienst des Menschen stellen lassen, aber nur sehr schwer die eingenommenen Stellungen wieder freigeben.

Einige Jahre lang wurde dieser experimentierende Magier übel geplagt. Als ich in der Nähe eine Vortragswoche hatte, kam er in meine Seelsorge. Ich zeigte ihm den Weg der Befreiung. Er räumte in einer Beichte alles aus und betete zusammen mit mir ein Lossagegebet.

Weitere Beispiele zu dem Experimentieren:

B 62 Ein Mann beschäftigte sich jahrelang mit dem 6./7. Buch Moses und machte nach dessen Anweisungen praktische Übungen damit. Allmählich gelangen ihm immer stärkere Experimente. Auch er entging nicht den „Nebenwirkungen“. Jahrelang wurden von allen Hausbewohnern Klopfzeichen gehört. Nachts rumorte und krachte es so, dass es allen unheimlich wurde, die in diesem Haus zu übernachten hatten. Die Nachkommen dieses okkulten Praktikers sind charakterlich unnormale Menschen. Der Sohn war ein brutaler, jähzorniger Mann, der seine erste Frau zu Tode drangsalierte. Auch die zweite Frau plagte er unmenschlich. Er ist ein rabiater Tyrann, der auch mit den Kindern unheimlich grob und handgreiflich umgeht. Alle Kinder haben vor Erreichen der Volljährigkeit das elterliche Haus verlassen. Die fleißige, brave Frau macht unter diesem Tyrannen ein Martyrium durch.

Das 6./7. Buch Moses, das mit dem Knecht Gottes außer dem Namen nichts gemeinsam hat, ist ein dämonisches Buch, das seine Benutzer dämonisch entarten lässt. Die nächsten Beispiele zeigen das noch deutlicher:

B 63 Im Elsaß beichtete eine 25jährige folgendes. Ihr Vater besitzt eine ausgedehnte okkulte Literatur. Er experimentiert mit dem 6./7. Buch Moses, besitzt Himmelsbriefe und das Buch „Ägyptische Geheimnisse“. Obwohl die Mutter lebt, hat der Vater bereits die 13jährige Tochter verführt und treibt nun schon 12 Jahre mit der Tochter Blutschande.

B 64 Ein Schullehrer befasste sich jahrelang mit der Schwarzen Magie. Er beschaffte sich nicht nur Literatur darüber, sondern probierte die magischen Experimente aus. Seine Versuchsobjekte waren seine Kinder in der Schule. Er rief Kinder auf, indem er gleichzeitig einen Bannspruch anwandte. Das aufgerufene Kind konnte weder vom Platz aufstehen noch sprechen. Erst, wenn er den Lösespruch sagte, erhob sich das Kind und gab Antwort. Diese Methode des Bannens und Lösens wandte er auch als Strafe an. Nachdem er sich jahrelang an den Kindern in der Schule geübt hatte, nahm er als weitere Versuchsobjekte die eigene Frau und Tochter. Er beherrschte seine Angehörigen so vollkommen, dass er sie nach Belieben bannte. Frau und Tochter konnten manchmal stundenlang, ja auch tagelang kein Wort mehr hervorbringen. Die Ehefrau ging seelisch zugrunde und starb.

Die zweite Frau lief nach dem ersten Bannversuch des Mannes aus dem Haus und kam nie mehr zurück. Der Vater verging sich daraufhin sexuell an seiner Tochter. Die Tochter war in ihrer Abwehr dem Vater gegenüber machtlos. Als der Vater sich einer dritten Frau zuwandte, bannte er seine Tochter. Es stellte sich eine dauernde Sprechlähmung ein. Da die Tochter dem Vater, der sich vielen Frauen zuwandte, im Wege stand, wurde sie von ihrem eigenen Vater in eine Nervenheilanstalt gebracht. Es gelang den Ärzten nicht, die Sprechlähmung des Mädchens zu beseitigen. Die Verwandten des Mädchens, welche von den entsetzlichen Familienverhältnissen des Lehrers wissen, dürfen nach dem Verbot des Vaters das unglückliche Mädchen im Irrenhaus nicht besuchen.

B 65 Eine 55jährige Frau aus B. im Coburger Land berichtete mir in der Seelsorge folgendes Erlebnis. In einem Bauernhaus ihres Wohnortes fing es zu spuken an. Jeden Donnerstag fuhren blitzartige Flammen durch die Wohnung. Im Dorf sprach sich diese Erscheinung schnell herum. Der Bürgermeister suchte den Hausbesitzer auf und erkundigte sich nach dieser merkwürdigen Erscheinung. Bei dieser Unterredung mit dem Bürgermeister kam folgendes heraus: Der junge Hausbesitzer hatte beim Umbau des Hauses ein eingemauertes 6./7. Buch Moses gefunden. Aus der beiliegenden Urkunde war ersichtlich, dass sein Großvater mit diesem Buch Schwarze Magie getrieben hatte. Der junge Mann vertiefte sich in das Buch. In den Wochen, da er sich mit dieser seltsamen Lektüre befasste, traten die Spukerscheinungen auf. Seine Frau erwartete gerade in dieser Zeit ein Kind. Als das Kind zur Welt kam, war es mißgestaltet.

Im Zusammenhang mit der Schwarzen Magie, dem Spiritismus und den Dämonenehen (incubi, succubae) sind mir schon etwa 34 solch schrecklicher Fälle von Mißgeburten bekannt geworden.

Wer sich in die Domäne Satans hineinwagt, muss mit seinen Gegenschlägen und Angriffen rechnen. Medialität, die durch das Experimentieren geweckt und entwickelt wird, zahlt sich furchtbar aus.

8. Formen der medialen Heilkunst

In diesem Kapitel sollen drei Hauptformen der medialen Heilkunst angeleuchtet werden. Die Spruchheilung, die Tranceheilung und die geistigen Heilungsformen.

a. Die Spruchheilung

Als Auftakt zu diesem Unterkapitel werden die beiden Schmöker vorgestellt, die am meisten zur Zauberei benutzt werden: Das „Albert-Magnus-Buch“ und das sogenannte „6./7. Buch Moses“. Die Titelseite des Magnusbuches hat folgendes Gesicht (ist im alten Deutsch wiedergegeben):

„Albertus Magnus bewährte und approbierte sympathetische und natürliche ägyptische Geheimnisse für Menschen und Vieh, enthaltend: Menschen und Vieh vor bösen Geistern sicherzustellen; sich stark zu machen; das Blut zu stillen; wenn man sich verbrannt hat; für das wilde Feuer; für die Schweine; für den Krampf; für die Würmer; für alle Fieber; für den kalten Brand; für die Kolik; Brüche zu heilen bei Jungen und Alten; für die fallende Sucht; für den Grind; für die Mundfäule; für das Verrenken; für das Augenweh; für das Rothlauf; für die Pest; wenn ein Kind angewachsen ist; für Lungenfäule; für den Stein; für die Ruhr; für den Krebs; einen Dieb zu entdecken; gestohlenes Gut wiederzubringen; einen Dieb zu stellen; die Feuersgefahr von seinem Hause abzuwenden; Feuer zu löschen; für Zahnschmerzen; für die Raude; für übel Gehör; Wanzen zu vertreiben; Spinnen und Fliegen zu vertreiben; den Wein recht gut und gesund zu machen; alle Krankheiten aus dem Urin zu erkennen; für die Wasserscheue und noch viele andere Kunststücke. Bis daher im Verborgenen geblieben und zum Besten der Menschheit zum Druck befördert. Für Städter und Landleute.“

Um Missverständnisse zu vermeiden, müssen einige Anmerkungen gemacht werden. Die Albertus-Magnus-Bücher sind nicht einheitlich, sondern weisen stark verschiedene Texte auf. Auch lassen sich die Sammlungen von magischen Spruchformeln nicht auf Albertus Magnus zurückführen. Diese Sammlungen sind Pseudonyme genau wie das 6./7. Buch Moses. Gehen wir in knappster Form kurz auf Albertus Magnus ein, dessen 700. Todestag 1980 durch Sendungen im Fernsehen und durch den Papstbesuch in Erinnerung gerufen wurde:

Albertus Magnus, (1193-1280) mit seinem richtigen Namen Albert Graf von Bollstädt, ist in Bayern geboren. Schon als Junge zeigte er große Begabungen. Er studierte in Padua, später in Bologna. Seine umfassenden naturwissenschaftlichen Kenntnisse erwarben ihm den Titel Doktor universalis und im Volksmund „Meister der Schwarzen Kunst“. Was unsere Techniker im 20. Jahrhundert interessiert, ist die Tatsache, dass A. Magnus den ersten Roboter konstruierte. Sein am besten ausgeklügelter Roboter mit der Gestalt und Stimme einer Frau, an dem der Erbauer 30 Jahre gearbeitet hatte, soll von seinem Meisterschüler Thomas von Aquin zerstört worden sein.

Eine andere Begebenheit mag mitgeholfen haben, A. Magnus als Magier anzusehen. Die Chronisten berichten, dass Magnus 1249 den König Wilhelm von Holland im Garten des Dominikanerklosters in Köln bewirtete. Trotz der strengen Winterkälte stand der Garten im vollen Frühlingsschmuck. Kaum war nach dem Essen das Dankgebet gesprochen, da fielen Blätter und Blüten von den Bäumen. Im Volk sah man das als magisches Kunststück von A. Magnus, dem damaligen Vorsteher des Dominikanerklosters an. Da A. Magnus auch Astrologie und Alchemie betrieb, festigte sich dadurch sein Ruf als Zauberer. Vielleicht hatte A. Magnus in dem von ihm geleiteten Kloster einen Wintergarten mit Pflanzen aus Italien, wo er einige Jahre als Student zugebracht hatte. Zur Entwicklung der Magie in Deutschland und in Europa kam noch ein anderer auslösender Faktor. Die Kreuzfahrer, die ihr Abenteuer im Orient gut überstanden hatten, brachten Einflüsse der arabischen Kultur und Praktiken der Moslemzauberei in ihre Heimatländer. Ein anderer Vorstoß und Zustrom arabischer Einflüsse bestand in dem Vordringen der maurischen Magie… Wie weit sich A. Magnus diesen magischen Einflüssen des Islams geöffnet hat, ist nicht bekannt. Von den 21 Foliobänden, 1651 als Gesamtausgabe seiner Werke in Lyon erschienen, stammen einige nicht von ihm… Aber immerhin ist die Person und Lebensarbeit dieses umfassenden Denkers und Experimentators von Geheimnissen und Legenden umwittert, so dass er für die widerlichen magischen Bücher seinen Namen hergeben musste.

Eine Spruchsammlung zur magischen Heilkunst, die noch mehr Unheil angerichtet hat als das Albertus-Magnus-Buch, ist das sogenannte 6./7. Buch Moses. Seit einigen Jahrzehnten gibt es ferner Buch 8 bis 13.

Es wurden mir in den letzten zwanzig Jahren von Beichtenden Exemplare dieses Buches ausgehändigt. Die älteste mir ausgelieferte Ausgabe stammte aus dem Jahr 1503. Im Vorwort stand, dass das Original im Vatikan in Rom liege, und dass der Druck dieses Buches unter dem Protektorat eines Papstes erfolgt sei. Eine andere, jüngere Auflage des berüchtigten Zauberbuches enthält im Vorwort die Notiz, dass ein Erfurter Mönch diese magischen Sprüche gesammelt habe. Die einzelnen Auflagen der letzten 400 Jahre weichen im Inhalt stark voneinander ab.
Im 19. Jahrhundert wurde das 6./7. Buch Moses mit Teilen eines französischen Zauberbuches „Der feurige Drache“ vermischt. Dieses französische Buch soll Ende des 17. Jahrhunderts nach einer Handschrift aus dem Jahr 1522 gedruckt worden sein. Nach der Französischen Revolution 1789, die Gott entthronen und die Göttin der Vernunft inthronisieren wollte, wurde „Der feurige Drache“ die unheimliche Ersatzbibel der magischen Zirkel in Frankreich. Wir haben hier die häufige biblische Erscheinung: Wer den lebendigen Gott verwirft, verfällt dem Teufel! Der Gottesglaube wurde abgelöst durch einen gräßlichen Teufelsdienst. Nach der bruchstückhaften Verschmelzung dieser beiden magischen Bücher kam das Doppelbuch teils unter dem Namen „Der feurige Drache“ oder „6./7. Buch Moses“, teils unter dem Sammeltitel „Magisch-sympathetischer Hausschatz“ heraus.

Der Titel „6./7. Buch Moses“ ist ein Pseudonym, ein lügnerischer Deckname. Mose hat mit diesen Zaubersprüchen nichts zu tun. Die Zauberer haben lediglich Mose seit seinem siegreichen Kampf mit den ägyptischen Magiern (2. Mose Kapitel 6-8) zu ihrem Schutzherrn und Meister erklärt. Das ist eine teuflische Verkennung der prophetischen Ausrüstung dieses Gottesmannes aus dem alten Testament. Ausführliche Inhaltsangaben sind nicht ratsam. In dem Buch werden Anweisungen gegeben, wie der Mensch mit dem Teufel in Verbindung kommen könne. Es finden sich Sprüche über magische Verfolgung und magische Abwehr, es finden sich Formen des Rachezaubers, Krankheitszaubers, Todeszaubers, Fruchtbarkeitszaubers, Liebeszaubers und anderes mehr. Viele Sprüche haben auch zur Tarnung religiöses Beiwerk. Denen, die studienhalber das Buch lesen und aufbewahren wollen, sei gesagt, dass im Buch 6, Kap. 6 den Lesern und Besitzern des Buches der „besondere Schutz“ Satans verheißen ist.

Nach der Vorstellung dieser beiden magischen Hauptwerke werden nun einige Beispiele aus meiner Seelsorge präsentiert. Zunächst folgt der Brief eines Schweizers, der mediale Heilkunst betreibt. Ich bin diesem Mann dankbar, dass er mich in „seine Werkstatt“ hineinschauen ließ. Normalerweise verbergen die Besprecher ihre Praxis und schweigen über ihren Spruch. Der Länge wegen kann ich nur auszugsweise berichten:

B 66 „Sehr geehrter Herr Dr. Koch, besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen, denen ich entnehme, dass wir möglicherweise etwas aneinander vorbeireden. Unter Magie verstehe ich jede mehr oder weniger bewusste Anwendung rein geistiger Kräfte … Dieser Begriff schließt für mich jedes übersinnliche Wirken ein. Allen diesen Dingen liegt das Wort zugrunde … 5. Mose 18, 10-12 („Es soll niemand unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen läßt, oder einer, der Wahrsagerei betreibt oder Zeichendeuterei oder ein Beschwörer oder ein Zauberer, oder einer, der Geister bannt, oder ein Geisterbefrager, oder ein Hellseher oder jemand, der sich an die Toten wendet. Denn wer so etwas tut, ist dem HERRN ein Greuel, und um solcher Greuel willen vertreibt der HERR, dein Gott, sie von dir aus ihrem Besitz.“) Dort ist ausdrücklich vom Zaubern und Beschwören die Rede, nicht aber vom Besprechen. Was ich mit gutem Grunde bestreite, ist eben die Gleichsetzung von Dingen, die nichts miteinander zu tun haben … Mir scheint, Sie halten etwas für ,Besprechen‘, was nicht Besprechen ist. Diese Kunst ist nicht einfach aus dem 6./7. Buch Moses zu erlernen. Echtes Besprechen ist eine uralte Kunst, die meist nur von Mund zu Ohr weitergegeben wurde und reine Anwendung des Wortes zu Heilzwecken lehrt … Am besten, ich beschreibe Ihnen einen Fall aus der Praxis: Eine Frau leidet an rasch sich verschlimmernder Arthritis, leidet große Schmerzen und vermag sich kaum zu bewegen. Nichts will helfen. Ich schreibe nun, im Vertrauen auf die verborgenen, göttlichen Eigenschaften des Wortes, mit Honig, dem etwas Weihrauch, Myrrhe, Galbanum und Mastix beigemengt sind, folgendes in einen großen Teller: Siehe nun, dass ich, das Wort allein es bin … Diese Honigschrift wasche ich mit etwas gutem Wein aus und gebe ihn der Frau zu trinken … Der Erfolg ist erstaunlich. Die Frau hat keinerlei Schmerzen mehr, ist 100% arbeitsfähig und kann sich nicht genug über diese einfache Kur und den Erfolg wundern. Ich meinerseits fürchte nicht im geringsten, deshalb von Gott oder Christus verworfen zu werden. Ich habe im Gegenteil beiden geglaubt, dass das Wort Gott ist …“

Am liebsten hätte ich den ganzen Brief gedruckt. Unter den mir begegneten Besprechern ist T. E. der offenste und in der Anwendung seines Heilmittels ästhetisch. Es ist nicht schwer, diesem Mann nachzuweisen, dass er auf einem unbiblischen Weg heilt.

Das erste Gegenargument gegen diesen Besprecher ist die Unkenntnis der hebräischen Sprache des Alten Testamentes. Das hebräische Wort lachasch heißt sowohl beschwören wie besprechen. Auch das Substantiv ob (pl. oboth) hat die Doppelbedeutung = Besprecher, Beschwörergeist. Der zweite Irrtum von T. E. ist die Absolutsetzung des „Wortes“. Jesus Christus als das „Wort“ ist absolut, aber darüber kann der Mensch nicht verfügen. Hier wird das Wort als Formel gebraucht. Das Wort wirkt ex opere operato, durch den bloßen Vollzug oder das bloße Zitat. Das ist das große Merkmal der Magie. Die religiöse Verbrämung ist die beste Verkleidung beim satanischen Fasching. 2. Korinther 11, 14: „Und das ist nicht verwunderlich, denn der Satan selbst verkleidet sich als ein Engel des Lichts.“

Besprechen in dieser frommen Aufmachung wird weniger durchschaut, als wenn Satan mit groben Holzpantinen anrückt. Übrigens wird bei dem Beispiel T. E. sichtbar, warum die Schweiz das Besprechen auch „mit Worten heilen“ nennt. Im 6./7. Buch geht es gewöhnlich nicht so anständig zu wie hier in dem Beispiel T. E.. Bei den abscheulichen Spruchheilungen werden manchmal Dinge wie Urin, Kot, Haare, auch Haare vom mons pubis, Blut, auch sanguis menstruus und sperma hominis mitbenutzt. Ich gebe ein solches Beispiel, das mir ein gläubiger Bruder und seine ebenso gläubige Frau aus ihrer Familie mitgeteilt haben. Ohne Angabe der Anschrift darf es veröffentlicht werden.

B 67 „Lieber Bruder Koch, mit etwa drei Jahren konnte unser Vater, der im Juni 1881 geboren wurde, noch nicht gehen, da er an einem Wasserbauch litt. Auf Anraten einer alten Kräuterfrau wurde er durch folgendes Mittel geheilt: Es wurde von seinen Haaren, von den Fuß- und Fingernägeln, vom Urin und Kot ein Brei gemacht, der in den Stamm eines angebohrten, schon gewachsenen Birkenbaumes gestrichen wurde. Dabei wurde ein Spruch gesagt, der mit den drei höchsten Namen endete. Bis zum vollständigen Absterben des Baumes sollte der Knabe von seinem Leiden geheilt sein, was auch eintraf. Als ältester Junge einer sehr großen Familie war er sein Lebtag ein Tunichtgut. Er hat zwei Frauen unter den Boden gebracht mit seiner Trunkenheit. Von der ersten Ehe starben beide Kinder im schulpflichtigen Alter. Der Knabe, der ertrank, brachte dem Vater noch Untersuchungshaft ein, von welcher er wegen Mangels an Beweisen wieder freigelassen wurde, wegen Versicherungsbetrug.

Aus der zweiten Ehe des Vaters sind wir sechs Kinder. Ich kann heute behaupten, dass wir alle davon in irgendeiner Weise Schaden genommen haben. Wir hatten eine schreckliche Jugendzeit verbracht. Mit 68 Jahren hat mein Vater Selbstmord gemacht. Er hat den Lauf eines Karabiners in den Mund genommen und mit den Zehen abgedrückt. Warum wir heute an Sie gelangen, weil ein Sohn meiner Schwester ganz in Satans Macht steht. Meine Schwester wird Ihnen den Fall selber schildern. Liebe Grüße und Gottes Segen Ihre . . . “

Beide Beispiele sind aus der Schweiz. Beide, sowohl das ästhetisch anständige als auch die scheußliche Form des Besprechens, gehören in das Gebiet der Weißen Magie. Die beiden Sprüche enden ja mit der Trinitätsformel. Das Besprechen nach den Regeln der Weißen Magie ist häufiger als das schwarzmagische Beschwören. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass der kranke Mensch sich doch eher „guten Kräften“ und nicht dem Teufel anvertrauen will. Der Teufel weiß um diese Tendenz des Menschen, darum trägt er dieser Neigung Rechnung und tritt häufiger als Engel des Lichtes und als guter Helfer auf. Wie diese Hilfe bezahlt wird, sehen wir an den folgenden Beispielen:

B 68 Eine 28jährige Frau kam in die seelsorgerliche Aussprache. Sie leidet seit fünf Jahren unter Ekzemen mit dauernden Schmerzen. Die Hautspezialisten erkannten die Ursache nicht. Ich fragte nach okkulter Betätigung der Familie. Meine Frage wurde bejaht. Der Großvater heilte Menschen und Vieh in den drei höchsten Namen. Auch die Großmutter war Besprecherin. Zwei Schwestern führen ein ausschweifendes Leben. Die Berichterstatterin hat die Fähigkeit des Wahrtraums und des zweiten Gesichts. Einmal erschien ihr im Traum der Schwager, der in Algier war, und erklärte: „Morgen komme ich heim.“ Tatsächlich reiste er am nächsten Tag an. Einmal träumte sie nachts, schwarze Hände würden auf sie zukommen, und schwarze Ratten würden ihr an den Beinen fressen. Am nächsten Tag kam ihre Schwester und fing aus nichtigen Gründen einen furchtbaren Streit mit ihr an, und an ihren Beinen stellten sich offene Ekzeme ein, die durch keinen Arzt geheilt werden konnten. Die Berichterstatterin ließ sich willig zu Jesus Christus führen. Sie legte eine Beichte ab und konnte im Glauben die Vergebung fassen. Ich betete mit ihr. Am nächsten Tag erklärte sie, auf das Gebet hin wären die furchtbaren Schmerzen an den Beinen verschwunden.

B 69 Ein Mann ließ sich von einem Heilmagnetiseur in den drei höchsten Namen und beim zunehmenden Mond magisch besprechen. Seine gläubige Frau warnte ihn vor dieser Behandlung. Er stand aber auf dem Standpunkt: „Gesund will ich werden, ganz egal wie.“ Nach der Behandlung, die tatsächlich zu einer Gesundung geführt hatte, war der Mann nicht mehr zu bewegen, seine Frau in christliche Versammlungen zu begleiten. Die Behandlung hatte ihn für göttliche Dinge unempfänglich gemacht.

B 70 Pfarrer Braunschmidt berichtete mir, in seiner Gemeinde wäre das Besprechen so verbreitet, dass er nur zehn Häuser gefunden hätte, in denen es nicht geübt wird. Entsprechend hoch wäre dann die Selbstmordziffer.

Schwarzmagisches Besprechen erfolgt meistens dadurch, dass der Besprecher für die organische Heilung die Seele des Kranken dem Teufel verschreibt. Das kann mit und ohne Amulett erfolgen. Ich habe ganze Serien solcher Spruchheilungen von Hugentobler in Peterzell. Dieser Mann hat Tausende von Menschen in ein seelisches Unglück gestürzt. An seinem Grabe bezeugte ihm aber der Pfarrer, er sei ein großer Wohltäter der Menschheit gewesen. Einige Beispiele aus Hugentoblers Teufelsküche:

B 71 Eine Geschichte, die ich oft in meinen Vorträgen benutze, ist die Heilung eines Jungen, der eine Poliomyelitis epidemica (spinale Kinderlähmung) hatte. Der Vater des Jungen, ein großer Hofbauer, rief den Arzt zu spät. Der Mediziner erklärte: „Sie hätten mich früher rufen sollen. Ich kann nichts mehr machen.“ Ein Nachbar des Hofbauern riet dem Vater: „Geh zum Hugentobler, der kann mehr als die Ärzte!“ Der Bauer, der unbedingt einen gesunden Hoferben haben wollte, folgte dem Rat. Er fuhr den völlig gelähmten Sohn zum Besprecher Hugentobler. Der Besprecher murmelte etwas zwischen den Zähnen, gab dem Vater eine Arnica-Tinktur und wies ihn an, den gelähmten Sohn dreimal vor Sonnenaufgang zu bringen. So geschah es. Die Lähmung verschwand. Eine vom medizinischen Standpunkt aus gesehen nicht zu glaubende Heilung. Und doch ist sie wahr. Sieben Jahre später nahm sich der Sohn das Leben. Er schnitt sich die Halsschlagader auf. Es war ein Selbstmord aus heiterem Himmel. Es lag keine unglückliche Mädchengeschichte vor, noch war Streit in der Familie gewesen. Als der Sohn tot gefunden wurde, entdeckte man an seinem Hals ein kleines Amulett in Form einer Blechkapsel. Der Vater öffnete es. Darin war ein Zettel mit der Aufschrift: „Diese Seele gehört dem Teufel“. Das Amulett stammte von Hugentobler. Der Vater hatte das ganz vergessen.

Hier liegt ein Fall von „Terminsterben“ vor, wie es bei der Schwarzen Magie häufig vorkommt. Das heißt, der Kranke wird auf bestimmte Zeit geheilt, bis ihn der Teufel nach vereinbarter Zeit holt. Je nach dem Schwierigkeitsgrad der Krankheit wird die Frist bemessen. Weiße und Schwarze Magie zahlen sich nicht aus. Das Geschäft macht nur einer, der diese okkulten Kräfte zu vergeben hat. Noch einige Beispiele von Hugentobler.

B 72 Eine Frau berichtete, dass bei allen Erkrankungen in ihrer Familie stets der Hugentobler um Hilfe gebeten wurde. Die Auswirkungen sind in der ganzen Familie dementsprechend. Der Vater, der stets mit Hugentobler arbeitete, tötete sich mit einem Rasiermesser. Ihre leibliche Schwester, die ebenfalls mehrmals von Hugentobler besprochen worden war, ist sexuell haltlos. Sie verdient mit Pornographie ihren Lebensunterhalt. Sie selbst wurde als Kind gegen Mittelohrentzündung besprochen. Sie leidet seither unter Schwermut.

B 73 Eine schwerkranke Frau wurde von zwei Fachärzten aufgegeben. Die Angehörigen wurden verständigt, dass die Mutter sterben müsste. Der Mann rief daraufhin Hugentobler an. Sofort nahm die Krankheit eine Wendung. Die Frau wurde wieder gesund. Später machte sie dann allerdings drei Selbstmordversuche. Sie kam um dieser Versuche willen zu einem gläubigen Pfarrer in die Seelsorge. Ein Gebetskreis wurde für sie eingesetzt. Durch die Gnade Gottes durfte sie ganz frei werden.

B 74 Bei einem 14jährigen Jungen entwickelte sich ein Kropf, der rasch wuchs. Der Facharzt riet zu einer sofortigen Operation. Die Eltern entschlossen sich nicht dazu, sondern ließen den Jungen magisch besprechen. Der Kropf verschwand sofort. Von dieser Zeit an litt der Junge aber unter furchtbaren seelischen Qualen. Im 48. Lebensjahr kam er zu mir zur seelsorgerlichen Aussprache und bekannte, er hätte 34 Jahre lang entsetzlich gelitten. Er wollte zu Jesus Christus kommen, konnte aber nicht glauben. Sein Bruder, der auch gegen eine Krankheit magisch besprochen worden war, hatte sich erhängt.

Nach den Spruchheilern wird nun eine andere Form der medialen Heilkunst besprochen.


b. Die Tranceheilung

In Südbaden gab es die beiden Brüder Seiler, die im Volksmund „die Schläfer“ heißen. Wenn ein Patient das Sprechzimmer betrat, zog der behandelnde Heiler sich für einen Augenblick in ein dunkles Kabinett zurück. Dort versetzte er sich für einige Sekunden in Trance. Danach war die Diagnose perfekt, ja manchmal war die Diagnose genauer als die der Ärzte. Als Mittel gaben die beiden Brüder homöopathische Medikamente aus. Wenn unter den Wartenden im Wartezimmer ein Christ betete, wurden beide Tranceheiler gestört. Solche Beter wurden dann mit groben Worten weggeschickt. In meiner Briefsammlung ist ein Brief der Brüder Seiler, den ich in vollem Wortlaut wiedergebe. Es ist der älteste Brief von Besprechern, der mich je erreicht hat.

B 75 Ottenheim, März 1933: „Sehr geehrter Herr! Bezugnehmend auf Ihr wertes Schreiben möchte ich Ihnen kurz antworten auf Ihre Fragen. Immer denke ich mit dankbarem Herzen an Gott, der mir diese Gabe verlieh, der Menschheit zu helfen. Ich hoffe und es wäre zu wünschen, dass jeder Mensch, in welchem Beruf er auch von Gott gestellt werden mag, seine Pflicht und Lebensaufgabe zu erfüllen sucht. Ich kann nicht glauben, dass unsere Betätigung gegen Gottes Willen sein sollte, dürfen wir doch auf viele große Erfolge zurückblicken. Sollten Sie mal unsere Sprechstunde aufsuchen, so werde ich Ihnen noch mehr sagen können. Hochachtungsvoll, Seiler.“

Die Auswirkungen der Seilerschen Trancediagnosen konnte ich beobachten, da auch von meinem Heimatdorf, ca. 110 km von Ottenheim entfernt, viele in die Sprechstunde dieser „Schläfer“ gingen. Einmal wurde ich mitten in der Nacht zu einer Frau geholt, die sich hatte behandeln lassen. Es war eine Frau mit einer guten geistlichen Einstellung. Sie wurde nicht geheilt, aber in der Nacht nach dem Behandlungstag erlitt sie einen furchtbaren Angriff. Sie meinte, ersticken und sterben zu müssen. Ihr ganzer Körper brannte. Sie sah dann ein, dass sie falsche Kräfte in Anspruch genommen hatte.

Wenn man den Brief der Gebrüder Seiler überdenkt, kann man zu der Überzeugung kommen, dass es sich um ehrbare Biedermänner handle. So werden in der Tat die medialen Heiler in dem Buch von Rudolph dargestellt. Hinter der Maske des Biedermanns steht aber eine total andere Realität. Wann werden unsere Theologen es einmal erkennen, dass der Teufel ein faszinierender Verwandlungskünstler ist?

Man kann doch nicht behaupten, dass die Besprecher nicht wissen, was sie tun, wenn Gebet sie stört. Dafür habe ich genug Beispiele. Ich räume aber ein, dass es in katholischen Gegenden Spruchheiler gibt, die in guter Meinung ihre Heilungssprüche benutzen oder die sogar selbst behaupten, Beter zu sein. Man muss unterscheiden zwischen einem formelhaften Gebet und dem Beten von Christen mit einer persönlichen Beziehung zu Gott durch Jesus Christus. Das kann aber nicht jeder fassen und begreifen.

Edgar Cayce. Bei meinen Vortragstouren in USA stieß ich im seelsorgerlichen Gespräch oft auf den Namen Edgar Cayce. Im englischen Sprachgebiet ist Cayce der bekannteste Tranceheiler. Ich will kurz über ihn berichten.

Edgar Cayce ist das fähigste amerikanische Medium, ausgerüstet mit medialen Kräften der Heilung und der wahrsagerischen Prophezeiungen. Er ist 1877 auf einer Farm in Kentucky geboren. Sein Großvater war Farmer, der schon mediale Kräfte besaß. Er konnte mit der Rute Wasser suchen. Edgar, sein Enkel, hatte wahrscheinlich von diesem Großvater eine successive Medialität, die er im Alter von sieben oder acht Jahren entdeckte. Die Eltern Cayce waren Mitglieder der Christ Church, einer Nebenrichtung der Presbyterianischen Kirche. Ich habe in verschiedenen Kirchen dieser Glaubensrichtung gepredigt und nichts Unbiblisches darin entdeckt. Cayce hat in seiner Heimatkirche die Sonntagsschule besucht. Später wurde er sogar einer der Sonntagsschullehrer.

Die Entdeckung seiner Medialität basiert auf einem interessanten Jugenderlebnis. Eines Abends sagte Cayces Vater zu seinem Sohn: „Du bleibst heute Abend auf, bis du deine Lektion für die Schule gelernt hast.“ Gegen 23 Uhr war der kleine Knirps furchtbar müde, und er legte seinen Kopf auf das Buch. Da hörte er eine Stimme: „Schlafe ruhig, wir helfen dir.“ Er schlief ein, wachte nach zehn Minuten wieder auf und wusste Wort für Wort die Lektion des Buches. Mir ist diese Hellseherfähigkeit einige Male in der Seelsorge begegnet. Von seinem 24. Lebensjahr an machte Cayce Schlagzeilen. Er konnte sich in die spiritistische Trance versetzen und jede Krankheitsursache eines Menschen finden. Im Wachzustand wusste Cayce nicht, was er gesagt hatte. Oft konnte er nicht einmal die medizinischen Ausdrücke richtig aussprechen, die er in der Trance fachgerecht gebraucht hatte. Was Cayce in der Trance diagnostizierte, wird „readings“ (= Lesungen, Aussagen) genannt.

Über sein erstes Gesundheitsreading heißt es in dem Buch „Der schlafende Prophet“ auf Seite 41: „Der Schulleiter von Hopkinsville, C. H. Dietrich, flehte 1901 Cayce an, seiner fünfjährigen Tochter Aime zu helfen. Sie war wegen einer sonderbaren Krankheit, die sie sich drei Jahre vorher zugezogen hatte, in der Entwicklung zurückgeblieben. Cayce wusste damals noch nicht, dass er auch aus der Ferne Readings vornehmen konnte. An einem Wochenende fuhr Cayce nach Hopkinsville und begab sich direkt in Dietrichs Heim. Cayce versank bald in Schlaf (Trance). ‚Das Leiden ist durch das Rückgrat bedingt‘ sprach er. ,Ein paar Tage vor ihrer Erkrankung rutschte die Kleine aus, als sie aus einem Wagen stieg. Sie schlug sich die untere Wirbelsäule am Wageneinstieg an. Die Verletzung schwächte diesen Bezirk und führte zu dem Geisteszustand …‘ Ein Chiropraktiker mit Namen Layne richtete die von Cayce bezeichneten Wirbel ein. Nach fünf Tagen ging es dem Kind besser. Drei Monate später kam die Kleine mit ihren Altersgenossinnen in die Schule. Sie war vollständig geheilt.“

Cayce wurde um seiner in der Trance gegebenen Diagnosen immer berühmter. Manche Ärzte neideten ihm die Erfolge und prüften die Diagnosen nach, konnten sie aber nur bestätigen. Cayce hatte die Gewohnheit, sich täglich zweimal, um 10 Uhr und um 14 Uhr, für die Readings in Trance zu versetzen. Insgesamt gibt es von 1901 bis 1944 14.246 stenografisch mitgeschriebene Diagnosen. Das heißt nun seelsorgerlich gesehen, er hat Tausende von Kranken mit seiner spiritistischen Praxis belastet. Ein Merkmal der Trancemedien ist zum Beispiel, dass sie in der Trance in Sprachen sprechen können, die sie nicht gelernt haben und im Wachzustand nicht verstehen. Einmal bat ein Italiener Cayce um eine Diagnose. In der Trance gab Cayce dann in fließendem Italienisch Antwort. Er antwortete auch in Französisch, Spanisch, Deutsch und in Sprachen, die kein Umstehender verstand, die aber mitgeschrieben wurden.
Natürlich wurde die Kirchenbehörde auf diesen Mann aufmerksam, der in ihren Reihen ein aktiver Mitarbeiter war. Wie Cayce es fertig brachte, seine unbiblischen Lehren vor dem kirchlichen Forum zu rechtfertigen, ist mir ein Rätsel. Auf jeden Fall wurde er nicht „exkommuniziert“.


Die Filipino-Heiler Auf verschiedenen Vortragstouren auf den Philippinen lernte ich den dortigen Spiritismus kennen. Seine Charakteristik ist, dass die Mitglieder nicht zu Kultgemeinschaften zusammengeschlossen sind wie die Macumbaspiritisten in Brasilien und die Voudooisten auf Haiti. Es gibt auf den Philippinen viele hochmediale Einzelgänger. Zu ihnen zählen San Domingo, Antonio, Flores, Orbito, Supnet, Sison, Oligane, Acierto, Agpaoa und andere. Ihr erfolgverheißender Ruf drang in die westliche Welt. Ein Schweizer Arzt organisierte Gruppenflüge zu den philippinischen Heilern. Er sandte mir einen Brief mit Beschimpfungen, weil ich vor diesen spiritistischen Heilern warnte. Nicht alle spiritistischen Heiler haben die gleiche hochkarätige Kraft. Und es ist eine alte Erfahrung: wenn Medien nicht die gewünschte Leistung erzielen, helfen sie mit Tricks oder plumpem Schwindel nach.

B 76 Eine solche Trickheilung soll kurz berichtet werden. Ein Patient mit Gallensteinen will sein Übel loswerden. Der Heiler setzte ihm einen brennenden Kerzenstummel auf den Bauch und stülpte ein Trinkglas darüber. Er machte dem Gallenkranken klar: „Wenn das Licht ausgeht, sind Ihre Steine weg.“ Der Sauerstoff in dem Glas, das fest gegen die Bauchdecke gedrückt wurde, ging langsam zur Neige. Das Licht begann zu flackern, die Flamme wurde langsam kleiner und verlosch. Ob die Gallensteine hinterher weg waren, weiß ich nicht. Eine Placebowirkung, gepaart mit einer Portion Autosuggestion, wird wohl kaum ausreichen, Gallensteine wegzuzaubern. Eine Möglichkeit gibt es aber, dass der spiritistische Heiler ein Medium für Dematerialisationen ist und er die Steine dematerialisiert hat. Das gibt es tatsächlich. Solche Dematerialisationen sind mir aus der Seelsorge bekannt. In Deutschland kenne ich aber kein Medium, dem ein solch starker medialer Vorgang gelingt.

Es wird berichtet, dass bei den Filipino-Heilern auch Betrügereien vorkommen. Ein Arzt habe das bei einer Operation erschienene Blut als Hühnerblut diagnostiziert. Ein hypnotischer Akt kann dazu beitragen, dass der Patient glaubt, er habe eine erfolgreiche Operation hinter sich. Aus jahrzehntelanger Erfahrung zweifle ich aber nicht daran, dass es auch echte, medial bewerkstelligte Operationen gibt…

Es gibt viele Möglichkeiten der Erklärung:

1. Manche glauben, es handle sich um göttliche Heilungen, weil die Heiler die Bibel, den Rosenkranz, Kruzifixe und kleine Hausaltäre in ihrer Wohnung haben und sich als gläubige Katholiken ausgeben.

2. Kritiker aus dem Westen kommen mit der Vorstellung, es könne sich ja nur um Tricks, Bauernfängerei und Täuschung handeln. Alle noch so intelligenten Forscher und Spezialisten konnten bisher keinen faulen Zauber nachweisen. Wenn von einzelnen Heilern 100 Patienten am Tag „operiert“ werden und viel Blut fließt, dann müsste man doch sehen, wie dieses Blut herbeigeschafft wird. Das gleiche Argument gilt für die blutigen Fetzen Gewebe, oder welches Material es auch sein mag.

3. Manche Psychologen halten die Operationen für eine Massensuggestion. In der Tat sind mir Beispiele bekannt, dass selbst Ärzte und Psychologen einer Suggestion der Fakire unterliegen können. Es ist ein solches Beispiel in diesem Buch. Dieser Theorie ist entgegenzuhalten, dass aber die Operierten hinterher gesund bleiben und zum Beispiel das Gewächs weg ist und nicht wieder erscheint.

4. Viele, die sich in diesen Problemen genauer auskennen, wissen, dass in Ostasien sowohl in der Halbtrance oder in Volltrance die erstaunlichsten Phänomene produziert werden. Nicht nur der Heiler, sondern oft auch der Patient fällt bei diesem Heilungsvorgang in Halb- oder Ganztrance.

Ich lasse einmal die wenigen Fälle weg, bei denen schwach mediale Heiler ihre Zuflucht zu Betrug und Täuschung nehmen. Diese Formen sind in der Tat in der Minderheit. Das Gross dieser Heilungen haben spiritistischen Charakter. Dafür gibt es viele Hinweise:

a. Ich hatte ein Stück undefinierbares, spiritistisch hervorgebrachtes Gewebe in der Hand, ehe ich es vernichtete. Es sah fast aus wie ein Stück stabilisiertes Ektoplasma, wie es starke Medien hervorbringen können. Damit ließen sich die blutigen Gewebestücke erklären, die von den Heilern bei ihren „Operationen“ aus dem Leib des Patienten hervorgeholt werden.

b. Der nächste Hinweis auf Spiritismus ist die Beobachtung, dass Heiler zur Irreführung der Patienten zuerst die Hand auf die Bibel legen und dann in Trance fallen.

c. Eine weitere Hilfe zum Verständnis dieser Vorgänge ist die gelegentliche Beobachtung, dass der Heiler nicht wirklich die Bauchdecke zur Operation öffnet, sondern seine Manipulationen nur am sogenannten Astralleib vornimmt.

d. Manche Besucher kamen zu der Überzeugung, dass die Heiler eine magnetische Kraft übertragen würden. Ein ganz bekannter Heiler stimmte dieser Beobachtung zu. Welchen Charakter hätte dann aber ein solcher Magnetismus, unter dessen Einströmen etwa ein Gehirntumor verschwindet? Der Mesmerische Magnetismus ist zu solchen Kraft- und Wundertaten nicht imstande, es sei denn, es läge reinster Spiritismus vor.

e. Das Auftauchen von den Gewebefetzen und dem vielen Blut bei den Operationen erinnert an spiritistische Apporte und Materialisationen.

f. Wir brauchen mit den Heilern über den Charakter ihrer „Operationen“ nicht streiten, denn sie selbst bekennen, was sie treiben. Nahezu alle Filipino-Heiler gehören zur Union Espiritista Christiana de Filipinas = spiritistisch christliche Vereinigung der Philippinen. Spiritistisch christlich nennen sich diese mysteriösen Vorgänge. Diese Kombination ist nicht möglich. Entweder wir sind Christen oder wir sind Spiritisten. Was hat Jesus Christus zu tun mit Belial? Eine Zweigleisigkeit, eine Vermengung der beiden entgegengesetzten Kraftfelder ist nicht möglich, ohne dass wir schwersten geistlichen Schaden leiden.

Wer sich den Filipino-Heilern in die Hände gegeben hat, hat sich vom Teufel und seinen Dämonen bedienen lassen. Er soll darüber Buße tun, sich lossagen und Jesus Christus um Seine Hilfe und Befreiung bitten!

Der Trance-Chirurg Von den Philippinen gehen wir nach Brasilien, einem Land, das ich neunmal bereist habe. Meine Erfahrungen mit den dortigen Spiritisten habe ich in meinem Buch „Jesus auf allen Kontinenten“ veröffentlicht. Professor Dr. Krebs vom Kultusministerium in Porto Alegre bestätigte mir, dass ich das Wesen des brasilianischen Spiritismus richtig dargestellt habe. Mehrere meiner Vortragstouren wurden von Kreispfarrer Braun vorbereitet. Er hat mich großenteils mit seinem Wagen zu den Einsatzplätzen gefahren. Bei diesen Fahrten kamen wir auch durch Belo Horizonte, der Wirkungsstätte von Arigo, dem spiritistischen Chirurgen-Genie. Was Arigo alles vollbracht hat, ist eine Kette von Wundern – allerdings dämonischen Wundern. Die katholische Kirche selbst bezeichnete ihn als spiritistischen Heiler, obwohl Arigo zur katholischen Kirche gehört.

In dem erwähnten Städtchen Belo Horizonte ereignete sich ein unglaubliches Operationswunder Arigos. Der Senator Lucio Bittencourt hatte eine Wahlversammlung gehalten, zu der auch Arigo und seine Freunde von Cogonhas angereist waren. Bittencourt hatte Lungenkrebs und plante, sich nach der Wahlkampagne in den USA operieren zu lassen. Der Senator und Arigo übernachteten im gleichen Hotel. In der Nacht sieht Bittencourt plötzlich Arigo mit einem Rasiermesser in der Hand in seinem Zimmer. Er hört noch die Worte Arigos: „Sie befinden sich in großer Gefahr.“ Dann verliert er das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kommt, fühlt er seinen Zustand verändert. Er macht Licht und entdeckt Blutgerinnsel an seiner Pyjamajacke. Er zieht die Jacke aus und betrachtet den Oberkörper im Spiegel. Er beobachtet am Brustkorb einen feinen Schnitt. Da er um Arigos Heilkunst weiß, eilt er in das Zimmer Arigos und fragt ihn: „Hast du mich operiert?“ – „Nein, Sie haben wohl zuviel getrunken.“ Der Senator antwortet: „Das muss ich genau wissen. Ich nehme das nächste Flugzeug und gehe zu meinem Arzt in Rio.“ Bittencourt erklärt dem Arzt nur, dass er operiert worden sei. Der Spezialist macht Röntgenaufnahmen und bestätigt: „Ja, Sie sind nach den Regeln der amerikanischen Chirurgie operiert worden. So weit sind wir hier in Brasilien noch nicht.“ Erst dann erläutert der Senator, was geschehen war. Diese Geschichte ging als große Sensation durch die Zeitungen und löste eine Flut von Besuchern in Arigos „Klinik“ aus.

Welchen Charakter haben diese merkwürdigen operativen Eingriffe? Zunächst zur Person Arigos. Er durchlief nur vier Jahre Grundschule und hat keine medizinische Ausbildung. Von Beruf ist er Minenarbeiter, später stellte ihn die Behörde an. Die Operationen führt er in Trance aus. Er behauptet, der Geist eines deutschen Arztes, Dr. Adolph Fritz, würde ihn „besessen“ machen. Dieser Hinweis ist deshalb irreführend, weil kein deutscher Arzt solche Operationen ohne Narkose, ohne Desinfektion mit einem einfachen Messer durchführen würde und etwa damit eine Lungenoperation vornehmen könnte. Die Operationsschnitte von Arigo heilen auch ohne Naht mit großer Schnelligkeit zu. Zum andern kann kein Arzt der Welt auf Entfernungen ohne jede Untersuchung exakte Diagnosen stellen. Wenn Arigo in Trance ist, gibt er bei jedem Besucher sofort die exakte Diagnose an. Es handelt sich hier also um die sogenannte hellfühlende Diagnose, wie wir sie nur bei den stärksten spiritistischen Medien finden. Es handelt sich bei Arigo um nichts anderes als um eine Besessenheit. Dabei kann uns auch nicht die Frommtuerei hinweghelfen. Arigo hat über seiner Haustür ein Schild: „Hier in diesem Haus sind wir alle Katholiken.“ Bei der Operation in seinem Haus stellt er die Patienten unter ein Jesusbild und den Spruch „Pense ein Jesus“ (= Denke an Jesus). Bevor er morgens seine Arbeit beginnt, betet er auch ein Vaterunser.

Diese fromme Umrahmung täuscht die Besucher. Wer aber 52 Jahre die Auswirkungen des Spiritismus hat sehen müssen, der kann nur mit aller zur Verfügung stehenden Macht warnen! Heilung des Leibes um den Preis des Seelenheils ist die Sache nicht wert. Übrigens wurde der Senator später durch ein Flugzeugunglück getötet und Arigo durch einen Autounfall. Auch das ist eine Häufigkeitserscheinung, dass okkult Belastete oder gar dämonisierte Menschen oft in einem tödlichen Unfall enden. In meiner Kartei habe ich viele solcher Beispiele. Wollen wir uns nicht endlich warnen lassen?

c. Die geistigen Heilungsformen

Die vier bekanntesten geistigen Heiler sind Harry Edwards, Bruno Gröning, Dr. Trampler und Johannes Bolte. Die drei Erstgenannten sind schon verstorben. Johannes Bolte ist von den vier am wenigsten bekannt, aber er lebt noch und hat noch Ausstrahlung durch sein Schrifttum. Harry Edwards ist bekannt geworden durch sein Buch „Spiritual Healing“. Er war Präsident einer spiritistischen Heilerorganisation. Bei meinen Vortragstouren in England hatte ich in der Seelsorge viel mit ihm zu tun. In meinen englischen Büchern habe ich einige Male über ihn berichtet. Aufschlussreich waren mir zwei kleine Begebenheiten:

B 77 Harry Edwards erklärte, er könne nur heilen, wenn seine geistigen Helfer anwesend seien. Er meinte damit außermenschliche Wesen. Gelegentlich nannte er sie auch seine Engel. Was das für jenseitige Helfer waren, geht auch aus einem anderen Bericht hervor. Harry verdiente mit seinen Heilungen viel Geld. So verkaufte er schließlich sein ursprüngliches Haus und baute sich ein größeres. Als Interessenten und zuletzt als Käufer kam ein gläubiges Ehepaar, das entschieden Jesus Christus nachfolgt. Diese Familie hielt es nicht lange in diesem Haus aus. Mann und Frau kamen zu mir in die Seelsorge und berichteten, dass es in diesem Haus spuke. Sie hätten keine Nacht Ruhe. Der Rumor war so stark, dass sie beschlossen, das Haus wieder zu verkaufen. Es stellte sich ein Liebhaber ein, der durch das Haus ging und entzückt ausrief: „O wie wunderbar. Hier wohnen die Himmlischen.“ Er wollte unbedingt das Haus haben und bot einen höheren Preis. Als das Ehepaar merkte, dass es sich bei dem Käufer um einen Spiritisten handelte, verzichtete es auf das gute Angebot und verkaufte es zu einem niedrigen Preis an einen anderen Interessenten. Der Spiritist hatte sofort gemerkt, dass in dem Haus „Jenseitige“ gegenwärtig waren, in deren Gemeinschaft er sich sofort wohlfühlte. Harry Edwards war ein hochmedialer spiritistischer Heiler, der auch auf Entfernung Menschen mit einem heilenden Impuls angehen konnte. Es war Hilfe und Heilung mit Hilfe der Dämonen.

Über Bruno Gröning will ich aus doppeltem Grund hier nicht berichten. In meinem letzten Kapitel über die Befreiung bringe ich ein Beispiel zur Praxis von Gröning. Der zweite Grund ist die Tatsache, dass die Heilmethode Grönings der geistigen Methode von Dr. Trampler ähnlich ist. Dr. Trampler soll aber hier zu Wort kommen. Seine Methode ist nachzulesen in seinem Buch „Gesundung durch den Geist“. Eine kurz zusammengefasste Beurteilung findet sich in dem Lexikon der Parapsychologie von Bonin, S. 497. Es heißt dort: „Dr. rer. pol. Kurt Trampler war in den 50er Jahren ein bekannter Geistheiler, der seine therapeutischen Bemühungen als ‚geistigenergetische Heilmethode‘ beschrieb. Er übergab seinen Patienten Stanniolfolien, die er vorher in seinen Händen gehalten und ,durchströmt‘ hatte, außerdem stellte er sich zu festgesetzten Zeiten auf die Patienten ein. Dabei verstand sich Trampler als Mittler göttlicher Kräfte.“
Mittler göttlicher Kräfte? Es gibt nur einen Mittler der Kraft Gottes: Jesus Christus. Wir kommen der Wahrheit aber nahe, wenn wir diesen Ausdruck umwandeln in Medium dämonischer Kräfte. Viele Okkultisten rühmen sich der medialen Mittlerrolle für dämonische Kräfte. Paulus spricht in Epheser 6 von den bösen Geistern, die im Luftgebiet ihr Unwesen treiben. Diese bösen Geister haben ihre „Mittler“, ihre Medien in der Menschheit. Wer Trampler einfach als Scharlatan und Kurpfuscher abtun will, tut ihm unrecht. Dieser Mann hat mit seiner medialen Heilgabe viele Erfolge erzielt. Ich gebe drei Beispiele aus seinem Buch „Geistige Heilung“:

B 78 Frau Th. K. schreibt am 29. November 1951: „Mein Sohn, 11 Jahre alt, bekam seit ungefähr zwei Jahren sog. ,Abwesenheitsanfälle‘, die sich bis zu sieben am Tag steigerten. Nach einer Untersuchung in einer Kinder-Universitätsklinik wusste ich, dass es sich um Epilepsie handelt. Im Frühjahr 1951 war ich mit meinem Kind bei einem Vortrag von Dr. Trampler, darnach blieben die Anfälle aus. Im Herbst stellten sie sich wieder ein. Ich habe Dr. Trampler geschrieben und um Ferneinstellung gebeten. Seitdem sind keine Anfälle mehr aufgetreten. Der Junge ist vergnügt und munter, macht einen frischen Eindruck und bessert sich in der Schule so, dass wir ihn im nächsten Jahr in die Oberschule schicken können.“ (Seite 29)

B 79 Der Bericht von Herrn A. D. Augsburg vom 23. 7. 1952 lautet: „Ich litt seit einem halben Jahr an schweren Kreislaufstörungen mit Herzverkrampfung, die täglich und vor allem Nachts sehr heftig auftraten. Linderung erhielt ich nur durch vom Arzt verordnete Medikamente. Nahm ich diese nicht, waren die Schmerzen unerträglich. Jeden Tag hatte ich mehrmals Herzkrämpfe. Am 23. Juni kam ich zum ersten Mal nach Gräfelfing und konnte gesund nach Hause fahren. Vier Wochen später kann ich bestätigen, dass kein einziger Rückfall eingetreten ist.“ (Seite 41)

B 80 Die ebenso rasche wie weitreichende Umstellung eines langwährenden Leidens berichtet Frau E. W. aus Horgauerkreuth, 26. 11. 1951: „Durch Splittereinwirkung bei einem Tieffliegerangriff stellten sich in der Wirbelsäule Lähmungserscheinungen und Gefühllosigkeit in beiden Beinen ein, die mir das Gehen sehr erschwerten. Dazu hatte ich heftige Schmerzen in den Nieren, im Kreuz und in der Rückenmuskulatur, welche mir Atembeschwerden verursachten. Trotz Entfernung der Splitter und jahrelanger Behandlung konnte keine Besserung erzielt werden. Nach meinem ersten Besuch der Vorträge von Dr. Trampler sind die Schmerzen in den Nieren und im Kreuz vollkommen weg. Das Gehen ist viel leichter geworden. Die Rückenmuskeln schmerzen nur noch bei Überanstrengung.“ (Seite 40)

Nun müssen wir aber die mediale Heiltätigkeit Tramplers ein wenig unter die Lupe nehmen. Er macht es uns leicht, da er in einem Flugblatt seine Methode in Kurzfassung dargestellt hat. Wir folgen dieser Selbstdarstellung, die überschrieben ist: „Zur Praxis der geistigen Heilung“.

1. „Eine Gesundung durch den Geist kann ein Kranker dann erfahren, wenn er durch eine richtige geistige Einstellung und durch eine richtige körperliche Schaltung so viel zusätzliche Lebenskraft empfängt, dass sich in ihm ein Wachstumsvorgang aus der Krankheit in die Gesundung vollzieht.

2. Wenn wir eine geistige Heilung erstreben, müssen wir unsere Gedanken bewusst auf die allgegenwärtige von Gott ausgehende Urkraft allen Lebens einstellen.

3. Aufnahme der zusätzlichen Lebenskräfte darf nicht durch eine falsche körperliche Schaltung erschwert werden. Keinen Kurzschluss hervorrufen durch Verschränken der Arme oder Übereinanderschlagen der Beine.

4. Durchströmte Gegenstände wie etwa die beiliegende Aluminiumfolie erleichtern den Empfang von Lebenskraft. Durchströmte Gegenstände können auf die Schmerzstellen oder zwischen Kopfkissen und Kopfkissenbezug gelegt werden.
5. Wer eine Fernheilung erhofft, stelle jeden Abend einen gedanklichen Kontakt mit uns her, wenn ich mich von 21.00 – 21.15 Uhr auf alle Heilungssuchenden einstelle.“
Diese Darstellung ist stark gekürzt, weil nicht das ganze Prospekt abgedruckt werden kann.

Es hat keinen Sinn, das Buch von Trampler und die praktischen Anweisungen seiner Mitarbeiterin zu besprechen. Diese schriftlichen Erläuterungen sind bar der elementarsten Wahrheiten der Heiligen Schrift. Auf diesen beschriebenen Wegen können zwar mediale Heilungen erzielt, aber kein Kontakt zu Gott hergestellt werden. Daran wird auch nichts durch gelegentliche lächerliche Hinweise, dass man auch beten soll, geändert. Stanniolblättchen schaffen keine Verbindung zum lebendigen Gott. Kontakte mit den medialen, okkulten, dämonischen Kräften sind aber starken Heilmedien möglich. Zu diesen exquisiten Heilmedien gehörte Dr. Trampler. Dass seine medialen Kräfte negativ waren, ging auch daraus hervor, dass er betende, treue Christen von seiner Sprechstunde wegschickte. Tramplers Kräfte vertrugen sich nicht mit dem überzeugten biblischen Glauben. Dafür habe ich in meiner Kartei einige Beispiele.

Zu den Geistheilern zählt auch Johannes Bolte. Er gehört zu den medialen Heilern, die mir in der Seelsorge und in der Korrespondenz am meisten Arbeit und Not verursachten. 1954 erhielt ich die Einladung, in Magdeburg eine Pfarrkonferenz über den Zusammenhang „Okkulte Belastung und die seelsorgerliche Betreuung“ zu halten. Dem Konsistorium ging es dabei um einen Pfarrer Joh. Bolte, der als Heilpraktiker großes Aufsehen erregt hatte. Das Konsistorium bekam dieser Heiltätigkeit wegen viele Anfragen. Ich schrieb dem Konsistorium, dass ich nicht kommen könne, da meine Bücher in der DDR auf dem Index stehen. Ich fürchtete Repressalien, da ich damals hörte, wie ein westlicher Journalist, der gegen den Weltkommunismus geschrieben hatte, bei seinem Besuch in der DDR verhaftet und zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt worden war.

Anstelle eines Besuches sandte ich dem Konsistorium mein Buch „Seelsorge und Okkultismus“ und ferner an viele Pfarrer und Prediger den gleichen Titel. Es gingen damals einige Tausend meiner Bücher über die Grenze. Zur Ruhe kam ich aber mit Pfarrer Bolte noch nicht. Einige Jahre nach der Einladung durch das Konsistorium erhielt ich von einer Frau, die im Dienst der Verkündigung steht, einen Brief, der zum Teil auch Pfarrer Bolte betraf. Dieser Brief wird ohne Angabe der Adresse hier wiedergegeben.

B 81 „Lieber Bruder Koch, seit 1960 stehe ich im Dienst der Wortverkündigung und Seelsorge. Ihre beiden Bücher ‚Seelsorge und Okkultismus‘ und ‚Unter der Führung Jesu‘ sind mir für meinen Dienst sehr wertvoll. Ich stehe ja verhältnismäßig erst kurze Zeit im hauptberuflichen Verkündigungs- und Seelsorgedienst, aber ich sehe bereits, dass es nur wenig sind, die nicht in irgendeiner Weise mit okkulten Dingen belastet sind. Mir kam der Gedanke, dass vielleicht auch von daher gesehen es in Mitteldeutschland noch keine Erweckung gab und die Ausrichtung der Botschaft von Jesus Christus auf so steinigen Herzensboden fällt. Auch muss ich immer wieder feststellen, dass so mancher aus unseren Kreisen seine Vergangenheit in bezug auf Zaubereidinge vor Gott noch gar nicht in Ordnung gebracht hat. Vielleicht auch darum verhältnismäßig so wenig geistliches Wachstum unter den Gläubigen. Aber deswegen schreibe ich Ihnen nicht. Es geht mir darum, Ihren Rat zu erbitten.

Ich komme aus ungläubigem Elternhaus. In meiner Jugend war ich mehrmals bei einer Kartenlegerin. Seit 1949 war ich sehr krank. Ärzte konnten wenig helfen. 1953 wurde ich auf einen gewissen Pfarrer Bolte in Hemleben/Thüringen aufmerksam gemacht, der angeblich heilen konnte. Da ich damals in der Nähe wohnte, fuhr ich hin. Der Andrang war jeden Tag bei diesem Pfarrer sehr stark. Von weither kamen die Leute, sogar mit Omnibussen. Er suchte sich die Leute, die er behandeln wollte, aus. Da ich vorher angemeldet war, kam ich dran. Er bependelte den ganzen Körper und bestrich mit magnetischen (?) Strichen in der Luft den Körper. Während des Bestreichens geriet sein Gesicht und sein Körper in nicht schön aussehende Zuckungen. Ich war vielleicht 5-6 Mal persönlich bei ihm. Zuletzt versuchte er ja Massenheilungen bei seinen Gottesdiensten. Nicht durch Handauflegen, sondern durch Ausstrahlungen von ihm, besonders wohl von seiner rechten Hand aus. Ob es sich hierbei um bestimmte Suggestivkräfte handelte? Der Gottesdienst ging dabei im üblichen Rahmen vor sich. Ich persönlich habe nie eine wesentliche Erleichterung durch seine Behandlung verspürt. Es gab aber wirklich eine ganze Reihe Menschen, wo er – bzw. die Kräfte, die hinter ihm standen – heilen konnte. Seit ein paar Jahren wohnt dieser Pfarrer Bolte in Westdeutschland. Ob er dort seine okkulte Praxis unter frommem Gewand weiterführt, weiß ich nicht. Auf jeden Fall schickt er an viele ihm bekannte Ostbewohner bis zum heutigen Tage weiterhin okkulte Briefe zwecks Heilung. Ob Ihnen Pfarrer Bolte bekannt ist?

Seit 1954 ging ich unter das Wort Gottes. Die drei Pfarrer in meinem damaligen Wohnort konnten mir innerlich nicht weiterhelfen. Erst unter der Wortverkündigung in einer christlichen Gemeinschaft fand ich dann, was ich mehr unbewusst als bewusst suchte. Eines Tages kam im Gespräch mit einer Glaubensschwester die Rede auf Wahrsagen, Besprechen usw.. Sie sagte, dass der Mensch, der solche Dinge getan habe bzw. an sich habe vollziehen lassen, unter satanischem Bann stehe. Ich hatte so etwas noch nie gehört, war in diesen Dingen wirklich völlig ahnungslos. Ich wollte Klarheit darüber haben und sprach diesbezüglich mit dem Prediger aus dieser christlichen Gemeinschaft, der die Ansicht der Schwester bestätigte. Er fragte mich, ob ich bewusst von diesem dämonischen Bann los sein wollte, und nachdem ich bejahte, sprach er ein Lossagegebet, was ich nachsprechen musste.“

Da dieser Brief sehr lang ist, fasse ich kurz zusammen. Nach der Seelsorge durch den Prediger ging es der Schwester besser, zumal sich noch ein Gebetskreis für sie intensiv einsetzte. Zu Pfarrer Bolte ging sie nicht mehr, hörte aber immer wieder von anderen, die dort Heilung suchten, darunter auch ihre eigene Mutter. Einige Jahre nach dieser Befreiung setzten sich an ihrer Hand Warzen an. Sie ging zum Hautarzt, der ihr erklärte, sie solle die Warzen besprechen lassen, das sei schmerzlos und hinterlasse keine Narben. Die Schwester weigerte sich und ging zu einem anderen Facharzt, der ihr den gleichen Rat gab und auch auf Pfarrer Bolte hinwies. Die Schwester weigerte sich entschieden, okkulte Hilfe in Anspruch zu nehmen. Am Schluss ihres Briefes fragte sie: „Wenn es so offensichtlich ist, dass der Teufel schmerzlos Warzen entfernen kann, dann müsste doch Jesus Christus das mindestens genauso gut, ja noch besser können.“ Meine Einstellung, die ich auch der Schwester mitteilte, ist, dass wir selbstverständlich aus allen Anliegen ein Gebet machen dürfen. Wir haben als Christen aber auch das Recht, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Warzenentfernung durch Magie lehnt die Bibel aber strikt ab!

Dieser Brief ist vorwiegend deshalb hier veröffentlicht, weil er eine Detailschilderung der Heilmethode von Pfarrer Bolte enthält. Eines Tages hörte ich, dass er nur 25 km von meinem Heimatort entfernt seinen neuen Wohnsitz genommen hatte. Joh. Bolte sandte mir von dort drei seiner okkulten Broschüren zu. Ich überflog sie kurz, dann verbrannte ich zwei davon, die dritte Schrift behielt ich zu meiner Orientierung. Sie heißt: „Von der Pendelforschung zur Wunderheilung“. Diese Schrift ist der Ausgangspunkt für die folgenden Erläuterungen. Zunächst eine positive Feststellung. Johannes Bolte kann lebendig und anschaulich erzählen. Ich kann mir gut vorstellen, dass er früher als Pfarrer kurzweilig gepredigt hat und eine große Zuhörerschar hatte. Das zweite, was zugegeben werden muss: Bolte ist kein Scharlatan und kein Betrüger. Er besitzt hochgradige mediale Fähigkeiten, aber es sind eben mediale, dämonische und keine charismatischen Kräfte.

Aufschlussreich für den Charakter der Pendelforschung sind die Querverbindungen. Die medialen Bereiche haben alle untereinander „Metastasen“ wie der fortgeschrittene Krebs. So schreibt Bolte auf S. 9: „In dem kommenden geistigen Zeitalter wird es auch eine neue Medizin geben! Eine Medizin, die aus diesem Geisteserlebnis geboren wird. Pendelforschung und Heilmagnetismus werden dann im Kreise der Ärzte große Bedeutung bekommen.“ Auf S. 11 stellt der Autor fest: „Die Pendelkunde ist überhaupt erst der Schlüssel zu der ungemein komplizierten Homöopathie.“ Pendelforschung – Heilmagnetismus – Homöopathie ist die Querverbindung auf medialer Basis. Der Ausgangspunkt der Pendelpraxis Boltes ist die Annahme einer Strahlung, die von organischen und anorganischen Stoffen ausgeht.

Freiherr von Reichenbach nannte diese Strahlung Od. Der germanische Gott Odin oder Wotan soll bei dieser Wortbildung Pate gestanden haben. Die Chinesen nannten es Chi, das bei der Akupunktur eine Rolle spielt. Diese Odstrahlung wird auch als Ursache der Aurabildung angesehen. Der russische Elektronik-Ingenieur Kirlian hat versucht, mit einer Hochfrequenztechnik die Aura zu fotografieren.

Aus dieser angenommenen Emanation aller Stoffe hat sich die Praxis aller Radiästheten entwickelt. Bolte schreibt dazu S. 27: „Die Pendelkunde ist zunächst Erforschung der geheimen, unbekannten Strahlen! Das sind in erster Linie Od-Strahlen, biologische Strahlen, die der heutigen Physik und Medizin dummerweise noch nicht bekannt sind, obwohl sie in der gesamten Natur eine geradezu ausschlaggebende Rolle spielen, vielleicht noch mehr als die Elektrizität, die der Blitz enthält oder die wir in Drähten leiten … Der Pendel zeigt einem das Wesen der Krankheit, das, wo sie hergekommen ist: sie kam aus den gestörten Strahlungsverhältnissen.“

Eigentlich muss man Bolte dankbar sein, dass er ausführlich über seine Pendelforschung spricht. Dadurch macht er es dem Beurteiler leicht, das Wesen der Pendelreaktionen zu erkennen. Auf S. 29 schreibt Bolte: „Eine zweite ebenso harte Tatsache ist oben auch schon angedeutet: das Vorhandensein einer jenseitigen Welt. Jenseitige können den Pendel auch beeinflussen. Denn Od ist eine Zwischenmaterie zwischen der Materiewelt und der Astralwelt, in der die Jenseitigen der Zwischenstufen leben. Mit dem Od spielen sich auch alle die Phänomene des Spiritismus ab, Tischklopfen, mediales Schreiben, Materialisationen und anderes. Somit ist also der Pendel in gewisser Weise auch ein gefährliches Instrument … Der Pendler muss also auch die Gesetze und Gefahren des Mediumismus kennen. Er könnte sonst unter Umständen sogar verrückt werden.“

Ich bin Bolte dankbar für diese offene Sprache. Er nimmt mir die Arbeit ab, solche Nachweise zu bringen, wenn er als hochqualifizierter Pendler selbst die Zusammenhänge mit dem Spiritismus aufzeigt. Eigentlich könnte man hier dieses Kapitel abschließen. Aber es ist wichtig, dass wir auch in die Praxis des Pendlers hineinschauen. Der Pendel dient dazu, Wasseradern, Öllager, Erzvorkommen, überhaupt alle Bodenschätze und Bodenbeschaffenheiten aufzuspüren. Bolte sagt auf S. 7: „Mit dem Pendel konnte ich die Kupfervorkommen auf der bloßen Landkarte nach Lage, Tiefe und Mächtigkeit regelrecht ablesen.“

Mit dem Pendel kann auf einem Foto der Charakter, ja sogar alle Lebensdaten der dargestellten Person festgestellt werden. Mit dem Pendel kann man auf einem anatomischen Atlas die Krankheiten eines Patienten erkennen, wenn man mit der rechten Hand den Pendel führt und die linke auf den Kranken legt. Der Pendel ist auch zuverlässig bei archäologischen Funden. Das Alter kann exakt ergründet werden. Durch den Pendel kann unser eigenes Unterbewusstsein oder das anderer Menschen zum Sprechen gebracht werden. Der Pendel erschließt Vergangenheit und auch Zukunft. Mir ist das auch zweimal in der Seelsorge begegnet, dass hochmediale Pendler 18 Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges das exakte Datum auf dem Buchstabier- und Zahlenbrett (Ouijaboard) voraussagen konnten. Der Arzt, der das Schlusswort zu diesem Buch geschrieben hat, ist einer dieser beiden Pendler. Der geübte Pendler, der langjährige Erfahrung hat, kann nicht nur Strahlen fühlen, nachweisen, messen und deuten, sondern auch Strahlen aussenden und damit heilen. Das ist das Problem der geistigen Heilung. Es gibt Fernmutungen und Fernheilungen, also den passiven und den aktiven Vorgang auf Distanz. Immer wieder stieß ich in Boltes Buch auf Aussagen, die mir aus der Seelsorge geläufig sind. So schreibt er auf Seite 38:
 „Man soll nicht mit dem Pendel nach Dingen fragen, zu denen unser Geist gar keinen Kontakt haben kann. Was ist die Folge? Es schalten sich sofort niedere Jenseitige ein, die uns ständig umgeben in dieser Welt der Verführungen und Prüfungen. Wenn sie sehen, dass jemand medial ist und seine Medialität anwenden will, dann sind sie da und versuchen aus dem Betreffenden ihr Medium zu machen, also diesen Betreffenden zu missbrauchen.“

Abgesehen davon, dass ich die ganze Pendelpraxis total ablehne, stehen hier Sätze, die meiner eigenen Beobachtung entsprechen. Wer seine Medialität erkennt und anwenden will, wird Operationsbasis der Dämonen. Das sagt also nicht ein Pietist oder Evangelikaler, sondern ein erfahrener Pendler.


9. Umkehrung der medialen Kräfte

Professor E. Liek berichtete in seinem Buch „Das Wunder in der Heilkunde“ auf S. 141 von dem englischen Arzt Wright, der von Jugend an kraft seines Willens Nesselsucht an Armen und Beinen hervorrufen konnte. Liek fährt fort: „Was vom Gesunden gilt, das gilt natürlich viel mehr vom Kranken. Bekannt ist z.B., dass Diabetiker auf jede stärkere seelische Erregung mit größerer Zuckerausscheidung antworten.“ Mir ist dieses Phänomen aus der eigenen Familie bekannt. Meine Mutter war über 30 Jahre lang zuckerkrank und spritzte sich täglich zweimal Insulin. Wenn irgend jemand oder irgend etwas sie aufregte, bekam sie einen höheren Blutzuckerspiegel.

Liek wies in seinem Buch ferner auf den Arzt Brünnemann hin, der in Hypnose Ekzeme, Schuppenflechte, Furunkulose und hartnäckige Geschwüre hervorrufen konnte. Die Umkehr der heilenden Kräfte in eine gesundheitsschädigende Macht ist ein Zeichen der Magie. In der Bibel kennen wir solche Vorgänge als einen vollmächtigen Gerichtsvollzug durch einen Gottesmann. In 2. Könige 5 wird die Heilung Naemans vom Aussatz berichtet. In der gleichen Geschichte hören wir, dass der Prophet Elisa seinem geldgierigen Diener Gehasi fluchte: „So soll nun der Aussatz Naemans an dir haften und an deinem Samen ewiglich! Da ging er von ihm hinaus, aussätzig wie Schnee.“ (2. Könige 5, 27)

Wir haben in diesem Bericht den Vorgang der göttlichen Heilung und die Umkehrung gegen Gehasi. Die Bestrafung mit Aussatz finden wir auch in 4. Mose 12 in dem Bericht von der murrenden Mirjam. Sie wurde durch ein Gericht Gottes aussätzig. Auf das Gebet von Mose hin wurde sie wieder geheilt. Beide Geschichten liegen in entgegengesetzter Folge: Bei Mirjam die Strafe Gottes durch Aussatz und die Heilung nach dem Gebet von Mose. Bei Elisa zuerst die Heilung durch Gottes Tat und danach das Gericht durch den Aussatz an Gehasi. Diese Geschichten zeigen, dass es auch auf biblischer Ebene eine Umkehrung der Kräfte gibt. Natürlich haben die biblischen Vorgänge nichts mit der Magie zu tun. Biblische Ereignisse liegen im göttlichen Machtbereich. Die magischen Vorgänge sind Operationen im Machtbereich Satans.

B 82 In der Seelsorge sind mir viele Umkehrungen der medialen Heilkräfte bekannt geworden. Ein schwerwiegendes Erlebnis, in das ich mich einschaltete, hatte ich in Zürich im Zusammenhang mit einer Evangelisation in der Bethelkapelle. Eine Frau kam zur Seelsorge, die als Medium zu einer spiritistisch-magischen Gruppe in Zürich gehörte, die das Heilen und das Krankmachen praktizierte. Damals war das Buch von Pfarrer Lüscher herausgekommen „Im Bannkreis des Aberglaubens“. Lüscher hatte in dem Buch die Spiritisten angegriffen, darum sannen die Spiritisten auf Rache. Es waren 20 Mitglieder dieses Zirkels, die sich in Séancen vereinigten, um Lüscher „kaputtzumachen“, wie sie sich ausdrückten. Es gelang ihnen nicht, Lüscher zu töten, aber sie legten ihn für einige Monate lahm. Lüscher hat einen Nervenzusammenbruch erlitten und war 3 ½  Monate nicht arbeitsfähig. Als ich durch die Seelsorge von diesem Vorfall gehört hatte, suchte ich Pfarrer Lüscher in Schaffhausen auf und besprach mit ihm die Möglichkeit, sich in Zukunft zu schützen.

Bei solchen Kämpfen zeigt es sich, dass Satan eine Großmacht ist. Es ist nicht damit getan, dass man sich nur formelhaft unter den Schutz Jesu Christi stellt. Mit einem billigen Christsein kommt man nicht durch. Bei diesen Gedankengängen werde ich jeweils an das Erlebnis eines meiner Freunde erinnert. Es handelt sich um Werner Ambühl, einen der Gründer der Telefonseelsorge in St. Gallen. Er gab mir die Erlaubnis, seine Geschichte zu veröffentlichen.

B 83 Als Ambühl noch in der Telefonseelsorge tätig war, erhielt er einen Anruf von einem Zahnarzt, der ihn fragte: „Herr Ambühl, haben Sie gestern nacht etwas gespürt?“ – „Nein“, erwiderte der Angerufene. Der Gesprächspartner hängte aber ohne Antwort zu geben ein. Der Anruf des Zahnarztes erfolgte an einigen Tagen immer mit der gleichen Frage. Beim letzten Anruf sagte der Arzt: „Wenn es durchaus nichts wirkt, dann muss ich die Konsequenzen ziehen.“ Einige Tage später stand in der Zeitung, dass der Zahnarzt Selbstmord begangen hatte.
Im Zusammenhang mit der Todesmagie sind mir mehrere solcher Beispiele bekannt geworden. Der Erfolg der Todesmagie hängt von dem geistlichen Stand des Opfers ab. Auf Neuguinea und auch auf anderen Missionsgebieten sagten mir ehemalige Zauberer, dass die Todesmagie an Ungläubigen wirke, aber nicht bei wiedergeborenen Kindern Gottes, da sie den Heiligen Geist als ihren „Schutzschild“ haben. Das hörte ich in Ilahita, Neuguinea, durch den ehemaligen Todesmagier Daniel, ein andermal hörte ich es in Soe (Timor), ein drittes Mal in Haiti durch Missionar Toirac, der von der Queen of Darkness (Königin der Finsternis) informiert worden war. In der Magie kann jede Kraft in ihre Umkehrung gewandelt werden: Es gibt also:
Heilungszauber und Krankheitszauber
 – Liebeszauber und Hasszauber
 – Bannen und Lösen
 – Angriffszauber und Abwehrzauber
 – Fruchtbarkeitszauber und Frigiditätszauber
 – Magischer Glückszauber und Verfluchungen, Verwünschungen

Es gibt noch andere ausgefallene Formen. Die letzten Dinge meiner seelsorgerlichen Erfahrungen gebe ich in meinen Büchern sehr ungern preis, weil ihr Bericht nicht nur auf Unverständnis stoßen, sondern sogar Verwirrung stiften kann.

B 84 Zunächst ein Beispiel aus Nürnberg, wo ich vor Jahren einige Evangelisationen hatte. Eine Frau, 46 Jahre alt, berichtete in der Seelsorge folgendes. Ihre Schwägerin besitzt das 6./7. Buch Moses, mit dem sie Krankheiten heilt oder auch ihren Feinden anhängt. Sie ist Spezialistin dafür, ihren Feinden Ungeziefer anzuhängen. Sie erklärte, sie hätte durch ihre Schwägerin jahrelang entsetzlich mit Läusen zu tun gehabt. Trotz aller medizinischen Behandlung sei sie der Läuse nicht Herr geworden. Als sie eines Tages ihr Leben Jesus Christus auslieferte und sich ganz unter den Schutz Jesu stellte, waren die Läuse schlagartig weg.

Das Phänomen, dass durch Magie und Zauberei Ungeziefer entstehen kann, ist bereits bei den ägyptischen Zauberern in 2. Mose 6-8 bekannt. In der Seelsorge wird das einem im Zusammenhang mit der Schwarzen Magie manches mal gebeichtet.

B 85 Im Blick auf die Umkehrung der Heilkräfte hatte ich schon mehrfach Auseinandersetzungen mit Anhängern der Christlichen Wissenschaft (Christian Science), die ein Kind der Freimaurerei ist. Diese unter religiöser Flagge laufende Bewegung hat okkulten Charakter. Man darf nur einmal die Lebensgeschichte von Mary Baker Eddy betrachten und ihr Hauptwerk „Science and Health“ lesen. Es gibt in dieser Bewegung mediale Heilungen, auch Fernheilungen und ihre Umkehrung. Mehrmals wurde mir in der Seelsorge berichtet, dass die praktizierenden Ausüber – so heißen die Boten der Christlichen Wissenschaft – ihre Kräfte für Kranke einsetzen und auch gewisse Erfolge erzielen. Wenn aber Mitglieder der Bewegung austreten, dann setzen sie gelegentlich ihre Kräfte auch im Gegensinn ein.

So berichtete mir eine Frau, die einige Jahre zur Bewegung gehört hatte und austrat, dass sie bedroht wurde und nach dem Austritt Ekzeme am ganzen Körper erhielt. In dem Buch von M. B. Eddy „Miscellaneous Writings” (Vermischte Schriften) ist die Frage nach der Umkehrung der Heilkräfte behandelt. M. B. Eddy nennt die Umkehrung „Malpraxis“. Sie schreibt dazu: „Was verstehen Sie unter mentaler Malpraxis? – Malpraxis bedeutet, gedanklich so zu wirken, dass dadurch das Glück eines Menschen verhängnisvoll angegriffen, dass er sittlich, körperlich, oder geistig geschädigt werden kann … Dies ist nicht der Gebrauch, sondern der Missbrauch der Gedankenbehandlung, es ist mentale Malpraxis.“

Selbstverständlich heißt M. B. Eddy die Malpraxis nicht gut, sondern verwirft sie. Es liegen mir aber genug Beispiele vor, dass diese Grenzen überschritten werden.

B 86 Ein möglicher oder wahrscheinlicher Hinweis dazu ist folgender Bericht. Ein Akademiker war lange Zeit Mitglied der Christlichen Wissenschaft. Nach und nach erkannte er den Ungeist dieser Bewegung, und er entschloss sich auszutreten. Der Ausüber drohte ihm darauf: „Das werden Sie zu bereuen haben.“ Trotzdem vollzog der Akademiker die Trennung. Es stellten sich aber hinterher viele Störungen ein. Er litt unter furchtbaren Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, hatte oft ein Flimmern vor den Augen und Bewusstseinstrübungen. Auch im Geschäft erlebte er viel Unglück. Die Drohung hatte sich also erfüllt.

Nicht nur manche Ausüber, auch viele Spruchheiler beherrschen den umgekehrten Besprechungsvorgang. Dazu ein Beispiel aus meiner Seelsorge.

B 87 Ein Fabrikant aus dem Ruhrgebiet berichtete mir folgende Begebenheit aus seinem Leben. In seiner Heimat war es ein vielgepflegter Brauch, dass junge Leute vor der Musterung zu einem Besprecher gingen. Der Besprecher hatte die Aufgabe, die jungen Männer durch einen Besprechungsakt krank zu machen, damit sie um die Ableistung ihrer militärischen Dienstpflicht herumkamen. Das Besprechen funktionierte tadellos. Der Vater des berichtenden Fabrikanten ging mit seinem Sohn ebenfalls zu diesem Besprecher. Als der Besprecher den frischen, gesunden jungen Mann sah, erklärte er: „Der ist mir zu schade.“ Ein Jahr darauf fand dieser junge Mann während seiner Militärdienstzeit den Weg zu Jesus Christus. Der Fabrikant beschloss seinen Bericht mit dem Bekenntnis: „Ich sehe heute die Erklärung jenes Besprechers als eine Auswirkung der vorlaufenden Gnade Gottes an. Wäre ich damals besprochen worden, so hätte ich hinterher den Weg zu Jesus Christus kaum noch finden können, denn der Besprechungsakt ist nach meiner Meinung ein furchtbares Glaubenshindernis.“

Dr. Rudolph hat in seinem schon mehrfach erwähnten Buch, in dem er sich für die Spruchheiler einsetzt, dennoch darauf hingewiesen, dass die Heiler ihre Kräfte auch ins Gegenteil verkehren können. Er spricht auf S. 164 vom Schadzauber, er erwähnt auch die Blockierung des Urinflusses, das sogenannte „Wasserabstellen“ (S. 35) und die schmerzhafte Diebesbannung. Besprecher können also nicht nur mediale Heilkräfte übertragen, sondern auch krankmachende Vorgänge auslösen.

Wir stehen hier nicht nur vor der Umkehrung der heilenden in krankmachende Kräfte, sondern vor dem weiten Gebiet der Abwehrmagie. Ich habe ganze Ringbücher voll mit solchen Fällen, die ich bei meinen Missionsreisen als Originalberichte aufgenommen habe. Es folgen dazu einige Beispiele.

B 88 Eine Frau, 50 Jahre alt, berichtete in der Seelsorge, dass sie nachts von unsichtbaren Mächten geschlagen würde. Sie kann sich diese Dinge nicht vorstellen. Dann erfuhr sie, dass eine Hausbewohnerin das 6./7. Buch Moses und den „Geistlichen Schild“ besitzen würde. Diese Hausbewohnerin treibt Schwarze Kunst. Die geplagte Frau war schon bei Besprechern, um einen Abwehrzauber gegen die Belästigungen der Schwarzmagierin zu erfahren. Ihr letzter Rat war, wenn das alles nicht helfen würde, sollte sie die Kapuziner aufsuchen, die wären in der Abwehrmagie am stärksten.

Eine Frau schrieb mir über nächtliche Plagegeister und ihre Methode, sie abzuwehren.

B 89 „Sehr geehrter Herr Dr. Koch, ich war ein Kind von etwa sieben Jahren, als meine Eltern und meine drei Geschwister jede Nacht geplagt wurden. Entweder flog etwas gegen unsere Schlafzimmertür, oder es rollte etwas Schweres den langen Gang entlang. Auch hatten wir Kinder ein Roulette-Spiel mit Kugeln. So kam es vor, dass die Kugeln darin laut umherrollten. Dann sagte einmal jemand zur Mutter, sie könne diesem Tun gut abhelfen. Wir sollten nur des Nachts punkt 24 Uhr in den drei höchsten Namen einen Mannshut nehmen, einen Spruch sagen und mit einem Stecken drauflosschlagen. Das hatten wir alle dann getan. Am anderen Morgen kam ein alter Mann zu uns und bat aufzuhören, auf ihn des Nachts loszuschlagen. Er wäre über und über voller Beulen und hatte ein geschwollenes Gesicht. Er sagte, dass er uns wohl ein wenig geplagt hätte, aber es sei ja nur ein ,Schrätteli‘. Nun haben wir uns aber alle schuldig gemacht, indem wir ja mit Gleichem vergolten haben. Damals wussten wir wohl nicht, was wir damit anstellten. Aber der Fluch muss von daher wohl auch auf uns liegen. Wenn ich auch nur ein Kind war und von nichts wusste, möchte ich doch auch von dieser Schuld los werden. Meine Mutter ist vor zwei Jahren als gläubige Frau gestorben. Ob sie diese Begebenheit auch einmal bekannt hat, weiß ich nicht. Mir kam diese Begebenheit erst zum Bewusstsein, als ich Ihre Vorträge hörte. Bitte beten Sie auch für mich, dass ich von dieser Schuld los werde.“
Der Ausdruck „Schrätteli“ ist die im Schweizer Dialekt übliche Verkleinerungsform von Waldschrat. Man versteht darunter einen Waldgeist, Waldteufel, Plagegeist. In Jesaja 13, 21 und Jesaja 34, 14 wird von Feldgeistern und Kobolden geredet. In diese dämonische Familie der Feld- und Waldgeister gehört der Waldschrat. Der alte Zauberer bekennt also, dass er dieser Familie einen niederen Plagegeist ins Haus geschickt hat. In meinem Buch „Besessenheit und Exorzismus“ habe ich ab Seite 71 über die verschiedenen Dämonen berichtet, die in der Bibel genannt sind.

Natürlich weiß ich, dass es für die meisten Tiefenpsychologen und nahezu für alle modernen Theologen keine Dämonen gibt, sondern nur ein allwissendes, allmächtiges Unterbewusstsein. Vier Zeugen verbürgen sich für die Wahrheit dieses Berichtes: Eine Ärztin, ein Pfarrer und seine Frau sowie die Hausgehilfin der Pfarrfamilie.

B 90 Pfarrer Karle vom Pfarramt der Christuskirche in Mannheim suchte mich eines Tages zusammen mit seiner Frau auf. Sie berichteten mir folgendes. Ihre Hausgehilfin, Fräulein S., hatte Kontakt mit einer Rauschgiftsüchtigen, die anhand des 6./7. Buch Moses allerlei Experimente, auch Heilungsversuche, durchführte. Die Rauschgiftsüchtige sandte ihrer Bekannten, der Haustochter von Familie Karle, dieses Teufelsbuch, um sie damit zur Magie zu verführen. Die Empfängerin las einiges in dem Buch. Es wurde ihr dabei so unheimlich, dass sie sich des Buches entledigen wollte. Sie warf es in den Rhein. Als die Absenderin des Teufelsbuches, Iris mit Namen, davon hörte, war sie zornig und erklärte ihrem Opfer: „Ich werde dafür sorgen, dass du dich auch in den Rhein wirfst.“ Die Haustochter berichtete alles Pfarrer Karle und suchte seinen Rat und Hilfe. Pfarrer Karle wandte sich daraufhin an die Ärztin der Iris, die sich in einer Entwöhnungsanstalt für Rauschgiftsüchtige befand. Die Ärztin hielt es für unwahr, dass man mit dem 6./7. Buch Moses solchen Unfug treiben könne. Sie erklärte das für Aberglauben, der eventuell durch Suggestion wirken könne. Dabei blieb es aber nicht. Alle Beteiligten erhielten in der Folgezeit einen Beweis für die Gefährlichkeit der Verfolgungsmagie.

Die Ärztin benutzte die Abhörvorrichtung der Anstalt und belauschte ein Gespräch der Iris mit den anderen Anstaltsinsassen. Iris erklärte: „Die hat mein Buch in den Rhein geworfen, die mache ich kaputt. Am nächsten Montag um 20 Uhr steigt der Coup.“ Die Ärztin verständigte Pfarrer Karle. Pfarrer Karle informierte das Opfer, Fräulein S., nicht von dem geplanten Angriff. Sie wollten vermeiden, dass eine Suggestion erfolgte. Da er als Pfarrer noch nie eine derartige Seelsorge gehabt hatte, war es für ihn eine wertvolle Information und Instruktion zu sehen, ob Zauberei objektiv wirksam sei.

An dem angekündigten Montagabend 20 Uhr saßen Pfarrer Karle und seine Frau mit der Hausgehilfin zusammen. Um 20 Uhr wurde Fräulein S. bleich, fing an unruhig zu werden und zu zittern. Der Pfarrer wollte daraufhin beten. Die Angegriffene konnte aber nicht die Hände zusammenlegen. Ihre Knie zitterten. Es kam eine Todesangst über das Opfer. Durch das Gebet der beiden Pfarrersleute wurde der Angriff abgewehrt. Die „Todeskandidatin“ wurde wieder ruhig. Danach rief Pfarrer Karle die Ärztin an und sagte, dass der Angriff funktioniert hätte. Die Ärztin ihrerseits hatte etwas Interessantes zu berichten. In der fraglichen Zeit saß sie in der Anstalt bei Iris, die um 20 Uhr in Trance lag und auf die Anrede der Ärztin nicht reagierte. Auf ein Kneifen gab Iris auch keine Reaktion. Iris kam nach einer Stunde wieder aus der Trance. Als sie erfuhr, dass ihr Angriff abgeschlagen worden war, wurde sie wütend und plante acht Tage später einen zweiten Angriff. In der Zwischenzeit suchte mich Pfarrer Karle auf, und wir sprachen die geistliche Lage durch. Pfarrer Karle wollte vor dem zweiten Angriff beten und fasten. Über das Ergebnis erfuhr ich zunächst nichts, da ich für einige Monate zu einer Vortragstour nach den Vereinigten Staaten abreiste. Etwa ein halbes Jahr später wurde ich in einem kurzen Telefongespräch informiert, dass auch der zweite Angriff geistlich abgewehrt werden konnte.
Eine geistliche Abwehr darf nicht mit der Abwehrmagie verwechselt werden.  „… denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig durch Gott zur Zerstörung von Festungen, …“ 2. Korinther 10, 4.

B 91 Das letzte Beispiel dieses Kapitels zeigt ein doppeltes Problem: Eine Pfarrfrau begleitete aus Neugierde ein krankes Gemeindeglied zu einem Besprecher. Sie saß betend im Wartezimmer, während der Patient im Sprechzimmer des magischen Heilers weilte. Schließlich trat der Besprecher in den Warteraum und erklärte der Wartenden: „Ich kann heute an dem Mann nichts tun, es ist eine Gegenströmung da.“ Die Pfarrfrau erwiderte dem Besprecher: „Ich betete. War das vielleicht der Einfluß, den sie spürten?“ Der Besprecher wurde daraufhin furchtbar wild und drohte ihr mit den Worten: „Das müssen Sie büßen!“ Auf der Heimfahrt berichtete der magisch behandelte Patient der Pfarrfrau von der seltsamen Therapie des magischen Heilers. Er erklärte, der Mann hätte mehrmals das magische Besprechen versucht, bis er schließlich schweißtriefend aufhörte und behauptete, es wäre eine Abwehrkraft da. Sofort nach der Ankunft der Pfarrfrau in ihrer Wohnung verspürte sie merkwürdige Anfechtungen und wurde am gleichen Tag noch schwermütig. Fünf Monate hielten die Depressionen an. Dem magisch behandelten Gemeindeglied tat das sehr leid, weil die Pfarrfrau sich seiner in der Krankheitszeit immer so herzlich angenommen hatte. Er erzählte das ganze seltsame Erlebnis mit dem magischen Besprecher einem mir bekannten Evangelisten. Der Evangelist klärte den magisch behandelten Mann über diese Dinge auf und bildete für die schwermütige Pfarrfrau einen Gebetskreis. Es dauerte nur einige Tage, da war die Frau von ihrer Schwermut restlos befreit.

Bei diesem Erlebnis wird folgendes deutlich. Der Spruchheiler wurde durch das Gebet in seiner magischen Tätigkeit gestoppt – also ein „Stopperlebnis“. Zum andern wird der Racheakt des Spruchheilers gezeigt. Er kehrte seine Heilkräfte um und machte die Pfarrfrau krank, deren geistliche Kraft, durch den Heiligen Geist, der magischen Kraft des Heilers entgegenwirkte.

10. Die Auswirkungen

Zur Einleitung in das umfangreiche Gebiet der Auswirkungen soll zunächst ein Brief wiederholt werden, den mir vor mehr als 20 Jahren Dekan Knoch zugesandt hat. Er schrieb:
B 92 „Lieber Amtsbruder, vor einigen Jahren hatte ich schon einmal einen Schriftwechsel mit Ihnen auf Grund Ihres Buches ,Seelsorge und Okkultismus‘. Damals war ich noch in Geislingen a. d. Stg.. Seit etwa über zwei Jahren bin ich im Ruhestand und wohne jetzt hier in Frommern. Ich habe den Seelsorgedienst am Kreiskrankenhaus in Balingen übernommen und bemühte mich darum, auch die Krankenschwestern in die Seelsorge einzubeziehen. Dabei wurde ich sehr rasch dazu geführt, Frageabende zu halten. Heute bat mich die Lehrschwester um ein Gespräch.
In demselben berichtete sie mir von einer jungen Lernschwester. Dieselbe hatte schon zwei Selbstmordversuche unternommen, war dann ein halbes Jahr in psychotherapeutischer Behandlung im „Christophsbad“ bei Göppingen. Danach hatte sie dringend um Aufnahme als Lernschwester gebeten. So ist sie nun seit einigen Monaten in Balingen. Dort hat sie inzwischen schon wieder einmal Schlaftabletten genommen. Doch kam in dem Gespräch mit der Lehrschwester und mit anderen Schülerinnen heraus, dass sie drei Amulette hat, dass sie Besprechen, Kartenlegen und wohl auch anderes getrieben hat; man müsse das doch alles einmal kennen lernen! Nach dem 1 ½ Stunden dauernden Gespräch mit der Lehrschwester scheint mir ganz klar zu sein, dass die psychotherapeutische Behandlung falsch – übrigens auch ergebnislos – war, weil okkulte Behaftung vorliegt.
Nun hoffe ich, diese Lernschwester auch persönlich kennen lernen zu können und allmählich dazu zu bringen, dass sie den Willen bekommt, von ihren Bindungen frei zu werden. Bis jetzt hat sie noch alles abgelehnt, was in dieser Richtung ging. Doch wäre ich Ihnen nun dankbar, wenn Sie mir jemanden nennen könnten, der das Charisma hat, den hier erforderlichen Kampf aufzunehmen, und zu dem ich die Betreffende schicken kann, wenn sie so weit ist, dass sie frei werden will. Bis dahin habe ich mit der Lehrschwester vereinbart, dass wir in dringender Fürbitte für sie einstehen wollen – mehr läßt sich wohl vorerst nicht tun. Ich selbst weiß mich nicht zu diesem Dienst berufen. Seit zwei Jahren habe ich zwar den Dienst an Schwermütigen in besonderer Weise aufgenommen; aber an okkult Behaftete würde ich mich bis jetzt nicht heranwagen.“

Das ist ein Stück aus dem Brief des Dekans, der zeigt, was sich diese Lernschwester mit ihren okkulten Praktiken alles geholt hat. Dieses Beispiel wirft einige Fragen auf, die nicht alle in ihren Einzelheiten behandelt werden können. Wie üblich, wird der Psychiater sagen: „Hier sind Ursache und Wirkung vertauscht. Weil die Lernschwester eine anomale seelische Struktur aufwies, hat sie sich mit all diesen abergläubischen Künsten eingelassen.“
Diese Beurteilung stimmt in vielen Fällen, aber bei Tausenden von Erlebnissen trifft sie nicht zu. Wie kommt es denn, dass praktische Ärzte, Psychiater, Psychologen, Theologen sich besprechen lassen oder es aktiv betreiben? Oder sie sind regelmäßig Besucher spiritistischer Séancen. Man kann nicht mit einer billigen Ausrede alle ernsthaften Zusammenhänge entkräften.
Ein zweites Problem dieses Beispiels ist der Hinweis des Dekans, dass die psychotherapeutische Behandlung, die ein halbes Jahr dauerte, keine Heilung herbeigeführt hatte. Ich kann hier in dem praktischen zweiten Teil des Buches nicht die psychologischen Zusammenhänge behandeln. Zwei Punkte seien aber kurz erwähnt.
Die Psychotherapie kennt die Traumabildung durch Verdrängungen vom Bewusstsein in das Unbewusste. Diese Traumata können durch den Vorgang des Bewusstmachens abgebaut werden. Die Verdrängungen in den unteren Quadranten des psycho-organischen Kreislaufs mit der Bildung von Engrammen (engrapho = griechisch hineinschreiben, einprägen, eingravieren) sind in der Psychotherapie noch nicht bekannt oder wenigstens nicht wissenschaftlich oder therapeutisch angegangen worden. Verständlich ausgedrückt heißt das: Mediale Heilungen bilden auf dem Weg vom organischen Bereich über das organische Unbewusste im Unterbewusstsein Engramme, d. h. Einprägungen, Festlegungen, Blockierungen, Eingravierungen, die von der Psychotherapie noch nicht erkannt und behandelt werden. Dass man diesen Engrammen, Festlegungen, geistlichen Blockaden aber durch vollmächtige Seelsorge beikommen kann, kennzeichnet den antigöttlichen Charakter dieser magisch geprägten Engramme.
Das bedeutet, dass bei dem Abbau der medial verursachten Blockierungen jede Wissenschaft, sei es Psychiatrie, Psychotherapie, Psychologie oder Theologie am Ende ihrer Möglichkeiten ist. Hier hilft nur einer, von dem es in Johannes 8, 36 heißt: „Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei!“ Die Theologie ist bewusst miteingeschlossen; denn der nur wissenschaftliche Theologe ohne das Leben aus Gott ist geistlich auch „eine taube Nuß“. Andererseits kann der Mediziner oder Psychologe helfend eingreifen, wenn sie Jünger Jesu Christi sind. Eine gute Lösung ist natürlich, wenn der Theologe zugleich ein Nachfolger Jesu Christi ist.

Zum Thema Auswirkungen stehen mir – ohne jede Übertreibung – Tausende von Beispielen aus der Seelsorge zur Verfügung. Natürlich gibt es verschiedene Fehlerquellen, die ohne Hemmungen genannt werden sollen.

a. Die negative Auslese. Zum Seelsorger kommen nur solche medial belastete Menschen, die eine negative Auswirkung spüren. Wer keine seelischen Belastungen verspürt, fühlt sich nicht gedrungen, einen Seelsorger aufzusuchen. Einschränkend muss hier wiederholt werden, dass die Auswirkungen der magisch geprägten Eingravierungen sich erst dann zeigen, wenn der Belastete sich für Jesus Christus entscheiden will. Vorher „fühlt er sich in seiner Haut wohl“.
Es gibt also sehr viel mehr okkult Belastete, ohne dass sie es wissen. Ob es unter den medial Geheilten auch solche gibt, die keine negativen seelischen Auswirkungen haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich halte es aber grundsätzlich für möglich. Auf jeden Fall ist aber die Tatsache von Zaubereisünden ein Greuel vor Gott und Schuld, um deren Vergebung man bitten sollte, wenn man sich nicht unter den Zorn Gottes stellen will.

b. Eine verhängnisvolle Fehlerquelle ist die Verwechslung einer Gemütskrankheit mit einer okkulten Belastung. Hier werden in der Seelsorge furchtbare Fehler begangen, wenn man kranke Menschen einfach als okkult belastet bezeichnet. Eine Ideallösung ist, wenn ein gläubiger Seelsorger zugleich Psychiater wäre. Ein Lossagegebet und Gebieten im Namen Jesu Christi ist bei einem Gemütskranken nicht nur nutzlos, sondern kann sogar zu einem vom Seelsorger induzierten Gefühl der Belastung führen.

c. Ein Warnsignal in dieser speziellen Seelsorge ist die Tatsache, dass manche Seelsorger seelsorgerlichen Zwangsvorstellungen verfallen, wenn sie keiner Korrektur mehr zugänglich sind. Wer es jahrzehntelang mit okkult Belasteten zu tun hat, kann zuletzt alle Seelsorge nur unter diesem Gesichtspunkt sehen. Eine solche Haltung führt in eine okkulte Neurose hinein und bringt den Beichtenden großen Schaden. Mir sind solche Fälle bekannt. Ich habe in anderen Büchern schon darauf hingewiesen.
Nun soll aber nach allen Absicherungen ein Paradebeispiel von großer Beweiskraft berichtet werden. Es handelt sich um einen Seelsorgefall des bekannten gläubigen Psychiaters Dr. med. A. Lechler. Wir waren viele Jahre hindurch befreundet. In meinem Buch „Belastung und Befreiung“ hat er den medizinischen Teil und ich den theologischen Teil geschrieben. Dr. Lechler hat bei der Zusammenkunft von „Arzt und Seelsorger“ am 07.05.1949 in der Hohe Mark einen Vortrag über „Dämonie und Psychopathie“ gehalten. Er gab mir eine Kopie und Veröffentlichungsrecht. Es soll hier das Wesentliche aus seinen Darbietungen wiedergegeben werden. Am liebsten würde ich den ganzen Vortrag hier abdrucken, doch seine Länge hindert die ganze Aufnahme. Lechler hat in einer seiner  Veröffentlichungen dieses Thema wiederholt.

B 93 Dr. Lechler führte aus: „Ich gehe von einer Beobachtung aus. Vor einiger Zeit befand sich hier eine 40 Jahre alte ledige Patientin, die seit drei Jahren unter Migräneanfällen litt. Wegen dieses Leidens und wegen Gemütsverstimmungen war sie in unsere Kuranstalt eingewiesen worden. Sie hatte im Alter von acht Jahren eine Hüftgelenkentzündung durchgemacht und war mit 21 Jahren an der Hüfte operiert worden. Nach der Operation blieb das Hüftgelenk steif. Die hiesige Beobachtung ergab neben der Migräne in psychischer Hinsicht eine Depression, wie sie sie schon früher gehabt hatte, die aber seit zwei Jahren in stärkerer Weise auftrat. Sie gab an, sie finde keine Ruhe mehr, oft überfalle sie eine Wut, in der sie die Bibel zerreißen möchte. Sie könne nicht mehr essen und schlafen, auch verfolge sie dauernd der Gedanke, sie müsse mit ihrem Leben Schluss machen. Mit ihrer Mutter stand sie in sehr schlechtem Verhältnis. Deren Christentum stieß sie so sehr ab, dass sie sich vornahm, niemals Christ zu werden. Sie hatte einen Abscheu vor allen gläubigen Menschen, die sie geradezu hasste. In der christlichen Gemeinschaft, die sie manchmal besuchte, widerte sie das Beten der Teilnehmer an. Vor den seelsorgerlichen Aussprachen mit dem Arzt fürchtete sie sich. Beim gemeinsamen Gebet wurde sie unruhig und versuchte wegzulaufen. Die täglichen Hausandachten gaben ihr nichts, weil sie den Ausführungen nicht folgen konnte. Zum Bibellesen hatte sie keinerlei Lust. Beten konnte sie überhaupt nicht, obwohl sie es manchmal wünschte. Sobald sie zu beten versuchte, war es ihr, als sei ihr der Hals zugeschnürt. Wenn man ihr einige Sätze vorsprach, konnte sie diese trotz ehrlichem Willen nur mit großer Mühe nachsprechen. Den Namen ,Jesus‘ konnte sie überhaupt nicht über die Lippen bringen. Wenn sie dazu aufgefordert wurde, ‚tobte‘ es in ihr. Auch Lieder, in denen der Name Jesu vorkam, konnte sie nicht singen. Den Glauben an Jesu Sühnopfer hielt sie für eine Idee der Menschen. Las man mit ihr in der Bibel, so konnte sie nicht folgen. Der Inhalt war ihr ein ‚böhmisches Dorf‘. Anschluss an andere Patientinnen suchte sie nicht. Sie sträubte sich vielmehr, mit Gläubigen zusammen zu sein.
Der Zustand der Patientin ging entschieden über eine Protestreaktion gegen ihre Mutter hinaus. Auch Zeichen von Hysterie waren nicht nachzuweisen. Die Patientin brachte alle Angaben völlig sachlich vor und machte einen durchaus nüchternen Eindruck. Ich glaube, dass es sich in diesem Falle nicht um eine Psychoneurose handelte, sondern dass eine Dämonie vorlag. Die Patientin selbst hatte das Empfinden, es liege ein Bann auf ihr. In dieser Annahme wurde ich bestärkt durch die Angabe, sie höre bei Nacht öfters Schritte sich nähern und fühle eine Gestalt auf sich zukommen, die sie am Hals drückte oder deren Hand sich auf ihre Brust legte. Sie wachte gewöhnlich an den Schritten auf und war hellwach, wenn sie die erwähnten Empfindungen hatte.“

Das ist die Aufnahme einer Krankengeschichte, von einem bekannten Psychiater durchgeführt. Hören wir noch einige Partien aus dem Vortrag von Dr. Lechler:
„Was ist als Ursache der dämonischen Bindung wie auch der Besessenheit anzusehen? Fragt man solche Menschen, die die erwähnten Merkmale an sich tragen, eingehender aus, dann findet man in der Vorgeschichte sehr häufig den Gebrauch von Zaubermitteln, wie sie bei der Schwarzen Magie angewandt werden: das Besprechen oder Besprochensein, die Sünde der Wahrsagerei oder den Besuch von Wahrsagerinnen und Kartenlegerinnen wie auch die Teilnahme an spiritistischen Sitzungen. Die Schwarze Magie ist viel häufiger als gewöhnlich angenommen wird. Auch die Benutzung des 6./7. Buch Moses gehört dazu. Dieses Buch enthält eine Menge von Vorschriften für die Zauberei wie auch Geheimnisse des Verkehrs mit der Geisterwelt und Anweisungen für Verträge mit Geistern … Sehen wir in die Bibel hinein, dann entdecken wir, dass die Heilige Schrift die Zauberei sehr gut kennt. In Apostelgeschichte 19, 19 wird sie als vorwitzige Kunst bezeichnet. An dieser Stelle ist auch von Zauberbüchern die Rede.
Die Zaubereisünden nehmen mitsamt der spiritistischen Betätigung eine Sonderstellung gegenüber anderen Sünden ein, wenn es sich dabei um eine Inanspruchnahme von Diensten Satans oder gar um einen förmlichen Vertrag mit Satan handelt. Auch davon berichtet die Schrift in Jesaja 28, 15 und 18. In der Zauberei versucht der Mensch mit Hilfe satanischer Mächte etwas zu erlangen, was Gott ihm versagt hat. Man kann sich also in der Tat dunkle Mächte dienstbar machen. Es handelt sich aber um ’lügenhafte Kräfte, Zeichen und Wunder’ (2. Thessalonicher 2, 9: „ … ihn, dessen Kommen aufgrund der Wirkung des Satans erfolgt, unter Entfaltung aller betrügerischen Kräfte, Zeichen und Wunder …“) durch die Menschen, die sich besprechen lassen, meist gesund werden. Wenn in solchen Fällen scheinbar die Hilfe Gottes angefleht wird, liegt doch eine teuflische Wirkung vor, da Gott sich zu solchem Aberglauben und einer Zauberformel keinesfalls bekennt. Der Teufel leistet nicht umsonst seine Dienste. Er kettet vielmehr die Menschen, die ihn beanspruchen, mit schwersten Fesseln an sich. Die Merkmale oben weisen darauf hin … Betrachten wir den eingangs erwähnten Fall, so war auch hier die Großmutter der Patientin Kartenlegerin. Unsere Patientin selbst war in ihrer Jugend wegen der Hüftgelenkentzündung besprochen worden, legte später auch die Karten und nahm an spiritistischen Sitzungen teil.“ – Soweit Dr. Lechler

Das sind alles Worte des Psychiaters, die ich genauso zu sagen hätte. Wie erwähnt, kann nicht der ganze Vortrag gebracht werden. Ein Unterscheidungsmerkmal – neben anderen – zur Psychopathie soll erörtert werden, weil es genau meiner eigenen Beobachtung entspricht. In Punkt 3 in seiner Unterscheidung zwischen dämonischer Bindung und Psychopathie sagt Dr. Lechler:
„Bei dämonischer Gebundenheit tritt meist eine wunderbare befreiende Wirkung ein, wenn der Mensch sich entschlossen hat, in voller Offenheit alles zu bekennen, das Absagegebet zu sprechen, seine Zauberbücher auszuliefern und sich von den Menschen zu lösen, die ihn zur Zauberei und zum Spiritismus veranlasst hatten … In dem eingangs erwähnten Fall wurde, nachdem Psychotherapie erfolglos geblieben war, schließlich nach einem offenen Bekenntnis der Patientin dem Satan geboten, sie in Ruhe zu lassen. Plötzlich wurde es ihr möglich, zu Jesus zu beten, und sie verspürte eine ganz wesentliche Erleichterung. Sie konnte bald darauf in recht guter Verfassung nach Hause zurückkehren. Wenn jedoch trotz des Absagegebets und aller Lösungen keine Befreiung eintritt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um eine Psychopathie handelt. Die kranke Anlage macht sich eben als ein kaum überwindbares Hindernis geltend.“

Diesen letzten Abschnitt Dr. Lechlers muss ich durch meine jahrzehntelange Erfahrung etwas einschränken. Wenn ein okkult belasteter oder dämonisierter Mensch in die Hände eines Seelsorgers gerät, der Teufel und Dämonen, Zauberei und Besprecherei als Ausgeburt des Mittelalters oder einer irregeführten Vernunft überlegen lächelnd ablehnt, dann tritt keine Befreiung des Belasteten ein.
Und es handelt sich dennoch nicht um eine Psychopathie.
Nur als Beispiel füge ich hinzu: Ein Modernist kann auf diesem gefährlichen Gebiet kein Seelsorger sein. … Der Apostel Paulus sagt: Geistliche Dinge wollen geistlich gerichtet sein. Mit dem allerbrillantesten Intellekt ohne Rüstzeug des Heiligen Geistes ist eine biblische Seelenführung nicht möglich.

11. Querverbindungen

Die mediale Heiltätigkeit befindet sich in Nachbarschaft zu vielen okkulten Praktiken und weist damit ihren eigenen Charakter aus. Als Kostprobe gebe ich die Partie eines Briefes, der mir von einer Christin geschrieben worden ist.

B 94 „Meine Schwester arbeitete in ihrer ersten Bürostelle in einem Verlag, der okkulte Bücher über das Pendeln, Astrologie, Horoskopstellerei, geistige und spiritistische Lebensreformen und ähnliches veröffentlichte. In ihren freien Stunden probierte sie selbst aus, was sie im Büro zu bearbeiten hatte. Sie pendelte, stellte Horoskope her und kam in Kontakt mit Menschen, die in diesem Milieu lebten. Sie wurde in spiritistische Sitzungen eingeladen, in denen das Glasrücken oder das sogenannte Gläschenschieben und die Praxis des Ouijaboard betrieben wurde. Zweimal nahm sie auch an einer Trancesitzung teil. Bei diesen spiritistischen Sitzungen erhielt sie eine Geisterbotschaft, sie solle sich wegen einer Erkrankung magnetisch bestreichen lassen. Sie folgte diesem Rat, wurde aber nicht gesund. Mit 21 Jahren hörte sie bei einer Evangelisation zum ersten Mal über Jesus Christus und die volle Erlösung durch Ihn. Als der Evangelist zur Umkehr aufforderte, wurde meine Schwester davon erfaßt. Sie machte eine Kehrtwendung um 180 Grad. Sie löste sich von den Spiritisten, beendete auch ihr Arbeitsverhältnis in dem okkulten Verlag. Was ihr der Herr Jesus zeigte, bereinigte sie. Meine Schwester wurde ihres Heils gewiß.

Ihre Bekehrung hatte ein Nachspiel. Meine Schwester lag wegen eines Unwohlseins im Bett. Da hatte sie morgens um 10 Uhr eine merkwürdige Erscheinung. Sie sah auf ihrer Bettdecke ein unheimliches Wesen. Das Gesicht war nur schattenhaft zu sehen, aber die Zähne waren klar zu erkennen. Dann hörte sie eine Stimme, die sagte: ,Ich bin gestorben und du mußt auch sterben.‘ Weiter geschah nichts. Das ängstigende Erlebnis wiederholte sich nicht.“

Das ist nur ein Stück aus dem langen Brief. Dieses Schreiben zeigt, was unter Querverbindungen gemeint ist. Die magnetische Bestreichung geschah auf Grund einer spiritistischen Geisterbotschaft. Das Milieu, das uns hier gezeigt ist, umfaßt: Pendeln, Horoskopstellerei, geistige Lebensreformen, Glasrücken, Trancesitzungen und den Mesmerschen Heilmagnetismus. Bemerkenswert ist auch die oft gemachte Beobachtung, dass nach der Bekehrung eines okkult belasteten Menschen die Macht der Finsternis noch einmal zurückschlägt.


Zu dem Mischmasch medialer und magischer Heilungen folgt auszugsweise der Brief eines Pfarrers, mit dem ich seit meiner Studentenzeit, also rund 50 Jahre, befreundet bin. Mit dem Brief erweist sich dieser Seelsorger als guter Beobachter.

B 95 „Im Schloß Lindach bei Schwäbisch Gmünd, 2 km neben dem altpietistischen Haus ,Schönblick‘, hat sich ein Dr. A. eingekauft. Er macht fabelhaft sichere Diagnosen, wo andere Ärzte jahrelang falsch dokterten. Da unser Hans ein wenig ein Dickerle ist und unser Hausarzt bei seiner überlaufenen Praxis einfach zu oberflächlich hinwischt, fuhr ich auf dringendes Anraten einer Freundin meiner Frau zu diesem Dr. A. Er hatte dieser Frau ein verstecktes Leiden glänzend richtig diagnostiziert, darum ihr großes Vertrauen zu ihm. Ich war entsetzt, als ich das Sprechzimmer sah. Hinter seinem Arbeitsplatz ein Regalschrank ohne Bücher, ein Christallturm auf ihm aufgebaut. An der Wand einen kreisrunden Spiegel eingemauert. Über dem Liegebett zu Häupten ein riesiger chinesischer Wandteppich mit zwei feurigen, stürzenden Drachen und dazwischen Geschwirrsymbole. Der Arzt ließ den Jungen auf dieses Bett sitzen. Er selbst setzte sich direkt unter die Drachen hinter den Jungen. Dann strich er nach Art der Mesmerschen Bestreichung einige Male vom Hals aus parallel der Wirbelsäule entlang und sagte dabei: ‚Ich sehe jetzt die Organe. Die Hypophyse ist etwas gedrückt, deshalb arbeitet die Niere schlecht.‘ Das dürfte wohl stimmen. Hinten im Raum befand sich ein Bücherschrank mit einer Reihe Steinerbücher – also ist er mindestens Anthroposoph. Dazu sah ich Titel wie ,Tibetanische Heilkunst‘, ‚Japanische Heilkunst‘ und weitere ostasiatische Literatur. Es kam mir alles sehr verdächtig vor, darum habe ich alles abgebrochen. Wir nahmen diese Begegnung, was wir schon vorher getan hatten, ins Gebet und baten den Herrn, etwaige Nachwirkungen auszuschalten. Zu beachten ist noch das Arztschild vor dem Eingang: Dr. A., praktischer Arzt, Biologische Heilweise.“

Das ist das wesentliche Stück des Briefes, das wieder den Heilungs-Synkretismus zeigt: anthroposophisch, tibetisch, japanisch, chinesisch, Mesmersche Bestreichung und eine mediale, hellfühlende Diagnose als Hauptstück der Behandlung. Okkulte Querverbindungen von Ostasien bis zu dem anthroposophischen Gewächs Europas.


Ein anderer Brief, wieder aus dem schwäbischen Raum, befasst sich mit den anthroposophischen Heilmitteln.

B 96 „Ich habe folgendes Anliegen an Sie. Ich bin gläubig. Seit einigen Jahren ist ein anthroposophischer Arzt unser Hausarzt. Nun sagte mir dieser Tage jemand, die anthroposophischen Arzneimittel, die in der Firma Weleda in Schwäbisch Gmünd hergestellt werden, würden unter bestimmten Mond- oder Gestirnstellungen produziert werden. Ja, sie sollen sogar bependelt sein. Stehen nun diese Arzneien unter dem Fluch der Zauberei, und ist derjenige, der sie einnimmt, ebenfalls dadurch mit Zauberei belastet? Ich bitte um eine briefliche Beantwortung meiner Fragen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür, da ich doch als Gotteskind in solchen Fragen klar sehen möchte, zumal ich auch seit einem Jahr an furchtbaren seelischen Anfechtungen leide. – Auch wäre ich noch interessiert zu erfahren, ob die Akupunktur etwas mit Zauberei zu tun hat.“

Auch in diesem Brief wie in vielen anderen treten wieder die Querverbindungen der medialen Heilkunst zutage: Anthroposophischer Arzt, anthroposophische Arzneimittel, astrologische Gesichtspunkte – Pendelei – Akupunktur und seelische Erkrankung.

Ich bin seit Jahren nach den Weledamitteln gefragt worden. Ich habe mir deshalb ein anthroposophisches Lehrbuch gekauft: „Grundlagen der Potenzierungsforschung“. In diesem Buch wird gesagt, dass die Weledamittel biorhythmisch vorbehandelt werden. In einer Vollmondnacht wird eine Substanz in 12 mal 12 Schwingungen gegen den Mond versetzt. Dadurch soll die Substanz dynamisch mit kosmischen Kräften aufgeladen werden. Das Buch „Die geheimnisvollen Kräfte des Mondes“ will den Nachweis bringen, dass der Mond auf Menschen und Tiere gewisse Einflüsse ausübt. Das ist teilweise richtig, wird aber übertrieben.
Auf Grund der Aussagen des erwähnten Buches nehme ich keine Weledamittel. Anthroposophische Ärzte, die Vertreter der Steinerschen Philosophie und Magie sind, kommen für mich sowieso nicht in Frage. Das ist meine Entscheidung, die ich aber nicht anderen Menschen aufzwingen will. Wer also, ohne es zu wissen, anthroposophische Ärzte und anthroposophische Heilmittel in Anspruch genommen hat, soll sich nicht damit abquälen. Jesus Christus kann von jeder Bindung und Belastung freimachen. Wer aber vorher um den diesbezüglichen Sachverhalt weiß, sollte keine leichtsinnige Entscheidung treffen.

Ein weiterer Brief soll auszugsweise zitiert werden, weil hier wieder neue Probleme auftauchen. Der Brief ist von einer gläubigen Schweizerin geschrieben.

B 97 „Eine zuckerkranke Frau ist zugleich einem schweren Arthritisleiden unterworfen. Fünf Jahre wurde sie ärztlich, doch ohne Erfolg, behandelt. Sie hat darum alles Vertrauen zu den Ärzten verloren und nahm daher ihre Zuflucht zur Homöopathie. Da Sie in Ihren Vorträgen erwähnt haben, dass es wenig echte Homöopathen gibt, befragten wir die kranke Frau nach der Art ihrer Behandlung durch die Homöopathin. Frau K. erzählte uns, dass die Homöopathin keine Untersuchungen und Befragung durchführte, sondern sie nur mit einem stechenden, hypnotischen Blick gemustert habe. Dann erklärte die Heilerin: ‚Sie haben eine Zyste an der rechten Niere, Sie sind außerdem zuckerkrank. Sie werden in Kürze rechtseitig gelähmt werden.‘ Die Diagnose stimmte, und die Prophezeiung erfüllte sich. Durch Massage und Elektrobehandlung wurde die Lähmung langsam beseitigt. Diese zuckerkranke Frau war auch mit ihrem fünfjährigen Kind bei dieser Homöopathin. Seltsamerweise konnte diese unheimliche Frau bei dem Kind keine Diagnose stellen. Dieses Kind hat eine gläubige Patin, die Heilsarmeeoffizierin ist. Vielleicht ist deren intensive Fürbitte der Grund, dass die Homöopathin keine Diagnose stellen konnte. Ich bat die zuckerkranke Frau, sie möchte doch einmal rundheraus die Heilerin fragen, wie sie die Krankheiten erkennen kann. Beim Befragen antwortete die Homöopathin: ‚Ich habe Röntgenaugen und erkenne alles. Diese Fähigkeit habe ich von meinem Vater übernommen, als er starb.‘ Die Patienten haben dieser Frau mit Röntgenaugen kein Honorar zu zahlen. Sie bekommen aber homöopathische Mittel und Tees, die sie sehr teuer bezahlen müssen.“

Wir stehen hier wieder vor den üblichen Querverbindungen. Hellseherische Diagnose – homöopathische Mittel – mediale Übertragung vom sterbenden Vater – Gebetsschutz für das kranke fünfjährige Kind. Die Ankündigung und das Eintreten der Lähmung kann als Erfüllungszwang angesehen werden. Manche Menschen sind für Suggestionen sehr offen.

B 98 Ein anderes Beispiel zeigt den starken Kontakt zwischen Natürlichem und Okkultem. Es handelt sich um einen Brief aus Norddeutschland, aus einer Gegend, die für Schwarze Magie bekannt ist. Eine Frau nennt sich Homöopathin. Sie hat die Fähigkeit einer hellfühlenden Diagnose. Die Krankheit ihrer Patienten geht zunächst auf sie über. Nach einiger Zeit gibt sie dann nach ihren Angaben die Krankheiten weiter an den Kosmos. Das ist aber nur eine Seite ihrer Heiltätigkeit. Diese Homöopathin ist bekannt für ihre heißen Hände. Sie kann Geschwüre und Furunkel nur durch Handauflegen öffnen. Als Kontaktmittel gibt sie wie viele andere Heiler an die Patienten Kräuter aus.

Hier liegt wiederum eine vielseitige Mischung vor: Homöopathie – Kräuter – heiße, heilende Hände und das nicht häufige Übertragungsphänomen zuerst auf sich selbst und dann auf den Kosmos.

Der Brief einer Frau, die aus Ostpreußen stammt, bringt die mediale oder auch magische Heilkunst in Zusammenhang mit vielen anderen Zauberpraktiken. Ich kann aus dem fünfseitigen Brief nur das Wesentliche herausnehmen.

B 99 „Sehr geehrter Herr Pfarrer Dr. Koch, wir danken Ihnen für Ihren Brief. Sie haben uns auf eine eventuelle mediale Veranlagung hingewiesen. Darum will ich einiges aus unserem Leben erzählen. Wir sind Flüchtlinge aus Ostpreußen. Bei uns gab es noch viele heidnische Sitten und Gebräuche mit der Zauberei verbunden. Meine Eltern waren fromm und gingen fleißig zur Kirche. Inneren Frieden hatten sie nicht. Wir Kinder wurden auch zum Kirchgang angehalten. Meine Mutter hat immer geweint und gebetet. Es wurde nur immer Buße gepredigt, weiter sind sie nicht gekommen.
Meine Eltern hatten eine kleine Bauernwirtschaft. Ich weiß, dass mein Vater öfters zu einem Mann gefahren ist, der ein Besprecher war, wenn mit unserem Vieh etwas los war. Mein Vater holte sich bei diesem Besprecher Gegenmittel. Meine Mutter ließ sich manchmal von Zigeunerinnen die Karten legen oder die Handlinien deuten. Es gab noch andere Bräuche.
Am Johannisabend wurden allerlei Kräuter gesammelt, gebündelt und auf das Dach hinaufgeworfen. Wenn sie getrocknet waren, holte man sie mit Stangen vom Dach herunter. Sie wurden dann zum Schutz von Haus, Hof und Stall aufbewahrt und bei Krankheiten zur Heilung benutzt. Wenn wir Kinder Zahnschmerzen oder sonst etwas hatten, wurden solche Kräuter langsam verbrannt. Wir hatten dann den Rauch einzuatmen, um damit die Schmerzen loszuwerden. Es gab bei uns noch andere Sitten. Wer Warzen bekam, konnte sie bei abnehmendem Mond besprechen. Als meine Schwester mit 12 Jahren ein Gewächs bekam, suchte sie auf dem Friedhof einen Totenknochen, den sie dann mit einem Spruch in dem jüngsten Grab, also im Grab des zuletzt verstorbenen Menschen, vergraben, oder, wenn es ging, vorher schon in das offene Grab geworfen hat. Tatsächlich verschwand das Gewächs. Unser Vater war für alles Außergewöhnliche und Okkulte offen. Einmal brachte er einen Himmelsbrief nach Hause. Ein andermal schenkte er mir ein Buch mit den Berichten eines somnambulen Mädchens. Ich habe das Buch geradezu verschlungen. Wenn im Spätherbst Gänse und Enten geschlachtet wurden, so wurden die Flügel und Schwanzfedern geschlissen und die Federkiele auf den Kreuzweg geschüttet. Mit dem Gesangbuch und einem übers Kreuz aufgebundenen Schlüssel wurde Wahrsagerei betrieben.“

Es ist unmöglich, auf alles in diesem schauerlichen Brief einzugehen. Wir haben damit einen Hexenkessel an Zauberei und Aberglauben vor uns – und das alles in einem christlichen Hause. Mit diesem Schreiben hat die ostpreußische Bäuerin meine Vermutung, die ich im ersten Brief ausgesprochen hatte, bestätigt. Die ganze Familie hat nicht nur eine mediale Veranlagung, sondern schwere okkulte Belastungen. In ihrem Hause stellten sich später auch Spukphänomene ein. Die Bäuerin wies auch darauf hin, dass schon ihre Großmutter dieses Brauchtum betrieben und vor allem auch Schwarze Magie praktiziert hatte.
Nun soll aber ein einziger Punkt aus dem Brief herausgenommen und kurz beleuchtet werden. Es geht um die Heilmethode durch „Räuchern“. Das „Räuchern“ ist in vielen heidnischen Stämmen Sitte. Denken wir etwa an die Rothäute, die eine Pfeife rauchen und den Rauch einem Kranken ins Gesicht blasen. Bei diesem Räuchern spielt das Kräuterbüschel oder Würzbüschel, auch Würzwisch genannt, eine Rolle. Vor Maria Himmelfahrt, dem 15. August, wird in katholischen Gegenden ein Bündel Kräuter gesammelt. Es müssen verschiedene Kräuter sein und in verschiedener Zahl. In manchen Gegenden werden neun (3 mal 3), in anderen Gegenden 33 oder auch 100 zusammengebunden. Beim Pflücken werden die drei höchsten Namen genannt, ein Hinweis, dass es sich um Weiße Magie handelt. Früher war mit dem Abpflücken eine Beschwörungsformel verbunden. Dieser Würzbüschel wird dann in der katholischen Kirche an Maria Himmelfahrt vor der Messe geweiht. Der geweihte Würzwisch wird danach zum Schutz gegen Blitzschlag und Brand unter die Dachsparren gesteckt. Gegen Viehseuchen bringt man sie auch im Stall an. Vor allem fand und findet der Würzwisch seine Verwendung bei Erkrankungen aller Art.
Bei dem „Verräuchern“ eines Würzwischs wird es sich teilweise um einen religiösen Aberglauben handeln, der suggestiv wirkt. Bei den heidnischen Medizinmännern herrscht aber der magische Brauch vor. Hier dient der Rauch als Induktor. Die Verwendung von Kräutern bei der Zauberei ist unter den Zuluzauberern wohlbekannt und wird geübt. Aber nicht nur bei ihnen. In meiner Sammlung – die ich von Zeit zu Zeit verbrenne – befindet sich ein Buch mit dem Titel „Kräuter – die magischen Heiler“. Das vierte Kapitel dieses Buches ist überschrieben „Die Zauberkraft der Wunderkräuter“.
Das andere Buch trägt den Titel „Die Magie der Heilkräuter“. Bevor ich es verbrannte, warf ich einen kurzen Blick hinein. Es heißt zum Beispiel auf Seite 189: „Gartenraute – die okkulte Pflanze für die psychischen Fähigkeiten. Gartenraute wurde als Gegenzauber bei Schwarzer Magie gebraucht. In Tirol trugen die Leute zum Beispiel die Pflanze bei sich, um die Anwesenheit von Hexen zu erspüren. Auf den Britischen Inseln wurde die Gartenraute so verehrt, dass sie die ,Pflanze der Gnade‘ genannt wurde und Missionare geweihtes Wasser mit Wedeln aus ihr verspritzten.“ Die Kräuter und ihre Verwendung in der Phytotherapie sind also nicht auf allen Ebenen harmlos. Kräuter können ein Segen sein, aber auch zum Fluch und zu einem Zaubermittel werden.

B 100 Ein Beispiel soll zeigen, dass Kräuter auch zu einem Heilungszauber benutzt werden können. Eine Frau aus dem Gebiet Zürich schrieb mir folgendes: Als ihr jüngster Bruder ein Jahr alt war, sah er aus wie ein Kind von drei Monaten. Man wartete auf seinen Tod. Ärztlicher Rat fruchtete nicht. Da gab man der Mutter den Rat, zu den Kapuzinern zu gehen. In der Not wird ja alles versucht. Die Kapuziner gaben der Mutter Kräuter und gedörrte Blätter und wiesen sie an, diese Blätter in die Windeln und Schlüttchen zu nähen. Es geschah nach Anweisung. Von Stund an wurde es mit dem Jungen besser, und ein normales Wachstum setzte ein. Der Bub löste sich später von allen christlichen Vorstellungen und wurde ein gottloser Mann.

Ich kenne den Brauch, gedörrte Blätter oder Gräser im Zusammenhang mit der Weißen Magie in Beutelchen zu nähen, die man auf dem Körper tragen muss. Die Verquickung von Kräutern und Medialität kann auch mit einem sehr bekannten Beispiel dargestellt werden. Mir ist schon einige Male das Kräuterbuch von Pfarrer Künzli ausgehändigt worden. Der katholische Pfarrer hat die Kräuter mit dem Pendel auf ihre Verwendbarkeit und Heilkraft bestimmt. Also auch hier Heilung mit kombinierter Kräuterkraft und Pendelei. Natürlich kann hier ein Mißverständnis entstehen. Wir haben das Recht, die Kräuter für unsere Gesundheit zu verwenden, aber nicht unter Hinzuziehung des Pendels. Als Pfarrer Künzli starb, hat der katholische Pfarrer Emmenegger die Pendel- und Kräuterpraxis weitergeführt.

In diesem Kapitel will ich also zeigen, dass die mediale Heiltätigkeit mit allen Formen der Magie und Zauberei verflochten und verkettet ist. Da in diesen Beispielen der Heilmagnetismus und die Homöopathie genannt sind, wird in einem kleinen Exkurs einiges über Mesmer und Hahnemann berichtet.

Teil 3  –  Heilmagnetismus und Homöopatie

Kein Gebiet der Grenzwissenschaften oder auch der medialen Praktiken hat mir soviel Kopfzerbrechen verursacht wie der Heilmagnetismus.
Den ersten Ansatzpunkt zu der heilenden Kraft des Magnetismus findet man schon bei Paracelsus. Er stellte den Grundsatz auf, dass gleichartige Dinge sich anziehen. Die bewirkende Kraft nannte er Magnet (lat. magnes, magnetis). Eine weitere Stufe dieser Vorstellung finden wir bei Abbé Lenoble, der 1771 eine Heilbehandlung mit Stahlmagneten einführte. Populär wurde diese Methode dann durch Franz Anton Mesmer, der die Methode Lenobles wirksam ausbaute.

Mesmer wurde 1734 in Itznang am Bodensee geboren. Er studierte zuerst Jura in Wien. Nach einigen Jahren hatte er diesen trockenen Stoff über und sattelte um auf Medizin. 1766 promovierte er zum Doktor der Medizin. Die Grundsubstanz seiner Dissertation „De influxu planetarum in hominem“ (Einfluss der Planeten auf den Menschen) ist die Astrologie. Mesmer meint, dass zwischen den Planeten und der Erde ein gegenseitiger Einfluss bestehe, in den auch Tiere und Menschen einbezogen sind. Diesen Einfluss nannte Mesmer „animalischen Magnetismus“, weil seiner Meinung nach die Tiere am meisten für diese wechselseitigen Einwirkungen empfänglich seien.
Bei dieser Hypothese Mesmers stehen wir vor einer Grundposition vieler magischer Systeme. Der Kosmos ist durchweht von einem Uräther, einem Fluidum, das physikalisch nicht nachzuweisen ist. Es ist eine Weltbeseelung, eine kosmische Kraft, eine feinstoffliche elektromagnetische Energie oder, wie sie Brunner nennt, eine „biokosmische Energie“. Der griechische Arzt Hippokrates (460-377 v. Chr.) nannte sie „vis medicatrix naturae“ (heilkräftige Kraft der Natur). Bei den indischen Jogis heißt diese Kraft „Prana“. Freiherr von Reichenbach, Chemiker und Naturphilosoph (1788-1869), nannte sie „Odische Kraft“ oder einfach „Od“. Die Chinesen bezeichneten diese Kraft oder Strömung „Chi“, das bei der Akupunktur eine Rolle spielt. Die Kahuna-Zauberer, auf deren Tätigkeit ich auf Haiti stieß, nennen diese kosmische Kraft „Mana“. Diese magische kosmische Kraft oder Strömung, die rational nicht nachweisbar ist, hat mit den physikalisch erfaßten kosmischen Strahlen nichts zu tun.

Nahezu alle Medien, Zauberer, Pendler, Naturheiler, okkulten Praktiker geben als Quelle ihrer Kraft den Kosmos oder die Natur an. Die religiös gefärbten Okkultisten nennen Gott als den Ursprung ihrer Kräfte und Gaben. Mesmer machte die Planeten für die magnetische Zirkulation zwischen diesen Himmelskörpern und den Lebewesen auf Erden als Ursache verantwortlich…
Der Mesmerismus hat Wandlungen durchgemacht. Seiner Entstehung und Entwicklung nach ist der Mesmersche Heilmagnetismus eine okkulte Bewegung, die natürlich abzulehnen ist.  –  Nur einige wenige Orientierungen dazu.

B 101 In Süddeutschland begegnete ich einem Heilmagnetiseur, der aktiver Christ und Mitglied einer landeskirchlichen Gemeinschaft war. Wir kamen auf seinen Heilmagnetismus zu sprechen. Er meinte, es sei eine natürliche Gabe, denn er sei beim Beten und Bibellesen nicht behindert. Er informierte mich, dass seine magnetische Kraft nur für eine oder zwei Behandlungen am Tag ausreiche. Dann fügte er den ausschlaggebenden Satz hinzu: „Wer mit seinem Magnetismus mehr als zwei Patienten am Tag behandelt, hat seine Steckdose unten, oder er ist ein Scharlatan.“ Damit war gemeint, dass solche Magnetiseure den verbrauchten Heilmagnetismus auf okkulte Weise ergänzen, denn von zwei Patienten am Tag kann kein Heilpraktiker leben.  –  Ein anderer Magnetiseur meinte, er könne nur drei, höchstens vier Personen am Tag behandeln, dann sei seine Kraft aufgebraucht.

Noch ein Argument veranlaßte mich, den Heilmagnetismus kritisch zu sehen. Ich muss dazu einen Parallelvorgang erwähnen. In der Skala der medialen Kräfte ist die Rutengängerei am schwächsten. Hier sind die Auswirkungen geringer als bei den anderen medialen Praktiken. Und dennoch ist die Rutenfühligkeit medial, auch wenn das nicht erkannt wird, und sogar bekannte Männer Gottes mit der Rute arbeiten. Beim Heilmagnetismus ist es ähnlich. Es gibt einen ganz starken Heilmagnetismus bis hin zu einer ganz schwachen Form. Und dennoch scheint auch die ganz schwache Form medial zu sein, auch wenn der Träger ein aktiver Christ ist. Als Beispiel für die ganz schwache Form mag die Fähigkeit des Mannes dienen, den ich erwähnt habe. Ein Beispiel für die ganz starke Form erlebte ich auf den Philippinen.

B 102 Auf den Philippinen nahm ich von einem Missionar einen Bericht auf, der einen einheimischen Stammeshäuptling betraf. Dieser Datu (= Führer) hatte „heiße Hände“, die er zum Segnen und zum Fluchen verwenden konnte. Was einem westlichen Menschen unglaubhaft vorkommt und dennoch Wahrheit ist, ist die Tatsache, dass Datu in seinen bloßen Händen Eier abkochen konnte. Datu wurde Christ, und die Kraft seiner Hände war sofort erloschen. Ein sensationshungriger Amerikaner, der diesen Bericht gehört hatte, wollte Datu fotografieren. Er gab dem ehemaligen Heiden einige Dollar und bat um ein spezielles Foto. Datu sollte in der einen Hand die Bibel und in der anderen Hand ein Ei halten. Der Christ willigte ein, aber schon nach kurzer Zeit warf er das Ei weg und sagte: „Es geht nicht, die Kraft kommt zurück.“

Ein noch stärker umstrittenes Gebiet der Heilkunde ist die Homöopathie. Klären wir zuerst die Begriffe der verschiedenen medizinischen Richtungen. In der Medizin spricht man von der Allopathie, Phytologie, der Homöopathie und der Biochemie.
Die Allopathie ist der Name für die Schulmedizin. Die klassische Medizin stellt eine Therapie dar, die den Krankheitssymptomen mit entgegengesetzten Mitteln beikommen will.
Die Phytologie (gr. phyton: Pflanze – logos: Kenntnis) ist die Pflanzenheilkunde. Es handelt sich dabei um eine Krankheitsbehandlung mit getrockneten Pflanzen oder deren Extrakte. Natürlich hat der Schöpfer in viele Pflanzen Heilkräfte hineingelegt, die wir dankbar gebrauchen dürfen. Leider wird in vielen Fällen die Phytologie mit okkulten Praktiken, zum Beispiel Pendeln, verquickt. Das ist nicht akzeptabel.


Die Homöopathie wurde 1790 von dem Arzt Samuel Hahnemann entwickelt. Er verfolgte den Grundsatz „Similia similibus curanter „Gleiches wird mit Gleichem geheilt“. Das Verfahren bedeutet, die Krankheiten in niedrigen Dosen mit den Mitteln zu behandeln, die in höheren Dosen die gleichen Erkrankungen hervorrufen.
Die Biochemie ist die Lehre von den chemischen Vorgängen der organischen Welt. Dieser Nebenzweig der Homöopathie, von Dr. W. Schüßler (1821-1898) entwickelt, führt alle Krankheiten auf Störungen des Mineralstoffwechsels zurück. Zu ihrer Behebung gibt der Biochemiker Gaben von 11 verschiedenen Mineralsalzen mit 5 Ergänzungsstoffen.
Nach dieser Begriffserklärung folgt nun zuerst eine persönliche Stellungnahme zu den verschiedenen Heilmethoden. Vor der medizinischen Wissenschaft habe ich eine ganz große Hochachtung. Was heute auf dem Gebiet der Chirurgie vollbracht wird, grenzt ans Wunderbare. Ich habe aber nicht die gleiche Hochachtung vor jedem Doktor der Medizin. Der Dr. med. gibt heute keine Sicherheit mehr, dass man gegen jeden Mißbrauch auf dem okkulten Gebiet geschützt ist

B 103 In meiner Briefsammlung habe ich wiederholte Anfragen mit der Bitte um Auskunft über einen Arzt im süddeutschen Raum, der nur mit Hilfe eines Blutstropfens die Diagnose stellt. Der Patient braucht nicht einmal zur Sprechstunde zu kommen, es genügt, wenn er auf einem Briefbogen oder einem Glasträger einen Tropfen Blut einsendet. In der Tat lassen sich aus dem Blut viele Werte bestimmen, aber nicht aus einem einzigen Tropfen. Dieser Arzt, der seiner sicheren Diagnosen wegen überlaufen ist, führt keine Laboruntersuchungen durch, sondern er bestimmt die Diagnosen psychometrisch. Der Blutstropfen ist für ihn nur der Induktor.
Haargenau die gleiche okkulte Hellsehdiagnose betreibt ein dänischer Arzt, der auch Patienten aus Deutschland und der Schweiz hat.

B 104 Wiederholt hatte ich auch andere Ärzte in der Seelsorge, die zusätzlich zur medizinischen Diagnose den Pendel oder eine okkulte Form der Irisdiagnose benutzten. Einer von diesen Ärzten war viermal in meiner Sprechstunde. Er gab mir nicht nur Veröffentlichungsrecht, sondern händigte mir sogar einen fünfseitigen, mit der Schreibmaschine geschriebenen Bericht aus mit der Bitte, in seinem Namen vor den okkulten Diagnosen zu warnen.

B 105 Sogar über einen Fall einer psychokinetischen Diagnoseform wurde mir von einem schwäbischen Arzt berichtet. Mein Berichterstatter informierte mich über einen seiner Kollegen, der auf folgende Weise Diagnosen stellte. Jener Arzt gab jeweils dem Patienten ein Fläschchen mit einem Medikament in die Hand. An dem Fläschchen war ein Draht angeschlossen, der über ein Voltmeter lief. Die zweite Elektrode hatte der Patient in der linken Hand zu halten. Diese Art von Medikamentenbestimmungen betreiben auch manche Heilpraktiker. Was bei dem Arzt das Besondere ist, er hat die mediale Kraft, das Voltmeter auch ohne die beiden Elektroden zum Ausschlag zu bringen. Für den Patienten ist es eindrucksvoll, wenn das Voltmeter einen großen Ausschlag zeigt und ist dann von dieser Diagnose überzeugt.

Wir leben heute in einem okkult verseuchten Zeitalter, in dem man die Augen offen halten und wachsam sein muss. Prof. Köberle sagte: „Es sieht aus, als ob wir in ein magisches Zeitalter eintreten würden.“

Meine Stellung zur Phytologie sei nur kurz angedeutet. Mein Herz ist weit offen für die Natur und die Pflanzen. In meiner Kindheit schon machte mich meine Großmutter auf einzelne Pflanzen und deren Heilwirkung aufmerksam. Die erste Pflanze, die ich von ihr kennen lernte, war Huflattich. Der lateinische Name schon zeigt, für was er gut ist: Tussilago heißt hustenvertreibend (tussis: Husten – agere: vertreiben). Ein anderes Kräutlein lernte ich besonders im Alter schätzen. Es ist die Melisse (Melissa officinalis). Der Name kommt vom griechischen melissa (= Biene) oder meli (= Honig). Diese Pflanze zählt zu den besten Futterpflanzen für die Bienen. Mir dient sie in Zeiten schlechten Schlafes
Zu den Kräutern also mein volles ja, aber sie dürfen unter keinen Umständen mit okkulten Praktiken, etwa dem Pendeln, verquickt sein. Das ist bereits im Zusammenhang mit Pfarrer Künzli erwähnt worden. Da meine Sammlungen eine unüberschaubare Menge an Einzelheiten enthalten, will ich noch zwei Beispiele anfügen, die den Mißbrauch der Phytologie zeigen.

B 106 Ein Mann wurde als Kind gegen Lähmungserscheinungen von einem Naturheilkundigen behandelt. Der Heiler benutzte ein geweihtes Kräuterbüschel und machte in den drei höchsten Namen Schwenkbewegungen gegen den Patienten. Das Kind wurde kräftig und stark. Im Alter von 50 Jahren bekam der Mann aber plötzlich einen unerhörten Laufdrang. Tag und Nacht marschierte er in der Wohnung umher und mußte in die Nervenheilanstalt verbracht werden, obwohl sein Geist völlig klar war.
Hier haben wir die Verbindung der Kräuteranwendung mit Weißer Magie. Die späten Auswirkungen sind kein Zufall, sondern sogar symptomatisch für derartige Heilmethoden.

B 107 Eine andere „Phytologie“ kann man jedes Jahr beim Viehabtrieb in den Alpen beobachten. Am 1. September ziehen die Sennen mit der Herde talwärts. Nicht nur der alten Sitte wegen, sondern als wirksamer Liebeszauber binden die ledigen Sennen drei Kräutlein von der Gebirgsweide ins Seil der Leitkuh. Das ist weniger als Schmuck gedacht, sondern soll dem Sennen Glück in der Liebe bringen. Das ganze Brauchtum in den Wäldern, auf den Bergen und in den Gebirgstälern ist abergläubisch und magisch durchsetzt.

Verlassen wir das Gebiet der Phytologie. Es gibt einen rechten Gebrauch der Pflanzen und Heilkräuter, die der Schöpfer uns beschert hat, und es gibt einen Mißbrauch in der Kombination Pflanzen plus Medialität und Magie.  . . .

B 108 Eine Mutter schrieb, dass ihr Kind an einem schweren Darmleiden erkrankt war. Hausarzt und Facharzt arbeiteten mit allopathischen Medikamenten. Mit dem kleinen Patienten wurde es immer schlimmer. Da suchte die Mutter in ihrer Verzweiflung einen vielgerühmten Homöopathen auf, der sie anwies, sofort alle allopathischen Mittel abzusetzen. Dem Kind sei damit die ganze Darmflora zerstört worden. Er verordnete homöopathische Arznei, und siehe da, das Kind erholte sich langsam und wurde wieder gesund.

B 109 Bei einer Evangelisation kam eine Mutter sehr bekümmert zur Aussprache. Ihr Säugling hatte eine colitis, die bösartig verlief (colitis ulcerosa). Ich zeigte dieser Frau den Weg zu Jesus Christus. In ihrer Not war sie bereit, eine Entscheidung für Jesus Christus zu treffen. Wir beteten auch gemeinsam für das kranke Kind. Ich gab ihr nicht den Rat, die verordneten Medikamente abzusetzen. Einen solchen Rat habe ich noch nie in meinem Leben gegeben. Die Mutter nahm sich aber auf dem Heimweg vor, mit allen allopathischen Mitteln aufzuhören. Daheim betete sie nochmals für das Kind, vernichtete die Arznei und gab dem Kind eine normale Babynahrung. Der kleine Patient erholte sich zusehends und wurde gesund, wie mir die Mutter später mitteilte.
Hier hat also das Absetzen der allopathischen Mittel einen Umschwung und den Beginn einer Heilung verursacht. Der ungläubige Arzt wird diesen Ausgang einer Verachtung der Schulmedizin der natürlichen gesunden Lebenskraft des Kindes zuschreiben. Dürfen die Christen hier nicht auch an die Erhörung der Gebete denken und auch an die Auswirkung der Bekehrung der Mutter?!

Wir fragen nun: Welchen Charakter hat die Homöopathie und welche Stellung nimmt sie unter den Heilmethoden ein?


Sehen wir uns zunächst den Gründer an. Samuel Hahnemann, 1755 in Meißen geboren, war ein begabter Schüler, so dass sich ihm die Möglichkeit bot, in Leipzig, Wien und Erlangen Medizin zu studieren. . .

Hahnemanns Leben ist voll düsterer Ereignisse. In 30 Jahren hat er 27mal die Wohnung gewechselt. Nirgends fand er Frieden. Bei seinen Kindern folgte eine Katastrophe nach der anderen. Ein Sohn wurde geisteskrank und verschwand spurlos. Zwei Töchter starben früh. Drei Töchter wurden geschieden. Zwei Töchter wurden ermordet. Mit 80 Jahren heiratete er zum zweiten Mal eine 45 Jahre jüngere Französin. Wahre Freunde hatte er nie. Er überwarf sich mit allen. Dem Christentum stand er fern. Den chinesischen Philosophen Konfuzius verehrte er als Lehrer, der den Weg zu Gott zeigt. Jesus Christus nannte er einen Erzschwärmer.
Das ist der Mann, dessen medizinisches System heute noch in Deutschland von vielen Ärzten anerkannt und befolgt wird. Welches sind nun die Grundvoraussetzungen der Homöopathie? Es sind drei Positionen zu nennen.

Bei der Begriffserklärung wurde Punkt 1 schon genannt. Es sei hier mit den Worten von Dr. med. S. Pfeifer wiederholt:

„Die Homöopathie ist die Behandlung, die darin besteht, dass der Kranke ein Medikament bekommt, das im Versuch am Gesunden ähnliche Symptome auslöst, wie sie beim Kranken vorliegen.“
Der zweite Grundsatz der Homöopathie ist die Verdünnungslehre. Hahnemann meinte, mit der kleinsten Arzneimenge auszukommen. Die Verdünnungen bezeichnet er mit dem Buchstaben D (= diluere: auflösen). Eine Verdünnung von D 10 bedeutet 1 Kubikzentimeter auf 10 Milliarden Kubikzentimeter. Die Homöopathen kennen Verdünnungen bis zu D 1000 … Das findet sich in dem Buch von F. Gauß, einem gelehrigen Schüler von Hahnemann. Der Titel heißt „Wie finde ich das passende Heilmittel?“ 
Die Physiker sagen, dass bei einer Verdünnung von D 23 kein Molekül der Ursubstanz mehr in der Mischung zu finden ist…

B 110 Ich bin mit einem fähigen Chirurgen bekannt, der Herzoperationen durchgeführt hat. Seine Frau war chronisch leidend. Die besten Internisten konnten ihr nicht helfen. Da sagte ein Kollege zu dem Chirurgen: „Probiere es doch mit der Homöopathie. Schaden kann es ja nicht.“ Der Chirurg lachte und antwortete: „Das heißt, ich schütte einen Teelöffel eines Medikamentes in die Ostsee, rühre es um und benutze die Mischung als Arznei.“ Der Kollege antwortete: „Probieren geht über studieren.“
Der Chirurg befolgte als Ungläubiger diesen Rat. Die Frau nahm homöopathische Mittel in großer Verdünnung und genas. War das nur eine Placebowirkung? Bei der Frau eines hochqualifizierten Arztes ist dies kaum anzunehmen. Es muss also noch ein anderes Geheimnis hinter der Homöopathie stecken. In der Tat, so ist es.

Der dritte und entscheidende Grundsatz der Homöopathie ist die Potenzierung oder auch Dynamisierung genannt. Beide Ausdrücke haben die gleiche Bedeutung. Potentia heißt lateinisch Kraft… Das Wesen der Homöopathie ist die Aufladung mit kosmischer Kraft. Ich erinnere daran, was ich bei den Weleda-Heilmitteln geschrieben habe. Die homöopathischen Grundsubstanzen werden durch Schwingungen, durch Verschütteln oder durch Verreiben mit Kräften aus dem Universum aufgeladen. Sie sind die eigentlichen heilenden Faktoren. Die kosmischen Kräfte sind das generelle Eingangstor für alle magischen Vorgänge. Die Homöopathie weist damit zumindest ihre Verwandtschaft mit den magischen Heilmethoden aus.

Hahnemann ist ein jüngerer Zeitgenosse von Mesmer. Die Grundeinstellung beider ist die gleiche. Mesmer erklärte, dass der Mensch sich mit der Kraft des erdmagnetischen Feldes aufladen kann. Zu diesem Zweck soll man sein Bett genau in der Nord-Süd-Richtung aufstellen. Dann kann der Mensch sich nachts im Schlaf mit neuen Kräften aufladen lassen. Es müßte dann aber nicht die geographische, sondern die magnetische Nord-Süd-Richtung sein.  –  Hahnemann dagegen will nicht die Kraft des erdmagnetischen Feldes ausnutzen, sondern die kosmische Kraft der Gestirne. In beiden Fällen handelt es sich um mediale Vorgänge, die bei den Patienten nicht ohne Folgen bleiben.

Bei all diesen Erörterungen erhebt sich immer dringlicher die Frage:
Kann ein christlicher Arzt homöopathisch arbeiten, und darf ein Christ homöopathische Medikamente benutzen? Die Antwort ist nicht mit Ja oder Nein zu entscheiden. Ich selbst würde nie homöopathische Medizin nehmen. Das Problem ist aber komplizierter…

Genau wie der Heilmagnetismus hat auch die Homöopathie Wandlungen durchgemacht. Es gibt Homöopathen, die den weltanschaulichen Hintergrund Hahnemanns ablehnen. Sie wollen nichts mit den kosmischen Kräften zu tun haben und verordnen nur niedere Potenzen bis zu D 6, wo anzunehmen ist, dass von der Urtinktur, der Grundsubstanz, noch etwas in der Medizin enthalten ist. Dazu kommt noch ein Gesichtspunkt. Die Verdünnungen werden von Fabriken vereinfacht und mechanisch hergestellt. Bei dem harten Konkurrenzkampf muss heute alles Nebensächliche weggelassen werden. Der mystische Vorgang der kosmischen Aufladung fällt einfach weg. Es kann sowieso niemand feststellen, ob in einem Präparat „noch kosmische Energie zusätzlich hineingepackt ist“. …

Es wurden nun mit einem Podiumscheinwerfer der Reihe nach angeleuchtet: Allopathie – Phytologie – Homöopathie. Der Vollständigkeit halber muss noch die Biochemie kurz angestrahlt werden. Entwickelt wurde die Biochemie von dem Arzt Dr. Schüssler (1821-1898), der aus der Asche verbrannter Organe seine Erkenntnis gewonnen haben will. Die Störungen des Mineralstoffwechsels, die er als Ursache der Krankheiten ansieht, will er mit hohen Verdünnungen homöopathischer Medikamente beseitigen. – Es sei noch vermerkt, dass die Schulmedizin nichts von der Biochemie hält.
(Ausführlicher ist das Thema Homöopathie dargestellt unter ALTERNATIVMEDIZIN   www.horst-koch.de )

12.  Das Resistenzphänomen

1953 hatte ich von Prof. Dr. Bender, Freiburg, eine Einladung erhalten, in seinem Institut für Grenzwissenschaften einen Vortrag über Besessenheit zu halten. Es war ein ausgesuchter Teilnehmerkreis von Psychologen, Psychiatern und Theologen. In der Diskussion erklärte ein Professor für Psychiatrie: „Besessenheit gibt es für mich nicht, höchstens eine ausgefallene Form der Hysterie, die mir aber noch nicht begegnet ist.“ Von einem ungläubigen Psychiater können wir nichts anderes erwarten. Prof. Bender war indessen vorsichtiger. Er meinte: „Wenn man einen Hinweis für die Existenz der Besessenheit gelten lassen wollte, dann käme nur das Resistenzphänomen in Frage.“

Unter diesem Begriff verstehen wir den Widerstreit zwischen medialen und geistlichen, biblischen Kräften. In dem ganzen Buch wird dieser Widerstreit zwischen diesen großen Gegensätzen (Diabolisches und Göttliches) sichtbar.
Ich bringe in diesem Kapitel eine ganze Serie von Beispielen aus meiner evangelistischen, missionarischen und seelsorgerlichen Arbeit. Man kann aber Menschen, die sich nicht überzeugen und aufklären lassen wollen, nicht beikommen. Ihre Haltung ist: Quae non volumus ea non credimus (= Was wir nicht haben wollen, glauben wir auch nicht). Eine Bedeutung haben diese Berichte: Ich erfülle damit meinen Auftrag, ungeachtet, ob er angenommen oder abgelehnt wird.

Spruchheiler durch Gebet gestört
B 111 Eine Frau, die sich zu einer christlichen Gemeinschaft hielt, wurde schwermütig. In einem depressiven Anfall öffnete sie sich die Pulsadern. Ihre Hausgenossen fanden sie rechtzeitig und riefen sofort einen Arzt herbei. Durch Bluttransfusionen wurde sie gerettet. Nach diesem Vorfall besuchte die Frau einen mit mir befreundeten Beamten, der die hilfesuchende Frau an einen gläubigen Arzt verwies. Da die Reise zu dem gläubigen Arzt ungelegen kam, ließ sie sich von einem Kirchenältesten erneut beraten. Dieser merkwürdige Mann wies die Frau an einen magischen Besprecher. Die Frau befolgte den Rat und suchte den magischen Heiler auf. Dieser Wunderdoktor erklärte der erstaunten Frau: „In Ihrem Fall kann ich nicht helfen, es wird für Sie gebetet. Wenn die Leute mit der Fürbitte aufhören, dürfen Sie wieder kommen. Dann kann ich Sie gesund machen.“ Der mit mir befreundete Beamte berichtete mir diesen Vorfall und fügte hinzu, dass er und seine Frau schon lange für diese Schwermütige gebetet hatten.

B 112 Einer meiner Studienfreunde, Pfarrer W. in Herringen, berichtete mir folgendes. Ein ihm bekannter Magnetiseur heilte ein Mädchen, das von Geburt an gekrümmt war. Durch diesen Heilerfolg aufmerksam gemacht, trug sich Pfarrer W. mit dem Gedanken, seinen Sohn und sich selbst durch diesen Heilmagnetiseur behandeln zu lassen. Vor Beginn der Behandlung sagte Pfarrer W. zu dem Heilpraktiker: „Wenn Sie mit Christus arbeiten, dann kommen Sie zu mir zur Behandlung.“ Der Magnetiseur kam in das Pfarrhaus, bestrich Vater und Sohn und erreichte nichts. Einige Tage später sprach ein Bekannter von Pfarrer W. den Heilpraktiker an und fragte: „Warum gehen Sie nicht mehr ins Pfarrhaus?“ Der Heilpraktiker erwiderte: „Die haben einen anderen Geist. Da kann ich nichts ausrichten.“
B 113 Ein gläubiger Mann wurde krank. Ohne sein Wissen ging die Frau zu einem magischen Besprecher und Fernheiler. Der Gatte erfuhr es und war über seine Frau sehr böse. Er ging am anderen Tag selbst zu dem magischen Besprecher, um ihn zu kontrollieren. Er saß betend im Wartezimmer. Der Besprecher nahm dauernd andere Patienten vor. Um 12 Uhr fragte er entrüstet: „Warum nehmen Sie den ganzen Vormittag andere Patienten vor?“ Der Besprecher antwortete: „Ihnen kann ich nicht helfen.“ Der gläubige Mann ging heim, und sein Krankheitszustand verschlimmerte sich außerordentlich.

B 114 Ein bekannter Besprecher gebraucht drei Vaterunser oder die drei höchsten Namen. Es sind mir viel Heilerfolge dieses Mannes bekannt geworden. Ein Mädchen, deren rechter Fuß 5 cm verkürzt war, streckte sich wieder um 4 cm. Alle ihre Geschwister wurden bei Erkrankungen von diesem Besprecher geheilt. Seither ist aber der Frieden von der Familie gewichen. Streit- und Jähzornausbrüche sind an der Tagesordnung. Ich habe ferner schon ungefähr zehn Patienten in der Seelsorge gehabt, die bei diesem Besprecher unter christlichen Symbolen besprochen wurden. Alle diese Patienten bekamen nach dem Heilerfolg starke seelische Störungen.
Ein Beispiel kann den Charakter dieser magischen Besprechungen deutlich machen. Ein Beamter in höherer Position, ein Christ, berichtete mir folgendes. Er ist Vormund eines 13jährigen Jungen. Täglich betet er mit seiner Frau für sein Mündel. Eines Tages wurde der Junge krank. Die Pflegeeltern des Jungen brachten den Patienten ohne Wissen des Vormundes zu dem oben erwähnten Besprecher. Der Besprecher versuchte seine übliche Heilmethode. Es gelang ihm nichts. Schließlich stellte er seine Heilversuche ein und erklärte den Pflegeeltern, dass er für den Jungen nichts tun könne, denn es würde für ihn gebetet.

B 115 Eine gläubige Frau suchte eine okkulte Magnetopathin auf. Die Behandlung verlief ohne Schaden für die Patientin. Die Magnetopathin erklärte der Kranken: „Für Sie wird vermutlich viel gebetet. Ich komme bei Ihnen nicht durch.“ In der Tat war es so. Die Eltern und Großeltern der Patientin waren gläubig. Sie stammten aus der Erweckung durch Volkening.

B 116 Ein gläubiger Diakon schrieb mir folgendes Erlebnis auf: „Als ich Anfang der dreißiger Jahre die Erziehungsanstalt Knabenheim in Opherdicke b. Holzwickede (Ruhr) leitete, hatte eine Kuh nach dem Kalben – es gehörte Landwirtschaft zur Anstalt – harte Euter und gab keine Milch. Man riet mir, Frau Schoof zu holen, die etwas von Vieh verstünde. Harmlos folgte ich dem Rat. Als sie kam, sagte sie: ,Oh, das ist eine einfache Sache. Ich kann Sie das lehren, und Sie können es an eine Frau weitergeben. Man sagt nur: Das Übel, das ich jetzt finde … (Heilsprüche werden nicht zitiert) Dabei brauchen Sie nur über das Euter zu streichen; dann gibt die Kuh Milch.‘ Ich sagte ihr: ‚Aber in meinem Stall gibt es das nicht.‘ Denn der Geist Gottes warnte mich, der ich so etwas noch nicht mitgemacht hatte, spürbar. Darauf sagte sie: ‚Aber warum denn nicht? Das ist doch eine harmlose Sache, ich mache das immer so, und es hilft.‘ Ich erklärte ihr, dass das eine Sache von unten wäre. Sie war ganz entrüstet und erklärte, sie sei eine fromme Frau und ginge immer in den Gottesdienst (Landeskirche). Ich verwies sie an den Ortsgeistlichen, der ein frommer Mann war. Darauf drängte sie auf die Ausübung der Besprechung. Ich sagte ihr, ich wolle es auf eine Machtprobe ankommen lassen, ging in mein Büro und betete eindringlich, der Herr möge seine Macht erzeigen und den falschen Geistern wehren. Als ich nach unten kam, stand sie in der Tür und sagte mir, es ginge nicht und fragte, warum es nicht ginge. Ich sagte ihr, dass es der Herr sei, der ihr wehre. Darauf war sie sehr erstaunt und ließ sich noch einmal zum Ortsgeistlichen weisen. Der hat ihr dann auch klaren Bescheid gegeben. Was aus der Frau geworden ist, weiß ich nicht, weil ich bald darauf wegkam. Mir war es aber wiederum eine Bestätigung, dass der, der unter der göttlichen Bewahrung steht, vor den Mächten der Finsternis keine Furcht zu haben braucht.“

B 117 Ein Diakon in Bielefeld berichtete mir von seinem Besuch bei Frau Sommer. Frau Sommer war bekannt als Spiritistin, Besprecherin und Heilmagnetiseur. Der Diakon war mit seiner Frau zu dieser Besprecherin gegangen. Frau Sommer legte der kranken Frau die Hände auf. In diesem Augenblick betete der Diakon innerlich: „Herr Jesus, wenn diese Kräfte nicht von dir sind, so bewahre meine Frau.“ Frau Sommer fragte: „Was machen Sie? Ich bin gehemmt.“ Sie versuchte es ein zweites Mal, die Patientin zu magnetisieren. Der Ehemann betete in der gleichen Weise. Dann wurde Frau Sommer wütend und jagte beide fort.

B 118 Ein kranker Mann ging mit seiner Frau zum magischen Besprecher. Der Besprecher behandelte zuerst den Mann und konnte ihn sofort heilen. Dann erklärte er seinem Patienten: „Ihrer Frau kann ich nicht helfen, sie betet.“ Bei einer späteren Unterredung berichtete der Besprecher: „Ich muss drei Leuten das magische Besprechen beibringen, erst dann kann ich sterben.“

B 119 Der okkulte Heilpraktiker Schneider in Niederteufen kann nicht helfen, wenn sich eine Frau betend bei ihm im Sprechzimmer befindet. Er wird dann immer wütend und schreit die Betreffende an: „Mit Ihnen kann ich nichts anfangen. Machen Sie, dass Sie heimkommen.“ Eine Frau, die ebenfalls betend in seinem Zimmer saß, wurde angebrüllt: „Du alte Kuh, mach, dass du fortkommst!“ – Die Frau, die diese Beschimpfung und den Rausschmiß erlebte, hat mir das selbst erzählt.
Ich weiß, dass sowohl Parapsychologen als auch moderne Theologen daran herumrätseln, ob sich nicht solche Reaktionen auch anders erklären lassen. Prof. Bender sprach zum Beispiel davon, dass auf Grund innerer Zweifel und eventueller Angst ein affektives Feld aufgebaut werde. Da Spruchheiler durch ihre Medialität sehr sensible Männer sind, spüren sie diese Kritik und werden dadurch gestört. Den Aufbau eines affektiven Feldes, die hohe Empfindsamkeit und das feine Gespür der Spruchheiler bejahe ich, aber nicht die Schlußfolgerung. Wenn die Spruchheiler mit den Kräften Gottes arbeiten würden, dann würde ihre Tätigkeit durch das Beten eines Patienten gestärkt und nicht gestört werden! Das ist logisch, denn wenn Spruchheiler und Patienten im Reich des Lichtes stehen würden, dann würden ja zwei positiv ausgerichtete affektive Felder parallel geschaltet werden und sich dadurch ungemein verstärken. Der Konflikt entsteht aber dadurch, dass die beiden affektiven Felder entgegengesetzt geschaltet sind, und das stärkere Feld um den Beter trägt den Sieg davon

B 120 Bei einer Evangelisation blieb eine Frau zur Aussprache zurück. Sie zitterte und vibrierte am ganzen Körper. Sie konnte ihre Nerven nicht mehr beherrschen. Die Aussprache ergab folgenden Sachverhalt: Die Frau war früher lungenkrank und wurde magisch besprochen, außerdem führte der Besprecher eine Amulettverschreibung durch. Die Patientin erfuhr von dem Inhalt der Verschreibung nichts. Nach dieser seltsamen Therapie verschwand die Lungentuberkulose, dafür setzten aber seelische und nervöse Störungen ein. Bei der seelsorgerlichen Aussprache wurde die Frau über das Wesen der magischen Besprechung und Amulettverschreibung aufgeklärt. Nach einigem Widerstreben lieferte sie das Amulett aus. Die kleine Kapsel enthielt folgenden Verschreibungsspruch: „Meine Seele gehört dem Teufel.“ Die Frau fand den Weg zu Jesus Christus und wurde überraschend schnell von ihren nervösen und seelischen Störungen frei. Allerdings trat dann ihre frühere Lungentuberkulose wieder auf. Die Patientin stand aber dieser Erkrankung zuversichtlich und im Vertrauen auf Jesus Christus gegenüber.

Noch ein ähnliches Beispiel dazu:
B 121 Eine kranke Frau mit einem organischen Leiden ging zur Wahrsagerin, die gleichzeitig auch magische Besprecherin war. Die Hilfesuchende bekam von der Besprecherin ein Amulett. Das organische Leiden ging sofort zurück. Nach einiger Zeit stellten sich dafür aber Depressionen ein. Die seelisch Kranke wurde von Selbstmordgedanken geplagt. Eines Tages kam es zu einem Selbstmordversuch, an dem sie gehindert wurde. Nach diesem verzweifelten Schritt fand sie sich zur Beratung bei einem Seelsorger ein. Bei der Aussprache wurde das Amulett und die damit verbundene magische Besprechung entdeckt. Die Frau weigerte sich, das Amulett auszuliefern. Die Besprecherin hatte ihr befohlen, es nie aus der Hand zu geben, sonst würde sie am dritten Tag danach sterben. Nach einer sachkundigen Aufklärung durch den Seelsorger rang sich die Frau unter furchtbaren Anfechtungen durch, das Amulett dem Seelsorger auszuliefern. Sie wurde hinterher von allen ihren seelischen Störungen frei. Das Amulett enthielt ein kleines Zettelchen mit einem Verschreibungsspruch an den Teufel. Aus seelsorgerlichen Gründen wird dieser Verschreibungsspruch hier nicht wiedergegeben, obwohl er mir dem Wortlaut nach vorliegt.

Manche Besprecher geben zur Unterstützung ihres Heilungsspruches dem Patienten ein Amulett. Man findet das häufig bei der Schwarzen Magie. Solche Amulette enthalten dann gewöhnlich eine Verschreibung an den Teufel. Wenn in der Seelsorge solche Amulette und ähnliches nicht ausgeliefert und vernichtet werden, gibt es keine Befreiung!

Wenn sie aber ausgeliefert worden sind, kommt die frühere Erkrankung häufig wieder zurück. Es ist aber nicht in allen Fällen so. Die Wiederkehr der alten Erkrankung ist das Zeichen dafür, dass der Besprechungsbann gebrochen ist. Der Kranke soll dann mit Glauben zum Arzt aller Ärzte gehen und selbstverständlich darf er auch einen irdischen Arzt aufsuchen, je nach Erkrankung. Tritt nach Auslieferung des Amulettes die ehemalige Erkrankung nicht wieder auf, so ist das kein Zeichen zur Beunruhigung. Jede seelsorgerliche Begegnung hat ihre eigene Charakteristik. Der Herr Jesus Christus tut oft das doppelte Wunder: die Befreiung aus dem Bann des Besprechens und die sofortige Heilung der zurückgekehrten Erkrankung.

B 122 Ein solches Beispiel will ich bringen. Eine christlich eingestellte Frau ließ ihre Tochter gegen Ekzeme, die sich über den ganzen Körper auszubreiten drohten, magisch besprechen. Die Hauterkrankung verschwand sehr rasch. Seit dieser Zeit waren beide geistlich nicht mehr ansprechbar. Bibellesen und Gebet hörten auf. Gottesdienstbesuch fand nur gelegentlich statt. Bei einer Evangelisation wurde diesen beiden Frauen die Augen geöffnet. Beide kamen zur Seelsorge, beichteten und übergaben ihr Leben Jesus Christus. Es wurde auch ein Lossagegebet mit beiden gesprochen. Nach zwei Tagen kamen sie etwas ängstlich wieder. Ihre Ekzeme machten sich erneut bemerkbar. Es wurde wieder mit beiden nach Jakobus 5, 14 gebetet. Die Ekzeme gingen zurück und kamen nicht mehr.

Wiederkehr der Krankheit
Im Anschluß an das letzte Beispiel sollen Hinweise dafür gegeben werden, dass manchmal die alten Erkrankungen wieder auftauchen, wenn der Bann des Besprechens durch die Hinkehr zu Jesus Christus gebrochen worden ist.

B 123 Ein 12jähriger Junge hatte einen Leistenbruch und eine Sehnenscheidenentzündung. Die Mutter nahm ihren Jungen zur magischen Besprecherin. Übrigens hätte diese Frau als Mitglied einer kirchlichen Gemeinschaft wissen müssen, dass ein Christ die magische Hilfe nicht in Anspruch nehmen darf. Der Junge wurde nach dem magischen Besprechen sofort gesund, der Bruch war weg. Die Sehnenscheidenentzündung wurde ebenfalls auskuriert. 15-20 Jahre blieb er von allen organischen Leiden verschont. Die magische Linie fand aber ihre Fortsetzung in einem wiederholten Besuch bei der Kartenlegerin, bei Handleserinnen und Pendelmantikern. Auch las er magische Bücher, die er in seiner Wohnung aufbewahrte. Und das alles in einem Haus, in dem die Vorfahren, Großeltern und Eltern, überzeugte Christen waren. Bei einer Evangelisation wurde dieser junge Mann nun innerlich erfaßt und erweckt. In diesem Augenblick trat das seit 20 Jahren magisch weggebannte organische Leiden wieder auf. Die Sehnenscheidenentzündung war wieder da. Der magische Bann ist aber noch nicht restlos gebrochen. Der innerlich erweckte Mann findet Tag und Nacht keine Ruhe. Er kann das Wort Gottes nicht lesen. Er kann nicht beten. Er empfindet zwischen Jesus Christus und sich eine eherne Mauer.
 B 124 Ein Mädchen, dessen völlige Erblindung durch magisches Bestreichen geheilt wurde, empfand von dieser Zeit an seelische Störungen und eine furchtbare innere Zerrissenheit und Unruhe. Ihre Not trieb sie zur seelsorgerlichen Aussprache. Sie beichtete und entschloß sich, Jesus Christus nachzufolgen. Nach der Übergabe ihres Lebens an Jesus Christus kam sie nach einiger Zeit wieder zur Aussprache und berichtete, dass das Augenleiden, das jahrelang verschwunden war, wieder aufgetreten war.

B 125 Eine christlich eingestellte Frau hatte Monate hindurch ein organisches Leiden. Da die ärztliche Hilfe keine Besserung brachte, ließ die Frau sich magisch besprechen. Das organische Leiden verschwand. Gleichzeitig setzten aber seelische Störungen ein. Einige Freunde der Leidenden, die voller Entsetzen von dem magischen Besprechen hörten, setzten sich in der Fürbitte für die Kranke ein. Einige Zeit hindurch hielten sie mit dem Gebet an. Schließlich verlor die Kranke ihre seelischen Störungen. Gleichzeitig trat das frühere organische Leiden wieder auf. Auf Bitten der Freunde nahm die Kranke nochmals die Hilfe des Arztes in Anspruch und wurde dann tatsächlich wieder gesund.
Verlagerungen
Die Spruchheilungen sind gewöhnlich nur Verlagerungen vom Organischen ins Seelische. Wie schon erwähnt, treten die Störungen meistens erst auf, wenn der Geheilte sich Jesus Christus ausliefern will. Es folgen hier einige Beispiele, wie sich diese Heilungen zum Negativen auswirken.

B 126 Ein Pfarrdiakon berichtete mir folgendes. Als kleiner Junge wurde er von Frau Blattner gegen eine Krankheit magisch besprochen. Er empfand keinerlei Unruhe und Störungen. Erst als er Jesus Christus nachfolgen wollte, traten die Störungen auf. Er wurde jähzornig, bekam Tobsuchtsanfälle, lästerte und fluchte, litt unter Depressionen und einer scharfen Abwehr gegen alles Göttliche. Er war nicht der einzige in der Familie, der solche Auswirkungen der Magie erlebt hatte. Schon sein Vater hatte sich von magischen Besprechern behandeln lassen. Dieser Vater wurde charakterlich haltlos. Er wurde Trinker, Ehebrecher und ließ sich dann scheiden. Seine Schwester, die ebenfalls bei Magiern und Wahrsagern gewesen war, hatte hinterher schwere Störungen. Sie kam durch einen tödlichen Unglücksfall ums Leben. So bekam die ganze Familie die unheimlichen Kräfte der Magie zu spüren.

B 127 Ein Mann ging mit einer Lungentuberkulose in die Behandlung eines Lungenspezialisten. Die Röntgenaufnahme zeigte in der Lunge ein Loch in der Größe eines Hühnereis. Der Patient wurde sofort nach Davos überwiesen. Die Ärzte machten der Frau keine Hoffnung auf Heilung. Daraufhin ging seine Mutter zu dem okkulten Heilpraktiker Grätzer nach Maria Einsiedeln. Gegen ein reichliches Honorar nahm Grätzer an dem Lungenkranken eine Fernbehandlung vor. Wider Erwarten der Arzte und des Patienten selbst führte die Fernbehandlung zu einer vollen Heilung. Von der Zeit der Heilung an veränderte sich der Patient charakterlich und geistlich. Er trat aus der christlichen Versammlung aus und schob alles Göttliche von sich weg. Er stürzte sich in ein lasterhaftes und vergnügungssüchtiges Leben und ließ seiner sexuellen Triebhaftigkeit freien Lauf. Gleichzeitig stellten sich auch Selbstmordgedanken ein. Seine seelischen und nervösen Störungen brachten ihn schließlich in die Seelsorge. Jedes mal, wenn man mit ihm beten wollte, war seine Gedächtniskraft und seine Aufnahmefähigkeit weg. Er fiel jedes mal in eine Absence. Die Absencen, die durch Gebet ausgelöst werden, sind übrigens ein Symptom, dass der Betreffende magisch besprochen worden ist.

B 128 Ein Mädchen verstauchte sich den Finger. Eine gute Bekannte besprach den Finger in den drei höchsten Namen. Verstauchung und Bluterguß verschwanden sofort. Auch das Schmerzgefühl wich. Von diesem Tag an stellten sich aber bei dem Mädchen Selbstmordabsichten und Schwermutsgedanken ein. Ferner entwickelte sich eine merkwürdige Gedächtnisschwäche.

B 129 Ein Kind hatte einen steifen Arm. Seine Mutter ließ es von einer Zigeunerin besprechen. Das Kind erklärte nach dem Besprechen: „Die Zigeunerin hat mich gebrannt.“ Die Mutter beobachtete aber, dass die Zigeunerin keineswegs das Kind gebrannt hatte. Die Lähmung ging tatsächlich zurück. Als das Mädchen älter wurde, stellten sich merkwürdige Zwangsgedanken ein. Es erklärte immer wieder: „Ich gehöre dem Teufel.“ Trotz aller seelsorgerlichen Hilfe drang das Mädchen nicht zum Glauben durch. Es konnte weder beten noch das Wort Gottes lesen.

B 130 Ein Kind verbrühte sich die Beine. Die gläubige Mutter des Kindes holte nicht den Arzt, sondern eine Besprecherin. Das Kind wurde sofort gesund. Von dieser Zeit an hatte aber die gläubige Mutter Hemmungen und Störungen ihres Glaubenslebens. Sie mußte sich zum Beten und Bibellesen geradezu zwingen. Als eines Tages ihr Mann erkrankte, nahm sie noch einmal magische Hilfe in Anspruch, ohne den Hintergrund der magischen Heilungen zu kennen. Von diesem Zeitpunkt an war ihre Verbindung zu Jesus Christus ruckartig abgeschnitten, wie wenn etwa ein Telefonkabel durchgeschnitten wird. So drückte sich die Frau selbst aus. Ich klärte sie über das Wesen des magischen Besprechens auf. Die Frau verstand dann sofort, warum sie nach der magischen Hilfe Störungen ihres Glaubenslebens empfunden hatte.

B 131 Ein junger Mann ließ sich gegen ein organisches Leiden magisch besprechen. Bei einer Evangelisation fühlte er sich vom Wort Gottes angesprochen. Er legte eine Generalbeichte seines Lebens ab und konnte im Glauben die Vergebung seiner Schuld fassen. Nach seiner Umkehr setzten dann schwere Anfechtungen ein, die er vorher nicht hatte. Angst, Unruhe, jähzornige Anwandlungen und Schwermut plagten ihn. Auch zeigten sich im Stall beim Vieh merkwürdige Spukphänomene. Diese Erscheinungen brachten ihn zur seelsorgerlichen Aussprache.

Das Problem der Verlagerung will ich auch mit einem Brief zeigen. Eine Frau, die bei dem „Geistheiler“ Dr. Trampler gewesen war, schilderte mir ihr Erlebnis:

B 132 „Ich bin zu Dr. Trampler in Gräfelfing gefahren, weil ich meinte, er würde durch seine Fürbitte all den Menschen helfen können, die an Gott glauben. Ich bekam jedoch den Beweis, dass er nicht in der Kraft Gottes heilt; denn seit meinem Besuch bei ihm kann ich nicht mehr beten. Es drängen sich Lästergedanken und Beleidigungen gegen Gott in mein Beten. Dazu veränderte sich mein Verhalten gegen die Mitmenschen. Ich bekam zunehmend Kontaktschwierigkeiten. Ruhe und Frieden habe ich nur dann, wenn andere Christen mit mir beten, dann treten die Störungen zurück. Ich wäre Ihnen für Ihre Stellungnahme sehr dankbar. Können Sie mir ein Heim nennen oder einen Fürbittekreis, die sich meiner annehmen können? …“

Blockierungen

Das deutlichste Resistenzphänomen ist bei besprochenen Menschen die Blockierung gegenüber dem christlichen Glauben. Dazu einige Beispiele aus meiner Arbeit:

B 133 Eine Frau war bei mir zur seelsorgerlichen Aussprache. Trotz einer Beichte drang sie nicht zur Glaubensgewißheit durch. Da ihre Glaubenshemmungen dem Phänomen der Resistenz glichen, fragte ich nach okkulten Beziehungen. Es kam folgender Tatbestand zum Vorschein. Ihre Mutter hatte alle ihre Kinder bei Erkrankungen besprochen. Dabei wurden die Arme der Kinder verschränkt, und die Mutter sagte in den drei höchsten Namen eine magische Formel. Als ich mich nach dem seelischen Zustand der anderen Geschwister bei dieser Frau erkundigte, erklärte sie, alle ihre Geschwister würden unter Depressionen leiden. Sie hätten auch sexuelle Anfechtungen. Einerseits wollten ihre Geschwister ihr Leben Jesus Christus ausliefern – sie würden manchmal im Gebet darum ringen -, andererseits würden sie wieder in das andere Extrem fallen und alles Göttliche ablehnen. Einmal hätte ihre Schwester auch ihr gegenüber geäußert: „Ich stehe unter einem finsteren Bann.“ Ich habe dann dieser angefochtenen Frau den Weg zu Jesus Christus gezeigt, ihr alle Dinge gesagt, die zur Überwindung okkulter Behaftung gehören. Die Frau ging daraufhin heim, betete und kämpfte die ganze Nacht und wurde durch die Gnade Gottes in derselben Nacht frei.
Einige Tage später kam sie wieder und erzählte freudestrahlend, dass sie völlig frei geworden wäre und sich befreit und glücklich fühle wie nie in ihrem Leben zuvor.

B 134 Ein Mann hatte eine Knochentuberkulose, die nach der Art der Weißen Magie besprochen wurde. Die Schmerzen ließen nach dem Besprechen sofort nach. Der Mann beschäftigte sich mit verschiedenen Formen der Magie. Er bewahrte eine Menge Zauberbücher in seiner Wohnung auf, zum Beispiel „Die Sieben Himmelsriegel“, den „Tobiassegen“, den „Schutzbrief des Johannes“, „Kettenbriefe“ und „Glücksbriefe“. Er führte sogar solche Schutzbriefe, in die Kleider eingenäht, mit sich. Eines Tages, in seiner großen seelischen Not, suchte er den Weg zu Jesus Christus. Er versuchte zu beten und konnte nicht. Auf der einen Seite trug er ein großes Verlangen danach, zu Jesus Christus zu kommen, andererseits empfand er wieder einen lebhaften Widerwillen und Ekel vor Jesus Christus und Gottes Wort. Diese Not führte ihn zur seelsorgerlichen Aussprache, bei der er seine ganzen Zauberbücher ablieferte. Es trat in seinem seelischen Befinden dabei eine spürbare Erleichterung und Entspannung ein.

B 135 Eine Schülerin war in einem Mädchenpensionat mit einer gleichaltrigen Kameradin zusammen, die aus einer Spiritistenfamilie stammte. Das spiritistisch eingestellte Mädchen war medial veranlagt und führte ihren Schulkameradinnen mediale Experimente vor. Als Versuchsperson benutzte sie gewöhnlich meine Berichterstatterin. Diese medialen Experimente spielten jetzt bei der seelsorgerlichen Aussprache eine gewisse Rolle. Die damalige Schülerin ist seit Jahren glücklich verheiratet, hat mehrere Kinder und lebt in harmonischer Ehe. Sowohl sie als auch ihr Mann befinden sich auf christlichem Weg. Sie wollen beide mit ganzer Entschiedenheit Jesus Christus nachfolgen. Bei der Frau, meiner Berichterstatterin, zeigen sich beim Beten oder Hören des Wortes Gottes folgende Symptome. Jedes mal, wenn sie beten will oder einer Predigt zuhören möchte, läßt ihre Konzentration nach. Sie wird schläfrig, fängt an zu gähnen und hört nichts mehr. Das Symptom dieser sich zerstreuenden Konzentration zeigt sich nur bei biblischen Vorträgen. Wenn sie irgendeinen wissenschaftlichen Vortrag hört, kann sie mit bester Konzentration folgen, auch wenn er zwei Stunden dauert. Das sorgfältige seelsorgerliche Gespräch brachte nun jene medialen Experimente ans Licht, die ohne Zweifel als die Ursache dieser Schläfrigkeit unter dem Wort Gottes anzusehen sind.

B 136 Eine Frau ringt seit Jahren um den Durchbruch zum Glauben. Sie läßt es sich alles kosten und liest täglich treu die Bibel. Der regelmäßige Besuch der Bibelstunden und das treue Gebet gehören bei ihr zur festen Ordnung des Lebens. Sie beherbergt die Gläubigen und bringt viel Opfer für die Reichgottesarbeit. Trotzdem bekommt sie keine Glaubensgewißheit. Zweifel und Anfechtungen plagen sie. Die Aussprache erbrachte folgenden Befund: Als Kind hatte sie an einer spinalen Lähmung gelitten. Die Eltern ließen sie daraufhin besprechen. Die Lähmung der Glieder und die Sprechlähmung verschwanden. Mit acht Jahren bekam sie eine große Hautflechte auf der Brust. Die eigene Mutter besprach die Tochter bei Sonnenaufgang und bestrich die Flechte mit einem Strohhalm. Die Flechte verschwand sofort und kam seit 46 Jahren nie wieder. Außer diesen magischen Heilungen hatte sich diese Frau auch einige Male mit anderen okkulten Dingen befasst. Zweimal ließ sie sich bei Astrologen Horoskope anfertigen, einmal besuchte sie eine Wahrsagerin. Dann bekam sie auch einmal Verbindung mit einem spiritistischen Kreis. Die Auswirkung ist, dass sie trotz Bibellesen und Gebet keine Heilsgewissheit und keinen inneren Frieden finden kann.

B 137 Ein Arzt, 48 Jahre alt, möchte Jesus Christus nachfolgen, kann aber nicht. Seine Mutter und seine Großmutter waren Besprecherinnen. Zwei Onkel und eine Tante waren Selbstmörder.

B 138 Ein Arzt erklärte mir in der seelsorgerlichen Aussprache, dass seine Frau depressiv veranlagt wäre. Sie würde auch unter Selbstmordgedanken und Zwangsideen leiden. Der Arzt, der jahrelang seine Frau in dieser Hinsicht beobachtete, kam selbst zu der Auffassung, dass es sich nicht um rein medizinische Sachverhalte handeln würde. Er fragte seine Frau nach okkulten Vorgängen in ihrem Leben. Sie gestand dann willig, dass sie als Mädchen ihre Warzen hatte besprechen lassen. Ferner war sie oft Teilnehmerin an spiritistischen Sitzungen gewesen. Nach diesen magischen und spiritistischen Dingen kam für sie eine Zeit schwerer Anfechtungen. Sie konnte nicht mehr beten und die Bibel lesen und empfand einen Ekel gegen alles Göttliche.
Mir sind die Einwände der Psychologen bekannt, die sagen, dass Resistenz gegen geistliche Beeinflussung auch auf anderem Wege zustande kommen kann. Das bestreite ich nicht. Es gibt sogar sehr viele Faktoren, die einem Menschen die Bibel, das Gebet und Jesus Christus selbst verleiden können. Darüber wäre ein neues Buch zu schreiben. Ich gebe nur einige Hinweise:

In Kanada und USA sprach ich manchmal in Mennoniten-Gemeinden. Sie haben ihr deutsches Volkstum über 10 Generationen hinweg bewahrt. Auch ihre menschlichen Sitten sind noch so wie vor 200 oder 300 Jahren. In einigen Richtungen unter ihnen, den sogenannten Amish-People, dauern die Gottesdienste normal 3 Stunden. Mittags oder abends kommt dann noch ein kurzer Gottesdienst. Die Kinder werden leider zur Teilnahme nach dem Wort: „… Lasst die Kinder zu mir kommen …!“ (Markus 10,14) gezwungen. Wenn diese jungen Leute dann zu einer Berufsausbildung das Elternhaus verlassen, sind sie in keinen Gottesdienst mehr zu bringen. Dazu holen sie alles doppelt und dreifach nach, was im Elternhaus verboten war. Eine gesetzliche Erziehung schafft einen antichristlichen Komplex, aus dem heraus solche Menschen auf geistliche Betreuung negativ reagieren. Das ist aber nur ein Grund, der zu einer Resistenz führen kann. Es gibt noch viel mehr Ursachen. Jede starke Bindung an Sünde macht den Menschen träge, unwillig und scharf ablehnend. Um diese Komplexe der Gesetzlichkeit, der Süchte und Bindungen geht es in diesem Buch aber nicht.
Wir haben nur das Resistenzphänomen im Zusammenhang mit der Zauberei zu behandeln. Das Resistenzphänomen zeigt sich am deutlichsten und ist da am beweiskräftigsten, wenn der Belastete gar nichts von einer geistlichen Betreuung weiß. Es gibt ja Gebetskreise (die leider sehr selten sind), die sich für Belastete, ja auch für Besessene in der Fürbitte einsetzen, ohne dass es die Betreffenden wissen. Prompt setzen dann zur gleichen Zeit die Reaktionen ein. Zur Klärung muss ich ein Beispiel gebrauchen, das ich schon vor vielen Jahren veröffentlicht habe.

B 139 Ich kannte einen gläubigen Mann, der in sein Haus belastete Menschen, Besessene und auch Geisteskranke aufnahm. Er hatte in seinem Haus einen Gebetskreis, der sich täglich zur Fürbitte versammelte. Abends um 10 Uhr, wenn alle Kranken und Besessenen zur Ruhe gegangen waren, vereinigte sich der Gebetskreis im Kellergeschoß. Die Patienten und „Gebundenen“ wußten nichts von der gerade stattfindenden Gebetsversammlung. Was geschah? Die Geisteskranken und organisch Kranken blieben ruhig. Die Besessenen fingen an zu toben.
Das ist die Resistenz. . . .  Fassen wir zum Schluss kurz zusammen, wie das Resistenzphänomen sich äußert.

Es seien die wichtigsten Punkte genannt:

1. Wenn für einen Menschen intensiv gebetet wird, der zum Spruchheiler geht, dann mißlingt das Besprechen.

2. Wenn ein Christ betend im Wartezimmer des Besprechers sitzt, dann wird er nicht angenommen oder sogar fortgejagt.

3. Wenn ein Namenschrist oder lauwarmer Christ zum Besprecher geht, dann hat er keinen Schutz. Er gerät in die Gefahrenzone.

4. Namenschristen und total Ungläubige werden durch den Besprechungsakt geistlich blockiert. Sie können nicht zum Glauben durchdringen oder nur unter ganz schweren Kämpfen.

5. Spruchheilungen sind Verlagerungen vom Organischen ins Seelische. Die Gesundung wird mit seelischen Störungen oft schwer bezahlt.

6. Heilungen durch Besprechen wirken sich manchmal so aus, dass der Geheilte charakterlich und sexuell entartet oder viele Unglücksfälle durchzustehen hat.

7. Wenn durch das Besprechen keine Heilung eintritt, dann ist das ein günstiger Fall. Vielleicht hat das Besprechen dann nicht gewirkt.

8. Wenn bei einer Hinkehr zu Jesus Christus der Bann des Besprechens gebrochen wird, kommt manchmal – nicht in jedem Fall – die frühere Krankheit zurück.

9. Die Wiederkehr der Krankheit ist dann ein positives Zeichen. Der Kranke kann dann zum Arzt gehen oder auch nach Jakobus 5, 14 mit sich beten lassen.

10. Eine Befreiung aus einem Bann ist die Tat Jesu Christi, nicht des Seelsorgers.

13. Tarnung und Täuschung

Es liegt mehr als 20 Jahre zurück. Erich Schnepel, der Leiter der Pfarrer-Gebetsbruderschaft, lud mich ein, auf einer Rüste der PGB einige Vorträge zu halten. Er stellte mir als Thema: „Blockierte Pfarrhäuser und blockierte Gemeinden.“ Gemeint war: durch okkulte Praktiken blockierte Pfarrer. Zur Illustration meiner Vorträge nahm ich nur Pfarrhausbeispiele, damit die Amtsbrüder nicht sagen konnten: Das geht uns nichts an. Zunächst sei die Geschichte eines blockierten Pfarrhauses berichtet.

B 140 Eine Frau beichtete: „Ich habe meine Tochter magisch besprochen und verflucht.“ Die Tochter kam ins Irrenhaus. Auch die anderen Kinder wurden von der eigenen Mutter besprochen. Eine der Töchter suchte in ihrer seelischen Not den Weg zu Jesus Christus. Sie wollte glauben, konnte aber nicht. In der Seelsorge wurde mit ihr das Lossagegebet gesprochen. Sie beichtete und übergab ihr Leben Jesus Christus. Daraufhin trat eine Entspannung in ihrem seelischen Zustand ein. Die Erforschung der Familienverhältnisse bei den Vorfahren ergab ein erschütterndes Bild. Der Vater dieser Frau, die alle ihre Kinder magisch besprochen hatte, war evangelischer Pfarrer, der aber Schwarze Magie getrieben hatte. Zwei Söhne von diesem Pfarrer nahmen sich das Leben. Die Tochter übernahm von dem sterbenden Vater die magische Praxis.
Das ist für ein Pfarrhaus eine schauerliche Bilanz.  . . . Sollte man nicht erwarten können, dass ein evangelischer Pfarrer den Unterschied zwischen der Magie und der Wirklichkeit des Heiligen Geistes kennt? Wie konnte dieser Amtsträger so getäuscht werden? Das nächste Beispiel zeigt nicht nur die okkulten Praktiken eines Pfarrers, sondern auch die Auswirkungen auf die ganze Gemeinde. Einer meiner Freunde, mit dem ich viele Jahre zusammenarbeitete, lud mich mehrmals zu einer Evangelisation in seine Gemeinde ein. Was mir dort begegnete, soll berichtet werden.

B 141 Während der Vortragswoche erschienen jeden Abend mehr Gemeindeglieder. Zugleich wuchs der Widerstand. Es herrschte „eine dicke Luft“ in der Kirche. Am sechsten Abend verspürte ich bei der Verkündigung einen derartigen Widerstand, dass ich kaum mit dem Sprechen durchkam. Es war eine solche Abwehr und Gegenreaktion der vollbesetzten Kirche da, dass ich schier erdrückt wurde. Nach Beendigung des Gottesdienstes erklärte ich der Gemeinde, dass ich kaum noch in der Lage wäre, die Evangelisation weiterzuführen, da solche Abwehrmächte bei der Verkündigung auf mich einstürmen würden. Ich sagte der Gemeinde auch, dass ich mir diesen merkwürdigen Widerstand gar nicht erklären könnte. Am nächsten Tag erzählte mir der Gemeindepfarrer aus der Geschichte seines Dorfes. Einer seiner Vorgänger, ein alter Pfarrer, war langjähriger Spiritist. Er hielt im Pfarrhaus spiritistische Sitzungen ab und war Spezialist für Apporte. Er ließ Rosen regnen. Im Dorf selbst ist das Besprechen gang und gäbe. Generationen hindurch wurden die Kinder bei der Taufe gleichzeitig besprochen. Diese doppelte Handlung soll bedeuten: Wenn Gott nicht hilft, soll eben der Teufel helfen. Täuflinge, die von ihren Angehörigen dazu ausersehen waren, selbst einmal das aktive Besprechen zu üben, erhielten bei der Taufe in der Kirche einen Wurm in die Hand. Der Gemeindepfarrer, der mir all das berichtete, erzählte mir auch, dass er es beim Abendmahl erlebt hätte, dass ein Nachbar, der ebenfalls aktiver Besprecher ist, ein einziges Mal beim Abendmahl teilnahm. Beim Gang um den Altar zog dieser Besprecher einen Wurm aus der Tasche und legte ihn auf den Altar unter den hohlen Fuß eines Leuchters. Das Besprechen liegt wie ein Bann über der ganzen Gemeinde. Mit diesem Bericht war mir klar, warum ich bei der Verkündigung einen so entsetzlichen Widerstand verspürt hatte.

B 142 Ein anderes Beispiel auf ähnlicher Ebene erlebte ich in Frankreich. Ein gläubiger Pfarrer hatte mich eingeladen und mich gebeten, unter anderem auch einen Vortrag über das Pendeln zu halten, weil viele Gemeindeglieder von ihm in einen Nachbarort zu einem ganz berühmten Pendler gingen. Der Pfarrer hat mich vor dem Vortrag nicht informiert, um eine Voreingenommenheit zu vermeiden. Ich hielt also meinen Vortrag, ohne zu wissen, dass dieser fähige Pendler unter den Zuhörern saß. Nach dem Vortrag stand ein Mann auf und fragte, ob er sich zum Vortrag äußern dürfe. Ich wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte, weil manchmal solche spontanen Redner eine Gegenrede vom Stapel lassen. Ich blickte daher auf den Pfarrer, um zu sehen, ob er damit einverstanden sei. Er nickte mit Zustimmung und flüsterte mir zu: „Du mußt ihn sprechen lassen. Er ist ja unser Dekan, unser Vorgesetzter.“ Was ich hinzufügen muss, ist, dass dieser Dekan der beste und fähigste Pendler der dortigen Gegend war. Dann drehte sich der Dekan zur Gemeinde um und erklärte: „Ihr kennt mich ja alle. Ich muss bekennen, dass ich 25 Jahre lang das Pendel benutzt habe, um verborgene Dinge aufzuspüren. Ich habe bei allen ungeklärten Fragen das Pendel zu Rate gezogen und damit auch meiner Gemeinde gedient. Ich habe erkennen müssen, dass das Pendeln keine Gabe Gottes, sondern eine Gabe von unten ist. Und ich muss darüber Buße tun und Sie alle um Vergebung bitten.“
Nach diesem Bekenntnis fragte ich den Dekan, ob er mir die Erlaubnis gebe, seine Geschichte zu veröffentlichen. Er sagte zu unter der Bedingung, dass ich nicht seinen Namen verwende. Ich habe also hiermit die Warnung des Dekans an seine Gemeinde weitergegeben.

Dieses Beispiel zeigt, dass ein Pfarrer, der in der ganzen Umgebung als ein gläubiger Mann galt, 25 Jahre lang Zauberei getrieben hatte und damit seine Gemeinde belastete. Er hat in seinem eigenen Leben noch schwerwiegende Folgen erlebt, die ich aber hier nicht veröffentliche. Es kommt eigentlich häufig vor, dass Pfarrer gern mit Rute oder Pendel arbeiten, da sie das als Hilfestellung für Angefochtene ansehen. Das soll auch mit einem Brief gezeigt werden.

B 143 „Lieber Herr Pfarrer, vor mir liegt ein Brief eines elsässischen Pfarrers an meinen Vater. Dieser Pfarrer ist Pendler und verkaufte meinen Eltern vor einigen Monaten ein sogenanntes Abschirmgerät. Das Kästchen räumte ich nach einiger Zeit weg und gab es dann einem Straßburger gläubigen Bruder. Er öffnete es und fand darin folgende Dinge: eine Taschenlampenbatterie, einen Kupferdraht und Zeitungspapier. Ich schrieb nach diesem Befund jenen Pendelpfarrer an und verwies ihn in aller Liebe an einige Bibelstellen. Ich nannte dabei auch Ihr Buch Seelsorge und Okkultismus, ferner auch einige Schriften des Schweizer Gottesmannes Samuel Furrer. Möge Gott diesem Pendlerpfarrer die Augen öffnen …“
Der Brief ist viel länger, es sollte aber nur das wesentliche Stück berichtet werden. Um ein Mißverständnis zu vermeiden, muss ich hinzufügen, dass mit dem Pendlerpfarrer in diesem Brief nicht jener Dekan gemeint ist, von dem vorher berichtet worden ist. Ich kenne beide Pfarrer. Der Dekan kam zum Glauben und hörte total mit dem Pendeln auf. Der Pendlerpfarrer, der Abschirmgeräte verkauft, pendelt aber weiter und ruiniert seine ganze Gemeinde. Es gibt in seiner Gemeinde kaum noch ein Haus, in dem er nicht über Krankheiten, verlorenen Gegenständen, Wasseradern, nach Vermißten und über Fotos gependelt hätte. Ich schrieb diesen Pfarrer an und versuchte ihn zu überzeugen. Es gelang mir nicht. Er hält seine Fähigkeiten für Kräfte des Heiligen Geistes. Eine furchtbare Verwirrung! Die beiden vorangegangenen Beispiele waren aus Frankreich. Ich füge noch eines aus der Schweiz hinzu. Es handelt sich wieder um einen Brief.

B 144 „Sehr geehrter Herr Doktor, Sie erinnern sich vielleicht an das Ehepaar, das vergangenen Freitag bei Ihrem Vortrag in W. anwesend war und Sie hinterher wegen der Abschirmgeräte ansprach. Wir stehen nämlich in U. schon drei Jahre im Kampf gegen diese Form des Aberglaubens. Der Vorgänger des jetzigen Pfarrers wurde an die Freie Gemeinde in U. berufen. Wir gehören zu dieser Gemeinde. Schon bald nach seinem Dienstantritt empfahl er bei Krankenbesuchen verschiedene Mittel, die er über die Naturärzte bezog. Dann ließ er durch einen katholischen Pendler und Rutengänger das Pfarrhaus abschirmen, angeblich wegen Schlafstörungen. Es blieb nicht bei dieser privaten Entscheidung, sondern er propagierte das in der Gemeinde. Das ging soweit, dass er den Pendler kommen ließ und mit ihm in die Häuser kam, wo sich Kranke befanden. In der evangelischen Allianz (von Freimaurern gegründet übrigens!) gab es einen harten Kampf zwischen unserem Pfarrer und einigen Brüdern, welche die Pendelpraxis als Zauberei erkannten. Diese Brüder brachten ihm viel Beweismaterial, darunter auch Ihr Buch Seelsorge und Okkultismus. Der Pfarrer lehnte das alles als unglaubwürdig ab.
Es gab in der Allianz viele Auseinandersetzungen. Die Brüder suchten oft den Pfarrer von seinem verwerflichen Treiben zu überzeugen. Es nützte alles nichts, zumal der ganze Kirchenvorstand hinter seinem Pfarrer stand. Endlich nach 2½ Jahren wurde ihm der Boden in U. doch zu heiß, und er ließ sich in den Kanton Glarus wählen, wo er dieselben Praktiken weiterführte. Er ging dort noch einen Schritt weiter und empfahl in Zeitungsartikeln die Pendelpraxis und Abschirmung. Die Artikel waren von dem Pfarrer mit vollem Namen unterzeichnet. Diese Angelegenheit ist hier zu einer wahren Seuche ausgeartet. Leute, die auf Wohnungssuche sind, fragen den Hausbesitzer, ob das Haus schon abgeschirmt sei, sonst könne man darin ja nicht schlafen. Auf Grund dieser allgemeinen Meinung werden neue Häuser stets von vornherein abgeschirmt und die Mieter belastet …“

In diesem Beispiel handelt es sich nicht um einen landeskirchlichen, sondern freikirchlichen Pfarrer. – Ich will einwenden, dass man auch übers Ziel hinausschießen kann. Wer nicht weiß, dass er in einer „abgeschirmten“ Wohnung lebt, soll sich keine Sorgen machen. „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, der bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen. Ich sage zu dem HERRN: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue!“  Wenn er erfährt, dass die Wohnung durch einen Pendler abgeschirmt worden ist, soll er den Vermieter fragen, ob er die Kästchen entfernen darf. Wenn es nicht erlaubt wird und der gläubige Mieter keine andere Wohnung finden kann, soll er sich im Glauben unter die Abschirmung Gottes stellen. Die Kästchen mitsamt ihrem Pendelmeister können ihm dann nichts anhaben. Wir dürfen dem Teufel nicht mehr zutrauen als dem lebendigen Gott.

B 145 Aus dem Raum der katholischen Kirche bekam ich eine Zuschrift, die das Besprechen verteidigt. In dem Brief stehen folgende Sätze: „Wenn ein anerkannter guter Volkskenner wie Dr. Heinrich Hansjakob (1837-1916) von guten Erfahrungen mit den Schwarzwälder Besprechern berichtete, so ist das selbstverständlich ein sehr beachtliches und starkes Gegenargument gegen Ihre Verurteilung des magischen Besprechens.“
Dieses Gegenargument besteht doch zurecht, denn wir leben nicht von der Meinung „der Autoritäten“, sondern von der Wahrheit der Heiligen Schrift. Die Bibel nennt aber das Besprechen Zauberei. Es ist beschämend, wie in christlichen Kreisen die biblischen Aussagen so vernebelt und verschleiert werden. Vor einiger Zeit hatte ich eine sehr schmerzliche Erfahrung in meinem Freundeskreis.

B 146 Eine Schwester, die mehr als zehn Jahre meine Bücher las und sich aktiv an den Aufgaben meiner Bibelmission beteiligte, wurde von einer Pfarrfrau in die Geistige Loge in Zürich eingeladen. Ein Geist aus dem Jenseits sprach über ein Medium. Es ging alles sehr feierlich und „christlich“ zu. Mit Bibellesen, Gebet, Gesang und Feier des heiligen Mahls. Daraufhin meldete sich die Schwester von meinem Freundeskreis ab und begleitet seither die Pfarrfrau zu den spiritistischen Gottesdiensten der Loge. Ich warnte die irregeleitete Schwester mehrmals. Es war umsonst. Der Sog des Spiritismus hatte sie erfaßt. Was für eine Rolle spielt diese Pfarrfrau, die unterscheiden sollte zwischen Wahrheit und Dämonie.
Öfter kennt man in Missionsseminaren die medialen Praktiken noch besser als in kirchlichen Kreisen.

B 147 Der Direktor eines Seminars schrieb mich an und fragte um die Beurteilung eines ihrer Prediger, der alles bependelte. Der Vorstand hatte den Prediger mehrmals gewarnt. Es brachte keinen Erfolg. Der Mann pendelte weiter, so dass man ihn aus dem Dienst entließ. Dann beschwerte sich der Entlassene und schaffte viel Literatur und Urteile von bekannten Männern heran, um sich zu rechtfertigen. Der Missionsdirektor schrieb mich dann an und bat um meine Meinung in dieser Sache. Ich hatte mehrere Gespräche mit dem pendelnden Prediger, konnte ihn aber nicht überzeugen. Er hielt seine Fähigkeit für eine Gabe Gottes, die er zum Wohl seiner Mitmenschen einsetzen wollte. Ich konnte nicht anders als dem Missionsdirektor zuzustimmen, dass die Entlassung meiner Meinung nach zurecht bestand.

Ein Pfarrersohn in höherer Beamtenlaufbahn schrieb mich nach der Lektüre von „Seelsorge und Okkultismus“ an und verteidigte die Tätigkeit seines Vaters, der sich als Naturheilpraktiker, Magnetopath und Pendler betätigt. In seinem Brief heißt es:

B 148 „Sehr geehrter Herr Pfarrer, leider ist es mir nicht möglich, an Ihrer Vortragswoche teilzunehmen. Ich will in der genannten Zeit meinen 91jährigen Vater, den Pfarrer und erfolgreichen Naturheilpraktiker G. K. besuchen. Als mir am Sonntag nach dem Gottesdienst der Handzettel über Ihre Vorträge angekündigt wurde, traute ich meinen Augen nicht, dass Sie vermutlich rutenfähige Menschen, die überzeugte Christen sind, in das Heer der Okkultisten einreihen wollen. Dabei handelt es sich doch bei der Rutenreaktion um einen rein physikalischen Vorgang, dessen Ursache das verborgene Objekt in der Erde, zum Beispiel Wasser ist … Unter Bezugnahme auf Ihren geplanten Vortrag ,Krankenheilung als Irrweg und Auftrag‘ möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es durchaus möglich ist, Krankenheilungen mittels Heilmagnetopathie vorzunehmen. Mein Vater hat das bewiesen.“

Der Kampf gegen festgefahrene Meinungen, die durch mediale Praktiken verhärtet sind, ist aussichtslos.
Ich stehe immer wieder bestürzt vor der Situation in der evangelischen Kirche. Wir haben das Alte Testament vor Augen mit seinem Abwehrkampf gegen die Zauberei. Wir sehen durch die Apostelgeschichte, wie Paulus, einer der größten Missionare aller Zeiten, gegen die Magie und Beschwörungskünste Zyperns und Kleinasiens zu Felde zog – und doch gibt es Theologen, die ihre Zauberei als Werk Gottes hinstellen wollen. Zum Schluß dieser Berichte ein Brief, der mich am meisten erschütterte. Er stammt von einem in Deutschland sehr bekannten Pfarrer.

B 149 Es heißt in dem Brief, der an einen Rutengänger gerichtet ist: „Sehr herzlich danke ich Ihnen für Ihren brüderlichen Brief. Ich stehe ganz zu Ihrer Meinung, dass das Wünschelrutengehen eine von Gott geschenkte Naturgabe ist, die nicht jeder Mensch hat, die aber nichts mit Zauberei zu tun hat. Ich habe diese Gabe auch, ohne dass ich es früher gewußt habe. Und wie gut, dass Karl Sundermeier im Jugenddorf Silangit auf Sumatra mit der Wünschelrute die Wasserquelle entdeckte, ohne die die ganze Arbeit dort gar nicht geschehen könnte. Ich bedauere sehr, dass manche Christen das Wünschelrutengehen und die Augendiagnostik des Heilpraktikers verteufeln. Das sind doch Gottesgaben. Natürlich kann ich auch die Gottesgaben sündhaft mißbrauchen, sie sind aber an sich nicht teuflisch …“

In den vorstehenden acht Beispielen dieses Kapitels tauchen verschiedene Fragen auf, die hier kurz diskutiert werden sollen.
1. Zuerst die Nebenfrage der Augendiagnostik der Heilpraktiker. Es gibt eine natürliche Irisdiagnostik, die aber nicht viel taugt. Die Iris wurde in 30 Organfelder eingeteilt, in denen alle Erkrankungen des Körpers zu erkennen sein sollen. Bei rund 10.000 Erkrankungen müssten dann pro Organfeld rund 330 Krankheiten zu erkennen sein. Das ist unmöglich. Die meisten Irisdiagnostiker benutzen die Iris psychometrisch, das heißt als Induktor für eine spezielle Form der Hellfühlerei. Es führt zu weit, das alles hier zu erläutern. In meinem Buch Okkultes ABC stehen diese Dinge ab Seite 151.

2. Es ist seltsam, dass man im Heidentum weiß, was Zauberei ist, nur unsere „Pfarrer“ wissen es oft nicht. Vor 5000 Jahren nannte man die Rutengänger Geomanten (= Erdwahrsager). Aber heute heißt es, die Rutenfühligkeit sei eine Gabe Gottes.

3. Es war mir vergönnt, alle gegenwärtigen Erweckungsgebiete aller Kontinente zu besuchen. Wo der Geist Gottes weht und Menschen zum wahren Glauben kommen, da weiß man unmittelbar, was zu den medialen Paktiken rgehört. Nur unter den Christen Europas wird die Wahrheit oft vernebelt.

4. Die Rutenfühligkeit und Pendelreaktion kann vererbt, übertragen oder erworben sein. Ich kenne in Deutschland drei Pfarrer, die weithin bekannt sind. Alle drei können mit der Rute gehen und meinen, es sei eine Gabe Gottes. Wenn man bei vererbter Rutengängerei die Vorfahrenreihe untersucht, stößt man wieder auf mediale Praktiker. Bei diesen drei Pfarrern handelt es sich um eine vererbte Veranlagung, deshalb fällt es ihnen so schwer, den wahren medialen Charakter ihrer Gabe zu erkennen. Bei allen dreien sind aber typische Auswirkungen der medialen Praktiken da.

5. In dem achten Beispiel meint der gläubige Pfarrer, die Rutenfühligkeit sei eine Gabe Gottes, die aber mißbraucht werden kann. Es entsteht hier die Frage, ob es einen schmalen natürlichen Streifen der Rutenfühligkeit gibt, ähnlich wie bei der Telepathie. Das konnte ich bisher nirgends feststellen. Wenn ein Rutengänger sich bekehrt und ernsthaft den Herrn darum bittet, diese Gabe wegzunehmen, wenn sie nicht von Ihm ist, dann verliert er sie. Leichtfertiges und oberflächliches Beten nützt natürlich nichts. Wenn ein Christ die vererbte Medialität entdeckt, sollte er genauso beten. Die Not ist, dass Pfarrer, auch die drei erwähnten, gar nicht in dieser Weise beten, weil sie überzeugt sind, dass es eine harmlose Naturgabe oder göttliche Gabe ist.

6. Außer dem erwähnten brasilianischen Pfarrer (B 156) habe ich es in Deutschland nur einmal erlebt, dass ein Pfarrer, der zugleich Evangelist ist, sich von mir informieren ließ. Er kam zu mir zur Aussprache und berichtete, dass mein Buch Seelsorge und Okkultismus ihm die Augen geöffnet habe. 25 Jahre lang stand er stets in seinem Dienst unter einer bestimmten Depression, die er sich nicht erklären konnte. Er legte bei mir eine Lebensbeichte ab, und wir beteten gemeinsam das Lossagegebet, weil in seiner Familie mediale Dinge getrieben worden waren. Er wurde durch Jesus Christus völlig frei. Einige Zeit später schrieb er mir, dass sein Dienst ganz neu und unbeschwert sei.

7. Bei den in diesem Kapitel dargebotenen Beispielen kann auch die Frage entstehen, ob denn unter den Pfarrern das Pendeln und Rutengehen besonders verbreitet sei, weil es fast nur Pfarrerberichte sind. Nein, in anderen Berufsgruppen ist der Prozentsatz noch höher. Von den Radiästheten brauchen wir nicht zu reden, denn diese betreiben es alle offiziell. Auch die meisten Heilpraktiker und Naturärzte betreiben Pendeldiagnose. Ferner gibt es viele Ärzte, die zusätzlich pendeln. Prozentual gibt es mehr Ärzte als Pfarrer, die pendeln. Hinter dieser Aussage steht die Erfahrung von 52 Jahren Seelsorge.

8. Wenn schon andere Berufsgruppen noch mehr mediale Praktiken üben als die Pfarrer, warum dann hier die einseitige Auslese? Ganz einfach darum, weil man von Theologen (= Gottesgelehrte) einfach erwartet, dass sie sich in der Wahrheit besser auskennen als andere, die sich nicht mit der Bibel beschäftigen. Man wird aber heute durch sie leider oft getäuscht und irre geführt. Denn wir haben sehr viele Wölfe im Schafspelz als Theologen heute.

9. Das negative Beispiel pendelnder Pfarrer zeigt aber, dass die Wahrheit nicht das Ergebnis eines Studiums ist. In Johannes 7, 17a steht: „Wenn jemand Seinen Willen tun will, wird er erkennen, …“ Die Erkenntnis der Wahrheit ist nicht ein Akt unserer Intelligenz, sondern ein Akt der Lebenshingabe an Jesus Christus und ein Akt des Gehorsams. Anselm von Canterbury (1033-1109) prägte den Satz: Credo ut intelligam (= Ich glaube, um zu erkennen). Wer der Wahrheit gehorchen und sich nicht selbst behaupten will, der wird die Wahrheit erkennen.

10. Ist die Seelsorge an okkult Belasteten und die Erkenntnis der medialen Praktiken nicht ein gewisses Spezialistentum? Nein, es kann ein spezieller Auftrag Gottes vorliegen, aber im Grunde genommen sollte jeder einfache Christ zwischen Gaben Gottes und medialen Gaben unterscheiden können. Auf den Erweckungsgebieten ist diese Unterscheidungsgabe da. Sie ist im zunehmenden Chaos der Endzeit die wichtigste Geistesgabe.

14. Der Ursprung der medialen Fähigkeit

Die Medialität gehört teilweise in das Gebiet der Psychologie und Parapsychologie. Fragen wir daher zuerst die Fachleute der Psychologie nach dem Ursprung der medialen Kräfte. Wie es bei zünftigen Wissenschaftlern nicht anders sein kann, sagen sie uns kurz und bündig: „Die medialen Kräfte haben ihren Sitz im Menschen selbst, sie sind immanent, nicht transzendent.“
Seit Jahrtausenden ist das die Meinung der fernöstlichen Philosophien und Religionen.  . . .  . . .

Die Frage nach den Ursachen der medialen Phänomene wird von den Wissenschaftlern verschieden beantwortet, wie angedeutet worden ist. Steigen wir nun wieder in die Praxis hinein, die auf andere Erklärungsmöglichkeiten schließen läßt.
Eines der umstrittensten Gebiete in der Parapsychologie ist die Präkognition, das Vorauswissen von Ereignissen, die in der Zukunft liegen. …

B 151 Eine Südafrikanerin, die zum ersten Mal in ihrem Leben England besuchte, kam in London auf die Idee, einmal eine Wahrsagerin zu befragen. Die Hellseherin erklärte der Fremden, die sie nicht kannte: „Bei dem nächsten Pferderennen hier sollten Sie auf ein Pferd setzen, dessen Name den Anfangsbuchstaben M hat. Dieses Pferd wird gewinnen.“ Die Südafrikanerin befolgte den Rat. Sie sah die Liste der eingesetzten Pferde durch und fand ein Pferd mit dem Namen Mary. Diese Stute war durchaus nicht unter den Favoriten. Und siehe da, dieses Pferd, dem man nichts Außerordentliches zutraute, gewann im Derby. Die Südafrikanerin bekam eine Summe ausbezahlt, die ausreichte, ihre ganze Reise von Johannesburg nach London und zurück samt allen Aufenthaltskosten zu finanzieren.  . . .

B 153 Ein ebenso relevantes Beispiel wie das des Ingenieurs ist ein Erlebnis in Port Elizabeth. Seit 1963 habe ich bis jetzt 18 mal den „Schwarzen Kontinent“ besucht, am meisten aber Südafrika. 1963 hatte ich in der schönen Hafenstadt Port Elizabeth einige Vorträge. Im Anschluss daran kam eine Frau zur Seelsorge, die ihre leidvollen und beängstigenden Erlebnisse ausräumte. Mit ihrer Genehmigung darf darüber berichtet werden. Frau H. S. hatte die Fähigkeit des zweiten Gesichtes, der Nekroskopie und des „Death Knock“. Das ist das Symptom der Ankündigung von Sterbefällen durch Klopfzeichen. Sie litt sehr unter diesen okkulten Belastungen und wünschte, davon frei zu werden. Ihre unheimlichen Erlebnisse zeigen wiederum den Ursprung, den Hintergrund ihrer Fähigkeiten. Hören wir einige Berichte.

a. Frau H. S. sah bisher alle Sterbefälle ihrer Familie und Verwandtschaft voraus. Bei ihrem Vater, ihrem Bruder und eines Verwandten hörte sie am Todestag morgens ein scharfes Klopfen. Sie wusste jedes mal, dass an diesem Tag jemand sterben würde, wusste aber nicht, wem es galt, da ja ein Teil ihrer Verwandten in großen Entfernungen wohnten. Einmal übernachtete sie im Hotel. Sie wachte morgens durch ein scharfes Klopfen auf. Beim Frühstück hörte sie dann vom Kellner, dass jemand im Hotel gestorben war.

b. Ein ganz typischer Fall ist das Erlebnis mit einer Nachbarin. Frau H. S. wachte eines Nachts auf und sah eine Gestalt in der offenen Türe stehen. Sie nahm an, dass es ihre Mutter sei, weil sie ein Kleid anhatte, das sie ja kannte. Die Mutter lebte mit im Haus. Die Tochter wunderte sich nur, dass die alte Frau sich Nachts angezogen hatte. Sie rief mehrmals: „Mutter“. Die Gestalt gab keine Antwort. Sie stand darum auf und wollte die Mutter am Arm fassen. In diesem Augenblick löste sich die Gestalt auf und die Tochter griff ins Leere. Ein Angstgefühl hatte Frau H. S. nicht. Sie dachte nur, ihre Mutter müsse nun sterben. Bei diesem Gedanken hörte sie die Stimme der Mutter aus dem anderen Zimmer. Sie schliefen ja alle bei offenen Türen, weil Port Elizabeth ein warmes Klima hat. Die Mutter fragte: „Du hast mich gerufen. Was ist los?“ Die Tochter wollte nicht die Wahrheit sagen, um der Mutter die Angst zu ersparen. Die Mutter bestand aber darauf. Schließlich sagte die Tochter: „Ich sah dich in einem bestimmten Kleid.“ Dabei ging sie zum Schrank und holte das betreffende Kleid heraus. Die Mutter antwortete: „Ich lag im Bett, und du siehst meinen Geist herumlaufen.“
Einige Tage später erlitt die Nachbarin von Frau H. S. einen Herzanfall. Ein Heilsarmeeoffizier wurde geholt. In seiner Gegenwart starb die Nachbarin. Als Frau H. S. davon hörte, eilte sie zur Nachbarin. Die Verstorbene hatte das gleiche Kleid an wie die Mutter von Frau H. S.. Die nächtliche Erscheinung hatte sich also nicht auf die Mutter, sondern auf die Nachbarin bezogen.

c. Der tragischste Tod ist der Unfalltod ihres elfjährigen Enkels, erst vier Wochen vor unserer Begegnung. Frau H. S. hatte von ihrem Sohn in East London die Einladung erhalten, ihre Ferien bei ihm zu verbringen. Einige Tage vor der geplanten Ferienfahrt hörte sie wieder das „Death Knock“, ohne zu ahnen, wem es galt. Sie schrieb es ihrem Sohn, der dann bereit war, seine Mutter mit dem Wagen zu holen. Sie weilte fünf Wochen in East London. Einige Tage vor der Rückreise nach Port Elizabeth wachte Frau H. S. nachts auf und sah in der offenen Türe einen Sarg senkrecht stehen. Es war Vollmond, und sie sah das Mondlicht zu beiden Seiten des Sarges. Wo der Sarg stand, war es dunkel. Sie stieß einen Schrei des Entsetzens aus. Ihre Schwiegertochter, die mit im Zimmer schlief, wachte auf und fragte: „Was hast du?“ Frau H. S. antwortete: „Da steht ein Sarg senkrecht.“ Die junge Frau meinte: „Ich sehe aber nichts.“ Frau H. S. stand auf und ging auf den Sarg zu. Da lösten sich seine Konturen auf. Als der Sohn später von diesem nächtlichen Erlebnis hörte, zwinkerte er seiner Frau zu. Sie lächelten beide über die angeblichen Schrullen der Mutter. Immerhin änderte der Mann den Rückreiseplan. Ursprünglich sollte die Mutter am Samstag reisen. Ihr Sohn fuhr sie dann aber schon am Freitag zurück.
In dem Haus von Frau H. S. in Port Elizabeth war Hochbetrieb, weil Ferienzeit war und insgesamt sechs Enkel ihre Ferien dort verbrachten. Bei der Ankunft sprang ihr der elfjährige Enkel entgegen und hängte sich an ihren Hals. Zwei Tage später fuhr die Schwiegertochter die sechs Kinder zur Sonntagsschule. Auf dem Heimweg, nur etwa vier Häuser von der eigenen Wohnung entfernt, raste aus einer Seitenstraße ein Auto mit einem Farbigen am Steuer in den vollbesetzten Wagen hinein. Der Farbige hatte in großer Geschwindigkeit das Stoppzeichen überfahren. Alle sechs Kinder waren teilweise schwer verletzt. Der Elfjährige musste sofort operiert werden, weil die Milz zerrissen war. Einige Stunden nach der gelungenen Operation trat eine Komplikation ein. Die Ärzte entdeckten eine weitere Verletzung am Rückenmark. Der Junge überlebte den Sonntag nicht. Er starb am 04.08.1963. Seine Großmutter war einige Wochen später, am 31.08.1963, in meiner Seelsorge, weil sie seelisch und nervlich ihren Vorausschauerlebnissen nicht mehr gewachsen war. Sie wollte davon frei werden. Ihre Mitmenschen haben ihr deshalb auch schon Vorwürfe gemacht und ihr gesagt, sie sei besessen, und der Teufel würde ihr diese verhängnisvollen Todesfälle voraussagen.

Ich versuchte in der Seelsorge zuerst die Vorgeschichte der Nekroskopie aufzuhellen und erwähnte, dass normalerweise die Fähigkeit des zweiten Gesichtes aus den Zaubereisünden der Vorfahren abzuleiten ist. Frau H. S. kannte kaum ihre Großeltern, da sie ca. 1500 km weit entfernt wohnten. Beim Stichwort Großvater fiel ihr dann ein Erlebnis ein. Als ihr viertes Kind geboren war, lag es neben ihr in seinem Bettchen. Eines Nachts wachte sie auf und sah einen alten Mann mit langem Haar und langem Bart neben dem Kinderbett stehen. Der Alte beugte sich drohend über das Kind. Die Mutter sprang dazwischen und hielt schützend die Arme über das Kind. Am anderen Tag erzählte die junge Frau H. S. ihrer Mutter dieses Erlebnis. Als sie das Aussehen des alten Mannes geschildert hatte, erwiderte die Mutter: „Das ist dein Großvater.“ Frau H. S. hatte ihn nicht erkannt, weil sie seit ihrer Kindheit den Großvater nicht mehr gesehen hatte.

Was ist des Rätsels Lösung? Der Großvater war ein aktiver Besprecher und Spiritist gewesen. Nach der Art vieler Zauberer konnte er erst sterben, nachdem er seine Fähigkeiten jemand angehängt hatte. Das gehört zu den Spielregeln des Teufels. Da er niemand in seiner Umgebung fand, der willig war, sein dämonisches Amt zu übernehmen, wollte er es dem kleinen Säugling anhängen, den er aufgrund einer spiritistischen Exkursion der Seele nachts besuchte. Als die junge Mutter ihn störte, verfluchte er sie, sie dürfe weiterhin keine Kinder mehr haben. Sie konnte von da an auch nicht mehr mit ihrem Mann eheliche Gemeinschaft haben. Das Kind wurde später gläubig und wollte Verkündiger des Evangeliums werden. Durch eine Serie schwerer Unfälle wurde es gelähmt und musste sein Berufsziel aufgeben. Nachdem so die Vorgeschichte aufgehellt war, konnte ich der bekümmerten Frau den Weg der Befreiung zeigen. Die Art der Seelsorge ist in dem Kapitel über die Befreiung kurz dargestellt. Ein Mensch, der zum ersten Mal eine solche Geschichte hört, ist überfordert und lehnt sie daher als „Spinnerei“ ab. Wer Jahrzehnte auf diesem Sektor zu arbeiten hat, dem ist das eine schauerliche Realität.

Einen Hinweis auf die Herkunft der medialen Gaben und Kräfte erhalten wir auch durch die Tatsache, dass es zu allen Charismata mediale Gegengaben, Pseudocharismata, gibt. Der Teufel ist der Affe Gottes.
 Er verdreht und ahmt alles nach, was uns in der Heiligen Schrift geboten wird.

Wir geben einige Gegenüberstellungen. . . .
Insgesamt sollen 15 Parallelen aus der Bibel und der medialen Praxis gegenübergestellt werden.

Die biblische Linie (BL)  –  Die mediale Nachäffung (MN)
BL: 2. Mose 7, 10b: „… Und Aaron warf seinen Stab vor den Pharao und vor seine Knechte hin, und er wurde zur Schlange.“
MN: 2. Mose 7, 11-12: „Da rief der Pharao die Weisen und Zauberkundigen. Und auch die ägyptischen Zauberer taten dasselbe mit ihren Zauberkünsten. Und jeder warf seinen Stab hin, und es wurden Schlangen daraus; aber Aarons Stab verschlang ihre Stäbe.“
BL: 2. Mose 8, 2: „Und Aaron streckte seine Hand über die Wasser in Ägypten; und die Frösche kamen herauf und bedeckten das Land Ägypten.“
MN: 2. Mose 8, 3: „Und die Zauberer taten dasselbe mit ihren Zauberkünsten und ließen Frösche über das Land Ägypten kommen.“
BL: In 2. Mose 16 wird berichtet, dass das Volk Israel Wachteln und Manna zur Versorgung erhielt.
MN: Die Spiritisten nennen das Apporte und ahmen das Auftauchen und Verschwinden von Gegenständen nach.
BL: 2. Könige 1, 10: „Aber Elia antwortete …: „Wenn ich ein Mann Gottes bin, so soll Feuer vom Himmel fallen und dich und deine Fünfzig verzehren! Da fiel Feuer vom Himmel und verzehrte ihn und seine Fünfzig.“
MN: In den Feuerkulten von Tibet, Thailand, Malaysia und Fidji lassen die Kultmitglieder an beliebigen Orten ohne äußere Ursachen Feuer auflodern. Ich habe solche Beispiele in diesen Ländern gesammelt.
BL: 2. Könige 2, 23-24: „… Als er (Elisa) nun den Weg hinaufging, kamen kleine Knaben zur Stadt hinaus; die verspotteten ihn und riefen ihm zu: Kahlkopf, komm herauf! Kahlkopf, komm herauf! Da wandte er sich um, und als er sie sah, fluchte er ihnen im Namen des HERRN. Da kamen zwei Bären aus dem Wald und zerrissen 42 Kinder.“
MN: In der Seelsorge wurden mir manchmal Verfluchungen gebeichtet. So wurde ein gutaussehender und vermögender junger Mann von einer Besprecherin verflucht, dass er niemals heiraten könne. So geschah es auch.
BL: 2. Könige 6, 6: „Aber der Mann Gottes sprach: Wohin ist es gefallen? Und als er ihm die Stelle zeigte, schnitt er ein Holz ab und warf es dort hinein. Da brachte er das Eisen zum Schwimmen.“
MN: In der Parapsychologie nennt man einen solchen Vorgang Psychokinese oder Telekinese. Akausale Bewegung von Gegenständen.
BL: Markus 6, 56: „Und wo Er in Dörfer oder Städte oder Gehöfte einkehrte, da legten sie die Kranken auf die freien Plätze und baten Ihn, dass sie nur den Saum seines Gewandes anrühren dürften. Und alle, die Ihn anrührten, wurden gesund.“ – Matthäus 12, 15: „Jesus aber zog sich von dort zurück, als Er es bemerkte. Und es folgte Ihm eine große Menge nach, und Er heilte sie alle.“
MN: Es gibt viele Formen der medialen Heilung. Im Kapitel „Mediale Heilung“ werden diese Zauberpraktiken genannt.
BL: Johannes 20, 26b: „… Da kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt in ihre Mitte und spricht: Friede sei mit euch!“
MN: Im Spiritismus entsprechend gibt es die Dematerialisationen und Rematerialisationen. Dafür bekannt war Daniel Home.
BL: Apostelgeschichte 11, 27-28: „In diesen Tagen aber kamen Propheten von Jerusalem herab nach Antiochia. Und einer von ihnen, mit Namen Agabus, trat auf und zeigte durch den Geist eine große Hungersnot an, die über den ganzen Erdkreis kommen sollte; diese trat dann auch ein unter dem Kaiser Claudius.“
MN: Das Gegenstück zum biblischen Weissagen ist das mediale Wahrsagen. Apostelgeschichte 16, 16: „Es geschah aber, als wir (Paulus und Silas) zum Gebet gingen, dass uns eine Magd begegnete, die einen Wahrsagegeist hatte und ihren Herren durch Wahrsagen großen Gewinn verschaffte.“
BL: Apostelgeschichte 21, 10-11: „Als wir uns aber mehrere Tage dort aufhielten, kam aus Judäa ein Prophet namens Agabus herab. Der kam zu uns, nahm den Gürtel des Paulus und band sich die Hände und die Füße und sprach: So spricht der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und in die Hände der Heiden ausliefern!“
MN: Die Parapsychologen nennen das psychometrisches Wahrsagen oder Hellsehen. Ein Gegenstand dient als Induktor oder Temoin.
BL: Apostelgeschichte 8, 39a: „Als sie aber aus dem Wasser heraufgestiegen waren, entrückte der Geist des Herrn den Philippus, und der Kämmerer sah ihn nicht mehr; …“ Entrückungen gab es ferner bei Henoch, Elia und Jesus Christus, auch Melchisedek kann man dazurechnen, weil er ohne Ende war.
MN: Eine Nachahmung auf diesem Gebiet ist das sogenannte Windreiten. Ich hörte solche Erlebnisse in Japan, Südafrika und Peru. Aber auch das Dematerialisieren bzw. sich unsichtbar machen kommt hier in frage.
BL: Apostelgeschichte 14, 19-20: „Es kamen aber aus Antiochia und Ikonium Juden herbei; die überredeten die Volksmenge und steinigten Paulus und schleiften ihn vor die Stadt hinaus in der Meinung, er sei gestorben. Doch als ihn die Jünger umringten, stand er auf und ging in die Stadt. Und am folgenden Tag zog er mit Barnabas fort nach Derbe.“
MN: Hierher kann man die Praxis der sogenannten Knochenrichter nehmen. Diese magischen Heiler bei den Lappen und Finnen können komplizierte Knochenbrüche in zwei Tagen zum Heilen bringen.
BL: Apostelgeschichte 28, 3 … 5: „Als aber Paulus einen Haufen Reiser zusammenrafte und auf das Feuer legte, kam infolge der Hitze eine Otter heraus und biss ihn in die Hand. … Er jedoch schleuderte das Tier ins Feuer, und ihm widerfuhr nichts Schlimmes.“
MN: Die Glieder der Schlangenkulte in Liberia, Ghana und Elfenbeinküste haben Macht über die Giftschlangen. Ihr Gift kann sie nicht töten.
BL: Die biblischen Handauflegungen. Jakobus 5, 14-15: „Ist jemand von euch krank? Er soll die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen lassen; und sie sollen für ihn beten und ihn dabei mit Öl salben im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden begangen hat, so wird ihm vergeben werden.“
MN: Die dämonischen Handauflegungen.
BL: Daniel 3: Die drei Männer im Feuerofen.
MN: Die Feuergänger auf den Fidji-Inseln.

Diese Gegenüberstellungen, die einen biblischen Sachverhalt und eine dämonische Imitation zeigen, sind dennoch kein Beweis, aber ein starker Hinweis. Gott und der Teufel, die Engel und die Dämonen lassen sich nicht beweisen, aber sie sind erfahrbar. Alle irrationalen Wahrheiten lassen sich aber mit der Vernunft allein nicht bewältigen und begreifen.
Ohne ein persönliches Glaubensverhältnis und die Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus sind die parapsychologischen Phänomene in ihrer Tiefe und Bedeutung nicht zu begreifen.

15. Die Befreiung

In einer christlichen Zeitschrift las ich den Artikel eines Reichgottesarbeiters, der die Meinung vertrat, man solle nicht über okkulte Dinge zuviel reden, sonst würde man dem Teufel zu große Ehre antun. In dieser Aussage steckt ein wahres Anliegen und ein falsches Argument!

Die Wahrheit, die hier zum Ausdruck kommt, ist die Tatsache, dass wir Christologie und nicht Satanologie zu treiben haben. Durch Jesus Christus ist grundsätzlich die Macht Satans gebrochen. Das heißt aber nicht, dass wir als Christen nichts mehr mit dem Teufel zu tun haben. Schon oft zitierte ich den Ausspruch meines Lehrers Karl Heim: „Der Teufel leistet sich erbitterte Nachhutgefechte.“

In dem Augenblick, da ich diesen Abschnitt niederschrieb, erreichte mich ein Telefonanruf, in dem ich für eine sterbende Pfarrfrau um Fürbitte gebeten wurde. Der Ehemann, die Tochter und der Sohn sind Christen. Die sterbende Mutter erlitt aber im Todeskampf schwere Angriffe der Finsternis, nicht etwa nur die bekannten Schwächezustände einer Agonie. Als der Vater mit den Kindern der Sterbenden ein christliches Glaubenslied vorsang, krümmte sich die Sterbende und schrie: „Hört auf! Hört auf damit!“ In den letzten Tagen kam zum Vorschein, dass die Pfarrfrau einer religiösen Sekte, die spiritistischen Charakter hat, in der Vergangenheit angehört hatte. Im Todeskampf meldete nun Satan seine vermeintlichen Rechte an. Satan wartet stets auf seine Chance und ringt mit letzter Energie um eine einzige Seele – muss aber bei Gläubigen gewöhnlich diese letzte Auseinandersetzung verlieren.

Das falsche Argument in der oben erwähnten Aussage ist die Verharmlosung, mit der man den Erzfeind ausmanövrieren will – bis einem zuletzt in einem jähen Erwachen die Augen zu spät aufgehen.
Wer die Werke der Zauberei aufdecken will, muss von dem Urheber der letzten Feindschaft gegen Gott reden und die Dinge beim Namen nennen. Nicht davon zu reden ist nicht nur Feigheit, sondern schwere Schuld! Man überlässt mit einigen frommen Sprüchlein kostbare Menschenseelen dem „Mörder von Anfang an“. Ich aber habe einen Auftrag Gottes zu erfüllen. Das kann ich mit letzter Gewißheit und Autorität sagen.

Verschiedene Befreiungsbeispiele.

B 154 Zunächst ein Beispiel aus dem Gebiet der Schwarzen und Weißen Magie. Bei einer Evangelisation in Norddeutschland kam ein Bauer zur Aussprache. In dem Bauerndorf war ein Schmied, der es nicht nur mit Feuer, Ruß und Eisen zu tun hatte, sondern der sich auch auf Schwarze Magie und die Hypnose verstand. Er suchte stets nach Versuchsobjekten, an denen er seine dunklen Künste erproben konnte. Sein Nachbar, mein Berichterstatter, war ein williger Schüler für den Magier.
Schließlich wurde dem Opfer langsam bewußt, dass es sich auf einem gefährlichen Experimentierfeld befand. So kündigte der Bauer dem Schmied seine Gefolgschaft auf. Der Magier äußerte ärgerlich: „Das wirst du zu bereuen haben.“ In der folgenden Zeit wurde der Bauer mit dunklen Machenschaften geplagt. Da merkte er, dass er immer noch in der psychischen Gewalt des Magiers war. Die Attacken waren nachts so heftig, dass der geplagte Mann sich entschloß, in einem Nachbardorf die Hilfe einer Spruchheilerin in Anspruch zu nehmen. Diese Frau konnte mit Hilfe der Weißen Magie Krankheiten heilen. Sie war aber auch in der Lage, mit der gleichen Kraft Angriffe abzuwehren.
Bei der Konsultation erklärte sie dem Hilfesuchenden: „Sie werden mit Schwarzer Magie verfolgt, aber ich helfe Ihnen mit Weißer Magie.“ Sie wies ihn an, bestimmte Kräuter zu sammeln und sie abends zwischen 6 und 7 Uhr auf seinem Hof zu verbrennen. Er hatte dabei einen Schutzzauber zu sprechen und danach drei Vaterunser zu beten. Der Bauer wurde von der Besprecherin noch aufgefordert, abends vor dem Zubettgehen eine gespreizte Schere vor das Bett und ein abgewinkeltes Taschenmesser unter das Kopfkissen zu legen. Der Bauer folgte diesen Ratschlägen. Die nächtlichen Angriffe ließen etwas nach, er spürte aber von dieser Zeit an, dass zwei Mächte um ihn herum waren. Es folgten aber noch andere Dinge.

Das Repertoire der Magier ist noch lange nicht erschöpft, wenn ein Angriff abgewehrt worden ist. Sie wechseln sofort die Angriffstaktik in einem Ausmaß, wie sie ein unerfahrener Rationalist und die Harmlosen unter den Christen nicht begreifen und für möglich halten.
Die junge Frau des Bauern, die von ihrem Mann sehr geliebt wurde, erkrankte schwer. Nach einem Krebstest wurde zur sofortigen Operation geraten. Der Chirurg eröffnete den Magen. Er war total verkrebst. Dem dringend bittenden Mann wurde die Wahrheit gesagt. Die Patientin wurde in dem Glauben gelassen, es sei alles gut verlaufen.

Die hoffnungslose Kranke wurde nach Hause entlassen. Auf der Bahre sah sie schon aus wie eine Tote. Der verzweifelte Bauer ging auf sein Feld hinaus, grub sein Gesicht in die Erde und schrie zu Gott um seine Frau. In dieser Kirchengemeinde war ein gläubiger Pfarrer, unter dessen Dienst auch ein Gebetskreis entstanden war. Dieser gläubige Kreis betete intensiv für die Todgeweihte, aber auch für die Umkehr des Mannes.

Das vereinigte Flehen der Kinder Gottes erreichte den Thron des himmlischen Vaters. Zum Erstaunen der Ärzte wurde die „abgeschriebene Patientin“ wieder gesund. Die Mediziner sahen sich wieder einmal vor ein Rätsel gestellt. Das Herz des Bauern wurde durch das Eingreifen Gottes so bewegt und weich, dass er sich entschloß, sein Leben der Führung Jesu Christi anzuvertrauen. Er kam zur Beichte, räumte seine Vergangenheit aus und übergab Gegenwart und Zukunft dem Herrn Jesus.

Dieses Beispiel wirft einige Fragen auf, die aber in extenso hier nicht behandelt werden können. Zunächst muss ich noch einmal der Meinung entgegentreten, dass Schwarze Magie vom Teufel und Weiße Magie von Gott sei. Bei beiden Formen handelt es sich um das gleiche Kraftfeld! Die Seelsorge zeigt, dass die Auswirkungen gleich sind. Die Magier, ob „schwarz“ oder „weiß“, sind Marionetten Satans. Ich gebrauche ein Gleichnis.

In der Kindheit sahen gerne viele einmal das Kasperletheater. Gruselig war stets der Kampf des tapferen Kasperle mit dem Teufel. Unter dem Jubel der Kinder schlug das Kasperle den Teufel tot. Was war aber der Hintergrund des Kampfes? Der Schausteller hat die Fäden der Puppen in seinen Händen. Die einen rechts, die anderen links. So hat der Teufel bei den Besprechern und Magiern die Fäden in der Hand. Alle Zauberer arbeiten im Kraftfeld Satans. Der Stärkere siegt. Der unheimlich Starke gibt aber die Fäden nicht aus den Händen – es sei denn, der Sohn Gottes zerschlägt ihm sein grausames seelenmordendes Spiel. Das war auch bei dem Bauern und seiner krebskranken Frau der Fall gewesen. Ich will aber noch ein anderes Beispiel bringen.

B 155 Vor einigen Jahren hatte ich auf Bali in einigen Kirchen Vorträge. Die Pfarrer sagten mir, dass zur Zeit ein magischer Krieg zwischen verschiedenen Magiergruppen stattfinden würde. Die Gruppen saßen in einem Wald einige Kilometer auseinander. Wenn zwei Lichtkugeln am Himmel gegeneinanderprallen – durch die Magier hervorgerufen -, beginnt der Kampf.
Die Magier kämpfen mit mentalen und magischen Waffen und praktizieren auch die Todesmagie. Auf beiden Seiten fallen Magier ohnmächtig um und sterben an Ort und Stelle. Der Kampf kann ein doppeltes Ende haben. Sie hören entweder bei einer vorher vereinbarten Zeit auf, oder sie kämpfen, bis nur einer übriggeblieben ist. In Europa ist das in diesem Ausmaß unbekannt. Bali heißt aber die Teufelsinsel, auf der solche Machtverhältnisse herrschen. Von den Ärzten hörte ich, dass 85 % der Kranken nicht organisch, sondern psychisch krank sind. Diese hohe Ziffer, die in der ganzen Welt an erster Stelle steht, ist eine Auswirkung der Zauberei der Balinesen.

Noch einmal: Das Reich des Teufels wird nicht dadurch entzweit, dass die Magier sich bekämpfen, sondern die Mordopfer Satans werden gerade dadurch vermehrt. Die Menschenseelen sind von Gott geschaffen, darum ist Seelenmord Satans oberstes Ziel. Er will den Schöpfer damit treffen – und Satan wird zuletzt das Ziel seiner Urrebellion nicht erreichen, sondern dem Gericht Gottes ausgeliefert sein.

B 156 Als zweites Befreiungsbeispiel wird ein Brief aus dem Gebiet der Pendeldiagnose angeführt. Die Pendeldiagnostiker sind zwar keine Besprecher, aber ihre Fähigkeit gehört zur medialen Praxis. Und hier in diesem Buch geht es ja um mediale Praktiken.

Aus einem langen Brief, der mich von Brasilien erreichte, schneide ich einige wesentliche Stücke ab. Der Briefschreiber, ein lutherischer Pfarrer, teilte mir folgendes mit:

„An Ihrem Buch ‚Seelsorge und Okkultismus‘ interessierte mich speziell, was Sie über das Pendeln schrieben, denn ich habe es in meiner ersten Gemeinde während und nach dem Kriege geübt… Da ich in einem Arzthaushalt aufgewachsen bin, interessierte mich die Pendelpraxis. Ich probierte das Pendel, es begann in meiner Hand zu schwingen. Ich pendelte erst für meine kranke Frau die geeigneten Medikamente heraus, dann für mich selbst und zuletzt für kranke Gemeindeglieder. Verordnet wurden nur homöopathische und biochemische Mittel. Es stellten sich Erfolge ein, die mir Mut machten, es auch mit Ferndiagnosen zu versuchen. Ich hielt diese Art der Diagnosestellung für eine besondere Gabe Gottes …

Eines Tages wurde ich in meiner Tätigkeit als Heiler unruhig. In einer meiner Gemeinden hatte ich einen gläubigen Mann aus der Schweiz als Gemeindeältesten. Er fragte mich bei einer Begegnung: ‚Herr Pfarrer, beten Sie auch vorher, bevor Sie das Pendel benutzen?‘ Diese Frage machte mich unsicher. In dieser Zeit merkte ich auch, dass meine Diagnosen nicht immer stimmten. Ich verlor langsam die Fähigkeit, mit Erfolg die biochemischen Salze auszupendeln. Schließlich steckte ich die Pendelei ganz auf. Ich vergaß mitzuteilen, dass ich manchmal das Pendel fragte, über welchen Text ich am Sonntag predigen sollte, da ich mit meinen Predigtvorbereitungen immer viel Mühe und Not hatte.

Vergessen darf ich nicht, dass ich in der Periode des Pendelns auch okkulte Bücher las, vorwiegend solche über die Verwendung von Heilkräutern und über die Deutung der Handlinien zum Zweck der Diagnose. Der Eigentümer dieser Bücher war ein ehemaliger Katholik, der durch den Spiritismus zum Glauben an ein Leben nach dem Tode gekommen war. Der ehemalige Katholik hatte sich einer meiner Gemeinden angeschlossen. Er war ein treuer Kirchgänger und wurde schließlich Präsident der evangelischen Kirchengemeinde. Dieser Mann hatte nach seiner religiösen Umstellung immer noch Gaben aus seiner spiritistischen Zeit. Er verfügte über eine Art magnetischer Ausstrahlung seiner Hände. Die Brasilianer nennen das ,Dar Passos‘. Diese Ausstrahlung war für Kranke wohltuend, und wir baten ihn, auch diese Kraft bei meiner Frau einzusetzen, vor allem dann, wenn sich ihre Migräne eingestellt hatte.

Wir hatten in unserer Gemeinde noch mehr außergewöhnliche Menschen. Eine Dame gehörte 20 Jahre lang zu unserem Kirchspiel und hat sich in rührender Weise eingesetzt und mitgeholfen, wo es erforderlich war. Sie erwarb sich unser Vertrauen, so dass wir sie als Patentante unseres Sohnes nahmen. Leider nahm sie eine Entwicklung zum Spiritismus hin. Sie betätigt sich heute als spiritistisches Medium, pflegt Geisterverkehr und treibt böse Geister aus. Bei der Lektüre Ihrer Bücher kam mir nun der Gedanke, ob ich nicht durch meine Pendelei großen Schaden angerichtet habe, ohne es zu wissen. Ich bin allerdings schwermütig und oft mürrisch. Da ich die Ungewissheit und Unruhe nicht mehr loswurde, habe ich einem älteren Kollegen gegenüber eine Lebensbeichte abgelegt. Einem anderen Kollegen beichtete ich alle meine Sünden, soweit sie mir bewusst wurden. Von dieser Zeit an erlebte ich einen kleinen geistlichen Aufschwung. Nach jeder Verkündigung bitte ich den Herrn um Vergebung für all das, was ich verkehrt gemacht habe. Es fällt mir immer noch schwer, mich auf einen biblischen Text zu konzentrieren und eine Predigt vorzubereiten. Ich glaube, ich bin der einzige Pfarrer in unserer Synode, der soviel Nöte hat und durch dauernde Ängste geht. Und dabei bin ich schon 30 Jahre im Amt. Ich vergaß zu sagen, dass ich bei einem Deutschlandaufenthalt zum dritten Mal bei einem Pfarrer im Tropengenesungsheim beichtete …“

Das sind einige Ausschnitte aus dem langen Bericht aus Brasilien. Sein Weg war richtig, dass er beichtete und sich Seelsorgern anvertraute.

B 159 Als junger Pfarrer lernte ich einen fähigen Rutengänger kennen, der nicht nur Quellen fand, sondern auch Tiefe und Wassermenge angeben konnte. Manchmal ist es ihm gelungen, die Minutenliter genau anzugeben. Suchbohrungen bestätigten seine Angaben. Ein Zweifler nahm sich vor, diesen Mann auf die Probe zu stellen, und der Rutengänger versagte. Ist damit der Fall entschieden? Keineswegs. Die Zweifel des Experimentators hatten den Rutengänger aus dem Konzept gebracht. Für ein erfolgreiches Suchen brauchte der rutenfühlige Mann innere Sammlung, auch eine Harmonie mit seinem Experimentator. Weil das fehlte, ging der Versuch schief. Noch ein Argument wäre zu nennen. Die mediale Rutengängerei ist ein Vorgang, der zum irrationalen Bereich gehört. Irrationales kann aber nicht durch Rationales getestet werden. Der Vorgang aus dem Bereich der „vierten Dimension“ – wenn ich einmal gefährlicherweise so sagen darf – kann nicht mit Denkmaßstäben und Versuchsanordnungen, die zur dritten Dimension gehören, bestätigt oder abgelehnt werden. Hier liegen Größenordnungen und Fakten verschiedener Bereiche vor.

B 161 Einer meiner Freunde kam im Elsaß zum Neubau eines Arztes, der sich ein Wochenendhaus gebaut hatte. Während er sich im Haus aufhielt, beobachtete er, dass draußen im Hof und Garten ein Rutengänger Wasser suchte. Mein Freund ging auf die Knie und betete um ein Gottesurteil: „Herr, trete Du dazwischen. Ich will nichts mit medialen Dingen zu tun haben.“ Plötzlich hörte er draußen Fluchen und Schimpfen: „Nun habe ich doch vorher hier Wasser gefunden, und jetzt schlägt die Rute nicht mehr aus.“ Es war der Rutengänger, der noch einmal die gefundenen Stellen kontrollieren wollte.

Der Radiästhesist hatte von dem betenden Mann im Hause keine Ahnung. Hier kann man also nicht die These erhärten, dass ein innerer Konflikt den Rutengänger stoppte. Ich weiß aber, dass man Animisten und Negativisten mit keinem Argument beikommt …

Bei den Beispielen über die Befreiung entsteht die Frage: Wie werden Menschen mit einer okkulten Belastung in der Seelsorge betreut?

Trotz der dringenden Notwendigkeit seelsorgerlicher Ratschläge muss ich in diesem zweiten Teil des Buches darauf verzichten. In verschiedenen Büchern habe ich bereits einen solchen Überblick über diese Seelsorge gegeben. Ich müsste nur mit anderen Worten wiederholen, was ich dort schon gesagt habe. Nachlesen kann man die Einführung in eine derartige Seelsorge in dem Taschenbuch „Heilung und Befreiung“. In ausführlicher Weise wird diese Seelsorge dargestellt in dem Buch Okkultes ABC. Was im „Okkulten ABC“ auf den Seiten 461-544 gesagt ist, wird wenigstens in Form einer Gliederung hier als seelsorgerliche Anweisung wiederholt:

a. Komm zu Christus (Matth. 11, 28; Johannes 6, 37)

b. Vernichte alle okkulten Gegenstände und Bücher (Apostelgeschichte 19, 19)

c. Brich mit allen medialen Kontakten (Epheser 5, 11)

d. Erkenne und bekenne deine Schuld (1. Johannes 1, 9)

e. Sage dich von den Zaubereisünden der Vorfahren und des eigenen Lebens los (Jesaja 2, 22)

f. Ergreife im Glauben die Vergebung (Hebräer 11, 6; Epheser 1, 7)

g. Bleibe nicht auf halbem Wege stecken (Lukas 14, 33)

h. Suche für das Lossprechen einen vollmächtigen Seelsorger (Matthäus 18, 18)

i. Gliedere dich einer Gebetsgruppe ein (Matthäus 18, 19)

k. Praktiziere Beten und Fasten (Matthäus 17, 21)

l. Stelle dich unter den Schutz des Blutes Jesu Christi (Hebräer 9, 14)

m. Gebiete dem Feind im Namen des Herrn (Apostelgeschichte 16, 18)

n. Benutze fleißig die Gnadenmittel (Apostelgeschichte 2, 42)

o. Lege die Waffenrüstung des Geistes an (Epheser 6, 10f.)

p. Realisiere den Sieg Jesu Christi über die finsteren Mächte (1. Korinther 15, 57)

q. Hüte dich vor der Rückkehr der Dämonen (Lukas 11, 24)

r. Sei bereit zu einer völligen Auslieferung an Jesus Christus (Epheser 4, 24)

s. Sei dir bewusst, dass Befreiung nur durch Jesus Christus möglich ist (Apostelgeschichte 4, 12; Johannes 8, 36)

t. Gehorche dem Herrn in allen Dingen (2. Thessalonicher 3, 14; 5. Mose 11, 17) u. Werde voll Geistes (Epheser 5, 18)

v. Im Triumphzug des Siegers (2. Korinther 2, 14)

Diese einzelnen Punkte sollen nicht als Schema oder Methode verstanden werden. Der Seelsorger hat nur zusammenzutragen, was uns die Bibel lehrt. Der Heilige Geist braucht keine methodischen Erwägungen. Er ist souverän. Es ist aber sein Stil, sich des Wortes Gottes zu bedienen. Das Wort Gottes ist der Wagen des Heiligen Geistes.


Medialität – seelsorgerlich gesehen

Theologen behaupten manchmal, die medialen Kräfte seien schöpfungsbedingt und könnten gereinigt in den Dienst Gottes gestellt werden.


Die Bibel widerspricht dieser Auffassung und die Seelsorge zeigt andere Sachverhalte. Im Alten Testament werden die Zauberer, die durch Beschwörungsformeln mediale Kräfte einsetzen, verworfen. (5. Mose 18, 10-12: “Es soll niemand unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, oder einer, der Wahrsagerei betreibt oder Zeichendeuterei oder ein Beschwörer oder ein Zauberer, oder einer, der Geister bannt, oder ein Geisterbefrager, oder ein Hellseher oder jemand, der sich an die Toten wendet. Denn wer so etwas tut, ist dem HERRN ein Greuel . . .“)

Das Neue Testament zeigt uns am Verhalten des Apostels Paulus in Apg. 16, 16-18, daß die echten medialen Kräfte der Wahrsagerin nicht gereinigt und für den Dienst Gottes eingesetzt, sondern gestoppt und ausgetrieben wurden, da es sich um einen unreinen Geist handelte.

In der Seelsorge zeigt es sich, dass die medialen Kräfte im Zusammenhang mit der Zauberei entstehen, entweder durch Vererbung oder Übertragung oder magisches Experimentieren.

Ferner erleben Menschen bei einer entschlossenen Hinkehr zu Jesus Christus, also bei ihrer Bekehrung, dass sie dabei von medialen Kräften frei werden. Es kommt allerdings bei einer halbherzigen Hingabe an Jesus Christus vor, dass solche Christen teilweise ihre medialen Kräfte mit in die Nachfolge Jesu Christi hineinschleppen. Man kann fast sagen: bei halbem Einsatz nur ein halbes Ergebnis. Es gibt in der Tat mehr unentschiedene als entschiedene Christen. Ein starkes Argument für den Zaubereicharakter der medialen Kräfte ist, wie schon gezeigt, die Resistenz gegenüber geistlicher Beeinflussung. Am deutlichsten ist das erfahrbar beim intensiven glaubensstarken Gebet. Mediale Kräfte können durch Gebet gestoppt werden, deshalb sind solche Kräfte keine Gaben des Schöpfergottes oder neutrale Naturkräfte. Dazu einige Erlebnisse:

B 162 Ein bekannter amerikanischer „Gottesmann“, so wird er von seinen Freunden und Anhängern angesehen, sprach in Lausanne. Ein Freund von mir nahm einige gläubige Beter mit sich und besuchte eine seiner Versammlungen. Sie beteten nach vorheriger Abmachung: „Herr, wenn die Heilungskräfte dieses Mannes nicht von dir sind, stoppe ihn.“ Nach dem Vortrag des Amerikaners sollte eine Heilungsversammlung folgen. Die betenden Brüder waren in der Menge. Da erklärte der amerikanische Heilungsevangelist: „Ich kann heute Abend nichts tun, es sind hier Gegenkräfte, die mich stören.“ Damit hatte die betende Gruppe die Antwort, um die es ihr ging.

B 163 Das gleiche Erlebnis hatte ich mit einer betenden Gruppe in Karlsruhe. Der gleiche Amerikaner W. Branham sprach in einem Zelt vor etwa 6.000 Menschen. Ich saß mit einigen Betern inmitten der Menge. Während der Redner sprach, beteten wir um ein Gottesurteil. Beim nachfolgenden Heilungsdienst konnte der sonst hochgefeierte Mann nichts ausrichten. Er spürte wieder die Gegenkräfte und brachte das zum Ausdruck. Wenn diese Heilungskräfte von Gott gewesen wären, hätte unser Gebet ihn gestärkt und nicht gehindert!

B 164 Stopperlebnisse gibt es auch auf einer viel größeren Ebene. Der Ausdruck „Stopperlebnis“ klingt schnodderig und entweihend für das große Geschenk eines Eingreifens Gottes. Ich bringe also die folgenden Beispiele nicht in Hybris, sondern in Ehrfurcht.

In den fünfziger Jahren trat ein holländischer Hypnotiseur zusammen mit seinem Medium Mirin Dajo öffentlich auf. Der Hypnotiseur führte auf dem Podium der neugierigen Menge ein furchtbares Experiment durch. Er versetzte Mirin Dajo in Halbtrance und stieß ihm in diesem Zustand ein Florett vom Rücken her durch den Brustkorb, so dass die Spitze des Säbels vorn an der Brust herausstand. Mancher wird nun an den Jahrmarkttrick des einklappbaren Säbels denken. Das war es aber nicht. Ein Professor Brunner von der Züricher Universität führte Mirin Dajo vor einen Röntgenapparat, um den Verlauf des Floretts zu kontrollieren. Es zeigte sich, dass die wichtigsten Organe nicht berührt worden waren. Das Florett war tatsächlich durch den ganzen Brustkorb durchgestoßen worden.

Die Zeitungen brachten diese Sensation in großen Schlagzeilen. In Zürich gab es auch Christen, die in dieser Sache beteten. Was geschah? Beim 501ten Versuch gelang das Experiment nicht mehr. Mirin Dajo starb. Soll man nun die Beter Mörder schimpfen, weil sie um ein Eingreifen Gottes gebetet hatten? Nein, sie unterstellten sich dem Willen Gottes.

B 165 Auf gleicher Ebene, nur nicht so drastisch, ist ein Erlebnis mit Uri Geller. Es handelt sich um den Brief eines Bruders H. W. aus Leonberg, der eine ZDF-Sendung mit Uri Geller miterlebt hatte. Ich zitiere die wichtigsten Stücke aus diesem Brief:

„Mein Vater nahm in den dreißiger Jahren an einer Veranstaltung in einer Gaststätte teil, bei der ein Zauberkünstler in den Nebenräumen seine Experimente zeigte. Er holte zum Beispiel anwesenden Personen, ohne die Hände zu benutzen, Gegenstände aus der Tasche. Als er dies in Gegenwart meines Vaters nicht mehr konnte, sagte er, es sei ein Stärkerer im Raum, so dass er nichts mehr machen könne. Mein Vater hatte in seinem Herzen gebetet: ,Herr, wenn dies nicht von dir ist, so laß ihm nichts gelingen.‘ Nachdem mein Vater den Raum wieder verlassen hatte, konnten die Tricks wieder durchgeführt werden. Soweit der Bericht meines Vaters. Nachdem ich bei der Fernsehsendung mit Uri Geller das Gelingen der beiden ersten Experimente (Gabel verbiegen, Uhr in Gang bringen) gesehen hatte, erinnerte ich mich an das Erlebnis meines Vaters. Daraufhin habe ich in Gedanken intensiv in ähnlicher Weise gebetet. Als Geller dann die sich in einem doppelten Umschlag befindende Zeichnung nachskizzieren wollte, gelang es ihm nicht. Er wurde in wenigen Sekunden unruhig, hatte seinen vorher zur Schau getragenen Optimismus völlig verloren, wußte kaum einen Strich zu machen und gab es schließlich auf.

Nun meine Fragen: Halten Sie es auf Grund obiger Schilderung für möglich, dass magische Kräfte mit im Spiel sein könnten? Ich selbst glaube, dass mein Erlebnis ein Beweis dafür ist, dass Jesus Christus lebt und auch so seine Allmacht zeigen kann.“

Es steht noch mehr in diesem Brief. Das Wichtigste ist aber berichtet. Ich weiß aus vielen Erlebnissen, dass Uri Geller hochmedial ist. Darum konnte er durch den betenden Bruder gestoppt werden. Dieser Ausdruck ist hier wiederum nicht ganz angebracht. Stoppen ist Sache Gottes, nicht die des Beters. Der Beter durfte aber Gottes Arm bewegen.

B 166 Es folgt hier ein Beispiel, das mir ein gläubiger Pfarrer als sein eigenes Erlebnis berichtete. Ein Entertainer wollte einen Abend mit okkulten Experimenten durchführen. Der gläubige Pfarrer, mein Berichterstatter, bat einige gleichgesinnte Männer zu sich. Sie besuchten die Veranstaltung und beteten während der Vorführung. Dem Okkultisten gelangen an diesem Abend die Experimente nicht. Schließlich erklärte der Vorführer aufgeregt, es seien Störungen und Gegenströmungen da. Die Störenfriede möchten den Saal verlassen. Die gläubigen Männer leisteten dieser Aufforderung nicht Folge. Sie hatten ja das Eintrittsgeld bezahlt. Dieser okkulte Experimentalvortrag ist völlig mißlungen.

Gläubige Beter sind ein Machtfaktor in Gottes Reich. Beter können daher auch Live-Übertragungen mit spiritistischem, magischem und medialem Charakter durch Gebet stören. Eine Störaktion habe ich selbst in einem anderen Fall erlebt. Ich berichte das nicht in Selbstbeweihräucherung, sondern zur Ehre Gottes, der bei diesem Erlebnis den Sieg davontrug.

B 167 Bei einer Evangelisation in einer süddeutschen Großstadt bekam ich die Grippe. Ich wollte meine Vortragsreihe nicht unterbrechen und fragte daher nach einem guten, wenn möglich gläubigen Arzt. Mir wurde ein Dr. S. genannt, den ich aufsuchte. Als ich sein Sprechzimmer betrat, sah ich einen Pendel an der Wand hängen. Ich fragte den Arzt: „Pendeln Sie?“ – „Ja, zur Sicherung meiner Diagnose“, war die Antwort. „Dann kommen Sie für mich als Arzt nicht in Frage“, sagte ich dem erstaunten Mediziner. Er bat um die Begründung meiner Ablehnung. Da ich der Letzte im Wartezimmer gewesen war, hatte der Arzt Zeit für mich, und ich nahm mir die Zeit, da ich merkte, dass etwas Wichtiges auf dem Spiel stand. Ich erklärte dem gut zuhörenden Mann die Zusammenhänge zwischen Pendelei und Medialität. Er ließ sich aber nicht überzeugen. Da bekam ich plötzlich die innere Freiheit, dem Arzt zu sagen: „Gut, Sie dürfen mit mir pendeln.“ Ich sagte das nicht, um irgendeine Diagnose zu erfahren, sondern ich betete in meinem Herzen um ein Gottesurteil, um den Arzt zu überzeugen. Ich sagte mir, dieser Mann bringt durch sein Pendeln viele Menschen unter einen Bann. Vielleicht kann Gott ihn jetzt überzeugen, da es mir nicht gelungen war. Der Arzt versuchte, mit mir zu pendeln. Der Pendel stand und rührte sich nicht. … Nach allem Mißlingen schaute mich mein „Duell-Partner“ fragend an und wollte wissen:

„Was sind Sie für ein Mann? Sie sind der erste, bei dem der Pendel nicht funktioniert.“ Ich erwiderte ihm: „Ich will Ihnen die volle Wahrheit sagen. Ich habe um ein Gottesurteil gebetet, weil Sie sich von mir nicht überzeugen lassen. Nun wurde Ihnen von Gott gezeigt, dass hinter der Pendelei andere Kräfte stehen.“ Dieses Gottesurteil hat den aufrichtigen Arzt überzeugt. Er antwortete: „Gut, ich akzeptiere. Ich lege von heute an den Pendel weg.“ Das Versprechen hielt er auch. Acht Jahre später traf ich einen Patienten dieses Arztes, der mir berichtete, dass Dr. S. nicht mehr pendle.

Schon manchmal bin ich gefragt worden, ob alle medialen Kräfte einen negativen Charakter haben. Gibt es einen neutralen Streifen? Ich kann nicht mit einem Satz antworten.

Es gibt Menschen, die durch Vererbung unbewußt medial sind und es in ihrem Leben nicht entdecken. Diese unbewußte, verborgene Medialität, die nicht in Anspruch genommen wird, ist keine Schuld. Sie wirkt sich aber häufig als Belastung aus. Wer aber seine Medialität entdeckt und dann damit experimentiert, dem wird diese praktizierte Medialität zur Schuld.
Wer seine Medialität entdeckt, soll sich davon lossagen und sie nicht gebrauchen. Es kommt noch ein anderer Gesichtspunkt hinzu. Wenn Gott nach dem ersten Gebot die Sünden der Väter an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied heimsucht, dann ist das ein indirekter Hinweis, dass wir als die Mitschuldigen unserer Vorväter uns auch von den okkulten Praktiken der Vorfahren lossagen. Das wird von erfahrenen Seelsorgern so gehandhabt, von den unerfahrenen aber manchmal lächerlich gemacht.

Bei einem Gebiet glaube ich aber an einen neutralen Streifen, und zwar bei der Telepathie. Fast alle Menschen haben einmal oder mehrmals in ihrem Leben die Erfahrung gemacht, dass sie eine Gedankenübertragung erlebt haben. Vor allem bei Menschen, die sich nahe stehen wie Mutter und Sohn oder Braut und ihr Verlobter oder bei Partnern einer guten Ehe, kommen telepathische Erlebnisse gelegentlich vor, ohne dass eine Medialität oder gar eine okkulte Belastung vorliegt. – Zum Thema Telepathie habe ich geradezu ein klassisches Beispiel, das hier folgt:

B 169 Ich berichte kurz die Geschichte vom „Schwarzen Peter“. Er ist ein junger Häuptling des Wongaistammes der westaustralischen Wüste. Sein richtiger Name ist Puwantjara. Sein Bericht steht als erstes Kapitel in meinem Buch „Name über alle Namen Jesus“. Peter gab mir einen Bericht über seinen Stamm und sagte, dass ich der erste Weiße sei, der das zu hören bekomme. Der Wongaistamm hat 2.000 Mitglieder und lebt in Westaustralien verstreut auf einem Gebiet, das einige Male größer als die Bundesrepublik Deutschland ist. Der Stamm hat keine Post oder Telefonverbindung. Der Häuptling regiert und informiert die Stammesgenossen per Telepathie. Er hat sogar ein Rufzeichen mit bestimmten Zeichen, die an der Schädeldecke gespürt werden. Es ist sendende und empfangende Telepathie. Peter wurde als erster seines Stammes Christ. Ich lernte ihn in Australien kennen. Dann begegneten wir uns in Neuseeland, wo er zur Zeit als Missionar tätig ist. Ja, ich habe Peter sogar vier Wochen auf einer Vortragsreise in Deutschland mitgenommen. Er war mein Gast und ist mein Freund. Ich wollte von ihm wissen, ob er seine Telepathie behalten hätte, als er Christ wurde. Er antwortete, dass er die Stammestelepathie verloren habe. Er könne den Stamm nicht mehr dadurch regieren. Die Telepathie innerhalb der Familie hat er behalten. Er sagte, er habe einmal, als er kniend betete, den telepathischen Anruf seiner Mutter erhalten. Peter ist der Meinung, dass die Stammestelepathie dämonischen Charakter hat. Darum hat er sie bei seiner Bekehrung verloren. Die Familientelepathie sieht er als natürlich an. Diese konnte er bei seiner Hinkehr zu Jesus Christus behalten.

Damit schließen wir den Rundgang durch die medialen Phänomene. Die Seelsorge zeigt einerseits die medialen Heilerfolge, die es unbestreitbar gibt, andererseits wird der belastende Charakter sichtbar, wenn ein solcher Mensch sich voll und ganz Jesus Christus ausliefern will. Traditionschristentum und Namenschristentum ändern die Situation nicht! Nur die kaine ktisis – die totale Erneuerung des Menschen – macht den zerstörerischen Charakter der medialen Praktiken sichtbar. Solche Auswirkungen stammen nicht aus dem Kraftfeld der civitas dei, sondern aus dem Sumpf der civitas diaboli.
Nun befehle ich dieses Buch, aber auch seine dankbaren oder kritischen Leser, dem Schutz Jesu Christi. Ich habe in seinem Auftrag geschrieben.


Die Hervorhebungen im Text sind von mir, auch ganz geringe Kürzungen. Horst Koch, Herborn, im Jahre 2008

www.horst-koch.de
info@horst-koch.de




Heilung u. Befreiung (K.E.Koch)

Kurt E. Koch

 

HEILUNG  UND  BEFREIUNG


 – Seelsorgerliche Hilfe für kranke, angefochtene und okkult belastete Menschen  –

A. KLÄRUNG DER BEGRIFFE

I.   Krankheit und Dämonie

II.  Der Streit um die Zuständigkeit

III. Der Okkultismus

IV.  Die Formen okkulter Betätigung
     1. Das Wahrsagen

     2. Die Magie

     3. Der Spiritismus
V.   Die Parapsychologie

Vl.  Die okkulte Belastung
VII. Die Auswirkungen der okkulten Belastung
1.   Störungen des Glaubenslebens

2.   Charakterliche Verbiegungen

3.   Seelische Störungen

4.   Anfälligkeit für Geisteskrankheiten

5.   Entwicklung medialer Fähigkeiten

B. BIBLISCHE HEILUNGEN

I.   Die Bedeutung der Medizin

II.  Die Hauptsache zuerst

III. Jesus, der Arzt der Unheilbaren
IV.  Die Herrlichkeit der Leidenden

C.  BIBLISCHE BEFREIUNG

A. KLÄRUNG DER BEGRIFFE

I. Krankheit und Dämonie

B 1 (Beispiele) In Brasilien kam anläßlich einer Vortragswoche ein 31jähriger Mann zu mir in die Aussprache. Er berichtete, daß er alle vier Wochen, und zwar periodisch nur in den Vollmondnächten, schwere Anfälle habe. Die Ärzte behandelten ihn auf Epilepsie, ohne den geringsten Heilerfolg zu erzielen. Was den Mann bedrückte, war nicht nur diese seltsame Erkrankung, sondern auch seine Unfähigkeit, zu glauben und zu beten. Die lange Unterredung brachte ans Licht, daß seine Großmutter und Mutter aktive und passive Besprecherinnen waren. Man nennt solche Zauberer in Südamerika »die Bruchos«. Vielleicht ist dieser Ausdruck eine Abwandlung des deutschen Wortes »Brauchen«. Es handelt sich hier um den Vorgang des magischen Besprechens. Die Nachforschung ergab, daß mein Berichterstatter als kleiner Junge bei einer Erkrankung »besprochen« worden war.

Das seelsorgerliche Gespräch führte dazu, daß dieser Brasilianer seine Sünden beichtete. Er sagte sich im Gebet von der Zauberei seiner Vorfahren los und erlebte durch Gottes Gnade das Wunder einer Heilung und Befreiung.

Ein solches Beispiel, das sich aus fünfzigjähriger Tätigkeit um Hunderte vermehren ließe, bietet viele Angriffsflächen. Viele Mediziner und moderne Theologen werden geradezu wütend, wenn man epileptische oder andere anfallsartige Zustände mit Zauberei in Beziehung setzt. Ein bekannter Psychiater sagte einmal: »Die Theologen sollen von solchen Erkrankungen die Finger lassen. Das ist Sache der Fachleute.«

Haben wir vor solchen Forderungen die Waffen zu strecken? Niemals! Zur Vermeidung von Mißverständnissen will ich ausdrücklich erklären, daß ich anerkenne, daß es ein medizinisches Krankheitsbild der Epilepsie gibt, das mit Zaubereisünden nichts zu tun hat. Wenn sich z.B. eine Epilepsie mit einer Sonde auf einer Gehirnpartie lokalisieren läßt, dann weist sich eine solche Epilepsie als medizinisches Faktum aus. Halten wir aber saubere Grenzen ein.

Vielen Gläubigen verursachte es schon einiges Kopfzerbrechen, daß Jesus im N.T. gewisse Kranke, die eine Art Epilepsie hatten, dämonisch belastet nannte. Die berühmten »Fachleute« der Gegenwart sagen dazu gewöhnlich: »Jesus war ein Kind seiner Zeit. Er wußte es nicht besser. Die Bibel ist kein medizinisches Lehrbuch. Wir wissen es heute besser.«

Dieser Weisheit beuge ich mich nicht. Jahrzehntelange Erfahrung in der Seelsorge zeigte mir auch andere Sachverhalte, die Jesus bis ins letzte hinein recht geben.

Zwei weitere Beispiele sollen das deutlich machen. Um der Übersichtlichkeit willen werden die Beispiele numeriert.

B 2 Bei einer meiner Vortragstouren durch Südamerika begleitete mich ein Pfarrer. Er berichtete mir ein eigenartiges Erlebnis. Eine Familie seines Bekanntenkreises hatte ein epileptisches Kind, das täglich mehrere Anfälle bekam. Bei der Begegnung mit dem Kind stellte der Pfarrer die Frage: »Wie heißt du mein Kind?« Wie staunte er, als das Kind mit einer unnatürlich tiefen Stimme antwortete: »Wir sind drei.« Die weitere Unterhaltung in dieser Familie zeigte dem Geistlichen, daß hier keine Epilepsie vorlag, sondern eine Kinderbesessenheit. Durch Befragen der Eltern kam er dieser Sache auf den Grund. Das Kind war bei einer Erkrankung durch Zauberei geheilt worden, bekam aber dann die Anfälle, die vom Arzt als Epilepsie diagnostiziert wurden.

Aus Erfahrung weiß ich, daß solche Formen der »Epilepsie« sich nicht mit irgendeiner medizinischen Therapie erfolgreich behandeln lassen, weil eine solche Behandlung einfach »artfremd« ist.

B 3 Ebenso aufschlußreich ist folgende seelsorgerliche Begegnung. Nach einem Vortrag kam ein junges Ehepaar und wünschte, den Weg zu Jesus gezeigt zu bekommen. Die junge Frau hatte seit Jahren epileptische Anfälle. Da trotz Behandlung keine Besserung eintrat, wurde sie in eine Universitätsklinik eingewiesen. Dort stellten sie eine sehr seltene Form der Epilepsie fest, die sogenannte myoklone Epilepsie. Weil es der einzige Fall der Klinik war, behandelte man sie kostenlos. Man probierte verschiedene Medikamente und Behandlungsarten an ihr aus. Von Zeit zu Zeit wurde sie wieder bestellt und jeweils kostenlos als »Versuchsobjekt« betreut. Eine Heilung trat nicht ein.

In der Seelsorge erzählte sie mir einen Sachverhalt, den sie den Ärzten verschwiegen hatte. Ihre Mutter hatte ihr eines Tages eingestanden, sie hätte sie in der Schwangerschaft durch Zauberei abtreiben wollen. Der Zauber war aber nicht stark genug. Natürlich wird jeder Arzt – er sei denn ein gläubiger und erfahrener Christ – den Zusammenhang zwischen der Zauberei und dieser Epilepsie als puren Aberglauben ablehnen. Dem Menschen, der nur rationale Zusammenhänge kennt und gelten läßt, sind solche Vermutungen ein Greuel. Und doch bestehen sie. Unser Verstand ist nicht der Schlüssel zu allen Geheimnissen der Schöpfung und des Menschenlebens.

Es gibt metaphysische und metarationale Tatbestände, die sich zwar nicht begreifen, aber erfahren lassen. Man könnte beinahe wie Dr. Lechler sagen: »Wenn eine Epilepsie sich mit Medikamenten heilen läßt, dann war es keine Dämonie. Wenn eine solche Erkrankung sich durch Gebet heilen läßt, dann war es keine Epilepsie.«

Bei Beispiel 1 und 2 liegt eine falsche Diagnose der Ärzte vor. Bei Beispiel 3 erfaßten die Ärzte auch nicht die Tiefe des Problems. Es ist uns damit auch eine Bestätigung gegeben, daß Jesus es mit dämonischen Formen der Epilepsie zu tun hatte. Das schließt natürlich nicht aus, daß es auch rein medizinische Fälle gibt, die keine Verquickung mit Zauberei haben.

Diese kurze Auseinandersetzung zeigt uns, daß wir den medizinischen und seelsorgerlichen Sachverhalt klar zu trennen haben, wenn nicht unheilvolle Fehlbehandlungen die Folgen sein sollen. Vergessen wir es nicht: Wir haben in diesem Buch ein spezielles Kapitel der biblischen Seelsorge vor uns und nicht ein Teilgebiet der Psychiatrie.

II. Der Streit um die Zuständigkeit

B 4 Es liegt einige Jahre zurück, da erhielt ich von einem Universitätsinstitut die Einladung, vor einem Gremium von Ärzten und Psychologen über das Problem der Besessenheit zu sprechen. Anschließend war eine sehr lebhafte Diskussion über einen von dem katholischen Pater vorgetragenen Besessenheitsfall. Die Symptome waren eindeutig biblisch und nicht medizinisch. Der Jesuitenpater Rodewyk hat inzwischen diesen Besessenheitsfall in einem Buch mit dem Titel »Dämonische Besessenheit heute« veröffentlicht. Er hat ähnliche Erfahrungen wie meine eigenen aufzuweisen. Bei dieser erwähnten Debatte mit den Medizinern kam es zu keiner Einigung. Als von seiten der anwesenden Theologen das Stichwort »Besessenheit« fiel, sprang ein Psychiater, Leiter einer Klinik, erregt auf und rief aus: »Besessenheit gibt es nicht, sondern höchstens einen Fall einer mir bisher unbekannten Hysterie.« Damit ist doch klar, welche Position die medizinische Wissenschaft einnimmt. Eine Besessenheit gibt es nicht – und hat es nicht zu geben. Das nennt sich wissenschaftliche Objektivität.

Man kann also bei der Behandlung der okkulten Belastungen von seiten der Psychiatrie keine Hilfestellung erwarten. Mehr Verständnis erlebte ich einmal in England.

B 5 Der in England geachtete Arzt und Prediger Dr. Martin Lloyd-Jones lud mich ein, vor Psychiatern über mein spezielles Erfahrungsgebiet zu berichten. Es waren nur christliche Psychiater zu diesem Vortrag eingeladen. In der Diskussion griffen mich zwei Psychiater an und erklärten, daß die biblischen Berichte von Besessenen überholt seien. Es handle sich um Geisteskranke, Hysteriker und Epileptiker. Also selbst in einem solchen Gremium die üblichen Zweifel und Umdeutungen. Plötzlich bekam ich aber Bundesgenossen. Ein Psychiater meldete sich zu Wort und erklärte, er wohne und arbeite im Gebiet von New Forest, in dem viel Magie getrieben würde. Die Patienten brächten dadurch auch andere Krankheitsbilder mit in die Sprechstunde. Er könne allein aus seiner Arbeit von elf Besessenheitsfällen berichten. Ein anderer Psychiater pflichtete seinem Kollegen bei und berichtete von drei bis fünf solcher Fälle. Damit war meine Verteidigung überflüssig.

Wie kommt es, daß die meisten Psychiater das Problem der Besessenheit ablehnen, und einige wenige wissen davon zu berichten? Das liegt allein an der inneren Einstellung und nicht an der Intelligenz. Der Ausdruck »christlicher Arzt« ist leider noch nicht eindeutig. Im biblischen Sinne bedeutet »Christ« ein vom Heiligen Geist wiedergeborener Mensch sein. Und solche Christen sind leider selten in der sogenannten »Christenheit«. Wer nicht wiedergeboren ist, der deutet dann eben den besessenen Gadarener in einen Hysteriker um. Und der Mann, der »vom Teufel gerissen« wurde, ist eben ein Epileptiker. Derartige Umdeutungen sind zwar sehr »wissenschaftlich« und gehen doch völlig daneben.

Von der Bibel her können wir uns nichts abmarkten lassen. Das Reich Gottes hat andere Gesetzmäßigkeiten. Der menschliche Geist hat schlechterdings keinen Zugang. Nur der Heilige Geist ermöglicht ein Erfassen des tieferen Welthintergrundes. Es ist kein hochtrabendes Bild, sondern Wahrheit: Der Heilige Geist hat im kleinen Finger mehr Weisheit als alle Weltweisen zusammengenommen.
Es ist äußerst wohltuend, hin und wieder Psychiatern zu begegnen, die einen geistlich klaren Blick haben. So erklärte eine gläubige Nervenärztin: »60 Prozent der Insassen meiner Anstalt sind nicht geisteskrank, sondern okkult belastet oder gar dämonisiert.« Ein englischer Psychiater äußerte: »Wenn ich den Patienten unserer Klinik die Vergebung der Sünden vermitteln könnte, dann könnten wir morgen die Hälfte entlassen.« Diese Aussagen bedeuten, daß mehr »Gemütskranke« und »Geisteskranke« an »Gott« krank sind, als in der Öffentlichkeit und bei unseren Medizinern bekannt ist. Wer diese Linien weiter auszieht, der muß anerkennen, daß viele sogenannte »Gemüts oder Geisteskranke« einen vollmächtigen Seelsorger nötig hätten und nicht einen rationalisierenden Mediziner.

Verwechslungen und falsche Diagnosen gibt es auf beiden Seiten. Aber Jesus hat keine falschen Diagnosen gestellt. Wer bei ihm in die Schule geht und von seinem Geist erfüllt wird, der darf ein Zipfelchen seines Gewandes erhaschen. Und daran kann man aber genesen wie das kranke Weib, das nur den Saum seines Gewandes berühren konnte und daran das Wunder ihres Lebens erfuhr.

Wir haben der medizinischen Wissenschaft ihr Recht zu lassen. Auch sie ist von Gott. Wir lassen uns aber auch nicht das Recht einer geistlichen Seelsorge nehmen. Jedes Gebiet hat seinen eigenen Aufgabenkreis. Und sehr oft ist es von Nutzen, wenn in Zweifelsfällen beide Hand in Hand arbeiten. Jeder soll dienen mit der Gabe, die er von Gott empfangen hat.

Ein Erlebnis in Frankreich wirft auf die Kompetenzfrage ein bezeichnendes Licht.

B 6 Bei einer Vortragswoche suchte mich ein Psychiater auf. Er war ein gläubiger Christ. Er berichtete mir aus seiner Praxis ein großartiges Ereignis. In einem der Großstadt nahe gelegenen Dorf verlor eine Frau ihren Verstand. Sie bekam Tobsuchtsanfälle, und ihre Angehörigen mußten sie bewachen. Der Dorfpfarrer wurde gerufen. Es war ein junger modernistischer Theologe, den ich gut kenne. Er hatte mich einmal bei einer Evangelisation schwer angegriffen. Dieser moderne Theologe riet der angefochtenen Familie, sie möchte sofort einen Psychiater rufen. Er nannte dabei den Namen des gläubigen Psychiaters. Der Arzt kam und gab der tobenden Patientin eine starke Beruhigungsspritze. Nachdem nach 20 Minuten noch keine Wirkung zu beobachten war, gab er eine zweite Injektion. Wieder keine Linderung. Im Verlauf von zwei Stunden erhielt die tobende junge Frau die vierfache Dosis, ohne daß sich ein Nachlassen der motorischen Aktivität bemerkbar machte. Da wandte sich der Arzt an den anwesenden Pfarrer und sagte: »Herr Pfarrer, ich habe mit dem >stärksten Geschütz< geschossen. Wir haben hier keinen Fall einer Geisteskrankheit, sondern einer Besessenheit. Jeder geisteskranke Patient spricht auf eine so starke Dosis Narkotikum an. Hier hilft keine Medizin. Hier muß gebetet werden.«
Das war aufrüttelnd, daß sich ein Theologe von einem Mediziner sagen lassen muß, daß es auch geistliche Zusammenhänge im Leben eines angefochtenen Menschen geben kann, die sich eben medizinisch nicht bewältigen lassen.

Dieser gläubige Psychiater aus Frankreich ist nicht der einzige aus seiner Berufsgruppe, der mit der Besessenheit, das heißt mit der Innewohnung böser Geister und Dämonen rechnet. In Deutschland stand Dr. Alfred Lechler auf dem gleichen Boden. In der Schweiz ist es der Arzt und Schriftsteller Dr. Paul Tournier, der zu dieser hervorragenden Ärztegruppe gehört. In den USA hat sich der Psychiater Dr. William S. Reed einen Namen gemacht. Dr. Reed macht aus seiner Überzeugung keinen Hehl. Er erklärte: »Viele psychischen und physischen Erkrankungen sind das Ergebnis dämonischer Angriffe. Wir müssen daher den Exorzismus (Austreibung böser Geister) in der modernen Medizin und Psychiatrie beachten.« Das ist ein tapferes Bekenntnis, mit dem sich Dr. Reed unter den »Nur-Rationalisten« viele Gegner geschaffen hat.

Nicht zuletzt darf auf dieser Ebene noch ein Mann aus einem ganz anderen Lager genannt werden. In Schweden hat ein spiritistischer Arzt, Dr. Wickland, durch sein Buch Aufsehen erregt. Um Mißverständnisse abzuwehren, muß ich betonen, daß ich den Spiritismus in jeder Form schärfstens ablehne. Doch manchmal findet man auch im feindlichen Lager ein Körnchen Wahrheit. Dr. Wickland versuchte nachzuweisen, daß einige Formen der Geisteskrankheiten eine Art Besessenheit darstellen.

Wer die Aussagen der gläubigen Psychiater und im letzten Fall dieses spiritistischen Arztes überdenkt, der ahnt vielleicht, warum wir gerade auf dem Gebiet der Psychiatrie noch in den Kinderschuhen stecken. Während die Innere Medizin und die Chirurgie unerhörte Erfolge zu verzeichnen hat, ist die Psychiatrie sozusagen über das ABC noch nicht hinausgekommen. Das hängt damit zusammen, daß eben das Gebiet der okkulten Mächte nicht ernst genommen, sondern wegerklärt wird. Ich wage dieses Aussage, auch wenn man mich des Rückfalls in mittelalterliche Vorstellungen bezichtigt.

III. Der Okkultismus

Der Begriff »okkult« steht zur Diskussion. Der Ausdruck kommt aus dem Lateinischen occultus und bedeutet: verborgen, geheim, dunkel, geheimnisvoll, hintergründig, abwegig, kultuswidrig. Man bezeichnet damit Vorgänge, die über den Bereich der fünf Sinne hinauszugehen scheinen oder tatsächlich hinausgehen.

Der Okkultismus ist eine jahrtausendelang geübte »Volkswissenschaft«. Meine in 40 Jahren zusammengetragene Materialsammlung aus über 120 Ländern zeigt zwei charakteristische Merkmale. Historisch gesehen sind die Spielregeln des Okkultismus in allen Epochen der Menschheitsgeschichte gleich geblieben. Vor 5000 Jahren wurde genauso gezaubert wie heute. Die zweite Beobachtung ist, daß unter allen Völkern, ganz gleich welcher Kulturstufe, das Modell, die Methode der Zauberei wiederum gleich ist. Die Formen wechseln. Der Kern bleibt gleich.

Es fehlt der Raum dafür, sonst könnte ich diese Aussage an Hunderten von Beispielen aus aller Welt zeigen. Nur ein Hinweis: Der Schamane Alualuk, auf dessen Spuren ich bei Barrow am nördlichen Eismeer geriet, treibt schwarze Magie nach den gleichen Regeln und mit den gleichen Kräften wie seine Kollegen im heißdampfenden Amazonas. Sie heißen dort in der grünen Hölle Kahontschi. Auf Jamaika sind es die Obiah, auf den Philippinen die Hilot, auf Bali die Dukun oder Bahan. Auf Hawaii nennen sich die Schwarzmagier Kahuna, auf den FidschiInseln Drunikau. Sie treiben alle das gleiche Handwerk, obwohl sie rassisch, sprachlich, geographisch, kulturgeschichtlich nichts miteinander zu tun haben. Unseren Ethnologen, Anthropologen und Psychologen gab diese Übereinstimmung schon manches Rätsel auf.

Es wurde darauf hingewiesen, daß es sich bei den magischen oder okkulten Kräften um eine Urveranlagung der ganzen Menschheit handle, die im Laufe der Jahrtausende verkümmert ist.
Prof. C. G. Jung (Zürich) sprach von Archetypen. Er meinte, daß hinter der Welt der Psyche mit ihren kausalen Zusammenhängen eine akausale Wirklichkeit liege, in der Raum und Zeit sich ausgleiche und das Gesetz von Ursache und Wirkung ein Ende finde.

Damit ist das Problem nur angedeutet, aber noch nicht behandelt. Offensichtlich zeigt sich als Erfahrungstatsache, daß das Denken der westlichen Welt und des Universitätsbetriebes der ganzen Welt ein rationales Gefüge hat, während in Asien, Afrika und weithin Südamerika ein mediales Weltbild die Vorstellung der einfachen Menschen beherrscht. Leider kann dieses Problem hier nicht ausgeführt werden, denn diese Abhandlung muß ein praktisches, seelsorgerlich anwendbares Buch bleiben.

Zeigen wir einmal an einem Beispiel des Missionsfeldes den Unterschied zwischen rationalem und medialern Geschehen. Erwähnt muß werden, daß alle in diesem Buch wiedergegebenen Beispiele entweder eigene Erlebnisse sind oder solche, die von Missionaren mir von ihrem Arbeitsgebiet berichtet worden sind.

B 7 Bei einem Besuch Nordthailands wurde mir von einem dort arbeitenden Missionar folgendes berichtet: Ein Kirchenältester seiner Missionsgemeinde bekam an der Hand eine Blutvergiftung. Im tropischen Klima entwickeln sich Infektionen sehr rasch. Ein dunkelroter, fast schwarzer Streifen zog sich an der Hand entlang zum Arm hinauf. Die nächste Arztstation war weit entfernt. So ließ der Christ es zu lange anstehen, bis er den Arzt aufsuchte. Bei der Untersuchung hatte der dunkle Streifen schon die Schulter erreicht. Der Arzt eröffnete dem erschrockenen Mann: »Sofort ins Hospital! Der Arm muß amputiert werden, sonst ist es morgen aus mit Ihnen.« Der Kirchenälteste wurde mit einem Jeep ins Hospital gebracht. Der Chirurg bestätigte die Diagnose: der Arm muß weg, wenn das Leben erhalten werden soll. Der arme Reisbauer antwortete dem Arzt: »Ich brauche doch den Arm. Wie soll ich ohne den Arm meine Reisfelder versorgen?« Im Herzen des bedrohten Mannes tobte ein fürchterlicher Kampf. Da erinnerte er sich eines alten Hinduzauberers, der in dem Ruf stand, schwierige Erkrankungen durch geheime Kräfte heilen zu können. Obwohl der Kirchenälteste von seinem Missionar wußte, daß ein Christ Zauberei nicht in Anspruch nehmen darf, trieb ihn die Verzweiflung zu dem unheimlichen Mann. Der Hinduzauberer war weder ein Schwindler noch Scharlatan, sondern besaß wirklich magische Kräfte. Er stoppte die Blutvergiftung. Der Arm blieb erhalten. Von dieser Zeit an kam der Kirchenälteste nicht mehr zu den Missionsgottesdiensten. Er fiel ins Heidentum zurück.

Ein solches Beispiel zeigt die rationalen und medialen Hilfsmöglichkeiten. Wo die Vernunft am Ende ist, weiß die Magie oft noch einen Ausweg. Die Auswirkungen sind aber offenkundig. Der Kirchenälteste büßte seine Verbindung mit Gott ein.

Es ist eine durch jahrelange Beobachtung erhärtete Tatsache, daß die Magie und überhaupt alle okkulten Praktiken den christlichen Glauben nicht aufkommen lassen oder ihn zerstören. Die Magie verträgt sich aber mit allen nichtchristlichen Religionen. Diese Beobachtung bedeutet nicht, daß die Magie stärker als der christliche Glaube ist. Nein, diese Tatsache zeigt nur, daß derjenige sich an den okkulten Mächten die Finger verbrennt, der sich gegen Gottes Gebot damit einläßt.

IV. Die Formen okkulter Betätigung

Aus den Tausenden von Beispielen, die ich gesammelt habe, schälen sich drei große Sachgebiete heraus: Wahrsagerei  Magie  Spiritismus. Jedes dieser Hauptgebiete gliedert sich in 20 bis 40 Untergebiete. Eine Darstellung erübrigt sich hier, weil es in meinen anderen Büchern schon geschehen ist. Es soll nur eine Übersicht gegeben werden.

1. Zur Wahrsagerei gehören:

a) Pendeln und Rutengehen (Radiästhesie).

b) Die Astrologie. Nebenformen sind Astromantik, die volkstümliche Horoskopie, die Kosmobiologie.

c) Die Handlesekunst wurde von den babylonischen Priestern aufgebracht.

d) Die Kartenlegerei zur Wahrsagerei begann bei den Römern mit Wachstäfelchen. Die Spielkarte aus Papier kam erst etwa 800 n. Chr. auf.

e) Das psychometrische Hellsehen begann auch in der Römerzeit und erhielt sich bis heute.

Vergessen wir nicht, daß es auf okkultem Gebiet viele Schwindler, Betrüger und Scharlatane gibt. Die echten Formen verhalten sich zu den unechten vielleicht wie 1 zu 10. Wir dürfen uns durch hervorragende Treffer nicht zu der Meinung verleiten lassen, als wäre die Wahrsagerei eine zuverlässige Angelegenheit.

B 8 Ein Beispiel soll die Problematik anreißen. Eine Zigeunerin las einem jungen Mann aus der Hand. Sie machte drei Aussagen: »Ihr Vater wird eine große Geldsumme gewinnen. Im 60. Jahr wird er sterben.« Als der junge Mann lachte und die Wahrheit der Prophezeiung bezweifelte, fügte sie hinzu: »Und Sie werden nur 27 Jahre alt.«  Einige Jahre später erhielt dieser junge Mann die Nachricht, daß sein Vater 50 000 DM gewonnen hatte. Am 60. Geburtstag des Vaters traf dann ein Telegramm ein, daß der Vater an seinem Geburtstag tödlich verunglückt sei. Nun kam es der junge Mann mit der Angst zu tun, ob sich nicht auch seine Prophezeiung erfüllen würde.

Welche Probleme enthält dieses Erlebnis? Ist es nicht eine Barmherzigkeit Gottes, daß er uns die Zukunft verhüllt hat? Lebt der Mensch, der um seine Zukunft weiß, nicht dauernd in Angst? Wo hat die Zigeunerin diese zeitliche Vorschau her? Aus den Handlinien des Sohnes kann ja nicht der Tod des Vaters herausgelesen werden. Hier liegen doch Kontakte mit der Finsternis vor. Nicht zuletzt sagt die Heilige Schrift: »Wer sich zu den Wahrsagern wendet, ist mir ein Greuel.« Der junge Mann hat doch einen ungeheuren Preis bezahlt.

2. Zur Magie gehören:

Heilen und Krankmachen,
Liebes und Haßzauber,
Verfluchen und Fruchtbarkeitszauber,
Verfolgung und Abwehr,
Bannen und Lösen und Todeszauber.

Der Begriff Magie ist nicht einheitlich, darum sollen hier einige Abgrenzungen gegeben werden. – Es gibt eine Magie der Musik, eine Magie der Kunst, der Erotik, eine Magie des Sports, ja sogar eine Magie des religiösen Kultus. Um diese Magie im weitesten Sinn geht es hier nicht. Ferner sprechen wir von magischen Tricks, magischen Vereinigungen, magischen Veranstaltungen, magischen Ringen. Um solche Formen der Unterhaltung oder Geselligkeit geht es auch nicht.

Hier in dieser Abhandlung geht es nur um die uralte biblisch erwähnte Zauberei, um den Dämonenkult, um das Zusammenarbeiten mit den Mächten der Finsternis.

Zwei Beispiele führen in den Problemkreis ein.

B 9 Eine Magd bekam vom Sohn des Hofbesitzers ein uneheliches Kind. Sie verlangte, er solle sie heiraten. Er weigerte sich. Da verfluchte sie seine künftigen Kinder und schrie: »Wenn du heiratest und Kinder bekommst, dann soll dein erstes Kind ein Idiot sein und das zweite eines unnatürlichen Todes sterben.« Beides traf ein.

Zur Beruhigung ängstlicher Gemüter sei hinzugefügt. Wenn wir unter dem Schutz Jesu stehen, kann uns eine Verfluchung nichts anhaben. Im Gegenteil, ich habe Beispiele, daß Verfluchungen von Kindern Gottes auf den Fluchenden zurückfielen. – Es sei aber auch vermerkt, daß hinter Segenswünschen und Verfluchungen mehr steht als nur bloße Worte. Die Bibel und die Seelsorge zeigen uns das.

Das gräßlichste Gebiet der Magie ist der Todeszauber. Natürlich halten die Wissenschaftler das alles für Humbug. Es liegen mir aber genug Originalberichte von allen Kontinenten vor. Wenn Magier sich in echter Weise zu Christus bekehren, dann räumen sie in der Beichte mit ihrer Vergangenheit auf. Diese beichtenden Männer sagen dann die Wahrheit. Außerdem wissen auch die Missionare um diesen Tatbestand. Ich kenne die Todesmagie in zwei Anwendungen, die wir auch in göttlicher Form in der Bibel vorfinden. Petrus kündigte Ananias und Saphira im Auftrag Gottes den Tod an, und es traf ein. Jesus und zwei seiner Jünger weckten in der Kraft Gottes Tote auf.

Der Teufel versucht stets, Gott nachzuahmen. So traf ich die Todesmagie in diesen beiden Formen an: Töten oder Lebendigmachen durch magische Kraft. Da ich in meinen anderen Büchern vom magischen Töten schon viel geschrieben habe, soll hier das andere Beispiel folgen.

B 10 Der stärkste Zauberer, auf den ich je stieß, ist der schon erwähnte Schamane Alualuk von einem Eskimostamm, den ich am nördlichen Eismeer besuchte. Dieser Schamane hatte als Magier sogar die Kraft, gottlos verstorbene Tote wieder aufzuwecken. Einer von diesen Auferweckten lebte noch 10 Jahre. Dieser Schamane erlebte eine echte Bekehrung zu Christus und verlor damit seine magische Kraft. Auf die Frage: »In welcher Kraft konnten Sie solche Dinge vollbringen?« antwortete er: »Natürlich in der Kraft des Teufels.« Er gab auch zu, daß er über echte Christen keine Kraft besaß.

Bei all diesen Zeugnissen ehemaliger Zauberer kommt immer wieder die tröstliche Botschaft zum Vorschein. Jesus ist der Sieger. Wer ihm in echter Weise angehört, steht unter seinem Schutz und bleibt vor des Teufels Künsten bewahrt. Wenn sich aber ein Namenchrist leichtsinnig in solche Dinge einläßt, dann gerät er unter einen satanischen Bann.

3. Der Spiritismus (Totenkult, Geisterverkehr) ist das dritte Hauptgebiet des Okkultismus. Es ist unmöglich, hier auf alle Nebenformen dieses Dämonenkultes einzugehen. Am bekanntesten sind: Tischrücken, Gläseln, Trancereden, automatisches Schreiben, Exkursion der Seele, Materialisationen, Telekinese, Apporte, Levitationen, spiritistische Kulte und Kirchen, religiöser Spiritismus usw. Wer Erläuterungen dazu haben will, muß zu den Büchern greifen »Christus oder Satan« und »Seelsorge und Okkultismus«.

B 11 Bei meinen Vortragsreisen durch die USA stieß ich auf das Buch von Edgar Cayce »The Sleeping Prophet«. Es handelt sich um ein Taschenbuch, das eine millionenfache Auflage erlebt hat und zum Bestseller wurde. Edgar Cayce wurde durch seine Heilerfolge und durch seine zutreffenden Prophezeiungen berühmt. Leider werden auch viele Christen durch solche Erfolge getäuscht, weil sie nicht zwischen charismatischen und medialen Kräften unterscheiden können.

Wenn irgendein Amerikaner Heilung oder Hilfe brauchte, schrieb er dem »Propheten« einen Brief. Cayce konzentrierte sich auf den Brief und versetzte sich in Trance. In diesem Zustand erkannte er dann exakt die Krankheit des Bittstellers und konnte ihn gleichzeitig heilend beeinflussen. Genauso konnte er verlorene Gegenstände in dieser Weise auffinden oder auch Zukunftsprognosen geben, die eintrafen.
Weil er alle seine Hilfsaktionen in der Trance durchführte, nannte man ihn den »schlafenden Propheten«.

Im Grunde genommen stecken in dieser Bezeichnung zwei Fehler. Es handelt sich nicht um einen Schlaf, sondern um Trance. Der Unterschied ist schnell geklärt. Wenn er in Trance lag, konnte man ihn mit einer Nadel stechen. Er spürte es nicht. Ein Schläfer wäre durch diese Nadelstiche aufgewacht. Ferner ist er nicht ein Prophet, sondern ein Zauberer. Simon Magus und Elymas in der Apostelgeschichte waren Zauberer und keine Männer Gottes. Wir leben aber heute in einer so chaotischen Zeit, daß alle Begriffe verwechselt und dem Teufel noch Ehren erwiesen werden. Das Argument, Cayce habe vielen geholfen, stimmt nur zum Schein. Er hat viele belastet. Cayce war nur ein medial veranlagter Tranceheiler und Spiritist. Natürlich werden Heilerfolge nicht geleugnet. Die Bibel weiß auch von dämonischen Wundern (Matth. 24, 24; 2. Thess. 2, 9). Die Teilhilfe wird aber mit schweren Belastungen bezahlt.

B 12 Das zweite Beispiel erzähle ich viel lieber. Es ist die Geschichte eines meiner Freunde, der mir in London in einer schweren Diskussion half. Nach einem Vortrag wurde ich von einem anglikanischen Pfarrer angegriffen, der den Spiritualismus, den religiösen Spiritismus, verteidigen wollte. Da stand Mister A. Millen auf und erklärte: »Ich war viele Jahre lang ein spiritistisches Medium gewesen. Ich konnte in der Trance Krankheiten erkennen und heilen. Ich konnte mich dem Aussehen nach in andere Personen verwandeln (Transfiguration). Es geschah alles in der Kraft des Teufels, in dessen Klauen ich mich befand. Es setzte sich aber meine gläubige Frau und ein Gebetskreis für mich ein. Der Herr Jesus tat ein Wunder an mir. Ich wurde aus der Macht der Finsternis befreit.«
Wie war ich für dieses Zeugnis froh. Mister Millen rettete mich aus den schweren Angriffen. Es ist der Sieg des Evangeliums, daß hartgebundene Menschen frei werden können. Sonst hätte ich gar nicht den Mut, über diese schwere Seelsorge zu schreiben.

Der Spiritismus manipuliert mit vielen Kräften und Gesichtern. Die animistische Richtung spricht vom Aktivwerden unbewußter Seelenkräfte. Die spiritistische Richtung verläßt sich auf jenseitige »Operatore«, die »Geistfreunde«. Der verbrecherische Spiritismus, etwa der Macumbakult scheut in den brasilianischen Urwäldern vor keiner Untat zurück. Der soziale Spiritismus, etwa der Kardecschen Richtung, baut Asyle, Krankenhäuser, Schulen. Der religiöse Spiritismus – vielfach auch Spiritualismus genannt  glaubt, die letzten und höchsten Offenbarungen Gottes zu haben. Zur letzten Form gehören z. B. die Jakob Lorber Bücher oder das Schrifttum der »Geistigen Loge«. Allen Formen gemeinsam ist aber der dämonische Hintergrund, wenn auch aus der einen Richtung gute Werke hervorgehen. Gott sagt in 5. Mose 18, 11: »Daß nicht jemand unter dir gefunden werde, der die Toten frage. Denn wer solches tut, ist mir ein Greuel.«

Damit sind nur einige Hinweise zu den drei Hauptgebieten des Okkultismus gegeben. Erwähnt wurde nicht das weitverzweigte Gebiet des Aberglaubens mit seinen Tausenden von Abarten. Zur Welt des echten christlichen Gottesglaubens hat der Teufel die Welt des Aberglaubens entwickelt. Die Civitas Dei, das Reich Gottes, hat als Front die Civitas Diaboli, das Reich Satans. Das ist nicht als Dualismus zu verstehen. Satan ist kein ebenbürtiger Rivale Gottes. Er liegt an der Kette Gottes und hat nur soviel Macht, wie ihm nach dem Plan Gottes eingeräumt ist. Er ist aber ein gefährlicher Feind. Ohne den Schutz Jesu und die Kraft seiner Erlösung käme kein Mensch durch diese Macht der Finsternis.

V. Die Parapsychologie

Der Ausdruck Parapsychologie sagt aus, daß diese neue Wissenschaft neben (para) die Psychologie gestellt werden soll. Dieses erwachende wissenschaftliche Interesse an den okkulten Erscheinungen führte 1882 in England zur Gründung der »Society for Psychical Research«. Wissenschaftliche Institute zur Erforschung der parapsychologischen Phänomene wurden gegründet: 1934 an der Duke Universität (USA, Prof. Rhine) und in Utrecht (Holland, Prof. Tenhaeff), 
1954 in Freiburg (Deutschland, Prof. Bender),
1960 in Leningrad (Rußland, Prof. Wassiliew) und zuletzt
 1964 in Santiago (Chile, Prof. Onetto).

Man hat mich schon manchmal gefragt, was ich von der parapsychologischen Wissenschaft halte. Die wissenschaftlich arbeitenden Parapsychologen beziehen alle Formen des Okkultismus in ihren Forschungsbereich ein. So machen sie z. B. viele spiritistische Sitzungen mit, um mit Medien zu experimentieren. In der Heiligen Schrift hat Gott gegen spiritistische Sitzungen ein Veto eingelegt. Die Wissenschaftler aber setzen sich darüber hinweg, weil sie mit spiritistischen Medien Experimente machen müssen. Gibt es für sie denn eine Sonderregelung? Bleiben sie von dem verschont, was Gott denen zugedacht hat, die in spiritistischen Zirkeln sitzen?

Das Problem wird noch komplizierter. Ich weiß aus meiner Vortragstätigkeit in England und in den USA, daß auch hochgestellte Geistliche im Vorstand der parapsychologischen Gesellschaften sind oder wenigstens deren Mitgliedschaft besitzen. Nur ein Beispiel dazu.

B 13 Ein hochgestellter Geistlicher in England ist Mitglied der Society for Psychical Research. Ein anglikanischer Pfarrer wandte sich wegen eines Spukhauses an diesen Herrn. Er erhielt als Rat, er möge ein spiritistisches Medium in das Spukhaus nehmen, um zu erfahren, was der Hintergrund des Spuks sei. Das Medium kam und brachte heraus, daß der frühere Hausbesitzer in dem Hause schlecht behandelt worden sei und sich darum nach seinem Tod noch herumtreibe, um die Bewohner zu ängstigen. Noch nicht genug damit. Ein andermal meldete der anglikanische Pfarrer diesem hohen Herrn, er sei persönlich von dunklen Mächten angegriffen worden. Daraufhin gab ihm der Geistliche weißmagische Regeln und Zaubersprüche, um einen Abwehrzauber durchzuführen. Mein Gewährsmann in dieser Sache ist der betreffende Anglikaner selbst.

Was geht hier vor?
1. Ein hochgestellter Geistlicher ist parapsychologisch stark interessiert und Mitglied dieser erwähnten Gesellschaft.

2. Dieser Theologe, der doch seine Bibel kennen müßte, rät einem Amtsbruder, ein spiritistisches Medium kommen zu lassen.

3. Dieser »Mann der Bibel« empfiehlt zur Abwehr von Anfechtungen die weiße Magie.

Dieses eine Beispiel soll ausreichen um die Problemlage zu kennzeichnen.
Was die parapsychologischen Experimente anrichten, konnte ich in der Seelsorge schon oft beobachten. Ein Beispiel dazu.

B 14 In den letzten Jahren wurde von seiten einiger Parapsychologen viel mit dem berühmten Hellseher Croiset aus Holland experimentiert. Croiset konnte schon oft der Polizei Hinweise geben, um Verbrechen aufzudecken, Leichen zu finden und mysteriöse Fälle zu klären. Ich habe schon mehrfach Menschen in der Seelsorge gehabt, die von Croiset hellseherische Hilfe in Anspruch genommen hatten. Sie erklärten, sie würden das nie wieder tun, weil sie seither seelisch und nervlich durcheinander und vor allem in ihrem Glaubensleben gestört worden seien. Natürlich wollen die Parapsychologen das nie wahrhaben.

Vielleicht darf an dieser Stelle ein einziges Problem angedeutet werden, das den Hintergrund der parapsychologischen Fragestellungen zeigt. Die Parapsychologie gruppiert alle okkulten Phänomene in zwei Bereiche: die Psi gamma Phänomene und die Psi kappa Phänomene. Psi ist die Abkürzung für parapsychologisch. Gamma steht für gignoskein = erkennen und kappa für kinein = bewegen. Es geht also um das Wissens- und Machtproblem auf außersinnlichen Wegen. Diese beiden Gebiete wurden von der Schlange im Paradies erwähnt. 1. Mose 3, 5 heißt es: Ihr werdet sein wie Gott und wissend. Macht und Wissen mit Hilfe der Schlange. Das war das Angebot Satans. Um Wissen und Macht geht es in allen okkulten Phänomenen, sei es Wahrsagerei, Magie oder Spiritismus.

Natürlich werden diese Sätze nicht vom »wissenschaftlichen« Standpunkt aus geschrieben, sondern von einer bibelgläubigen Haltung aus.

VI. Die okkulte Belastung

Es gibt viele Formen von Belastungen, die vom Mediziner sofort anerkannt werden. Die Kinder eines notorischen Trinkers sind gewöhnlich von der Sünde des Vaters »heimgesucht«. Manisch Depressive finden ihre schwermütige Veranlagung gewöhnlich bei ihren Nachkommen wieder. Geisteskranke mit einer unheilbaren Psychose sollten nicht heiraten. Wir haben das gute und böse Erbe der Vorfahren in unserem Blut. Ich verweise dabei auf das Buch von Professor Pfahler »Der Mensch und seine Vergangenheit«.

Auf dem Gebiet der okkulten Belastungen allerdings spricht man bei unseren Wissenschaftlern gegen eine Wand. Für unsere Psychiater, die keine wiedergeborenen Christen sind, existiert eine okkulte Belastung nicht. Sie sagen höchstens: »Ursache und Wirkung darf nicht verwechselt werden. Der abergläubische Mensch ist zu allen Verstiegenheiten fähig. Die Belastung war das erste, das okkulte Treiben das zweite.«

In meiner fünfzigjährigen Tätigkeit habe ich es mit rund 20.000 Menschen in Einzelaussprachen zu tun gehabt. Ich habe Tausende von Beispielen, bei denen eben das okkulte Treiben das erste war und die schweren Folgen die Auswirkung. Ich wunderte mich oft über unsere »Fachleute«, daß keine Argumente und Beweise sie aus ihrem apriorischen Dogmatismus herauszubringen vermochten.
Und die Wissenschaft sagt: »Existiert nicht.« Es wäre zum Verzweifeln, wenn man in der Seelsorge von einer solchen Borniertheit abhängig wäre. Es muß uns das aber nicht wundern! Jesus hat Aussätzige geheilt. Gottlose Mediziner und gottlose Theologen sagen: »Das gibt es nicht.« Jesus hat Tote auferweckt und ist selbst leiblich vom Tod auferstanden, und die gleichen Männer sagen: »Gibt es nicht! « Wenn es Jesus so erging, dann brauchen wir kleinen Nachfolger uns keinen Augenblick an dieser Kurzsichtigkeit aufhalten.

Vergessen wir es nicht! Die okkulte Belastung ist ein religiöser Begriff und kein medizinischer Terminus. Der Seelsorger ist zuständig, nicht der Mediziner. Es kann aber wie im Beispiel 6 der Fall eintreten, daß der gläubige Arzt der Seelsorger ist und nicht der Pfarrer. – Es ist in einem Abschnitt schon darauf hingewiesen worden, daß es gläubige Psychiater gibt, denen das Problem der okkulten Belastung geläufig ist. Es mag von Interesse sein, wenn ich noch zwei Beispiele hinzufüge.

B 15 Bei meiner Vortragstour in Neuseeland hörte ich viel Gutes von einem Psychiater in Hamilton. Sein Bruder ist Bischof, sein Vater Minister. Dieser Arzt erklärte, daß 50 Prozent der Neurotiker, die in den Kliniken in Hamilton zu betreuen sind, die Frucht der Maorizauberer seien. Die Maori sind die Urbevölkerung Neuseelands, in deren Reihen noch viele Zauberer anzutreffen sind.

B 16 Bei meinen Vorträgen in Suva auf den FidschiInseln kam ich mit einem dortigen Psychiater in Verbindung. Er erklärte, daß die Fidschizauberer, die Drunikau, dafür sorgten, daß die psychiatrische Klinik voll wird. Er gab mir einige Beispiele. Wenn ein Fidschizauberer einem Eingeborenen sagt: »Du stirbst bis zur nächsten Sonnenwende«, dann stirbt dieses Opfer. Weder die Familienangehörigen noch der Psychiater können dem Unglücklichen diesen Wahn ausreden.

B 17 Auf Bali ist der Prozentsatz noch höher. Ich hatte auf dieser Insel an fünf verschiedenen Plätzen Vorträge und konnte schauerliche Beispiele sammeln. In Denpasar erklärte ein Arzt: »Wir haben unter unseren Patienten 85 Prozent Neurotiker.« Das ist kein Wunder, denn auf Bali wird viel schwarze Magie getrieben. Nicht umsonst nennen die Missionare diese Insel die Teufelsinsel.
Mehrfach ist mir auf den Vortragsreisen in Fernost und im Pazifik von gebildeten Männern geklagt worden, daß die westlichen Wissenschaftler so überheblich sind und mediale Vorgänge wegerklären oder verharmlosen, ohne deren Hintergrund und Auswirkungen zu kennen.

Natürlich hat der Westen rühmliche Ausnahmen, wie schon einige Male anerkannt worden ist. Einer von ihnen ist der Psychiater Dr. Lechler, der 35 Jahre Chefarzt der größten Nervenheilanstalt Deutschlands war. Er arbeitete nicht nur als Arzt, sondern auch als ein geistlicher Seelsorger, der von vielen Menschen aufgesucht wurde. Von ihm stammt folgende Abstufung der okkulten Belastung:

1. Die einfache okkulte Belastung, die jahrelang verborgen sein kann, bis sie entdeckt wird.

2. Die Dämonisierung, die sofort auf jede geistliche Betreuung reagiert.

3. Die Umsessenheit. Der Mensch wird dabei von finsteren Mächten umlagert und dauernd kontrolliert.

4. Die Besessenheit. Der Mensch wird von unsauberen Geistern oder Dämonen bewohnt.

Diese vier Stufen bilden eine Einheit. Es sind nur verschiedene Stärkegrade. Wir müssen hier betonen, daß dieser Psychiater an eine Innewohnung von Dämonen im Menschen glaubt.

VII. Die Auswirkungen der okkulten Belastung

Was ist der letzte Hintergrund einer okkulten Belastung? Bei allen Zaubereisünden löst sich der Mensch von Gott und wendet sich zu den Abgöttern. Wer dem Teufel dient, erhält des Teufels Lohn. An vielen Stellen der Bibel wird deutlich, daß Zauberei eine Ursünde, entschlossener Abfall vom lebendigen Gott ist. Wir zitieren einige solcher Bibelworte: 2. Mose 7,11. – 2. Mose 22,19. – 3. Mose 19, 26-31. – 3. Mose 20,6 u.27. – 5. Mose 18, 914. – 1. Sam. 28. – 2. Kön. 21, 56. – Jer. 27, 910. – 1. Chron. 10, 1314. – Jes. 2, 6; 8; 19. – Sach. 10, 2. – Mal. 3, 5. – Apg. 8, 9. – Apg. 16, 16. – Apg. 19, 19. – Gal. 5, 19. – 2. Tim. 3, 8 – Offb. 21, 8.  – Offb. 22, 15

Wer durch Zaubereisünden die Schwelle zum Satansreich übertreten hat, wird von den Mächten der Finsternis umgeben, ganz gleich, ob er sich bewußt oder unwissend in Zauberei eingelassen hat. Die Auswirkungen zeigen sich in fünf Bereichen:

1.Die entscheidende Belastung ist die Störung des Glaubenslebens. Hier tritt sofort die Frage auf, welches Glaubenslebens? Ist der Moslem, der Buddhist, der Hindu auch in seiner religiösen Haltung beeinträchtigt? Nein. Das ist das Eigenartige an der Zauberei. Das Christentum und teilweise das gottesfürchtige Judentum spielen eine Sonderrolle. Alle anderen Religionen gehen mit medialen Vorgängen konform. Der christliche Glaube allein steht scharf dagegen.

Wer in seinem Leben sich der Wahrsagerei, der Magie oder des Spiritismus bedient hat, hat es äußerst schwer, sich zu Christus zu bekehren. Er hat Mühe, zum Frieden und zur Heilsgewißheit durchzudringen. Und wenn er vorher schon Christ war, dann legt sich ein Rauhreif, ein Bann über sein Glaubensleben. Er verliert die Lust am Beten und Bibellesen, wird lau und träge. Andere entwickeln sich durch Zauberei zu pharisäischen, selbstgerechten, heuchlerischen Charakteren.

B 18 Ein Mann, der in seiner Jugend mehrmals besprochen worden war, heiratete ein gläubiges Mädchen. Er selber war ein Kirchgänger, ohne aber irgendeine Bindung an Gott zu haben. Die junge Frau spürte sehr rasch, daß ihr Mann weder vom gemeinsamen Gebet noch von der Nachfolge Jesu etwas wissen wollte. Sie bildete einen Gebetskreis und betete jahrelang für den Gatten. Bei einer Evangelisation wurde der Mann schließlich erweckt, und er kam zu mir zur seelsorgerlichen Aussprache. Von diesem Zeitpunkt an setzten furchtbare Kämpfe ein, die ihn fast zum Irrsinn trieben. Tag und Nacht kam er nicht zur Ruhe. Er machte einen Selbstmordversuch und nahm eine hohe Dosis Gift, die für drei Männer ausgereicht hätte. Er wurde gerettet und kam abermals zur Seelsorge. Dann sagte er: »Ich will doch mein Leben Jesus ausliefern, warum kann ich es nicht fassen?« Die Nachforschung ergab den Sachverhalt, daß er als Kind magisch behandelt worden war.

Dieses Beispiel zeigt auch die häufige Erfahrung, daß okkult belastete Menschen völlig in Ruhe gelassen werden, solange sie in der Welt stehen. Erst wenn sie sich bekehren wollen, dann geht der Tanz los. Es ist ein ganz einfaches Gesetz: der Teufel läßt jeden in Ruhe, solange er ihm dient. Erst wenn sein Opfer ihm aus der Schule laufen will, dann setzt die Gegenwehr ein. Manche solcher okkult Belasteten verlieren bei den einsetzenden Kämpfen nahezu den Verstand. Dann kommen natürlich die ungläubigen Angehörigen und eventuell der behandelnde Arzt und sagen: »Das kommt vom vielen Beten. Bleiben Sie einmal von der Kirche weg! Unterlassen Sie auch eine Zeitlang das Bibellesen.« Wie oft wurde mir von solchen Ratschlägen berichtet. Diese Ratgeber beweisen nur damit, daß sie von biblischen Gesetzmäßigkeiten nichts verstehen.

Jede Zauberei ist gleichsam ein Bündnis mit der Finsternis. Darum glaubt der Teufel, ein Recht an dem Menschen zu haben und setzt mit einer heftigen Abwehr ein, wenn ihm sein Opfer entrissen werden soll.

2. Eine okkulte Belastung wirkt sich auf den Charakter des Menschen aus. Durch Zauberei gezeichnete Belastete sind jähzornig, rachsüchtig, streitlustig und neigen zum Geiz und zur Herrschsucht. Es sind unverträgliche Naturen. Bei ihnen sind auch alle Leidenschaften überhöht. Sie neigen zur Trunksucht und zu sexuellen Entgleisungen. Hierher gehören auch manche Triebverbrecher. In der Lüneburger Heide in Deutschland zündete ein Bursche zehn Häuser an, ohne zu wissen, warum er es tat. Sein Großvater war ein Viehbesprecher und Krankheitsbanner. Natürlich fragt der Richter nicht nach solchen Dingen. Er kennt die Zusammenhänge nicht.

3. Ein starkes Merkmal okkulter Bindungen ist die Tatsache, daß Menschen bei ihrer Bekehrung plötzlich schwermütig werden. Dazu ein Beispiel.

B 19 Eine 21jährige junge Frau berichtete in der Seelsorge, daß sie zwei Jahre zuvor den Weg zu Christus gefunden habe. Seit ihrer Umkehr wird sie geplagt. Sie leidet unter Depressionen, Lebensunlust und Selbstmordgedanken. Zweimal unternahm sie sogar den Versuch, freiwillig aus dem Leben zu gehen. Alle diese Nöte traten erst auf, nachdem sie sich bekehrt hatte. Das Gespräch ergab, daß Großmutter und Mutter heute noch aktive Kartenlegerinnen sind.

Bei okkult Belasteten treten häufig seelische Störungen aller Art auf, wenn sie sich Christus ausliefern wollen. An dieser Stelle ist aber größte Vorsicht geboten. Depressionen, Neurosen, Gemütskrankheiten und Selbstmordgedanken können auch viele andere Ursachen haben.

Es gibt eine Gruppe von endogenen, das heißt anlagebedingten, vererbten Depressionen.

Es gibt auch eine Gruppe von exogenen, das heißt erworbenen, erlebnisbedingten Depressionen. Eine überstrenge gesetzliche Erziehung kann später zu Depressionen führen, wenn es sich um ein sensibles Kind handelt. Ein junges Mädchen, das ein uneheliches Kind erwartet, kann aus dem Schamgefühl und der Angst heraus Depressionen bekommen und einen Selbstmordversuch unternehmen.

Zu beachten ist vor allem, daß es auch eine Gruppe organisch bedingter Depressionen gibt. Gewisse Herzerkrankungen können zu Depressionen Anlaß geben. Eine Lebererkrankung kann als seelische Komponente auch seelische Störungen im Gefolge haben. Eine zu rapid vorgenommene Abmagerungskur kann eine Depression auslösen. Störungen der endokrinen Drüsentätigkeit wirken sich auch seelisch aus.

Man muß also vor dem Kurzschluß schärfstens warnen, daß Depressionen ein Symptom einer okkulten Belastung sind. Unter zwanzig Formen von seelischen Störungen ist die okkulte Belastung nur eine Ursache dazu. Unkenntnis und Kurzschlüssigkeit können hier zu einer verhängnisvollen Seelsorge führen.

Wer auf diesem Gebiet Seelsorge treibt, sollte auch Medizin studiert haben. Es gibt aber auch für Nichtmediziner Anhaltspunkte, daß er zu unterscheiden vermag. Okkult bedingte Depressionen treten gewöhnlich bei einer Bekehrung oder sonst bei geistlicher Betreuung und Beeinflussung auf. Wir nennen das in der Seelsorge bei okkult Belasteten das Phänomen der Resistenz. Man braucht aber ein ganzes Menschenleben, um alle Nuancen der Depressionen kennenzulernen, und man ist nie am Auslernen. Manchmal treten bei okkult Belasteten die Depressionen auch in der Verbindung mit Lästergedanken und dem Gefühl der Abscheu vor göttlichen Dingen auf. Aber auch Lästergedanken sind kein eindeutiges Zeichen, weil sie auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Bei Menschen mit einem sehr feinen Gewissen können z. B. Lästergedanken als Umkehrungsvorgang auftauchen. Wir können aber dieses psychologische Problem hier nicht erläutern.

Fassen wir kurz die vier Gruppen von Depressionen zusammen.

Es gibt anlagebedingte (durch Vererbung),
 erlebnisbedingte (durch schwere Erfahrungen),
 organisch bedingte (durch Erkrankungen) 
und okkult bedingte (durch Zauberei) Depressionen.

4. Jahrelange Erfahrung zeigt, daß Familien, in denen Zauberei getrieben wird, anfälliger sind für Geisteskrankheiten und Anomalitäten als andere Familien. Ein Beispiel dazu.

B 20 In Kanada kam eine Frau zu mir, die mir absurde Dinge erzählte. Sie erklärte, ihre Nachbarn hätten unterirdische Gänge unter ihr Haus gegraben, um sie zu belauschen. Ich bat sie: »Zeigen Sie mir diese Gänge.« Sie antwortete: »Da komme ich nicht heran. Sie sind unter dem Kellerboden und in den Wänden.« Die Frau beklagte sich weiter: »Sie schleifen mir nachts den Terrazzoboden ab. Er war ursprünglich 40 cm stark und jetzt nur noch 20 cm.« Ich wandte ein: »Dann rufen Sie doch die Polizei, wenn die Nachbarn nachts in Ihrem Haus den Fußboden abschleifen.« Sie erwiderte: »Die betäuben mich vorher, daß ich wie gelähmt bin.« Es ist nicht nötig, alle Phantastereien zu berichten. Jeder Psychiater kennt zu Hunderten solche Geschichten. Es handelt sich in diesem Fall um die unkorrigierbaren Wahnvorstellungen, wie wir sie bei der Paranoia und bei einigen Krankheitsbildern aus dem schizophrenen Formenkreis vorfinden. Beachtenswert ist, daß die Patientin sonst hochintelligent ist. Sie ist Lehrerin. Die Aussprache ergab, daß ihr Vater jahrelang das Tischrücken als Gesellschaftsspiel betrieben hatte.

Es ist keine Gehässigkeit, sondern nur schlichte Beobachtung, wenn ich sage, daß in Spiritistenfamilien viel mehr Geisteskrankheiten vorkommen als in anderen Familien. Das darf nicht falsch verstanden werden. Der Spiritismus ist in diesem Fall nicht als direkte Ursache der Geisteskrankheit anzusehen. Der Spiritismus schafft aber Belastungen, in deren Gefolge sich gern geistige Störungen zeigen. Der Geister und Dämonenkult des Spiritismus wirkt hier im geistigen Gefüge der menschlichen Struktur wie ein Katalysator.

5. Die Beschäftigung mit okkulten Dingen äußert sich ferner in der Entwicklung der medialen Fähigkeiten. Der Ausdruck medial ist schwer zu deuten. Er kommt philologisch aus dem Lateinischen: medium = das Mittel, die Mitte, die Mittlerrolle. Ein Medium kann zwischen unbekannten Kräften  oder im Raum des Spiritismus zwischen unsichtbaren Wesen und uns lebenden Menschen vermitteln. Es wäre dringend nötig, in der westlichen Welt ein Buch über die Medialität zu schreiben. Was in der östlichen Welt zum ABC des Verständnisses gehört, wird in der westlichen Welt angezweifelt. In der östlichen Welt sind vielleicht 90 bis 95 Prozent der Menschen medial veranlagt; in der westlichen Welt vielleicht 5 Prozent oder weniger. Die mediale Veranlagung ist oft unbewußt. Sie kann aber an bestimmten Erlebnissen erkannt werden.

Medialität geht gewöhnlich in den Erbgang. Sie kann durch dreifache Art und Weise entstehen:

– durch Vererbung,
– durch magisches oder spiritistisches Experimentieren und
– durch Übertragung
. – Eine kurze Erläuterung dazu. Wenn der Großvater ein Spiritist oder Magier war, dann sind seine Kinder, Enkel und manchmal Urenkel medial veranlagt. Wenn ein Nachkomme sich bekehrt, verschwindet die mediale Veranlagung manchmal, aber etwa bei der Hälfte der Fälle nicht. Ein Kind Gottes kann noch medial sein, ohne es zu wissen. Ein gläubiger Christ kann aber sehr rasch von einer solchen Medialität frei werden.

Schlimm ist es allerdings, wenn Jünger Jesu ihre Medialität eines Tages entdecken und dann annehmen, es seien charismatische Kräfte, durch den Heiligen Geist gegeben. Die beiden berühmtesten Beispiele dafür sind William Branham und Oral Roberts. Branham ist inzwischen durch einen Autounfall ums Leben gekommen. Er war hochmedial, ähnlich wie Oral Roberts. Es ist geradezu schrecklich, daß diese mediale Veranlagung als pneumatische Ausrüstung angesehen wird. Es liegen mir viele Details vor. Es würde aber den Rahmen des Buches sprengen, wenn ich sie berichten würde.

Medialität kann erworben werden. Wenn ein Mensch sich magisch heilen läßt, wird er gewöhnlich auch medial. Wer jahrelang mit Zauberbüchern arbeitet, wird bestimmt medial.

Medialität kann auch übertragen werden. Wenn ein starker Rutengänger oder Pendler die Hand eines nichtmedialen Menschen anfaßt und mit ihm zusammen die Rute oder den Pendel führt, dann wird der Nichtmediale dadurch gewöhnlich medial. Diese Übertragung ist aber leicht zu verhindern. Erstens läßt man sich nicht von einem medialen Praktiker führen. Ferner können mediale Kräfte durch Gebet blockiert werden.

Es gibt zehn bis zwölf verschiedene Formen der Medialität. Dazu gehören: Rutenfühligkeit und Pendelreaktion, Fähigkeit des Wahrtraums und das zweite Gesicht, Hellsehgaben, Hellfühligkeit, Trancefähigkeit, auch die Hypnosefähigkeit und Suggestion können medial unterbaut sein, und heilmagnetische Kräfte. Zur Medialität gehört auch die Telepathie. Auf diesem Gebiet habe ich unzählige Beispiele.

B 21 Zur Telepathie habe ich ein ausgezeichnetes Beispiel von meinem Freund, der Häuptling eines australischen Aboriginesstammes ist. Sein Vater und Großvater, die bei der Berichterstattung noch lebten, waren ebenfalls Häuptlinge. Diese Stammesführer haben die Kraft, durch Telepathie die Befehle an den ganzen Stamm hinauszugeben, obwohl der Stamm über 2000 km verstreut lebt. Diese Art der Verständigung gibt es auch z. B. bei den Lappländern. Was ich aber bei diesen Australiern zum ersten Mal hörte, ist die Tatsache, daß sie bestimmte Rufzeichen besitzen und verwenden. Der Häuptling kann jeden Stammesgenossen rufen und einen Auftrag durchgeben. Der Gerufene weiß dann auch sofort, von wem er »angezapft« wird. Der junge Häuptling wurde nun Christ, übrigens der erste Christ seines Stammes. Ich war wochenlang mit ihm zusammen. Er ist ein aufrichtiger, wahrheitsliebender Mensch. Ich fragte ihn: »Hast du bei deiner Bekehrung die telepathischen Fähigkeiten verloren?« Er antwortete: »Die Fähigkeit, alle Stammesgenossen zu rufen, habe ich eingebüßt. Aber mit meiner eigenen Familie kann ich noch telepathisch verkehren. Ich kann jederzeit von meinen Eltern und Geschwistern gerufen werden.« Meine zweite Frage war: »Welche Kraft steht hinter diesem telepathischen Verkehr?« Er antwortete: »Die große Telepathie über den ganzen Stamm ist dämonisch. Darum habe ich auch bei der Bekehrung diese Kraft verloren. Der Familienkontakt ist natürlich. Darum kann ich auch gerufen werden, wenn ich auf den Knien bin und bete.«

Es ist seltsam, daß die Lappen in Skandinavien, von denen ich in »Der Aberglaube« berichtete, genau die gleichen Fähigkeiten haben wie die australischen Urbewohner. Stammesmäßig haben sie nichts miteinander zu tun. Die Lappen sind ein weißer Stamm, die australischen Aborigines sind dunkelhäutig bis schwarz. Die Medialität, in diesem Fall die Telepathie, ist doch ein Urphänomen. Für den Christen ist das verständlich, weil er weiß, daß die gleichen Kräfte dahinterstehen.

Jahrzehntelange Beobachtung all der medialen Kräfte lassen den Schluß zu, daß diese Fähigkeiten das diabolische Gegenstück der Geistesgaben Gottes darstellen. Der Teufel versucht, Gott in allen Stücken nachzuahmen. Dieser Schluß ist auch deshalb berechtigt, weil sich mediale Kräfte durch Gebet überwinden und stoppen lassen. Im christlichen Leben ist der Besitz von medialen Kräften stets ein Hindernis für die Entfaltung eines gesunden Glaubens. Das Gräßlichste von allem ist die Tatsache, daß mediale Kräfte mit dem Etikett des Heiligen Geistes versehen werden. In vielen extremen Kreisen ist das der Fall.

VIII. Die mediale Heilpraxis

Nicht minder folgenschwer ist die Verwendung von medialen Kräften unter der Tarnung eines menschenfreundlichen oder sozialen Hilfswerkes. Wir haben diesen Fall bei den sogenannten geistigen Heilern. Fast jedes Land hat solche geistigen Heiler, die durchweg auf medialer Basis ihre Praktiken durchführen. Einige Beispiele dazu:

B 22 Auf den Philippinen nahm ich die Berichte eines »Astralchirurgen« auf. Nach dem Glauben der Spiritisten hat der Mensch nicht nur einen materiellen, sondern auch einen Astralleib. Der Filipino führt bei seinen Patienten Operationen an diesem Astralleib durch. Er gebraucht kein Skalpell, sondern manipuliert mit seinen Händen nur außerhalb des Körpers. Lassen wir uns von einem solchen Operationserfolg berichten.

Eine Frau, deren Gallensteine röntgenologisch erkannt worden waren, ließ sich von diesem Astralchirurgen behandeln. Hinterher zeigte das Röntgenbild, daß die Steine verschwunden waren. Wir hätten in diesem Fall eine Art spiritistischen Apports vor uns. Apporte bedeuten Auftauchen und Verschwinden von Gegenständen in geschlossenen Räumen. Es könnte auch ein Vorgang der Dematerialisation sein. Materie wird abgebaut und löst sich auf. Eine so leichte Operation wäre die Hoffnung aller »steinreichen« Patienten, wenn nicht ganz furchtbare Belastungen zurückbleiben würden. Die organische Hilfe wird mit schwersten seelischen Komplikationen bezahlt. Ich hatte einen Mann in meiner Seelsorge, der auf diese Weise operiert worden war. Er lief hinterher monatelang zum Psychotherapeuten, ohne die geringste Hilfe zu erfahren.

B 23 In Deutschland gibt es einen geistigen Heiler, Dr. Trampler. In der Seelsorge hörte ich manche Berichte von seinen ehemaligen Patienten. Er stellt sich in der Sprechstunde vor die Besucher, konzentriert sich einige Sekunden auf ihr Leiden und kann treffsichere Diagnosen geben. Dann setzt er seine geistigen Kräfte, die medialer Natur sind, ein und beeinflußt die Patienten. Er fragt sie dann: »Spüren Sie ein Wärmegefühl?«

Bei diesem Heilungsvorgang haben wir als Vorgang erstens die hellfühlende Diagnose und als Vorgang zwei die geistig-mediale Beeinflussung. Wie die Auswirkungen sind, zeigten mir seelsorgerliche Gespräche. Eine gläubige Frau, die betend in seinem Sprechzimmer saß, wurde von ihm weggeschickt mit dem Hinweis: »Ihnen kann ich nicht helfen.«

B 24 Bei meinen vielen Vortragstouren in England kam ich laufend auf die Spuren eines der gefährlichsten Heiler der westlichen Welt. Es ist Harry Edwards. Er hat Tausende in seinen Bann gezogen und sie durch seine spiritistischen Praktiken belastet, darum müssen wir uns ein wenig gründlicher mit ihm befassen. Die Angaben, die hier gebracht werden, stammen aus einem seiner Bücher.

Dieser Spiritist, der sich »spiritual healer« nennt, besuchte 1934 als 41 jähriger seine ersten spiritistischen Sitzungen. Gleichzeitig war er mit seiner Frau und einigen Freunden Teilnehmer spiritualistischer Gottesdienste, die es ja in England reichlich gibt. Bei den Seancen wurde ihm von einem Medium gesagt, daß einige jenseitige Geist-Führer mit ihm in Verbindung treten wollten. Zunächst verhielt er sich passiv. In einer der Sitzungen wurde er aber von einer inneren Macht erfüllt. Nach den Worten des Buches wurde bei diesem Vorgang seine Medialität entwickelt und eine »spirit possession«, eine Geisterbesessenheit vollzogen.

Von diesem Augenblick an war dieser Mann unter der Kontrolle der Geister. Er gab in den spiritualistischen Gottesdiensten eine Reihe von Trancebotschaften. Irgendeine Hinkehr zu Jesus Christus finden wir in diesem Buch nicht. In dieser Zeit setzte plötzlich die Fähigkeit ein, abwesende Kranke zu heilen. Wenn ihm der Name oder der Wohnort eines Kranken gesagt wurde, sah er plötzlich den Raum, in dem sich der Patient befand, und er vermochte ihn durch geistige Beeinflussung zu heilen.

Völlig aufschlußreich sind die Hinweise des Buches, daß diese heilende Kraft von den jenseitigen Geistfreunden stamme. Ausdrücklich wird erwähnt, daß diese Heilgabe nichts mit dem zu tun hat, was Jesus am Kreuz auf Golgatha getan hat. Wir sind sehr dankbar für diese Klarstellung. So wissen doch wenigstens alle, daß es sich um eine Heilungsbewegung handelt, die mit der Bibel und mit Christus nichts gemeinsam hat.

Zum Heilungsvorgang selbst sagt das Buch folgendes aus: »Er suchte die Trance, die dafür Voraussetzung war, daß eine Verbindung mit dem Geistfreund einsetzte. Dann wurde durch Betasten des Patienten der Krankheitsherd lokalisiert. Danach strömten durch die Hände des Heilmediums Kräfte auf den Patienten über, die als Wärmegefühl empfunden wurden.«

Außer der Heiltätigkeit nahm dieser erfolgreiche Heiler an Tausenden von spiritistischen Sitzungen aller Art teil: an Materialisationssitzungen, an Seancen, in denen Apporte gezeigt wurden und anderes mehr. Durch den dauernden Umgang mit Medien und der Zusammenarbeit mit ihnen stärkte sich von Jahr zu Jahr seine mediale Kraft. Sein Ruhm erscholl im ganzen Land, so daß sogar viele Ärzte und Pfarrer seine Hilfe in Anspruch nahmen. Außer der »absent healing« – Heilung auf Distanz – beherrscht dieser Spiritist die Astralwanderung, die Exkursion der Seele. Er sagt aus, daß er um Mitternacht, wenn seine Patienten sich in Ruhestellung befinden, sie besuche und günstig beeinflusse oder heile.

Die Bibel nennt den Spiritismus Dämonenkult und verbietet die Teilnahme an spiritistischen Sitzungen. Und hier hält sich solch ein Mann für eine Durchgangsstation der göttlichen Kraft. Es ist unbegreiflich, daß sogar Christen diesen Mann aufsuchen.

Natürlich kommen Heilungen vor, aber durch welche Kraft? Wir haben doch genug Stellen in der Heiligen Schrift, wo Zauberer auch Wunder taten. Denken wir nur an die ägyptischen Zauberer (2. Mose 7, 1012), die Mose nachahmten. Oder denken wir an die dämonischen Zeichen und Wunder in Matthäus 24, 24; Markus 13, 22; 2. Thessalonicher 2, 9; Offenbarung 13, 13 und 16, 14.
Alle Menschen, die auf diese Weise geheilt worden sind, sind glaubensmäßig blockiert. Sie stehen unter einem spiritistischen Bann.

B 25 Zur Beurteilung dieses gefährlichen Heilers kann folgende Erfahrung dienen. Ich hatte in der Kirche eines anglikanischen Pfarrers einen Vortrag. In der anschließenden Diskussion wurde ich von Spiritualisten sehr angegriffen. Sie erklärten, Jesus sei das beste Medium gewesen. Ich antwortete: »Das ist Blasphemie, Lästerung.« Auch ein anderer Besucher setzte mir hart zu und äußerte: »Die weiße Magie und der Spiritualismus sind berechtigt, weil sie Gutes tun.« Ferner seien auch die Erscheinungen von Mose und Elia auf dem Berg Tabor spiritualistische Vorgänge gewesen. Erst der Spiritualismus hätte das richtige Verständnis des Neuen Testamentes gebracht. Ich konnte mich kaum dieser Angreifer erwehren, weil sie mich nicht zu Wort kommen ließen.

Da bekam ich plötzlich Hilfe durch ein gläubiges Ehepaar. Sie erzählten öffentlich von ihrer Erfahrung mit Harry Edwards, dem englischen Spiritistenheiler. Sie berichteten: »Wir kauften dem Spiritualisten H. E. sein früheres Haus ab. Wir sind Christen. Wir wußten vorher nicht, wer H. E. ist. Kaum waren wir eingezogen, da beobachteten wir Spukerscheinungen, hörten unerklärliche Geräusche und wurden dauernd belästigt. Wir hielten es in diesem Hause nicht aus. Eines Tages bekamen wir Besuch von einem Mann aus Durban in Südafrika. Dieser Besucher sagte: >Ihr habt Geister hier. Das ist ja wunderbar. Ich möchte euch dieses Haus abkaufen.< Wir ertrugen die Gegenwart der Geister nicht mehr. Inzwischen ist H. E. ein berühmter Mann geworden. Selbst Professoren der Medizin schicken ihm unheilbare Fälle zu, aber wir haben aber den Hintergrund seiner Heiltätigkeit in unserem Haus erlebt.«

B 26 An dieser Stelle muß noch von einem anderen Heiler gesprochen werden. Es ist William Branham, der schon einmal wegen seiner medialen Kräfte genannt worden ist. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, daß man die Toten endgültig in Ruhe lassen soll. Branham ist aber geistig nicht tot. Seine Predigten werden von einem gewissen Prediger E. Frank regelmäßig versandt.

William Branham kann nicht auf eine Stufe mit dem englischen Spiritistenheiler gestellt werden, weil Branham auch eine biblische Verkündigung hatte, der englische Heiler aber nicht. Ich habe Branham selbst gehört. Seine Verkündigung war nicht uninteressant, neigte aber zu Verstiegenheiten. So hat er bei der Sündenfallgeschichte erzählt, Kain sei der Sohn der ehelichen Verbindung von Eva mit der Schlange gewesen. Erst Abel sei der Sohn Adams. Eine widerliche Spekulation, die mit der Bibel nicht bewiesen werden kann.

Im Blick auf die Heiltätigkeit hat Branham allerdings eine starke Ähnlichkeit mit dem englischen Geistheiler. Ich bringe nun einen Bericht, den ich einem früheren Übersetzer von Branham verdanke. Von diesem zuverlässigen Zeugen, der Christ und Verkündiger des Evangeliums ist, habe ich folgende Mitteilung:

Eines Abends beim Vortrag sagte Branham zu seinem Übersetzer: »Stellen Sie sich nicht zu meiner Rechten. Da steht mein Engel.« Der Übersetzer fragte naiv: »Wie sieht der Engel aus?« Branham beschrieb ihn als einen starken Mann mit schwarzen Haaren, der mit verschränkten Armen neben ihm stehe. Er müsse alles tun, was der Engel ihm auftrage.

Branham kam manchmal zu spät zum Vortrag. Der Übersetzer bat ihn: »Sie müssen früher kommen.« Branham erwiderte: »Ich kann erst gehen, wenn der Engel es sagt. Der Engel begleitet mich bei Tag und Nacht. Alles, was er anordnet, muß ich tun, sonst habe ich beim Sprechen keine Vollmacht. Ich kann auch im Privatleben nicht meine eigenen Entscheidungen treffen. Ich kann nur ausgehen, wenn der Engel es erlaubt. Ich kann nur Menschen empfangen, die der Engel zuläßt.« Der Übersetzer erzählte mir ferner, daß Branham beim Sprechen manchmal in Trance fiel. Wenn er gesprochen hatte, war er oft völlig ausgepumpt.

Wenn nach der Abendversammlung Menschen zur Heilung vortraten, dann bestimmte der Engel, wer eine Handauflegung erhalten sollte. Branham war nur der Sklave seines Engels.
Der Übersetzer fragte einmal Branham: »Glauben Sie, daß Ihre Heilkräfte Gaben des Heiligen Geistes sind?« Branham antwortete: »Nein, das macht mein Engel.« – Nach diesen Enthüllungen verließ der Übersetzer Branham. Er sagte mir: »Wenn ich vorher gewußt hätte, was hier gespielt wurde, hätte ich mich nie als Übersetzer bereit erklärt.«

Nun mögen schlichte Gemüter aus Branhams Verehrerkreis annehmen, daß das ein Engel Gottes gewesen ist. Das glaube ich nicht. Ich bin im Gegenteil davon überzeugt, daß es kein Engel Gottes war. Biblisches Geschehen hat einen anderen Charakter. Diese Engelbegleitung und Engelvollmacht sieht aus wie bei allen Heilpraktiken in den spiritualistischen Kirchen Englands und Amerikas. Harry Edwards konnte auch erst heilen, wenn sein Geistfreund gegenwärtig war, nicht eher.

Wer aber meint, man tue Branham Unrecht, der lese einmal seine Bekehrungsgeschichte, die auch von solchen unbiblischen Engelvisionen durchsetzt ist. Nicht zuletzt verfüge ich über einige hundert Seiten eigenes Material zur Frage der Branham Beurteilung. Vielleicht kann ein weiteres Beispiel manchem die Augen öffnen.

B 27 Schon oft evangelisierte ich in Kirchen von Los Angeles. Nach einer solchen Versammlung kam eine Arztfrau zu mir und berichtete mir folgendes: Ihr Schwager ist Pastor, der sich aber stark in okkulte Dinge eingelassen hat. Er treibt Spiritismus, Magie und andere Dinge. Auch bei extremen Pfingstlern ist er zu Hause. Auf diesem Wege kam er auch zu Branham. Als Branham ihn bei der Vorstellung ansah, fügte er spontan zur Begrüßung hinzu: »Sie sehen ja aus wie mein Engel, der mir täglich erscheint.« Die Gläubigen aus der Umgebung dieses Spiritistenpastors fürchten diesen unheimlichen Mann. Seine sechs leiblichen Brüder verwehren ihm das Haus. Die Schwägerin, die erwähnte Arztfrau und meine Berichterstatterin, wies ihn auch ab. Da bekam sie am nächsten Tag acht Ekzeme. Sie macht den Spiritisten und Branhamfreund dafür verantwortlich, weil sie weiß, daß er sich darauf versteht, durch Magie andere krank zu machen und auch zu heilen. Auch dieses Beispiel wirft ein Schlaglicht auf die Überzeugung, daß es sich bei Branham um einen Spiritistenengel handelte und nicht um einen Engel Gottes. Damit stimmen viele andere Einzelheiten überein.

Wir leben in einer chaotischen Zeit. Wir eilen rapide dem Endstadium und der Wiederkunft Jesu zu. Die Macht der Finsternis macht sich so breit, daß selbst Gläubige nicht mehr klar sehen können. Vergessen wir nicht die Warnung des Apostels Paulus in 2. Korinther 11, 14: »Satan selbst verstellt sich zum Engel des Lichtes.« Darum verstellen sich auch seine Diener zu Predigern der Gerechtigkeit.
Mediales Geschehen hat nichts mit den Gaben und Früchten des Heiligen Geistes zu tun, auch wenn es sich unter frommer Tarnung ereignet.

Spiritisten in aller Welt benützen gewöhnlich folgenden Einwand: »Es gibt gute und böse Geister, und wir verkehren nur mit den guten und wehren die bösen ab. « Diese Aussage ist ein Widerspruch in sich selbst. Gute Geister kennen die Gebote Gottes und übertreten sie nicht. Sie wissen, daß Gott den Spiritismus als Dämonenkult verboten hat, darum lassen sich die guten Geister, die Engel Gottes, niemals mit Spiritisten und Spiritualisten ein. Engel Gottes gehorchen ihrem Herrn. Die Heilige Schrift (Hebr.1,14) sagt: »Sie sind ausgesandt zum Dienst derer, die ererben sollen die ewige Seligkeit.« Echte Engelerlebnisse haben einen anderen Charakter und Verlauf als die spiritistischen Geister und Engelgeschichten von Harry Edwards und William Branham.

Es gibt im deutschen Raum ein gutes Taschenbuch über Engel und Dämonen von Hermann Leitz, Freiburg. (Siehe www.horst-koch.de)

An dieser Stelle muß ich mich noch einer schmerzlichen Pflicht unterziehen, vor deren Erfüllung ich mich jahrelang gescheut habe. Ich tue es nur unter viel Gebet.

1966 war im Herbst in Berlin der Weltkongreß für Evangelisation. Rund 2000 Delegierte, Beobachter und Stabmitglieder aus aller Welt waren anwesend. Unter den Leitern einer Diskussionsgruppe war auch Oral Roberts. Billy Graham hatte diesen Mann auf der Plattform öffentlich begrüßt. Als Delegierter schrieb ich an das Komitee einen Brief und teilte mit, daß die Heilgaben Oral Roberts medialen und nicht charismatischen Charakter hätten.

Die Briefempfänger waren ärgerlich. Am nächsten Tag stellte Billy Graham noch einmal Oral Roberts auf dem Podium vor, legte seinen Arm um dessen Schulter und nannte ihn wieder seinen Bruder. Mich hat diese mangelnde Geisterunterscheidung von Billy Graham und seines Komitees jahrelang beschäftigt. Ich wagte diesen Vorgang nicht zu veröffentlichen, weil ich Billy Grahams Arbeit schätze. Um des großen Schadens willen, der in aller Welt durch Oral Roberts angerichtet wird, darf ich aber nicht mehr länger schweigen. Als Dr. Edman, der ehemalige Vizepräsident und Freund Billys, noch lebte, sprach ich mit ihm darüber. Er hatte ein offenes Ohr und Verständnis für meine Warnung. Ich sprach auch mit John Bolten, dem Schatzmeister vom GrahamTeam auf Schloß Mittersill. Ich hoffte, daß diese Männer aus dem engsten Freundeskreis von Billy mit ihm reden würden. Was dabei herauskam, weiß ich nicht. Ich lasse mich nicht in Gegensatz zu Billy Graham drängen. Er ist der Evangelist, der in der Gegenwart die meisten Hörer erreicht hat. Doch große Männer können auch fehlen. Es hat nicht jeder alle Gaben des Heiligen Geistes. Ich wünschte, daß Billy im Blick auf die unheilvolle Tätigkeit von Oral Roberts mehr die Gabe der Geisterunterscheidung besitzen würde. Damit, daß O. R. eine Universität baut und Millionen im Reiche Gottes sammelt, ist noch kein Beweis erbracht, daß seine Heiltätigkeit von Gott ist. Harry Edwards in England sammelt auch Millionen und ist Chef einer Organisation von 2000 Geistheilern und dennoch kein Mann Gottes, sondern ein Instrument spiritistischer Geister.

Die Kraftwirkungen, die von Oral Roberts ausgehen, haben medialen und nicht pneumatischen Charakter. Wahrscheinlich ist Oral Roberts sich dessen selbst nicht bewußt. Möglicherweise hat er diese medialen Kräfte von jenem alten Indianer, von dem er einst geheilt worden ist. Er sprach auf dem Berliner Kongreß davon.

Man hat mich gebeten, doch Beispiele über die Heiltätigkeit von Oral Roberts zu veröffentlichen.

B 28 Das furchtbarste Beispiel von Oral Roberts teilte mir ein gläubiger Pastor mit, der selbst vom Herrn gebraucht wird. Er war zusammen mit seinem ebenfalls gläubigen Schwiegervater in einer Versammlung von O. R. Er schrieb mir hinterher einen Brief und berichtete eine so schaurige Angelegenheit, daß ich nicht die Freiheit habe, das zu berichten. Ich will nur den Schluß des Briefes bringen: »Ich bin mir hierüber klar, daß auf alle Fälle viel Schwindel in diesem großspurigen Auftreten von O. R. vergraben liegt. Dem Herrn sei Dank, daß wir in gesundem Glauben nach der inneren Führung und in biblischer Haltung von Fall zu Fall Glaubensheilung erleben. Hier gibt es doch keine Schablone, wie es die »Divine healers« tun.

B 29 Bei meinen Vorträgen in Singapore berichtete mir ein gläubiger Missionar von der Heilungsversammlung von O. R. Er sagte einem jungen Mann zu: »Im Namen Jesu, du bist geheilt.« Hinterher stellte es sich heraus, daß er nicht geheilt war. Der Vater des jungen, ein etwas heißblütiger Malaie, zog mit einem Revolver los, um den »Lügenheiler«  wie er ihn nannte  zu erschießen. Der Heiler war aber schon außer Landes.

B 30 Aufschlußreich ist auch der Vorgang 1966 beim Weltkongreß in Berlin. Anwesend waren etwa 300 Delegierte, darunter auch der Evangelist Leo Janz, Pfarrer Pagel und ich selbst auch. Ich bin also Augen- und Ohrenzeuge. Roberts hatte die Leitung dieses Unterausschusses. Er sprach nur von Heilungen und hatte sonst keine biblische Botschaft. Ein anwesender Amerikaner, einer von den Nüchternen, fragte in der Diskussion: »O. R., haben Sie bei Ihrer Fernsehsendung Ihre Zuschauer gebeten, sie möchten während Ihrer Sendung ein Glas Wasser auf das Fernsehgerät stellen?« Oral Roberts antwortete mit »Ja«. »Haben Sie nach Beendigung der Sendung Ihre Zuschauer gebeten, das Wasser zu ihrer Heilung zu trinken?« O. R. antwortete in Gegenwart von 300 Menschen mit »Ja«. Das war ehrlich.
Was sind das aber für Heilmethoden? Manchmal werden bei solchen Heilungssendungen die Zuschauer auch gebeten, die eine Hand auf das Fernsehgerät zu legen und mit der freien Hand den anderen Zuschauer anzufassen oder im Kreis eine Kette zu bilden. Beim spiritistischen Tischrücken werden auch solche Ketten gebildet, um die mediale Kraft zum Fließen zu bringen.
Wo ist da das Klima des Neuen Testamentes. Das ist doch eine Atmosphäre, in der Suggestionen gezüchtet werden, religiöse Suggestionen, die hinterher als Glaubensheilungen ausgegeben werden. Sollte Jesus bei diesem Rummel zu finden sein?

B 31 Ein Evangelist aus der Gruppe der »Divine healers« sprach im Nordwesten von Australien zu den Aborigines. Einer der Buschmänner ist ein klarsehender Christ. Er hörte sich diese Botschaften einige Abende an. Dann rief er aus: »Herr Jesus, wo bist du? Ich kann dich nicht finden. Also habe ich hier in diesen Versammlungen nichts mehr zu suchen.« Und er verließ diese Veranstaltungen. Hier hat ein ungebildeter, einfacher Mann die Gabe der Geisterunterscheidung bekommen, die man oft bei großen Leuten vergeblich sucht.

B 32 Es gab in der Vergangenheit Männer Gottes, die im Blick auf mediale Kräfte eine bessere Unterscheidungsgabe besaßen, als es heute unsere großen Evangelisten haben. Ein solches Beispiel ist der Freund und Mitarbeiter von D. L. Moody, Henry Drummond. Drummond war vor seiner Bekehrung ein Mann gewesen, der starke mediale und suggestive Kräfte besessen hatte. Er war der Meinung, bei der Bekehrung würden solche ungöttlichen Gaben verschwinden. Wie staunte er aber, als er in der Zusammenarbeit mit Moody entdeckte, daß er seine früheren medialen Kräfte immer noch besaß. Er konnte zum Beispiel auf 80 km Entfernung Menschen hypnotisch beeinflussen. Er beobachtete, daß er die große Zuhörerschaft Moodys unter seinen hypnotischen Einfluß bekam. Er erkannte klar, daß diese Kräfte die Wirksamkeit des Heiligen Geistes nur hemmen würden, und so bat er den Herrn inständig, ihn von diesen Kräften zu lösen. Drummond erlebte eine ganze Befreiung.
Was wäre geschehen, wenn er diese Gefahr seiner Medialität nicht erkannt hätte? Sein ganzer Dienst und der von Moody wäre dadurch belastet worden. Dieses Beispiel zeigt uns, daß man trotz Bekehrung mediale Kräfte weiter mit sich schleppen kann. Die Männer Gottes im aktiven Dienst brauchen unbedingt die Gabe der Geisterunterscheidung, sonst gibt es fremde Beimengungen, die dem Reich Gottes schweren Schaden zufügen. Die Sünde der Söhne Aarons – Nadab und Abihu – wiederholt sich heute. Es wird fremdes Feuer vor den Herrn gebracht. – O Gott, sende dein Feuer und verzehre, was nicht zu deinem Licht gehört (3.Mose10).

IX. Die Besessenheit

Die medizinische Fragestellung braucht nicht mehr behandelt werden, da es in der Einleitung schon geschehen ist. Für den Psychiater, der kein gläubiger Christ ist, gibt es keine Besessenheit, sondern höchstens eine schwere Hysterie. Wir brauchen uns dabei nicht aufzuhalten. Besessenheit ist ein religiöses Phänomen und muß geistlich erkannt und beurteilt werden.

1. Merkmale der Besessenheit

Wer sich über die Besessenheit Gedanken machen will, soll zuerst einmal die Geschichte vom besessenen Gadarener lesen (Mark. 5). Es werden darin acht Merkmale der Besessenheit aufgezählt oder gezeigt.

Mark. 5, 2 Der Besessene hatte einen unreinen Geist. Das heißt in diesem Fall, er war von einer fremden Wesenheit bewohnt.
Mark. 5, 3 Der Besessene besaß ungewöhnliche Kräfte. Niemand konnte ihn binden.

Mark. 5, 4 Das dritte Merkmal ist der Paroxismus (anfallartige Zustände). Er riß Ketten ab und zerrieb seine Fesseln.

Mark. 5, 7 Das vierte Merkmal ist die Desintegrität, die innere Aufspaltung der Persönlichkeit. Er sucht Hilfe bei Jesus und fürchtet ihn zugleich.

Mark. 5, 7 Das fünfte Merkmal ist die Resistenz, der Widerstand gegen geistliche Dinge. In der Seelsorge zeigt sich dauernd die Abwehr und Abscheu gegen geistliche Beeinflussung.

Mark. 5, 7 Das sechste Merkmal ist die Hyperästhesie, die übersinnlichen Fähigkeiten. Der Gadarener war hellsichtig. Er wußte sofort, wer Jesus war.

Mark. 5, 9 Das siebente Merkmal ist die Variation, die Veränderung der Stimme. Eine Legion sprach aus dem Gadarener.

Mark. 5, 13 Das achte Merkmal ist die okkulte Übertragung. Die Dämonen fahren in die Säue.

Für das zweite, dritte und vierte Merkmal gibt es bei Geisteskranken ähnliche Krankheitssymptome. Ich sage ähnliche, aber nicht die gleichen. Die übrigen Merkmale finden sich in der psychiatrischen Klassik nicht. Kein Geisteskranker ist hellsichtig und kann verborgene Dinge aufdecken. Kein Geisteskranker spricht plötzlich mit anderer Stimme oder gar fremder Sprache, die er nicht gelernt hat. Es gab und gibt aber Besessene, die im Zustand ihres Anfalles plötzlich andere Sprachen benützen, die sie im Normalzustand nicht sprechen können.

Auch das Übertragungsphänomen gibt es in dieser Ausprägung nicht bei Geisteskranken, aber bei Besessenen. Ich will das durch Beispiele erklären.

B 33 Der verstorbene Friedrich Heitmüller, ein gesegneter Mann Gottes, erzählte mir einmal folgendes: Er war von einem gläubigen Bruder gebeten worden, ihn zu besuchen. Sein Sohn zeigte die Symptome der Besessenheit. Heitmüller nahm zwei Brüder mit sich, einen gläubigen Lehrer und dessen Sohn. Sie beteten mit dem Besessenen und geboten im Namen Jesu den Mächten, auszufahren. Der Besessene wurde frei, aber vom gleichen Augenblick an war der Sohn des anwesenden Lehrers besessen. Was war hier geschehen? Der Sohn des Lehrers war für gläubig gehalten worden, er war aber kein wiedergeborener Christ. Es hatte darum eine Übertragung stattgefunden.

Solche Übertragungen gibt es in der Psychiatrie nicht. Wir haben in der Psychiatrie zwar ähnliche Vorgänge, die aber dennoch einen völlig anderen Charakter zeigen.

Schon oft erlebte ich es auf meinen Reisen, daß Pflegepersonal von psychiatrischen Kliniken von der Pflege der Geisteskranken gemütskrank geworden ist, ja, sogar zwei bekannte Professoren für Psychiatrie, die ich kannte. Sie nahmen sich das Leben. Der eine war Professor S. in Heidelberg, der andere ein Amsterdamer Psychiater. Wo liegt nun der Unterschied?

Bei der Übertragung von Besessenheit wird der Besessene frei und eine anwesende Person, die nicht im Glauben steht, kann davon befallen werden.
Bei der Übertragung von Gemüts und Geisteskrankheiten bleibt der Geisteskranke krank und sein Pfleger wird es ebenfalls.

B 34 Zum Übertragungsproblem folgt nun ein selbsterlebtes Beispiel: Es liegt mehr als zehn Jahre zurück. An einem Ostermontag kam ein junger Mann zur Seelsorge. Ich wies ihm den Weg zu Jesus. Er konnte es aber nicht fassen. Als ich mit ihm betete, fiel der Mann zu Boden, und eine andere Stimme sprach ihm: »Dr. Koch, du hast vier Kinder. Gib mir eines deiner Kinder, dann lasse ich den da in Ruhe.« Die Stimme sprach also von dem jungen Mann in der dritten Person. Ich antwortete: »Meine Kinder stehen unter dem Schutz Jesu. Du kannst keines der Kinder haben. Geh dahin, wo Jesus dich hinschickt.« Dann bat die fremde Stimme: »Nebenan im Wirtshaus sitzt ein Betrunkener. Laß mich in denselben fahren, und ich verlasse diesen Burschen.« Wieder gab ich zur Antwort: »Du kannst nicht in jenen Betrunkenen fahren. Geh dahin, wohin Jesus dich schickt.« Danach fragte die Stimme ein drittes Mal: »Dann laß mich in die Schweine fahren.« Ich gab stets die gleiche Antwort: »Geh dahin, wohin dich Jesus sendet.« Als Seelsorger habe ich nie die Freiheit besessen, einen Dämon in den Abgrund zu senden. Das übersteigt meine Kompetenzen.

B 35 In der Schweiz berichtete mir ein gesegneter Evangelist, daß sein Vater in schwerer Zauberei steckte. Er war geradezu dämonisiert, wenn nicht gar besessen. Als er sich bei einem Hausbesuch eines Evangelisten bekehrte und den Herrn Jesus annahm, wurden plötzlich seine fünf Schweine im Stall irrsinnig. Sie rannten stundenlang schreiend im Kreis herum. Der Bauer konnte sie nicht beruhigen. Er mußte sie alle fünf erschießen. – Ich weiß, daß ein solches Beispiel bei unseren Rationalisten ein überhebliches Lächeln auslöst. Sollen sie es tun. Die Weisheit der Welt ist Torheit bei Gott. Und die Weisen erhascht er in ihrer Klugheit, sagt der Apostel Paulus in 1. Korinther 1, 1921.

Oft findet man in der katholischen Kirche mehr Verständnis für das Problem der Besessenheit als in der protestantischen Kirche. Diese Aussage bedeutet etwas, da ich kein Katholik bin. Im Rituale Romanum Tit. X (kath. liturgisches Buch) werden vier signa (Hinweise) der Besessenheit genannt:

a) Verständnis nicht erlernter Sprachen

b) Wissen um verborgene und entfernte Dinge.
c) Manifestation (Offenbarwerden) von übernatürlichen Kräften.

d) Aversion (Abneigung) gegen göttliche und kirchliche Dinge.

2. Wie erkennen wir eine Besessenheit?

Wie unterscheiden wir eine Geisteskrankheit von einer Dämonisierung oder gar Besessenheit? Es gehört tatsächlich zum Schwierigsten in der Seelsorge, solche Unterscheidungen und Abgrenzungen zu erkennen.

Der erste Rat ist immer: »Liefere dein Leben Jesus aus. Bitte um die Erleuchtung des Heiligen Geistes. Wenn möglich, lasse dir auch eine medizinische Ausbildung geben.« Wir müssen alle Hilfsmittel in Anspruch nehmen, die Gott uns gibt: unseren Verstand, die Erfahrung und vor allem ein wiedergeborenes, vom Heiligen Geist erfülltes Herz.

Kann auch der Nichtmediziner eine Besessenheit erkennen? Ja. Es gibt Merkmale, die bereits besprochen worden sind. Es soll aber noch einiges hinzugefügt werden. Es gibt zunächst einmal eine ganz einfache Faustregel. Die Menschen, die von sich sagen, sie seien besessen, sind es nicht. Die wirklich Besessenen wissen es nicht und sagen es nicht.

Es gibt aber auch eine durch plumpe oder auch schwarmgeistige Seelsorge aufsuggerierte Besessenheit. Es gibt extreme Kreise, vor allem in überspannten »Pfingstkreisen«, in denen suggestiv herbeigeführte Besessenheitsfälle geradezu hochgezüchtet werden. Vor solchen Kreisen ist zu warnen. Vor allem sollte niemals ein okkult Belasteter solchen Kreisen zur Betreuung übergeben werden. Das verschlimmert nur den Zustand dieses armen geplagten Menschen.

Man verstehe mich nicht falsch. Ich fand in gemäßigten und nüchternen Pfingstkreisen viele treue, opferbereite Kinder Gottes. In manchen Ländern sind diese gemäßigten Kreise die aktivsten Christen. Leider überwiegt aber die Zahl der übertriebenen und sogenannten »wilden« Pfingstler die biblisch ausgerichteten. Extreme religiöse Kreise sind Brutstätten für Neurosen und Depressionen aller Art. Wieviele Handauflegungen durch medial veranlagte Pfingstevangelisten haben die Belastung nicht ausgeräumt, sondern vermehrt und verstärkt. Einige Beispiele:

B 36 Eine gläubige Frau kam zu mir in die Seelsorge. Sie war seit Jahren gläubig. Da kam ein Pfingstevangelist in ihren Wohnort. Sie besuchte die Versammlungen. An einem Abend fragte der Redner, wer den Heiligen Geist empfangen wolle und forderte diejenigen auf, zurückzubleiben. Sie blieb zurück und erhielt eine Handauflegung. Von diesem Augenblick an konnte sie in fremden Zungen beten. Sie verlor aber dabei ihren Frieden und ihre Heilsgewißheit. In diesem Zustand kam sie zu mir. Sie spürte selbst, daß da etwas schiefgegangen sein mußte. Sie tat Buße und sagte sich im Namen Jesu von dieser Erfahrung los. Da verlor sie ihre Zungengabe und bekam den Frieden und Vergebungsgewißheit wieder zurück.

B 37 In Kalifornien  es war in San Diego  kam eine Frau in die Seelsorge. Sie war in eine »Pfingstevangelisation« geraten und dort bearbeitet worden. Man sagte ihr, sie müsse die Gabe des Zungenredens haben, sonst hätte sie nicht die Fülle des Heiligen Geistes. Sie erhielt eine Handauflegung und verlor dabei ihr Bewußtsein. Von diesem Zeitpunkt an besaß sie keinen Frieden mehr. Ihr Alltag war voll merkwürdiger Angriffe und Anfechtungen, so daß sie sich selbst sagte, daß das keine biblische Handauflegung gewesen sein konnte. Sie sagte sich davon los, besuchte nie mehr diesen »Pfingstkreis« und bekam ihre ursprüngliche Heilsgewißheit zurück.

B 38 Ein krankes gläubiges Mädchen kam in ein von einem Pfingstler geleitetes Erholungsheim. Sie ging in die Sprechstunde. Es wurde unter Handauflegung mit ihr gebetet. Es trat aber keine Heilung ein. Am nächsten Tag erhielt sie vom gleichen Prediger wieder eine Handauflegung. Als abermals keine Linderung und Besserung eintrat, sagte der Prediger zu ihr: »Du hast den Teufel. Du bist besessen.« Das Mädchen ging verzweifelt heim und hatte von da an die Vorstellung, sie sei besessen. Das war eine verantwortungslose, grauenvolle Seelsorge. Ich habe noch nie einem Menschen gesagt, er sei besessen, selbst wenn ich diesen Eindruck nach langer Zeit gewonnen hatte. Wir haben gar nicht den Auftrag, eine so schwerwiegende Diagnose einem Menschen zu sagen. Wir können höchstens einen Gebetskreis bilden und den Mitbetern sagen, es liegen Symptome einer Besessenheit vor. Aber auch das habe ich bisher nicht getan. Man kann auch für einen Menschen beten, ohne ein solches Urteil über ihn abzugeben. Fuhrwerken wir nicht so mit Geistern und Dämonen herum, als könnten wir das aus dem Ärmel schütteln. Jesus hat es das Leben gekostet, mit diesen Mächten fertig zu werden. Und wer sind wir elenden Menschen?
Hüten wir uns auch vor einer okkulten Kurzschlüssigkeit und okkulten Neurose. Wir brauchen nicht gleich die Zauberei und die Dämonen verantwortlich machen, wenn in unserem Leben einiges schiefgegangen ist. Lassen wir uns auch davor bewahren, anderen Menschen auf diesem Gebiet etwas anzuhängen, was nicht erwiesen ist. Es gibt viele natürliche Zusammenhänge, die nichts mit dem dämonischen Gebiet zu tun haben. Durch Sünde und unvergebene Schuld kann man genauso unter der Macht der Finsternis stehen wie durch Zauberei.

Nach diesem notwendigen Appell müssen wir das Gespräch über die Kennzeichen der echten Besessenheit weiterführen. In meiner Seelsorge mit Besessenen in aller Welt schälten sich immer vier Hauptkriterien heraus.

a) Das Resistenzphänomen. Was verstehen wir darunter. Wenn ich einen Geisteskranken vor mir habe und ich bete mit ihm, dann beruhigt er sich. Habe ich aber einen Besessenen vor mir und bete mit ihm, dann fängt er an zu toben. Er leistet Widerstand. Er flucht, er lästert, er droht, den Seelsorger zu schlagen, wenn er nicht aufhört. Er spuckt aus. Er zerreißt die Bibel oder wirft sie weit weg. Wenn der Seelsorger Amen sagt, dann entschuldigt er sich mit den Worten: »Ich wollte das gar nicht. Ich wurde dazu gezwungen.«
Geisteskranke und Besessene haben eine völlig verschiedene Verhaltensweise.

B 39 Ein junger Mann kam in die Seelsorge. Ich zeigte ihm den Weg zu Christus und betete mit ihm. Da sprang er auf und rannte dauernd mit dem Kopf zur Wand, als wollte er sich töten. Hinterher bat er um Entschuldigung und sagte: »Ich will das nicht tun. Es kam so über mich.« Bei der Aussprache kam dann heraus, daß er im Büro eines Astrologen gearbeitet hatte. Ich nahm zwei gläubige Brüder dazu. Wir geboten den Mächten. Der junge Mann durfte frei werden.

b) Besessene fallen bei Gebet gern in Trance. Der Teufel will es nicht zulassen, daß seine Opfer das Wort Gottes und das Gebet hören, darum nimmt er ihnen bei geistlicher Betreuung einfach das
     Bewußtsein weg. Ein Geisteskranker reagiert nie in dieser Weise.

B 40 In Zürich brachte ein Prediger eine Frau in die Seelsorge. Als wir beteten, streckte die Frau die Zunge gegen uns heraus und lästerte. Wir merkten, daß sie nicht bei klaren Sinnen war. Als das Gebet beendet war, kam sie wieder zu sich und fragte: »Wo bin ich? Was ist mit mir los?« Sie hatte keine Erinnerung, was vor sich gegangen war.

B 41 Auf den Philippinen hatte ich einen Theologiestudenten in der Seelsorge. Als ich mit ihm betete und den Namen Jesu nannte, fiel er zu Boden. Eine andere Stimme schrie aus ihm: »Do not mention this name, do not mention lt. 1 cannot stand it.« (»Erwähne nicht diesen Namen, erwähne ihn nicht! Ich kann ihn nicht ertragen.«)

c) Besessene haben oft hellsichtige Fähigkeiten. Das kann sogar dem Seelsorger peinlich werden, weil es schon vorkam, daß Besessene verborgene Sünden ihrer Seelsorger aufdeckten. Ich war
     selbst Zeuge eines solchen Vorganges.

B 42 In Frankreich hatte ich eine besessene Frau zu betreuen. Ich nahm zur Unterstützung vier weitere Brüder mit mir. Plötzlich, während wir mit der Frau beteten, sprang die Besessene auf, packte einen
    der anwesenden Prediger an der Jacke und schrie: »Du Heuchler, bringe dein eigenes Leben erst in Ordnung, bevor du anderen helfen willst!«

d) Besessene sprechen manchmal in der Trance Fremdsprachen, die sie nicht gelernt haben. Das ist das stärkste Moment gegen die Theorie, diese Menschen wären nur Geisteskranke.
     Geisteskranke können nicht Fremdsprachen sprechen, die sie nicht gelernt haben.

B 43 In Neuseeland erzählte mir ein englisch sprechender Mann, daß er bei einer spiritistischen Sitzung selbst gehört habe, daß das Medium plötzlich deutsch sprach, obwohl es selbst kein Deutsch versteht.
B 44 Das brasilianische Medium Mirabelli konnte in Trance 25 Fremdsprachen sprechen.
B 45 Mein besessen gewesener Filipino sprach in Gegenwart von einigen Dozenten eine Reihe von Fremdsprachen, die er nicht gelernt hatte.

Diese Beispiele sind zugleich eine Warnung für die, die so sehr das Zungenreden betonen. Es gibt genug Besessene, spiritistische Medien, Zauberpriester, die also auch in Fremdsprachen reden, nicht durch den Heiligen Geist, sondern durch dämonische Kräfte.

Noch ein entscheidender Hinweis. Wenn ein Seelsorger, der selbst nicht wiedergeboren ist, es mit einem Besessenen zu tun hat, dann zeigen sich diese Symptome nicht. Nur was aus einer geistlichen Haltung heraus geschieht, bringt diese armen Opfer Satans in Wut, das heißt die Mächte, die in den Opfern wohnen.

3. Können Gläubige Besessene werden?

Wir stehen damit vor einer heiß diskutierten Frage. An dieser Frage entstehen immer zwei Gruppen. Im englischen und amerikanischen Raum sagen die Gläubigen: »Es ist unmöglich, daß ein Gläubiger besessen werden kann.« Sie fügen erläuternd hinzu: »Der Heilige Geist und die Dämonen können nicht miteinander in der gleichen Person existieren.« Das ist biblisch gesehen richtig. Es gibt aber viele Missionare und erfahrene Seelsorger, die berichten: »Wir haben aus unserer Arbeit Fälle, daß Gläubige besessen wurden.« Das sind die beiden Gruppen, deren Ansichten manchmal hart aufeinanderstoßen.
Auf einem Missionsfeld in Afrika hörte ich, daß ein Missionar deshalb heimgeschickt worden ist, weil er an die Besessenheit von Gläubigen glaubte. Dann wieder begegnete mir in Afrika ein Missionar, der selber 18 Monate besessen gewesen war. Er war auch einer von denen gewesen, der die Besessenheit der Gläubigen ablehnte. Durch seine persönliche Erfahrung ist er von seiner ursprünglichen Meinung und Theologie kuriert.

Von Bedeutung war mir auch die mehrfache Begegnung mit Dr. Edman, dem früheren Kanzler vom Wheaton College in USA. Er erzählte mir Beispiele aus seiner früheren Missionstätigkeit in Südamerika. Er war davon überzeugt, daß Gläubige besessen werden können.
Aufschlußreich war mir ferner die Überzeugung von Dr. Evans. Ich bin ihm zuletzt 1962 begegnet. Dieser greise Gotteszeuge stammt noch aus der Erweckung von Wales. Er vertrat auch die Meinung, daß ungehorsame Gläubige besessen werden können.  –  Ich selbst habe auf meinen vielen Missionsreisen auch solche Erfahrungen gemacht.

Gibt es eine Lösung dieses Problems? Es muß uns doch zu denken geben, daß gläubige, wiedergeborene Menschen eine so ausgeprägte gegensätzliche Meinung vertreten. Es kann doch nur eine Wahrheit geben und nicht zwei. Das heißt also, daß eine der beiden Gruppen eine falsche Meinung hat. Oder beide haben recht und sehen nur nicht die Zusammenhänge auf höherer Ebene.

Eine Beobachtung konnte ich machen. Wer die starre Doktrin verficht, Gläubige werden von der Besessenheit verschont, hat gewöhnlich keine Erfahrung mit Besessenen. Wer auf Missionsfeldern arbeitet, auf denen es viele Besessene gibt, ist gewöhnlich der Meinung von Dr. Edman, von Dr. Evans und anderer gesegneter Missionare. Der Missionar, der ursprünglich selbst die starre Doktrin verfochten hatte, sagte nach seiner eigenen Besessenheitsperiode: »Gott hat mir eine Lektion erteilt und mich von meiner starren Meinung kuriert.«

Obwohl ich mehr auf der Seite von Dr. Edman und Dr. Evans stehe, meine ich, daß es eine Vereinigung der beiden Standpunkte gibt. Im Himmel wird es sie ohnehin geben. Ich berichte einige Beobachtungen, die es uns ermöglichen, auch den starren Standpunkt zu verstehen.

a) Niemand sieht in eines Menschen Herz. Vielleicht halten wir einen Menschen, möglicherweise sogar einen Reichgottesarbeiter, für wiedergeboren, und er ist es gar nicht.

b) Wir müssen auch den Unterschied zwischen Umsessenheit und Besessenheit beachten. Vielleicht sind Gläubige nur umsessen, das heißt von Dämonen umlagert, aber nicht besessen, nicht von Dämonen bewohnt.

c) Vielleicht läßt Gott bei einem Gläubigen, der stolz, hart und hochmütig ist, eine vorübergehende Besessenheitsperiode zu, um ihn zu kurieren. So war es bei dem Missionar, der mir seine Geschichte erzählt hat.

d) Ich fand selbst in meiner Arbeit, daß Gläubige, die von einer Besessenheit befallen werden, es nur vorübergehend sind, vielleicht ein oder zwei Jahre, und dann wieder frei werden. Ungläubige können ihr ganzes Leben besessen sein.

e) Möglicherweise können wir auch das Wort von Apostel Paulus in 1. Korinther 5, 5 anwenden. Ein Gläubiger kann zum Verderben des Fleisches dem Satan übergeben werden, aber sein Geist wird am Tage des Herrn gerettet.

f) Vergessen wir auch nicht, daß es Rückfälle im Glaubensleben gibt. Wir haben das im Neuen Testament bei Hymenäus, Alexander und Demas.

Die Seelsorge zeigt manchmal, daß besondere Besessenheitsfälle gerade bei Gläubigen sehr widerspruchsvoll verlaufen. Ich will zwei Beispiele dazu geben.

B 46 Vor Jahren wurde mir von einem Prediger eine besessene Frau gebracht. In ihren Besessenheitsanfällen konnte sie schrecklich fluchen und lästern. War der Anfall vorüber, dann konnte sie inbrünstig beten und hatte großen Frieden im Herrn. Es lag also die Tatsache vor, daß sie im Besessenheitsanfall vom Teufel regiert war und nach dem Anfall vom Heiligen Geist. Das sind Geheimnisse, die wir nicht mit einer starren Doktrin abtun können. Natürlich ist es der Wille Gottes, daß diese Zwiespältigkeit, dieses Doppelleben aufhört. Ich möchte aber allen, die in ihrem Denken so unbeugsam sind, solche armen geplagten Menschen zuführen und sagen: »Nun sammle deine Erfahrungen und hilf, daß dieses Menschenkind frei wird.«

B 47 Im letzten Jahrhundert lebte in Deutschland Pfarrer Blumhardt, der in Besessenheitsfragen ganz große Erfahrung besaß. Sein Seelsorgekind war die Gottliebin Dittus, deren Geschichte veröffentlicht ist. Bei dieser Frau wechselten auch die im vorangegangenen Beispiel geschilderten Zustände miteinander ab. Sie konnte toben und in den Zwischenpausen sich an Jesus klammern. Im Verlauf dieses Kampfes von Pfarrer Blumhardt kam heraus, daß in dem Haus der Gottliebin Dittus viel Zauberei getrieben worden war.

B 48 Es ist eine Erfahrung, daß Gläubige, die aus Zauberhäusern und aus Spiritistenhäusern stammen, viel eher zu einer Besessenheit neigen als andere Gläubige. Ich bin schon manchmal in solche Häuser und zu solchen Menschen gerufen worden.

Die furchtbarste Geschichte in dieser Hinsicht erlebte ich auf den Philippinen. Ein Theologiestudent, der ein Jahr zuvor gläubig geworden war, wurde besessen. Als ich mit ihm betete, schrie eine derbe Stimme aus ihm: »Er gehört uns. Seine ganze Familie gehört uns schon 300 Jahre!« Ich antwortete: »Nein, er gehört dem Herrn Jesus, dem er sich ausgeliefert hat.« Die Stimmen antworteten: »Nein, seine Vorfahren haben sich uns verschrieben. Wir haben das Recht auf ihn.« Die Unterredung mit dem unglücklichen Studenten ergab, daß alle seine Vorfahren Zauberei getrieben und teilweise auch Blutsverschreibungen an den Teufel durchgeführt hatten. Das war also der Grund, warum der Student trotz der Bekehrung besessen wurde.

Paulus sagt in 1. Korinther 15, 9: »Unser Wissen ist Stückwerk.« Die volle Wahrheit werden wir in der Ewigkeit finden. Weil wir das wissen, sollten wir aber nicht den Bruder verdammen, der in einigen Punkten anders denkt als wir. In der Besessenheitsfrage ist das ohnehin nicht nötig. Es gibt genug Gesichtspunkte, die es uns ermöglichen, den Standpunkt beider Gruppen zu begreifen. Es ist ein Unterschied zwischen der Besessenheit der Ungläubigen und der Gläubigen. Bei den Gläubigen ist ein solcher Besessenheitszustand vielleicht nur eine stärkste Form der Heimsuchung und der Anfechtung, die einmal vorübergehen wird. Aber leider gibt es solche Heimsuchungen.


B. BIBLISCHE HEILUNGEN

I. Die Bedeutung der Medizin

Wer über biblische Heilungen zu sprechen hat, darf die ärztliche Kunst nicht übergehen. Gott hat uns Verstandesgaben gegeben, die wir nach seinem Willen entfalten und anwenden sollen. Ich habe von der medizinischen Wissenschaft eine sehr hohe Meinung, denn sie steht im Dienst am Menschen. Es ist nicht erforderlich, auf die besonderen Verdienste dieser Wissenschaft hinzuweisen. Vor Jahren erregte beispielsweise die erste Herztransplantation durch Prof. Barnard weltweites Aufsehen. Wir leben inzwischen in einer Ära der Organverpflanzungen und des Organersatzes.

Ein kleiner Junge, dessen Herz zum Schlagen zu schwach ist, lebt schon einige Jahre mit einem elektrischen Pulsator, der mit Leukoplast auf die Brust geklebt ist. Das Gerät gibt dem Herzen dauernd Stromstöße, so daß es nicht aussetzt. Ein amerikanischer Arzt setzte einem Patienten eine Plastikpumpe ein, die das Herz ersetzen soll. Ein mir bekannter Deutscher, der im letzten Krieg seinen Arm verloren hat, reiste nach Moskau und ließ sich einen Arm ansetzen. Welche Wohltat für den Mann, der 25 Jahre auf fremde Hilfe angewiesen war und sich jetzt selbst wieder versorgen kann. Hände, Arme, Beine, Nieren, Herzen, Augen, ja sogar Leber und Lunge und anderes werden verpflanzt. Ein Segen Gottes für alle verkrüppelten Menschen. Wir müssen dem Schöpfer dankbar sein, daß er dem Menschen solche Gaben der Weisheit geschenkt hat.

Natürlich tauchen bei den Gläubigen verschiedene Fragen auf. Verändert sich nicht unser seelisches Gefüge, wenn wir zum Beispiel bei einer schweren Verletzung auf einmal einige Liter Blut von anderen Menschen erhalten. Es wies mich jemand auf die Bibelstelle hin: »Denn des Leibes Leben ist im Blut« (3. Mose 17, 11). Soviel ich orientiert bin, gibt es auch Bibelforscher, die aus diesem Grunde Bluttransfusionen ablehnen. Eine ähnliche Frage taucht bei einer Herzverpflanzung auf. Dr. Blaiberg ist gefragt worden, ob er sich in seinem Denken und Fühlen verändert hätte. Er antwortete: »Nein.« Die Ärzte haben allerdings bei verschiedenen Herzverpflanzungen die Beobachtung gemacht, daß manche Patienten sich seelisch veränderten. Sie führen das aber auf organische Ursachen zurück. Wir könnten die Reihe fortsetzen und sagen: »Der Mann mit dem russischen Arm aus Moskau weiß nicht, was dieser fremde Arm schon alles angerichtet hat. Vielleicht war es der Arm eines Mörders oder eines Folterknechtes, der Jünger Jesu im Gefängnis gequält hat.«
Mir sind alle solche Sorgen ängstlicher Gemüter bekannt. Ich würde sagen, wir dürfen als Christen aus allem ein Gebet machen. Ich würde mir auch einen fremden Arm annähen lassen, und ich hätte auch die Freiheit, vor meinem Tode zu bestimmen, daß die verwendbaren Teile meines Körpers nach meinem Tode anderen Menschen zugute kommen. Die Seele ist ja unabhängig von der Preisgabe einiger Körperteile. Es wäre mir geradezu eine Freude, wenn ich etwa einem Erblindeten ein Auge vermachen könnte. Gott ist ein barmherziger Gott, daß er die medizinische Wissenschaft so weit hat kommen lassen. Die Galater wären damals auch bereit gewesen, dem Apostel Paulus ein Auge zu vermachen (Gal. 4, 15), wenn es wie heute möglich gewesen wäre.

II. Die Hauptsache zuerst

Einer meiner langjährigen Freunde ist Hans Bruns. Er pflegte manchmal zu sagen: »Die Hauptsache ist, daß die Hauptsache die Hauptsache bleibt.« Man kann dieses Slogans schnell überdrüssig sein. Ist er deshalb etwa weniger wahr? Was ist die Hauptsache? Fast alle Menschen sagen: die Gesundheit. Daher auch die gedankenlose Redewendung bei einer Begrüßung: »Wie geht’s? Alles gesund?«  »Ja.«  »Nun, das ist die Hauptsache.« Nein, sie ist es nicht!

Wir leben in einer Zeit, da der Materialismus seine größten Triumphe feiert. Der Mensch opfert alles für seine Existenz. Er bringt jedes Opfer für seine Gesundheit – und vergißt dabei die Hauptsache: die Existenz vor Gott.

Die Geschichte vom Gichtbrüchigen in Markus 2 kann uns die rechte Ordnung beibringen. Jesus sagte dem kranken Mann zuerst: »Deine Sünden sind dir vergeben.« Erst dann rührte er ihn an und sprach: »Steh auf, nimm dein Bett und wandle!«

Vergebung der Schuld ist das Hauptproblem und nicht die Heilung. Den gleichen Tatbestand haben wir auch in Jakobus 5, 14. Dort wird zweimal von Heilung und Hilfe, aber auch zweimal von Vergebung der Sünde gesprochen.

Eine Heilbewegung, die nicht Bußbewegung ist, verläuft in unbiblischen Formen. Diese Gefahr bestand zuerst auch in der wundervollen Erweckungsbewegung auf der Insel Timor. Gott hat damals im Juli 1965 zur rechten Zeit den deutschen Missionar Detmar Scheunemann gesandt, den Gott gebrauchte, um die Heilungsbewegung in biblische Bahnen zu lenken.

Manchmal erteilt uns Gott selbst diese klare Lektion vom Übergewicht der Vergebung gegenüber der Heilung. Drei kurze Beispiele sollen es zeigen.

B 49 Eine Bauersfrau lag im Sterben. Sie begehrte einen Seelsorger, weil sie zu beichten wünschte. Sie besaß aber kein rechtes Vertrauen zu ihrem Dorfpfarrer, weil sie von ihm nicht den Eindruck hatte, als stände er selber richtig im Glauben. Da schenkte es Gott, daß ein gläubiger Mann in ihrer Gegend seinen Urlaub nahm. Sie ließ ihn kommen und legte eine zweistündige Beichte ab. Danach war sie bereit zu sterben. Doch es kam anders. Als jener gläubige Bruder wieder zum Hof kam, stand die Bäuerin im Hof und sah ihn strahlend an. Er traute seinen Augen nicht. Was war geschehen? Nach der Vergebung der Sünde hatte der Herr auch den kranken Leib angerührt und sie geheilt. Um Heilung war es aber bei der Beichte nicht gegangen.

B 50 In Südafrika suchte mich eine Frau auf. Sie erzählte, daß sie sterben müßte. Sie habe Krebs mit fortgeschrittenen Metastasen. Unter dem Eindruck des zu erwartenden Todes beichtete sie alle Sünden. Sie legte dann ihr Schicksal getrost in die Hände des Herrn. Sie war gar nicht gekommen, um für ihre Heilung beten zu lassen. Ich stand aber doch unter dem Eindruck, daß ich das tun sollte. Ich zog einen gläubigen Bruder hinzu, und wir beteten mit der Frau nach Jakobus 5,14. Danach reiste ich ab und hörte lange Zeit nichts mehr von dieser Frau. Nach eineinhalb Jahren schrieb mich der andere Bruder an und berichtete, daß jene Frau nicht gestorben sei, sondern vom Herrn angerührt worden wäre. Sie sei genesen. Also folgte auch hier nach der Sündenvergebung die Heilung! So hatte der Herr in diesen Fällen gehandelt. Ich besitze nicht die Gabe der Krankenheilung. Wenn in meinem Dienst gelegentlich solche Dinge sich ereignet haben, dann hat es der Herr von sich aus um jener leidenden Menschen willen getan zur Verherrlichung seines Namens.

B 51 Ein ganz neues Beispiel, das ich erst unmittelbar vor Niederschrift dieses Buches erfuhr, liegt auf der gleichen Ebene.

Vor etwa acht Jahren kam ein aktiver Besprecher zu mir in die Seelsorge. Er lag in der Sakristei einer Kirche auf den Knien, beichtete seine Sünden und bat Gott um Vergebung. Ich habe selten einen Mann so erschüttert und verzweifelt Gott anrufen hören. Er durfte damals bei dieser seelsorgerlichen Unterredung frei werden. Jetzt, ganz kurz vor der Niederschrift dieses Berichtes, suchte er mich auf. Nach diesen langen Jahren habe ich ihn nicht wiedererkannt. Er berichtete, daß er heute noch in der Nachfolge Jesu stehe. Er müsse mir aber noch einen anderen Teil seiner Geschichte erzählen. Als er damals zu mir gekommen war, litt er unter einer doppelseitigen Lungentuberkulose. Es war rapide mit ihm abwärtsgegangen. Nach einer Beichte und Umkehr war die tödliche Krankheit zum Stillstand gekommen. Dieser Heilerfolg hielt an. Jetzt erst nach so vielen Jahren durfte ich das erfahren. Preis dem Herrn, der barmherzig ist. Dieser Mann hatte mir damals gar nichts von seiner Krankheit gesagt. Er war um seiner furchtbaren Sünden willen gekommen. Der Herr vergab ihm – und heilte ihn.

Biblische Ordnung ist: das Heil der Seele geht über die Heilung des Leibes. Jesus sagte in der Bergpredigt: »Ärgert dich deine Hand, so haue sie ab. Ärgert dich dein Auge, so reiß es heraus!« Besser einarmig und einäugig ins Reich Gottes gehen, als mit gesundem Leib in die Hölle fahren. Wir können auch als Krüppel und als Unheilbare die Herrlichkeit Gottes in unserem Leben erfahren. Wir müssen nicht unter allen Umständen gesund sein. Die Nähe des Herrn, die Kraft seines Wortes, der Zuspruch des Heiligen Geistes ist mehr als die Gesundung des Leibes. Es geht um die Erfüllung des Willens Gottes in unserem Leben und nicht um die Erfüllung unserer Wünsche. Man kann auch als kranker Mensch mächtig von Gott gebraucht werden.
Sündenvergebung muß sein,
Krankenheilung kann sein.

III. Jesus, der Arzt der Unheilbaren

Alles, was in diesem Kapitel über biblische Heilungen geschrieben wird, hat nicht den Sinn, Sensationen um Heilungen aufzutischen, sondern den Herrn Jesus zu verherrlichen. Manchmal ist es besser, man gibt keine großen Berichte in der Öffentlichkeit, weil sonst das Handeln Gottes entweiht wird. In diesem vorliegenden Buch mußten aber, um das Volk Gottes zu warnen, so viele dämonische Dinge berichtet werden, so daß es unerläßlich ist, auch die positive Seite zu bringen. Sonst sieht es ja aus, als ob der Teufel das Feld beherrsche.

Wenn ich nicht um den Sieg Jesu wüßte, wäre dieses Buch überhaupt nicht geschrieben worden. Seit Jahren ist mir das Siegeslied von Pfarrer Blumhardt zur Parole geworden:
Daß Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht.
Sein wird die ganze Welt. Von diesem Triumph Jesu über alle Macht der Krankheit und der Finsternis zeugen die folgenden Beispiele. Sie stammen wiederum aus meinem eigenen Bekanntenkreis und von Missionsfeldern, die ich besuchen durfte.

B 52 Zuerst dieses Beispiel aus England. Es ist gut zu erfahren, daß dieses Land nicht nur eine Unmenge »Geistheiler« und unbiblische Extremisten besitzt, sondern auch nüchterne, treue Boten Jesu. Ein Baptistenprediger, Rev. S., hatte mich eingeladen, in seiner Kirche fünf Vorträge zu halten. Bei dem Aufenthalt in seinem Hause schilderte er mir die Krankengeschichte seiner Frau. Sie hatte sich zwei Jahre zuvor einer Krebsoperation unterziehen müssen. Der Krebs wucherte aber weiter. Die Metastasen zogen den Kopf hinauf und erfaßten den Kehlkopf. Die Stimmbänder versagten. Schließlich wurde das Gehirn betroffen. Die Patientin wurde daraufhin bewußtlos. Die Ärzte erklärten dem bestürzten Ehemann, es sei alles aussichtslos. Die Frau war bereits vier Wochen bewußtlos gewesen, da erlangte sie für einige Augenblicke die Besinnung. Sie bat ihren Mann, man möchte zwei Älteste von der Gemeinde rufen und mit ihr nach Jakobus 5 unter Handauflegung beten. Ihr Wunsch wurde erfüllt. Ihr Mann und die zwei Ältesten beteten mit ihr unter Handauflegung. Es trat sofort eine Änderung in ihrem Befinden ein. Sie behielt das Bewußtsein. Ihre Stimme kam wieder. Sie durfte genesen. Ich lernte die Frau kennen. Sie ist frisch, gesund und aktiv. Ihr Mann und die geheilte Frau haben mit den Pfingstgemeinden nichts zu tun. Hier hat der Herr Jesus seinen Namen verherrlicht. Jesus ist die große Chance, die wir haben.

B 53 In Nigeria war ich auf Stationen der Ibos, dem heutigen Biafra, und im Stamm der Izi. Ich erfuhr bei dieser Missionsreise von der wunderbaren Heilung eines eingeborenen Pastors. Er war lungenkrank gewesen und hatte auf den Tod darniedergelegen. Die Röntgenaufnahme zeigte, daß beide Lungenflügel voll mit Blut waren. Die Ärzte rechneten mit seinem Tod in zwei bis drei Tagen. Sie erklärten, dieser Mann ersticke in seinem eigenen Blut. Der Schwerkranke ließ den Missionar, meinen Berichterstatter, kommen und sagte ihm: »Ich stehe unter dem Eindruck, daß ich nicht sterben muß. Mir ist es, als ob es nur ein Angriff der finsteren Mächte sei. Bitte gebiete diesen Mächten.« Der Missionar zögerte, weil er den Ärzten mehr vertraute als dem einheimischen Bruder. Es widerstrebte ihm auch, im Fall einer schweren Erkrankung zu gebieten. Der Patient drängte ihn aber. Da ließ der Missionar sich nötigen. Er betete etwa in folgendem Sinn: »Herr Jesus, wenn dieser kranke Bruder recht hat und nur ein dämonischer Angriff vorliegt, dann befreie du ihn. Vergib mir, wenn ich töricht bete.« Dann gebot der Missionar den Mächten, obwohl er darüber Zweifel im Herzen hatte. Was geschah? Der Schwerkranke erbrach nach dem Gebet eine Unmenge Blut. Der Arzt wurde gerufen, der meinte, es sei das Ende. Der Kranke starb aber nicht, sondern genas. Einige Tage später wurde eine neue Röntgenaufnahme gemacht. Es war ein Wunder geschehen. Die riesigen Kavernen der Lunge waren geschlossen. Der Todeskandidat starb nicht, sondern war durch den Arm des Herrn geheilt.
Nachmachen dürfen wir das nicht. Wir können den Herrn nicht zwingen, daß er bei jedem Lungenkranken das gleiche tut. Er ist souverän. Er bestimmt, wen er heilen will, nicht wir. Vor allem dürfen wir aus diesem Sonderfall nicht das Recht ableiten, nun an Krankenbetten zu gebieten, wie es häufig durch Geschwister extremer Kreise geschieht.

B 54 Manchmal sind seelische Erkrankungen genauso kompliziert, ja oft noch schlimmer als organische Leiden. Darum wird hier noch ein Erlebnis aus Nigeria wiedergegeben. Eine Missionarin bekam eine religiöse Zwangsneurose. Wenn sie schlafen wollte, bekam sie von einer inneren Stimme den Befehl: »Stehe auf und bete!« Weil die Missionarin das für die Stimme des Herrn hielt, stand sie auf. Kaum hatte sie sich dann wieder zur Ruhe begeben, kam der neue Befehl: »Stehe auf und lies die Bibel!« Sie tat es. Die vielen Befehle, die folgten, ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Auch tagsüber wurde sie von den gleichen Zwangsvorstellungen und antrieben geplagt. Schließlich traten noch Lästergedanken auf. Schreckliche Verwünschungen und schmutzige Gedanken quälten sie. Missionare und Freunde besuchten sie und beteten für sie. Die Missionsärzte sprachen davon, daß die Kranke in eine Heilanstalt eingeliefert werden müßte. Einem der Missionare war der ganze Vorgang nicht geheuer. Er vermutete einen Angriff der Finsternis, und zwar deshalb, weil auf ihrem Missionsgebiet sehr viel Zauberei geübt wurde. Er wagte es aber nicht, der geplagten Frau so etwas zu sagen. Schließlich betete er: »Herr Jesus, ich weiß nicht genau, was mit dieser Schwester los ist. Du weißt es. Wenn sie von Dämonen geplagt ist, dann befreie sie.« Dann gebot er im Namen des Herrn. Die Frau geriet in Zuckungen und machte würgende Bewegungen, als müßte sie erbrechen. Danach wurde sie ruhig. Sie konnte in der folgenden Nacht zum ersten Mal ruhig ohne Störungen schlafen. Ihr alter Zustand mit Zwangsantrieben kam nie wieder. Sie war und blieb gesund.

Auch diese Heilung ist ein Geschenk des Herrn und darf nicht zur Schablone gemacht werden. Es gibt genug Zwangsneurosen, die nicht Ausdruck einer dämonischen Belastung sind. Lassen wir uns vor Kurzschlüssen bewahren. Um der Wahrheit willen muß ich aber bekennen, daß ich seit Jahren viele Zwangsneurosen im Gefolge von Zaubereisünden vorfand. Es müssen nicht immer eigene Zaubereisünden sein. Nein, es können auch Belastungen von den Vorfahren her sein oder, wie im vorliegenden Fall, eine heidnische Umgebung mit einer starken Verseuchung durch Magie.
Durch alle diese Beispiele geht der Ton des Sieges. Der Mann vom Kreuz ist jeder Situation gewachsen. Sein ist die Macht. Das soll uns Mut machen, es mit dem zu halten, dem der Vater im Himmel alles unter die Füße gegeben hat.

Weil das Heilungsgeschehen oft in unbiblische Bahnen einmündet, muß hier betont werden: das Bekenntnis und die Vergebung der Schuld ist in den meisten Fällen die Voraussetzung, daß der Herr an einem Kranken etwas tut. Es kommt selten vor, daß der Herr einen Ungläubigen anrührt. Und doch habe ich solche Beispiele.

B 55 Ein schwerkranker Moslem in Malaysia suchte Hilfe bei den Christen. Der Moslempriester hatte ihm nicht helfen können. Die Christen redeten mit ihm über Jesus. Dann beteten sie mit ihm. Der Herr erhörte das Gebet seiner Kinder. Der Moslem wurde geheilt. Die Christen suchten ihn dann auf und baten ihn: »Da nun Jesus dich geheilt hat, bitte, folge ihm nach.« Der Moslem antwortete: »Ich wollte nur gesund werden. Jesus kann ich nicht annehmen.« Die Folge war, daß die alte Erkrankung wiederkam. Ein zweites Mal wurde er nicht durch Gebet geheilt. Jesus läßt nicht mit sich spielen. Vergessen wir bei diesen Beispielen nicht, daß auf den Missionsfeldern noch ursprünglichere Verhältnisse herrschen als in der müde gewordenen alten Christenheit.

IV. Die Herrlichkeit der Leidenden

Leid und Krankheit stellen viele Klassen in Gottes Schule dar. Wir kennen:

1. Leid als Strafgericht!  –  Wer sich von Gottes Güte nicht leiten läßt, muß manchmal die Rute des Zornes spüren. Wer sich in der Arbeit und Hetze des Lebens verliert und keine Zeit für seine eigene Seele hat, wird manchmal vom Herrn in die Stille des Krankenzimmers geführt, um sich selbst und Gott zu finden.

2. Leid als Lehrstunde in Gottes Plan!  –  Der Selbstbewußte, der im Vollgefühl der eigenen Kraft durchs Leben stürmt und die Alltagsprobleme meistert, erhält gelegentlich ein Stoppschild vor die Nase gesetzt, damit er zur Besinnung kommt. Die Härte in der eigenen Natur und Unverständnis für Kranke wird vom Herrn gern dadurch korrigiert, daß seine Hand uns einfach zerbricht. Ich kenne einen alten Evangelisten, der in seinem Leben nie krank war. Er war dafür bekannt, daß er die Kranken barsch anfuhr. Gott warf ihn eines Tages mit einer Lawine zu Tal, um ihn Barmherzigkeit zu lehren.

3. Leid als Bewahrung!  –  Wie viele plötzliche Erkrankungen bergen einen geheimen Segen in sich. Nur der Herr weiß, welch größerem Unheil wir dadurch entgangen sind.

4. Leid als Ausreifungsprozeß!  –  Die Diamanten entstehen unter großem Druck. Und auch dann sind sie noch keine glitzernden Edelsteine. Sie werden von Meisterhand sorgfältig geschliffen, bis sie das kostbarste Juwel sind, für das wir sie kennen.

5. Leid als Schule der Heiligung!


B 56 Das Erschütterndste und Herrlichste zugleich erlebte ich an dem Krankenbett einer 78 jährigen Christin. Als junges Mädchen war sie verlobt. Sie war damals schon gläubig. Durch eine schwere, hoffnungslose Krankheit ans Bett gefesselt, ging ihre Verlobung in die Brüche.

Da sie nur wenige Jahre in ihrem Beruf tätig gewesen war, weigerte sich die Krankenversicherung sehr bald, für die Arztkosten aufzukommen. Dazu wurde ihr Zustand so schlimm, daß sie ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Niemand bezahlte ihre Rechnungen. Der Chefarzt und der Verwalter des Krankenhauses waren aber Menschen mit Herz und nicht sture Paragraphenreiter wie die Versicherung. Die Kranke wurde stillschweigend geduldet, obwohl niemand die Rechnungen zahlte. Wie lange wurde sie geduldet? Bei der Nennung der Zahl wird einem schwindlig. Vier Monate? Nein. Vier Jahre? Nein.  Vierzig Jahre wurde sie in aller Ruhe als der große Sonderfall des Krankenhauses aus Barmherzigkeit durchgeschleppt. – Wie möchte ich diesen verantwortlichen Männern dafür danken.

Dann übernahm ein anderer Arzt die Leitung des Krankenhauses. Er stand vor der Kranken und begann zu rechnen: 365 Verpflegungstage im Jahr. Arzt und Laborrechnungen, Medikamente. Das ist ja niemand zuzumuten. »Haben Sie Verwandte?« fragte der neue Chefarzt. »Nein.«  »Haben Sie Freunde?«  »Ja.« »Nun, dann verständigen Sie Ihre Freunde, daß man Sie holt. Sie können nicht mehr hierbleiben.«  –  Es gab bei der Kranken eine lange, schlaflose und gebetsreiche Nacht. »Herr Jesus, ich habe nur dich. Hast du keinen Platz für mich? Kannst du mich nicht heimholen?«

Freunde holten sie. Wiederum ein großes Opfer der Nächstenliebe. Im Haus dieser gläubigen Familie besuchte ich die gelähmte Kranke. »Wie lange sind Sie jetzt krank?« wollte ich wissen. »54 Jahre.« Zur Zeit meines Besuches war es gerade die Zahl meines Alters.

Staunend saß ich an diesem Bett. Kein Wort der Klage! Ich hatte eine Beterin vor mir. Vom Leid gezeichnet und zugleich für die himmlische Herrlichkeit zubereitet! Die Herrlichkeit Gottes warf aber ihr Licht auf diese Seele, dieses Krankenstübchen voraus. Nie in meinem Leben habe ich ein solches Krankenlager gesehen. Ich war der Gesegnete. Sie trieb Seelsorge an mir. Wie verblaßt das Leben und das Werk eines Reichgottesarbeiters, dessen Alltag randvoll ausgefüllt ist, vor diesem schlichten Kind Gottes! Zur Zeit der Niederschrift dieses Buches war diese Glaubensschwester noch am Leben. Haben die Leser dieses Buches nicht einen Augenblick Zeit, um Gott für die eigene Gesundheit zu danken?

Nach menschlicher Meinung hat die Kranke am Leben vorbeigelebt: Verlust des Verlobten, Verlust der Gesundheit, Verlust der Existenz, Verlust der körperlichen Bewegungsfreiheit, jetzt nunmehr ein Menschenalter ans Bett gefesselt  und doch liegt Herrlichkeit über diesem Leben, die Herrlichkeit des Mannes, der auf dem Weg nach Golgatha unter dem Kreuzesbalken zusammenbrach; die Herrlichkeit dessen, dem man Füße und Hände durchbohrte.

Strahlt dieses Leben der Herrlichkeit Jesu nicht mehr aus als hundert wunderbare Glaubensheilungen? Wieviel Segen Gottes verlieren wir, wieviel Herrlichkeit verpassen wir, wenn wir meinen, wir müßten alles wegbeten. Die Übereinstimmung mit dem Willen des Herrn ist mehr als das dauernde Anhalten um Heilung, obwohl wir das auch dürfen; denn Gott ist barmherzig.

C. BIBLISCHE BEFREIUNG

I. Voraussetzungen für die spezielle Seelsorge


1. Der Sieg des Namens Jesu

Es wäre völlig unmöglich, auf dem Gebiet der okkulten Belastungen Seelsorge zu treiben, wenn nicht diese dunklen Mächte durch Jesus am Kreuz entmachtet worden wären. Paulus triumphiert in Kolosser 2, 15: »Christus hat die Finsternismächte entlarvt. Er hat die Dämonen entmächtigt, und er zieht die Gewaltigen im Triumphzug hinter sich her.«

Dieser Tatsache gegenüber kann man eine dreifache Position beziehen.

a) Die einen schießen zu kurz und nehmen diesen Sieg Jesu nicht ernst. Sie sind gequält von Dämonenfurcht.

b) Die anderen schießen zu weit. Sie erklären: Christus hat diese Angelegenheit für uns erledigt. Darum geht uns das alles nichts mehr an. Und Millionen von Menschen liegen in ihren Banden und kommen nicht los. Wie falsch die zweite Gruppe liegt, zeigt sich an folgender Überlegung: Christus hat den Tod überwunden, also braucht niemand mehr sterben. Christus hat unsere Krankheit getragen, also gibt es keine Krankheit mehr. Mit solchen Doktrinen kommen wir nicht weiter. Diese Theologie liegt fast auf der gleichen Linie wie die andere: Ein Christ kann nicht mehr umsessen oder besessen sein.

c) Die dritte Gruppe weiß um den Sieg und realisiert ihn. Sie weiß aber auch um die erbitterten »Nachhutgefechte«, die Satan uns noch leistet. Der Christ muß in der biblischen Schußlinie liegen und kein zu kurzes noch zu langes Visier haben.

B 57 In Japan war ich Gast bei Dr. Eitel. Er hat früher in China gearbeitet. Eines Tages war er zu einer kranken Frau gerufen worden. Als er das Gehöft der betreffenden Familie betrat, war der Taopriester gerade dabei, ein Huhn zu schlachten, um mit dem Blut die bösen Geister zu vertreiben. Als Dr. Eitel in das Haus eintreten wollte, sprang ihm eine Frau mit aufgelöstem Haar und wirrem Gesichtsausdruck entgegen. Mit hervorquellenden Augen wollte sie ihn wie ein Raubtier anfallen. Dr. Eitel hatte keine Zeit mehr zum Beten. Er rief nur aus: »Jesus ist Sieger!« Die Angreiferin sackte zusammen und blieb am Boden liegen. Der Kampf war beendet. – Das ist der Sieg und die Kraft des Namens Jesu.

B 58 Eine Missionarin auf Neuguinea trat in einem ihr bisher unbekannten Dorf in ein großes Haus, das am Dorfeingang stand. Ohne es zu wissen, war sie bei dem Oberzauberer eingekehrt. Der Zauberer hockte am Boden und sah die Eintretende mit einem furchtbaren Blick an. Die Missionarin erkannte sofort die unheimlichen Mächte, die von diesem Mann ausgingen. Sie betete unablässig um den Schutz Jesu. Es war ein geistiges Duell. Schließlich konnte die Missionarin ausrufen: »Jesus ist Sieger!« Der Zauberer sackte zusammen und fiel flach auf den Boden. Der Kampf war beendet.

Jesu, hilf siegen, du Fürste des Lebens;
 sieh, wie die Finsternis dringet herein;

wie sie ihr höllisches Heer nicht vergebens 
mächtig aufführet, mir schädlich zu sein.

Satan, der sinnet auf allerhand Ränke,
 wie er mich sichte, verstöre und kränke.


2. Auftrag und Ausrüstung zu diesem Dienst

Der Apostel Jakobus schreibt (3, 1): »Es unterwinde sich nicht jedermann, Lehrer zu sein.« Eine solche Aussage gilt noch mehr für das okkulte Gebiet. Es dränge sich niemand dazu. Es ist noch Zeit genug, wenn uns Gott solche Belastete vor die Türschwelle legt.

Für die Seelsorge an okkult Belasteten braucht man einen Auftrag und eine Ausrüstung.

B 59 Ein Bekannter von mir war ein gläubiger Arzt. Nachdem er mein Buch »Seelsorge und Okkultismus« gelesen hatte, meinte er, auf diesem Gebiet arbeiten zu müssen. Er trieb Seelsorge an Okkulten. Nach einem Jahr verlor er den Verstand und irrte als Geisteskranker in den Wäldern umher.

B 60 Bei einer meiner Vortragstouren in Japan erzählte mir Missionar Carroll von einem jungen Missionar. Der noch unerfahrene Mann betrat einen heidnischen Tempel. Er war der Meinung, er müsse die heidnische Atmosphäre des Tempels von den bösen Geistern reinigen. Er gebot im Namen Jesu. Darüber ist er zerbrochen. Die älteren Missionare mußten ihn in eine Heilanstalt verbringen.

B 61 Ein anderer, ebenfalls noch unerfahrener Missionar, mietete sich gegenüber einem Shintoschrein ein Häuschen. Er sah es als seine Aufgabe an, für alle zu beten, die den Shinto besuchten, um dort anzubeten. Darüber verlor der Missionar den Verstand. Er bekam Tobsuchtsanfälle und mußte in einer Zwangsjacke von Japan nach USA zurückgebracht werden.

Ohne Auftrag sollte man sich auf dem Gebiet des Dämonischen und Okkulten nicht zu weit hinauswagen. Es gibt gewisse Regeln, die beachtet werden sollten.

Menschen mit einem sehr sensiblen Nervensystem oder gar einer eigenen okkulten Belastung sollten nicht auf diesem Gebiet arbeiten. Junge Anfänger und Mädchen sollten sich zurückhalten. Es ist natürlich eine andere Sache, wenn keine erfahrenen Brüder da sind. In diesem Fall müssen eben auch Frauen und Mädchen an die Front.

Als Ausrüstung unbedingt erforderlich ist eine klare Bekehrung und Wiedergeburt durch den Heiligen Geist und ein ausgedehntes Gebetsleben. Wir sollten auch dauernd den Herrn um eine geistliche Vollmacht bitten. In Lukas 9, 12 wird berichtet, wie der Herr Jesus seinen Jüngern eine dreifache Vollmacht erteilte. Darunter war die Vollmacht, die Dämonen auszutreiben. Der Seelsorger auf diesem Gebiet muß ein gesundes, nüchternes, biblisches Glaubensleben haben. Schwarmgeister, Extremisten, Zungenredner und okkulte Neurotiker sind auf diesem Gebiet ungeeignet. Natürlich wird eine solche Aussage Staub aufwirbeln. Warum soll sich aber die Wahrheit verbergen? Die Zungenredner der Gegenwart sind Menschen mit einem sensiblen Nervensystem, das für harte Kämpfe nicht geeignet ist. Der Wert einer medizinischen Ausbildung wurde schon betont.


II. Stationen der Beratung

In den folgenden Abschnitten wird ein systematischer Aufbau der Seelsorge an Okkulten gegeben. Man könnte dadurch zu dem Trugschluß verleitet werden, als handle es sich um ein System, eine Schablone, eine Methode. Nein, darum geht es nicht! Der Heilige Geist braucht keine Schablone. Er kann alle unsere Überlegungen wegfegen und in einem Augenblick direkt helfen. Ich war selbst Zeuge eines solchen Geschehens.

B 62 Als ich in Auckland (Neuseeland) arbeitete, suchte mich ein Missionar auf. Er fragte mich: »Kennen Sie mich?« Ich verneinte. Dann berichtete er: »Vor sechs Jahren waren Sie in Australien. Ich wollte Sie seelsorgerlich sprechen. Sie waren aber gerade dabei, für die Abreise die Koffer zu packen. Sie wollten zum Flugplatz. Beim Packen hörten Sie meine okkulte Geschichte. Sie hatten nur noch Zeit, mit mir zu beten. Seit diesem Augenblick bin ich frei.« Der Herr Jesus hat das getan, weil er sah, daß für eine lange Unterredung keine Zeit mehr war.

Denken wir also nicht, daß der Herr unsere oft umständliche Art der Seelsorge nötig hätte.

Langjährige Erfahrung in der Seelsorge zeigte mir aber, daß so rasche Befreiungen sehr selten sind. Darum müssen wir sorgsam auf alles achten, was die Heilige Schrift uns als Hilfe für die okkult Belasteten anbietet. Manchmal geht der Kampf um eine Befreiung nicht einige Minuten oder Stunden, sondern Jahre.

1. Nur Jesus ist der Befreiungsweg

B 63 Ein Student saß mit Depressionen und Lebensunlust vor mir. Ich versuchte, ihm den Weg zu Jesus zu zeigen. Er konnte und wollte diesen Weg nicht gehen. Darum war ihm auch mit seinen Depressionen nicht zu helfen.

Jesus sagt in Matthäus 11, 28: »Her zu mir, die ihr euch abquält und die ihr belastet seid!« Her zu mir! Wer diesem Ruf nicht Folge leistet, der kommt aus seinen okkulten Bindungen nicht heraus.

B 64 Nach einer Versammlung kam eine junge Frau in die Sakristei zur Seelsorge. Sie erklärte: »Ich habe diese Belastungen, von denen Sie sprachen. Helfen Sie mir heraus.«  »Wie stehen Sie zu Jesus«, wollte ich wissen. Da wurde sie zornig und sagte: »Ich will gesund werden, lassen Sie mich mit Ihrem Jesus in Ruhe!« Sie verließ erregt die Sakristei. Es konnte ihr nicht geholfen werden.

Bei einer okkulten Belastung hilft keine Psychiatrie, keine Tiefenpsychologie, keine Psychotherapie. Es hilft kein autogenes Training, kein Meditieren noch Joga. Es hilft kein Buddhismus, kein Hinduismus, kein Islam.  –  Nur einer hilft: Jesus.
Wer nicht zu ihm kommen will, der geht traurig davon wie der reiche Jüngling, der den Schritt nicht wagen wollte. Die Apostelgeschichte sagt (4, 12): »Es ist in keinem anderen Heil. Es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen errettet werden  als der Name Jesus.«

2. Alle Zaubergegenstände müssen vernichtet werden

Bei der großen Erweckung, die Paulus in Ephesus erlebte, brachten die Neubekehrten ihre okkulten Bücher zusammen und verbrannten sie (Apg. 19, 19).

Bei der Erweckung auf der indonesischen Insel Timor brachten die Bewohner haufenweise ihre Fetische und Zaubergegenstände zusammen und vernichteten sie. Zauberbücher und Zaubergegenstände sind ein verborgener Bann. Wer diesen Bann nicht zu lösen bereit ist, der kommt nicht aus dem Einfluß der finsteren Macht heraus.

B 65 Ein junger Mann wollte sich für Christus entscheiden und war bereit, seine spiritistischen Bücher zu verbrennen. Er kam nicht los. Die Brüder beteten immer wieder mit ihm. Er kam nicht frei. Da besuchten ihn zwei Brüder in seiner Wohnung. Sie entdeckten auf dem Bücherbrett noch einen Lederband mit Jakob Lorbers Schriften. Der junge Mann hing an diesem Lederband mit Goldschnitt und Goldprägung. Aber das war der Bann. Er gab ihn heraus und wurde frei.

Bei manchen Evangelisationen wurden mir Hirnmelsbriefe, Brandbriefe, Schutzbriefe, das 6./7. Buch Moses und andere ausgeliefert. Ich übergab diese Dinge dem Feuer. Es gibt naive Menschen, die an diesen Dingen hängen, weil darin Bibelsprüche vorkommen.

B 66 In Port Elizabeth (Südafrika) erzählte mir Pfarrer Petersen folgendes: »Ein Gemeindeglied liest die Bibel, betet, will Jesus nachfolgen, kann aber nicht durchdringen. Er hat Schriften von den Rosenkreuzern zu Hause, die er nicht herausgeben will. Sie sind das Hindernis für seine Entscheidung.«

B 67 Ein Mädchen aus Manchester wanderte nach Südafrika aus. Sie verlobte sich mit einem jungen Mann, der schwarze Magie treibt. Bei einem Urlaub in Manchester zeigten sich in ihrem Elternhaus merkwürdige Spukerscheinungen. Die Zimmer waren ohne Feuer voll Rauch. Oft war der penetrante Geruch von verwesenden Leichen in allen Räumen. Die geplagten Eltern und das Mädchen suchten einen anglikanischen Priester auf, um sich beraten zu lassen. Der Priester riet, alle Geschenke des Verlobten zu vernichten und dieses Verhältnis zu lösen. Es geschah. Der Spuk hörte damit auf. Allerdings hat die gläubige Mutter des Mädchens auch viel um Befreiung gebetet.

B 68 Ein Missionar betrat in Südafrika das Haus einer Hindufamilie. Die Tochter des Hauses wand sich wie eine Schlange auf dem Boden. Das Mädchen war nicht Herr über sich, und die Eltern hatten keine Gewalt über die Tochter. Der Missionar fragte: »Habt ihr Götzen im Haus, dann gebt sie heraus.« Es geschah. Der Missionar betete, und das geplagte Mädchen wurde frei.

Man kann manchmal bei der Bitte, Zaubergegenstände zu vernichten, auf großen Widerstand stoßen, wenn es sich um Kunstgegenstände von großem Wert handelt. Aber auch Edelsteingötzen, die vielleicht aus einem heidnischen Tempel stammen, müssen vernichtet werden, wenn der Besitzer nicht von seinen okkulten Bindungen frei werden kann.

Wir sind hier bei einem wichtigen Punkt. Es gibt Missionare, die aus Sammlerleidenschaft Teufelsmasken und andere rituelle Gegenstände auf den Missionsfeldern sammeln. Sie hängen diese Trophäen daheim auf und belasten damit ihr Haus und ihre Familie. Wenn man sie darauf aufmerksam macht, dann lachen sie einen aus. Ein Theologieprofessor in Südafrika nannte mich einen Hinterwäldler, als ich ihm sagte, er sollte seine gebrauchten Götzenfiguren aus dem Haus schaffen. Dieser Götze war Jahrzehnte bei heidnischen Riten benutzt worden. Das gibt Kristallisationspunkte für dämonische Mächte in den Häusern, wo sie als Kunstgegenstände aufgestellt werden.  Der Geist Gottes wohnt nicht mit Götzen in einem »christlichen« Haus zusammen.

Wer nicht bereit ist, alle seine okkulten Bücher und Gegenstände aufzugeben, braucht keine Befreiung zu erwarten.

Ein ähnliches Problem ist, daß manchmal Magier und Spiritisten in einem kleinen Dorf sich einen Namen machen wollen, indem sie ihrer Dorfkirche einen Teppich, einen Behang oder gar einen Kelch stiften. Ich glaube nicht, daß wir solche Geschenke in der Kirche verwenden dürfen. So sprach ich einst in einer Kirche im Harz. Der Ortspfarrer zeigte mir den Kanzelbehang (Pendulum) und fügte hinzu: »Das ist das Geschenk einer berühmten Spiritistin, die im Selbstmord endete.« Ich antwortete: »Ich hätte nicht die Freiheit, von einer Kanzel zu predigen, die von Spiritisten geschmückt worden ist. Was hat Christus zu tun mit Belial?«

3. Mediale Kontakte sind zu lösen

Wir betreten damit ein kompliziertes Gebiet. Ein Beispiel wird es zeigen.

B 69 Ein junges Mädchen wurde bei einer Evangelisation geistlich erweckt. Sie wollte Christus nachfolgen. In der Seelsorge zeigte es sich, daß die eigene Mutter eine Kartenlegerin (Wahrsagerin) ist und dieses schauerliche Gewerbe ausübt. Für den Seelsorger entsteht nun die Frage, ob die Tochter unter diesen Umständen überhaupt zum Frieden und zur inneren Ruhe kommt. Das Problem liegt ja nicht darin, daß die Tochter das schreckliche Handwerk der Mutter verabscheut, sondern daß die Mächte, die in dem Haus wohnen, der Tochter, die Jesus nachfolgen will, das Leben zu Hölle machen. Wer keine Seelsorge auf diesem Gebiet hat, wird darum meinen Rat nicht verstehen. Ich sagte dem Mädchen, sie möchte irgendeine auswärtige Stellung annehmen, sich ein Zimmer suchen und möglichst wenig die eigene Mutter aufsuchen. Das Mädchen konnte diesen Rat nur schwer begreifen. Doch der Erfolg zeigte sich bald. Die Tochter betete für die Mutter und erlitt dabei jedesmal fürchterliche Angriffe. Das ist kein Wunder, weil die Finsternismächte zurückschlagen. Ich bat die Tochter daher, sie möchte zunächst einmal die Fürbitte für die Mutter sein lassen, bis sich ihr Glaubensleben gefestigt habe. Dann könne sie ja einen Gebetskreis bilden und sich für ihre Mutter einsetzen.

Manchmal gebe ich Kindern aus Häusern, wo aktive Zauberei getrieben wird, überhaupt den Rat, nicht für die Eltern, die aktive Magie betreiben, zu beten. Zunächst gilt von der Bibel her der Rat: »Eile, rette deine Seele!« Das ist kein frommer Egoismus. Ich kann ja ohnehin für andere geistlich nicht einstehen, wenn ich selbst nicht gerettet bin. Junge Seelsorger, die keine Erfahrung haben, verstehen solche Entscheidungen nicht, weil sie von den furchtbaren Angriffen der Finsternismacht kaum etwas wissen.

B 70 Ein Ehepaar in Wellington (Neuseeland) suchte mich auf und bat um meinen Rat. Dieses Paar hatte jahrelang spiritistische Sitzungen besucht. Es hatte sogar seine Kinder bei den Spiritisten taufen lassen. Nun wollten sie beide Jesus nachfolgen. Ich bat sie, diese spiritistischen Freunde aufzugeben und alle Gegenstände und Bücher, die aus dem spiritistischen Zirkel stammten, zu vernichten.

Wenn manchem Christen es noch einleuchtend ist, sich von spiritistischen Freunden zu lösen, so stößt man auf einem anderen Gebiet vielleicht auf größtes Unverständnis. Es gibt auch innerhalb extremer religiöser Gruppen mediale Bindungen und Kontakte, die zu lösen sind, wenn man innerlich zur Ruhe kommen will.

Nur mit größtem Widerstreben gehe ich an dieses Gebiet heran, obwohl ich in aller Welt viel Erfahrung darin sammelte. Zunächst ein Beispiel.

B 71 Bakth Singh ist einer der gesegnetsten Gottesmänner Indiens. Ich besuchte mit ihm zusammen eine Glaubenskonferenz. Als das Gebet freigegeben wurde, fing jemand in Zungen zu beten an. Ein Ausleger war nicht da. Schon das hätte nach 1. Korinther 14, 28 zum Schweigen führen sollen. Mir gefiel dieses seltsame Beten nicht. Hinterher fragte ich Bakth Singh: »Wie haben Sie das Zungenbeten aufgefaßt?« Er antwortete: »«Ich habe den Herrn gebeten, das Mädchen zu stoppen, weil ich unter dem Eindruck stand, es war nicht vom Heiligen Geist.«

B 72 Peter Oktavian ist der Evangelist, der von Gott in der indonesischen Erweckung mächtig gebraucht wurde. Wir arbeiteten in Stuttgart zusammen. Es waren an einem Abend in drei Räumen gegen 3000 Menschen anwesend. Oktavian rief am Schluß zu einer Entscheidung für Jesus auf. Er blieb ein oder zwei Minuten still. Da fing auf dem Podium ein Mann an, in Zungen zu sprechen. Ich war gespannt, wie Oktavian reagieren würde. Er sagte dann: »Ich bitte im Namen Jesu darum, daß dieser Mann schweigt.« Das war ein klares Wort. Hinterher fragte ich Oktavian: »Warum hast du den Mann gestoppt?« Er antwortete: »Es war mir klargeworden, daß das eine Störaktion des Feindes war.«

Das Sprachenreden war in der Korinthischen Gemeinde eine Geistesgabe. Schon damals aber hatte Paulus Not damit, weil viel Verwirrung in der Gemeinde entstanden war. Der Teufel versucht bekanntlich stets, Gott nachzuahmen.

Die sogenannte Zungenbewegung, die wir heute haben, weist sich auf allen Kontinenten durch ihre Begleiterscheinungen als eine psychische Epidemie, ja vielerorts als eine mediale Bewegung aus. Viele Kinder Gottes sind an dieser medialen Strömung geistlich zugrunde gegangen.

B 73 Bei meinen Vorträgen in Leicester und Umgebung (England) wurde mir von einem jungen Mann seine geistliche Geschichte erzählt, die ohne Namensnennung hier wiedergegeben werden darf. Zwei Jahre zuvor hatte er mit einem Freund vereinbart, sie wollten gemeinsam um die Gabe der Zunge beten, weil sie viele Freunde innerhalb der Zungenbewegung hatten. Sie beteten intensiv. Eines Tages kam etwas Heißes auf sie zu. Sie fühlten eine fremde Macht über sich kommen. Sie hielten das für den zweiten Segen und konnten von da an tatsächlich in einer fremden Sprache sprechen. Einige Wochen und Monate schwelgten sie in dieser Erfahrung. Dann kam die große Ernüchterung. Die »Gabe der Zunge« verschwand. Eine große Leere blieb zurück. Mein Berichterstatter bekannte: »Ich habe nicht nur die Gabe der Zunge verloren, sondern auch die Heilsgewißheit, die ich vorher gehabt habe. Auch die Lust zum Bibellesen und Beten war völlig verschwunden. Ich merkte selbst, daß da etwas verkehrt sein mußte. Darum sagte ich mich entschlossen von der Zungenerfahrung los, tat Buße, bat den Herrn um Vergebung und bekam wieder Frieden mit Gott.« Der andere junge Mann, der den gleichen Weg gegangen war, sagte sich nicht los. Er verlor alles und steht heute wieder in der Welt.

Das ist kein Einzelbeispiel, sondern steht für viele ähnliche. Die Zungenbewegung, die von Fanatisierten und Schwarmgeistern als neue Erweckung proklamiert wird, ist nur eine suggestive Strömung, von der man sich lossagen muß, wenn man nicht im Glaubensleben einen Irrweg gehen will.

Es muß uns doch zu denken geben, daß bekannte Männer Gottes, z. B. Finney, Wesley, Moody, Spurgeon, Hudson Taylor und Dr. Torrey nicht die Gabe der Zunge besaßen und vielfach eine ablehnende Haltung darin zeigten, ebenso wie Oswald Chambers.

1. Korinther 14 ist das ausführliche Kapitel über die Sprachengabe. Der Skopus, die Blickrichtung des ganzen Kapitels ist bereits in Vers 1 angegeben. Dort heißt es: »Strebet nach der Liebe. Fleißiget euch der geistlichen Gaben, am meisten aber, daß ihr weissagen möget.« Die heutigen Zungenredner legen das ganze Kapitel so aus, als wäre das Zungenreden bzw Sprachenreden die Hauptsache dessen, was Paulus sagen will. Wer das Kapitel so auslegt, steht im schwarmgeistigen Lager und verdreht Gottes Wort. Paulus sagt nämlich, daß die Gabe der Weissagung über der Gabe der Sprachen steht. Ferner darf aber diese Gabe des Weissagens nicht mit Wahrsagen verwechselt werden. Das biblische »propheteuein«, die prophetische Gabe, ist eine vollmächtige Verkündigungsgabe und nicht das Prophezeien der Zukunft.  –  Vergessen wir nicht  »Schwarmgeist ist kein Heiliger Geist.«

Wir werden mit den gewaltigen Wortverdrehungen nicht zu Ende kommen. Erst die Wiederkunft Jesu wird klarmachen, was vom Geiste Gottes war und was nicht.

4. Die Beichte

Wir kommen sofort wieder in klare biblische Luft, wenn wir aus den schwarmgeistigen Umtrieben herauskommen in den Bereich, wo es um Buße und Bekehrung geht, also um die Rettung des Menschen. Man atmet völlig auf, wenn man sich wieder in einer nüchternen Atmosphäre befindet.

In der allgemeinen Seelsorge gibt es Menschen, die eine Beichte unter vier Augen ablegen. Ich kenne auch solche, die nur vor Gott ihre Sünde bekannt haben. Es soll daraus kein Gesetz gemacht werden. Es gibt viele Möglichkeiten, wie der Herr einen Menschen zurechtbringt, obwohl ich nach Jakobus 5, 16 oft zu einer Privatbeichte rate.

Bei okkulten Belastungen liegt aber ein anderer Sachverhalt vor. Wie wir schon hörten, heißt okkult: verborgen, geheim. Das Gegenstück davon ist: offenbar werden, ins Licht kommen. Der Mensch mit seiner verborgenen Sünde wird offenbar in der Beichte, in der seelsorgerlichen Aussprache unter vier Augen.

Der okkult belastete Mensch sollte mit all seinen geheimen Dingen ans Licht kommen, damit dem Feind der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

B 74 In Suwa auf den FidschiInseln kam eine junge Frau zu mir und berichtete, daß sie bereits zwei Jahre lang Anfälle völliger Starrheit erlebe. Die Ärzte konnten keine Ursache feststellen. Ich sagte der jungen Frau, daß ich solche Dinge in Familien vorfand, wo Eltern oder Großeltern Spiritismus, Laienhypnose und andere okkulte Praktiken geübt haben. Ich fragte sie ferner, ob ihre Vorfahren solche Dinge getrieben hätten. Sie verneinte. Ich kam mit dieser Frau in der Seelsorge nicht weiter. Auf dem Heimweg erzählte sie der begleitenden Frau, sie habe als kleines Mädchen Tischrücken mitgemacht. Das ist tatsächlich der Grund für die trancehaften Starrheitsanfälle.

Die Beichte soll aber nicht nur die okkulten Dinge aufdecken, sondern sich auf das ganze Leben beziehen. Ein Beichtender darf niemals unter Zwang gesetzt werden. Was nicht aus eigenem Antrieb geschieht, hat keinen Wert.

5. Das Lossagegebet

Normalerweise folgt auf eine Beichte die Absolution, der Zuspruch der Vergebung. Von dieser Reihenfolge bin ich bei der Seelsorge an Okkulten abgekommen, weil ich gewöhnlich feststellte, daß die Belasteten die Vergebung gar nicht fassen konnten. Okkult Belastete können nicht glauben. Es liegt eine Barriere davor. Darum habe ich immer zuerst ein Lossagegebet mit den Opfern der Zaubereisünden gebetet.

Was verstehen wir unter einem Lossagegebet? Im ersten Jahrhundert wurden die erwachsenen Taufbewerber vor der Taufe gefragt: »Entsagst du dem Teufel und allen seinen Werken?« Der Taufbewerber antwortete: »Ich entsage dem Teufel und allen seinen Werken.« Danach wurde er getauft. In der lateinischen Sprache hieß dieses Gebet abrenuntiatio diaboli. Viele christliche Kirchen haben heute noch in der Taufliturgie oder in der Konfirmationsliturgie eine Lossageformel. Natürlich spielt eine »Formel« oder nur ein »liturgisches Stück« keine Rolle in geistlichen Zusammenhängen.

Bei der Seelsorge an Okkulten hat das Lossagegebet aber eine große Bedeutung. Warum? Jede Zaubereisünde ist ein Bündnis mit der Finsternis. Durch Zauberei geben wir dem Erzfeind ein Besitzrecht. Dieses Besitzrecht besteht auch, wenn die Eltern und Vorfahren Zauberei getrieben haben. Der Teufel kennt das erste Gebot »der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied«. Die Macht der Finsternis übt Besitzrechte aus, und der Nachkomme eines Zauberers weiß das gar nicht, weil er selbst vielleicht keine Zauberei getrieben hat. Bei der Bekehrung eines Menschen aus solchen Besitzverhältnissen meldet der Teufel seine Rechte an.

Von diesen Besitzrechten sagt man sich beim Lossagegebet juristisch offiziell los. Der anwesende Seelsorger oder gar einige Brüder sind Zeuge dieser Aufkündigung der Besitzrechte. Moderne Theologen lachen darüber, aber der Teufel nimmt es ernst. Daß er es ernst nimmt, ist hundertfältig zu beobachten.

Bei einer okkulten Belastung leichteren Grades kann der Beichtende leicht das Lossagegebet nachsprechen. Es kann etwa in die Form gefaßt werden: »Im Namen Jesu sage ich mich los von allen Werken der Finsternis, auch der Zauberei meiner Vorfahren, und ich verschreibe mich Jesus Christus, meinem Herrn und Heiland, für Zeit und Ewigkeit. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Dieses Gebet ist keine Formel. Es kann jederzeit auch anders formuliert werden.

Bei schweren Belastungen setzen beim Lossagegebet oft Komplikationen ein.

B 75 In der Schweiz kam der Sohn eines Kirchenpräsidenten zu mir in die Aussprache. Seine Belastung wurde schnell offenbar. Als ich ihn bat, mir ein Lossagegebet nachzusprechen, brachte er nicht einmal die Hände zum Gebet zusammen. Er konnte auch den Mund nicht mehr öffnen. Er knirschte mit den Zähnen und war unfähig, das Gebet mitzusprechen. Es lag hier also nicht nur eine gewöhnliche okkulte Belastung vor, sondern eine Dämonisierung.

Bei Umsessenheitsfällen oder gar bei Besessenheit fallen solche Opfer des Feindes dann gern in Trance. Oder sie schreien los: »Ich kann diesen Namen Jesus nicht aussprechen.«  –  Was ist da zu tun? Man kann im Namen Jesu gebieten oder noch einige Brüder als Gebetshilfe hinzuziehen.

In der Standardübersetzung der englischen Bibel, der King James Version, steht in 2. Korinther 4, 2 ein treffender Ausdruck für das Lossagegebet: »to renounce the hidden things.« Das heißt, sich lossagen von verborgenen Dingen.

Dieses Lossagen bringt oft eine überwältigende Auswirkung. In der Zeit der Niederschrift dieses Buches erreichte mich ein Brief, in dem unter anderen folgende Sätze stehen: »Als ich mich von der Kirchenbank erheben wollte, ging es nicht. Ich war wie festgebannt. Sie kamen dann zu mir, und ich kam irgendwie von der Bank los … In der Sakristei gingen Sie mit mir verschiedene Fragen durch. Ich mußte Ihnen dann kniend nachsprechen, was Sie mir vorsprachen. Ich tat es mit ganzem Herzen und war entlassen. Es sind nun zehn Jahre her. Nie mehr bin ich in den alten Fehler verfallen. Er war weg. Am anderen Tag war mir sehr seltsam. Mir war so leicht und frei. Ich meinte, ich könne fliegen, als seien Ketten von mir abgefallen. Es war etwas Wunderbares.«

Nicht jeder, der frei wird, hat solch starke Gefühle. Das Aufkündigen der Besitzrechte gilt auch ohne eine solche Gefühlsaufwallung.

Die Berichterstatterin hat ihren Glauben bewahrt. Sie durfte ihre Töchter und Schwiegersöhne zu Jesus führen. Die ganze Familie wurde umgewandelt. Die Mutter hatte den Anfang machen dürfen.
Wichtig ist das Lossagen bei Menschen, die aus heidnischen Stämmen kommen. So erzählte mir mein Freund Peter Jamieson, der Häuptling der Wongai: »Viele Bekehrte fallen zurück, weil sie sich nicht von den Zauberpraktiken des Stammes losgesagt haben.«

6. Die Vergebung der Sünden

Die Vergebung der Sünden gründet sich nicht auf irgendeine Leistung des Menschen, auch nicht auf den Vollzug der Beichte, sondern allein auf das vollbrachte Werk Jesu am Kreuz. Paulus bezeugt Epheser 1, 7: »An Jesus haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade.«

Der Segen der Beichte liegt in dem Wort 1. Johannes 1, 9: »So wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu, daß er uns die Sünde vergibt.«

Der Zuspruch der Vergebung, die sogenannte Absolution, gründet sich auf Jesu Wort Johannes 20, 23: »Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen.«

Natürlich gibt es auf diesem Gebiet Komplikationen. Es kann sein, daß ein Priester oder ein Pfarrer einem Beichtenden die Vergebung zuspricht, die er selbst nicht hat. Gilt auch in diesem Fall der Zuspruch der Vergebung? Ja! Wenn Gott warten wollte, bis er einen ganz würdigen Priester findet, dann gäbe es auf Erden keine Vergebung. – Natürlich sollte es die Regel sein, daß nur ein Mann Vergebung zuspricht, der sie selber durch Gottes Gnade besitzt.

Kann auch ein Bruder, der nicht im geistlichen Amt ist, den Zuspruch der Vergebung erteilen? Ja! Ein gläubiger Arzt oder ein gläubiger Straßenkehrer hat mehr biblisches Recht zur Erteilung der Absolution als ein ungläubiger Pfarrer.

Ein Beispiel, das mich sehr bewegt hat, soll berichtet werden.

B 76 1956 hatte ich in Paris an verschiedenen Kirchen und Seminaren Vorträge. Im Tabernacle von Pfarrer Blocher kam ein Student aus Haiti zur seelsorgerlichen Aussprache. Als kleiner Junge war er krank gewesen und wurde von seinen Eltern mehrmals zu magischen Heilern, den sogenannten Obiah, gebracht. Offiziell gehörten seine Eltern zur katholischen Kirchen, nahmen aber bei jeder Gelegenheit Zauberei in Anspruch. Das Leben des jungen Burschen war von dieser Zauberei überschattet. Er kam später nach Frankreich, um dort zu studieren. Seiner inneren Verfassung nach war er unglücklich und von Depressionen geplagt. In diesem Zustand war er zu mir gekommen. Er legte eine Generalbeichte ab. Ich holte dann noch Bruder Blocher und Nicole dazu. Wir beteten mit ihm.

Der Student sprach mir ein Lossagegebet nach. Dann verlor ich ihn zehn Jahre aus den Augen. Bei einem Kongreß in Berlin stand er plötzlich vor mir. Ich erkannte ihn nicht wieder. Er war inzwischen zu einem bekannten Prediger des Evangeliums in seinem Lande herangereift. Er berichtete mir, daß er damals in Paris frei geworden war.

Die Vergebung der Sünden und die Befreiung von dunklen Belastungen verändern ein ganzes Leben.

7. Das Lossprechen

Das Lossprechen ist ein anderer geistlicher Vorgang als der Zuspruch der Vergebung. Es gründet sich auf das Wort Jesu Matthäus 18, 18: »Was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.« Auf diesem Gebiet ist ein traditionelles Lossprechen, ein liturgisches Handeln unmöglich. Lossprechen ist ein charismatischer Akt. Dazu gehört die Gabe der Geisterunterscheidung. Dazu gehört geistliche Vollmacht und Führung durch den Herrn.

B 77 Vor einigen Jahren hatte ich an sechs englischen Bibelschulen Vorträge. Unter den Bibelschülern, die zur Aussprache kamen, war ein Seminarist, der schon mehrere Selbstmordversuche hinter sich hatte. Diese Sucht war erst mit seinem Eintritt in die Bibelschule aufgetreten, ein Zeichen dafür, daß Zauberei im Hintergrund lag. Gemütskranke, etwa Manisch-Depressive, haben ihre Anfälle unabhängig von ihrer religiösen Einstellung oder Betätigung. Okkult Belastete oder gar Dämonisierte bekommen ihre Anfälle erst, wenn sie Christus nachfolgen oder ihm dienen wollen. Ich bat den jungen Mann, in seiner Familie nachzuforschen, ob Zauberei getrieben wurde. Schon ein Telefonanruf genügte. Die Großmutter gestand, daß okkulte Dinge getrieben worden sind. Nach einer Beichte und einem Lossprechen im Namen Jesu durfte der junge Mann frei werden.

Das Lossprechen darf niemals schematisch geschehen. Ich übe es erst nach gründlicher Seelsorge aus und erst dann, wenn der Herr Jesus die Freiheit dazu schenkt. Vielleicht ist es nur bei 10 bis 20 Prozent der okkult Belasteten, bei denen ich es wage.

B 78 Einmal kam eine Krankenschwester zu mir. Sie wurde vom Teufel übel geplagt. Sie war als Kind von einem unheimlich starken Zauberer mehrfach behandelt worden. Sie litt »zum Steinerweichen«. So ließ ich mich aus Barmherzigkeit dazu verleiten, etwas verfrüht sie losszusprechen. Der Erfolg war, daß ich selbst nachts furchtbar von dunklen Mächten angegriffen worden bin. Mir war das eine Lektion, daß wir nicht zu früh handeln sollen.  –  Bei einem zu starken Einsatz für solche Menschen können auch Übertragungen eintreten. Es liegen mir viele dankbare Beispiele vor, daß Menschen nach der Beichte, nach dem Lossagegebet und nach dem Lossprechen eine ganze Entlastung und Befreiung erlebt haben. Das hat der Herr Jesus getan.

8. Der Gebetskreis

Die Seelsorge an okkult Belasteten ist Gemeinschaftsarbeit. Der einzelne Seelsorger ist viel zu schwach, all das auf sich zu nehmen, was auf ihn zukommt. Die Welt und Menschheit rast in eine dämonische Verfinsterung hinein. Die Belastungen der Menschen werden immer stärker, und die Zahl der Seelsorger wird immer kleiner. Manche Kirchen können nur noch die Hälfte ihrer Pfarrstellen besetzen. Dazu gibt das theologische Studium absolut keine Zurüstung für den seelsorgerlichen Dienst. Die wenigen Seelsorger, die da sind, werden von den mündlichen und schriftlichen Anfragen schier erdrückt.

Unsere Gemeinden, die Gebetszellen zur Aufnahme von belasteten Menschen haben sollten, sind geistlich nicht mündig. Man könnte eine verzweifelte Totenklage darüber anstimmen. Und doch wollen wir nicht dem Negativen den Raum lassen.

Der Gebetskreis hat seine biblische Begründung etwa in dem Wort Jesu in Matthäus 18, 19: »Wo zwei auf Erden eins werden, warum es ist, daß sie bitten, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel.« Wie die Urgemeinde Gebetszellen gebildet hatte, wissen wir aus manchen Stellen.

Apostelgeschichte 12, 12: Das Haus der Maria, da viele beieinander waren und beteten.
Apostelgeschichte 4, 31: Da sie gebetet hatten, bewegte sich die Stätte, und die wurden alle voll des Heiligen Geistes.

Okkult Belastete sind sehr bedroht, auch wenn sie frei geworden sind. Darum sollte für jeden Belasteten ein kleiner Kreis von Menschen gefunden werden, der solche Bedrohten aufnimmt. Es genügen zur Not zwei Menschen. Sie sollten wöchentlich mindestens zweimal oder dreimal vielleicht für eine Viertelstunde zusammenkommen, um für den Belasteten zu beten. Am besten wäre, der Belastete wäre dabei. Es ist nicht nötig, daß der Belastete vor diesen zwei oder drei Menschen eine Beichte ablegt. Das ist ja vor dem Seelsorger zuvor geschehen. Ein Beispiel:

B 79 In Cordoba (Argentinien) suchte eine kranke Frau einen Spiritisten auf und wurde von ihm geheilt. Der Spiritist hatte so starke mediale Kräfte, daß auch die Geheilte hinterher heilen konnte. Sie verdiente viel Geld damit. Eines Tages wurde sie von Professor Winter, mit dem ich befreundet bin, besucht. Dieser gläubige Arzt versteht viel vom Spiritismus, und er redete mit der Frau über den schädigenden Einfluß böser Geister. Die Spiritistin wurde von der Erkenntnis des Arztes beeindruckt. Beim nächsten Besuch kam die Spiritistin wider alles Erwarten zum Glauben an den Herrn Jesus. Von diesem Augenblick an rächten sich die bösen Geister. Die Frau sah selbst Frösche aus ihrem Munde springen. So war es auch bei Gottliebin Dittus unter Pfarrer Blumhardt. Nachts wurde das Bett der Frau geschüttelt. Sie wurde mit allen erdenklichen Schikanen geplagt. Prof. Winter sah die Notlage und bildete mit einigen Christen einen Gebetskreis, der treu für die Angefochtene betete. Die Frau wurde frei. Sie bewährt sich in der Nachfolge Jesu. Sie gibt alles, was sie erübrigen kann, in die Arbeit des Herrn. Prof. Winter erhält jeden Monat einen Scheck, denn er ist Chef eines Missionshospitals in Argentinien. Dieses Beispiel ist deshalb so wertvoll, weil es von einem urteilsfähigen Arzt erlebt und mir berichtet wurde. Ich hielt in seinem Hospital Cruz Blanca Esquil zwei Vorträge. Ohne den tragenden Gebetskreis wäre dieser Kampf um die spiritistisch belastete Frau erfolglos gewesen.

9. Beten und Fasten

Die Jünger kamen eines Tages enttäuscht zurück, weil sie einem besessenen Knaben nicht hatten helfen können. Sie fragten den Meister: »Warum hatten wir keine Kraft dazu?« Jesus antwortete: »Um eures Unglaubens willen. Diese Art fährt nicht aus denn durch Beten und Fasten« (Matth. 17, 1421).

Das Fasten war im Alten und Neuen Testament bekannt und geübt. Daniel fastete und betete drei Wochen (Dan. 9, 3 und 10, 3). Jesus fastete 40 Tage in der Wüste.

Die katholische Kirche hat in späteren Jahrhunderten aus dem Fasten ein verdienstliches Werk gemacht. In der evangelischen Kirche heute ist das Fasten so gut wie unbekannt. Und doch hat es noch seine Bedeutung als Unterstützung des ernsthaften Betens.

B 80 Ein lutherischer Pfarrer bekam eine Frau in die Seelsorge, die jahrelang von den Psychiatern als schizophren diagnostiziert worden war. Da die Frau abends Fratzen vor ihrem Fenster sah und sich mit Selbstmordgedanken abquälte, kam der Pfarrer auf den Gedanken, es könne eine okkulte Belastung vorliegen. Er hatte mein Buch »Seelsorge und Okkultismus« gelesen, in dem unter anderem steht, daß bei Spiritisten im späten Alter gern das Fratzensehen auftaucht. So hatte er mit der geplagten Frau einige seelsorgerliche Unterredungen. Er bildete einen Gebetskreis, der sogar das Opfer brachte, unter Fasten so lange zu beten, bis bei der Frau eine Besserung eingetreten sei. Der Herr segnete diese Bereitschaft und Treue. Mit der belasteten Frau wurde es besser.

Vor einigen Jahren hatte ich die Gewohnheit, bei Evangelisationen jeweils einen Gebets und Fasttag einzulegen. Gewöhnlich machten einige Gläubige mit. So nahmen in Chur in der Methodistenkirche damals 54 Gemeindeglieder und Gläubige aus anderen Kirchen teil.

Im Rheinland hatte ich die große Freude, daß ein Gemeindepfarrer nach der Evangelisation diesen Gebets und Fasttag beibehielt. Er kommt in jedem Monat einmal mit gläubigen Gemeindegliedern zusammen. Sie führen diesen Tag nach meiner kleinen Schrift »Beten und Fasten« durch. Seit Jahren besteht in dieser Gemeinde diese gesegnete Sitte. Es nehmen gewöhnlich 20 bis 30 Menschen teil.
Manchmal werden in diesen Kreis ein oder zwei Belastete mit hineingenommen. Für diese angefochtenen Menschen wird dann gebetet, bis der Herr ihr Schreien erhört.

10. Unter dem Schutz des Blutes Jesu

Nichts fürchten die Dämonen mehr als den Namen Jesu und das Blut Jesu. Wer sich mit dämonisierten Menschen abzugeben hat, braucht einen speziellen Schutz, sonst kommt er nicht durch.

B 81 Ein Missionar hatte in Ostasien viel mit Besessenen zu tun. Ohne, daß er es merkte, wurde er beeinflußt. Es legten sich Schatten über seine Seele. Er daß er nicht mehr geriet allmählich in einen Zustand, beten konnte und auch die Freude an der Bibel verlor. In diesem Zustand kam er heim. Seine Angehörigen merkten seine Veränderung. Sie bildeten einen Gebetskreis, der durch einen anderen Reichgottesarbeiter verstärkt wurde. Nach Wochen durfte der Missionar wieder frei werden.

B 82 In keinem Land wurde mir die Bedrohung der Missionare so deutlich gezeigt wie in Japan. Von den über hundert Ländern, die ich besuchte, scheint mir Japan das schwierigste Missionsfeld zu sein. Ich hatte dort etwa 25 Missionare in der Seelsorge, die in Dinge geraten waren, deren sie daheim nicht fähig gewesen wären.

Wenn man in einer dämonisierten Umgebung zu arbeiten hat, braucht man die Fürbitte der Gläubigen und den Schutz Jesu. An dieser Stelle danke ich meinem Freundeskreis für alle Gebetshilfe. Ich bin durch meine Arbeit mit okkult Belasteten und mit Besessenen bis an den Rand meines körperlichen und seelischen Ruins geraten. Wenn der Herr Jesus nicht seine Hand über mich gehalten hätte, wäre ich zugrunde gegangen.

Doch wir stehen nicht auf verlorenem Posten. Wir haben eine Schutz und Trutzburg. In Sacharia 2, 9 heißt es: »Ich will, spricht der Herr, eine feurige Mauer umher sein und will mich herrlich darin erzeigen.« Die siegende Gemeinde, die das Reich der Herrlichkeit einmal einnehmen wird, bekommt das Zeugnis: »Sie haben Satan überwunden durch des Lammes Blut« (Offb. 12, 11).

Luther wurde im Traum vom Teufel übel geplagt. Der Teufel entfaltete eine lange Rolle und hielt ihm alle Sünden vor. Am Schluß fragte Luther: »Sind das alle?«  »Nein«, schrie der Teufel und brachte noch eine zweite Rolle. Wieder ein langes Sündenregister! Und noch eine dritte Rolle! Dann hatte der Teufel nichts mehr. »Du hast etwas vergessen«, triumphierte Luther, »schreibe flugs darunter: Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde«. Der Teufel stieß einen schrecklichen Fluch aus und entschwand. Das Blut Jesu hatte ihm das Konzept verdorben.

»Das Blut soll euer Zeichen sein«, hieß es in Ägypten (2. Mose 12, 13). Das Blut war das Zeichen der Verschonung, als der Würgengel vorüberging. Das Blut ist auch das Zeichen unserer Verschonung, wenn der Feind uns bedrängt. Das Blut Jesu ist unser Panier!

11. Gebieten im Namen Jesu

Es gibt Situationen, wo man in der Seelsorge mit dem Gebet allein nicht mehr durchkommt. Als Paulus in Philippi missionierte, wurde er von einer Wahrsagerin gestört. Schließlich ließ er sich das nicht mehr gefallen. Er rief ihr zu: »Im Namen Jesu gebiete ich dir, unreiner Geist, fahre aus!« Und er fuhr aus im gleichen Augenblick (Apg. 16, 1618).

Bei der Begegnung mit dem Zauberer Elymas bestand die gleiche Situation. Elymas widerstand der Botschaft des Apostels. Da bekam Paulus die innere Freiheit, ihm zu sagen: »Die Hand des Herrn kommt über dich. Du wirst blind sein.« Das war ein harter Kampf mit dem Sieg durch den Arm des Herrn.

B 83 Peter Oktavian, der indonesische Evangelist, wurde bei einer Evangelisation auf der Insel Sumbaja dauernd von einer Zauberin gestört. Da faßte er sie ins Auge und sagte: »Im Namen Jesu gebiete ich dir zu schweigen. Komm in die erste Reihe und höre aufmerksam der Botschaft zu.« Sie war augenblicklich still, kam nach vorn und hörte zu.  –  Genau wie das Lossprechen ist auch das Gebieten ein charismatischer Akt. Das kann niemals zur Formel werden.

B 84 Ein junger Grieche hatte das Verlangen, Gott näher zu kommen. So suchte er einen Popen der orthodoxen Kirche auf, um sich beraten zu lassen. Der Pope war Spiritist und lud den Studenten zu seinen spiritistischen Sitzungen in Saloniki ein. Von dieser Zeit an war es um den Seelenfrieden des jungen Menschen ganz geschehen. Es setzten Depressionen ein. In seiner Not ging er zu den Vorträgen eines evangelischen Predigers. Dort hörte er zum ersten Mal die Botschaft von Jesus. Das entsprach dem Suchen seines Herzens. Er suchte diesen evangelischen Seelsorger auf, obwohl er zur orthodoxen Kirche gehörte. Er beichtete, blieb aber plötzlich mit seiner Beichte hängen und brachte kein Wort mehr heraus. Der Prediger fragte ihn: »Wollen Sie etwas Schweres sagen und können nicht?« Der Student nickte. Dann gebot der Prediger im Namen Jesu den Mächten, den jungen Mann in Ruhe zu lassen. Die Beichte ging weiter. Es kamen alle spiritistischen Geschichten heraus. Der Student erlebte durch Christus eine völlige Befreiung.
Er war überglücklich. Seine Freude schlug um. Er wurde übermütig. Er sagte am Abend in seinem Zimmer: »Satan, nun kannst du mir nichts mehr anhaben. Ich nehme es mit dir auf.« In diesem Augenblick bekam er einen furchtbaren Schlag und war gelähmt. Weil er nicht zum Essen kam, sah man nach ihm und fand ihn gelähmt. Der Prediger erkannte abermals den Angriff der Finsternis und gebot wieder im Namen Jesu. Der Herr gab Gnade und löste ihn ein zweites Mal. Der Student beichtete seinen Leichtsinn und war nun vorsichtig geworden.

Der Name des Herrn ist eine Waffe, die der Erzfeind fürchtet. Diese Waffe will aber mit gereinigten Händen geführt werden.

12. Die Gnadenmittel

Fast in der ganzen Welt sieht es so aus, als ob die Gemeinde Jesu eine Versammlung »geistlich unterernährter« Christen sei. Es ist so wenig Überwinderkraft, so wenig sieghaftes Leben unter uns Gläubigen. Ich muß dabei an die eigene Brust schlagen. Woran liegt es?

Wir leben nicht aus seiner Fülle. Die ersten Christen konnten sagen: »Von seiner Fülle haben wir genommen Gnade um Gnade« Joh. 1, 16). Der Verfasser von Psalm 87, 7 wußte auch um dieses Geheimnis, als er bekannte: »Alle meine Quellen sind in dir.«

Wer nicht verdursten will, muß an die Quellen angeschlossen sein. Wer nicht verhungern will, muß Zugang zu den Vorratskammern haben. Wer geistlich existieren will, muß das Brot des Lebens täglich in Anspruch nehmen. Wer geistlich aufbauen will, muß die geistlichen Bausteine verwenden. Sie sind in Apostelgeschichte 2, 42 genannt: Apostellehre, Gemeinschaft der Gläubigen, Brotbrechen, Gebet.

B 85 Eines der größten Erlebnisse meines Lebens war die Aufnahme in die »Jesusfamilie« im Erweckungsgebiet von Indonesien. In dem Buch »Uns, Herr, wirst Du Frieden schaffen« habe ich davon berichtet. Schon bei Sonnenaufgang kommen auf Timor die benachbarten Familien zusammen. Man hört ihr wunderbares Singen. Sie teilen das Wort Gottes untereinander. Analphabeten sind unter ihnen, die nur die biblischen Texte hören, aber nicht lesen können. Sie halten morgens und abends Gemeinschaft. Hin und wieder brechen sie das Brot. Gebetsgemeinschaften halten sie, die dem Westen unbekannt sind. Nur noch in der koreanischen Erweckung gibt es solche Beispiele. Unter diesen Menschen stand ich unter einem offenen Himmel.

Wenn wir solche »Jesusfamilien« im Westen hätten, dann könnten alle freigewordenen Belasteten darin untergebracht werden. Diese geistliche Atmosphäre enthält eine ungeheure bewahrende Kraft.
Wenn ein Mensch von seinen okkulten Belastungen gelöst worden ist, dann muß er die vier geistlichen Elemente der Jüngerschaft Jesu treu in Anspruch nehmen: Wort Gottes, Gemeinschaft der Kinder Gottes, Brotbrechen, anhaltendes Gebet.

Dennoch brauchen wir nicht neidisch oder mutlos auf das Erweckungsgebiet zu blicken. Jesus ist derselbe im Erweckungsgebiet und bei uns. Seine Macht reicht auch für uns aus. Wir sehen das an einem Beispiel aus dem Westen.

B 86 Ein junges Mädchen, das ich sehr gut kenne, war jahrelang krank. Sie ging von einem Arzt zum anderen. Keine Hilfe! Da hörte ihre Familie von dem Wunderdoktor und geistigen Heiler Gröning. Der Vater brachte seine Tochter zu diesem Mann und setzte seine Hoffnung ganz auf diesen berühmten Heiler. Sie saßen im Wartezimmer. Die Tochter, die kurz zuvor den Herrn Jesus angenommen hatte, fühlte eine unheimliche Macht. Darum betete sie unablässig. Da trat Bruno Gröning in den Raum. Er stand vor ihr und fragte: »Glauben Sie, daß ich Sie gesund machen kann?« Sie antwortete: »Wenn Gott Ihnen die Kraft dazu gibt, ja.« Gröning erwiderte: »In Ihnen ist eine Macht, die meiner Kraft widersteht.« Also die überall bekannte Erfahrung, daß spiritistische Heiler und andere Geistheiler sofort blockiert sind, wenn jemand betet! Gröning verteilte an alle Staniolkugeln und Staniolblätter. Er gab Anweisung, dieses Staniol auf dem Körper zu tragen und nachts unter das Kopfkissen zu legen. Ferner waren Bilder von Gröning erhältlich, auf die man die Hand legen sollte. Von diesem Zeitpunkt an wurde die Unruhe der Berichterstatterin sehr stark. Schließlich verbrannte sie im Gegensatz zum Willen des Vaters alles, was sie von Gröning besaß. Danach wurde sie ruhiger. Ihre geistliche Betreuung wurde dann vom »Missionstrupp Frohe Botschaft« (Wolfgang Heiner, Großalmerode) übernommen. Sie beichtete alles, was Gott ihr aufdeckte, bekannte auch die Gröninggeschichte. Der Seelsorger betete mit ihr ein Lossagegebet und sprach sie los. Seither ist aller Druck und alle Angst weg. Der Missionstrupp wurde für dieses Mädchen die »Jesusfamilie«, von der gesprochen worden ist.

13. Rückkehr der Dämonen

Es ist ein notvolles Kapitel, um das es hier geht. jeder treue Seelsorger wird dadurch selbst in die Buße hineingetrieben.

Jesus machte uns auf den Tatbestand der Rückkehr der bösen Geister aufmerksam in Lukas 11, 24: »Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so durchwandelt er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet sie nicht. Dann spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er’s gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind denn er selbst, und wenn sie hineinkommen, wohnen sie da, und es wird hernach mit demselben Menschen ärger denn zuvor.«

Ich kenne aus der Seelsorge solche furchtbaren Geschichten. Doch bevor ich davon berichte, muß zuerst ein Mißverständnis abgewehrt werden. Gläubige, die auf diesem Gebiet Seelsorge treiben, werden herzlich gebeten, auf den Unterschied der folgenden Beispiele zu achten.

a) Die scheinbare Rückkehr der Dämonen

B 87 Ein epileptisches Mädchen kam in ihrer Jugend treu zum evangelischen Jugendkreis. Da ließ ihre Mutter sie besprechen. Die Epilepsie verschwand durch diese magische Heilung. Seit dieser Zeit kamen aber Mutter und Tochter nicht mehr unter Gottes Wort. Der Pfarrer ging den beiden nach und fragte nach dem Grund des Fernbleibens. Er erfuhr den Sachverhalt und hörte auch davon, daß der »Geistheiler« der Tochter ein Amulett mitgegeben hatte. Der Pfarrer bat um das Amulett und öffnete es. Darin war eine Teufelsverschreibung in dem Sinn, daß der Teufel das Mädchen heilen sollte und dafür ihre Seele haben könne. Beide Frauen erschraken furchtbar. Sie taten Buße. Das Amulett wurde verbrannt. Was geschah? Die alte Krankheit kam wieder. Die Frauen konnten aber nach der Buße und dem Lossagen wieder beten und kommen unter das Wort Gottes. Das ist keine Rückkehr von Dämonen, sondern gerade das Gegenteil. Die Rückkehr der alten Krankheit zeigt an, daß der okkulte Bann gebrochen ist.

Ganz zufrieden bin ich mit diesem Verlauf nicht. Warum hat der Pfarrer nunmehr nicht darum gebetet, daß der Herr das Mädchen anrührte und heilte? Wir stellen doch dem Herrn Jesus ein schlechtes Zeugnis aus, wenn wir nur zugeben, daß der Teufel heilen könne, aber Jesus nicht.

B 88 Einer meiner Freunde hat es besser gemacht. Bei einer meiner Evangelisationen, die von diesem Freund organisiert worden war, kam ein junger Mann in meine Seelsorge. Er war in seiner Kindheit bei einer Erkrankung von einem magisch arbeitenden Schäfer besprochen und geheilt worden. Er beichtete seine Sünden, sagte sich in meiner Gegenwart los und durfte frei werden und Vergebung finden. Nach Beendigung meiner Evangelisation reiste ich ab. Bei dem jungen Mann war inzwischen die alte Erkrankung wieder aufgetreten. Die Mutter kam dann ganz verärgert zu meinem Freund und beklagte sich über meine Seelsorge, weil sie nur dazu geführt habe, daß ihr Junge wieder unter der alten Krankheit leide. Mein Freund war aber glaubensstärker als der Seelsorger im vorangegangenen Beispiel. Er antwortete der Mutter: »Was der Teufel kann, kann der Herr Jesus noch tausendmal mehr. Wir wollen nun darum bitten, daß der Herr Jesus auf den Plan tritt und Ihren Sohn heilt.« Sie beteten zusammen, und der Junge wurde sofort wieder gesund.

Es ist ein Geschenk, wenn Gott einem solche Freunde zur Seite stellt, die in der geistlichen Linie mitmarschieren. Andere Organisatoren der Vorträge haben sich nicht so biblisch verhalten, sondern geschimpft und erklärt: »Das hat man davon, wenn man solche Männer ruft. Die bringen nur Unruhe in die Gemeinde und machen die Leute durcheinander.«

Das ist mir manches Mal passiert. Den Höhenweg des Glaubens können nicht alle gehen. Und in der Abwehr der dunklen Mächte sind viele Reichgottesarbeiter unerfahren und ohne Vollmacht. Mit dieser Feststellung will ich nicht sagen, daß ich Vollmacht hätte. Ich weiß um den Jammer und das Elend meines eigenen Herzens. Mein Trost ist aber, daß ich einen Herrn habe, der für die Elenden da ist. In diese Gruppe gehöre ich.

Das Verlangen der Elenden hörst du, Herr. Psalm 10, 17
Der Herr hilft den Elenden herrlich. Psalm 149, 4
Der Herr erbarmt sich seiner Elenden. Jesaja 49, 13
Die Hoffnung der Elenden wird nicht verloren sein. Psalm 9, 19

b) Die echte Rückkehr der Dämonen

Die Erlebnisse auf diesem Gebiet offenbaren unsere ganze Hilflosigkeit. Wer im Ringen um dämonisch belastete Menschen steht, der weiß um seine eigene Ohnmacht und zugleich um die Macht, die von Jesus ausgeht.

B 89 Eine Frau war während des zweiten Weltkriegs mit einem Offizier befreundet. Sie nahmen beide eine Blutsverschreibung an den Teufel vor. Nach dem militärischen Zusammenbruch nahm sich der Offizier das Leben. Er erschien in Zukunft seiner ehemaligen Freundin und verlangte von ihr, sie solle auch diesen Schlußstrich ziehen. Sie weigerte sich. Die Frau suchte Hilfe bei Christen. Es wurde viel für sie gebetet. Sie beichtete und entschloß sich, jesus nachzufolgen. Von nun an wurden die Angriffe der finsteren Mächte schlimmer. Sie wurde Tag und Nacht gequält. Sie fand einen Seelsorger, der auf diesem Gebiet Erfahrung besitzt. Er sprach mit ihr ein Lossagegebet und sprach sie los. Es schien alles gut zu gehen. Sie hatte einige Monate Ruhe, konnte beten und glauben. Da setzten auf einmal die Angriffe wieder ein. Sie kam zu ihrem Seelsorger zurück, der dann sofort einen Gebetskreis für sie bildete. Nach der Rückkehr der Mächte war sogar der Kampf noch heftiger geworden als zuvor.

Die Rückkehr der finsteren Mächte wird vor allem dann beobachtet, wenn Menschen in einer christlichen Umgebung frei werden, dann aber in eine Atmosphäre der Zauberei zurückkehren müssen. Das ist häufig der Fall, wenn Menschen aus einem Spiritistenhaus kommen, sich in der Fremde bekehren und dann in ihr dämonisches Elternhaus zurückkehren müssen. Dazu ein Beispiel aus Holland:

B 90 Ein junge kam aus einem Elternhaus, in dem Zauberei getrieben wurde. In der neuen christlichen Umgebung traten bei ihm seltsame Störungen auf, die so merkwürdig waren, daß der Arzt an einen Tumor dachte. Bei der seelsorgerlichen Betreuung verschwanden aber die seltsamen Symptome. Der Junge wurde frei, ein Zeichen, daß es kein Tumor, sondern die dämonische Belastung seiner Eltern war. Als er dann in den Ferien einige Monate in sein Elternhaus zurückgekehrt war, kamen die alten Belastungen wieder. Der Kampf begann von neuem.

Menschen, die befreit worden sind, aber immer wieder in die magische oder spiritistische Umgebung zurückkehren müssen, kommen nie zur Ruhe. Ich gebe solchen jungen Leuten gewöhnlich den Rat: »Bleiben Sie von den Eltern oder von dem Onkel weg, wenn diese Menschen ihre Zauberei nicht aufgeben wollen.« Nicht immer wird ein solcher Rat verstanden. ja, man kann darüber beschimpft werden.
Wer nicht alles beachtet, was die Bibel uns zum Schutz sagt, der ist dauernd in der Gefahr, wieder unter den Einfluß der verjagten Geister zu geraten.

14. Die Waffenrüstung

Es gibt Kämpfe in der unsichtbaren Welt, von deren Existenz und Heftigkeit wir keine Ahnung haben. Die Bibel deutet diesen Sachverhalt manchmal an. So war über dem Leichnam von Mose in der unsichtbaren Welt ein Kampf entstanden Judas 9). In Daniel 10, 13 wird uns vom Kampf Michaels mit dem Engelsfürsten von Persien berichtet; übrigens ein Hinweis, daß es nicht nur für Menschen Schutzengel gibt, sondern möglicherweise auch für ganze Völker.

In Matthäus 4 wird uns von dem weltumspannenden Kampf Jesu mit Satan berichtet. Die Engel schauten zu und warteten darauf, dem Herrn jesus zu dienen und ihn zu stärken (Matth. 4, 11).

Es finden Schlachten in den Luftgebieten statt, die gelegentlich für Menschen, die in Anfechtung sind, transparent werden. Denken wir an die Angst des Knechtes von Elisa, der angesichts der Syrer ausrief: »O weh, was sollen wir tun?« Elisa sprach das klassische Wort: »Derer ist mehr, die bei uns sind, als derer, die bei ihnen sind« (2. Kön. 6, 16). Elisa betete. Da wurden seinem Knecht die Augen geöffnet. Rings um den Propheten waren viele feurige Rosse und Streitwagen.

Solche Kämpfe toben heute mehr denn je. Der Endkampf hat begonnen. In den Luftgebieten »hallt es wider vom Waffenlärm der bösen Geister«. Doch wir sind nicht preisgegeben.
Einer steht uns bei.

B 91 Peter Oktavian erzählte mir von einem Angriff vieler Mohammedaner auf der Insel Sumbaja (Indonesien). Seine Freunde machten ihn auf das Heranrücken einer großen Schar von feindlichen Moslems aufmerksam. Peter antwortete den Freunden: »Wir lassen uns nicht aufhalten. Derer ist mehr, die bei uns sind.«

Die Schar der Gläubigen erhielt dann unerwartet Hilfe durch einen hohen Offizier, der in Zivil unter den Zuhörern war. Der Herr hatte vorgesorgt.

B 92 Bei meiner Vortragsreise in Curitiba in Brasilien plante der Teufel Störaktionen, die ihm aber nicht gelangen. Es saßen drei Frauen mit schwersten okkulten Belastungen in der Kirche. Die erste Frau, die schon 30 Jahre einem christlichen Kreis angehörte, hatte dauernd den inneren Drang: »Schreie laut in die Kirche hinein: Das ist Lüge.« Die zweite Frau, Tochter einer Besprecherin, fiel während meines Vortrages in der Kirche in Trance. Die dritte Frau hörte während der Botschaft den Auftrag: »Lästere Gott! Fluche ihm!« Alle drei kamen nicht zum Ziel. Der Herr band sie. Ohne Störung konnte ich meinen Gottesdienst beenden. Die erste Frau hat das hinterher gebeichtet. Ohne mein Wissen war der Herr den Angriffen der unsichtbaren Welt entgegengetreten.

Wir brauchen aber in solchen Kämpfen unbedingt die Waffenrüstung, ohne die wir den Streit nicht bestehen. Paulus erwähnt in Epheser 6, 1617 den Schild des Glaubens, den Helm des Heils, das Schwert des Geistes. Wer nicht gewappnet ist, der wird eine Beute des Feindes.

Wie tragen wir den Schild des Glaubens? Mein Grundsatz beim Beten ist: Lieber von vornherein glauben und sich dann von Gott enttäuschen lassen  das tritt dann aber nicht ein  als nicht glauben und damit von vornherein Gott enttäuschen.

Wie schützen wir uns mit dem Helm des Heils? Satan flieht, wenn er uns beim Kreuze sieht. Wer die Position des Kreuzes verläßt, wird ein Opfer des Feindes, der das Kreuz umschleicht.

Wie führen wir das Schwert des Geistes? Ich streiche mir einzelne Bibelworte mit Farbstift an, lerne sie auswendig und wende sie tagsüber immer wieder an. Von Maria heißt es: »Sie bewegte diese Worte in ihrem Herzen.« Die Worte, die man im Herzen immer wieder umdreht, überdenkt, werden einem vom Heiligen Geist stets neu beleuchtet und zur Kraftquelle gemacht. Von Luther gibt es ein drastisches Wort. Er sagte: »Man muß Gott seine Verheißungen um die Ohren reiben, bis er uns hört.«

Wer aus einer okkulten Belastung losgekommen ist, muß sorgsam alles in Anspruch nehmen, was das Wort Gottes uns bietet.

B 93 Als die Spanier 1519 unter Ferdinand Cortez das Aztekenreich angriffen, waren die Azteken zuerst mutlos, weil ihre Pfeile an den Brustpanzern der Spanier abprallten. Da entdeckten sie, daß die Beine der Angreifer nicht mit Eisen gepanzert waren. Sie schossen dann nur noch auf die Beine und töteten sehr viele Spanier.

Der Teufel weiß um unsere verwundbaren Stellen. Wir müssen auf seine Tiefschüsse achten. Er greift an unserer schwächsten Stelle an: sei es Hochmut, Geld, Unreinheit, Trägheit, Zorn und anderes. Der Sieg fällt uns nicht leicht in den Schoß. Im Reich Gottes wird gekämpft. Wir schaffen es aber nicht in eigener Kraft, sondern durch ihn, dem alle Gewalt gegeben ist.

15. Verwirklichung des Sieges

Durch die Bibel geht nicht der Ton einer müden Resignation, sondern die Linien des Sieges. Paulus triumphiert in 1. Korinther 15, 57: »Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesus Christus.« Paulus spricht in der Vergangenheitsform. Der Sieg ist ein Perfektum, eine vollzogene Tatsache.

Der eine große Sieg Jesu am Kreuz begründet unsere Siege in der Gegenwart. Die Seelsorge an okkult Belasteten und gar an Besessenen mag noch so schwer sein, noch so zermürbend, es bleibt dennoch die Tatsache des Sieges bestehen.

Wir bringen dazu ein biblisches Beispiel. In 2. Mose 14 steht die wunderbare Geschichte von der Bedrohung Israels durch die verfolgenden ägyptischen Streitkräfte. Das Volk war bestürzt, griff Mose an und klagte Gott an. Vor ihnen lag das Meer. Hinter ihnen die Streitwagen der Feinde. An ein Entkommen war nicht zu denken. Mose brachte die tödliche Bedrohung Israels im Gebet vor Gott. Und er muß nicht nur gebetet, sondern zu Gott geschrien haben. Also ein Gebet in höchster Not. Da antwortete der Herr (2. Mose 14, 15): »Was schreist du zu mir? Sage den Kindern Israel, daß sie ziehen!«  –  Der Sieg war schon bereitet, wenn auch die Kinder Israel nichts davon wußten.

Ich befand mich oft in aussichtslosen Lagen. Kein Ausweg mehr, kein Lichtblick mehr! Keine Hilfe mehr! »Was schreist du so, als ob es keinen Gott gäbe, der die Lösung vorbereitet hat?« Verwirkliche den Sieg und ehre damit den Herrn!

B 94 Zwanzigmal durchzog ich schon die afrikanischen Länder. Von vielen schweren Auseinandersetzungen zwischen der christlichen Botschaft und dem ungebrochenen Heidentum wurde mir berichtet. Im Kongo wurde ein Missionar jahrelang von einem Oberzauberer geplagt. In der Missionsgemeinde wurde viel dafür gebetet. Es reifte allmählich eine Entscheidung heran. An einem Sonntag versammelte der Missionar seine Gemeinde zu einer besonderen Gebetsversammlung in der Kirche. Der Oberzauberer hatte angedroht, daß er an diesem Tag einen furchtbaren Schlag gegen die Christen führen werde. Die Gemeinde war davon verständigt worden. Der Zauberer hatte seine Leute auf einem Hügel vereinigt. Ein schweres Gewitter zog auf. Da erfolgte nur ein einziger Blitzschlag. Kurz danach kam ein Bote mit der Meldung, daß der Oberzauberer davon erschlagen worden war.  –  Der Sieg war bereitet. Die Missionsgemeinde hatte einsteigen dürfen.

B 95 Ein junger Mann war bei mir in der Seelsorge. Als kleiner junge war er gegen eine Erkrankung besprochen worden. Als ich mit ihm betete, fing er an zu lästern und zu fluchen. Ich merkte, daß ich mit dem Gebet nicht weiterkam. Ich blickte im Geiste auf zum Herrn und gebot: »Im Namen Jesu gebiete ich dir zu schweigen.« Er schwieg augenblicklich und fing dann selbst an, den Herrn zu loben und zu preisen. Eine überraschende Wendung! Ein Sieg durch den erhöhten Herrn!

16. Die völlige Auslieferung

Bei dem schrecklichsten Besessenheitsfall, den ich in meiner Seelsorge je hatte, fragte ich die Stimmen, die aus dem Mann sprachen: »Warum laßt ihr ihn nicht in Ruhe?« Die Dämonen antworteten: »We possess him because he did not make a full surrender.«  »Wir besitzen ihn, wir machen ihn besessen, weil er keine völlige Auslieferung an den Herrn vollzog.«

Das ist eine Warnung an die Gläubigen. Die finsteren Mächte nehmen die kleinste Handhabe wahr. Sie finden an irgendeiner Stelle, die nicht dem Herrn Jesus ausgeliefert ist, den Einstieg. Wenn ein Mensch von seinen okkulten Belastungen frei geworden ist, dann darf es dem Herrn gegenüber keine reservierten Gebiete geben. Die Gebiete, die dem Herrn vorenthalten sind, werden vom Feind besetzt.

Es ist ein Unterschied, ob wir die Haltung haben, daß wir bereit sind, alles im Sinne Jesu verwalten zu wollen, oder ob wir dem Herrn selbst die Verwaltung überlassen. Er erwartet von uns eine Kommandoübergabe. Er will Chef unserer Zeit sein, unserer Kraft, unseres Willens, unseres Vermögens, unserer Pläne, unserer Entschlüsse.  –  Jesus sagte (Matth. 11, 27): »Alles ist mir übergeben von meinem Vater.« Sind wir bei diesen »Übergebenen«?

Nur wenn ER der Herr ist, bleiben wir vor anderen Herren bewahrt.

B 96 Ein wunderbares Erlebnis eines meiner Freunde macht das deutlich. Dieser Freund arbeitete seit Jahren auch auf dem Gebiet der okkulten Belastungen. Er warnte in seinen Vorträgen immer vor Zauberei. Eines Tages kam der Anruf eines Arztes. Dieser Mann sagte ihm: »Ich habe magische Bücher und arbeite damit. Ich ärgerte mich über Ihre Warnungen. So wandte ich meine magischen Kräfte gegen Sie an. Sie funktionierten nicht. Sie sind von einer Macht umgeben und beschützt, die größer ist als meine. Nun muß ich die Konsequenzen ziehen.«  –  Die Konsequenzen waren schrecklich. Statt sich Jesus zuzuwenden, nahm sich der Arzt einen Tag nach diesem Gespräch das Leben.

Abgesehen von diesem furchtbaren Ende des Magiers halten wir das eine fest. Mein Freund spürte von den Angriffen dieses Zauberers nichts. Der Stärkere auf seiner Seite hatte seine Hand über ihn gehalten. Das ist eine frohmachende Botschaft in allen Kämpfen und Schwierigkeiten. Wir haben den Stärkeren auf unserer Seite. Der Apostel Johannes bezeugt (l. Joh. 4, 4): »Der in euch ist, ist größer als der in der Welt ist.«

Das biblische Klima

Mit diesen 16 Punkten haben wir verschiedene Stationen der Seelsorge an okkult Belasteten abgeschritten. Es ist keine Methode entwickelt worden. Es wurden keine Rezepte gegeben. Der souveräne Herr kann alle Stufen auf einmal überspringen, wie wir es bei dem Erlebnis B 95 gesehen haben. Gedacht war diese Darstellung nur als Waffenschmiede, in der alles für den Kampf bereitet wird. Es sind manche Hinweise gegeben worden, die in vieljähriger Erfahrung erprobt worden sind. Ein wichtiges Anliegen muß aber noch umrissen werden.

Besessenheitsgeschichten gibt es in allen Religionen, bei den heidnischen Naturreligionen und beim Islam, beim Buddhismus, beim Judentum und Christentum. Die Methoden der Austreibung sind genauso verschieden. Echte Befreiung und nicht nur »Positionsverlagerungen« gibt es nur durch Christus. Des Menschen Sohn hat die Macht (Mark. 2, 10).

Ein anderer Punkt ist wesentlich in dieser Betreuung und Fürsorge für den angefochtenen Menschen. Diese Seelsorge gedeiht nur im richtigen geistlichen Klima. Ein Mensch und seine Nöte ist niemals ein »Fall«, niemals eine »Sensation«, niemals »Objekt unserer Probierversuche«. Befreiungen werden nicht im unbilischen Lärm geschenkt  wenn auch der Kampf mit den Besessenen oft dramatisch wird. Hüten wir uns vor aller Treiberei, vor allem Hochspielen eines Schaustückes.  –  Wir müssen gesund sein im Glauben Nüchtern in unserem Denken Klar und biblisch in unserer Haltung

III. Alles ist Ihm übergeben

Ein letzter Schwerpunkt soll herausgestellt werden. Wir leben in einer Zeit, deren Chaos und Verworrenheit kaum noch zu überbieten ist. Nur der Antichrist wird es noch toller treiben. Drehen wir einmal das Rampenlicht an.  –  In dem Senderaum des größten New Yorker Senders, der Long John Nebel Show, hatte ich einen Weltverbesserer als Gesprächspartner und leidenschaftlichen Gegner. Er widersprach meiner Konzeption von der aus den Fugen geratenen Weltordnung. Er meinte: »Das Leben ist so wunderbar. Die Welt ist so schön. Nur die Unheilspropheten verdüstern alles.« Am gleichen Tag, an dem er mir das sagte, wurde in New York eine Bande mit 3 kg LSD geschnappt. Diese Menge stellt einen Wert von 600 Millionen Mark dar. Sie reicht aus, um 30 Millionen Amerikaner für einige Stunden ins Traumland zu senden.

Seht, welch eine Welt!

Ein andermal, es war im Mai 1969, saß ich unter 50 Jugendlichen. Über ihrer Behausung – geschmückt mit Leninbild und kommunistischen Parolen – flatterte die rote Fahne. In der Stadt heißt dieses Lokal nur »Der rote Turm«. Eine erregte Diskussion kam auf. Die jungen Leute wußten alles besser. Eine Theologiestudentin gehört schon lange zu diesem Kreis. Sie hat schon das theologische Examen hinter sich. Sie gab den Wendepunkt in der Diskussion, indem sie erklärte: »Jesus war ein Homosexueller.« Ich sprang auf und rief: »Das ist Gotteslästerung. Hier kann ich nicht länger bleiben.« Als ich sofort den Raum verließ, rief noch ein junger Mann nach: »Und Maria war eine Hure!«

Seht, welch eine Theologie!

Noch ein drittes Szenenbild unserer Tage. In Nordkorea war es. Viele Christen waren schon seit Jahren nach Südkorea geflohen. Nicht alle Christen hatten die Chance, nach dem rettenden Süden zu entkommen. Deshalb hat Nordkorea viele Märtyrer. Einer der gräßlichsten Verfolgungsakte sei berichtet, damit wir für die verstümmelten Opfer beten. Zehnjährige Kinder wurden von politischen Häschern bei einer heimlich abgehaltenen Sonntagsschule entdeckt. Die kommunistischen Folterknechte bereiteten dieser Sonntagsschule ein entsetzliches Ende. Sie schlugen den Kindern die Eßstäbchen in die Ohren, zerstörten das Gehör und machten sie damit taub. Diese Kinder können nun nie mehr in ihrem Leben Gottes Wort hören.

Seht, welch eine Politik!

Es war ein hoher Beamter. Pilatus hieß er. Mit den einflußreichen jüdischen Führern wollte er gut Freund sein. Darum gab er gegen sein eigenes Wissen und Gewissen den Verachteten preis. Geschlagen wurde das Opfer. Dornen preßten sie ihm aufs Haupt. So führten ihn die Kriegsknechte heraus auf die Plattform. Und der stolze, feige Römer wurde ohne sein Wissen zum Prophet, als er sagte.

Seht, welch ein Mensch!

In der verrotteten Welt, in der satanisch inspirierten Theologie, in der dämonisierten Politik steht ein Mensch, der sich unter alles beugt, der alles trägt, der alles erträgt. Ein Mensch, anders als die anderen Menschen.  –  Ist er ein Mensch, der im Dunkel geendet hat? Ein Mensch, der mit seinen Ideen bankrott gemacht hat? Ein Mensch, der ein hoffnungsloser Phantast gewesen ist?

Nein, er ist ein Mensch ohnegleichen. Im Gewand der Niedrigsten ist er der Höchste. Im Gewand der Ohnmacht trägt er verborgen die höchste Machtfülle. Er ist der Mensch, Sohn Gottes zum Mensch geworden, der den Himmel verließ, um uns Menschen den Himmel zu öffnen.

Er beendet und erneuert die verkommene Welt. Er zerbricht die satanische Theologie, den falschen Propheten des Abgrundes. Er setzt dem politischen Untier sein Ziel. Ein Ende bereitet er auch der bis ins Mark verfaulten Zivilisation des Westens. Er tut’s, denn Gott hat ihm alles übergeben. Über der Endkatastrophe steht ER und seine Verheißung: Siehe, ich mache alles neu!


Die Hervorhebungen wurden von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im Mai 2008

Veröffentlichungen von Dr. Kurt E. Koch


Seelsorge und Okkultismus

Okkultes ABC
Weichenstellung

Wie findet manJesus

Die Geistesgaben

Heilung und Befreiung

Besessenheit und Exorzismus

Christus oder Satan (Wahrsagen, Magie, Spiritismus, Wider das 6./7. Buch Mose, Wunderheilungen)

Unser Leben nach dem Tode


Koreas Beter

Untergang der freien Welt

Tag X

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Die Völker in heilsgeschichtlicher Sicht (P.B.)

Peter Beyerhaus

Die Völker in biblisch-heilsgeschichtlicher Sicht

Wenn wir die Frage nach dem Volk, nach unserem eigenen Volk-Sein in den thematischen Mittelpunkt dieser ersten Versammlung unseres theologischen Konvents im neuen Jahrtausend gestellt haben, so ist es uns durchaus bewußt, daß wir damit ein Wagnis eingegangen sind. Denn der Begriff des Volkes ist sowohl in politischer, kultureller und auch theologischer Beziehung ein problematischer geworden. Ist er doch in unserem Jahrhundert durch zwei ideologische Diktaturen überstrapaziert und verfremdend mißbraucht worden. In der NS-Zeit wurde er zum Inbegriff einer rassistischen Pseudo-Religion, in deren Namen viele Millionen Menschenleben gewissenlos aufgeopfert wurden nach dem zynischen Motto “Du bist nichts, Dein Volk ist alles!”

In der Ära des etablierten Sozialismus bekam das Wort eine klassenkämpferische Bedeutung. Es stand für den Anspruch, daß in jenem östlichen Machtbereich die Herrschaft tatsächlich an die arbeitende Klasse als deren rechtmäßigen Inhaber übergegangen sei. Dabei war sie aber in Wirklichkeit bevormundet von einer privilegierten Oligarchie von Parteifunktionären usurpiert, – unter Mißachtung der vitalen Wünsche und Rechte der Mehrheit der Bevölkerung. Der Protestruf in den Großstädten der DDR im Oktober 1999 “Wir sind das Volk!” ließ die heuchlerischen Fassaden endgültig einstürzen. Dabei wurde allerdings weder damals noch später recht deutlich, auf welchen geistigen und ethischen Fundamenten das aus vierzigjähriger Tyrannei befreite und mit seinen Stammesverwandten auf der westlichen Seite wieder vereinte Volk sein Leben in echter Freiheit, Würde und kultureller Entfaltung gestalten wolle.

So stellt sich uns zehn Jahre danach tatsächlich die selbstkritische Frage, die wir als Leitmotiv dieser Konventstagung formuliert haben: “Sind wir noch ein Volk?” Diese Frage bewegt uns aus vielen Gründen:

Erstens ist es angesichts der rapiden Auflösung vieler Werte und Strukturelemente, welche zum Wesen eines Volkes gehören, fraglich, in welcher Hinsicht heute noch von einer volkhaften Identität der Einwohner dieser Republik gesprochen werden kann.

Zweitens wird uns im Zuge der sogenannten “Vergangenheitsbewältigung” der Volkbegriff als eine Hauptquelle nationalistischer Selbstüberhebung und Vergewaltigung als faschistoid diskreditiert und deswegen durch andere gängige Bezeichnungen wie “Gesellschaft”, “Bevölkerung”, “Einwohnerschaft” oder “Bürgerinnen und Bürger” ersetzt.

Drittens wird im Zuge der Einwanderungspolitik das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vorrangig zum Experimentierfeld eines multi-kulturellen Verschmelzungsprozesses bestimmt. Viertens wurde schon im Augenblick der sogenannten Wende die Vereinigung der beiden getrennten Teile Deutschlands nur als eine Durchgangsstufe für ein Aufgehen in dem weiteren Zusammenschluß zunächst zum Vereinten Europa, darüber hinaus aber zu einer geeinten Welt erklärt. Im Zuge dieser Globalisierung wird z.B. schon heute die Bundeswehr zielbewußt in Ablösung ihrer bisherigen Aufgabe der Landesverteidigung umfunktioniert zu einer internationalen Eingreiftruppe als Vorstufe einer zukünftigen Weltpolizei.

Schon heute aber existiert die “One World” im Bewußtsein vieler Millionen Internet-Benutzer, welche die bisherige greifbare Wirklichkeit als unmittelbare Lebenswelt durch die visionäre Welt der “virtual reality” ersetzt haben. Es ist deswegen heute sehr schwer, unserer gegenwärtigen jüngeren Generation, die von diesen Faktoren geprägt ist, deutlich zu machen, was mit dem Begriff, “Volk” überhaupt gemeint ist. Angesichts dieser vielschichtigen Entwicklung stellt sich uns die Frage, wie sinnvoll es ist, den einst so hochrangigen Begriff “Volk” überhaupt noch zu gebrauchen. Wichtiger noch ist die weitergehende Frage, ob es denn eine politische Aufgabe sei, sich für die Erhaltung der mit diesem Begriff bezeichneten Wirklichkeit einzusetzen. Zugespitzter wollen wir fragen, ob es auch zu den Christenpflichten gehöre, sich an diesem Ringen zu beteiligen, und falls ja, mit welcher theologischen Begründung. Damit stehen wir beim Thema dieses ersten Vortrages:

Die Völker in biblisch heilsgeschichtlicher Sicht

I. Die Völker im Blickfeld Gottes des Schöpfers und Erhalters

Daß es sich bei dem Begriff “Volk” um ein zentrales Anliegen in der biblischen Wirklichkeitsschau handelt, zeigt schon ein flüchtiger Blick in die Konkordanz. Es ist in der Tat eines der am häufigsten vorkommenden Wörter, angefangen von der sogenannten Völkertafel im 10. Kapitel der Genesis, bis hin zur letzten Seite der Johannesoffenbarung. Dabei fällt auf, daß in der Bibel fast durchweg der Plural “Völker” gebraucht wird, wenn es sich um die gegliederte Menschheit als ganze handelt. Ihr steht gegenüber das eine Volk Israel, das sich Gott aus der Mitte der übrigen Völkerwelt zum Gegenstand seines besonderen Handelns in seinem Heilsplan erwählt hat, das Volk im engeren Sinne, das im Neuen Testament seine soteriologische Weiterführung in der Kirche, dem Israel nach dem Geist findet.

Theologisch umstritten ist die Frage, ob es sich bei der Aufteilung der Menschheit um verschiedene Völker um eine “Schöpfungsordnung” handelt, die zur ursprünglichen Bestimmung des auf Gemeinschaft hin angelegten Menschen gehört. Oder aber ist die korporative Pluralität der Völker erst als Folge der sich ausbreitenden Ursünde der Menschen entstanden und ist darum eher als “Erhaltungsordnung” zu verstehen, durch welche Gott der sündhaften Selbstzerstörung der Menschen einen Damm vorbauen wollte. Über diese Frage hat der Wissenschaftliche Beirat unseres Theologischen Konvents auch bei der Vorbereitung dieser Tagung nachgedacht. Ein eingehendes Studium vor allem der Urgeschichte, wie sie sich in den ersten 11 Kapiteln der Genesis darstellt, zeigt, daß beide Antworten einander nicht ausschließen, sondern vielmehr komplementär bzw. dialektisch zu verstehen sind.

In der bereits erwähnten Völkertafel von 1Mo 10 gliedert sich die gesamte nachsintflutliche Menschheit in eine universale Völkerfamilie. Sie ist hervorgegangen aus den drei Söhnen des Noah und zerfällt dementsprechend in die drei Hauptgruppen: den Semiten, Hamiten und Japhetiten. Diese wiederum sind sippenmäßig organisiert; sie unterscheiden sich nach Sprache, Sitte und Wohnraum und bevölkern so die Erde.

Die Völker erscheinen also hier, wo sie erstmalig genannt werden, in einer offenbar von Gott gewollten und unter seinem Segen stehenden Mannigfaltigkeit, und als solche treten sie ihren Gang in die Geschichte an. Das, was Gott hier bereits bei der Erschaffung des ersten Menschenpaares in diese Krönung seines Schöpfungshandelns genetisch und segnend gelegt hat, nämlich Personalität, Sinnhaftigkeit, Gemeinschaftsfähigkeit, Kreativität und Geschichtlichkeit, verwirklicht sich in der Folge nicht rein individuell, sondern im Rahmen einer organischen Zusammengehörigkeit charakteristisch verschiedener Menschengruppen, welche jede in ihrem Bereich und auf ihre Weise den Kulturauftrag des Schöpfers erfüllen, sich das Erdreich untertan zu machen und es in Gottes Auftrag zu bebauen und zu verwalten.

In der Erfüllung dieser Bestimmung stehen die Völker nun unter einer ihnen universal gegebenen Verheißung. Es ist das Versprechen, daß Gott nach der Errettung der Sippe Noahs in Antwort auf das von diesem Ihm dargebrachten Dankesopfer gegeben hat: Gott erneuert seinen durch die Sünde vertanen ursprünglichen Segen über seine gesamte Schöpfung. Er bestätigt den Menschen bemerkenswerter Weise, daß sie nach seinem Ebenbild erschaffen sind, und das er ihnen trotz der durch den Fall eingetretenen Sündhaftigkeit ihres Wesens gewähren will, solange diese Erde besteht. Auch der einst im Paradies erteilte Kulturauftrag wird erneuert mit den Worten: “Ihr aber – seid fruchtbar und mehret euch, seid regsam auf der Erde und werdet zahlreich auf ihr”.

All diese Verheißungen und Aufträge werden nun feierlich sanktioniert durch den Bundesschluß Gotte mit Noah und seines Sohnesfamilien, der der erste in der Bibel überhaupt berichtete Bund ist. Er gilt der gesamten Schöpfung mit all ihren Lebewesen, besonders aber dem Menschengeschlecht. Er stellt die Grundlage bzw. die Rahmenbedingung auch für die späteren spezifisch heilsgeschichtlichen Bundesschlüsse mit Abraham, Mose, David und am Ende in Jesus Christus dar. Dieser Bund trägt als solcher zwar noch keinen Heilscharakter, sondern er gilt der Bewahrung der physischen, leiblich-seelischen Existenz. Er stellt aber die elementar Voraussetzung für die dereinstige Mitteilung des ewigen Heiles durch die volle Annahme der wiedergeborenen Menschen in die Gotteskindschaft dar. Von hier her gesehen stehen also auch die aus der Nachkommenschaft der drei Noah Söhne entspringenden Völker unter einem ihnen verbrieften Schutz und Segen Gottes und beschließt sie damit in seinen eschatologischen Heilsplan ein. Aus diesem Grund überlässt Gott auch die außerhalb seines besonderen Offenbarungshandeln an Israel stehenden heidnischen Völkern nicht einer totalen geistlichen Blindheit. Vielmehr manifestiert er sich in seiner allgemeinen Offenbarung, in den Werken seiner Schöpfung auch ihnen gegenüber als der allmächtige, weise, gütige Schöpfergott, und er schreibt in die Herzen aller Menschen sein ewiges Sittengesetz, nach dem sie unterscheiden können was gut und böse ist und erfahren, auf welcher ethischer Basis Gott sein Gericht über sie sowohl innergeschichtlich als dereinst am Ende ergehen lassen werde. Den Verantwortungsträgern der Völker, ihren Regenten, obliegt die hohe Verantwortung, in Vertretung Gottes selbst über die Einhaltung seiner Ordnungen zu wachen:

Paulus hebt diese Würde der staatlichen Regierungen in dem sozial-ethisch so bedeutsamen Römer 13,1-6 hervor: “… es gibt keine Obrigkeit ohne von Gott bestellt zu sein, und wo immer eine besteht, ist sie von Gott verordnet … sie ist Gottes Dienerin … . Darum muß man ihr untertan sein, und zwar nicht nur aus Furcht vor Strafe, sondern um des Gewissens willen.”
Bei Paulus bezieht sich diese Aussage nicht ausdrücklich auf die Regierungen der Völker, die jedoch eingeschlossen sind, sondern auf jegliche staatliche Ordnungsmacht. Daß jedoch auch für das Neue Testament die Menschheit wesentlich in Völker gegliedert ist, wird daraus deutlich, daß als ihre Regenten vielfach Könige genannt werden. Vor allem aber gibt es zum Staunen Anlaß, daß sogar am Ende des Offenbarungsbuches 21,24 von der eschatologischen Gottesstadt, dem himmlischen Jerusalem in der neuen Schöpfung gesagt wird:
“Die Völker werden in ihrem Lichte wandeln, und die Könige der Erde bringen ihre Schätze in sie hinein.”
Dies erscheint mir der stärkste und ausdrücklichste biblische Beleg für die theologische Überzeugung zu sein, daß die Völker eine Größe bilden, die seinshaft im Schöpfungsplan Gottes verankert ist, einen festen Platz in seinem Geschichtshandeln einnehmen und eine sich in der Ewigkeit vollendenden Bestimmung besitzen.

Nun gibt es aber neben der soeben aufgewiesenen positiven Linie biblischen Redens über die Völker auch eine andere, die zu ersterer in einem schwer zu überbrückenden Gegensatz zu verlaufen scheint. Hier werden die Völker nämlich nicht auf ihren Ursprung in Gottes Schöpfungshandeln und als Gegenstand seines bewahrenden und segnenden Handelns, sondern im Gegenteil in ihrer permanenten Auflehnung gegen ihn, der Herrschaft fremder Götter dienend beschrieben. Als solche stellen sie für das besondere Gottesvolk eine äußere und innere Bedrohung dar und bilden deswegen vielfach den Gegenstand von Gottes Zorneshandeln. In dieser Perspektive erscheinen die Völker erstmalig in Genesis 11, also paradoxer Weise unmittelbar im Anschluß an die Völkertafel in Kapitel 10 im Zusammenhang mit dem Bericht vom Turmbau zu Babel und Gottes deswegen ergehenden Strafgericht.
Weil die zunächst sozial gegliederte aber doch durch eine gemeinsame Sprache, Kultur und Religion verbundene Menschheit sich zusammenrottet, um in der Weltstadt Babel ein Einheitsreich zu bilden, sich einen selbstherrlichen Namen zu machen und darüber hinaus sich durch jenen – wohl astrologischen Zwecken dienenden – Turmbau Zugang zur metaphysischen Himmelswelt verschaffen will, fährt Gott in seinem Zorn herab und antwortet mit der Zerteilung der Menschheit und der Verwirrung ihrer Sprachen. Dadurch wird künftig eine gegenseitige Kommunikation erschwert, ja sogar unmöglich.

Nach Genesis 11 ist die Zerspaltung der Menschheit in verschiedene Völker also die Auswirkung eines urzeitlichen Fluches, durch den der titanische Hochmut der gefallenen Menschheit gestraft werden soll. “Hier tritt”, bemerkt Walter Eichrodt, “die Verschiedenheit der Völker nicht als Reichtum, sondern als Beschränkung und Absperrung ihres Bewußtseins und begründet das furchtbare Gegeneinander von Nationen und Rassen auf eine Verschiedenheit der geistigen Grundstruktur, durch die die Kraft der Menschheit unheilbar gelähmt wird.”

Auch diese düster Linie biblischen Redens über die Völker in ihrer geistigen Wesenheit und ihrem Verhalten zieht sich – vielleicht sogar noch kräftiger – durch alle biblischen Bücher, zumal – aufgrund unmittelbarer geschichtlicher Erfahrungen – die alttestamentlichen Schriften. Sie kulminiert in dem endzeitlichen Aufstand aller Völker gegen Gott, seinen Gesalbten und sein Eigentumsvolk und endet mit dem angekündigten Zornesgericht über die Völker am eschatologischen Jom Jahwe, dem Tag des Herrn.

Das prophetische Thema der Messias-Schlacht wird in letzter Erfüllung wieder aufgenommen in Offenbarung 19, 11-16. Hier erblickt der Seher Johannes aus dem geöffneten Himmel, den auf einem weißen Roß in furchterregender Herrlichkeit an der Spitze der himmlischen Heerscharen herabkommen, um durch seine geistliche Macht das universale Strafgericht über die Nationen nun nicht etwa individuell sondern in ihrer korporativen Verfaßtheit zu vollziehen: “Aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert hervor, mit dem er die Völker schlagen soll, und er wird sie mit eisernem Stab weiden” (Ps 2,9), und er ist es, der die Kelter des Glutweines des Zornes des allmächtigen Gottes tritt. Seine überragende Autorität gegenüber den Repräsentanten der Völker kommt in seinem Namen zum Ausdruck: “König der Könige und Herr der Herren” (Off 19,16).

Es fällt nicht leicht, diese beiden konträren biblischen Perspektiven auf die Völker in Übereinstimmung zu bringen. Ganz verkehrt wäre es jedoch, den vermeintlichen Widerspruch durch ideologiekritische Ausscheidung einer der beiden Linien aufzulösen, obwohl dies immer wieder geschehen ist und noch geschieht. Israel tat dies zu bestimmten geschichtlichen Notzeiten, indem es sich selbst als das einzige zukunftsträchtige Auswahlvolk den feindlichen Nationen gegenüber in religiösem Chauvinismus absolut setzte. In manchen Zeiten weist man diese negative Linien einem religionsgeschichtlich überwundenen primitiven Stadium zu und löst den Widerspruch in der Verabsolutierung der Segenslinie universalistisch auf: Alle Völker bilden dann in gleicher Weise mit ihren unterschiedlichen Kulturen und Religionen den Gegenstand der geschichtlichen Evolution, und in Verschmelzung dieser Besonderheiten wird am Ende das globale Friedensreich, die Weltzivilisation entstehen.

Es ist diese zweite Form ideologiekritischen Umgangs mit dem biblischen Gesamtzeugnis über die Rolle der Völker in Gottes Heilsplan, welche sich heute fast allgemein in den politischen Theologien sowie der pluralistischen Ideologie der Religionen durchsetzt. Sie liegt auch der “utopischen Vision” des ÖRK und dessen kosmopolitischen Agieren zugrunde, wie wir dies in den Verlautbarungen unseres Theologischen Konventes seit der Berliner Ökumene-Erklärung im Mai 1974 immer wieder aufgewiesen und dokumentiert haben. Dem haben wir jedes Mal erneut die heilsgeschichtlich differenzierende Schau der Bibel diakritisch entgegengestellt, und wir haben die Absicht, dies auf unserer zweiten Konventstagung in Berlin erneut zu tun.

II. Die Völker im Licht von Gottes Erwählungshandeln mit Israel
     und seines Erlösungswerkes in Jesus Christus

A. Die Berufung Israels aus den Völkern

Das wesentliche Kennzeichen der alttestamentlichen Geschichtstheologie liegt in der eigentümlichen dialektischen Gegenüberstellung des einen Volkes Israels und der Umwelt der übrigen Völker. Dieser zentrale Unterschied kommt schon im Sprachgebrauch dadurch zum Ausdruck, daß hier zwei hebräische Synonyme für die soziologisch gesehen gleiche Größe “Volk” bzw. “Nation” einander gegenübergestellt werden, nämlich am und goj. Die alttestamentlichen Schriftsteller bezeichnen Israel im theologischen Sinne häufig als am Jahwe, das heißt das Volk Jahwes, des göttlichen Herrn; gelegentlich allerdings, in theologisch weniger betontem Zusammenhang kann auch Israel als sozial-politisch-rechtliche Größe goj genannt werden. Die übrigen Völker sind als einzelne meist als goj bezeichnet, in ihrer Israel gegenüberstehenden Totalität werden sie stets als Gojim (Plural von goj) bezeichnet, und diese meist im abschätzigen Sinne. Dabei ist der entscheidende Aspekt nun der, daß sie, die Gojim, im Unterschied zu Israel nicht Gegenstand einer besonderen heilshaften Erwählung geworden sind; statt dessen stehen sie außerhalb der besonderen Offenbarungs- und Errettungsgeschichte, in welcher Gott Jahwe nach seinem souveränen Ratschluß nun einmal mit dem numerisch und politisch eher unscheinbaren einen Volk Israel sich eingelassen hat, es ist eine Geschichte, die nicht etwa einen lediglich die Israeliten bzw. Juden interessierenden zeitlich und räumlich begrenzte Partikulargeschichte darstellt. Vielmehr bildet sie das zentrale Thema der biblisch bezeugten Heilsgeschichte und ist deswegen ebenfalls von eschatologischer Bedeutsamkeit. Es ist nämlich keineswegs so, daß das AT etwa eine partikulares Stück der orientalischen Literaturgeschichte bildete, das man wie schon einst Marcion meinte, und später die DC in Gemeinsamkeit mit Alfred Rosenberg verächtlich erklärten, das AT als Judenbuch den Juden überlassen könnte, während erst mit dem Erscheinen Jesu im NT eine die gesamte Menschheit angehende universale Religion hervorgetreten sei.

Nein, die Sonderheit, ja überzeugende Bedeutung Israels spielt auch in Jesu Sendungsverständnis und seiner Verkündigung, wie später bei Paulus vor allem in Rö 9-11, eine wichtige Rolle. Am Ende wählt dieses Volk in der Vision der Johannesoffenbarung bei der Versiegelung einer Auswahl von 144.000 aus den zwölf Stämmen Israels (Off 7) wieder in den Blick. Die heilsgeschichtliche Sonderstellung des ersterwählten Volkes bleibt also bis in das Eschaton hinein bewahrt, auch wenn sie dann, wie wir noch sehen werden, vergeistlichend ausgeweitet sein wird. Worin liegt nun aber die Begründung für diese eigentümliche und immer wieder irritierende Sonderstellung des einen Volkes Israel, auf welches sich das Interesse der biblischen Autoren weitestgehend konzentriert, worin besteht das Verhältnis des einen Volkes Gottes zu allen übrigen Völkern, Israels in friedlichen Zeiten als kulturelle und kommerzielle Partner begegnenden Nachbarn, die ihm zu Kriegszeiten aber auch feindlich gegenübertreten, so daß das in Bedrängnis geratene Volk in seinen Gebeten, Liedern und Prophetensprüchen den Zorn Gottes auf sie herabfleht? Heißt das, daß die Existenz anderer Völker als solcher letztlich eine bloße Übergangserscheinung ohne bleibenden Wert aufzufassen ist? Wir haben diesen irrtümlichen Gedanken schon zuvor durch einen Hinweis auf die biblische Zukunftsschau abgewiesen. Es kommt vielmehr alles darauf an, die immer naheliegenden Mißverständnisse auszuräumen und das Verhältnis recht, und das heißt heilsgeschichtlich, zu bestimmen. Die Erwählung Israels stellt, das weisen die biblischen Autoren bzw. das weist Gott durch sie ausdrücklich ab, keineswegs die Privilegierung einer kleinen ethnischen Gruppe gegenüber allen übrigen Völkern dar, wodurch diese zu einer massa perditiones degradiert wäre. Gott hat bei der wunderhaften Herausführung der zwölf Stämme Israels aus Ägypten, bei seinem Bundesschluß mit ihnen am Sinai und bei ihrem Einzug in das Gelobte Land die übrigen Völker keineswegs aus seinem Blickfeld verloren. Im Gegenteil ist er auch weiterhin auch an ihnen interessiert. Er ist dies in Treue zu seinem Noah-Bund in seinem Segenshandeln als universaler Schöpfer. Er ist es auch in seinem Geschichtshandeln, in welchem er einzelne Völker wegen ihrer Verbrechen gegen sein universales Sittengesetz strafend zur Rechenschaft zieht, oder – eine erstaunliche Feststellung in alttestamentlicher Perspektive! – dadurch, daß er ein einzelnes Volk zum Instrument seines Züchtigungs- bzw. Rettungshandeln macht, wie z.B. Kyros, den König der Perser, bei der Befreiung Israels aus Babylon. Auch darüber hinaus verfolgt Gott mit den Völkern einen unumstößlichen Heilsplan, der trotz all ihrer Verblendung und ihrer Unbotmäßigkeit schließlich im weltweiten messianischen Friedensreich zur Vollendung kommen wird. Im zweiten Kapitel des Jesajabuches finden wir die großartige, in Micha 4 aufgenommene Vision von der endzeitlichen Erhebung des Tempelberges des Herrn zum geistlichen und zugleich politischen Zentrum der Menschheit. Diese soll dann in einer zentripetralen Bewegung völkerweise nach Zion herbeiströmen, um hier das Gottesrecht zu empfangen. Sie werden danach ihr eigenes nationales Leben gestalten, und dies wiederum als Voraussetzung für eine universale Friedensordnung: “Dann werden alle Heidenvölker zu ihm [dem Tempelberg] strömen und zahlreiche Völkerschaften hinwallen und sagen:

‚Kommt laßt uns zum Berge des Herrn hinaufziehen, zum Hause des Gottes Jakobs, damit er uns über seine Wege belehre und wir auf seinen Pfaden wandeln! … Dann wird er zwischen den Völkern richten und vielen Völkerschaften Recht sprechen; … kein Volk wird noch gegen ein anderes Volk das Schwert erheben, und sie werden sich hinfort nicht mehr auf den Krieg einüben.”

Hier wird nun in eschatologischer Perspektive deutlich, daß die Herausstellung des einen Volkes Israel als des Gottesvolkes schlechthin gegenüber allen anderen Völkern keineswegs eine partikularistische Isolierung bildet. Im Gegenteil geschieht gerade diese Erwählung als eine Berufung zu einer universalen Friedensmission, die allen übrigen Völkern zum Heile dienen soll. Das zeigt sich geheimnisvoll verborgen bereits in der Berufung Abrams, dessen neuer Ehrennamen Abraham ihn ja zum geistlichen Ahnvater vieler Völker bestimmt. Ihm wird eine reiche Nachkommenschaft in einem großen Volke sowie der Besitz des gelobten Volkes Kanaan als ewiges Erbe versprochen. Die Verheißung kulminiert dann aber alle biologischen und patriotischen Grenzen transzendierenden Aussagen: “Und in dir sollen gesegnet sein alle Geschlechter der Erde” wobei der Begriff “Geschlechter” hier im Sinne der Völkertafel die biologischkulturelle- soziale korporative Einheit von Menschen anspricht. Völlig unverhüllt kommt diese heilsgeschichtliche Deutung des göttlichen Erwählungshandelns zum Ausdruck in den programmatischen Worten, die nach dem Exodus aus Ägypten Mose im Auftrag Jahwes zum Verständnis dieses erstaunlichen Geschehens und des Sinnes seiner künftigen Geschichte an Israel richtet. Wir lesen in Ex 19, 3-6:

“So sollst du … den Kindern Israels verkündigen: ‚Ich selbst habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan und wie ich Euch auf Adlersflügeln getragen und euch hierher zu mir gebracht habe. Und nun wenn ihr meinen Weisungen willig gehorcht und meinen Bund haltet, so sollt ihr aus allen Völkern mein besonderes Eigentum sein; denn mir gehört die ganze Erde; ihr aber sollt mir ein Königsreich von Priestern und ein heiliges Volk sein.’” Erst in diesem Augenblick, nach der Rettung aus dem Lande der Knechtschaft und vor dem historischen Bundesschluß am Sinai, werden die Stämme Israels im wahren Sinne zu einem Volke konstituiert. Aber es ist kein gewöhnliches Volk im ethno-politischen Sinn. Vielmehr ist es ein Volk suigeners besonderer Art, das seine Existenz, seine Sinnmitte, seinen Zusammenhalt ganz und gar in seinem engen Verhältnis zu seinem Erlösergott Jahwe findet, der es sich zu seinem Eigentumsvolk, zu seinem heiligen Volk erkoren hat. Seine Würde findet es in der unmittelbaren Bindung an ihn, der ihm in seinem Bund Heil und Segen aufgrund seiner Realpräsens in seiner Mitte verspricht. Der Sinn darin liegt aber in der Beauftragung, die dem Gottesvolk zuteil wird: Es soll in Gottes Bevollmächtigung ein Königreich von Priestern bzw. königliches Priestertum bilden. Das heißt nicht etwa, daß jeder einzelne Israelit künftig sakrale Aufgaben im Kultheiligtum zu versehen habe. Vielmehr bedeutet Israels korporatives Priestertum, daß es in seiner Gesamtheit, durch seine Existenz selbst, eine geistliche Mittlerrolle zwischen Gott und der Gesamtheit aller Völker ausüben soll. Im Leben und Wirken Israels soll der heilige, dem Leben der Menschen dienende Wille Gottes in aller Öffentlichkeit zur Darstellung gebracht werden. Dadurch sollen in Nachahmung dieses Beispiels und in Übernahme der Glaubensüberzeugung dieses Volkes auch die übrigen Völker aus ihrer bisherigen geistlichen Blindheit und ethischen Verkommenheit den Weg zurück in ihre ursprüngliche Schöpfungsbestimmung finden. Dabei muß ein zweifaches miteinander festgestellt werden: einerseits lassen sich angesichts der Sonderstellung Israels in Gottes souveränem Erwählungshandeln nicht alle Aussagen die über die Stellung dieses Volkes und über seine Aufgaben gemacht werden, so verallgemeinern, daß jedes andere Volk sie unmittelbar auf sich selbst beziehen dürfte. Ich denke an die uns immer etwas unheimlich berührenden alttestamentlichen Anweisungen zum heiligen Krieg, den Kriegen Jahwes, die Israel gegen seine heidnischen Nachbarn in Gottes Auftrag in größter Schärfe auszufechten hatte. Sie besaßen eine letztlich typologisch zu verstehende geschichtlich einmalige Funktion, die im Neuen Testament entgültig vergeistlicht wurde. Es ist also nicht legitim, im Sinne etwa der modernen evangelikalen Dominion Theology theokratische Staatsverfassungen aus den einst Israel gegebenen Geboten abzuleiten. Andererseits zeigt gerade die Jesajavision, daß das Leben des Volkes Israel im Zusammenleben seiner Glieder Vorbildfunktion hat, an dem sich auch die übrigen Völker durch das von Israel vermittelten Gottesrechtes ausrichten sollen. Insofern ist es durchaus berechtigt, aus der Modellfunktion des Volkes Israel Leitbilder und Maßstäbe für das Leben anderer sozialer Verbände in volkhafter Gestaltung abzuleiten. Das wäre in besonderer Weise die Einrichtung des Königtums als Repräsentation in erster Linie nicht des Volkswillens, sondern als irdischem Statthalter Gottes. Der König hat in dessen Bevollmächtigung in seinem jeweiligen Verantwortungsbereich das in Gottes Willen gegründete Recht auszurichten und zu wahren. Wir wissen aus der tragisch verlaufenen Geschichte Israels, daß Gottes ersterwähltes Volk an dieser seiner erhabenen Aufgabe, in enger Verbindung mit seinem Gott für die übrige Völkerwelt ein königliches Priestervolk zu sein, innerhalb der in den beiden biblischen Testamenten berichteten Geschichtsepoche gescheitert ist. Weil Israel seine Rolle immer wieder in Analogie zum Selbstverständnis anderer, größerer Nationen nationalistisch und opportunistisch mißverstanden hat, wurde ihm schon bei der babylonischen Gefangenschaft die politische Eigenstaatlichkeit genommen. Der Sinai-Bund, in welchem der priesterliche Auftrag Israels gründete, war von dessen Seite durch seinen religiösen und ethischen Ungehorsam gebrochen. Am Ende blieb – wie wir aus dem NT wissen – nur noch eine kleine Schar von Bundestreuen, die Stillen im Lande zurück, welche auf die Erlösung Israels von seiner Sündenschuld als Grundvoraussetzung der Wiederaufrichtung der messianischen Herrschaft des Hauses Davids harrten. B. Jesus, Israel und die Völker

Dies war nun die geschichtliche Situation, in welche Jesus von Nazareth mit seiner messianischen Verkündigung eintrat. Es ist bedeutsam, daß er durchaus an die prophetischen Erwartungen einer künftig aufgerichteten Gottesherrschaft anknüpfte. Dabei verkündigte er nicht etwa wie die Liberale Theologie ihn mißverstanden hat, eine vergeistigte Idee des Himmelreiches, die auf einem verinnerlichten Gottesbegriff und einer universal zu praktizierenden Liebesethik beruhte. Nein, auch er wandte sich – das geht schon aus den Ankündigung seiner Geburt in den Evangelien hervor – direkt an sein eigenes Volk und nahm dessen Erwartungen wieder auf. Ausdrücklich erklärt er der syro-phönizischen, blutflüssigen Frau, er sei nur gekommen zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Er sieht seinen irdischen vorösterlicher Auftrag darin, diese aus ihrer Zerstreuung zu sammeln und von ihren geistlichen Verwundungen zu heilen. Aber auch dieses sein sammelndes Bemühen darf nicht als einer patriotischen Horizontverengung entspringend mißdeutet werden. Nein, für Jesus war die Sammlung und geistliche Wiederherstellung Israels die Grundvoraussetzung für die Aufrichtung des von den Propheten geweissagten Friedensreiches Gottes, das sich von der Basis Israel über alle Völker erstrecken sollte. Diesem Ziel dient auch die Berufung seiner Jünger – deren Zwölfzahl typologisch bedeutsam ist, als Repräsentanten der zu sammelnden 12 Stämme des neuen Israel. Er verheißt ihnen, die um seiner Nachfolge willen alles verlassen haben, daß sie dereinst in der Gottesherrschaft auf zwölf Thronen sitzen sollen um die Stämme Israels zu richten. Zugleich vollzieht sich schon in seinem irdischen Wirken eine Vergeistlichung und beginnende ethnische Begrenzung des wiederherzustellenden Volkes Israel. Entgegen seiner primären Sendung an die Glieder des Volkes Israel im genealogischen Sinn läßt er es zu, daß einzelne Heilssuchende wie jene kanaanäische Frau und der römische Hauptmann von Kapernaum, aufgrund ihres erstaunlichen Glaubens Anteil bekommen an dem von ihm gebrachten eschatologischen Heil. Schon Jesus selbst entgrenzt antizipierend das Volk Israel aus dessen nationaler Bestimmtheit, indem er in seiner Jüngergemeinschaft das Fundament für seine künftige ecclesia legt, das neue Gottesvolk derer, die an ihn glauben und ihm angehören, das er aus allen Völkern sammelnd herausrufen will. Grundlegende Voraussetzung für diese endgültige heilsgeschichtliche Entgrenzung des Gottesvolkes ist allerdings, daß er zuvor seine eigene Heilssendung durch sein Erlösungswerk krönt. Am Kreuz von Golgatha bringt er in Erfüllung der Weissagung vom leidenden Gottesknecht (Jes 53) das Sühneopfer zur Tilgung der Sünden der vielen dar. Das Wort “für die vielen” ist nach der Deutung Joachim Jeremias universal im Sinne als “für alle”, d.h. nicht nur für die Juden, sondern auch für die Heidenvölker bestimmt. Diese Deutung seines Sterbens gibt Jesus schon am Vortage bei der Einsetzung des Heiligen Abendmahls, indem er über dem Passah- Kelch die sakramentalen Deutungsworte spricht:

“Trinkt alle daraus! Denn dies ist mein Blut, das Blut des Bundes [ich ergänze, des neuen von Jeremia verheißenen Bundes], das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden” (Mt 26,27f.; Mk 24,24). Nachdem dieses Opfer vollbracht ist, wird Jesus Christus durch seine Auferstehung eingesetzt zum messianischen König, dem die Herrschermacht übertragen ist über alle Mächte im Himmel und auf der Erde. Gemeint sind hier vor allem die geistigen Wesen, die Engelmächte, welche in Gottes Auftrag, sei es gehorsam, sei es gezwungen widerwillig, die Herrschaft über seine Schöpfung ausüben. Es sind also auch jene finsteren Engelmächte einbeschlossen, die in ihrem gefallenen Wesen zum Herrschaftsbereich Satans, des Fürsten dieser Welt gehörten und die verblendend die Völker in ihren heidnischen Religionen festhielten. Und nun berichtet der Evangelist Matthäus in dem großartigen Abschluß seines Buches, wie der Auferstandene seinen Aposteln den universalen Auftrag gibt, hinzugehen und alle Völker zu Jesu Jüngern zu machen. Kaum an einer anderen Stelle in dem Evangelium wird der Begriff “ethne” (= Völker) in einem heilsgeschichtlich so gehaltvollen Sinne wieder aufgenommen. Die Scheidewand, welche das Volk Israel von den übrigen Völkern absonderte, ist durch Christi Opfertod niedergerissen und sie alle werden im jetzt durch das ihnen verkündigte Evangelium von Jesus Christus dazu eingeladen, sich von ihm befreien zu lassen und sich seiner Herrschaft im Glaubensgehorsam zu unterstellen.

Es ist in Aufnahme unserer hiesigen Thematik hochbedeutsam, daß jedenfalls im Matthäusevangelium die Adressaten der Evangelisation nicht Menschen in ihrer individuellen Existenz bilden, sondern ausdrücklich die ethne, also die Heiden in ihrer korporativen Verfaßtheit. Auch Mt 24,14, wo Jesus in seiner Endzeitrede auf die kommende Weltevangelisierung als dem telos der Geschichte zu sprechen kommt, redet er von den Völkern, denen dieses Evangelium vom Reich als ein Zeugnis verkündigt werden muß und wird, bevor das Ende dieses alten Äons eintreten wird. Das bedeutet zwar nicht, daß das Christwerden nach Jesu Verständnis immer auf dem Wege eines Kollektivbeschlusses zu erfolgen habe. Bekehrung im biblischen, besonders neutestamentlichen Sinn ist eine Sache der persönlichen Gewissens- und Glaubensentscheidung. Sie kann sogar den in Jesu Nachfolge und in die Gliedschaft seiner Gemeinde Eintretenden unter Umständen sozial aus seinem angestammten ethnischen Verband isolieren. Trotzdem aber ist das Ziel der Evangelisation nicht etwa die Isolierung der Menschen und deren freie Assoziierung zu religiösen Gesinnungsvereinen.

Der Einzelne wird vielmehr – darauf hat gerade die frühere deutsche Missionswissenschaft in der Schule Gustav Warnecks nachdrücklich hingewiesen – zugleich auf seine Gliedschaft im angestammten sozialen Verband von Familie, Sippe, Stamm und Volk angesprochen und hat diesem in seiner künftigen Existenz missionarisch zu dienen. Gewiß kann die Gemeinde Christi in einem bestimmten Volk niemals identisch sein mit diesem als sozialpolitischer Größe. Insofern ist es wichtig, die Unterscheidung zwischen Volk Gottes und den Völkern in ethnosoziologischem Sinne festzuhalten. Das ist der einstigen deutschen Missionstheorie und –praxis leider nicht sorgfältig geschehen, so daß es mitunter zu einer fatalen Vermischung des ersten und des dritten Glaubensartikels, d.h. der Werke des Schöpfers und des Heiligen Geistes, kommen konnte. Parallelen dazu bilden das Volkskirchenverständnis der “Deutschen Christen” im deutschen Reich und das befreiungstheologische Programm der Volkskirche im christo-marxistischen Sinne. Hier ist theologische Wachsamkeit unbedingt geboten. Wohl aber steht auch die sich ihres pneumatischen Charakters, ihres zentralen Christusbezuges bewußte Gemeinde und Kirche in der missionarischen Bezeugung auch in einem Verhältnis zu ihrem Volk in dessen kultureller Eigentümlichkeit und in dessen geschichtlichem Ringen. Die Christen als einzelne und die Kirchen als Ganze tragen auch eine sozial-ethische Verantwortung, die sie nun in wahrer Solidarität mit den Leiden, Freuden und Hoffnungen ihres jeweiligen Volkes wahrnehmen. In der modernen Missiologie sprechen wir hier von der Aufgabe einer Inkulturation und Kontextualisierung von Evangelium und Kirche. Beides verbietet es uns, kirchliche und christliche Existenz in einer idealistischen Abgeschiedenheit von unserer sozialen Umwelt verwirklichen zu wollen. Die Kirche ist in jedem Land auf den Lebensraum ihres Volkes verwiesen. Sie soll ihn als Licht und Salz missionarisch durchdringen, um somit den Völkern dazu zu verhelfen, ihre in Gottes Geschichtsplan mit ihnen gründende Bestimmung auf sein Reich hin zu erfüllen.

III. Die gegenwärtige Geschichtsepoche als die “Gnadenzeiten der Völker”

Nach der Erkenntnis der heilsgeschichtlich orientierten Missionstheologie besitzt die Epoche zwischen der Himmelfahrt Christi und seiner Wiederkunft ihren eigentlichen Sinn in der weltweiten Bezeugung des Evangeliums an alle Völker. Die gute Botschaft von der Erlösungstat Jesu Christi und seinem Herrschaftsantritt muß so lange und so weit verkündigt werden, bis das letzte unerreichte Volk Gelegenheit gefunden hat, darauf zu antworten. Die Missionsgeschichte ist also der Prozeß, durch den in transkultureller Grenzüberschreitung immer neue Völker oder übersehene Teilvölker zu einer sie in der Tiefe herausfordernden Begegnung mit Christus geführt werden. Dazu ist ein sorgfältiges Übersetzen der Botschaft in die verschiedenen Sprachen und ein Eingehen auf die Kulturen im Ansprechen ihrer sinnstiftenden Mitte erforderlich. Sobald diese Begegnung in der Tiefe erfolgt, ist für dieses Volk – die Anthropologen sprechen differenzierend von Ethnien – das Ereignis eingetreten, welches mit dem biblischen Begriff kairos, Gnadenstunde, bezeichnet wird. Die neutestamentlichen Autoren benutzen ihn im doppelten Sinne: zum einen ist kairos der Augenblick, wo einem Einzelnen oder einer Gemeinschaft die Stunde geschlagen hat, wo es also gilt, die günstige Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen und sich für die Annahme des Heils zu entschließen. Kairos bzw. der Plural kairoi kann aber auch die Frist, die Zeitspanne meinen, innerhalb derer Gott sein Heilsangebot noch aufrechterhält.

Es wird also eine Zeit zur Besinnung, zur Erprobung, Bewährung oder auch nach einstweiligem Versagen zur Umkehr gegeben. In diesem Sinne wird jedem einzelnen Volk seine Heilszeit gewährt, auf die es allerdings unterschiedlich, sei es mit aller Kraft, sei es zaudernd, sei es auch in Selbstverschließung reagieren kann. Jesus spricht in Lk 21,24 davon, daß Jerusalem, Israels Hauptstadt, nach der katastrophalen Austreibung der Juden aus dem Stammland der Väter durch die Römer im Jahre 70 von den Heiden, bzw. Heidenvölkern zertreten werden solle, bis die kairoi, d.h. die den Völkern sowohl für ihre Regierung als auch zum Austoben ihres empörerischen Verhaltens Gott gegenüber eingeräumten Fristen abgelaufen sind. Hier wird ein auch für das Missionsverständnis des Paulus wichtiger Zusammenhang zwischen dem Schicksal Israels und dem der übrigen Völker angesprochen. Die Zeit der Beiseitesetzung des ersterwählten Volkes ist eine in Gottes Heilsplan begrenzte. Sie wird solange währen, bis die Vollzahl der aus den Heidenvölkern berufenen Menschen in die ecclesia eingegangen sein wird, woraufhin dann die große heilsgeschichtliche Wende eintritt und Israel nach seiner vorhergesagten Rückkehr in das Land seiner Väter auch aus seiner inneren Verhärtung dem Evangelium gegenüber gelöst sein wird. Wenn es dann wahrscheinlich in einer Zeit äußerster Bedrängnis bußfertig Jesus als seinen ihm geschenkten Messias annehmen wird, dann endlich wird es auch in seinen ihm schon am Sinai zugesprochenen heilsmittelnden Auftrag als Königreich von Priestern eingesetzt werden. Diesen Tag geistlich vorzubereiten ist der eigentliche Sinn der missionarischen Bezeugung des Evangeliums den Juden gegenüber. Es ist ein zentraler Auftrag der Kirche Jesu Christi, der allerdings von unseren Landeskirchen heute ebenso wie von der EKD als Ganzer in theologischer Kurzsichtigkeit verkannt, ja verleitet durch eine häretische akademische Theologie sogar bestritten wird. Diakrisis hat in seinem diesjährigen Juliheft ausführlich darüber berichtet.

Die gegenwärtigen erneut ausgebrochenen Unruhen im Lande Israel und die Unfähigkeit der Staatsmänner, durch politische Vermittlungen eine Friedenslösung für den Nahen Osten zu finden, sind eine negative Bestätigung dafür, daß dieser zutiefst heilsgeschichtlich begründete Konflikt letztlich nur geistlich, d.h. durch die Umkehr Israels zu seinem verstoßenen Messias gelöst werden kann und auch werden wird. Der Zeitpunkt dafür könnte schon sehr nahe gerückt sein. Das aber hat tiefgreifende Konsequenzen auch für die Geschicke der übrigen Völkerwelt, auch für unsere europäischen Nationen und für unser deutsches Volk. Ein heilsgeschichtlich geprägter württembergischer Theologe verglich kürzlich die Ereignisse in und um Israel und die Vorgänge in der Welt der übrigen Nationen als zwei kommunizierende Röhren. In dem Maße, wie sich die endzeitliche Entscheidungsstunde für Israel nähert, gehen die den Völkern eingeräumten Gnadenzeiten zuende. Wenn diese Schau, die ich persönlich teile, richtig ist, dann haben wir hier den Schlüssel zum Verständnis der uns umtreibenden Geschehnisse gerade auch in unserem Land: in unserem Volk und unseren Kirchen, gefunden. Damit stehe ich vor dem traditionell mir als Präsidenten zufallenden Aufgabe des Lageberichts, der allerdings der mir zugleich erteilten Aufgabe, das einführende Grundsatzreferat zu halten, nur noch skizzenhaft ausfallen kann:

IV. Unsere gegenwärtige Lage in Kirche und Volk im Licht der
       biblischen Endzeitprophetie

Unser Volk hat seit seiner Evangelisierung durch die von den Britischen Inseln kommenden Sendboten und der Kulturpädagogik der Benediktiner und Zisterzienser teilbekommen an der Symbiose zwischen Staat und Kirche, die das Konstantinische Zeitalter kennzeichnete. Es wurde dadurch zu einem christianisierten Volk, dessen Kultur in ihrer geistig-ethischen Sinnmitte tief geprägt war durch biblische Symbole. Die Fürsten leiteten ihre Erbschaft – wenn auch häufig mißbräuchlich – von der ihnen von Gott bzw. Christus verliehenen Autorität ab. Auch die Reformation hat bei ihrer notwendigen Freilegung des oft gesetzlich mißverstandenen Evangeliums durch die Einrichtung des Summepiskopats der Landesfürsten an dieser Symbiose festgehalten. Durch die pietistischen Erweckungsbewegungen kam es in weiten Kreisen und manchen Landstrichen zu einer Verinnerlichung der Christusbindung. Diese Symbiose empfing ihre erste tiefe Erschütterung aufgrund der sich an der Glaubensspaltung entzündenden Religionskriege.

Die zweite Erschütterung ging noch tiefer und vollzog sich in dem der Aufklärung folgenden Zeitalter der modernen Revolutionen, der Französischen, der kommunistischen und der nationalsozialistischen, die alle militant-atheistischen Charakter trugen. Die von ihnen ausgehenden bzw. sie begründenden Ideologien haben zu einer fortschreitenden Verfinsterung des Gottesbewußtseins geführt, dem breite Schichten der Bevölkerung, gerade auch die der gebildeten zum Opfer fielen. In den letzten Jahrzehnten – darauf haben wir in unserer Konventsarbeit immer wieder hingewiesen – hatten wir es mit einer erneuten, äußerlich gewaltlosen vierten Revolution zu tun, der biologischen, einer weiteren Emanzipation weg von den christlich verdankten Grundwerten unserer Kultur.
Die Folge ist ein neuartiges, der biblischen Schau völlig entfremdetes Verständnis der Geschlechter und der Sexualität. Sie führte zu einer Vergötzung des sinnentfremdeten Lustprinzips, zum Abschütteln der bisherigen Wesensbestimmung der Frau als Gattin und Mutter durch den Feminismus, zur rechtlichen Freigabe der Abtreibung ungeborener Kinder und zur Legitimierung und Legalisierung homosexueller Partnerschaften in weitgehender Gleichstellung mit der Ehe.
Auch diese Emanzipation vollzog sich als ein Protest gegenüber dem biblisch offenbarten Verständnis Gottes als Herrn Himmels und der Erde und unseres Vaters, weil Er ja die bisher respektierte Schöpfungsordnung von Ehe, Familie und Volk sowie die Erhaltungsordnungen des Staates und der Gerichte sanktionierte. Verhängnisvoll war es nun, daß die moderne Theologie rationalistisch die Schriftautorität unterminierte, biblische Aussagen und Termini wie z.B. den Liebesbegriff ideologisch umdeutete und sich zeitgeistigen Strömungen statt diesen zu widersprechen, anpaßte. Viele Kirchenführer sahen sich dadurch in ihrem geistlichen Wächteramt im Stich gelassen und ließen in ihren Synoden wie z.B. der Rheinischen und der Nordelbischen Beschlüsse fassen, die den staatlichen Gesetzesreformen durch vorlaufenden Gehorsam Tür und Tor öffneten. Es gibt Gott sei Dank Ausnahmen.

So stieß kürzlich die vom Bundestag beschlossene Schaffung eines neuen Rechtsstatus für gleichgeschlechtliche Partnerschaften auf den Widerspruch von Bischöfen beider Kirchen. Aber allem Anschein nach ist die gegenwärtige rot-grüne Koalitionsregierung, nachdem schon ihre christlichdemokratische Vorgängerin in deren 14jähriger Legislatur die versprochene geistige Wende schuldig geblieben war, fest entschlossen, den Abbau verfassungsmäßig verankerter christlicher Grundwerte weiter voranzutreiben. Zur konsequenten Eliminierung der christlichen Grundwerte gehört auch die Anvisierung einer multikulturellen Gesellschaft im Zuge der Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik. Sie sieht langfristig eine völlige Gleichstellung der verschiedenen Religionen, vor allem der islamischen mit der christlichen, vor. Das wird es den Kirchen künftig noch schwerer machen, unter Berufung auf Konkordat und Staatskirchenvertrag den Schutz der christlich verdankten Grundwerte anzumahnen. In der Auseinandersetzung um den Begriff “Leitkultur” bezwecken dessen Kritiker wesentlich den Verzicht auf jegliche staatliche Wahrung des christlichen Kulturerbes sowie der Abwehr religionsfeindlichen oder gar blasphemischen Mißbrauchs staatlich geförderter Kultur. Der Ernst unserer gegenwärtigen Lage vertieft sich dadurch, daß im Zuge des Aufbaus eines Vereinten Europas die Regierungen unserer Staaten dazu tendieren, sich in ihrer Politik und ihrem rechtsetzenden Handeln weniger ihren eigenen Völkern und deren parlamentarischen Vertretung als vielmehr ihren sozialistischen Kollegen in anderen Partnerstaaten verantwortlich fühlen. Das zeigt sich gerade in diesen Wochen in der Vorbereitung einer Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die bisher unter Umgehung der Parlamente ganz auf Regierungsebene ausgehandelt worden ist. In dieser Charta sind alle Bezüge auf eine Verantwortung gegenüber Gott und dem christlichen Kulturerbe Europas entfallen. Insofern droht die akute Gefahr, daß das künftige vereinte Europa nicht etwa auf der Basis des einstigen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen und seinen christlich-abendländischen Traditionen geschaffen werden wird, als vielmehr, wie besorgte Christen fürchten, als eine Art Wiederbelebung des heidnischen Imperium Romanum, also des vierten von Daniel geschauten Weltreiches. Das aber wäre in johanneischer Perspektive das Reich des Antichristen. Es geschah aus einer tiefen Besorgnis über die rapide Preisgabe christlicher Positionen durch die gegenwärtige Regierungspolitik, daß wir sowohl im Leiterkreis der Konferenz Bekennender Gemeinschaften als auch im Präsidium des Theologischen Konventes beschlossen, die diesjährige Konventstagung in der alten und nun neuen Hauptstadt unseres Volkes abzuhalten. Das zehnjährige Gedenken an den Fall der Mauer gibt uns in Aufnahme des damaligen Protestrufes der ostdeutschen Bevölkerung das Leitthema unserer Tagung:  “Sind wir noch ein Volk?”

Durch den ungesuchten Umstand, daß uns die hiesige Tagungsstätte, das Johannesstift dafür den Termin benannte, dessen Ende auf den Buß- und Bettag fällt, reifte in uns der Wunsch, diese Zusammenkunft mit einem Bußgottesdienst zu beschließen. Um uns mit unserem geistlichen Anliegen dabei an eine weitere Öffentlichkeit zu wenden, beschlossen wir, in seinem Rahmen einen Geistlichen Aufruf zu verlesen, in dem wir an unser Volk, seine Regierenden und seine Kirchen appellieren, die uns noch eingeräumte Gnadenzeit zu nutzen, um in aufrichtiger Buße zum dreieinigen Gott zurückzukehren, dessen geschichtlicher Führung wir das Werden unseres Volkes verdanken und unter dessen Leitung allein es noch eine heilvolle Zukunft haben kann. Es ist mein inniger Wunsch, daß wir uns erstens in dieser Versammlung auf den Text eines solchen Wortes einigen können, daß zweitens der Aufruf bei den Verantwortungsträgern in Volk und Kirche Gehör finde, und daß drittens last but not least, wir ihn in eigener Bereitschaft zur Buße selber beherzigen. Ich erinnere an die erste von Martin Luthers 95 Thesen:

“Wenn unser Herr und Meister sagt: ‚Tut Buße’, so will er, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sei.” 

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Drogenepidemie (Wilder-Smith)

Prof. Dr. mult. A. E. Wilder-Smith
Dr. O.H.G. Wilder-Smith  

URSACHE UND BEHANDLUNG DER DROGENEPIDEMIE

1. Auflage 1994

– Der leicht gekürzte Text wurde von mir eingestellt.
  Horst Koch, Herborn, im Januar 2012 –

Inhalt

Kapitel I
1. Die Drogenkultur und die Gesellschaftsentfremdung
2. Psychedelische Drogen
3. Die Wirkung von Marihuana im Militärleben
4. Establishment-Drogen
5. Der Trend zu psychedelischen Drogen
6. Natürlich veränderter Bewußtseinszustand

Kapitel II
1. Pharmakologische Überlegungen in bezug auf den Drogen-Mißbrauch
2. Der gegenwärtige Drogenmißbrauch
3. Verschiedene Drogenarten
4. Kokain
5. Heroin                       

Kapitel III
Drogen-Abhängigkeit und Entzug

Kapitel IV
1. Tranquilizer und die moderne mechanisierte Gesellschaft                       
3. Andere Tranquilizer (Valium, Librium, Meprobamat etc.)           
4. Entzug und Behandlung
Kapitel V
1. Allgemeine Überlegungen           
2. Wirkungsweisen der psychedelischen Drogen           
3. Halluzination           
4. Der Mechanismus des Bewußtseins           
6. ESP (=außersinnliche Wahrnehmung)
Kapitel VI
1. Arten von Halluzinationen (Vision, Trance oder Trip)           
3. Natürliche Halluzination durch Sinnesentzug           
Kapitel  VII
1. Ursache und Behandlung der Drogenepidemie
3. Drogen und Visionen
5. Hauptthese über die Ursachen der psychedelischen Drogenepidemie           
7. Praktische Maßnahmen zur Bekämpfung der Drogenepidemie           

Vorwort

Das Problem des Drogen-Abusus ist hoch komplex und dazu in der westlichen Kultur weit verbreitet. Es ist in der ganzen Welt das Problem Nr. 1 der Natokräfte, ganz zu schweigen über das Problem der Universitäten und anderer Institutionen, die vorwiegend mit der jüngeren Generation umgehen. Die Natokräfte haben unermeßlich kostspielige Programme aufgestellt, um den Drogen-Mißbrauch zu steuern. Ganze Militärstützpunkte werden regelmäßig mit Hilfe von Spezialisten und Polizeihunden nach Drogen durchsucht, in dem Versuch, den Drogen Abusus unter Kontrolle zu bringen. Am Anfang versuchten die Autoritäten, die Leute mit Abschreckmethoden von den Drogen abzubringen. Die «Experten», die oft wenig Information erster Hand über dieses Thema besaßen, erzählten Geschichten, daß einem die Haare zu Berge standen. Sie wiederholten diese so oft, bis sie sie am Ende selbst glaubten. Jedoch zeigt diese Taktik nicht viel Erfolg, wie die Assoziation zwischen Lungenkrebs und Zigarettenrauchen erwiesen hat, obgleich das Abschrecken wohl begründet sein mag. Dem stillen Haschisch-Raucher z.B. waren diese propagierten Schrecken fremd.

Nach den Abschreckmethoden gebrauchte man Drohungen – brutale Strafen für den Besitz kleiner Marihuanamengen wurden angedroht und durchgeführt. Aber auch die Drohungen wirkten nicht. Hunderte von Leuten, meist Jugendliche, sperrte man wegen des Besitzes dieser Drogen lange Zeitperioden ins Gefängnis. Das Gesetz und seine Drohungen lösten das Problem nicht.
Daraufhin versuchte man es mit Amnestie. Wenn sich ein Militärangehöriger selbst meldet und um Hilfe bezüglich Drogenmißbrauch bittet, garantiert man ihm Erlassung der Strafe. Trotzdem ist natürlich eine gewisse Diskriminierung ihm gegenüber unvermeidbar, denn er kann bestimmte Arbeiten nicht ausführen, wenn er LSD und ähnliche Drogen eingenommen hat. So wird die Amnestie oft dahin führen, daß er Böden kehren muß, anstatt in seinem ausgebildeten Beruf arbeiten zu können.

Dazu kommt das schwerste aller Probleme – der Alkohol, der den Menschen immer unfähiger macht, seinen Beruf auszuüben; der die Unfallsrate erhöht, Familien zerbricht und Persönlichkeitsveränderung mit sich bringt. Die Alkohol-Droge ist legal, obgleich für einige gefährlich. Aber andere Drogen, manchmal gefährlicher, manchmal ungefährlicher, sind durchaus ungesetzlich. Der Konsument der illegalen Droge empfindet es bitter, daß der Oberst des Establishments seine besondere Lieblingsdroge (potentiell gefährlich) wie Alkohol oder Nikotin genießen darf, während er (der Konsument der verbannten Droge) es nicht darf. Diese Tatsache führt natürlich zu Entfremdungen, was in jeder hoch integrierten Gesellschaft negative Auswirkungen hat.

Es ist klar, daß wir hier ein pharmakologisches Problem vor uns haben, jedoch eins, das unentwirrbar vermischt ist mit menschlichen und psychologischen Komplikationen. Das ganze Problem des Drogen-Mißbrauch ist tatsächlich fast hoffnungslos kompliziert.


Kapitel I.
Die Drogenkultur und die Gesellschaftsentfremdung

Wir alle wissen, daß die westliche Gesellschaft durch eine nie dagewesene Drogenkultur hindurchgeht. Aber kaum jemand scheint imstande zu sein, einen zusammenhängenden Bericht der konkreten Gründe zu geben, die so plötzlich zu Drogen führen; denn Drogen fast aller Arten, einschließlich der psychedelischen, sind beinahe so alt wie der Mensch selbst. Und doch ist erst vor kurzem die westliche Wohlstandsgesellschaft zu einem Treibhaus für das epidemische Emporschießen von psychedelischen und anderen Drogenkulturen geworden.

Wir wissen, daß Cannabis (eine psychedelische Droge) in altertümlichen und modernen Gesellschaften, besonders im Orient, gebraucht wurde. Wir haben auch nicht vergessen, daß das ernsthafteste Drogenproblem des Westens immer noch Alkohol ist. Sowohl Opium (Opiate) als auch Haschisch (Psychedelika) waren in den alten chinesischen Kulturen volkstümlich. Cannabispräparate sind im früheren und heutigen Indien so populär wie Tee in England. Wir erinnern uns auch daran, daß schon lange Zeit in den großen Städten des Westens gewohnheitsmäßige Heroin- und Kokainkonsumenten existierten. Meskalin und ähnliche Drogen (Psychedelika) spielen immer noch eine wesentliche Rolle im religiösen Leben gewisser amerikanischer Indianerstämme und sind von der amerikanischen Regierung für diesen Zweck offiziell erlaubt. Die Eingeborenen der Anden kauen Cocablätter (Kokain, Erythroxylon) als Anti-Ermüdungsdroge in der gleichen Weise, wie ein Mensch des Westens eine Amphetamintablette schluckt. Jedoch sind spezifische psychedelische Drogen relative Neulinge für die westliche Kultur. Genau das ist der neue und auffallende Faktor im Drogen-Abusus des Westens.

1. Psychedelische Drogen

Die westliche Kultur hat sich bis vor kurzem (im Gegensatz zu gewissen orientalischen Kulturen) zu einem nie dagewesenen Grad von Komplexität und Wohlstand entwickelt, ohne daß der Gebrauch von psychedelischen Drogen eine wesentliche Rolle darin gespielt hätte. Wiederum wollen wir nicht vergessen, daß Alkohol und Nikotin längst ein Teil der westlichen Kultur geworden sind, aber keins von beiden ist psychedelischer Natur.

Die westliche Kultur entwickelte sich durchaus ohne den Gebrauch von Psychedelika. Tatsächlich ist der Westen für kulturelle und soziale Zwecke ganz gut ohne Drogengebrauch fertig geworden außer Nikotin- und Alkoholgebrauch. Seine Medizin hat praktisch alles, was es gibt, an aktiven Substanzen für Drogenzwecke benutzt, vielleicht sogar mehr als jegliche frühere Kultur. Aber im allgemeinen bediente sich die westliche Kultur fast keiner spezifisch psychedelischen Drogen für nicht medikamentöse Zwecke. Und in diesem Punkt hat sie sich von vielen orientalischen Kulturen und Religionen unterschieden. Allgemein gesprochen betrachtet das Establishment im Westen den kulturellen und gesellschaftlichen Gebrauch von Drogen (ausgenommen Nikotin und Alkohol), geschweige denn den religiösen Gebrauch derselben, als ziemlich primitiv, abstoßend und vielleicht auch dekadent. Viele sehen solch einen Drogen-Mißbrauch als eine Rückkehr zu primitiven, orientalischen Gebräuchen der Eingeborenen an und prophezeien als Resultat den Untergang der modernen westlichen Kultur. Das westliche Establishment fühlt sich durch das neue Phänomen sichtbar bedroht. Tatsächlich nimmt man die Bedrohung der eigenen Ordnung so ernst, daß ein Netz weitverbreiteter internationaler Polizeiüberwachung ausgebreitet worden ist, das jährlich Millionen von Dollar kostet und durchgeführt wird in dem Versuch, der Drogensubkultur Einhalt zu gebieten, indem man die Zufuhr abschneidet, von der der Drogenkonsum abhängig ist. Und trotzdem hatte 1980 etwa die Hälfte aller amerikanischen Studenten persönliche Erfahrung mit wenigstens den milden Psychedelika Marihuana oder Haschisch gehabt. Eine große Anzahl genoß es regelmäßig, trotz der ernsthaften Komplikationen, die von Seiten des Gesetzes immer noch daraus erwachsen können.

Die Drogenkultur in Europa ist derzeit (1984) höchst aktiv, obwohl sie in den USA zurückgeht. Aus welchem Grund fühlt sich die Gesellschaft so bedroht durch diese neue epidemische psychedelische Drogenkultur, wenn ihr eigenes Alkoholproblem gleichzeitig schlimmer ist? Es bestehen natürlich viele gute Gründe dafür. Einer davon ist, daß der Mensch oft das fürchtet, was er nicht versteht. Der Mangel an Verständnis dafür, was für eine Bedeutung unsere, für die westliche Kultur, neue psychedelische Drogenepidemie hat, bezeugt durch den bei uns weitverbreiteten Gebrauch der verhältnismäßig neuen Gesellschaftsdroge Marihuana, spielt sicher eine Rolle in der Erzeugung von Angst, die sich gegenwärtig vielerorts zeigen. Und dies bezeugen auch die drastischen Maßnahmen, die dagegen ausgearbeitet werden. Wir sprechen hier nicht von dem älteren, gewohnheitsmäßigen Drogenkonsum, der Heroin und Kokain einschließt und stark suchtbildend ist sowie andere toxische Folgen nach sich ziehen kann. Diese Art Drogen-Mißbrauch ist ganz gewiß in medizinischer und auch soziologischer Hinsicht ebenso schwerwiegend in seinen Konsequenzen, wie sie alt ist. Wir sprechen hier auch nicht von «Speed», das, wie jeder weiß, töten kann. Wir reden hier von einer ungewöhnlichen Furcht bestimmter Kreise vor allen möglichen Arten milder Psychedelika, wie z.B. Marihuana. Reine Angst verleitet oft zu unvernünftigen Handlungen von Seiten der Ängstlichen. Was könnte die Folgen unvernünftiger Angst von Seiten des Gesetzes besser illustrieren als die Verurteilung zu zehn oder zwanzig Jahren Gefängnis für den bloßen Besitz einer nicht suchtbildenden Droge, die relativ untoxisch (ungiftig) ist, solange man sie nicht chronisch zu sich nimmt?

Zur gleichen Zeit aber legalisiert man eine recht toxische, suchtbildende Droge wie Tabak, die nicht nur Zirkulations- und Lungenstörungen hervorruft, sondern auch zu Lungenkrebs und Erkrankung der Herzkranzgefäße beitragen kann, wenn chronisch genossen. Warum erlaubt man gesetzlich den Genuß einer Droge wie Alkohol, die nicht nur sehr wirksam ist, sondern in gewissen Leuten starke Persönlichkeitsveränderungen sowie Leberzirrhose bewirkt und auch suchtbildend ist? Alkohol und Tabak sind recht gefährliche, suchtbildende Substanzen. Dies kann aber von der neuen westlichen Gesellschaftsdroge Haschisch nicht behauptet werden. Die Toxizität (schädigende Wirkung) von Tabak ist inzwischen so wohl begründet, daß die obersten medizinischen Instanzen in den angelsächsischen Ländern anordneten, eine diesbezügliche Anmerkung auf jede Tabakpackung zu drucken. Wir wollen uns auf den folgenden Seiten mit der Frage, ob Angst vor Psychedelika berechtigt ist oder nicht, beschäftigen. Ohne den folgenden Kapiteln vorwegzugreifen, kann man mit Recht sagen, daß fast alle Gesellschaftsdrogen, wenn möglich, vermieden werden sollten.
Wir wollen Drogen dazu benutzen, pathologische Zustände zu beheben, die durch Drogen korrigiert werden können. Man ist ängstlich darauf bedacht, die Einführung eines weiteren toxischen Faktors in unsere soziale Umwelt zu vermeiden. Dies ist auch der Grund, weshalb die Toxizität des Marihuana soweit getrieben wird, daß Jugendliche, die bereits Drogen genommen haben nur darüber lachen und das Ganze für Unsinn halten. Natürlich ist Toxizität vorhanden, aber sie ist nicht auf eine unvoreingenommene, glaubhafte und annehmbare Weise dargelegt worden.


2. Die Wirkung von Marihuana im Militärleben

Viele Militärkommandanten, mit denen ich mich im Blick auf den Drogen-Mißbrauch beraten habe, machen sich
immer noch (1984) über den gesellschaftlichen Gebrauch jeglicher Droge innerhalb ihres Kommandos Sorge. Von den Soldaten, mit denen ich in Europa während der Jahre 71-75 vertraulich über Drogen-Mißbrauch gesprochen habe, sind 70 % durch psychedelische Drogenerfahrungen gegangen. 20% der Männer in Europa, die nach meinen Tierversuchen über Drogen-Mißbrauch zu mir kamen, hatten an dem gleichen Tag, an dem sie zu mir kamen,  psychedelische Drogenerfahrungen gehabt. Trotzdem und trotz der schwerwiegenden Auswirkungen auf gewisse Aspekte in der Leistungsfähigkeit militärischer Aufträge, macht den Obersten und Generälen, wie sie mir gewöhnlich anvertrauen, der Alkohol-Abusus noch mehr Sorge als der gesellschaftliche Genuß von Haschisch. Alkohol verursacht Gewalttat, Persönlichkeitsveränderungen sowie Auto- und andere Unfälle. Die allgemeine Meinung besteht: während Marihuana und Haschisch die Männer amotiviert, sie passiv und manchmal liederlich macht, zuweilen «Omnipotenz-Syndrom» hervorruft, sei doch das akuteste Problem Alkohol, der positiven sozialen Schaden verursacht. Trotz alledem ist er legal. Tatsächlich hat das Establishment seine eigenen besonderen Drogen, Alkohol und Tabak, legalisiert, während es die Gesellschaftsdroge Cannabis verboten hat. Die Tatsache verursacht Groll und Entfremdung unter den jüngeren Anhängern der psychedelischen Drogenkultur, die das Empfinden haben, daß gegen sie diskriminiert wird. Dieses Ressentiment zeigt sich besonders an Tagen, an denen der Militärkommandant irgendeinen sportlichen Sieg oder ein gutes Inspektionsresultat feiert, bei dem sein Kommando gut abgeschnitten hat. In seiner Großmütigkeit teilt er für alle Freibier aus. Natürlich fühlen sich die jungen Marihuanaraucher, die manchmal Bier und Alkohol nicht schätzen, verletzt, weil die Gesellschaftsdroge des Establishments als Belohnung ausgeteilt wird, während sie mit schrecklichen Strafen bedroht werden, sollten sie beim Einnehmen ihrer eigenen Gesellschaftsdroge ertappt werden.

3. Establishment-Drogen

Die Tatsache ist, daß die Establishment-Drogen Alkohol und Tabak (beide sind recht toxisch und suchtbildend vom physiologischen Standpunkt aus, dazu verursacht Alkohol Persönlichkeitsveränderungen) zugelassen sind, obwohl die Gesellschaft ohne sie wahrscheinlich viel besser dran wäre. Auf der anderen Seite ist die Gesellschaftsdroge der Subkultur, Cannabis (Haschisch, Marihuana), verboten. Außerdem hat das Establishment offenbar allerlei Arten von Schreckgeschichten erfunden, um die Subkultur von ihrer Lieblingsdroge abzuschrecken. Natürlich lachen die jungen Leute mit ihrer Drogenerfahrung den Miesmachern einfach ins Gesicht, deren Geschichten sich nicht mit ihren eigenen Erfahrungen decken. Der daraus erfolgende Glaubwürdigkeitsbruch führt zur Entfremdung der verschiedenen Gruppen. Das Establishment und die Drogensubkultur nehmen sich gegenseitig nicht mehr ernst, was zumindest eine schlechte Sache ist; denn Entfremdung zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten zerreißt die Gesellschaft.

Der außerordentliche Erfolg eines Buches wie «The Greening of America» (Das Grünen Amerikas) von Charles A. Reich beschreibt diesen Vorgang und klassifiziert diesen Prozeß. Zu der Bedrohung der Entfremdung, als Resultat unterschiedlicher Ansichten über Drogen und ihre Kulturen kommt eine zweite noch beunruhigendere Bedrohung der Gesellschaft. Es ist die Bedrohung durch eine mitten unter ihr blühende Subkultur, die genau entgegengesetzte Lebensideale verfolgt. Die herrschende westliche Kultur arbeitete immer nach dem Prinzip und Ideal von Leistung, basierend auf persönlichem Wettbewerb. Konkurrenz zwischen den einzelnen Menschen und Leistung sind immer die Basis westlicher Industrie und Gesellschaft gewesen. Mit seiner auf Leistung und Konkurrenz basierenden Industrie belieferte Amerika die Welt mit Gütern und wurde dabei wohlhabend. Die Drogenkultur dagegen verwirft allgemein die ganze Vorstellung von Wettbewerb, besonders den, der sich auf persönliche Konkurrenz gründet. Spottend bezeichnet sie das Establishment als «Meritocracy» (eine Gesellschaft, der Leistung über alles geht).

Demgemäß setzt sich die Subkultur dafür ein, alle die Leistung messende Examina von Schule, Universität und Industrie zu verbannen. Man findet eine gute Abhandlung des ganzen Themas in Charles A. Reichs oben erwähntem Buch. Dieser Angriff auf Konkurrenz muß, wenn er erfolgreich ist, schwere Folgen nach sich ziehen für eine Gesellschaft, deren gesamte Wirtschaft, politische und akademische Struktur auf Wettbewerb gegründet ist. Die Auswirkung auf das Militär würde genauso tiefgreifend sein,  denn das System militärischer Beförderung basiert auf genau dem gleichen Prinzip. Seine Aufhebung würde die Militärmacht beeinträchtigen. Und damit wird ein Grundstein der Establishment-Gesellschaft, die letztlich auf Militär- und Polizeimacht gegründet ist, angegriffen. Kein Wunder also, daß in bezug auf bestimmte Gesellschaftsdrogen Furcht überhand nimmt. Was wird nun heute in der Gesellschaft an die Seele der Konkurrenz gesetzt? Die Antwort lautet einfach, daß alles auf der Basis der Nicht-Konkurrenz funktionieren soll. Anders ausgedrückt: laissez-faire, laßt nur alles dahintreiben, am Ende wird es schon richtig herauskommen. Man betrachte in diesem Licht die Tatsache, daß der Genuß von Haschisch in orientalischen Gesellschaftsordnungen Jahrhunderte hindurch genau die gleiche Haltung von Lethargie, laissez-faire, Amotivierung begleitet hat.

Das gibt Grund zum ernsthaften Nachdenken. Hasch und Cannabis rufen in der Tat im allgemeinen Symptome von Lethargie und Konkurrenzunfähigkeit hervor und verstärken diese. Auch die Einstellung der psychedelischen Drogenkultur gegenüber der Wissenschaft weicht von derjenigen des Establishments ab. In den meisten westlichen Ländern wandte sich die junge Generation in den letzten Jahren stark von Wissenschaft und Technologie ab. Man kann diese Wendung verstehen, wenn man bedenkt, daß Wissenschaft und Technik dazu benutzt wurden, die zwei destruktivsten Kriege der Geschichte zu ermöglichen und gleichzeitig die «Konsum-Gesellschaft» zu schaffen. Es
waren Wissenschaft und Technik, die dem Establishment in ihren eigenen Ländern und im Ausland seine Macht gaben, um damit über andere zu herrschen. Die Fahrt zum Mond rückte die Früchte der wissenschaftlichen und technischen Überlegenheit ins Rampenlicht. In diesem Wettrennen bewiesen westliche Technik und westliche Medizin eindeutig ihre Überlegenheit über ihre kommunistische Konkurrenz. Sie brachten mehrere Male Menschen sicher zum Mond und zurück, wogegen es den Kommunisten, trotz augenscheinlicher Versuche, nicht ein einziges Mal gelang. Aber heutzutage ändert sich vieles. Der Ruf von Wissenschaft und Technik verblaßt schnell. Sie sind im Begriff, unsere Umwelt zu zerstören. Man verehrt sie nicht mehr. …

4. Forschung und psychedelische Drogen 

Wir wollen noch einmal fragen, warum man sich von der Wissenschaft abwendet. Man könnte viele Beispiele zitieren, um die Gründe für diese Abkehr zu illustrieren. Wir wollen ein Beispiel gebrauchen, das diejenigen interessieren wird, die sich mit der Bedeutung der Drogenkultur beschäftigen. In den letzten Jahren sind in der wissenschaftlichen Literatur Dutzende von Artikeln über die pharmakologische, physiologische und psychologische Wirkung von Tetrahydrocannabinol (aktiver Stoff im Haschisch) und anderen bewußtseinsverändernden Drogen (ASC-Drogen) erschienen. Gewöhnlich wurden diese wissenschaftlichen Forschungsprojekte gut mit Bundesgeldern, d. h. mit dem Geld der Steuerzahler, subventioniert. Die Forscher sammeln nun wissenschaftliche Daten – und Ansehen. Je größer die zur Verfügung gestellte Summe, um so bedeutender ist das Projekt und der Forscher – unabhängig von der sinnvollen Investierung des Geldes. In der letzten Zeit jedoch sind Zweifel über die auf solche Art und Weise finanzierten Forschungsprojekte aufgekommen. Nun fließen staatliche Gelder spärlicher. Wenn die Ergebnisse dann veröffentlicht werden, liest man oft von erhöhtem Pulsschlag, von Augenrötung, von wachsendem oder verringertem Appetit und
von Gedächtnisschwund nach dem Marihuana-Rauchen.

All diese Information ist im manchmal recht hochtrabenden wissenschaftlichen Jargon zusammengefügt und gibt komplizierte Berichte über Reaktionen zu IQ. (Intelligenz-Quotient) und anderen Testen, denen sich Freiwillige unterwarfen, während sie unter Drogeneinwirkung standen. Gewöhnlich bemerkt man, daß wegen der kurzen Dauer des besonderen Testes keine akute oder chronische Toxizität beobachtet werden konnte. Der junge regelmäßige Konsument von Marihuana oder anderen bewußtseinsverändernden Drogen, der sehr oft ein intelligenter Student ist, lächelt beim Lesen von ernsten wissenschaftlichen Berichten obiger Natur über die Wirkungen des Drogengenusses, denn jede  Zeile dieser Berichte verrät dem belustigten Marihuana-Eingeweihten, daß der arme Establishment-Wissenschaftler nicht die geringste Ahnung davon hat, was es heißt* «stoned» zu sein (unter Drogeneinwirkung zu stehen). – (* Ekstatisch ist im englischen Sprachgebrauch weniger negativ als im deutschen. Im Englischen bedeutet das Wort nicht, daß man vor «Ekstase» die Selbstbeherrschung verliert, sondern mehr, daß man einfach überaus, wenn auch nüchtern, froh ist. In dieser Bedeutung ist das Wort «Ekstase» in diesen Ausführungen zu verstehen).

«Stoned» zu sein hat recht wenig zu tun mit Pulsschlag, roten Augen, Appetit oder gar mit Gedächtnis! Auf diese Weise wirkt die Wissenschaft in den Augen des Erfahrenen leicht lächerlich. Sie nimmt Blutdruck und Pulsschlag als gültiges Maß des «High»! Für den eingeweihten Marihuanakonsumenten sind dies aber die belanglosesten Nebenerscheinungen, die überhaupt nichts mit der Bedeutung der Psychopharmakologie von Cannabis und dessen Hilfe zur Erlangung eines High zu tun haben! Ekstase kann man eben nicht bloß in Ausdrücken von Blutdruck messen, obwohl Ekstase den Blutdruck verändern kann!

So wird der Marihuana-Konsument, wenn er über die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet seiner Lieblingsdroge liest, in seiner Ansicht bestätigt, daß die Gesellschaft ihn fürchtet, nur weil sie ihn nicht versteht. Sie weiß nichts von der glückseligen Schau des psychedelischen Höhepunktes oder des psychotischen Tiefs. So kommt der Eingeweihte zu der Überzeugung, daß man nicht viel tun kann, um einer Gesellschaft und deren Wissenschaft zu helfen, die so unfähig sind, die bewußtseinsverändernde Drogenkultur zu verstehen. Und damit weitet sich der Entfremdungsriß zwischen ihm und der Gesellschaft, die ihn trug.  . . .

5. Der Trend zu psychedelischen Drogen

In Wirklichkeit versteht also das Establishment nicht, warum die jüngere Generation sich den bewußtseinsverändernden Drogen zuwendet. Es meint zu wissen, warum sich Menschen Alkohol zuwenden; denn Alkohol ist ein Anästhetikum (und ein Beruhigungsmittel), und damit ertränkt ein Mann seine Sorgen im Vergessen, nachdem er ein anfängliches High erlebt hat. Das gleiche betrifft andere suchtbildende Drogen wie die Opiate, einschließlich Heroin, Morphin, Codein und die Barbiturate. Alle diese Drogen ermöglichen es dem Menschen, sich auf eine angenehme Weise zu betäuben und ein pharmakologisches «Nirvana» zu erreichen. Das Ende der Sauferei ist Bewußtlosigkeit unter dem Tisch. Und das Ende vom Rausch des Heroinsüchtigen nach einem High (das er nur wirklich in den frühen Stadien der Süchtigkeit erlangen konnte), ist Dahindämmern, d.h. Anästhesie, Analgesie.

Aber die jüngere Generation besitzt im allgemeinen nicht den gleichen Geschmack bezüglich Drogenerlebnis wie die ältere Generation. Die jüngere Generation möchte mehr erleben, nicht weniger; sie sucht keine Anästhesie, wie sie die ältere Generation wünschte. Sie will nicht Vergessen, sondern mehr und neues Bewußtsein erlangen. Tatsächlich sucht und wünscht die jüngere Generation nicht nur erweitertes Bewußtsein, sondern ein umgewandeltes, verändertes, erweitertes und transzendentes Bewußtsein, das heißt, einen besseren und veränderten Bewußtseinszustand und nicht die Bewußtseinslosigkeit, welche die ältere Generation suchte.

Das heutige Establishment weiß wenig über den veränderten Bewußtseinszustand, der ohne Drogengebrauch entsteht. Es fastet und betet beispielsweise selten, wenn überhaupt. Es betet jedenfalls so wenig, wie es das schicklich tun kann. Daher kennt es auch nicht den veränderten Bewußtseinszustand, dessen man sich als bewußter Christ erfreuen kann. Eine beachtliche Minorität jeder westlichen Gesellschaft in den vergangenen Generationen wußte davon praktisch und persönlich. Es gab immer eine Anzahl von Personen, besonders in England und den Vereinigten Staaten, die aus erster Hand wußten: «Alles ist neu geworden für den, der in Christus ist.»

Sie wußten aus persönlicher Erfahrung, daß die Worte des Liedes eine wahre Erfahrung ausdrückten, wenn ein Mensch nach der innigen Verbindung mit Christus, durch Bekehrung und totale Übergabe, «den Himmel so blau wie noch nie und die Erde grüner als je» sah (bekanntes englisches Kirchenlied). Da eine solche grundlegende, existentielle Erfahrung weitgehend verlorengegangen ist, hat der Mensch von heute kaum eine Grundlage, die bewußtseinsverändernde Droge richtig einzuordnen. 

6. Natürlich veränderter Bewußtseinszustand

In westlichen Ländern leiden wir an einer oberflächlichen Massenverkündigung des Evangeliums. Es wird oft mehr Gewicht auf eine durch Seelenmassage erzielte «Entscheidung» als auf wirkliche Buße (Umkehr) gelegt. Das Ergebnis dieses Trends ist ein Mangel an echten, tiefen Erlebnissen, die aus gründlicher Sündenvergebung erwachsen. Eine Folge davon ist, daß immer weniger Menschen von transzendenten Erfahrungen Kenntnis haben, wie sie z.B. die Propheten des Alten und des Neuen Testamentes machten und beschrieben. Und wenn Menschen solche Erfahrungen trotzdem machen, stehen sie in der Gefahr, als unnüchterne Sektierer eingestuft zu werden. Wir wollen jetzt zwei wichtige Konsequenzen dieses Sachverhaltes prüfen.

Erstens ist die allgemeine Öffentlichkeit nach und nach dazu gekommen, jegliche «natürliche» transzendente Erfahrung und jeglichen veränderten Bewußtseinszustand als ein sicheres Zeichen beginnenden Wahnsinns zu betrachten. Sie weiß selbst nichts von dieser «neuen Kreatur», und deshalb lehnt sie diese voller Abscheu ab. Sie vergißt natürlich, daß sowohl Träumereien am Tag als auch die gewöhnlichen Träume der Nacht zu der Kategorie der Erlebnisse des veränderten Bewußtseins gehören, die sie verwirft. Nichtsdestoweniger ist diese Reaktion nur zu erwarten, denn die meisten Leute haben die Neigung, das, was sie nicht verstehen und nicht persönlich erlebt haben, zu verwerfen.

Der zweite Punkt ist noch wichtiger. Die Schlafforschung hat gezeigt, daß die sogenannte REM-Phase (Rapid Eye Movement=die Traumperiode, die durch schnelle Augenbewegung angezeigt wird) für die geistige Gesundheit des Menschen von großer Bedeutung ist. Nimmt man einem Menschen seine Traumphasen (seinen veränderten Bewußtseinszustand), indem man ihn bei Beginn der schnellen Augenbewegungen (REM-Phase) aufweckt,
so wird er nach wenigen Tagen oder Wochen anormal und unruhig werden und schließlich in einen Angstzustand
verfallen. Einige Experten sind geneigt, die Angstzustände, die man in diesen Experimenten beobachtet, eher der
Heftigkeit des Aufweck-Vorganges zuzuschreiben als dem bloßen Verlust der Zeit des Träumens. Aber manche Säugetiere kann man durch Schlafentzug töten. Es scheint, daß die transzendente Erfahrung, die (wie Träumen) auch einen veränderten Bewußtseinszustand darstellt, ebenfalls für die geistige Gesundheit des Menschen notwendig ist. Er braucht transzendente Freude. Beides sind veränderte Bewußtseinszustände. Und die Bibel verspricht, den Menschen heilzumachen (Prozeß der Gesundung), indem sie ihn genau mit diesen Freuden für jetzt und für immer versorgt.

Wenn nun eine gesamte Gesellschaft hinsichtlich ihrer wesentlichen Freude und ihrer religiösen Erfahrung einen
Zustand von Verhungern und Entbehrung erreicht hat, dann wird diese Gesellschaft krank werden und versuchen, das, was sie an verändertem Bewußtseinszustand benötigt, durch jedes verfügbare Mittel zu bekommen. So ist unsere
gegenwärtige materialistische Gesellschaft eine kranke Gesellschaft, die an Mangel von transzendenter (nicht materialistischer) Erfahrung leidet. Als solche wird sie versuchen, diese Entbehrung entweder dadurch zu befriedigen,
daß sie einen natürlichen bewußtseinsverändernden Zustand in der Gemeinschaft mit Gott erlangt oder im unnatürlichen synthetischen Opiat- oder psychedelischen Drogenerlebnis.

Unsere religiösen Führer beweisen oft nicht viel Kenntnis oder gar Weisheit bezüglich der Bewußtseinsveränderung. Als Ergebnis sind Eltern selten in der Lage gewesen, ihre Kinder in diese Dinge einzuführen – aus dem einfachen Grunde, daß die Eltern selbst diese Erfahrung nicht hatten und sie deshalb nicht an ihre Nachkommen weitergeben können. So entbehrt nicht nur die ältere Generation Erfahrung auf diesem Gebiet, sondern auch die jüngere.

Die Unternehmungslustigeren von ihnen schlagen den Weg zur bewußtseinsverändernden Drogenkultur ein (gewöhnlich nicht Opiat-, Barbiturat- oder Alkohol-Kultur), um etwas über den Ursprung von Erfahrungen dieser Art
selbst herauszufinden. Es wäre lächerlich anzunehmen, daß junge Leute ihre bewußtseinsverändernden Erlebnisse unter psychedelischen Drogen nicht miteinander austauschen. Wenn man einem Verhungernden von Beefsteak erzählt, wird seine Begierde für diese Nahrung unermeßlich. Sobald der von der Tretmühle ausgehungerte, verkümmerte junge Mann oder das junge Mädchen etwas von transzendenten Erfahrungen hört, tönt eine Saite in ihrer Seele mit, und sie wissen, daß das etwas für sie ist.

Aldous Huxley erwähnt in seinem berühmten Buch «Die Pforten der Wahrnehmung» (The Doors of Perception) vor einem breiten Publikum, wie er, dem Beispiel einiger Orientalen folgend, seine bewußtseinsverändernde ekstatische Erfahrung mittels psychedelischer Drogen erlangt. Solche Erfahrungen sind gerade das, wonach sich die jüngere Generation vielleicht unbewußt schon lange gesehnt hat – wie Huxley selbst zugibt. Sie sind verkümmert wegen Mangels an transzendenter Freude, weil sie wenig außerhalb der Tretmühle kennen, die ihre Väter und Mütter vor ihnen betätigten. Ihre rein materialistische Erziehung zu Hause, in Schulen und Universitäten hatte generationenlang dafür gesorgt. Deshalb wurde ihnen das, was sie ihrer Meinung nach brauchten, genau bewußt, als sie herausfanden, was Huxley und andere erlebt hatten – mit oder ohne Drogen. Huxleys Erfahrungen verhalfen zweifellos dazu, die psychedelische Drogenepidemie im Westen auszulösen, denn die Umstände (ein Jahrhundert wissenschaftlicher Materialismus) waren gerade dazu reif. Eine in transzendenter Hinsicht verkümmerte Generation war, ganz unbewußt, bereit für die psychedelische Droge, die ihr die «religiöse» Erfahrung vermittelte, an der es ihr und zwei oder drei Generationen vor ihr gemangelt hatte. So ist der Drogen-«Brand» weit ausgebreitet. Das Heu war trocken und der Funke, die Droge (LSD, Meskalin, Haschisch, Psilocybin), war zur Hand.  

7. Zusammenfassung

Ein Teil der Entfremdung zwischen den Generationen besteht in der Tatsache, daß die ältere Generation die Freude des bewußtseinsverändernden Zustandes braucht, aber nicht herausgefunden hat, wie man diesen durch die gesunden Kanäle des biblischen Weges erhalten kann, indem ein Mensch zu einer neuen Kreatur in Christus wird. An dieser Entbehrung sind zweifellos die religiösen und kulturellen Führer schuld.

Das Ergebnis ist eine verkümmerte Generation, die wirklich nicht weiß, wie sie das erlangen kann, was ihre Kinder und sie selbst brauchen. Eine weithin materiell wohlhabende ältere Generation ist unsagbar arm an Lebensqualität – nicht an Apparätchen, Telefonen, Radios, TVs, Musik, Lebensmitteln oder Kleidung, sondern an der Qualität eines erfahrungsreichen Lebens. Sie ist buchstäblich vollgestopft mit Gütern, aber entbehrt jeglicher bedeutungsvoller, transzendenter, froher Lebenserfahrung. Die Folge sind Unbehagen (Malaise) und Entfremdung, die alle Aspekte des Lebens in der Wohlfahrts- und Wohlstandsgesellschaft plagt. Die jüngere Generation ist, als Erbe der älteren  Generation, natürlich auch verkümmert. Ihre Wissenschaft hat sich völlig jeglichen Glaubens an das Transzendente oder Göttliche beraubt – Darwinismus und Neo-Darwinismus haben dafür gesorgt.

Aber obgleich unsere Generation meint, sie könne nicht an Gott glauben und zugleich intellektuell redlich bleiben, leidet sie an Heimweh nach dem Transzendenten, nach der Ewigkeit, nach Bedeutung und Schönheit. Dieses Heimweh hat sie todkrank gemacht. Eltern und Lehrer können nicht die Medizin der Ewigkeit, die sie braucht, herbeischaffen, deshalb wenden sie sich den bewußtseinsverändernden Drogen als Hilfsmitteln zu. Die ältere Generation sucht eine Lösung, indem sie Bewußtsein und Heimweh in Alkohol, Opiaten, Nikotin und Barbituraten ertränkt, während die jüngere Generation durch einfache Schlußfolgerung besser empfindet, was ihr fehlt. Sie hat das angebotene Heilmittel – synthetische Bewußtseinsveränderung – ausprobiert und herausgefunden, daß es funktioniert und das Bedürfnis stillt, obgleich es einige unerwünschte Nebenerscheinungen, in Form von psychotischen Trips, von denen einige chronisch sind, geben mag. – Wir scheinen vergessen zu haben, daß der Mensch auf Zeit und Ewigkeit hin geschaffen worden ist und deshalb selbst auch hier auf Erden «Glückseligkeit für immer» braucht.

8. Die Reaktion der Gesellschaft

Die Reaktion der Gesellschaft auf die bewußtseinsverändernde Drogensubkultur ist vorauszusagen. Sie versteht nicht. Sie kann sie nicht verstehen. Sie ist von Erfahrungen bezüglich der Transzendenz abgeschnitten worden, weil sie zu lange in ihrem begrenzten Gesichtsfeld gefangen war. Da sie mangels persönlicher Erfahrung nicht verstehen kann, fürchtet sie die Geheimnisse anderer. Sie warnt vor den «tötenden Drogen» und versucht die Jugend von ihren bewußtseinsverändernden Drogen, die sie mit Opiaten und Barbituraten verwechseln, abzuschrecken, anstatt sie über ihre wirkliche transzendenten Bedürfnisse aufzuklären.

Es ist natürlich vollkommen nutzlos, wenn die Gesellschaft eine solche Haltung annimmt; denn die Gesellschaft weiß ja selbst, daß Abschrecken selten wirksam ist. Jedes Päckchen Zigaretten, das von der heutigen angelsächsischen Gesellschaft geraucht wird, ist mit der Aufschrift versehen «Zigarettenrauchen ist für Ihre Gesundheit gefährlich». Und trotzdem riskieren die Menschen Lippen- und Lungenkrebs durch Kettenrauchen zu bekommen. Abschrecken hilft nicht, denn man «glaubt» nicht mehr an «Propaganda»!

In der Tat gebrauchen die Hersteller heutzutage die Toxizitätswarnung der Regierung als eine Art Reklame, um die Wirksamkeit ihres Tabaks unter Beweis zu stellen. Wir wollen uns darüber im klaren sein: In ihren Augen ist die durch Tabak hervorgerufene Beruhigung das Risiko eines schrecklichen, quälenden Zu-Tode-Erstickens durch Ertrinken im eigenen Blut als Folge von Lungenkrebs wert. Ich habe gesehen, wie Verwandte Patienten besuchten, die einen schrecklichen Tod durch Lungenkrebs starben. Sofort nach dem Verlassen des Leidensbettes der entsetzlichen Todesqual zündeten sie sich eine Zigarette an. Warum versucht man dann etwas so Unwirksames wie Abschreckung, um die Drogensubkultur zu bekämpfen?

Zuflucht in die Abschreckung zeigt, daß der Abschreckende glaubt, die Personen, die er abschrecken will, seien vernünftiger als er selbst; denn Gegner der bewußtseinsverändernden Drogen sind oft selbst Tabakraucher, und nur eine ganz kleine Minderheit läßt sich vom Zigarettenrauchen abschrecken. Wie können wir es von dem Marihuana-Raucher erwarten, daß er anders oder vernünftiger reagiert als der Zigarettenraucher? Es ist also ganz nutzlos, wenn die Gesellschaft davor warnt und abschreckt, daß man beim Gebrauch von bewußtseinsverändernden Drogen «überschnappen» kann. Die Erfahrenen wissen darüber besser Bescheid als das Establishment. Trotzdem sind sie gewillt, um des transzendenten Erlebnisses und des «El Kifs» (der große Friede) willen das Risiko auf sich zu nehmen.

Die Tatsache, daß einige Leute psychotisch werden, unwiderruflich psychotisch, beeinflußt den Eingeweihten etwa so viel wie die Tatsache, daß Menschen bei Flugzeugunglücken getötet werden. Wenn ein gewöhnlicher Reisender an sein Reiseziel in Stunden statt in Wochen gelangen will, dann wird er das Risiko der Luftreise auf sich nehmen. Niemand bezeichnet ihn als verrückt, weil er dieses Risiko auf sich nimmt. Der psychedelische Drogenverbraucher nimmt die gleiche Art von Risiko auf sich, um die «Reise» (trip) zu erleben, die er unbedingt begehrt, aber in der heutigen Religion und Kultur nicht erhalten kann – den Trip in das Transzendente, den kognitiven Trip.

Wir müssen jedoch bedenken, daß der in den psychedelischen Drogen Erfahrene das Establishment als total verrückt ansieht, weil es willig die todlangweilige Tretmühle Jahr für Jahr ohne Aussicht auf Belohnung in der Form von transzendenter Freude fortsetzt. Und so, wenn jede Seite die andere als verrückt ansieht, bestehen sehr geringe Chancen für produktive Kommunikation zwischen den beiden. Die Haltung einiger führender Politiker macht dies deutlich, sie empfangen medizinische Fachgutachten über die verhältnismäßig harmlose physiologische Wirkung von Tetrahydrocannabinal und empfehlen ihre gesetzliche Zulassung ebenso wie für Tabak, Alkohol und andere Drogen. Sie scheinen nicht zu realisieren, daß Tabake, Alkohol und Cannabis für sich – je nach Gefährlichkeit behandelt werden muß. Cannabis ist gefährlich, jedoch auf ganz andere Art und Weise als Alkohol oder Tabak.

9. Drogenzugänglichkeit, türkisches Opium und Haschisch

Weiterhin verschlimmert wird die Entfremdung zwischen den Gruppierungen unserer Gesellschaft durch die Politik des Establishments hinsichtlich der Verfügbarkeit von Drogen. Die Theorie ist und war immer die, daß die Menschen keine Drogen nehmen können, wenn diese nicht zur Verfügung stehen. Ein wirklich meisterhaftes und zwingendes Stück einfachen, logischen Theoretisierens! Die Regierung der Vereinigten Staaten ist von dieser Logik so beeindruckt, daß sie – laut Radiomeldung – Anfang der 70er Jahre bereit war, die türkischen Bauern mit jährlich 35 Millionen Dollar zu unterstützen, damit sie keinen Mohn mehr anbauten.

Auf diese Weise käme dann kein Heroin und Morphium auf den Markt. Über genau diese Problematik kam es zu einer Krise in türkischen Regierungskreisen.

Der türkische Bauer ist nicht gewillt, den Mohnanbau aufzugeben, weil er erstens einträglich und zweitens in seinen Augen medizinisch höchst nützlich ist. Er weiß auch sehr genau, daß Morphin leicht in Heroin umzuwandeln ist, was dann mißbraucht wird. Er weiß aber auch, daß wenige synthetische Morphinsurrogate in der allgemeinen medizinischen Nützlichkeit an Morphium heranreichen, besonders in den letzten Stadien von Krebs.

Der Bauer selbst mißbraucht gewöhnlich das Opium, das er anpflanzt, nicht und begreift nicht, warum fortschrittlichere Kulturen als seine es tun sollten. Auf alle Fälle sieht er nicht ein, warum er aufhören sollte, Opium anzubauen, nur weil einige Amerikaner im weit entfernten Amerika Heroin mißbrauchen, zumal es nur sehr wenig Türken tun. …

Die Tatsache ist, daß die anscheinend einfache Logik: «mach eine Droge unzugänglich, und sie wird nicht mißbraucht werden», nicht so einfach ist. Jeder, der die Geschichte der Prohibition in den USA kennt, sollte das wissen. Die ganze Idee hinter der edlen Bemühung, das Alkoholproblem zu lösen, gründete sich genau auf diese gleiche transparente Logik. Mach Alkohol unzugänglich, und er wird nicht mißbraucht werden!

Die Schwierigkeit dabei ist, daß diese einfache Logik in der Praxis nicht funktioniert. Der Grund dafür ist folgender: Sobald eine «benötigte» Droge und ihre «nützliche» Wirkung (z.B. die Wirkung von Alkohol und Nikotin) weit bekannt sind, weil sie von vielen erprobt wurde, wird eine starke Nachfrage nach dieser Droge vorhanden sein. Wenn die Behörden nun entscheiden, daß die Droge schädlich sei und sie deshalb diese unzugänglich machen, dann wird jene Droge automatisch ein noch begehrteres Produkt, und ihr Preis steigt. Sobald die Preise steigen, bringt die Verbreitung der verbotenen Droge mehr Profit ein. Je strenger die Vorschriften gegen den Drogenhandel werden, desto höher die Preise und desto größer der Antrieb, sie zu vertreiben. Die Droge wird immer interessanter und kostbarer. Der Mensch, wie er heute ist, ist gewöhnlich unfähig, seine Gier nach schnellem Gewinn zu unterdrücken. So hatte das Alkoholverbot in den USA die direkte Wirkung, den Preis von Alkohol zu erhöhen und seine Reinheit und damit die Unschädlichkeit herabzusetzen. Ganz gewiß machte die Prohibition den Alkohol nicht unzugänglich.

Daraufhin verstärkten die zuständigen Behörden die Polizeimacht in der Bemühung, die Nichtzugänglichkeit von Alkohol durchzusetzen. Dies bestärkte die Organisation der Rum-Schmuggler in ihrem Bestreben, die Arbeit der Polizei zu umgehen. Zum Schluß wurde die Nation (mit einiger Übertreibung) eine Nation von Polizisten, die eine Nation von Rum-Schmugglern bekämpfte. Dieser Kampf verzehrte viel Energie der Gesellschaft, so daß die Nation unter den Folgen dieser Logik zu leiden begann.

Cannabis sativa (Haschisch, Marihuana) ist weit bekannt und als Gesellschaftsdroge in Gebrauch. Es ersetzt in gewissem Maße Alkohol und Tabak. Die Toxizität aller drei Drogen ist verschieden. Alkohol und Tabak sind suchtbildend (die Abhängigkeit ist sowohl physisch als auch psychisch), während cannabis sativa dies physiologisch gesehen nicht ist. Alkohol erzeugt Leberzirrhose und Delirium tremens, Tabak bewirkt oft Zirkulationsstörungen, Lippen-, Gaumen- und Lungenkrebs. Cannabis sativa kann Flashbacks* (besonders mit Amphetaminen und LSD), Psychosen, Synästhesie und Bindehautentzündung erzeugen. Nach meiner persönlichen Ansicht als Pharmakologe soll man die Hände von allen drei Drogen lassen, denn es gibt einen besseren Weg, auf dem man Transzendenz – ohne Drogen – erlangen kann. Aber irgendeine der drei erwähnten Drogen zu kontrollieren, wo alle von ihnen gut bekannt sind und ihre pharmakologische Wirkung von vielen als begehrenswert angesehen wird, indem man sie einfach nicht zugänglich macht, wird die gleiche Wirkung hervorrufen, die man hinsichtlich des Alkohols während der Prohibition in den USA gesehen hat. (* Trips ohne Droge als Folgewirkung von Drogenkonsum).

Tatsächlich beobachtet man dies schon im Fall von Marihuana. Trotz der übermenschlichen Bemühungen seitens der Polizei, dieses nicht zugänglich zu machen, haben die Hälfte aller Studenten in den USA in den Jahren 1972-75 Marihuana geraucht, davon rauchte es ein beträchtlicher Prozentsatz regelmäßig. Die horrenden Strafen für den Besitz dieser Droge hatten wenig dazu beigetragen, der Zugänglichkeit und dem Rauchen Einhalt zu gebieten. Vielleicht haben die Strafen sogar den Mißbrauch verstärkt; denn die jüngere Generation liebt Schauergefühl –  und setzt gerne dem Mann (Tyrannen?) zu, der sich beim Herrschen auf Gewalt anstatt auf Intelligenz und Vernunft verläßt. Außerdem führt die Unzugänglichkeit der einen Droge zum Mißbrauch einer anderen. Drogenverbraucher tauschen gewöhnlich eine Droge gegen eine andere aus, je nach Zugänglichkeit.

Wenn Unzugänglichkeit nicht funktioniert, um den Drogen-Mißbrauch unter Kontrolle zu bringen, welche Methode kann man dann anwenden?

Es ist ziemlich klar, daß bis jetzt nur wenige Kontrollmethoden für bewußtseinsverändernde Drogen bekannt sind, außer denen der Unzugänglichkeit und der Bestrafung. Es gibt keine gesellschaftliche oder pharmakologische Methode, um einen Mann oder eine Frau von Marihuana-Mißbrauch zu heilen. Man ist physikalisch nicht süchtig, und viele glauben, daß auch nur geringe psychologische Abhängigkeit vorhanden ist. Beim Einstellen des Haschisch-Rauchens gibt es keine Entzugssymptome, und es treten auch keine bei Entziehung von LSD oder Meskalin auf. Vielleicht die Mehrheit experimentiert mit Marihuana und läßt es dann ganz sein. Andere rauchen es längere Zeit, reifen und «wachsen heraus». Aber, so weit ich weiß, gibt es keine Mittel, eine Person zu «behandeln» oder zu «heilen», die ihre Freude aus Cannabis oder anderen psychedelischen Drogen bezieht. Diese Person ist physiologisch nämlich weder süchtig noch abhängig. Was kann oder soll man da medizinisch behandeln? Der Cannabiskonsument mag amotiviert und lethargisch werden und sich gar zurückziehen und nicht mehr arbeiten. Aber das scheint sowohl ein soziales als auch ein Drogenproblem zu sein. Wenn also das Herabsetzen von Drogenzugänglichkeit zusammen mit Strafmaßnahmen die Epidemie der bewußtseinsverändernden Drogen nicht aufhält, was wird es tun?

Da das Problem ursprünglich weder ein medizinisches noch ein pharmakologisches ist, haben wir nur den einzelnen Menschen und seine persönlichen Probleme vor uns, die wir behandeln können. Sollte man ihn nicht wie eine Person behandeln, die verkümmert ist und nach Freude und nach dem wahren Sinn des Lebens sucht? Sollte man nicht seinen Überfluß und seinen Materialismus behandeln? Denn die psychedelische Drogenepidemie ist gewöhnlich mit Überfluß, Unmotiviertheit und Materialismus verbunden. Darüber werden wir später mehr hören.

Unzugänglichkeit und Strafmaßnahmen werden ebenfalls angewandt, um die Opiat- und Tranquilizer-Epidemie unter Kontrolle zu halten. Daß die Methode auch hier nicht sehr gut wirkt, beweisen die Zahlen der Opiatsucht, die in den meisten westlichen Ländern regelmäßig veröffentlicht werden. Das gleiche gilt in bezug auf den Mißbrauch von den Amphetamin-Drogen.

Unter diesen Umständen fragen wir uns: Was kann man tun? Das folgende Kapitel wird unter anderem einige pharmakologische und andere Möglichkeiten behandeln.

Kapitel II

Pharmakologische Überlegungen in bezug auf den Drogen-Mißbrauch

Der gegenwärtige Drogenmißbrauch

Die gegenwärtige Drogenepidemie ist nur ein Symptom des allgemeinen Unbehagens, das der westlichen Gesellschaft anhaftet. Das Phänomen ist weitverbreitet und komplex. Einfache Antworten sollten demgemäß nicht in Betracht gezogen werden. Wie die meisten Störungen organischer Art, steht der Drogen-Mißbrauch in einem gewissen Gleichgewicht mit der Gesellschaft, von der er sich nährt. Das heißt, daß einerseits die Gesellschaft die Drogenepidemie beeinflussen wird, und andererseits wird die Drogenepidemie die Gesellschaft beeinflussen.

Dies wiederum bedeutet, daß die Art der Gesellschaft, in der Drogen-Mißbrauch auftritt, die Art der Behandlung modifizieren wird, die verschrieben werden soll. Zum Beispiel wird die Behandlung von Drogenabusus in einer hierarchischen, autoritären Gesellschaft, wie im Militär, verschieden sein von derjenigen, die in einer demokratischen Gesellschaft möglich ist, wo man Befehle nicht einfach in dem Bewußtsein geben kann, denen gehorcht wird. Ein General kann jeden Soldaten zweimal in der Woche nach Drogen durchsuchen lassen. Doch kann man das nicht ohne weiteres mit allen freien Bürgern in einer demokratischen Gesellschaft tun. So werden soziale Umstände gewiß die Art der Maßnahmen bestimmen, womit man eine Gesellschaft von Drogen kurieren will.

Im Westen haben wir es mit der demokratischen Lebensweise zu tun, so daß auch die Polizei vorsichtig sein muß, um nicht zu stark gegen die Freiheit des Bürgers zu verstoßen, selbst wenn es sich um illegale Drogen handelt. Wenigstens theoretisch sind die Menschen souverän, nicht die Polizei. Das bringt – rein theoretisch – mit sich, daß die Gesetze einer Gesellschaft die Wünsche und den Willen eben dieser Gesellschaft widerspiegeln. Die Folgen dieser Tatsachen sind recht schwerwiegend, soweit sie den Drogen-Mißbrauch betreffen, werden aber im allgemeinen von unseren Gesetzgebern übersehen. Wir müssen einige dieser Folgen näher betrachten.

Im Idealfall entscheidet sich eine freie demokratische Gesellschaft dafür, Gesetze aufzustellen und einzuhalten, die gut für sie sind und ihr nützen. Stehlen, Lügen, Morden und Unterschlagen zerstören eine Gesellschaft aufs ganze gesehen, so daß die Gesetze der Gesellschaft diese Taten ächten werden. Minderheiten in der Gesellschaft protestieren normalerweise nicht gegen eine Mehrheit, die Gesetze verabschiedet gegen Taten, die so gesellschaftsschädlich sind wie die erwähnten.

Jedoch gibt es andere Taten, aus denen nicht so klar geschlossen werden kann, ob sie schlecht oder gut für die Gesellschaft sind. Zum Beispiel entstand vor und während des Ersten Weltkrieges in den Vereinigten Staaten ein akutes Alkoholproblem, so daß die Gesellschaft sich dazu entschloß, etwas dagegen zu tun. Die Mehrheitsmeinung beschloß, das Alkoholproblem durch Prohibition zu lösen. Er hieß ganz einfach: mach die Droge (Alkohol) nicht zugänglich, dann können die Leute sie nicht mißbrauchen und betrunken werden. Auf diese einfache Logik wurde, wie schon bemerkt, das Alkoholverbot (Prohibition) gegründet.

Abgesehen davon, daß das wirkliche Problem nicht im geringsten gelöst war (das psychologische Bedürfnis für Alkohol und dessen Beseitigung), waren die sozialen Folgen dieser einfachen Logik unheilvoll. Prohibition verwandelte das Land beinahe in eine Nation von Polizisten und Rum-Schmugglern, dazu wurde die Reinheit des Alkohols vermindert, was allgemein toxische Reaktionen verursachte. Zur gleichen Zeit verweigerte das Verbot einem großen Teil von Bürgern eine, wie sie meinten, harmlose Freude.

Nehmen wir die heutige Frage der Abtreibung als ein anderes Beispiel für die Rolle, die die öffentliche Meinung in einer demokratischen Gesellschaft beim Gesetzgeben spielt. Vor einer Generation hielt man das Leben im Mutterleib für heilig. Abtreibung war nur bei dringenden medizinischen Gründen zulässig. Heute ist Abtreibung – das bedeutet in einigen Fällen das Zerschneiden oder Absaugen des lebenden Fötus im Mutterleib – ein Ergebnis der lockeren Geschlechtsbeziehungen und des allgemeinen Verlustes der Hochachtung vor der christlichen Bedeutung des Sex und wird gewöhnlich praktiziert aus keinem anderen Grund, als daß Mutter und Vater «ja» sagten zum Sex, aber «nein» zu dessen natürlichen Konsequenzen. Tausende von hilflosen ungeborenen Babys werden auf diese Weise wöchentlich in Städten wie London brutal dahingeschlachtet. Diese Vernichtung von Leben wäre auf einer legalen öffentlichen Basis vor einer Generation undenkbar gewesen, denn die Gesetze, die zu jener Zeit den Willen der Gesellschaft darlegten, verboten das Vernichten hilflosen, unschuldigen und sich entwickelnden Lebens, wenn kein besserer Grund vorlag als der, daß die Mutter nicht ihr Kind austragen wollte. Nebenbei gesagt, haben Krankenhäuser, die heutzutage Abtreibungen massenweise und aus nicht-medizinischen Gründen durchführen, Schwierigkeiten, Ärzte und Krankenschwestern zu halten, die diese Abtreibungen durchführen. Sie sagen, was gut zu verstehen ist, daß sie ihre Nerven verlieren, wenn lebendige Babys im Mutterleib herumstoßen und -springen, während man sie, so wie erst kürzlich durchgeführte Abtreibungen zeigen, lebendig entzweireißt. Diese Handlungsweise widerspricht direkt dem Hippokratischen Eid.

Der springende Punkt in diesen Beispielen ist: Wenn eine Gesellschaft keinen absoluten Wertmaßstab hat, auf dem sie ihre Gesetze aufbaut, dann wird diese Gesellschaft, wenn sie wirklich demokratisch ist, ihre Gesetze auf der Basis ihrer Wünsche aufbauen, die natürlich von Generation zu Generation wechseln können und werden. In vergangenen Jahren waren die Gesetze der westlichen Gesellschaft auf das unveränderliche Buch, die Bibel, begründet. Heute sind sie es nicht mehr. Sie gründen sich auf den souveränen Willen des Volkes, das die Gesetze macht. Und hier liegt der Haken, insofern es sich um Gesetze gegen Drogen-Mißbrauch handelt. Vor einer Generation wäre man dem Konsum von psychedelischen Drogen zwecks Erlangung religiöser Erfahrungen – wenigstens in der angelsächsischen Gesellschaft – mit Unglauben begegnet. Man hätte es wahrscheinlich als primitiv, unglaublich und vielleicht gar als gotteslästerlich angesehen. Die Bibel, der frühere Grundfels westlicher Gesetze und Ordnung, verbietet förmlich und spezifisch den Konsum von Drogen, um Zauber- und Trancezustände hervorzurufen. Sie nennt solche Übungen «Zauberei durch Drogen» (pharmakeia), die im Alten Testament mit dem Tode bestraft wurden (vergleiche Galater 5, 20).

Heutzutage denkt ein hoher Prozentsatz von Studenten ganz anders über bewußtseinsverändernde Drogen (die Trancezustände und Trips hervorrufen). Tatsächlich gebrauchen sie sie regelmäßig für diese Zwecke, mag es ihnen auch vom Gesetz her verboten sein. Ihre Haltung gegenüber dem alten Anker des Gesellschaftsgesetzes, der Bibel, hat sich geändert. Daraus folgt, daß sich ihre Haltung zur «freien Liebe», zu Abtreibung und Drogen ebenfalls geändert hat. Man übt jetzt alle drei aus, obwohl diese noch vor einer Generation, nach Meinung der Öffentlichkeit, auf der schwarzen Liste standen. Die Gesetzgebung der demokratischen Gesellschaft spiegelt ihre eigene Souveränität und ihre eigenen Wertmaßstäbe wider. Die unterscheiden sich aber häufig von den Wertmaßstäben früherer Generationen, für die die Bibel die Norm war.

Wenn nun – was eine Zeitfrage zu sein scheint – die Drogengeneration in unserer westlichen Gesellschaft eine Wahlmehrheit erreicht, dann wird diese Generation ihre eigene Religion, den Drogenkult, legalisieren. Obwohl heute kein Zweifel darüber besteht, daß Alkohol (und Tabak) ein ernsthaftes medizinisches Problem darstellen, das nicht nur Persönlichkeitsveränderungen, Leberzirrhose, Verkehrsunfälle, Gewalttat und Armut verursacht, ist es für eine Mehrheit unserer Gesellschaft eine Quelle des Vergnügens. Und da die Verbraucher von Alkohol und Tabak aus diesen Drogen ihr Vergnügen gewinnen, obgleich es auf Kosten ihrer Gesundheit geht – und auch auf Kosten der Regierungen, die «freie» Staatsmedizin zur Verfügung stellen müssen, um sie von ihren drogenbewirkten Störungen zu heilen -, wird keine demokratische Regierung es je wagen, diese zwei vergnügenspendenden Drogen auf die Verbotsliste zu setzen.

Es wäre gegen den Willen des Volkes! Die Regierung würde bald abgewählt werden. Die Gesellschaft wird dafür sorgen, daß ihr Vergnügen unter keinen Umständen beschnitten wird. Sogar wenn die Regierung Warnungen auf Zigarettenpäckchen drucken läßt, daß das Rauchen für die Gesundheit nachteilig sein kann, gebrauchen die Hersteller gerade diese Toxizitätswarnung als Reklame für ihre Waren! Wenn der Tabak nicht toxisch ist, dann kann er dir auch keine Vergnügen bereiten! Die stillschweigende Folgerung ist: Wenn der Tabak dich zugrunderichtet, dann hat er dir doch zuerst dein Vergnügen gegeben. Deshalb genieße deine Freuden um jeden Preis, selbst wenn sie dich vernichten!

Wenn sich also eine Mehrheit für bewußtseinsverändernde Drogen entscheidet (und damit gegen die Erfahrung der Transzendenz durch den biblischen Weg), dann kann keine demokratische Macht auf Erden sie davon abhalten, ihre Vergnügen zu legalisieren – ob diese nun schädlich sind oder nicht. Sobald von Staats wegen gegen Drogen verfügt wird, ist die Demokratie aufgegeben und der Diktatur die Tür geöffnet worden. Wenn die Mehrheit zufällig unrecht hat in ihren Wünschen und sich damit in den daraus sich ergebenden Gesetzen irrt, dann wird sich auf die Dauer jene Gesellschaft durch ihre eigenen Gesetze und Bräuche selbst vernichten. Genau dieser Prozeß ist in den Zivilisationen, die vor der unsrigen blühten, abgelaufen.

Und es sieht ganz so aus, als ob die Geschichte sich in unserer westlichen Gesellschaft wiederholen wird, wenn der gegenwärtige Trend so weiterläuft. Polizeigewalt und Unzugänglichkeit sind machtlos gegen diese zerstörerischen Prozesse, weil die demokratische Gesellschaft gerade diese Kräfte der Zerstörung legalisieren kann. Sobald eine demokratische Gesellschaft ein Liebhaber ihrer Vergnügen um jeden Preis geworden ist, ist sie unwiderruflich zum Verfall verurteilt. Der eingebaute demokratische Mechanismus, genau das zu erlauben, was die Mehrheit gerne will und was sie erfreut, unabhängig davon, ob es zerstört oder nicht, sorgt für den unwiderruflichen Verfall.

Wenn einmal eine demokratische Gesellschaft entscheidet, daß sie ihre Demokratie dazu gebrauchen will, um zu ihren Freuden zu gelangen, obwohl sie Schaden anrichten könnten – es ist nicht so wichtig, ob die Folgen dieser Freuden Krebs, Psychosen, Arteriosklerose, Herzinfarkte, Geschlechtskrankheiten, Unmoral oder gar der Fatalismus, der mit gewissen östlichen Religionen und einigen psychedelischen Drogen (Cannabis) zusammengeht, sind -, keine Macht in einer demokratischen Gesellschaft kann den Schaden oder den Zerfall aufhalten! Eine Möglichkeit, diesen Prozeß aufzuhalten, bestünde darin, einer solchen Gesellschaft ihr Recht auf Eigengesetzgebung zu nehmen. Das wäre allerdings das Ende der demokratischen Freiheit. Wir scheinen diesem Punkte in der Geschichte der westlichen Kultur gerade jetzt sehr nahe zu sein.

Eine andere Möglichkeit, den Lauf zum Verfall aufzuhalten, ist die einer geistlichen Erweckung, die eine Gesellschaft davon heilt, ihre Freiheit zur Legalisierung dessen zu benutzen, was sie zerstören muß. Das ist in der westlichen Geschichte vorgekommen – und es funktioniert!
Ehe eine demokratische Gesellschaft den Zustand des Zerfalls erreicht, kann ein durchschlagendes Erziehungsprogramm helfen, vor der Gefahr zu warnen und diese abzuwenden. Aber eine geistliche Erweckung, die einen neuen Sinn für Werte gibt, ist ein wesentlicher Teil des Vorganges. Hier wird die Gesetzgebung nicht mehr vom Lustgewinn einer Mehrheit, sondern vom Wohl der ganzen Gesellschaft ausgehen. Die Vordergründigkeit von «Vergnügungen» wie freie Liebe, Drogenkonsum und Überfluß, wird dem Bedürfnis nach echter Transzendenz weichen, um eine neue, geistliche Dimension zu erschließen, die dem Leben echten Sinn und überwältigende Freude gibt. So ist das einzige Bollwerk gegen den scheinbar vorprogrammierten Lauf zum Zerfall in einer demokratischen Gesellschaft eine geistliche Belebung und Neubewertung des Lebens. Wie wir später sehen werden, ist die gegenwärtige psychedelische Drogenepidemie ein Anzeichen dafür, daß die Gesellschaft den Weg der Erneuerung einschlagen könnte, wenn ihr nur die richtige Leitung gegeben würde von erneuerten Männern und Frauen, die den wahren Zustand der gegenwärtigen Lage in der westlichen Gesellschaft beurteilen können; denn unsere jüngere Generation sehnt sich offenbar nicht wirklich nach bewußtseinsverändernden Drogen an sich, sondern sucht nach der Bedeutung des Transzendenten, d. h. sie sehnt sich nach echten geistlichen Erlebnissen. Bewußtseinsverändernde Drogen tun etwas in der Richtung, daß sie das Bedürfnis des Menschen zeigen, obwohl sie selbst nach unserer Meinung nur eine Pseudolösung anbieten. Ehe wir auf diesen Aspekt der Bedeutung der psychedelischen Drogenepidemie eingehen können, wird es nötig sein, sich zunächst den rein pharmakologischen Aspekten der bewußtseinsverändernden Drogen zuzuwenden.

2. Verschiedene Drogenarten

Die Hauptdrogen, die das Bild heute bestimmen, sind die sogenannten psychoaktiven Drogen. Dazu gehören
(1) die Anästhetika und Tranquillizer (Beruhigungsmittel), die Nikotin und Anästhetika wie Alkohol einschließen,
(2) die Amphetamine oder ZNS (=Zentrales Nerven-System) stimulierenden Drogen,
(3) die Barbiturate (= ZNS dämpfende Drogen) (Anästhetika),
(4) die Opiate oder Analgetika, die auch das Zentralnervensystem und das Schmerzempfinden beeinflussen und
(5) die sogenannten psychedelischen Drogen, die angeblich das Bewußtsein erweitern, Bewußtseinsveränderungen hervorrufen und einen Zustand von «Instantmystizismus» veranlassen.

So schließen die psychoaktiven Drogen wenigstens fünf unterschiedliche Arten von Stoffen ein, die nicht miteinander verwechselt werden sollten, obgleich sie alle psychoaktiv oder den Bewußtseinszustand verändernde Substanzen sind. Natürlich sind die Grenzen zwischen den verschiedenen Klassifizierungen nicht immer klar definierbar. In der Tat kann es vorkommen, daß eine Droge, die allgemein als nicht psychoaktiv klassifiziert wird, sich als psychoaktiv herausstellen kann, wie z.B. im Falle einiger Lokalanästhetika.

Lidocain kann Hypnose oder Schlaf neben Lokalanästhesie hervorrufen. Normalerweise sind die letzteren bei Normalanwendung (für Lokalanästhesie) nicht psychoaktiv. Aber mehrere Lokalanästhetika können unter gewissen Umständen ZNS dämpfend (d. h. als psychoaktive Drogen) wirken. Unter den psychoaktiven Drogen werden die sogenannten psychedelischen Stoffe dazu gebraucht, tranceähnliche Zustände oder Trips auszulösen, die Halluzinationen, psychedelische Höhepunkte (High) und ein Wahrnehmen der Transzendenz in sich schließen, die oft den Sinn für Zeit und Raum verlieren lassen.
Sie können eine Art mystischen tranceähnlichen Zustand hervorrufen, den man als «Instantmystizismus» bezeichnet, mit einigen Begleiterfahrungen, die zum Mystizismus gehören. Natürlich können diese Drogen bei dem einzelnen Menschen, der die Droge einnimmt, je nach Dosis und seinem Set (Einstellung zur Drogenerfahrung) und Setting (Umstände zur Zeit der Drogenerfahrung) zur Zeit der Drogeneinnahme, auch reine psychotische Störungen herbeiführen. Für eine Beschreibung der genauen Wirkungen von psychedelischen Drogen, siehe mein Buch «The Drug Users: the Psychopharmacology of Turning On.»

Amphetamine können ebenfalls, neben bloßer ZNS-Stimulierung, in einigen Fällen Halluzinationen und Psychosen hervorrufen. Aber es entsteht wenig wirkliche psychedelische Wirkung. Opiate produzieren Euphorie neben den dämpfenden Wirkungen auf das Zentralnervensystem und das Verdauungssystem. Aber der Euphorie folgt eine Depression und ein «Vor-sich-Hindösen». Es gibt keine ausgeprägte psychedelische Wirkung.

Die obige Zusammenfassung der Drogentypen unter der Klassifikation «psychoaktiv» vermittelt eine Ahnung von der Komplexität der Drogenepidemie, die von den verschiedenen Typen der erwähnten psychoaktiven Drogen ausgelöst wurde. Neben dieser Verschiedenheit der Drogen ist die Tatsache von Bedeutung, daß die Person, die heute heroinsüchtig ist, wahrscheinlich schon vorher andere psychoaktive Drogen genommen hat. Wenn sie ihre Dosis (Fix) an Heroin nicht erhalten kann, wird sie vielleicht mit einem Barbiturat oder einer anderen Droge vorlieb nehmen. Als Gipfel der Süchtigkeit wird es gewöhnlich angesehen, wenn ein Drogenkonsument Kokain nimmt, das gleichzeitig ein Stimulans und eine anästhetische Substanz ist, und noch dazu eine dämpfende Droge (mit euphorischen Eigenschaften) wie Heroin.

Unter solchen Umständen setzt die Zerstörung des Charakters oft schnell ein. Es ist wichtig, das Ineinandergreifen beider Drogentypen und Drogenverbraucher zu erkennen, denn das ganze Problem der Drogenepidemie ist kompliziert. Die Verbraucher psychedelischer Drogen wie Cannabis und LSD oder Meskalin betrachten gewöhnlich den Gebrauch von Opiaten wie Morphin oder Heroin zur Bewußtseinsveränderung als «schlechten Stil» oder «schlechte Technik»; denn die wirklichen Instantmystiker begehren, wie wir schon hervorgehoben haben, mehr und verschiedenartiges Bewußtsein, nicht «Nirvana» oder Vergessen (weniger Bewußtsein), wie man sie mit den Anästhetika oder Analgetika der Opiate oder Barbiturate erhält. So ist es eine Tatsache, daß der Gebrauch von Cannabis oder LSD nicht notwendigerweise zu Heroin und dessen unerwünschten Folgen für den einzelnen und die Gesellschaft, in der er lebt, führt. . . .

Psychedelika führen nicht unvermeidlich zu Heroin – die Hunderttausende von Cannabisgenießern, die nach Jahren der Erfahrung kein Heroin gebrauchen, beweisen das. Die heutige Drogensubkultur schließt also den Gebrauch aller psychoaktiven Drogenarten ein – Opiate, Amphetamine, Barbiturate, Tranquilizer (Beruhigungsmittel) wie auch psychedelische Drogen. Jedoch ist es wichtig zu erkennen, daß die Drogen, die zu mystischen Erfahrungen und psychedelischen Highs führen, vollkommen verschieden sind von praktisch allen anderen psychoaktiven Drogen: Sie verursachen keine Abhängigkeit oder, um die alte Terminologie zu gebrauchen, keine Sucht. Amphetamine, Opiate, Barbiturate und bis zu einem gewissen Maße Tranquilizer können suchtbildend sein. Aber die am wenigsten gefährlichen Drogen in dieser Hinsicht sind die psychoaktiven Drogen, die eine psychedelische Wirkung haben und «Instantmystizismus» hervorrufen. Ganz spezifisch gesprochen sind LSD, Cannabis, Meskalin, Psilocybin nicht gefährlich in bezug auf suchtbildende Wirkung. Ihre Gefahr liegt woanders, auf dem Gebiet der Psychosen in Verbindung mit negativen Trips. Es ist wichtig, diesen Unterschied zu kennen, weil öffentliche Stellen mitunter psychedelische Drogen als «Narkotika» klassifizieren und den Eindruck erwecken, daß Suchtgefahr besteht.

Drogen vom LSD-Typ dürfen wegen ihrer schnellen Toleranzentwicklung (nicht Abhängigkeit) nicht in dicht
hintereinanderliegenden Dosierungen genommen werden. Ein Zwischenraum von ungefähr einer Woche ist zwischen den Dosen erforderlich, um die LSD-Wirkung zu reaktivieren. Auf den folgenden Seiten wollen wir die Möglichkeiten zur wirklichen Behandlung der Drogenepidemie prüfen. Wir wollen dabei wieder zwischen psychoaktiven Drogen und Psychedelika unterscheiden.

3. Kokain

In unserer Klassifikation haben wir Kokain nicht vergessen, obgleich es, pharmakologisch gesprochen, eher eine Klasse für sich bildet. Es ist ein starkes Lokalanästhetikum und deshalb ein Dämpfer, aber zur gleichen Zeit ein
kurzwirkender Stimmungsheber, der Euphorie, Appetitabnahme, Unempfindsamkeit gegen Müdigkeit und Schmerz hervorruft. Es ist der stärkste bekannte Stoff gegen Ermüdung, der ein Gefühl von großer Muskel- und geistiger Stärke schafft, so daß der Gebraucher der Droge seine Kraft überschätzt. Es bewirkt, genau wie Amphetamin, in sonst völlig intakten Personen eine Euphorie. Die Eingeborenen in den Anden kauen das Cocablatt, das eine gebundene Form von Kokain enthält, um Müdigkeit zu überwinden. Wegen der kurzen Wirkungsdauer müssen innerhalb weniger Stunden viele Dosen verabreicht werden, um die Euphorie beizubehalten. Bei Überdosierung kommen noch Angstzustände und Halluzinationen, wie die durch Amphetamine erzeugten, hinzu. Durch Schlaganfall und Versagen der Atmung kann der Tod eintreten. Das Bild des verkommenen Drogenteufels, das oft für Opiatbenutzer gebraucht wird, paßt eher zum Kokainsüchtigen. Einige Personen können es jedoch lange Zeit genießen, ohne daß sich die toxischen Symptome entwickeln, während andere nach einer einzigen Verabreichung daran leiden. Zwar ist heute ein zunehmender Gebrauch von Kokain in der westlichen Kultur zu verzeichnen, spielt jedoch noch eine verhältnismäßig geringe Rolle in der gegenwärtigen Drogenepidemie der westlichen Länder. Wir wollen zuerst die Möglichkeiten zur Behandlung des Alkoholmißbrauches untersuchen (da er am meisten verbreitet ist) und dann weiterfahren mit den Möglichkeiten zur Behandlung des Mißbrauchs von Opiaten, Amphetaminen, Tranquilizern, Barbituraten und schließlich der psychedelischen Drogen. 

4. Pharmakologische Möglichkeiten zur Behandlung der Epidemie des Drogen-Mißbrauches 

a) Entwöhnung von Opiaten – Methadon-Ersatz

Methadon ist ein synthetisches Opiat, das ähnliche analgetische Eigenschaften aufweist wie Morphin und Heroin. Es ist suchtbildend, aber weniger als Heroin. Es kann auch geschluckt werden, was gegenüber Morphin und Heroin ein Vorteil ist, da diese parenteral oder intravascular eingeführt werden müssen. Entzugssymptome treten bei Methadon eher später auf als bei Heroin- oder Morphinentzug. Bei Methadon-Abhängigkeit kann u.U. 48-72 Stunden nach der letzten Dosis noch kein Entzugssymptom auftreten. Bei schwerer Abhängigkeit von anderen Opiaten treten die Entzugssymptome gewöhnlich innerhalb von 36 Stunden nach der letzten Dosis auf.

Die Entzugssymptome – den Süchtigen als «cold turkey» bekannt – werden unter den Opiat-Konsumenten sehr gefürchtet. Sie werden fast alles unternehmen, um einen «Fix» oder eine neue Dosis des erforderlichen Opiats zu erhalten, um die Symptome am Erscheinen zu hindern oder sie loszuwerden. Diese Gier nach einer neuen Dosis treibt den Süchtigen zu Verbrechen und Gewalttat, wenn er versucht, das nötige Geld zu erlangen, um für eine Dosis Opiat zu bezahlen. Der Süchtige braucht die Droge eher dazu, die Entzugssymptome zu unterdrücken oder loszuwerden als zum Erlangen der Euphorie, die er in den früheren Tagen seiner Opiaterfahrung so hoch schätzte.

Es ist nun von vielen, die sich mit Opiatabhängigkeit befaßten, herausgefunden worden, daß die Entzugssymptome, die durch Vorenthalten von Heroin bei einem Heroinsüchtigen entstehen, durch Methadon unterdrückt werden können. Das gleiche trifft bei Morphin- und Opiumsucht unter den natürlichen Opiaten (Heroin ist das Azetylderivat von Morphin und ist deshalb ein semisynthetisches Opiat) und bei Abhängigkeit von Meperidin und anderen synthetischen Opiaten zu. Der Morphin- oder Heroinentzug bei Süchtigen ist, im Gegensatz zum Barbituratentzug, selten tödlich. Aber er ist außerordentlich unbequem, und der Patient leidet im Verfahren Todesqualen. So fand man heraus, daß beim Ersetzen des Heroin oder Morphin durch Methadon die Entzugssymtome, die so unerwünscht sind, unterdrückt werden können. Noch ein weiterer Punkt wurde bei der Arbeit mit Methadonentzug festgestellt. Der Heroinsüchtige wird, wenn er mit Methadon behandelt wird, angeblich unfähig, mittels Heroin oder Morphin ein «High» zu erreichen.

Tatsächlich hat man gesagt, daß Heroin Euphorie hervorruft, Methadon dagegen nicht. Auf den ersten Blick sah es wenigstens in früheren Arbeiten so aus, als ob Methadon eine Droge sei, die Heroin-, Morphin- und andere Opiat-Euphorie blockieren würde, ohne die unerwünschten Nebenerscheinungen natürlicher Opiate aufzuweisen. Aber ist das wirklich der Fall? Heute besteht eine rapid wachsende Überzeugung unter den Experten, daß Methadon nur eine legale Sorte der Herointyp-Droge ist, die jedoch per os (durch den Mund) wirksam ist, aber langsamer wirkt. Es besitzt weniger Aktivität (gemessen nach dem Gewicht) als Heroin oder Morphin.

Die folgenden Tatsachen treten heute zutage und untergraben ernstlich das Vertrauen der Experten hinsichtlich der Brauchbarkeit von Methadon, um Heroin- und Morphinsucht zu «blockieren»: Erstens wird man die Ansicht, daß Heroin Euphorie erzeuge, während Methadon dies nicht tue, modifizieren müssen. In Wahrheit sind, pharmakologisch gesehen, Heroin und Methadon sehr ähnliche Drogen. Wenn eins von beiden dem Körper auf oralem Weg zugeführt wird, ist die Absorption langsamer als bei intravenöser Injektion. Das Ergebnis ist: Der Körper kann mit beiden Drogen leichter fertig werden, wenn sie per os verabreicht werden, weil in beiden Fällen die Blutkonzentration langsam steigt. Auf diese Weise erzeugt weder Heroin noch Methadon einen Ansturm von Euphorie, wenn durch den Mund eingenommen. Jedoch rufen beide Euphorie hervor, wenn rasch intravenös injiziert wird. Es stimmt, daß Methadon als schwächere Droge weniger wirksam ist, aber wirksam ist es.

Zweitens ruft der Gebrauch beider Drogen im Laufe der Zeit Toleranz hervor. Der Körper lernt sie zu metabolisieren (abzubauen), so daß von jeder Droge immer mehr erforderlich ist, um eine bestimmte euphorische Wirkung zu erzeugen. Sobald einmal Toleranz gegenüber einem von beiden eingetreten ist, ist es schwierig, Euphorie überhaupt hervorzurufen, es sei denn sehr flüchtig durch sehr schnelle Injektion hoher Dosen. Das heißt, daß die Behauptung, Methadon erzeuge keine Euphorie, daher kommen mag, daß weder Heroin noch Methadon in der schon toleranten Person leicht Euphorie herstellen wird. Die meisten Leute, die mit Methadon gegen Heroinsucht behandelt werden, sind natürlich schon tolerant – und daher tolerant gegenüber beiden, Methadon und Heroin. Es besteht Kreuztoleranz zwischen Methadon und Heroin – wenn man gegenüber der einen Droge tolerant ist, besteht ebenfalls eine Toleranz gegenüber der anderen.

Drittens ist der «Blockierungseffekt», durch den man angeblich unter der Methadonbehandlung mit Heroin kein «High» erreichen kann, leicht erklärbar. Die Dosis von Methadon, die für den Heroinsüchtigen zur Behandlung empfohlen wird, ist sehr hoch – viel höher als die Dosis, die früher bei der Methadonbehandlung gegen die Schmerzen von Krebspatienten angewendet wurde. Wenn der Körper von dieser riesigen Menge Methadon überschwemmt wird, reagiert er nicht auf kleinere Mengen Heroin und ist deshalb für Heroin und andere Opiate «blockiert».  . . .

Es wird oft behauptet, daß Methadon den Heroinsüchtigen im gleichen Maße normal hält wie Insulin den Diabetiker. Daß dies eine vollkommen falsche Analogie ist, beweist die Tatsache, daß viele Insulinpatienten allein durch Diät unter Kontrolle gehalten werden können, was man im Falle des Heroinsüchtigen kaum behaupten könnte! Weiterhin ist es eine Tatsache, daß Methadon die Schläfrigkeit der Opiate produziert, so daß man vom Patienten in Methadonbehandlung kaum sagen kann, daß er durch die Droge in einem normalen Zustand gehalten würde – wie im Falle von Insulin. In der Tat treten viele typische Heroin/Morphin-Nebenerscheinungen bei der Methadon-Behandlung auf. So leidet der Patient unter Verstopfung und schwitzt; sexuelle Impotenz kann besonders bei älteren Männern vorkommen, und seine Reflexreaktionen werden anormal. Bei Entzug von Methadon stellen sich gewöhnlich ernsthafte Muskelkrämpfe ein, so daß manchmal Hospitalisierung notwendig wird. Weil Methadon länger als Heroin wirkt, setzt Entzug langsamer ein und dauert länger. Viele Patienten, die oral mit Methadon behandelt werden, injizieren es in die Venen («mainline») und erleben ein «High», das dem des Heroins ähnlich ist. … Dazu beeinflußt Methadon einen Patienten sozial und psychologisch, so wie es alle Opiate tun. Es dämpft das Gefühl und die Reaktionsfähigkeit und schränkt den Bereich der menschlichen Erfahrung ein. Das bedeutet, daß die ganze Familie eines Methadon-Patienten, einschließlich seiner Kinder, dem Benutzer eines starken Narkotikums Tag und Nacht ausgeliefert ist – und das auf legale Weise.

Der weitverbreitete Gebrauch von Methadon, der gesetzlich vom U. S. Staat gefördert wird, bedeutet wirkungsmäßig die Legalisierung eines ebenso weit verbreiteten Heroin Verbrauchs. Will dies die Gesellschaft? Der einzig wirkliche Unterschied wird der sein, daß man Methadon in der Klinik erhalten kann, aber Heroin nicht. Das kommt dem sogenannten «Britischen System» nahe, unter dem der registrierte Süchtige seine (Unterhaltungsdosis) Opiat, von der er abhängig ist, für nur einen nominellen Betrag erhalten kann. Wenn das der Fall ist, dann gibt es überhaupt keinen Grund zur Behandlung mit Methadon. Praktisch ist es eine Form von Heroin oder Morphin. Man könnte also die Methadon-Behandlung gleich durch das britische System ersetzen und so den Patienten das nötige Heroin oder Morphin statt Methadon geben. Diese Methode gibt das Heroinproblem zu, unternimmt aber nichts zu seiner Lösung – sie legalisiert und stabilisiert das Problem.

Eines sollte jetzt klar sein: die Methadon-Behandlung sollte man unter keinen Umständen als «Kur» für Opiatabhängigkeit bezeichnen. Sie «blockiert» keine Opiate wie Heroin. Sie ist in Wirklichkeit ein Zugeständnis, daß
man der von Opiaten abhängigen Person ihre Opiatdroge geben muß, um ein relatives Wohlergehen zu gewährleisten, und daß es, pharmakologisch gesprochen, bis heute keine Heilung gibt. 

d) Heroin: Geschichte

1898 wurde Morphin erfolgreich azetyliert, um Diacetylmorphin herzustellen, sonst bekannt als Heroin. Die frühen klinischen Versuche zeigten, daß Heroin sowohl Morphiumsucht als auch Opiumsucht «heilte»!  Es entwickelte sich eine solche Begeisterung für die neue Droge, daß sie ihren Namen von dem englischen Wort «hero» (Held)  bekam,- es heilte die Opium- und Morphinplage! Die Methadon-Behandlung läuft pharmakologisch auf das gleiche hinaus. Es behandelt Opiatsüchtigkeit, indem es mehr Opiat verabreicht, mit all den bekannten Folgen. Die fortgesetzte Anwendung der Methode wird Gesetz und Ordnung unterminieren, da sie in der Tat eine Art von Opiatdroge legalisert, während das Opiat Heroin verboten ist. Warum sollte in diesem Fall Heroin ein «schlechtes» und Methadon ein «gutes» Opiat sein? Die Drogenkonsumenten (auch einige Pharmakologen) kommen zu dem Schluß, daß die Instanzen, die eine Droge legalisieren oder amtlich verbieten, nach willkürlichen Grundsätzen arbeiten – oder daß sie einfach die Tatsachen nicht kennen, weil sie ihre pharmakologischen und historischen Drogenhausaufgaben nicht gemacht haben. 

e) Verbrechen

Ein letzter Punkt muß erwähnt werden in bezug auf den Methadon-Versuch, das Opiatproblem zu lösen. Ein beträchtlicher Teil der Verbrechen, die mit Opiatgenuß verbunden sind, wird durch die finanzielle Notwendigkeit
hervorgerufen, die Droge zu erwerben, was auf dem Schwarzen Markt teuer ist. Aber nicht alle Verbrechen haben diesen finanziellen Ursprung. Das geht aus der Tatsache hervor, daß bei Gewalttätigkeitsverbrechen aufgrund von Alkohol die Geldfrage nicht an erster Stelle steht. Entweder ist es die Pharmakologie der Droge, die das Verbrechen auslöst, oder die Persönlichkeit des Kriminellen unter dem Drogeneinfluß ist der Grund dafür. Oder beide Faktoren mögen im gewalttätigen Verbrechen eine Rolle spielen. Man hat jedoch festgestellt, daß ein hoher Prozentsatz von Süchtigen, die wegen krimineller Handlungen festgenommen werden, auch schon vor ihrer Drogenabhängigkeit mit dem Gesetz in Konflikt gekommen waren. Eine wirkliche Ursache des kriminellen Verhaltens liegt also in der Persönlichkeit, die sich Drogen zuwendet. Die Kriminalität war da, ehe der Kriminelle sich den Drogen zuwandte, und wahrscheinlich wenigstens in einigen Fällen entscheidend, daß er drogensüchtig wurde. Man kommt wiederum zu der Schlußfolgerung, daß das Drogenproblem hauptsächlich ein menschliches Problem ist. In der Tat konnten in England etwa 34 % der Süchtigen, die wegen Verbrechen festgenommen waren, ihre Drogen legal und ohne Schwierigkeiten erhalten. Aber sie hatten sich nichtsdestoweniger kriminellen Tätigkeiten zugewandt. Wenn man daher Opiatdrogen leicht zugänglich macht (entweder Methadon oder Morphin), um den Schwarzen Markt zu vermeiden, löst man damit nicht das Drogen/Verbrechen-Problem. Wenn natürlich der Schwarze Markt dadurch unnötig wird, daß Opiate legal zugänglich sind, dann kann man die Drogenreinheit kontrollieren, was ein großer therapeutischer Vorteil wäre; denn wenn ein Patient eine unreine Droge mit unbekannten Bestandteilen zu sich genommen hat, wie kann ein Arzt wissen, auf welche Weise er ihn im Notfall behandeln soll? 

Kapitel III.

Drogen-Abhängigkeit und -Entzug  

1. Entzug von Amphetaminen (und Kokain)

Amphetamine werden im allgemeinen medizinisch als Diäthilfe gebraucht. Sie verringern den Appetit und setzen das Müdigkeitsempfinden herab. Gleichzeitig steigern sie die geistige Regsamkeit und verleihen ein Gefühl allgemeinen Wohlbefindens. Unter gewissen Umständen, wie Überdosierung, können sie Angst und Zittrigkeit hervorrufen. Letzteres kann verringert werden, indem man gleichzeitig Barbiturate gibt, was, wie wir noch sehen werden, eine gefährliche Handlungsweise sein kann. Man glaubt gewöhnlich, daß Barbiturate die Amphetamin-Euphorie verstärken. Tatsächlich ist die verstärkte Amphetamin-Euphorie bei gleichzeitiger Einnahme von Barbituraten wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß das Barbiturat die Stimulierung des Zentralnervensystems, verursacht durch das Amphetamin, neutralisiert und so die Angst und das Zittern vermindert. Dies wiederum läßt eine größere Dosis Amphetamin zu, ohne unangenehme ZNS-Stimulierung und wirkt sich in größerer Amphetamin-Euphorie aus.

Amphetaminsüchtige beschreiben ihre Euphorie fast mit den gleichen Ausdrücken wie Kokain-Konsumenten. Das ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, daß beide, Amphetamine und Kokain, das Zentralnervensystem stimulieren. Wie man es von seinen ZNS-stimulierenden Eigenschaften erwarten würde, erzeugt Kokain ebenfalls eine bemerksenswerte Appetitabnahme und den Verlust des Müdigkeitsempfindens. So haben Amphetamine und Kokain viele gemeinsame Eigenschaften. Sie verleihen beide ein übertriebenes Gefühl von Muskelstärke und geistiger Fähigkeit. Weder Amphetamin noch Kokain braucht eine gestörte Persönlichkeit, in der ihre Eigenschaften zur Geltung kommen. Vollkommen normale Menschen erfahren die Wirkung beider Drogen. Kokain besitzt allerdings starke lokalanästhetische Eigenschaften, die die Amphetamine nicht aufweisen.

Die Standardtextbücher stellen fest, daß Amphetaminabhängigkeit nicht übermäßig häufig vorkommt, daß sie tatsächlich relativ ungewöhnlich ist. Während dies zweifellos in England und den Vereinigten Staaten der Fall ist, hat Skandinavien, besonders Schweden ernsthaften Preludin (Phenmatrazin)-Mißbrauch erlebt. Preludin ist eine Appetitdämpfende Droge, die eine chemikalisch verstellte Art von Amphetamin ist. Man sagt, daß seine stimulierenden Eigenschaften geringer seien als die von gewöhnlichem Amphetamin, daß aber die appetiteinschränkende Wirkung größer sei. Auf alle Fälle besitzt Phenmetrazin viele Eigenschaften von Dextroamphetamin. Medizinisch benutzt man den Amphetamin-Drogentyp zur Behandlung von Fettleibigkeit, um während langer Arbeitszeiten geistig wach zu bleiben, zur Behandlung von Narkolepsie (unkontrollierbarer, anfallartiger Schlaf) und manchmal für nächtliches Bettnässen (Enuresis) bei Kindern. Die Amphetamine werden oft von «Gangs» von Jugendlichen mißbraucht, die ein ganzes Wochenende auf den Füßen bleiben wollen, ohne die Notwendigkeit ein Hotelschlafzimmer mieten oder Schlafengehen zu müssen. Auf diese Art eingenommen – im Gegensatz zum medizinischen Gebrauch – erzeugen Am-
phetamine psychische Biegsamkeit und eine Mentalität des «Gang»-Herdentriebs.

2. Entzugssymptome (Amphetamine)

Nach Amphetamin-Entzug gibt es eine hohe Rückfallsrate. Das Vorkommen von Selbstmord und Psychose ist viel
höher nach dem Entzug als im Bevölkerungsdurchschnitt. Das zeigt, daß Psychose und Selbstmord eine Folge von Amphetamin-Entzug sein können. Einige Süchtige scheinen imstande zu sein, sich selbst auf einer festgesetzten Unterhaltungsdosis zu stabilisieren. Die Mehrzahl der Süchtigen weist Entartung der Persönlichkeit auf, die mit ihrem Amphetamin-Mißbrauch parallel läuft. Solche Patienten befinden sich häufig im Krankenhaus zur Behandlung von toxischer Psychose.

Es entwickelt sich Toleranz gegenüber der stimulierenden Wirkung der Amphetamine. Der Süchtige reagiert auf diese Toleranz durch Erhöhung der Dosis, die er auf mehrere hundert mgs täglich oder sogar mehr erhöhen kann. Wenn sich Toleranz gegen ein Amphetamin entwickelt, besteht eine Kreuztoleranz gegenüber allen Amphetaminen. Obgleich jedoch Toleranz gegenüber der stimulierenden Wirkung gebildet wird, entsteht keine Toleranz gegenüber den rein toxischen Wirkungen auf das Zentralnervensystem. Daraus ergibt sich, daß, indem die Toleranz gegenüber Stimulierung gebildet und die Dosis dementsprechend erhöht wird, die toxische Grenze schnell erreicht wird, die Psychose hervorruft. Dies kann wenige Wochen oder Monate nach Mißbrauchbeginn eintreten.

Amphetamin-Psychose wird oft von Halluzinationen des Gehörs und der Sicht begleitet. Die paranoiden (wahnsinnig) Symptome ähneln denen der Schizophrenie. Die psychotischen Symptome erscheinen langsamer als bei Kokain, obgleich sie nach großen Dosen von Amphetamin nach 2-3 Tagen erscheinen können. Da große Dosen Dextroamphetamin (und Amphetamine im allgemeinen) langsam im Verlauf von ungefähr einer Woche ausgeschieden werden, besteht die Gefahr einer Kumulierung (Häufung).

Das langsame Auftreten von Psychosen mag auf die langsame Häufung zurückzuführen sein. Aus dem gleichen Grunde (langsame Ausscheidung) verschwinden Amphetamin-Psychosen gewöhnlich langsam, selbst wenn keine Droge mehr zugeführt wird.

Man glaubte lange Zeit, Amphetamine zeigten keine wahren Entzugssymptome außer Müdigkeit, Heißhunger auf die Droge und Depression. Jedoch werden die EEG-Profile nach plötzlichem Entzug ganz deutlich verändert. Sie normalisieren sich erst, wenn man die erforderliche Unterhaltungsdosis verabreicht. Das wird so ausgelegt, daß das veränderte EEG ein wirkliches Entzugssymptom darstellt. Obwohl Müdigkeit, Depression und starkes Verlangen, wie oben beschrieben, auftreten, gibt es beim plötzlichen Entzug von Amphetaminen nichts, was mit den Opiat-Entzugssymptomen zu vergleichen wäre. Deshalb ist im Fall von Abhängigkeit die beste Methode, Amphetamine zu entziehen, der totale und abrupte Entzug unter angemessener medizinischer Pflege, falls es sich um hohe Dosen handelt. Die dem Entzug folgende Depression sollte sorgfältig beobachtet werden, falls Neigungen zu Selbstmord auftreten.

4. Energie Verhältnisse beim Amphetamingebrauch

Viele Amphetamin-Konsumenten, mit denen ich sprach, scheinen nicht zu begreifen, daß die Droge selbst dem Körper weder Energie noch Kalorien zuführt. Die Dosen des genossenen Amphetamins sind milligrammweise viel zu klein, um dem Treibstoffvorrat des Körpers etwas beizusteuern. Die Überaktivität, hervorgerufen durch die Amphetamine, wird eindeutig nicht durch Verbrennung von Amphetaminmolekülen unterhalten. Die Amphetamine wirken nicht auf die gleiche Weise wie z. B. Zucker oder Fette im Körper, die im Organismus verbrannt werden und Energie freigeben. Amphetamine wirken, indem sie die Schwelle, bei welcher der Organismus auf Reize von außen reagiert, herabsetzen.

Jeder Organismus enthält ein unsichtbares Reservoir von verfügbarer Energie, die freigegeben wird, um auf äußeren Reiz zu reagieren. Das Tier und der Mensch besitzen sozusagen einen «Energietank», von dem der Körper gemäß seinen Bedürfnissen sorgfältig Energie austeilt. Unter normalen Umständen achtet jeder Organismus darauf, daß er immer genügend Energie in Reserve hat, um seinen vorhersehbaren Energieanforderungen nachzukommen. Er hält, sozusagen, den Energiereservetank ziemlich voll, damit er auf Notfälle reagieren kann. Deshalb verschwendet ein Tier normalerweise keine Energie durch Reaktionen auf unbedeutende Reize, sondern reagiert nur auf lebenswichtige Stimuli. Würde es weniger gut haushalten mit seiner Energie, wäre der Energietank bald erschöpft und das Tier würde «physiologisch bankrott» gehen. Amphetamine senken die Schwelle, bei der ein Tier auf einen Stimulus reagiert. Unter ihrem Einfluß fängt das Tier an, auf jeden geringen Reiz zu reagieren, so daß der Organismus schnell ohne Kraftreserven ist. Das Tier wird bei der geringsten Herausforderung rennen und springen. Ein Mensch wird lachen, kichern, reagieren, ruhelos herumwandern und ganz allgemein seine Energie verausgaben, bis er erschöpft ist und mit einem Energiebankrott endet. Er mag dann einen Schlaganfall, Halluzinationen oder Konvulsionen bekommen, an denen er schließlich sterben kann.

Bei dieser Art Tod endet der Mensch oder das Tier sofort in rigor mortis (Todesstarre). Die Tatsache, daß das Tier oder der Mensch fast sofort nach dem Tod in Todesstarre fällt, zeigt, daß sie erschöpft waren, als der Tod eintrat; denn die Abbauprodukte des Metabolismus wurden nicht schnell genug aus den überarbeiteten Muskeln herausgewaschen, ehe die Zirkulation aufhörte. Diese durch Überaktivität hervorgerufenen Abbauprodukte veranlassen die Muskelproteine sofort beim Tod zu gerinnen, so wie Eiproteine erhärten, wenn man sie in kochendes Wasser legt. . . .

Der Enzymmechanismus der Zelle, der äußerst empfindlich ist, wird bei der Überstimulierung durch die Amphetamine beschädigt. Versorgung der Zelle mit mehr Kraftstoff, mehr Zucker oder Fett, wird der Zelle nicht helfen, sich von den Wirkungen des Energiebankrottes zu erholen, der durch Amphetamin-Stimulierung erzeugt wurde. Der Energiebankrott unter dem Einfluß von Amphetaminen rührt in Wirklichkeit von dem Schaden her, der dem Zellmotor zugefügt wurde. Dieser hat Mühe, den zu seiner Verfügung übriggelassenen Kraftstoff zu verbrennen, damit mehr Energie frei wird. Die beste Hoffnung auf Erholung nach Amphetamin-Erschöpfung ist Ruhe und Schlaf.  

5. Entzug von Tranquilizern

Unter den sogenannten Haupttranquilizern gehören die Phenothiazine wohl zu den wichtigsten. Das älteste Phenothiazin ist Thorazin (Chlorpromazin, Largactil, etc.). Es ist immer noch eine sehr nützliche Droge. Der Phenothiazingruppe der Tranquilizer fehlt der Euphorie erzeugende Faktor in ihrer Pharmakologie. Aus diesem Grund
hält man im allgemeinen die Gruppe nicht für suchtbildend. Diese Tatsache unterscheidet die Tranquilizer von
anderen Substanzen wie Alkohol und Barbiturate, die beide schwach, «beruhigende» Eigenschaften aufweisen, jedoch suchtbildend sind. Obwohl in der Phenothiazin Klasse der Transquilizer keine Euphorie-erzeugenden Eigenschaften vorhanden sind, kann dennoch in gewissen Fällen eine besondere Art von physikalischer Abhängigkeit entstehen. Demgemäß kann plötzlicher Entzug von Thorazin eine Verschlimmerung der psychotischen Zustände, zu deren Behandlung die Droge verabreicht wird, eintreten. Außerdem berichtet man von Muskelschmerzen und Schlaflosigkeit während einiger Tage nach plötzlichem Entzug. Dies geschieht sogar trotz der Tatsache, daß Thorazin nur langsam durch die Nieren vom Körper ausgeschieden wird, so daß der Blutspiegel nur allmählich fällt, wenn keine Droge mehr zugeführt wird.

Bei Psychiatrie-Patienten, die lange mit Thorazin behandelt werden, entwickelt sich eine Toleranz gegenüber seinen beruhigenden Eigenschaften. So mögen sich Patienten unter Thorazin-Behandlung zuerst schläfrig fühlen, aber im Laufe der Zeit überwinden sie die sedative Wirkung der Droge. Neben seiner Verwendung als Tranquilizer gebraucht man Thorazin manchmal, um unter Generalanästhesie Schlucken zu beseitigen . . .

Nebenreaktionen von Thorazin sind Parkinsonismus, Dyskinesia (Schwierigkeit beim Bewegen), Akathisia (Drang, sich ständig zu bewegen), Mattigkeit, Herzklopfen, Verstopfung der Nase, trockener Mund, Obstipation (Verstopfung), Kältegefühl, Schläfrigkeit, orthostatische Hypotension (Schwarzwerden vor den Augen beim Aufstehen) mit manchmal darauf folgender Ohnmacht. Ein wichtiger Punkt muß betont werden – er scheint häufig beim Verschreiben der Droge außer acht gelassen zu werden -, nämlich, daß alle bedeutenden Tranquilizer die Reaktionszeit der gelernten Reflexe verlängern und deshalb für Personen, die von Reaktionszeiten der bedingten Reflexe abhängig sind, möglicherweise gefährlich sind. Aus dem Grunde sollten Patienten, die Auto fahren oder Maschinen handhaben, die von gelernten Reflexen abhängig sind, vor dem Einfluß der Droge auf ihre veränderte Reaktionszeit hingewiesen werden. Man glaubt, daß jährlich viele Autounfälle dadurch verursacht werden, daß man es vernachlässigt hat, den Patienten diese Information zu geben. Vom Standpunkt des Drogen-Mißbrauches aus sollte bedacht werden, daß Thorazin, zusammen mit den meisten Phenothiazin-Tranquilizern, die Wirkung von Alkohol, Barbituraten und Opiaten verstärkt. In der heutigen Drogenkultur sind viele Todesfälle dadurch verursacht worden, daß man ein Glas Alkohol trank, nachdem vorher ein Barbiturat geschluckt wurde. Vor einiger Zeit verlor ein Leiter einer Pop-Gruppe sein Leben in seinem Schwimmbecken aufgrund der potenzierenden Wirkungsweise von Barbituraten auf Alkohol. . . . Man findet es sehr oft, daß chronische Drogenmißbraucher alkohol-, morphin- und barbituratsüchtig sind, und zwar aus dem Grunde, weil sie jede Droge gebrauchen, die sie nur finden können, um die Wirkung ihres verdünnten Heroins oder Morphins «aufzumöbeln».

Aus dem Vorhergehenden wird klar, daß in der Regel keine direkte Abhängigkeit von Thorazin entsteht, da es keinen Euphorie-erzeugenden Faktor in seiner Pharmakologie gibt. Jedoch wird die Droge oft zusammen mit suchtbildenden Drogen verwendet, so daß der Entzug gewöhnlich zur gleichen Zeit Abhängigkeit von einer Anzahl anderer Drogen (darunter oft Thorazin) in sich schließt. Zwangsgebrauch von Thorazin allein bildet sich nicht, jedoch ist sein Gebrauch mit dem Zwangsmißbrauch anderer Drogen verbunden. Deshalb muß man beim Entziehen von Thorazin die potenzierende Wirkung von Thorazin auf die Entzugssymptome der zweiten oder dritten zur gleichen Zeit mißbrauchten Droge in Rechnung stellen. Zweitens wird Thorazin angewandt, um Patienten zu helfen, die unter dem Entzug von suchtbildenden Drogen leiden. Vor einigen Jahren gab man Patienten, die von Alkohol und Babituraten entwöhnt wurden, Thorazin. Jedoch bezweifeln heute viele die Nützlichkeit dieser Prozedur.

Kapitel IV

Tranquilizer und die moderne mechanisierte Gesellschaft 

1. Tranquilizer und gelernte Geschicklichkeit

Wir erwähnten schon oben, daß die Tranquilizer (Beruhigungsmittel) die Reaktionszeit, die bedingte Reflexe erfordern, verlängern. Diese Tatsache ist so wichtig, daß sie einen Extraabschnitt rechtfertigt. Das folgende Beispiel will das illustrieren, was man über die gewöhnliche Wirkung der Beruhigungsmittel wissen muß.

Wenn ein Hund so trainiert ist, daß er jedes Mal, wenn eine Glocke geläutet wird, ein Rumpsteak erwartet (wie Pawlow es vor Jahren als möglich bewies), dann wird in seinem Munde auch das Wasser zusammenlaufen, wenn die Glocke geläutet wird, jedoch kein Steak angeboten wird. Ein bedingter Reflex – Speichelbildung beim Läuten einer Glocke – hat sich gebildet. Wenn nun ein Hund, der darauf abgerichtet ist, sobald er das Läuten der Glocke hört, Speichel zu bilden, mit einem Hauptranquilizer (wie Reserpin oder einem Tranquilizer der Phenothiazin-Gruppe wie Thorazin [Chlorpromazin]) oder Diazepam [Valium] behandelt wird, dann wird der Hund nur schwach oder überhaupt keinen Speichel bilden, wenn er das Glockenläuten hört. Das bedeutet, daß ein Tranquilizer einen gebildeten bedingten Reflex löscht oder schwächt. Dies geschieht sowohl bei Tieren als auch bei Menschen.

Wir wollen jetzt den Versuch andersherum durchführen. Wenn ein nicht abgerichteter Hund mit einem Haupt-Tranquilizer wie Thorazin oder Reserpin zuerst behandelt und darauf dem Glockenläuten mit folgender Fütterung ausgesetzt wird, dann wird der Hund viel langsamer dazu abgerichtet werden, das Glockenläuten mit dem Füttern zu verbinden, als ein normaler, unbehandelter Hund. Er wird wahrscheinlich die bedingten (angelernten) Reflexe überhaupt nicht erlernen, wenn die Dosis des Tranquilizers hoch genug ist. Das heißt, das Erlernen bedingter Reflexe (erlernte Geschicklichkeit) wird viel schwieriger oder tatsächlich unmöglich nach der Behandlung mit Tranquilizern.

Zusammenfassend: Haupt-Tranquilizer neigen dazu, schon gebildete bedingte Reflexe (erlernte Geschicklichkeit) auszulöschen und zu verhindern, daß man solche überhaupt erlernt. Diese Herabsetzung der «Kraft» von gelernten Reflexen betrifft Geschicklichkeiten und Reflexe, die wir täglich lernen und anwenden. Sie schließt die Geschicklichkeit des Autofahrens als auch andere Handfertigkeiten ein, die nötig sind, um mit Maschinen umzugehen. Sie alle werden verringert oder gehen durch die Therapie mit Haupt-Tranquilizern verloren.

In alldem liegt eine verborgene praktische Gefahr. Der Patient selbst hat nicht die geringste Ahnung davon, daß der Tranquilizer seine erlernte Geschicklichkeit und seine erworbenen Reflexe hemmt. Der Autofahrer mag wirklich ein sehr geschickter Mann gewesen sein – ehe er jene kleine weiße oder rosa Pille, den Tranquilizer, einnahm.  Aber nachdem er sie geschluckt hat, könnte man genau so gut einen Mann hinter das Steuerrad setzen, der kaum das Fahren erlernt hat. Der gleiche Mann jedoch bemerkt vor und nach der Pille kaum einen Unterschied. Er ist nicht im geringsten berauscht, sein Gang ist vollkommen gleichmäßig und normal. Er taumelt ganz und gar nicht. Es ist wahr, er mag sich nur ein wenig müde fühlen und die Neigung haben, einzuschlummern, wenn man ihn eine Weile ungestört läßt. Aber er ist unter keinen Umständen «von Drogen benommen» – er kann sofort von jedem kleinen Schläfchen wieder aufwachen, dem er sich hingegeben hat. Und das ist vollkommen normal für jeden, der schwer gearbeitet und zu wenig geschlafen hat. Er ist sich absolut nicht der Tatsache bewußt, daß seine erlernte Fahrgeschicklichkeit oder andere Handfertigkeiten durch die kleine weiße oder rosa Beruhigungspille, vermindert oder gar ausgelöscht sind. Wir wollen dieses bemerkenswerte Phänomen ein wenig eingehender betrachten. Eine kleine Dosis Alkohol – etwa ein oder zwei große Gläser Bier – kann zwischen 0,1- 0,5% Alkohol im Blut des Trinkers erzeugen und macht niemanden betrunken oder gar unstet in seinem Gang.

Solch eine Person ist gewiß nach dem Trinken nicht berauscht. Sein Atem ist nicht schwer von Alkoholdunst, noch ist seine Rede schwerfällig oder seine Zunge «gelöst». Er mag sich nur ein wenig entspannt und «bequem» fühlen, weiter nichts. Seine gewöhnlichen unbedingten (ungelernten) Reflexe (Gleichgewichtsreflexe) sind gewiß deswegen nicht ausgelöscht oder nur abgeschwächt.

Man hat jedoch festgestellt, daß bei den erwähnten tiefen Blut-Alkohol-Konzentrationen geringe Dosen alkoholischer Getränke (Konzentrationen, die ungenügend sind, zu berauschen und betrunken zu machen) eine tranquilisierende Wirkung erzeugen. Das heißt, diese tiefen Alkoholkonzentrationen im Blut schwächen die bedingten Reflexe in einer ähnlichen Weise wie die Hauptranquilizer, obwohl in geringerem Grade. Die Folge dieser Tatsache ist, daß selbst sehr tiefe Konzentrationen von Alkohol im Blut die Fähigkeit, Auto zu fahren, Maschinen zu bedienen und andere angelernte Reflexe herabsetzen, sowie alle Substanzen, die tranquilisierende Eigenschaften besitzen. Das bedeutet, daß selbst die kleinste Alkoholkonzentration im Blut die Neigung zu Unfällen verstärkt, in dem sie tranquilisiert und dadurch angelernte Geschicklichkeit mindert, ohne daß die betreffende Person sich dieser Tatsache bewußt ist. Die Konsequenz ist, daß sie ihre Fähigkeiten überschätzt und anfälliger für Unfälle ist. Aus diesem Grunde – die tranquilisierende Wirkung selbst niedriger Alkoholkonzentrationen im Blut – liegt das Glas Bier vor dem Heimfahren vielen Autounfällen zugrunde. Diese Unfälle rühren nicht von der berauschenden Wirkung des Alkohols her. Die Rauschwirkung macht sich erst bemerkbar nach der tranquilisierenden Wirkung des Alkohols. Die erste Wirkung geringer Dosen Alkohols ist Tranquilisierung, die die angelernten Fähigkeiten oder Reflexe zerschlägt, ohne daß der Alkoholtrinker dies weiß oder vermutet. Diese tranquilisierende Wirkung wird dann später überschwemmt, wenn die Blut-Alkohol-Konzentration weiter ansteigt und durch die anästhesierende oder berauschende Wirkung höherer Konzentrationen ersetzt. Diese spätere Wirkung verursacht den unsteten Gang, die verschwommene Sprache und die unkoordinierten Bewegungen.

Es ist in der Tat sehr wichtig, die zwei vollkommen unterschiedlichen pharmakologischen Wirkungen des Alkohols zu beachten, die tranquilisierende und die anästhesierende Wirkung, die «Trunkenheit» hervorruft. Es sind zwei verschiedene Wirkungen, obgleich sie natürlich ineinander überlaufen.

Die tranquilisierende Wirkung hat die Neigung, die bedingten Reflexe auszulöschen, während die anästhesierende Wirkung («Berauschtsein») sowohl die bedingten als auch die unbedingten oder ungelernten Reflexe auslöscht. Die letzte Wirkung erzeugt die schwerfällige, verschwommene Rede, den unsteten Gang und schließlich den totalen körperlichen Zusammenbruch – die Trunkenheit.

Ein Tranquilizer wird aus den obigen Gründen in den Textbüchern als eine Substanz definiert, die dazu neigt, die bedingten Reflexe allein auszulöschen und zur gleichen Zeit die unbedingten Reflexe unberührt zu lassen.
Anästhetische Substanzen (einschließlich Alkohol, der sowohl ein Tranquilizer ist – in niedriger Dosis – als auch Anästhetikum – in hoher Dosis) unterdrücken beide Reflexarten.

Da wir uns mit der Pharmakologie der bedingten Reflexe, sowie dem Werk Pawlows, Skinners, Eysenks und Hulls beschäftigen, sollte vielleicht erwähnt werden, daß Männer wie Sir Karl Popper lehren, daß es gar keinen bedingten Reflex gibt. Die unwahre Lerntheorie betont die Notwendigkeit der Repetition im Lernprozeß.

Aufgrund der Tatsache, daß die Pawlowschen Hunde dem wiederholten Läuten der Klingel mit anschließendem Steakgenuß unterzogen worden waren und stets erwartungsgemäß reagiert hatten, nahm man an, dies würde ein Beweis dafür sein, daß die Basis der modernen Lerntheorie, nämlich «Lernen durch Repetieren», gut war. Professor Karl Popper wendet sich gegen diese Ansicht und die dahinterstehende Theorie: Lernen allein durch Wiederholen. Er führt aus, daß, auch wenn man mir immer wieder weiße Schwäne zeigen würde, ich daraus niemals schließen kann, daß alle Schwäne weiß sein müssen.

Bei einer Reise nach Australien würde sich mir sehr wahrscheinlich die Gelegenheit bieten, schwarze Schwäne zu sehen – somit wäre meine Theorie von den weißen Schwänen zerstört.

Die Sache ist die, daß meine Denkprozesse angesichts der vielen, mir gezeigten weißen Schwäne daraus folgern, daß Schwäne schlechthin weiß sein müssen, was jedoch gar nicht der Fall ist. Auf ähnliche Art und Weise folgert der Hund – wenn es ständig wiederholt wird – daß auf den Gongschlag immer das Steak serviert wird. Gongschlag und Steak sind für ihn durch ein unveränderbares Naturgesetz miteinander verbunden – was sie natürlich gar nicht sind. Sie sind jedoch nicht Ausdruck eines Gesetzes, sondern lediglich willkürliche Abfolgen, die sich der Mensch für einen zeitlich begrenzten experimentellen Zweck geschaffen hat. Bloßes Wiederholen bewirkt keinen wirklichen Lernprozeß. Der Mensch tendiert dazu, Dingen Glauben zu schenken, wenn sie nur oft genug wiederholt wurden, und Dr. Josef Goebbels nützte diese Schwäche des menschlichen Geistes aus, um die nationalsozialistische Propagandamaschine ins Rollen zu bringen. Tranquilizers scheinen die Abstraktionsfähigkeit der Denkprozesse herabzusetzen, so daß die Gefahr besteht, daß die sogenannten Reflexe (Theorien) zur Entstehung voreilig geformter Ideen führen. Es ist wichtig, bei diesem Stadium zu erkennen, daß die meisten Drogen Wirkungen, einschließlich der tranquilisierenden Wirkung, ohne Verwendung von Drogen erzeugt werden können, wenn man weiß, wie. Dies bezieht sich sowohl auf Tranquilizer als auch auf andere Drogen.

2. Andere Tranquilizer   (Valium, Librium, Meprobamat etc.)

Man nahm allgemein an, daß Tranquilizer nützliche und ungefährliche Substanzen seien. Ein hoher Prozentsatz
von Menschen konsultiert den Arzt wegen Störungen, die mit Angstzuständen oder psychosomatischen Krankheiten verbunden sind, wie Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre durch zu viel Streß. Auf diesem Gebiet haben sich die Tranquilizer als unübertrefflich erwiesen. Sie werden heute in riesigen Mengen verschrieben. Neben der Anwendung bei geringeren psychosomatischen Störungen wurden und werden die Tranquilizer bei schweren Geistesstörungen wie Schizophrenie gebraucht. Man kann sicher sagen, daß der Tranquilizer die Türe der Gummizelle öffnete und viele Gefangene aus den Nervenheilanstalten frei setzte.

Trotzdem wird der Tranquilizer heute, neben all den gerechtfertigten Anwendungen, in einer Art verschrieben, die man nur mit Mißbrauch bezeichnen kann. Wir wollen einige Beispiele betrachten, denn dadurch werden wir Einsicht in die Vorbedingungen für gewisse Aspekte der Drogenepidemie gewinnen. In den letzten Jahren ist im Westen der Glaube gewachsen, daß es für jede Krankheit eine Pille gibt – angefangen beim Kopfweh bis hin zur Schizophrenie. Kürzlich unterhielt ich mich mit Eltern über ihr überaktives Kind. Er war ein derartiger «Zappelpeter», daß er nicht viel in der Schule lernte. Er mußte immer mit irgend etwas herumspielen, anstatt auf das, was der Lehrer sagte, aufzupassen. Der Arzt hatte dem Jungen einen mittelstarken Tranquilizer verschrieben: «… nur, um ihm beim Lernen zu helfen!» Nun, das war gut gemeint, aber pharmakologisch war es der reinste Unsinn. Der Arzt hoffte, das überaktive Kind durch den Tranquilizer zu beruhigen. Das gelang ihm auch, denn das Kind wurde charakterlich so verändert (lethargisch, faul), daß die Eltern über die Veränderung beunruhigt waren. Aber gleichzeitig verhinderte der Arzt, daß das Kind irgendwelche gelernten Reflexe oder erworbenen Fähigkeiten beibehielt, und auf alle Fälle hielt er es davon ab, überhaupt etwas Neues zu lernen. Teilweise sind die Patienten selbst dafür verantwortlich, wenn der Arzt ihnen zu viele Drogen verschreibt; denn wenn der Arzt ihnen vorschlägt, lieber ihre Uneinigkeit im Ehe- oder Familienleben zu lösen als eine Pille für jedes Kopfweh und Malheur zu erwarten, dann werden jene Patienten mit ihrem Arzt unzufrieden. Wenn er ihnen eine Pille gibt – manchmal sogar ein Zucker-Placebo -, sind sie oft erfreut über ihren so verständigen Arzt. Die Menschen wünschen, daß man ihnen durch Pillen hilft.

Warum verwundern wir uns dann über die Drogenepidemie? Die psychedelische Drogenepidemie beweist nur, daß junge Menschen sogar ihr transzendentes religiöses Erlebnis durch eine Pille vermittelt haben wollen, statt durch Beten und In-Ordnung-Kommen mit Gott und ihrem Nachbarn. Wir werden mehr darüber später an einer  geeigneten Stelle sagen. Das Resultat dieses «drogenorientierten Klimas» in unserer Gesellschaft ist, daß heutzutage Librium, Valium, Meprobamat, Thorazin, Haloperidol und bedauerlicherweise sogar einige Barbiturate mit tranquilisierender und anästhesierender Wirkung durch Verschreiben in riesigem Ausmaß mißbraucht werden. Als Tranquilizer reduzieren oder löschen sie bedingte Reflexe und angelernte Fähigkeiten, während die unbedingten, nicht erlernten Reflexeverhältnismäßig unversehrt bleiben. Diese Sachlage trifft sowohl auf das unglückliche überaktive Kind zu, das in der Schule sitzt und angestrengt versucht, Geschicklichkeit in Mathematik, Geschichte und Handfertigkeit zu erwerben, als auch auf die fortwährend belästigte Mutter, am Ende mit ihren Nerven, die ein gutes Abendessen für die erwarteten Gäste zu kochen versucht. Sie zerschlägt Geschirr, verbrennt sich an der Kochplatte und verliert ihre hausfrauliche Geschicklichkeit – dank dieser schönen Tranquilizer.

Vor einigen Jahren traf ich einen alten Freund in der Eisenbahn in Chicago. Er war von Kopf bis zum Fuß verbunden. Ich fragte ihn, unter welcher Droge er sich befände, worauf er ärgerlich wurde. Er entgegnete mir, daß er sich unter keinerlei Drogeneinfluß befände. Er dachte nämlich, ich deute darauf hin, daß er zu tief ins Glas geguckt hätte. Es stellte sich heraus, daß seine Frau ihn und die kleinen Kinder verlassen hatte. Er selbst war ein tüchtiger Geschäftsmann. Als er nun versucht hatte, sowohl sein Geschäft als auch den Haushalt zu führen, war es zu viel geworden, und er hatte einen ernsthaften Nervenzusammenbruch erlitten. Daraufhin hatte ihm der Arzt einige Medikamente verordnet, die ihn genug beruhigt hatten, so daß er weiter arbeiten konnte. «Unglücklicherweise» und «zufällig» hatte er im gleichen Jahr drei neue Autos zusammengefahren, was seine Sorgen noch vergrößerte. Er führte alles auf den Zusammenbruch seiner Ehe zurück. Nach seiner Ansicht waren die Autounfälle nur das Resultat seiner Sorgen. So taktvoll wie möglich fragte ich ihn, ob er mir wohl das Rezept seines Arztes zeigen würde. Nein, er habe das Rezept nicht bei sich, aber er zog eine kleine Flasche hervor, die gut und deutlich als Thorazin etikettiert war, ein Haupt-Tranquilizer. Daraufhin fragte ich ihn, ob sein Arzt zur Vorsicht gewarnt hätte. Er nahm täglich drei recht hohe Dosen ein. Nein, sein Arzt hätte ihm gesagt, er könnte sich am Anfang der Therapie etwas müde fühlen, aber das würde vorübergehen, sobald er gegenüber der hypnotischen Wirkung der Droge tolerant würde. Ich klärte ihn dann über die Sachlage auf. Ohne Zweifel hatte ihm seine gebrochene Ehe Schlaf geraubt und ihn somit für Unfälle anfälliger gemacht. Dies würde die drei neuen, zusammengefahrenen Autos zu erklären helfen. Aber die Hauptursache seiner Unfälle läge eindeutig in dem Haupt-Tranquilizer Thorazin, das er täglich in hoch wirksamen therapeutischen Dosen einnähme. Er solle sich wenigstens einen Monat lang, nachdem er die letzte Dosis genommen habe, hinter kein Steuerrad setzen, da die Substanz bekanntlich langsam aus dem Körper ausgeschieden würde. Sie bliebe deshalb eine sehr lange Zeit im Blutstrom und setze seine gelernten Reflexe, d. h. seine Autofahr- und andere Fähigkeiten herab. Ich fand nie heraus, wie viele Menschen er verletzt hatte als Ergebnis davon, daß man ihn nicht vor der vollkommen eindeutigen pharmakologischen Wirkungsweise eines jeden Tranquilizers gewarnt hatte.  

3. Barbiturat-Entzug (allgemein)

Seit dem Auftreten von Tranquilizern sind die Barbiturate zweitrangig geworden. Aber deren allgemeine Pharmakologie ähnelt in vielerlei Hinsicht der von Alkohol, obgleich ihre Stärke, Wirkungsdauer und andere spezifische Faktoren voneinander abweichen. In der Bemühung, Barbiturat-Mißbrauch zu vermeiden, werden weithin, wenigstens in Europa, noch Chloralhydrat oder dessen Derivate gebraucht. Trotzdem ist der Mißbrauch von Barbituraten, Glutethimid und anderen Schlafmitteln in Europa noch weit verbreitet. Wie im Falle von Thorazin und den Amphetaminen werden Barbiturate in Verbindung mit anderen Drogen gebraucht, um deren Wirkung zu verstärken oder abzuändern. So ist Barbituratabhängigkeit oft begleitet von gleichzeitiger Abhängigkeit von anderen Drogen.

4. Abhängigkeit und Toxizität

Wiederholter Gebrauch von Barbituraten und/oder anderen Zentraldämpfern kann physiologische und psychologische Abhängigkeit erzeugen. Kleine Dosen von Phénobarbital können jedoch in einigen Fällen fast unbeschränkt eingenommen werden, ohne Abhängigkeit hervorzurufen. Psychologische Abhängigkeit oder Gewöhnung ergeben sich daraus, daß der Mensch die durch die Droge erfolgte Wirkung als notwendig empfindet, um einen Zustand des Wohlbefindens aufrechtzuerhalten. Dies kann zu Drogen-Zwangsgebrauch führen.

Zwangsgebrauch einer Droge ist oft, jedoch nicht immer, mit Toleranz und physikalischer Abhängigkeit verbunden. Größere Dosen werden erforderlich, um die gleiche (oder sogar geringere) Drogen Wirkung zu erzielen. Toleranz gegenüber einer Droge rührt teilweise von der Aktivierung der drogenabbauenden Enzymsysteme in der Leber durch die Droge her. Die Gegenwart der Droge veranlaßt die Zerstörer der Droge, in der Zerstörung aktiver zu werden. Deshalb wird, je öfter die Droge gegeben wird, diese desto schneller zerstört. Dies wiederum bedeutet, daß mehr von der Droge erforderlich wird, um die gleiche Drogen Wirkung im Körper zu erzielen. Immer mehr Barbiturat wird erforderlich, um die gleiche Zeit an Schlaf zu erzeugen. Man vergißt oft, die Folgen dieser Sachlage zu bedenken.

8. Entzugssymptome

Die Entzugs- oder Enthaltungssymptome sind in allen gewöhnlichen Dämpfern des Barbiturat- und verwandten Drogentypes ähnlich. In frühen, milden Fällen sind die einzigen Zeichen anfallartige EEG-Abnormitäten. Später, wenn größere Abhängigkeit vorhanden ist, erfolgen Zittern, Angstzustände, Schwäche und Insomnia (Schlaflosigkeit). In schweren Fällen können Grandmal-Anfälle (Epilepsie) und Delirium die Folge sein. Bei Entzug von kurzwirkenden Barbituraten treten die Entzugssymptome – Unterleibskrämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Ohnmacht aufgrund von orthostatischer Hypotension (Verlust des Blutdruckes beim Aufstehen), Schwäche etc., – gewöhnlich innerhalb von ein oder zwei Tagen auf. Während dieser Periode können Konvulsionen (Krämpfe) vorkommen. Wo es sich um länger wirkende Barbiturate handelt, wie Phénobarbital und Chlordiazepoxid (Librium), setzen die Entzugssymptome langsamer ein. Sobald einmal Delirium einsetzt, kann dieses nicht leicht abgewendet werden, auch wenn man noch stärkere Dosen der suchtbildenden Droge verabreicht. Wenn Entzug der Phenobarbital-Droge durchgeführt werden soll, darf dieser Prozeß nie plötzlich durchgeführt werden. Wenn der Entzug plötzlich vorgenommen wird, können Hirn-Anfälle oder sogar epileptische Zustände (status epilepticus) folgen. Wenn Morphin oder irgendein anderes Opiat zusammen mit einem Barbiturat genommen wurde – viele Morphinsüchtige nehmen Barbiturate oder jede andere zugängliche Droge, wenn sie ihr «Fix» oder Opiat nicht erhalten können -, dann sind beide Drogen notwendig, um das Auftreten der Entzugssymptome zu verhindern. Alkohol und Barbiturate werden in ähnlicher Weise oft zusammen gebraucht. In der Tat geben Alkoholiker manchmal sogar ihren Alkohol auf, nur weil sie mit der Zeit das Barbiturat lieber mögen als Alkohol.

Wenn Abhängigkeit sowohl gegenüber Alkohol als auch gegenüber dem Barbiturat eingetreten ist, dann mögen beide Drogen erforderlich sein, um Entzugssymptome in einigen Fällen zu verhindern. Bei dem psychoneurotischen Patienten beginnt die Barbituratabhängigkeit gewöhnlich mit dem Rezept eines Arztes. Der Patient fährt fort, die Droge einzunehmen, um seiner Schlaflosigkeit und Angst entgegenzuwirken. Andererseits wird der Morphinsüchtige nur selten durch das Rezept eines Arztes mit den Opiaten bekannt – obwohl im Fall des medizinischen Personals oder Hilfspersonals der Kontakt mit den Opiaten oft bei der Ausübung ihrer Pflichten zustande kommt. Der konstitutionelle Psychopath wird gewöhnlich durch seine Freunde in die Barbiturate eingeführt. Er sehnt sich nicht so sehr nach Erleichterung von Spannung als nach dem starken Rausch. Deshalb nimmt er oft innerhalb der ersten wenigen Wochen,
in denen er seine Drogenerfahrungen anfängt, sehr hohe Dosen. Dieser Menschentyp lernt seine hohen Dosen von
dämpfenden Barbituraten mit stimulierenden Amphetaminen zu neutralisieren. … Aus obigem wird erkennbar, daß der Entzug von allgemeinen Dämpfern wie Barbituraten nicht ohne Gefahr ist.

9. Geistige Veränderungen unter Barbituraten

Unter dem Einfluß allgemeiner Dämpfer wie Barbituraten entstehen Veränderungen, die geistige und körperliche
Tätigkeit, langsames Reden und Verstehen, schlechtes Gedächtnis, Schwächung der Aufmerksamkeit, Übertreibung persönlicher Charakterzüge, emotionelle Labilität, Gereiztheit, Schlampigkeit und paranoide (wahnsinnig) Ideen mit Neigung zu Selbstmord einschließen. Unreifes und kindisches Verhalten können ein solches Stadium erreichen, daß der Süchtige unfähig wird, sich selbst zu versorgen. Manchmal entwickeln sich toxische Psychosen, die in visuellen Halluzinationen enden können. Sehstörungen und Schwierigkeiten mit visueller Akkomodierung (Anpassung des Auges an die Brennweite) sind nicht selten. Ohnmacht aufgrund orthostatischer Hypotension (Senkung des Blutdruckes beim Aufstehen) wurde schon erwähnt. …

Wie schon erwähnt, ist plötzlicher Entzug von allgemeinen Dämpfern wie Barbituraten in Fällen starker Abhängigkeit gefährlich. In weniger starken Fällen mögen nur Schwäche und Angstzustände auftreten. Schon während des ersten Tages, je nachdem, ob kurz- oder langwirkende Drogen mißbraucht wurden, kann eine Besserung festgestellt werden. Dieser Besserung können Angstzustände, Schwäche, Zittern mit folgender Schlaflosigkeit, Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und schneller Gewichtsverlust folgen. Gewöhnlich fühlt sich der Patient so schwach, daß er im Bett bleibt und um Erleichterung und sein Barbiturat bittet. Unkontrollierbares Gliederschütteln kann vorkommen und epileptischen Grandmal-Anfällen vorausgehen, die manchmal 2-7 Tage nach Drogenentzug folgen. Besonders ältere oder erschöpfte Patienten sind während des Entzuges in Todesgefahr. Aber normalerweise kann die Entwöhnung in mehreren Wochen beendet sein. Halluzinationen können nach dem Entzug bis zu zwei Monaten nach Beendigung fortdauern.

10. Entzug und Behandlung

Es ist allgemein anerkannt, daß zwei Hauptpunkte während des Entzugs von Zentraldämpfern wie Barbituraten
beachtet werden müssen: Man darf Zentraldämpfer nie plötzlich entziehen. Der Patient muß während der Behandlung und während des Entzuges im Krankenhaus sein. Am Anfang der Behandlung und des Entzuges wird eine minimale Unterhaltungsdosis eines kurzwirkenden Barbiturates festgesetzt, die den Patienten im Zustand eines milden Rausches hält, frei von Gereiztheit, Schlaflosigkeit, Zittern und Angst. Sobald der Patient darauf eingestellt ist, wird er täglich mit 0,1 g weniger Barbiturat behandelt, bis die Hälfte der ursprünglichen Dosis erreicht ist. Diese Halbdosis wird 2-3 Tage lang unverändert eingehalten. Danach wird die Dosis wieder allmählich um 0,1 g täglich herabgesetzt, bis ein Viertel der ursprünglichen Dosis erreicht ist. Wiederum wird eine Pause eingeschaltet, in der die Dosis auf ein Viertel des Ursprünglichen 2 oder 3 Tage gehalten wird oder bis alle Entzugssymptome verschwunden sind.

Totaler Entzug kann in manchen Fällen schon nach 2-4 Wochen erreicht werden. Krankenhauspflege mit freundlicher Betreuung sind in dieser Art Behandlung wesentlich. Vorsicht, um jegliches Schmuggeln von Drogen zu verhindern, ist natürlich oberstes Gebot, da Süchtige alles versuchen werden, um ihre Droge zu erhalten. Jegliches Einnehmen von zusätzlichen Drogendosen während der Entwöhnung macht den ganzen Prozeß zunichte. Nach dem beendeten Entzug ist eine gute Therapie wichtig. Ohne diese muß man mit einem Rückfall rechnen. Sogar mit guter psychiatrischer Therapie kommen oft Rückfälle trotz sorgfältigster physikalischer Entwöhnung vor. Die gleichen Bemerkungen über einen Rückfall treffen auf Alkohol- und Opiat-Entzug zu, obgleich in den beiden letzteren Fällen viele den plötzlichen und totalen Entzug der ganzen Droge empfehlen. Bei Alkohol und Opiaten ist der Entzug von weniger wirklicher Gefahr begleitet. Die Störungen, die Abhängigkeit der oben besprochenen Art begleiten, liegen im tiefen Grunde der Psyche des Patienten, der eine gründliche und völlige Remotivierung braucht, wenn dem körperlichen Entzug der Droge nicht ein Rückfall folgen soll. Diese Seite der Behandlung von Drogen-Abusus wird in einem folgenden Kapitel besprochen werden.

Kapitel V

Einige Grundfaktoren, die Drogenwirkungsweise und Bewußtseinszustände steuern: Setting und Set

1. Allgemeine Überlegungen

Es kommen mindestens fünf Grundfaktoren in Betracht, die die Wirkungsweise jeder Droge in jeglichem Organismus bestimmen. Je nach der Sicht, von der man Drogenwirkung betrachtet, gibt es auch noch mehr. Aber für unsere gegenwärtigen Zwecke werden die folgenden sechs genügen:

a) Die Beschaffenheit der betreffenden Droge

Ihre Chemie und ihre physikalischen Eigenschaften sind alle von höchster Wichtigkeit – sind es Doppelbindungen
(Kohlenstoff zu Kohlenstoff), Benzolkerne, lange aliphatische Seitenketten, Amidgruppen, gewisse heterozyklische
Ringe, Stickstoff, Phosphoratome etc., die die rein chemische Stabilität beeinflussen. Alle diese Faktoren spielen eine Rolle. Zu diesen Faktoren gesellen sich noch die der Stereochemie: die Form der Moleküle, ob sie rechtsdrehend oder linksdrehend (optisch aktiv) und ob das Molekül in Kontakt mit biologischen Flüssigkeiten leicht ionisiert wird oder nicht. Außerdem muß die Stabilität der Moleküle in Gegenwart von Körperenzymen in Betracht gezogen werden. Die bloße Größe des Drogenmoleküls ist ebenfalls wichtig. Dazu kommen noch physikalische Eigenschaften wie Löslichkeit, Dampfdruck und Oberflächenspannung, um die angeführte Liste zu vervollständigen.

b) Das Setting:

– Die Umstände, unter denen sich ein Organismus oder eine Person befinden, wenn diese unter dem Einfluß der Droge stehen –

Dieser Faktor wird manchmal das «Setting» genannt und ist besonders wichtig, wenn es sich um psychoaktive und psychedelische Drogen handelt. Wenn z. B. eine Person LSD oder eine Cannabis-Droge wie eine Marihuana-Zigarette in angenehmer architektonischer und gesellschaftlicher Umgebung zu sich nimmt, besteht für sie eine geringere Chance, einen schlechten Trip zu erleben, als wenn das «Setting» unangenehm ist und sie von Angst geplagt wird. Leidet eine Person an heftigem Zahnweh, dann ist ihre Reaktion auf das Barbiturat anders, als wenn sie keine
Zahnschmerzen hätte. Gibt man Barbiturate bei Schmerzen, so verursacht die Droge oft Halluzination und Stimulation anstatt Dämpfung mit darauffolgendem Schlaf. Morphin, bei Schmerzen verabreicht, erzeugt Euphorie und Behaglichkeit. In der Abwesenheit von Schmerz kann es Dysphoric und Erbrechen hervorrufen. Tatsächlich ist das physiologische Gegengift zu Morphin Schmerz. Raucht man Haschisch in angenehmer Gesellschaft, ohne
Besorgnis, kann es Euphorie erzeugen. Raucht man es in der Einsamkeit, ist es fast eine andere Droge. Daher wird
Marihuana gewöhnlich in Gesellschaft geraucht, wie wir alle wissen.

c) Das Set

Der vierte Faktor, der die Wirkung der Droge beeinflußt, ist die Einstellung der Person, die die Droge einnimmt, der Drogenerfahrung gegenüber. Eines Menschen Einstellung zum Drogenerlebnis ist auch mit der genetischen Beschaffenheit verbunden ist, Veranlagung zu Depressionen etc. Eine furchtsame und niedergedrückte Einstellung beim Beginn eines LSD-Trips kann selbst für eine Person, die normalerweise (wenn fröhlich) nur gute Trips erlebt hat, verheerende Folgen haben.

d) Körperlicher Zustand
Der körperliche Zustand, in dem sich ein Mensch zur Zeit der Drogenerfahrung befindet, kann die Drogenwirkung
beträchtlich verändern. Wenn die Leberfunktion geschwächt ist und das Enzymsystem nicht durch normalen chemischen Abbau die Drogen detoxifiziert, wird pro Minute vom Körper weniger Droge ausgeschieden als bei einer Person, deren Leberfunktion gut ist. Das bedeutet, daß die Droge länger als gewöhnlich im Körper bleibt. Je länger eine Droge im Körper bleibt, desto mehr Zeit hat sie, pharmakologisch und toxikologisch zu wirken. All das trägt dazu bei, daß eine Droge, wenn das Reinigungs- und Ausscheidungssystem des Körpers nicht auf der Höhe ist, in dieser Person stärker wirken und gleichzeitig toxischer sein wird. Somit muß die Dosis der für pharmakologische und toxikologische Wirkungen erforderlichen Droge herabgesetzt werden, wenn das Enzymsystem in Leber oder Niere durch Krankheit, schlechte Ernährung, hohes oder geringes Alter, gedämpft ist. Nur kleinere Dosen als die normalen sind für solche Organismen erträglich. 

e) Zeit
Die Länge der Zeit, die einer Droge zur Verfügung steht, um auf den Körper einzuwirken, ist ein weiterer Faktor. So mag es zB zwanzig Jahre Zigarettenrauchen benötigen, ehe in einem Menschen Lungenkrebs erzeugt wird. Kürzere Perioden von Zigarettenrauchen rufen vielleicht überhaupt keine sichtbare Wirkung hervor. Der Zeitfaktor ist also von entscheidender Bedeutung im Blick auf die Entwicklung toxischer Wirkungen auf den Organismus. Ein Junge, der mit 10 Jahren anfängt zu rauchen und 30 Jahre lang täglich 10 Zigaretten raucht, wird eher Lungenkrebs entwickeln, als wenn er mit 60 Jahren angefangen und dies bis zu seinem 75. Lebensjahr – indem er dann vielleicht an Nierenversagen gestorben wäre – fortgesetzt hätte.

Je früher ein Organismus der Droge ausgesetzt ist, um so gefährlicher ist es; denn dann wird dem Organismus die längste Zeit zum Entwickeln der Toxizität angeboten. Darüber hinaus ist der Organismus im Frühstadium für Drogentoxizität empfindlicher. Deshalb sind die ersten drei Monate nach der Empfängnis für den werdenden Organismus (Menschen) von großer Wichtigkeit.

Das synthetische weibliche Geschlechtshormon, bekannt als Diethylstilboestrol, wird von einem recht hohen Prozentsatz der Ärzte für ihre weiblichen Patienten als «morgens nach der vorhergehenden Nacht»-Contraceptiv angewandt. Wenn eine Frau empfängnisverhütende Maßnahmen unterlassen hat, fürchtet sie oft eine Schwangerschaft und bittet um ein Mittel, das rückwirkend funktioniert. Wenn sie gewisse Ärzte konsultiert, bekommt sie eine starke Dosis Diethylstilboestrol, das in einem ziemlich hohen Prozentsatz von Fällen zur Verhütung einer Schwangerschaft wirksam ist.

In einigen Fällen wird jedoch die Schwangerschaft trotz des synthetischen weiblichen Geschlechtshormones fortgesetzt. Wenn dies der Fall und das Baby weiblich ist, hat es sich erwiesen, daß ein hoher Prozentsatz dieser Babys, die nach Verabreichung von hohen Dosen Diethylstilboestrol nach der Empfängnis geboren wurden, 20 oder 25 Jahre später Vaginalkrebs entwickelten. Das heißt, das kleine Mädchen, das Diethylstilboestrol ausgesetzt wurde, als es kaum mehr als ein befruchtetes Ei in seiner Mutter war, «vergißt» nie diesen chemischen «Eingriff». Und 20 Jahre oder mehr danach kann es Vaginalkrebs entwickeln. Diese Tatsache illustriert die überaus große Wichtigkeit, die jungen Menschen vor Drogen und toxischen Chemikalien zu schützen; denn wenn der Organismus so früh Drogen ausgesetzt wird, stehen den die langen Zeitspannen zur Verfügung, die sie manchmal brauchen, um ihre toxischen Wirkungen zu produzieren. Dies trifft selbst dann zu, wenn die jungen Menschen danach nie wieder neuen Drogen ausgesetzt werden. Das gleiche Prinzip trifft auf Frauen zu, die während der Schwangerschaft rauchen oder Drogen nehmen. Sie setzen ihre ungeborenen Babys durch ihren eigenen Blutstrom den toxischen Drogen aus, gegenüber denen das ungeborene Kind viel empfindlicher ist als die Mutter. Da das ungeborene Kind viel jünger ist als die Mutter, hat die Droge mehr Zeit, im Baby zu wirken. Das gleiche Prinzip trifft nicht nur auf Nikotin, sondern auch auf unzählige andere Drogen und toxische Chemikalien zu, denen wir uns aussetzen können. Vor einiger Zeit veröffentlichte eine der führenden britischen medizinischen Zeitschriften einen Artikel, der ein Experiment beschrieb, das Londoner Ärzte durchgeführt hatten. Man hatte mehrere tausend werdende Mütter in zwei Gruppen eingeteilt, nämlich in Raucher und Nichtraucher. Die Lebensgeschichte der Babys, die von diesen Müttern geboren wurden, wurde dann eine Reihe von Jahren verfolgt. Die Babys der Mütter, die geraucht hatten, wogen weniger und waren mehr Kinderkrankheiten unterworfen als die Kinder der Mütter, die sich vollkommen des Rauchens enthalten hatten. Hier tritt die langfristige Toxizität des Tabakrauchens auf eine recht auffällige Weise zu Tage. Dies stellt die Notwendigkeit heraus, daß Frauen während der Zeit, in der sie Kinder haben können, sehr vorsichtig sein sollen mit Drogen. Die Thalidomid-(Contergan-)Katastrophe in England und Deutschland unterstreicht die Notwendigkeit besonderer Vorsicht in diesem Alter. Thalidomid ist für den Erwachsenen eine anscheinend untoxische Droge und zudem nützlich für die Behandlung von Schwangerschafts-Übelkeit, die so oft in den ersten 3 Monaten vorkommt.

Jedoch hatte niemand die Toxizität von Thalidomid (Contergan) für den menschlichen Fötus (Leibesfrucht) während der ersten drei Monate des Lebens in utero (in der Gebärmutter) getestet. Thalidomid, so stellte sich heraus, zeigte eine besondere Affinität (Anziehungskraft) für entwickelnde Gliederknospen und verhindert oder hemmt ihre Entwicklung. Das Resultat dieser Eigenschaft war, daß Tausende von Kindern geboren wurden, die unter- oder gar nicht entwickelte Arme und/oder Beine aufwiesen.

Einige Fachleute befürchten, daß der chronische Gebrauch gewisser psychedelischer Drogen wie LSD dem Vererbungsmechanismus der Zelle ernsthaften Schaden zufügen könnte. In-vitro-Tests zeigten, daß in gewissen Fällen, unter dem Einfluß hoher Drogenkonzentrationen, Chromosom-Bruch vorkommen kann. Es ist nicht erwiesen, daß die Droge bei normalen «therapeutischen» Dosierungen in vivo diese Wirkung erzeugen kann. Soweit man heute weiß, wird LSD, das von einer schwangeren Frau genommen wird, durch die Nabelschnur zu ihrem Fötus weitergeleitet. Aber ob bei den gewöhnlich eingenommenen Dosen Schaden entsteht, weiß man nicht genau. Chronische Verbraucher von LSD und Haschisch behaupten, daß Kinder gezeugt und aufgezogen wurden, die beiden Drogen ausgesetzt waren, ohne daß dem Kind dadurch Schaden zugefügt wurde. Timothy Leary behauptet dies in seinem Buch «The Politics of Ecstasy» (Die Politik der Ekstase). Wenn man die Wirkung des chronischen Gebrauchs der Cannabis-Droge aus der Erfahrung in Ländern wie Ägypten kennt, wo sie von großen Teilen der Bevölkerung regelmäßig gebraucht wird, dann kann man nicht anders, als die Aussage Learys bezweifeln. Da LSD eine viel kräftigere Droge ist als Cannabis, würde man erwarten, daß seine Wirkung, besonders auf junge Menschen, viel schwerwiegender ist als die, die durch Cannabis hervorgerufen wird.

Mit diesen fünf Faktoren vor Augen, sind wir in der Lage, zu einer Betrachtung der Wirkungsweisen von psychedelischen Drogen im allgemeinen vorzugehen.

2. Wirkungsweisen der psychedelischen Drogen

Während der folgenden Betrachtung müssen wir uns auf die Wirkungen der psychedelischen Drogen (bewußtseinserweiternde Drogen) beschränken und die Wirkung anderer psychoaktiver Drogen auslassen. So schlage ich hier vor, auf die Drogenwirkung von LSD, Meskalin, Psilocybin, Tetrahydrocannabinol und Adenochrom einzugehen, während wir die Wirkung von psychoaktiven Drogen wie die allgemeinen Anästhetika, Hypnotika, Tranquilizern, Opiaten (wie Morphin, Heroin etc.) und Zentralstimulanten wie Amphetamine, Kokain und ähnliche Substanzen ausklammern.

Einige Eigenschaften der psychedelischen Drogen überschneiden sich mit denen anderer Kategorien. Zum Beispiel ruft Alkohol unter manchen Umständen Halluzinationen hervor, die denen ähneln, die durch Amphetamin und Psychedelika in Erscheinung treten. Die Träumerei, die sich oft nach Genuß von LSD einstellt, kann ähnlich sein wie die durch Thorazin erzeugte Tranquilisierung. Wenn man daher irgendeine dieser Drogen-Kategorien betrachtet, muß man das Gesamtbild betrachten und nicht irgendein einzelnes Symptom. Alkohol verursacht, wie erwähnt, unter gewissen Umständen Halluzinationen (wie im Delirium tremens), obgleich er im allgemeinen nicht als halluzinationerzeugende Stubstanz klassifiziert werden würde. In geringen Dosen unterdrückt Alkohol die bedingten Reflexe und läßt die unbedingten Reflexe unberührt. In diesen Dosierungen wirkt also Alkohol wie ein Tranquilizer.

In höheren Dosen wirkt er wie ein gutes Anästhetikum und dämpft sowohl bedingte als auch unbedingte Reflexe. Wiederum durch Hinderung hemmender Prozesse kann Alkohol als Stimulans anstelle eines Dämpfers wirken. Die
verabreichte Dosis, die genetische Beschaffenheit des Organismus, der die Dosis aufnimmt, zusammen mit Set und
Setting – all diese Faktoren können etwas dazu beitragen, um die Klasse zu verändern, in die wir eine Droge und ihre
Pharmakologie einordnen.

Wir wollen nun zu dem psychedelischen Drogentyp zurückkehren. Er ist dafür bekannt, daß er das Bewußtsein erweitert oder ausdehnt, obgleich es Menschen gibt, die gegen diese Beschreibung Widerspruch erheben. Unter der psychedelischen Drogenwirkung erfährt die Seele des mit der Droge Experimentierenden zumindest, was man einen veränderten Zustand des Bewußtseins nennt (wenn nicht einen erweiterten). Unter Umständen kann man dies eine Halluzination des veränderten Bewußtseinszustandes nennen, so daß wir uns dem Mechanismus und der Funktion der Halluzination und der halluzinatorischen Wirkung zuwenden müssen. 

3. Halluzination

Halluzination kann als Nebenwirkung vieler Drogen auftreten. Gewisse physiologische Zustände werden oft ohne
Drogeneinwirkung von Halluzinationen begleitet. Tatsächlich erzeugt der Zustand, der als «sensory deprivation» (Entbehrung von Sinneseindrücken) bekannt ist, halluzinatorische Wirkungen. Wir kommen noch darauf zu sprechen. Amphetamine können in gewissen Stadien ihrer Wirkungsweise Halluzinationen hervorrufen. Gewisse Krankheiten, darunter besonders Fieber, können mit Halluzinationen verbunden sein. Streß und/oder Hunger und Durst können das gleiche auslösen. Im Laufe dieses Abschnittes werden wir den Mechanismus verschiedener Halluzinationsarten erwähnen. Jeder gesunde und normale Mensch erlebt regelmäßig Halluzinationen in Gestalt von Träumen (manchmal auch durch Tagträume). Wenn die nächtlichen Traumphasen unterbrochen werden, stellen sich bald Angstzustände ein.
Um unsere normale geistige Gesundheit aufrechtzuerhalten, halluzinieren wir die meisten Nächte in unseren Träumen. In Wirklichkeit werden wir in unseren Träumen «wahnsinnig», damit wir tagsüber geistig gesund bleiben können! Man kann Halluzinationen als ein Phantasieren des Bewußtseins oder eine subjektive Erfahrung von etwas beschreiben, das in der materiellen Wirklichkeit nicht existiert. Oder man kann es als einen veränderten Zustand des Bewußtseins bezeichnen; einen, in dem das Bild der dreidimensionalen Wirklichkeit im Psycho-Raum (Raum der Psyche) verzerrt wird. Um den veränderten Zustand des Bewußtseins zu verstehen, muß man zuerst verstehen, wie das normale Bewußtsein erfahren wird. Danach können wir zeigen, wie Abirrungen des Bewußtseins, sowohl mit als auch ohne Zuhilfenahme von Drogen, zustande kommen.

4. Der Mechanismus des Bewußtseins

Wir wollen gleich am Anfang betonen, daß das Bewußtsein selbst, seine Beschaffenheit, letztlich noch nicht erklärt werden kann. Ich bin auf die neuere Forschung auf diesem Gebiet in meinem Buch «The Drug Users» eingegangen.

Dagegen kann man den Mechanismus, durch den die Außenwelt in unseren «Psycho-Raum» (Innenwelt) übertragen wird, indem Nervenimpulse die Wurzel des Gehirns erreichen, um dort entschlüsselt zu werden, schon besser verstehen. Das heißt, von der Beschaffenheit des Bewußtseins weiß man noch wenig, obgleich der Mechanismus, durch den die Nervensignale das Gehirn und damit das Bewußtsein von unseren Nervenendungen erreichen, besser bekannt ist. Das Wissen über diesen Mechanismus wird uns in unserer Betrachtung des veränderten Zustandes des Bewußtseins und der Halluzinationen genügen.

Wir wollen uns zunächst die Frage stellen, wie wir z.B. das Licht um uns herum bewußt aufnehmen. In der Retina (Netzhaut) des Auges sind unzählige photoempfindliche Zellen eingebettet, die als Stäbchen und Zäpfchen bekannt sind. Wenn Licht auf sie fällt, senden sie elektrische Impulse durch den optischen Nerv in das Entschlüsselungszentrum unter dem Gehirn, wo die Impulse so entschlüsselt werden, daß das Gehirn oder das Bewußtsein einen Lichtblitz «sieht». Viele organisierte Lichtblitze bilden ein vollkommenes optisches Bild der Wirklichkeit um uns herum, in der Form einer simulierten (nachgemachten) Lichtwirklichkeit im Psycho-Raum (oder im «Geist»). Irgendwie besitzt unser Bewußtsein innerhalb des Gehirnes dann die Fähigkeit, ein Simulationsbild (nachgemachtes Bild) der Wirklichkeit außerhalb des Körpers in seinem eigenen Psycho-Raum «anzusehen».

Jedes Quantum Licht (Photon), das auf eine lichtempfindliche Zelle der Retina fällt, produziert die gleiche Art elektrische Entladung, die dann als Lichtblitz interpretiert wird. So ist das Licht, welches das Bewußtsein «sieht», nicht das wirkliche Licht, das auf die Retina des Auges fiel, sondern eher eine Interpretion, eine elektrische Interpretation desselben. Man merkt, daß dies so ist, wenn ein Schlag auf das Auge so registriert wird, daß man «Sterne sieht» oder «Lichtblitze wahrnimmt». Es gab keine wirklichen Lichtblitze, die in diesem Zusammenhang auf das Auge fielen. Der Reiz des Schlages (Druck) auf die lichtempfindlichen Zellen der Retina wurde als Licht registriert, weil jeglicher Stimulus der lichtempfindlichen Zellen sowohl durch Licht als auch durch Druck (oder andere Mittel) die gleiche elektrische Reaktion auslöst, die dann im Psycho-Raum als Lichtblitz registriert wird.

Das gleiche Prinzip gilt nicht nur beim Sehen, sondern auch bei den vier anderen Hauptsinnen, durch die wir unsere Umgebung wahrnehmen (Propriozeption). Es gibt gewisse Nervenendungen, die das Gefühl der «Kälte» registrieren. Wenn man diese Endungen durch Anrühren stimuliert, registrieren sie «Kälte» und nicht «Berührung». Der Grund ist, daß diese Zelle immer die gleiche Art von elektrischer Reaktion erzeugen, ganz gleich, ob sie durch Temperaturwechsel oder Berührung stimuliert werden. So registriert das Entschlüsselungszentrum unter dem Gehirn jede Botschaft, die von solchen Zellen ausgesandt wird, als «Kälte». . . .

Das Nervensystem des Körpers, das unserem Bewußtseinszentrum die Geschehnisse in der Welt um uns herum mitteilt, tut dies, indem es all die Impulse, die die Wirklichkeit an uns abgibt, stückweise in elektrische Standardimpulse umwandelt. Diese werden im Gehirn so entschlüsselt, daß sie die Wirklichkeit um uns herum in einem Bild nachahmen, das in den Psycho-Raum projiziert wird. Man kann den Körper mit einer Kamera vergleichen, die auf die Wirklichkeit um uns herum ausschaut und diesen Ausblick der äußeren Wirklichkeit in die «Dunkelheit» ihres eigenen Inneren in Form eines Bildes projiziert. Unser eigenes inneres Bewußtsein liest dann diesen Augenblick ab und erfährt auf diese Weise, was um den Körper herum geschieht, so daß es auf die Wirklichkeit in angemessener Weise reagieren kann. Wir wollen zunächst auf einige Folgen der Übermittlung der äußeren Wirklichkeit in den inneren Psychoraum eingehen.

5. Alle fünf Sinne stehen miteinander im Wettstreit

Die fünf Sinne, mit denen wir uns beschäftigen, senden ihre Impulse alle zu dem gleichen Entschlüsselungszentrum unter dem Gehirn. Dies bringt mit sich, daß ein Wettstreit entsteht, der, wie wir gleich sehen werden, von höchster Wichtigkeit ist.

Zuerst wollen wir ein Beispiel anführen als Beweis, daß ein Wettstreit zwischen den fünf Sinnen existiert. Wenn jemand einen schlimmen Abszeß unter einem Backenzahn hat, muß, während der Zahnarzt entweder eine Wurzelbehandlung durchführt oder der Zahn gezogen wird, etwas gegen die Schmerzen unternommen werden. Nehmen wir an, der Zahnarzt entschließt sich, den Zahn zu ziehen. Gewöhnlich blockiert er das System, das den Schmerz vom Zahn zum Entschlüsselungszentrum unter dem Gehirn weiterleitet, durch eine von zwei Methoden. Er kann einen Nervenblock durchführen, indem er ein Lokalanästhetikum in den Nerv injiziert, der vom Zahn zum Gehirn läuft. Auf diese Weise verhindert er, daß die Schmerzimpulse hinter die blockierte Strecke des Nervs gelangen. Obgleich der Schmerz unter dem Zahn noch da ist, weiß das Gehirn und sein Bewußtsein nun nichts davon. Gewöhnlich anästhesiert der Zahnarzt ebenfalls die Gewebeoberfläche um den Zahn herum, damit auch dort keine Impulse zum Bewußtseinszentrum auf anderen Routen durchsickern.

Eine ähnliche Gesamtwirkung kann dadurch erreicht werden, daß man ein General-Anästhetikum verabreicht, damit die Impulsrouten im Gehirn, die zum Bewußtsein der Schmerzimpulse führen, blockiert werden. Bei beiden Methoden ist der Schmerz in unverminderter Form und Intensität vorhanden, aber die Wege der simulierten Impulse sind entweder unterwegs zum Gehirn (Lokalanästhetikum) oder im Gehirn selbst (General-Anästhetikum) blockiert.

Theoretisch gibt es nun noch eine andere Methode, den Schmerz zu blockieren. Diese Methode bedient sich nicht einer blockierenden Substanz wie eines Lokal- oder Generalanästhetikums. Sie stützt sich auf das Prinzip, das wir erklären möchten, nämlich auf den Wettstreit zwischen den fünf Sinnen der Propriozeption (Selbstwahrnehmung). Dieses Prinzip ist wesentlich für das Verhältnis halluzinatorischer Drogen. Wie funktioniert es?

Die Schmerzimpulse vom Abszeß unter dem Zahn können so intensiv sein, daß sie den größten Teil des zur Verfügung stehenden Raumes im Entschlüsselungszentrum des Gehirns einnehmen – der Schmerz kann so stark sein, daß das ganze Bewußtsein des Patienten mit Schmerz ausgefüllt ist. Er kann kaum etwas anderes wahrnehmen und wird durch den Schmerz von allem anderen abgelenkt. Kann man diesen Zustand beenden, ohne ein Anästhetikum zu verwenden? Der Zahnarzt könnte folgendes Experiment durchführen (ich rate dringend davon ab, denn Lokalanästhesie ist viel bequemer): Er legt ein Paar Kopfhörer an die Ohren des Patienten und verbindet sie mit einem Verstärker, der sie mit Lärm oder Musik speist. Er rät nun seinem Patienten, sobald er den Zahn zu ziehen beginnt und die Schmerzen zunehmen, die Lautstärke am Verstärker höher zu drehen. Je mehr es schmerzt, desto höher soll der Patient die Lautstärke der Kopfhörer einstellen. So wird er schließlich nicht spüren, daß der Zahn gezogen wird. Der Lärm anästhesiert ihn. Diese Methode wäre in der Praxis angewandt gefährlich, da großer Lärm permanente Taubheit hervorrufen kann. Wie würde das vor sich gehen? Die Schmerzimpulse liefen vom Zahnabszeß hinauf zum Entschlüsselungszentrum unter dem Gehirn und nahmen dort einen beträchtlichen Teil des zur Verfügung stehenden Entschlüsselungsraums ein. Diese Schmerzimpulse waren so stark, daß man kaum irgendwelche anderen Sinnesimpulse wahrnehmen konnte. Die anderen Sinnesimpulse wurden durch die Schmerzimpulse verdrängt, so daß die «Leitung» zum Gehirn mit Schmerzbotschaften «besetzt» war.

Wenn man nun die Ohren gewaltsam mit so viel Lärm oder lauter Musik speist, daß der Hörnerv mit lärmerzeugenden Impulsen so überflutet und das Entschlüsselungszentrum mit ihren Botschaften überschwemmt wird, dann gibt es dort keinen Raum für die Schmerzimpulse. Die Linie wird dermaßen von Geräuschimpulsen vom Gehörnerv in Anspruch genommen, daß sie sich mit keiner anderen Beschäftigung abgeben kann – nicht einmal mit dem Schmerz vom Zahn. Die Schmerzbotschaften trafen ordnungsgemäß beim Entschlüsselungszentrum ein, aber das Organ konnte mit ihnen nicht fertig werden, weil es mit Impulsen vom Ohrnerv überfordert war. Deshalb mußte es die Schmerzbotschaften unentschlüsselt lassen. Dies ist eine andere Art zu sagen, daß das Bewußtsein durch Geräusch gegenüber Schmerz anästhesiert war. Natürlich empfehlen wir diese Betäubungsmethode nicht.

Das obige ist tatsächlich eine Erfahrung, die wir alle Tage machen, obgleich wir sie oft nicht als solche erkennen. Ich spielte einmal in einem Rugby-Match, wobei ich mich im «Serum» (Gedränge) befand. Einer meiner Mannschaftskameraden hatte es sich zur Aufgabe gesetzt, in diesem Match ein Tor zu erzielen, komme, was da wolle. Er spielte mit Leib und Seele. Auch er befand sich im «Serum». Im Eifer des Gefechtes verfing sich sein Ohrläppchen in der Gürtelschnalle eines Jungen vor ihm. Dabei wurde ein Teil seines Ohrläppchens eingerissen. Aber er spielte mit all seinen Kräften weiter und spürte den Schmerz und das Blut nicht einmal. Seine fünf Sinne waren so in Anspruch genommen mit seiner Position im Spiel, mit der Stellung der Spieler des Gegenteams, mit der Flugrichtung des Balles, sie waren so beschäftigt, über die Hitze des Kampfes zu «berichten», daß sein Entschlüsselungszentrum viel zu beschäftigt war, um die Schmerzimpulse vom Ohr entschlüsseln zu können. Das Laufen, das Ausweichen und die allgemeine Hitze des «Kampfes» überfluteten das Entschlüsselungszentrum, so daß es einfach nicht imstande war, mit den Schmerzimpulsen seines Ohrläppchens fertigzuwerden. So blieben diese unregistriert.

«Kampf» anästhesierte ihn gegenüber Schmerz. Sobald jedoch der Spieler zu der Marklinie gebracht wurde und außer Gefecht war, hörte dies Überfluten des Entschlüsselungszentrums plötzlich auf, der Betrieb im Entschlüsselungszentrum verringerte sich beträchtlich, woraus folgte, daß die Schmerzimpulse, die die ganze Zeit dagewesen waren, jetzt vom Entschlüsselungszentrum behandelt werden konnten. Das Ergebnis war: Der Junge fiel sofort vor Schmerz in Ohnmacht, und man mußte ihm ein Opiat verabreichen, um die Schmerzen zu lindern.

Ein Soldat, wenn er um sein Leben kämpft, kann ernsthaft verwundet werden. Er kann eine Zehe oder einen Finger verlieren. Aber im Gefecht bemerkt er es kaum. Sein Entschlüsselungszentrum ist so beschäftigt, mit all den eingehenden Impulsen der Wirklichkeit um ihn herum fertigzuwerden, daß er sich nicht mit den Schmerzen von Finger oder Zehe befassen kann. Aber sobald man den Soldaten aus der Schlacht herausnimmt, braucht er Morphin, um mit dem Schmerz fertigzuwerden, der dann sofort empfunden wird, wenn die Überladung des Entschlüsselungszentrums (verursacht durch den Kampf) aufhört.

Ich sprach kürzlich mit einer Dame, die auf einer vereisten Straße ausgerutscht war und ein Bein gebrochen hatte. Es war ein mehrfacher Bruch, und sie mußte sich eine Anzahl Schrauben anbringen lassen, bis der Knochen wieder zusammengewachsen war. Sie erzählte mir, daß sie während des Tages keine Schmerzen empfinde. Nachts fange dann das Übel an. Der Grund dafür ist, daß ihr «Telefonamt» unter dem Gehirn nachts viel weniger überladen ist – am Tage humpelt sie herum und arbeitet im Haus, wo sie nur kann. Nachts ist das «Telefonamt» nicht beschäftigt und hat mehr Zeit, die Botschaften von ihrem gebrochenen Bein bis ins kleinste zu analysieren und aufzunehmen. «Immer beschäftigt zu sein» anästhesiert sie wirkungsvoll gegenüber dem Schmerz. Starke Beschäftigung kann selbst starke Schmerzen betäuben, und schwache Betätigung kann schwache Schmerzimpulse anästhesieren. Sie leidet während des Tages an Schmerzen, aber registriert diese nicht. Sie ist zu beschäftigt dazu!

Wir alle haben das gleiche Phänomen persönlich erlebt, obwohl es uns vielleicht nicht bewußt war. Beim Einschlagen eines Nagels in die Wand trifft man mit dem Hammer den Daumen und nicht den Nagel. Man krümmt sich, man schreit und windet sich und schimpft. Auf diese Weise schafft man sich auf ganz hervorragende, logische, physiologische Weise Erleichterung; denn das Winden, das Schimpfen und Schütteln, alle speisen Impulse in die fünf Sinne. Diese überfluten das Dekodierungszentrum, das dann weniger Platz für die Dekodierung der Schmerzimpulse bietet.

So verringert man durch natürliche Reaktionen das Schmerzempfinden! So stehen die fünf Sinne miteinander im Wettstreit. Das Gleichgewicht unter ihnen allen ist dynamisch, und die Botschaften gelangen auf der Basis von Umsatz und Priorität zum Entschlüsselungszentrum. Dieses Prinzip ist wesentlich zum Verständnis der psychedelischen und anderer Drogenwirkung.  

6. ESP (=außersinnliche Wahrnehmung) 

Ein Mensch, der einem Sinnesentzug unterworfen wird, halluziniert oft. Ein Zustand, in dem er es tut, ist dann erreicht, wenn er sich in einem simulierten Raumschiff befindet, in dem durch warmes Wasser, Abschirmung von Licht und Schall, sowie die nicht gegebene Möglichkeit, Geruch oder Geschmack wahrzunehmen, ein Weltraummilieu in Schwerelosigkeit simuliert wird, wie in Kapitel VI (Trips, Flash Backes und Halluzinationen) noch ausgeführt wird. Der Schwerkraft in warmem Wasser entzogen, schwebt er wie in schwerelosem Raum. Er sieht und hört nichts, so daß seine fünf Sinne fast gar nichts mehr zu übermitteln haben – was also einen Sinnesentzug darstellt.  . . .

Erfahrungen dieser Art scheinen das Entschlüsselungszentrum auf dem Wege eines, sagen wir «sechsten Sinnes», bzw. eines zusätzlichen Sinneswahrnehmungsorgans oder -kanals zu erreichen. Wir müssen aber beachten, daß es sich hierbei lediglich um ein «Modell» handelt, um gewisse Geschehnisse besser verstehen zu können. Versiegt also der Fluß von den fünf Sinnen, so wird dann der Fluß von einem «sechsten Sinn» (ESP oder ASW) zum Entschlüsselungszentrum als Halluzination, bzw. «außersinnliche Wahrnehmung» erfaßt und interpretiert. Der Wettlauf zwischen den Impulsen (eigentlich: Impulsbündel) von Augen, Ohren, Nase, Mund sowie Propriozeption auf der einen und den postulierten schwächeren Impulsen eines «sechsten Sinnes» auf der anderen Seite scheint der Grund hierfür zu sein: Das Versiegen des Informationsflusses von den fünf Sinnen scheint den Fluß des «sechsten Sinnes» freizugeben. Dieser nimmt dann sogar den Platz der fünf Sinne bei der Fütterung des Interpretativen Entschlüsselungssystems ein und der den Sinnesentzug durchmachende Mensch erfährt sogenannte außersinnliche Wahrnehmungen. 

Dieser Sachverhalt führte die Forscher zu dem Schluß, daß durch Sinnesentzug bedingte Halluzinationen (Typ II) das Resultat eines ähnlichen Wettlaufs sind, wie er unter den fünf Sinnen gleichfalls stattfindet, was an der Konkurrenz zwischen Aug- und Ohrimpulsen um Raum im Entschlüsselungszentrum ersichtlich ist. In unserem Fall konkurriert der sechste Sinn (ESP oder ASW) gegen alle 5 Sinne als Gesamte. Allgemein kann also festgehalten werden, daß ein System (Sinneswahrnehmung) gegen ein anderes (außersinnliche Wahrnehmung) um Raum im Engpaß, d.h. im Entschlüsselungssystem kämpft.

Die Konsequenz davon ist, daß die fünf Sinne bei Reizüberflutung den besagten Engpaß sperren, bzw. ganz in Anspruch nehmen, so daß die schwächeren ESP-Impulse das Bewußtsein auf dem Wege des Entschlüsselungszentrums nicht erreichen. Nach dieser Ansicht werden dauernd stark beschäftigte Menschen dazu neigen, ihr außersinnliches System (ESP) zu ignorieren. Sie stellen den Typus des «gestandenen Materialisten» dar, der für ESP oder vergleichbare, ins Religiöse reichende Erfahrungen nicht viel übrig hat. Unterzieht sich aber jemand einem freiwilligen oder auch nur teilweisen Sinnesentzug, etwa dadurch, daß er sich «in sein Kämmerlein» zurückzieht, dann ist er in die Lage versetzt, seinen Horizont in bezug auf die unsichtbare Welt zu erweitern. Dies ist aber auch schon dann der Fall, wenn er lediglich das Radio abstellt und die Augen schließt, um zu beten. Er wird Transzendenz vermehrt und tiefer wahrnehmen. Besser «still sein» wird er auch können, wenn er seinen Nahrungsmittelkonsum freiwillig vorübergehend einschränkt (Fasten), wodurch einige Körperfunktionen gleichfalls vorübergehend reduziert werden. Das Prinzip der gegenseitig sich konkurrierenden Sinne (5 Sinne vs. ESP) erklärt also, was zur Erfahrung des modernen Menschen gehört.

Stimmt dies alles bis zu diesem Punkt ausgeführte, dann müssen weitere Konsequenzen gezogen werden. Wenn der sechste Sinn (ESP) in unserem Modell lediglich ein Kanal für Impulse ist, ähnlich der Gehörs- und Sehnerven, dann ist dieser Kanal wie alle Kanäle schlechthin neutral in moralischem Sinn. Augen, Ohren oder jeder beliebige der 5 Sinne stehen einer moralisch guten oder bösen Verwendung offen, als Kanäle sind sie neutral. Dasselbe würde natürlich auch auf unser Modellbild vom ESP-Kanal (sechster Sinn) zutreffen, der für gute oder böse Zwecke, d.h. für göttliche oder okkulte Zwecke verfügt werden kann, wobei die Wirklichkeit, die über das Modell hinausgeht, differenzierter ist und man nicht mehr von einem, neutralen Kanal sprechen kann.

Für unser Modell würde es aber heißen: Ein Auge kann für Pornographie mißbraucht werden oder es kann seinem Inhaber einen atemberaubenden Blick von einem Hochplateau vermitteln, genauso wie der an sich neutrale ESP-Kanal von seinem Inhaber dazu mißbraucht werden kann, um sich von okkulten Phänomenen knechten zu lassen oder sich an göttlichen Dingen zu erfreuen.

Es scheint, daß diese Sicht auch von der Bibel geteilt wird, und zwar auch bezüglich des Gebrauchs von Drogen zur Erlangung von religiösen, hier pseudoreligiösen Erfahrungen. Drogen, wie z.B. LSD, können in bestimmten Stadien in ihrem Metabolismus eine drogeninitiierte Art des Zustandes des Sinnesentzuges herbeiführen, was wiederum die Belebung des sechsten Sinnes (bei gleichzeitigem Auftritt der Halluzination des Typs I) nach sich zieht. Nimmt also jemand psychedelische Drogen, um religiöse Erfahrungen zu machen, erreicht er zwar den Kontakt mit der unsichtbaren Welt, kontaktiert aber dabei nie den allmächtigen Gott (der die Herbeiführung von solchen Erlebnissen durch Drogen verbietet), sondern die unsichtbare Welt des «Gegenspielers», des «Diabolos», und zum andern wäre dieser Mensch moralisch in keiner Weise auf eine Begegnung mit dem heiligen Gott vorbereitet. Dem Menschen fehlen Sündenvergebung und die damit verbundene Reinigung von seinen Sünden durch Christi Leiden und Sterben am Kreuz. Ohne aber im moralischen Sinn gereinigt zu sein, würde er sich in eine religiöse Erfahrung (in diesem Fall in eine pseudoreligiöse Erfahrung) stürzen, die er nicht verkraften könnte.

Wenn wir beispielsweise in die Gegenwart eines Monarchen treten wollen, dann müssen wir uns auf dieses Ereignis hin geschult und vorbereitet haben. So ist es auch, wenn wir eine Audienz mit dem Transzendenten, mit Gott wünschen. Vorbereitung und Reinigung sind unerläßlich, um sich nicht in einen zum Scheitern verurteilten Versuch einer «himmlischen» Erfahrung in einem schlechten moralischen Zustand zu stürzen. Und Vergebung der Sünden durch die Erfahrung eines neuen Lebens in Christus sind von entscheidender Bedeutung, bevor die Tür zur Gemeinschaft mit Gott geöffnet wird. Erst jetzt ist es möglich den «Kanal des sechsten Sinnes» «sauber» und auf Gott hin zu benützen. Andernfalls gelangt man automatisch zur dämonischen außersinnlichen Welt.

Psychedelische Drogen ermöglichen einem Menschen den Zugang zu diesem Bereich mit keiner besseren Vorbereitung als der unter drogenkonsumierenden Kreisen üblichen. Kann es sein, daß in Gal. 5,20 das Herbeiführen von religiösen Pseudoerfahrungen mit Hilfe von Drogen in einem Zug mit Ehebruch, Unzucht, Unreinigkeit, Ausschweifung usw. wegen der soeben angeführten Gründe in der Bibel genannt wird? Das in dieser Bibelstelle gebrauchte Wort «pharmakeia» ist nicht umsonst in den deutsche Bibeln mit dem Begriff «Zauberei» übersetzt, was die Herbeiführung von transzendenten Erfahrungen und Trips durch die Benützung von Drogen umschreibt. Dies also ist die Vergangenheit und die richtige biblische Zuordnung der heutigen Subkulturen, in denen sich so viele Jugendliche verstricken.

Noch einen weiteren Punkt müssen wir in diesem Stadium erwähnen. Wenn das Bild der Wirklichkeit um uns her getreulich in unserem inneren Psycho-Raum wiedergegeben werden soll, damit unser Bewußtsein es ablesen kann, muß jeder Impuls, der zurückgegeben wird, auf eine Standardweise entschlüsselt werden. Ist das nicht der Fall, dann wird ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit in unserem Psycho-Raum abgelesen werden. Solche Verzerrung ist mit dem Phänomen der Halluzination verbunden, das wir ein wenig eingehender untersuchen müssen.

7. Verzerrung der Wirklichkeit (Halluzination Typ I)

Da unser Bewußtsein bezüglich der Außenwelt von den Mitteilungen und Entschlüsselungssystemen, die wir oben besprachen, abhängt, werden offensichtlich Verzerrungen darin zu einer verzerrten Schau der Wirklichkeit durch das
Bewußtsein führen. Wenn nun alle Systeme der fünf Sinne aufhören, ihre Botschaften zum Entschlüsselungszentrum
durchzugeben, dann werden keine Impulse aus der Wirklichkeit zum Bewußtseinszentrum im Psycho-Raum
durchdringen. Das heißt: das Bewußtsein liest ab, daß nichts in der Wirklichkeit um uns herum geschieht – daß keine Wirklichkeit da ist – wenn alle fünf Sinne anästhesiert werden. Dies geschieht in tiefer Vollnarkose. Der Zustand ist eine Verzerrung der Wirklichkeit insofern, daß keine Wirklichkeit mehr zum Bewußtsein durchdringt. Meist findet weniger als die eben beschriebene totale Anästhesie statt.

Es ist notwendig, einen weiteren wesentlichen Faktor in der Übermittlung von Nervenimpulsen zu betrachten, ehe das Verständnis gewisser Halluzinationsvorgänge möglich wird. Die Geschwindigkeit der Nervenimpulse, die die Nervenfibern des Körpers entlang zum Gehirn hin und vom Gehirn weg laufen, ist nicht die gleiche, wie die Übermittlungsgeschwindigkeit von Elektrizität in einem Kupfer- oder anderen Metalldraht. In einem Draht ist die Übermittlungsgeschwindigkeit des Stromes die gleiche wie die Geschwindigkeit des Lichtes. Im biologischen Nerv ist die Geschwindigkeit der Impulsübermittlung viel langsamer und ändert sich von Tier zu Tier.  . . .

Wir haben gesehen, wie die Verzerrung des Wirklichkeitsbildes durch Verzerrung von Impulsen entlang den Nervenfibern hervorgerufen wird. Wenn man auf eine unregelmäßige Weise die Durchgangsgeschwindigkeit elektrischer Impulse über die verschiedenen Synapsen verändern kann, dann wird die Botschaft, die sie tragen, auf parallele Weise verzerrt werden. Dies ist die Ursache einiger Arten von Halluzinationen. Psychoaktive Drogen wie Haschisch (Tetrahydrocannabinol und einige seiner Derivate), LSD, Psilocybin, Meskalin, Adenochrom und andere, die die gleichen Eigenschaften zeigen, verdanken wenigstens einige ihrer halluzinatorischen Eigenschaften dem obigen Mechanismus. Sie dringen in die Synapsen vor und unterdrücken zuerst die Diffusion der Ionen über die Membranen mit dem Ergebnis, daß alle Botschaften und Impulse der Wirklichkeit unterdrückt werden. Die erste Wirkung einer etwa 100-300 Mikrogramm starken Dosis LSD ist das Hervorrufen einer «Träumerei».

Der LSD-Erfahrene zieht sich von der Wirklichkeit zurück, sitzt still in irgendeiner Ecke und findet, daß die Wirklichkeit von ihm abgeschnitten ist. Seine afferenten (eingehenden) Impulse von den fünf Sinnen, die ihn mit der Wirklichkeit verbinden, werden dadurch anästhesiert, so daß die Übermittlung der Nervenimpulse durch die psychedelische Droge gedämpft wird.  . . .

Aber, so mögen wir uns fragen, wie kommt es, daß die «Highs» und die Halluzinationen, die etwa durch LSD hervorgerufen werden, auch ohne den Gebrauch der Droge erreicht werden können? Das heißt, wie trägt solch ein Mechanismus dem sogenannten «Recall-Syndrom» oder dem «Flash-back» (Drogenerfahrung ohne Droge) Rechnung? 

 8. Das «Recall-Syndrom» oder das «Flash-back»

Wenn eine Person psychedelische Drogen wie LSD oder Cannabis zu sich nimmt, läuft sie unter gewissen Umständen Gefahr, ohne Einnahme von weiteren Drogen doch «Highs» zu erleben. Diese spontane Wiederholung der Drogenerfahrung kann auch noch mehr als 3 bis 5 Jahre nach der letzten Einnahme der Droge auftreten. Kombinationen psychedelischer Drogen, wie LSD und Haschisch zusammen, sind kräftiger im Hervorrufen des «Flash-backs», als wenn man die Drogen einzeln nimmt. Dies ist auf die potenzierende Wirkung einer psychedelischen Droge auf die andere zurückzuführen. Fügt man zu der Verbindung von LSD und Cannabis-Rauchen noch Drogen wie Amphetamin («Speed») oder Reserpin hinzu, so vergrößert dies die Möglichkeit, daß «Flash-backs» vorkommen.

Vor einigen Jahren sprach ich mit einem jungen Mann, der ungefähr 6 Monate lang regelmäßig LSD geschluckt und Haschisch geraucht hatte. Als er kein LSD mehr auftreiben konnte, wechselte er zu «Speed» und Haschisch über, jedoch mit verhängnisvollem Ergebnis. Er erlebte täglich über 200 «Flash-backs» und war dadurch so zerstreut, daß er vor dem Nervenzusammenbruch stand. Die «Flash-backs» nahmen alle Arten von Gestalten an.

Manchmal zeigten sie sich als kleine blaue Lichtblitze, die über das Schriftstück huschten, an dem er arbeitete. Manchmal erlebte er richtige «Highs», ohne eine Droge zu sich genommen zu haben. Alle «Flash-backs» waren auf
irgendeine Art mit Streß verbunden.

Es besteht kein Zweifel: diese «Flash-backs» sind nicht auf Drogenrückstände im Körper zurückzuführen, denn sie treten auf, lange nachdem die gesamte Droge inaktiviert und ausgeschieden wurde. Vielleicht ist der folgende Mechanismus für das halluzinatorische Drogenerlebnis ohne Beisein der Droge verantwortlich. Das «Flash-back» erscheint gewöhnlich, wenn die betreffende Person einem Streß irgendwelcher Art ausgesetzt ist. Ich kenne einen Studenten, bei dem die Erfahrung von «Flash-backs» unter folgenden Umständen gemacht wurde: Der junge Mann hatte etwa ein Jahr lang Marihuana geraucht und LSD geschluckt. Dann hatte er es aufgegeben, um durch seine Examen zu kommen. Er badete gewöhnlich sehr heiß. Als er eines Abends in sein sehr heißes Bad stieg, erlebte er plötzlich ein «Flash-back», das sich dahin auswirkte, daß er alles Maß für Zeit verlor – ein typisches Zeichen des psychedelischen Trips – und nicht mehr wußte, wie lange er im Bad gesessen hatte.

Er war über diese Erfahrung ernsthaft beunruhigt und kam deswegen zu mir und fragte mich um Rat. In diesem Fall war das heiße Wasser die Ursache seines Stresses gewesen.

Noch ein anderer Fall von «Flash-backs» unter Studenten ist mir bekannt. Einige Studenten hatten regelmäßig Marihuana geraucht und LSD geschluckt. Sie gaben es einige Monate vor ihren Examina auf. Eines Abends fuhren sie auf der Autobahn von Chicago nach De Kalb, als ihnen eine Autokolonne von der anderen Richtung entgegenkam. Einige dieser Autos blendeten ihre Scheinwerfer nicht ab, so daß der Fahrer unseres Studentenautos (der zu Abendvorlesungen nach De Kalb fuhr) von den näherkommenden hellen Lichtern geblendet wurde. Der Streß der starken Lichter, die in seine Augen schienen, war genug, eine «Flash-back»-Reaktion auszulösen, und er halluzinierte. Er sah Hunderte von herannahenden Lichtern überall neben den wirklichen Lichtern. Er hielt das Auto auf der Autobahn an (glücklicherweise) und floh. Man muß bedenken, daß LSD-Halluzinationen und «Highs» vorwiegend visuell sind, so daß Sehstreß von Scheinwerfern besonders geeignet ist, visuelle «Flash-back»-Reaktionen auszulösen. Die Polizei dachte, er sei betrunken, aber der Alkoholtest war negativ. Man fand keine Drogen weder bei den Studenten noch im Auto, sie waren alle schon seit Monaten sauber. Es gab kein Gesetz, um den Fahrer wegen eines Flash-backs von Drogen, die er monatelang nicht berührt hatte, zu belangen … es sei denn für das falsche Parken seines Autos.

Dies bringt uns zu der Frage: Wie kann eine Drogenwirkung ohne Beisein einer Droge erzeugt werden – wie im Falle eines «Flash-backs»? Pharmakologen sind in ihren Anschauungen oft sehr materialistisch. Sie glauben nicht an eine Drogenwirkung ohne Droge – und sie haben recht. Wie es sich herausstellte, besteht keine Notwendigkeit, paranormale Vorfälle heraufzubeschwören, um das Flashback zu erklären. 

9. Der Mechanismus des «Flash-backs»  

Der Mechanismus, den wir zur Erklärung des «Flashbacks» vorschlagen wollen, scheint einer Anzahl Pharmakologen einleuchtend zu sein. Der erste Hinweis auf den möglichen Mechanismus der «Flash-back»-Erzeugung ist, daß dieser oft unter offenbarem Streß vorkommt. Der Streß mag groß oder klein sein, aber Streß ist gewöhnlich in irgendeinder Form da. Es kann Seh-, Hör- oder sogar Temperaturstreß sein. Wenn Streß erwähnt wird, denkt der Pharmakologe sofort an die Adrenalin-(Epinephrin-) Erzeugung aus den Nebennieren direkt über den Nieren. Jedesmal, wenn der Körper eines Säugetieres unter Streß steht, schütten die Nebennieren aus ihren aufgespeicherten Adrenalin-Vorstufen Adrenalin in das Blut. Das Adrenalin erzeugt Vasokonstriktion (die Blutkapillargefäße werden zusammengezogen), so daß das Durchgehen des Blutes durch diese Kapillaren schwieriger wird, und der Blutdruck steigt. Durch dieses Zusammenziehen der Blutgefäße wird das Blut aus dem Gewebe herausgedrückt, das daraufhin blaß wird. Wenn eine Person erschreckt wird, erbleicht sie. Ihr Herz schlägt schneller, ihre Verdauung wird langsamer, und sie ist nun bereit, dem Streß des Schrecks aufgrund dieser Adrenalin-Freigabe zu begegnen.

Aber dieser Bereitschaftszustand, einem Schock zu begegnen, darf nicht unbegrenzt andauern. Das Gewebe würde – wenn das Zusammenziehen der Kapillaren zu lange fortdauert – unter dem Mangel der Blut- und Sauerstoffversorgung Schaden leiden. Deshalb gibt es einen Mechanismus, durch den die hohe Adrenalinkonzentration im Blut schnell abgebaut wird. Dies geschieht durch die Tätigkeit gewisser Enzyme, bekannt als Aminoxidasen, die das Streßhormon (Adrenalin) abbauen. Wenn dies geschehen ist, kehrt die Farbe in die Wangen zurück, der Blutdruck fällt und die Verdauung fängt wieder normal zu funktionieren an.

Vor einiger Zeit bemerkte man, daß Substanzen, wie der Haupt-Tranquilizer Reserpin (Serpasil), die Wirkung von LSD potenziert. Reserpin gibt große Mengen Adrenalin in das Blut frei – es ruft «künstlichen chemischen Schock» hervor. Wenn man eine kleine Dosis LSD gleichzeitig mit einer Dosis Reserpin einnimmt, werden die Wirkungen einer hohen Dosis LSD registriert. Deshalb folgert man, daß LSD und Adrenalin-Substanzen im Gehirn zusammenwirken, um den LSD-Effekt hervorzurufen.  . . .

Wenn man eine Person ohne LSD-Erfahrung in gleichem Maße unter Streß setzt, so würde diese die gleiche
Menge halluzinatorisches Adenochrom produzieren, doch würde diese gleiche Konzentration von Adenochrom keine Autohalluzination hervorrufen. Die Reaktionsschwelle wäre trotz des Adenochroms im Blut zu hoch, um einen
Trip bei dieser Person auszulösen. Wenn die Reaktionsschwelle gegenüber psychedelischen Drogen auf diese Weise genügend herabgesetzt worden ist, erreicht man schließlich den Zustand, bei dem man auf seine eigenen, normalerweise erzeugten halluzinatorischen Substanzen anspricht: Man autohalluziniert oder erfährt «Flash-backs» unter Streß.  . . .

Ich würde nicht gern in der Hand irgendeines Menschen sein, der die Neigung hat, unter Streß ein «High» zu erleben, er könnte drei Landungsstreifen sehen oder in solch einem Zustand Anweisungen vom Kontrollturm falsch hören. Der Mann, der unter Streß ruhig bleibt, reagiert besser als derjenige, der es nicht bleibt. Er ist besser trainiert. Wir können deshalb schließen, daß die psychedelische Erfahrung stark dazu neigt, einen Menschen unter Streß für «Flash-backs» anfällig zu machen, d. h. für Trips, sobald Streß entsteht, und zwar ohne das Einnehmen von psychedelischen Drogen.

Diese Anfälligkeit für «Flash-backs» unter Streß kann bis zu mehr als fünf Jahren nach Einnahme der letzten Drogendosis anhalten. Kurz gesagt, die psychedelische Erfahrung macht einen Menschen unter Streß leicht unbeständig. Unter normalen Verhältnissen bemerkt er gewöhnlich nach einer psychedelischen Erfahrung durchaus nichts. Die Veränderung zeigt sich nur unter Druck, unter Streß. Die psychedelische Erfahrung ist ganz gewiß die letzte Erfahrung, die ein Mann oder eine Frau haben sollte, wenn er oder sie Verantwortung in Industrie, Wissenschaft oder Gesellschaft trägt. Jeder Arbeitgeber, der Menschen für wichtige streßerfüllte Stellungen aussucht, schaut auf Beständigkeit des Charakters selbst bei schwerem Streß. Flash-backs unter Streß lassen selbst eine Ausbildung, die darauf gerichtet ist, solche Situationen zu meistern, hinfällig werden. Wenn ein Mensch gerade so durchs Leben kommen und so wenig Verantwortung wie möglich übernehmen will, dann mag er die «Flash-back»-Gefahr riskieren. Andere, mit höheren Zielen, werden nicht diese Unbeständigkeit des Charakters unter Streß riskieren wollen. Natürlich muß man jederzeit mit dem Risiko einer irreversiblen Psychose nach einem Mißbrauch psychedelischer Drogen rechnen.

3 Kapitel VI

 Trips, Flash-backs und Halluzinationen 

Wir sind jetzt in der Lage, manches über den Wirkungsmechanismus psychedelischer Drogen zu verstehen. Wir
müssen aber noch einen Blick auf die Hauptarten von Halluzinationen werfen, die bei der menschlichen Psyche
in Erscheinung treten. Wir haben bereits eine Art kurz erörtert. Jetzt müssen wir auf das sogenannte natürliche
«High» oder den natürlichen «Trip» eingehen.

1. Arten von Halluzination (Vision, Trance oder Trip)

a) Halluzination Typ I

 Es gibt zwei Hauptarten von Halluzinationen, die uns in diesem Stadium unserer Erörterung interessieren. Die erste Art von Halluzination (Typ I) kann als Erfahrung eines veränderten Bewußtseins bezeichnet werden, die die Verzerrung des Bewußtseins der dreidimensionalen Wirklichkeit in sich schließt. Dies hat nichts mit der «Vision» eines «Sehers» oder «Propheten» zu tun, die es auch im «Sofortmystizismus» gibt. Typ I schließt, streng genommen, nur Verzerrungen solcher Dinge wie Küchentassen, elektrische Birnen, Menschengesichter und Teppichmuster ein. Unter ihrem Einfluß können sich z. B. die Körperglieder so leicht anfühlen, daß man sicher ist, man könnte vom obersten Stockwerk eines Gebäudes ohne Hilfe hinunterfliegen und sicher auf dem Boden landen.

In diesen Fällen liegt eine Verzerrung normaler Proportionen durch die fünf Sinne vor. Wirkliche Gesichter können Teufelsmasken, wirkliche Körper verzerrt werden, Lächeln wird zum Grinsen und normale Stimmen hört man als unheimliche Schreie. Einfaches Wasser schmeckt vielleicht wie Nektar – oder wie Gift. Kurz gesagt, das Bild der
materiellen Wirklichkeit ist in dem Augenblick, in dem es das Bewußtseinszentrum erreicht, verzerrt.

Diese erste Art von Halluzinationen ist auf Tricks im «Fernsehstudio» der fünf Sinne zurückzuführen, durch das die Eindrücke der dreidimensionalen Wirklichkeit an unser Bewußtseinszentrum weitergeleitet werden. Wie bereits beschrieben, werden die Impulse von den fünf Sinnen, die über die Wirklichkeit um uns her berichten, verdreht. Das führt dazu, daß das Bild der dreidimensionalen Wirklichkeit bei der Wiedergabe in dem Psycho-Raum auch verdreht wird. Solche Halluzinationen kann man als Halluzination Typ I einstufen. Sie sind nicht transzendent und haben wenig mit Instantmystizismus zu tun.

b) Halluzination Typ II («Instantmystizismus»)

Jedoch nicht alle Halluzinationen, natürlich oder durch Drogen veranlaßt, können in die Typ-I-Klasse eingestuft werden, denn einige Halluzinationen haben wenig gemein mit der materiellen Wirklichkeit. Es gibt Beweise, daß diese Art von Halluzination nicht notwendigerweise aus der dreidimensionalen Wirklichkeit stammt, sondern etwas mehr darstellt. Wie aber soll man Halluzinationen, die offensichtlich wenig mit der dreidimensionalen Wirklichkeit zu tun haben, interpretieren und einstufen? Solche Halluzinationen ereignen sich sowohl mit als auch ohne den Gebrauch von psychedelischen Drogen.

Aldous Huxley glaubte, daß die Erklärung der Halluzinationen vom Typ II in der folgenden Überlegung zu finden ist. Das menschliche Gehirn ist vielleicht nicht so sehr ein Gedankenerzeuger als ein Empfänger und Filter von Gedanken. Hinter der Ordnung des lebenden und nichtlebenden Universums, glaubt man, sei ein «universeller Denktank» oder eine «universelle Denkbank» in irgendeinem Sektor der Wirklichkeit jenseits der drei Dimensionen. Dieser «Denktank», so stellt man sich vor, durchdringt die ganze dreidimensionale Wirklichkeit um uns herum. Stoff und Leben sind dann nicht so sehr Erzeuger von Denken als das Ergebnis von Denken. Das Gehirn empfängt wenigstens einen Teil der Gedanken von der universellen «Denkbank». Dies war zumindest A. Huxleys Meinung.

Theoretisch, so glaubte Huxley, könnte sich das menschliche Gehirn aller Geschehnisse innerhalb und außerhalb des Dreidimensionalen im gesamten Universum bewußt sein. Wenn sich jedoch das Gehirn wirklich so vieler Ereignisse und Gedanken im Universum bewußt würde, wäre es in unserer feindlich gesonnenen Umgebung nicht überlebensfähig. Aus dem Grunde betrachtet man das Gehirn als Empfänger und Filter hinsichtlich gedanklicher Ereignisse im Universum. Es filtriert das, was es in unserer dreidimensionalen Wirklichkeit nicht zum Überleben braucht, aus. Es filtriert ebenfalls die Gedankenwelt des Trans-Dreidimensionalen, d. i. Gedankentranszendenz. Es muß auf diese Art als Gedankenfilter tätig sein, sonst würde es überladen werden und wäre nicht imstande zu überleben.

Diese Gedankenvorstellung erinnert an die biblische Auffassung, daß wir, wenn Gott in unser Bewußtsein eindringen würde, – wenn wir ihn «sähen» -, zugrunde gehen müßten. Solch ein ungeheures, über unsere Dimensionen hinausgehendes Gedankenereignis würde unser Bewußtseinsinstrument überladen und zerstören.

Es ist klar, daß psychedelische Drogen zuerst auf die Kanäle der fünf Sinne eine einschränkende Wirkung haben. Sie «anästhesieren» diese derart, daß der Drogengenießer in eine synthetische Sinneseinschränkung, in eine Träumerei gelangt, die in einer Entzugshalluzination endet. Teilweise und unregelmäßige Anästhesie der fünf Sinne durch Psychedelika resultiert in Halluzinationen vom Typ I. Die Entfernung dieser Art von Anästhesie (sobald die Droge durch den Blutkreislauf aus dem Nervengewebe herausgewaschen wird) ergibt ein Zunehmen an Sinnesempfindung (das Gegenteil von Anästhesie), das eine intensive Wahrnehmung und pulsierende Farben erzeugt, die so charakteristisch für einige Trips sind.

Hierüber muß noch mehr gesagt werden, wenn wir die verschiedenen Arten psychedelischer Trips behandeln. Diese Phänomene resultieren bloß aus einer Wirkung auf die fünf Sinne. Eine psychedelische Droge kann die Kanäle der fünf Sinne «öffnen» oder «schließen» (Halluzination Typ I). Beim Öffnen sprechen wir von Hyperästhesie. Die fünf Sinne nehmen mit größerer Intensität auf. Beim Schließen haben wir es mit Anästhesie zu tun. Die Wahrnehmung ist reduziert (Sinnesentzug).

Genauso verhält es sich auch im Falle von Halluzination Typ II, die den sechsten Sinn einbezieht. Psychedelische Drogen können eine dialektische Wirkung haben, entweder öffnen sie den sechsten Sinn oder schließen ihn. Zusammenfassung: Psychedelika können die Kanäle, durch welche die fünf Sinne mit dem Bewußtseinszentrum in Verbindung stehen, sowohl öffnen als auch schließen. Dies bewirkt teilweise oder völlige Anästhesie oder Hyperästhesie auf diesem Gebiet, wobei der Betreffende die materielle Wirklichkeit wie nie zuvor erlebt.

Aber die Psychedelika können ebenso die Kanäle zum sechsten oder mystischen Sinn (ASW oder ESP) schließen oder öffnen. Wenn sie den Kanal zum sechsten Sinn schließen, dringt wenig oder nichts zum Bewußtsein von der unsichtbaren Welt durch. Wenn dagegen die Psychedelika den ESP-Kanal zur Transzendenz öffnen, wird die Typ-II-Halluzination («Sofortmystizismus») eintreten. So setzten Huxley und andere voraus, daß Psychedelika die Kanäle
vom Gehirn zum Denktank des Weltalls öffnen und einen Menschen gegenüber dem (hier dämonischen) Transzendenten empfänglicher machen können, während gleichzeitig das Bewußtsein eines Menschen gegenüber der dreidimensionalen Wirklichkeit reduziert und statt dessen eine Träumerei erzeugt wird.

Andererseits vermögen Psychedelika auch diese Fähigkeit, mit dem Denktank des Universums in Kontakt zu treten, einschränken, indem sie die Kanäle zum sechsten Sinn schließen während sie die Kanäle der fünf Sinne zur dreidimensionalen Wirklichkeit öffnen. Das Entschlüsselungszentrum im Gehirn wird dabei mit Impulsen von den drei Dimensionen überschwemmt.

Bei allem will ich stets unmißverständlich betonen: Die Bibel verbietet diese Art von transzendenter Öffnung und
erläutert, daß dadurch nur Kontakte mit ungöttlichen Mächten hergestellt werden können. Man kann die recht schwierigen Voraussetzungen zu oben Gesagtem noch anders formulieren. Das biologische Gehirn kann mit dem «universellen Denktank» mittels des in unserem Modell sogenannten sechsten Sinnes (ESP) in Verbindung kommen. Die fünf Sinne berichten unserem Bewußtsein über Geschehnisse, die in der dreidimensionalen Wirklichkeit um
uns herum stattfinden. Mit ihnen erkennen wir, daß die Rose rot ist und die Kartoffeln auf den Feldern gut gedeihen. Andererseits berichtet der sechste Sinn unserem Bewußtsein über paranormale (oder mystische) ESP-Ereignisse, die in der Transzendenz vor sich gehen.

Es scheint heute wenig Zweifel zu bestehen, daß das biologische Gehirn einen Zugang – wenngleich einen oft verschütteten – zum mystischen Paranormalen und zum Transzendenten ebenso wie zum Immanenten besitzt. Ich habe einige dieser paranormalen Ereignisse in meinem Buch «The Drug Users» erwähnt. Wenn das der Fall ist, dann sollte man erwarten, daß der sechste Sinn genau so mit den fünf Sinnen im Wettstreit steht wie die fünf Sinne untereinander. Die fünf Sinne und der sechste werden miteinander um die Beanspruchung des Entschlüsselungszentrums für das Bewußtsein konkurrieren müssen. Normalerweise sendet der sechste Sinn sehr schwache Impulse zum Entschlüsselungszentrum. Die meisten Menschen finden sie so schwach, daß sie ihr wirkliches Vorhandensein bezweifeln. Wenn diese Impulse des sechsten Sinnes tatsächlich schwach sind, werden sie offenbar leicht durch die stärkeren Impulse, die durch die fünf Sinne in unser Bewußtseinszentrum eingeleitet werden, unterdrückt.

In der simulierten Raumkapsel ist die Verbindung der Ohren und Augen zu der dreidimensionalen Wirklichkeit abgeschnitten, so daß in der Dunkelheit und der Stille der Kapsel nur wenige Impulse von den Augen oder Ohren zu dem Entschlüsselungszentrum gesandt werden. Der optische Nerv ist ein sehr starker Nerv und trägt normalerweise eine schwere Belastung von Impulsen. In der pechschwarzen Dunkelheit der Kapsel werden keine optischen Impulse mehr übermittelt. Das gleiche trifft auf das Ohr zu. Dieser Zustand von geringer Belastung des Entschlüsselungszentrums ist als «Sinnesentzug» bekannt. Ein Ergebnis dieser Entlastung ist das Freiwerden des Zentrums zur Bearbeitung der schwächeren Botschaften vom sechsten Sinn. So fangen zum ersten Mal Botschaften vom sechsten Sinn an, das Bewußtseinsgebiet des Gehirns zu erreichen.

Der Astronaut in der simulierten Raumkapsel erlebt den Entzug der fünf Sinne und erfährt als Ergebnis eine Halluzination Typ II. Dies hat nichts zu tun mit den Typ-I-Halluzinationen, bei denen es sich um die dreidimensionale Wirklichkeit in verzerrter Form handelt. In der Typ-II-Halluzination mag der Astronaut Teile der transzendenten Welt sehen. Diese Art Erfahrung ist regelmäßig ohne Hilfe von Drogen vorgekommen. Sie ist eine Art von Halluzination, die durch bloßen Sinnesentzug zustande kommt. Unser Astronaut beginnt, die mystische Welt des sechsten Sinnes zu erfahren, von der er in den Tagen, da sein geschäftiges Leben das Entschlüsselungszentrum mit schwerem dreidimensionalem «Überlebungs-Betrieb» durch die fünf Sinne überfüllte, nichts wußte.

Dieses mystische Erlebnis ist also eine Folge der Konkurrenz zwischen den fünf Sinnen untereinander und mit dem sechsten Sinn. Man kann das ziemlich leicht demonstrieren: Sobald man die Augen und Ohren des halluzinierenden Astronauten den Bildern und Tönen von Radio und Fernsehen aussetzt, werden diese Halluzinationen verschwinden. Wenn man das laue Wasser, in dem er umhertreibt, abläßt und dadurch die Rückführung der Millionen von Impulsen bewirkt, die zur Wiedergewinnung seines Gleichgewichtes nötig sind, dann wird sein Entschlüsselungszentrum wiederum durch den Verkehr der fünf Sinne so besetzt, daß die schwachen Botschaften der Transzendenz überschwemmt werden und die halluzinatorische Erfahrung sofort aufhört.

Man kann diese Konkurrenz zwischen den fünf Sinnen und dem sechsten Sinn in der Typ-II-Halluzination nicht
nur in Fällen von «Highs» durch natürlichen Sinnesentzug zeigen – wie im Falle unseres halluzinierenden Astronauten-, sondern oft auch im Fall von einigen Arten von LSD und psychedelischen Drogenhalluzinationen. Wenn zum
Beispiel eine Person aufgrund von LSD einen schlechten Trip erlebt, kann man sie manchmal aus diesem Trip «herausreden» (=«Talking a person down»).

Dies geschieht, indem jemand, der die Situation gründlich versteht, mitfühlend, aber autoritativ zum Betreffenden redet. So wird eine Ladung Impulse in des Patienten Ohr – vielleicht auch in seine Augen – eingeführt, die zur Entschlüsselung unter das Gehirn geleitet werden. Diese Impulse «streiten» mit den halluzinatorischen Impulsen in solcher Weise um den Entschlüsselungsraum, daß die Impulse des halluzinatorischen sechsten Sinnes, sofern die Therapie des «Herausredens» erfolgreich ist, übertönt werden. Wenn dieser Wettstreit zwischen den zwei konkurrierenden Impulsreihen beendet ist und die halluzinatorischen Impulse durch das autoritative Reden» übertönt worden sind, ist der Patient von seinem schlechten Trip befreit. Der Erfolg dieser Methode ist natürlich keineswegs sicher. Zumindest die Logik dieser konkurrierenden Beziehung zwischen den fünf Sinnen und dem sechsten Sinn im Gehirn ist keine neue Entdeckung. Jesus Christus lehrte seine Jünger in ihre Kammer zu gehen, die Tür hinter sich zu schließen und daraufhin zu ihrem Vater zu beten, der im Verborgenen sähe. In seine Kammer zu gehen und die Tür hinter sich zu schließen, bedeutet milder Entzug der fünf Sinne, denn die Augen sehen weniger und die Ohren hören weniger unter solchen Umständen. So wird das transzendente Zusammentreffen mit dem Vater erleichtert durch den milden Entzug der fünf Sinne. (Auch hier nie die Voraussetzungen zur Gemeinschaft mit Gott vergessen: Vergebung + Erneuerung durch Christus.)

Die Alten wußten viel mehr von dieser einfachen psychologischen und physiologischen Weisheit als wir Modernen; denn sie gingen auch hinauf auf die Berge, um allein in der Stille zu beten. Sie zogen sich eine Zeitlang von der
Gesellschaft zurück, um die Impulse ihrer fünf Sinne einzuschränken. Daraufhin konnte Gott sie öffentlich belohnen … sie waren oft psychologisch weit ausgeglichener als die psychologischen Wracks, die die moderne Gesellschaft mit ihrem endlosen Getriebe und Lärm (= Überfluten der fünf Sinne, Plethora) hervorbringt.

Sie wußten, daß zeitweises Abschließen der fünf Sinne gegenüber den Impulsen der materiellen Welt es dem «Einfluß des sechsten Sinnes» erlaubte, sie gesund und ausgeglichen werden zu lassen, auch hier vorausgesetzt natürlich, der Kontakt mit Gott wird infolge persönlicher Umkehr, Hingabe und Sündenvergebung durch das Vertrauen auf das Kreuzesopfer Jesu gesucht.

Man liest heute eine Kritik nach der anderen über die Neigung des modernen westlichen Menschen, sich östlichen Religionen und Yoga zuzuwenden. Viele dieser Kulte schließen Meditation, Entzug und rhythmische Übungen der transzendenten Meditation ein. Aber diese Neigung zu den östlichen Religionen, Entzug und Meditation ist zumindest im Lichte der obigen Ausführungen verständlich (obgleich man nicht damit einverstanden sein kann, da das Ziel und der «Heilsweg» völlig an der uns von Gott in seinem Sohn dargebotenen Möglichkeit vorbeigeht). Denn die fünf Sinne des modernen Menschen sind nun drei Generationen lang hoffnungslos überladen worden. Wir brauchen nur an die Überbelastung durch den modernen Mißbrauch des Radios, des Fernsehens und der Presse zu denken. Alle diese Impulse stürmen auf das Entschlüsselungszentrum des Gehirns mittels der fünf Sinne ein und überschwemmen es. Ein Organismus mit einem verkümmerten Sinn kann aber nur ein kranker Organismus sein.

Es ist deshalb ebenfalls nicht erstaunlich, wenn unsere kranke Gesellschaft ein Mittel sucht, um die Atrophie (Verkümmerung) des Sinnes für das Transzendente mit allen auffindbaren Mitteln zu verbessern. Unsere kranke Gesellschaft leidet an chronischer Überarbeitung der fünf Sinne, verschlimmert durch fast totale Vernachlässigung des sechsten. Psychedelische Drogen kehren, wie wir gesehen haben, dieses Verhältnis um, indem sie (eine Zeitlang) die fünf Sinne anästhesieren und den Kanal zum sechsten öffnen. Obwohl dieser Vorgang keine Lösung darstellt und nicht ohne Gefahr ist, versucht er doch, die Lage zu korrigieren. All dies ist offensichtlich ein Anzeichen für die Tatsache, daß die westliche Kultur wenig vom wahren Transzendenten weiß, das sie aber zu ihrer Gesundung die Gemeinschaft mit Gott braucht. Da sie diese nicht hat, ist sie folglich krank. Eine Lösung gibt es aber nur, wenn der Mensch sich nicht durch dämonischen transzendenten Kontakt (Drogen, östl. Meditation) heilen will, sondern durch den Kontakt mit dem Erlöser Jesus Christus. Unter Christen gibt es viele, die nur allzu selten das ausüben, was ihr Meister in bezug auf Sinnesentzug durchführte; er ging u.a. nämlich allein auf den Berg, um zu beten. Und wenn er sich nicht in die Berge zurückzog, begab er sich in die Wüste. In den alten Kulturen gab es immer Gelegenheit, sich in die Stille zurückzuziehen, um in der Einsamkeit denken und beten zu können und somit den Sinn für die Gegenwart der Transzendenz zu pflegen.

Dieses Bedürfnis wird in der modernen westlichen Kultur selten befriedigt. Dies bedeutet, daß die wichtige Fähigkeit des sechsten Sinnes in der westlichen menschlichen Seele brach liegt, was zur gleichen Zeit die Qualität des Lebens im Westen mindert. Auch die Puritaner übten diese Art Sinnesentbehrung, indem sie ihre Gebetszeiten und Zeiten der Stille einhielten. Aber in der heutigen Gesellschaft wird dieser Aspekt des geistlichen Lebens wenig betont. Die Folge ist, daß die jüngere Generation spontan zu psychedelischen Drogen greift und sich aus der Gesellschaft zurückzieht, um das zu erhalten, was ihre Eltern ihnen durch natürliche Mittel (ohne Drogen) nicht vermitteln konnten. Es genügt hier zu sagen, daß selbst der Brauch, die Augen während des Gebetes zu schließen, uns eine Methode bietet, milde optische Sinnesentbehrung hervorzurufen und gleichzeitig den Sinn für die Wirklichkeit des Transzendenten zu verstärken; denn die Augenimpulse belasten das Entschlüsselungszentrum des Gehirnes beträchtlich. Diese visuelle Belastung wird beim Augenschließen entfernt.

Das obige soll auf keine Weise so ausgelegt werden, als ob das transzendente Erleben, das so durch Sinnesentbehrung sich öffnet, immer göttlich sei. Es ist die Überzeugung des Autors, daß die Erfahrung der Transzendenz entweder «himmlisch», neutral oder «höllisch» sein kann, abhängig von der Person, die diese Erfahrung macht und abhängig vom Ziel und von der Art und Weise der Praktiken. Für jeden Leser, der die Bibel ernst nimmt, wird es eindeutig sein, daß das Transzendente entweder als «Hölle» oder als «Himmel» erlebt werden kann. In der Bibel wird Krieg im Himmel beschrieben, und Satan hatte selbst Zugang zur transzendenten Gegenwart Gottes. Der Maßstab zur Beurteilung kann alleine Gottes Wort, die Bibel, sein. 

2. Psychedelika und Halluzination Typ II

Wir haben bereits bemerkt, daß Psychedelika wie LSD und Haschisch Halluzination Typ I hervorrufen (Verzerrung der dreidimensionalen Wirklichkeit). Wir wollen jetzt etwas genauer auf die Erzeugung von Halluzinationen Typ II durch Psychedelika eingehen.

Es wird vielerorts angenommen, daß LSD und andere Psychedelika eine echte Halluzination vom Typ II erzeugen. Die Erfahrung des psychedelischen Höhepunktes stellt ohne Zweifel wenigstens in einigen Fällen eine echte Erfahrung des Transzendenten dar. Damit wird wiederum nicht gesagt, daß solch eine Erfahrung vom «Himmel» oder von der «Hölle» oder etwa beides sei.

Was uns hier beschäftigt, ist die Frage, aufgrund welcher physiologischer Mittel die psychedelische Droge imstande ist, eine Halluzination Typ II hervorzurufen. Man meint, daß diese Wirkung im wesentlichen durch den gleichen Mechanismus hervorgerufen wird, durch den die körperliche Sinnesentbehrung («Astronauten»-Entbehrung) die gleiche Wirkung erzeugt. Man nimmt an, daß es nicht wichtig ist, ob die zur Erzeugung einer Halluzination Typ II erforderliche Sinnesentbehrung rein physikalischen Ursprungs ist (wie in der Raumkapsel) oder nichtphysikalischen Drogenursprungs. Wichtig ist die Sinnesentbehrung an sich, wodurch sie auch immer hervorgerufen sein mag.

Es ist also die Entbehrung der fünf Sinne selbst, die den sechsten Sinn zu aktivieren vermag. Es muß nicht irgendeine besondere Drogenwirkung sein. Im allgemeinen kann man also sagen, daß jegliches Mittel, das das Verkehrsvolumen der fünf Sinne herabsetzt, wahrscheinlich Halluzinationen Typ II hervorrufen wird. Es gibt aber eine leichte Abänderung dieser These, die von Bedeutung ist. Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, daß LSD und andere Psychedelika zusätzlich zu der genannten Wirkung den zur Transzendenz führenden «Kanal» erweitern, so daß eine Person nach psychedelischer Erfahrung leichter «zu halluzinieren lernt».

3. Der Mechanismus der Halluzination Typ II

Auf welche Weise erzeugt die psychedelische Droge die Verminderung der afferenten (eingehenden) Sinnesimpulse, die zu Sinnesentbehrung führt? Wenn der Drogenkonsument seine 300 ug LSD schluckt, verfällt er in eine Träumerei und scheint den Kontakt mit der Umwelt zu verlieren. Er schläft nicht, wie etwa unter Barbituraten. Er kann z. B. herumlaufen. Aber er befindet sich in einer Art Trance. Die Wirklichkeit um ihn herum berührt ihn wenig. Auf eine besondere Weise dringt das LSD in sein Selbst- Wahrnehmungssystem ein und vermindert (zunächst) den Empfang der Impulse von der Außenwelt. Er reagiert nun auf die Impulse dieser Außenwelt ganz anders als vorher.

Dieser  Träumerei-Zustand stellt eine Art Sinnesentzug dar, die das Entschlüsselungszentrum unter dem Gehirn von einem beträchtlichen Teil Routineverkehr der fünf Sinne befreit, und zwar auf recht ähnliche Weise wie die Raumkapselwände und das warme Wasser. Jedoch in diesem Fall wird der Sinnesentzug durch ein inneres Blockieren der Nerven, die über die Entdeckungen der fünf Sinne berichten, hervorgerufen und nicht durch eine Entlastung der Nervenendungen in den Augen, Ohren und im Gefühlssinn mittels physikalischer Einschränkungen. Aber das Endresultat beider Arten von Sinnesentzug ist ungefähr das gleiche – es wickelt sich weniger Betrieb im Entschlüsselungszentrum unter dem Gehirn ab. Das bedeutet: die schwachen Botschaften durch den sechsten Sinn können nun hindurchgelangen, um für das Bewußtseinszentrum verarbeitet zu werden.

Es ist natürlich nicht ganz richtig zu sagen, daß die Drogenmethode zur Erzeugung von Sinnesentzug der physischen Raumkapselmethode völlig gleich ist. Drogen können Toxizität mit sich bringen, was die physische Methode
ausschließt. Die vielleicht durch die Drogenmethode verursachte Toxizität kann permanent oder auch nur vorübergehend auftreten und ändert sich mit der Person und den Umständen. Wir müssen noch eine andere Folge des Aktivieren des sechsten Sinnes mittels Drogen (nicht mittels natürlicher Sinnesentbehrung) betrachten. Nach der anfänglichen Träumerei, die auf das Einnehmen von LSD oder einer anderen psychedelischen Substanz folgt, wird die Droge allmählich aus dem Nervengewebe und den Synapsen abgebaut. Aber die Droge diffundiert (ein- und ausdringen) gewöhnlich nicht gleichmäßig aus all ihren Positionen im Nervensystem. Sie diffundiert aus dem einen Nervengewebe schneller, aus dem anderen langsamer. Die Diffusion ist vom Fettgehalt in der Nervenscheide abhängig. … Das bedeutet, daß das natürliche «High», das durch Sinnesentzug rein physischer Natur entsteht (Kammer- oder Raumkapselwände), nicht von den toxischen Nebenerscheinungen und Verzerrungen begleitet wird, denen man oft in den durch Drogen erzeugten psychedelischen Erfahrungen begegnet.

4. Arten natürlichen «Highs» (Satori)

Es gibt viele Arten von natürlichen «Highs».

Östliche Gruppen haben diese ausgiebig beschrieben und sie unter Begriffen von Bewußtseinsebenen oder Safari eingestuft. John Lilly, der für «Psychology Today» schreibt, erwähnt, daß die Satori-Ebene 48 als normaler, vernünftiger Bewußtseinszustand angesehen wird.

Ebene 24 bezeichnet den Bewußtseinszustand der freudigen Verfassung, in der man eine bestimmte Tätigkeit ohne Konflikt ausübt.

Satori-Ebene 12 ist ein Zustand der Glückseligkeit. Diese kann normalerweise unter gewöhnlichen Umständen auf dieser Welt nicht erreicht werden, weil man sich noch im körperlichen Zustand mit all den damit verbundenen Konflikten befindet. Ebene 12 stellt die erste Ebene eines guten LSD-Trips dar. Es ist in diesem Zustand oft schwer, von Glückseligkeit zu sprechen. Manchmal erreicht man diese Ebene bei geschlechtlichem Verkehr. Zen spricht von diesem Satori und deutet darauf hin, daß der Körper oft nicht erfahren wird.

Ebene 3 ist die höchste Satori-Ebene, die man erreichen und von der ein Mensch zum normalen Bewußtseinszustand zurückkehren kann. Man betrachtet diese als eine Art Verschmelzung des menschlichen Geistes mit dem Universalgeist oder Gott. Das Gefühl des eigenen Ego geht in diesem Zustand fast vollkommen verloren, aber eine Erinnerung des Satoris bleibt, nachdem der Trip vorüber ist. Es ist hier nicht unsere Absicht, auf die verschiedenen Lehren über Bewußtseinsebenen einzugehen. In jedem Textbuch über dieses Thema kann man darüber nachlesen. «Psychology Today» berichtet regelmäßig über Entwicklungen auf diesem Gebiet. Daß es sich dabei ferner um antichristliche Bemühungen der Selbsterlösung handelt, dürfte inzwischen ja auch klar sein und braucht nicht weiter erwähnt zu werden. – Im folgenden Abschnitt beabsichtigen wir zwei Hauptteile zu behandeln, die man in natürlichen Halluzinationen oder verändertem Bewußtseinszustand unterscheiden kann: Natürliche Halluzination durch Sinnesentzug und natürliche Halluzination durch Streß  

5. Natürliche Halluzination durch Sinnesentzug

Wie schon bemerkt, neigt jede Person, die teilweise oder völlig von der eigenen Selbstwahrnehmung abgeschnitten
wird, dazu, ein natürliches «High» oder eine Halluzination Typ II zu erfahren. Sie wird wahrscheinlich keine Halluzination Typ I erfahren, weil ihr propriozeptives Meldesystem nicht verzerrt wird, während es physisch von der
Reaktion auf ihre natürliche Umgebung abgeschnitten ist – wie etwa in einer Raumkapsel. Bei dieser natürlichen Art von Sinnesentzug werden die Impulse der fünf Sinne gleich- und regelmäßig verhindert, was Verzerrungen und somit Halluzinationen Typ I ausschließt. Deshalb sollte die eintretende Typ-II-Halluzination verhältnismäßig «rein» sein, d. h. nicht vermischt mit Verzerrungen der dreidimensionalen Wirklichkeit. Man meint auch, daß die Visionen etwa von Sehern und Einsiedlern etwas mit dieser natürlichen Form der Sinnesentbehrung (Sinnesentzug) zu tun haben. Sie alle gelangen mit der unsichtbaren Welt in Verbindung, indem sie sich Zeit nahmen, um von der Geschäftigkeit des Lebens loszukommen, ihre Augen und Ohren zu schließen und Sinnesentzug zu üben. Wenn man außerbiblische Literatur studiert, kommt man zu dem Schluß, daß nicht nur der geheiligte Christ Freude durch den sechsten Sinn erreichen kann, sondern daß der Rebell und der vom Paradies Flüchtende ebenso den «Tiefpunkt» einer abgrundtiefen Erfahrung erreichen kann – durch die gleichen Mittel. Mit anderen Worten: Bei unserem Modell kann ein und dasselbe physiologische Mittel oder ein und derselbe Mechanismus für das Gute und das Böse gebraucht werden, wie das ja nicht nur bei biologischen Mechanismen der Fall ist. Wir sollten jedoch noch einmal einen Blick auf die zweite Art des natürlichen «High» richten. Man kann es als «Streß-High» bezeichnen.

6. Das «Streß-High» oder Halluzination aufgrund von Streß

Wenn man einen Menschen zu Tode quält – wenn man ihn z. B. lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrennt, ihn langsam in Öl kocht, ihn verstümmelt, bis er stirbt oder ihn sogar kreuzigt, wie es oft in den Annalen der Menschheit vorgekommen ist -, erlebt man zuweilen ein bemerkenswertes physiologisches oder psychologisches Phänomen.
In der äußersten Agonie, ehe das Bewußtsein endgültig durch den Tod verschleiert wird, kann der Leidende unter
dem gewaltigen Streß, dem er unterworfen ist, halluzinieren. Christliche Märtyrer erleben so Visionen vom Himmel und von Glückseligkeit gerade unter solchen Umständen. Sie vergessen mehr oder weniger die «Hölle», in der
sie sich befinden, und werden im Geist in die glückselige Vision des Himmels «versetzt». Wir wollen ein bestimmtes Beispiel dieser Art anführen, um die Sache zu verdeutlichen.

Bischof Cranmer wurde in Oxford wegen seines Glaubens und seiner Weigerung, zu widerrufen, auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Er hatte jedoch in einer früheren Periode unter Zwang ein Dokument unterzeichnet, in dem das, was ihm das Liebste war, verleugnet wurde. Später bedauerte er dies sehr. Nachdem er erneut den Widerstand gegen seine Unterdrücker aufgenommen hatte, wurde er auf den Scheiterhaufen gelegt, um lebendig verbrannt zu werden. Vor dem Scheiterhaufen bat er seine Scharfrichter um eine Gunst. Er wollte, daß man ihm erlaube, seine rechte Hand, mit der er damals das schmachvolle Dokument unterzeichnet hatte, zuerst zu verbrennen. Seine Bitte, so erzählt die Geschichte, wurde genehmigt. Cranmer soll zuerst seine rechte Hand ausgestreckt und in die lodernde Flamme gehalten haben. Unbewegt überließ er dem Feuer seine rechte Hand, ehe er selbst den Flammen übergeben wurde. Als wir in der Schule englische Geschichte lernten, erzählte man uns, daß ein Lächeln seine Lippen umspielte, während das Feuer seine rechte Hand verzehrte. So können Märtyrer in der größten Todesqual eine transzendente Veränderung ihres Bewußtseins erleben. Wir sagen keineswegs, daß dies allgemein der Fall ist, sondern daß es in einigen Fällen geschehen ist.

Wie kommt es, daß diese Art Visionen von der Herrlichkeit des Paradieses, der Transzendenz oder des Himmels (es kommt hier wirklich nicht auf die Bezeichnung an, denn wir gehen mit Phänomenen um, die Sprache, Zeit und Raum überschreiten) so stark sein können, daß sie den äußersten Streß des Märtyrerleidens durchdringen? An diesem Punkt müssen wir noch einmal zu dem Streßmechanismus zurückkehren, denn er kann uns bei diesem Thema behilflich sein.

Wir werden uns erinnern, daß unter Streß Adrenalin, das Streß-Hormon, von den Nebennieren in die Blutbahn freigegeben wird, um dem Körper zu helfen, dem Streß zu begegnen. Unter dem äußersten Streß des Märtyrertums werden enorme Mengen von Adrenalin freigegeben, um den gewaltigen Streß zu regulieren. Der Körper baut die Streß-Hormone, die im Blut bleiben, ab, nachdem sie ihre Arbeit mittels Enzymen, die als Amin-Oxydasen bekannt sind, getan haben. Wenn jedoch das Adrenalin in riesigen Mengen in den Blutstrom freigegeben wird, sind die Amin-Oxydase-Systeme möglicherweise nicht imstande, mit dem Abbau übermäßigen Adrenalins schnell genug fertigzuwerden. Sie sind, sozusagen, überhäuft mit der Aufräumungsarbeit der übermäßigen Streß-Hormone.
Unter diesen Umständen kann die Adrenalinkonzentration im Blut recht hoch steigen. Eine Folge dieser Anhäufung kann die sein, daß das Adrenalin in Adenochrom umgewandelt wird. Unter diesen Bedingungen können verhältnismäßig große Konzentrationen von Adenochrom gebildet und im Blut angehäuft werden.

Wir hatten bereits darauf hingewiesen, daß Adenochrom in seiner Struktur und seinen Eigenschaften Ähnlichkeit mit der gut bekannten psychedelischen Substanz Meskalin (von dem «heiligen» Pilz Peyote) aufweist und genau wie LSD funktioniert, obgleich es vergleichsweise weniger aktiv ist. Als Ergebnis werden die propriozeptiven Impulse verringert und eine Art von Anästhesie (Träumerei) hervorgerufen. Auf diese Weise kann man gegenüber Schmerz und gegenüber den Umwelteinflüssen weniger empfindsam werden.

In der darauffolgenden Sinnesentbehrung kann Halluzination Typ II eintreten, worin dem leidenden Märtyrer die Transzendenz geöffnet wird. Er «vergißt» in gewissem Maße seine schreckliche Situation und wird sich zur gleichen Zeit des völlig geöffneten Himmels bewußt, der ihn in die Transzendenz aufnehmen wird, sobald die Qual beendet ist.

7. Die Schärfe des Leidens und das Abstumpfen

Das obige stellt die erste Methode oder den ersten Mechanismus dar, wodurch der Schöpfer manchmal in seiner
Güte den Schrecken der menschlichen Unmenschlichkeit gegenüber Menschen mildert. Der Märtyrer wird in seiner
äußersten Agonie teilweise durch das plötzliche Hinzukommen einer selbstsynthetisierten halluzinatorischen
Substanz von der Wirklichkeit des Schreckens abgeschnitten. Diese Substanz erzeugt er unter Streß aus den Streßhormonen selbst. Der gewöhnliche Mensch, der nicht unter Streß steht, synthetisiert nicht genug Adenochrom, um
eine halluzinatorische Wirkung hervorzurufen.

Der Drogenanhänger jedoch hat den zum sechsten Sinn und zum dämonischen Transzendenten hinleitenden Kanal durch den chronischen Gebrauch von LSD derart «erweitert», daß selbst leichter Streß geringe Konzentrationen von Adenochrom erzeugt, die in seinem empfindungsfähigen Zustand genügen, ihn beim geringsten Anlaß zum Halluzinieren zu bringen. Hier tritt der gleiche Mechanismus in Kraft wie beim Märtyrer unter stärkstem Streß.

Nun kommen wir zu dem zweiten Mechanismus, durch den Streß einen veränderten Bewußtseinszustand bewirken kann. Man nimmt an, daß der Gebrauch von LSD, besonders zusammen mit anderen Psychedelika wie Haschisch, Meskalin oder Psilocybin – oder sogar mit Nicht- Psychedelika wie Amphetamin und/oder Reserpin – im Gehirn den Kanal zur Transzendenz «weitet». Viele psychedelisch Erfahrene behaupten, sie hätten genau so halluzinieren «lernen» müssen, wie man richtig schreiben und turnen lernen muß. Das heißt, durch Übung können sie beim Halluzinieren mit der gleichen Drogenmenge bessere Resultate erzielen. Wenn also eine Person Psychedelika als Lebensnorm anwendet, wird sie schließlich leichter halluzinieren können. Die geringste Konzentration des eigenen Adenochroms genügt, wenn sie geübt ist, einen veränderten Bewußtseinszustand bei ihr hervorzurufen. Sie wird bei dem geringsten Reiz oder Streß spontane «Flash-backs» erfahren.

Mit anderen Worten: Der regelmäßige Gebrauch der Psychedelika wird den Drogengenießer unter Streß leicht zu einem labileren Charakter machen, als er ohne Drogen gewesen wäre; denn er ist weniger imstande, Streß auszuhalten. Es mag für den Märtyrer gut sein, in seiner Todesqual den Himmel offen zu sehen. Aber es ist gewiß nicht gut, wenn ein Pilot halluziniert und den Himmel offen sieht, sobald er dem Streß eines blockierten Fahrgestells ausgesetzt wird und seine ganze Geistesgegenwart braucht, um den Handbetriebsmechanismus in Gang zu bringen!  

8. Die Legitimität des psychedelischen Drogengebrauches

Diese Überlegungen helfen zu verdeutlichen, weshalb die Heilige Schrift, obgleich sie die Wirksamkeit psychedelischer Drogen zur Erzeugung veränderter Bewußtseinszustände anerkennt, deren Gebrauch unter allen Umständen
streng verbietet.

Der Apostel Paulus geht in seinem Schreiben an die Christen in Galatien recht ausführlich darauf ein. Er weist auf gewisse Bräuche hin wie Ehebruch, Hurerei, Unreinheit, Lüsternheit, Götzendienst und Hexerei (unter anderen) und sagt, daß diejenigen, die solches ausüben, nicht das Reich Gottes erben werden. Wir müssen jedoch genau das Wort betrachten, das in der deutschen Übersetzung gewöhnlich mit «Hexerei» oder «Zauberei» übersetzt wird. Heute erregt das Wort «Hexerei» weithin Heiterkeit – obwohl es für Eingeweihte keineswegs belustigend ist. Es gibt auch in unseren Tagen einen immer weiter um sich greifenden Hexenkult.

Tatsächlich heißt das griechische Wort, das im Text mit «Hexerei» oder «Zauberei» übersetzt wird, «pharmakeia», was «einen Zauber ausüben oder Trancezustände, Visionen oder Halluzinationen mittels Drogen bewirken» heißt. Heutzutage würden wir dieses Ausüben von «Pharmakeia» mit «Hervorrufen eines Trips (oder Trancezustandes) mittels psychedelischer Drogen» übersetzen. Das aktive Prinzip gewisser Pilze (z.B. die Gattung Psilocybe, die unter den mexikanischen Indianern als «Teonanacatl» [=Gottesfleisch] bekannt ist. Sie betrachten sie als den Verbindungsschlüssel zu ihrer Gottheit. Sie enthält zwei aktive psychedelische Prinzipien, bekannt als Psilocybin und Psilocin. Der kleine Kaktus namens Lophophora williamsie oder Peyote «Knöpfe» enthält Meskalin und wird von den Indianern ebenfalls für religiöse Riten benutzt) war den Alten wohlbekannt und wurde als heiliges Kommunikationsmittel mit der Gottheit verehrt.

Es ist also eine sehr alte Tatsache, daß gewisse chemische Pflanzensubstanzen dazu verwandt werden können, den Bewußtseinszustand zu verändern, d. h. «Zauber» auszuüben und religiöse Trancezustände zu erzeugen. Dies verführte offensichtlich zur Ausübung von Zauberei. Die Bibel hinterläßt gewiß nicht den Eindruck, als ob sie das Hervorrufen von Trancezuständen mittels Chemikalien als leeren Unsinn betrachtet. Die Ausübung derselben wird in der Heiligen Schrift so ernsthaft verboten, daß wir uns nur fragen müssen, warum. Es muß etwas dahinter sein, das diese Schärfe mehr verdient, als das bloße Herumexperimentieren mit psychoaktiven Drogen es einen erwarten lassen würde. Was ist es denn, das dieses Hervorrufen von mystischen Trancezuständen (pharmakeia) mittels psychedelischer Drogen so gefährlich macht, daß die Bibel es als vergleichbar an Bosheit mit den schlimmsten Sünden des Fleisches einstuft?

Könnte die Antwort auf diese Frage in den folgenden Überlegungen liegen? Seit dem Sündenfall der Menschheit, dessen Ereignis die Verweisung Adams und Evas, der ersten menschlichen Wesen, aus dem Paradies war, hat Gott die Tore der paradiesischen Erfahrung und der Transzendenz vor dem allgemeinen menschlichen Gesichtskreis gehütet. 1.Mose 3, 23-24 berichtet, daß der Mensch nach dem Fall aus dem Garten, dem Paradies, ausgeschlossen wurde und daß der Weg zum Baum des Lebens in jenem Garten von da an durch ein Schwert blockiert war, so daß der Mensch in seinem elenden, gefallenen Zustand nicht ins Paradies zurückkehren und ewig leben konnte. In seinem gefallenen Elend würde er das Paradies einer Hölle gleich gemacht haben. Das Maßgebende hier ist, daß der Weg zurück zur transzendenten Erfahrung des Paradieses Gottes dem Menschen aufgrund seiner Sünde verschlossen war. Offenbar sollte das, was Gott fest verschlossen hat (zu unserem Wohl), nicht aufgebrochen werden – selbst nicht durch psychedelische Drogen, die unter gewissen Umständen den Weg zurück zur Transzendenz erzwingen können. Vielleicht enthielt die Frucht der Paradiesbäume gerade solch eine psychedelische Substanz! Die Frucht wäre für den Menschen gut gewesen und hätte ihn sicherlich in die Transzendenz versetzt – wenn er nicht gesündigt hätte.

Aus der Transzendenz hätte er wahrscheinlich gut und böse besser erkennen können! Aber in seinem Elend wären Transzendenz, Paradies und der Baum des Lebens ewig das Schlimmste, das ihm widerfahren konnte, denn sie hätten seinen verlorenen Zustand für immer fortgesetzt – hätten ihn als Sünder ewig, transzendent gemacht. Deshalb wurde der Weg zur ewigen Transzendenz nach dem Fall versperrt. Vor dem Fall war er offen – Adam verkehrte mit dem ewigen Gott im Paradies.

In der Tat konnte Adam vor dem Fall sozusagen zwischen der Transzendenz in Gottes ewiger Gegenwart und dem materiellen, zeitlichen, physikalischen Garten mühelos hin- und herpendeln. Nach dem Fall wurden Adam und Eva auf nur eine Sphäre eingeschränkt, auf die materielle, zeitliche, hier und jetzt. Sie wurden an sich gebunden, genau so wie wir es jetzt sind – und mußten im Schweiße ihres Angesichtes arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Es wird jetzt verständlicher sein, warum die Bibel den Gebrauch der Psychedelika für diejenigen, die in das Reich Gottes, das Neue Paradies eingehen wollen, als unbedingt verboten betrachtet. Der Grund ist, daß diese Drogen die Barriere zwischen der Erfahrung unserer gefallenen Welt und dem transzendenten ewigen Paradies herunterreißt, die Gott aus dem sehr guten Grund errichtete, daß des Menschen Elend in seinem gefallenen Zustand, wenn es keine Barriere gäbe, sich für ewig fortsetzen würde. Die Barriere war also als ein Ergebnis des Sündenfalls errichtet worden und sollte deshalb nicht entfernt werden, bis die Ursache des Falles – nämlich die Sünde – entfernt worden ist. 

 

9. Die Märtyrervision

Dies führt uns zu der Frage, warum die Bibel Psychedelika und ihre Erfahrung von mystischen, transzendenten, veränderten Bewußtseinszuständen verbieten sollte, während sie es dem Märtyrer erlaubt, sich dieser Erfahrung zu erfreuen. Und dies vermutlich durch den gleichen Mechanismus wie bei dem Drogenkonsument. Wie kann man von außen her erzeugte psychedelische Erfahrungen (exogen hervorgerufen durch Einnehmen von Meskalin, LSD, Psilocybin, Haschisch) verbieten, während man endogen erzeugte psychedelische Erfahrung, die durch eines Menschen persönlich und endogen synthetisierte psychedelische Droge wie Adenochrom entsteht, erlaubt? Ist diese
Einstellung vernünftig?

Wir meinen ja, und zwar aus folgenden Gründen. Wir sahen, daß der Anlaß, warum dem menschlichen Geist die Erfahrung des Paradieses verboten wurde, das Hinzukommen des Falles, der Sünde und deren Elend waren. Das heißt, die Sünde erstellte die Barriere zwischen uns und der transzendenten Welt, für die wir erschaffen waren (genau so wie für unsere materielle Welt). Wenn die Sünde jetzt aus dem Wege geschafft werden könnte, dann wäre diese Barriere aufgehoben. Durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi ist diese Barriere prinzipiell entfernt worden, obgleich die Beseitigung für uns Menschen noch nicht allgemein wirksam geworden ist. Das wird später kommen. In Christus ist jedoch die Barriere zusammen mit ihrer Paradies-blockierenden Wirkung entfernt worden; denn Christus war nach der Auferstehung imstande, vor den Augen seiner Jünger zu erscheinen oder zu verschwinden. Er konnte tatsächlich zwischen der zeitlichen, materiellen und der ewigen, transzendenten Welt hin- und herpendeln – genau so wie es Adam offenbar vor dem Fall konnte. Für Christus gab es keine Barriere zwischen dem Materiellen und dem Transzendenten, nachdem er mit der Ursache für die Errichtung der Barriere fertig geworden war, nämlich mit der Sünde und deren Folgen.

Aber warum soll man einen Unterschied machen, indem man nur dem Märtyrer seine psychedelische Erfahrungen erlaubt? Der Apostel Petrus gibt uns auf diese Frage eine kurze Antwort: «… wer am Fleisch leidet, der hört von Sünden auf.» Ganz gewiß ist der Märtyrer für diese Beschreibung qualifiziert als einer, der mit der Sünde aufgehört hat! Erstens hat Christus am Kreuz das Problem seiner Sünde gelöst und die Sünde für immer beseitigt. Außerdem gehört der Märtyrer zu denen, die durch Leiden im Fleisch mit Sündigen aufgehört haben. Durch Jesus Christus wurde die Barriere der Sünde beseitigt; das Leben des Märtyrers wird aufgrund dieser Tatsache – und nun praktisch durch das Leiden im Fleisch und das Sterben um Christi willen – abgeschlossen, das Problem der Sünde ist praktisch gelöst. Der Drogenkonsument bricht jedoch durch eine von Gott errichtete Barriere hindurch zur Transzendenz, ohne zuerst die Frage der Sünde zu lösen. Er greift nach den Früchten des Paradiesbaumes, indem er über die Hecke, die um das Paradies herum ist, springt, anstatt durch «die Tür» (Jesus Christus) hineinzugehen. Doch die Hecke selbst ist durch Christus fortgeschafft worden – für diejenigen, die ihm nachfolgen.

Kapitel VII

Ursache und Behandlung der Drogenepidemie

In diesem Kapitel wollen wir unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die psychedelische Drogen-Szene richten (einschließlich Haschisch, LSD usw.), die nach dem Alkohol-Problem der wichtigste Teil der jetzigen Drogenepidemie ist. Damit will ich nicht andeuten, daß Alkohol, Heroin, Amphetamine und Barbiturate nicht wichtig seien. Sie sind es. Aber wenn einmal ein Mensch eine suchtbildende Droge wie Heroin genommen hat, ist es wahrscheinlich, daß er jegliche Droge verwenden wird, um sich selbst zur Verstärkung seines «Highs» und zur Herabsetzung seines Entzugssyndromes zu verhelfen. So sind Barbiturate und Alkohol manchmal austauschbar. Amphetamine werden oft mit Haschisch und LSD genommen. Ich erwähne dies, um zu betonen, daß, obwohl die psychedelische Drogenepidemie einschließlich der Haschischepidemie wichtig ist, sie fast immer mit anderen zugänglichen Drogen vermischt ist. Dies ist wahr, trotz der Tatsache, daß man nicht sagen kann, Haschisch würde immer zu Heroin führen. Da psychedelische Drogen auf besondere Weise mit veränderten Bewußtseinszuständen verbunden sind (wie alle psychoaktiven Drogen), wollen wir diesen Abschnitt mit einer sehr verallgemeinerten Analyse der Chemie des Denkens anfangen. Es soll kein detailliertes Studium sein. Ein bloßer Aufriß der Mechanismen, die Gedanken und Bewußtsein tragen, wird uns hier genügen.

1. Denken schafft Materie 

Wenn ich meiner Kalium-Ionen (Kartoffeln, Butter oder Fleisch) beraubt werde, kann ich in meiner gegenwärtigen körperlichen Verfassung weder singen, beten noch selbst denken. In all dem oben Gesagten haben wir keineswegs behauptet, daß Denken Chemie sei. Es gibt kein Beweismaterial dafür, daß Materie und Chemie Gedanken erschaffen können. Es gibt aber Beweise für die Annahme, daß Denken Materie und Chemie schafft. Wir wissen zur Genüge, daß die Materie und ihre chemischen Reaktionen Gedanken, Gebete und Lieder tragen können. Meine Gedanken, getragen von Materie, können neue Aggregate von Materie schaffen wie neue Drogen, die gegen altbekannte Krankheiten wirksam sind.
Materie kann sozusagen die Röhrenleitung sein, durch die der Gedanke, der schöpferische Gedanke, hindurchfließen kann. Aber es gibt ganz sicher keinen Beweis dafür, daß die Röhrenleitung, die das Wasser von den Bergen in unser
Haus leitet, das Wasser erzeugen kann. Ebenso gilt dies für die Nerven, die auch nicht die Gedanken erzeugen können.

Viele sind der Überzeugung, daß unser Nervensystem im Gehirn und im Körper etwa so Gedanken übermittelt wie die Metalleitungen das Wasser! Aber die Gedanken, so wie das Wasser, stammen von den Bergen über und jenseits von uns. Zerstört man die Nerven, die Leitungen, so gelangt kein Wasser oder Gedanke hindurch. Aber die Tatsache, daß kein Wasser oder Gedanke nach der Zerstörung der Leitung hindurchgelangt, ist durchaus kein Beweis dafür, daß die Leitung das Wasser oder den Gedanken erzeugt.

Und doch sind viele Menschen dieser falschen Vorstellung verfallen und meinen, daß das Nerven- und Gehirngewebe Gedanken erzeugt, nur weil es die Gedanken übermittelt und ohne Gewebe keine bekannten Nervenimpulse existieren. (Es gibt Beweise von Nervenübermittlung ohne differenzierte Nerven in einzelligen Organismen.)

Danach scheint es also, daß der Gedanke selbst vom Denkvorgang unterschieden werden sollte, genau wie das Wasser in den Röhren von der Erzeugung des Wassers durch den Regenguß in den Bergen mittels Sonnenenergie unterschieden werden muß.

Der Gedanke selbst ist sicher ein Ausdruck des «Logos». Gedanke (oder «Logos») kann durch Materie in Nerven geleitet werden, aber letzten Endes ist «Logos» selbst die Quelle von Materie, der Leitung für «Logos». Wenn Denken absolut an Materie gebunden wäre – wie es der Fall wäre, wenn Materie oder Nervengewebe die einzige Quelle von Gedanken wären -, dann könnte es nach dem Zerfall der Materie oder ihrer Aggregate keinen Gedanken mehr geben. Der Tod wäre in diesem Fall das Ende allen Denkvermögens. Jeder, der sich für psychische Phänomene interessiert oder der an die biblische Einstellung von Tod und Auferstehung gegenüber glaubt, wird nicht gewillt sein, die Anschauung zu vertreten, daß Materie der Erzeuger von Gedanken sei; denn wäre das der Fall, hätte kein Gedanke (Logos) bestehen können, ehe Materie zustande kam. Die christliche Einstellung ist, daß Denken und Logos vor der Materie und selbst dem biologischen Leben existierten – daß sie die Erschaffung der Materie verursachten, die dann Denken und Logos leiten und tragen konnte.

Wiederum ist es offensichtlich, daß Gedanken auf organischer, biologischer Materie «reiten» können, auf deren Chemie und deren Kalium-Ionen-Diffusions-Systemen. Offenbar kann Denken auf der Oxydation von Kartoffeln, Fetten und Fleisch «reiten». Aber, während wir diese Tatsache fest im Gedächtnis behalten, wollen wir auch daran denken, daß biologische, organische Materie heutzutage kein Monopol auf die Übermittlung von Gedanken besitzt. Organische Materie braucht nicht die Quelle des Denkens zu sein und braucht auch nicht der einzige Übermittler zu sein. Man muß eingedenk sein, daß Formen von anorganischer Materie (im Gegensatz zu organischer, biologischer Materie) imstande sind, die «Gedanken» intelligenter, denkender Maschinen und Computer zu tragen. Thermionische Röhren und Transistoren sind imstande, die Impulse zu übermitteln, die zu Hochgeschwindigkeitsrechenmaschinen führen. Die elektrische Impulsübermittlung in dieser anorganischen Materie geht viel schneller vor sich als in biologischer Materie. Sogar magnetische Bänder können genauso gut Denken übermitteln und speichern und sind gewiß nicht biologischer Natur.

So kann Denken chemisch und langsam übermittelt werden wie in der Biologie, oder es kann mit Lichtgeschwindigkeit übermittelt werden wie in anorganischer Materie bei Computern.

Es kann auch in verschlüsselter Form auf einem magnetischen Band oder in einem biologischen Gehirn gespeichert werden. Diese Überlegungen führen uns zu der Ansicht, daß Denken eine Wesenseinheit für sich ist. Es kann auf der Biologie im bequemen «Paßgang» oder «Trab» reiten. Oder es kann auf anorganischer Materie in einem «Galopp», bei Lichtgeschwindigkeit reiten. Es kann auf Nerven oder magnetischem Band gespeichert werden und somit «stationär» bleiben.

Mit diesen Tatsachen vor uns, können wir jetzt zum letzten Schritt in unserer Diskussion vorgehen. Denken (Logos) ist eine nichtmaterielle oder übermaterielle Wesenseinheit für sich. Es kann auf verschiedenartigen materiellen Medien (Substraten) «reiten», wie organischer, biologischer Materie und anorganischer Materie. Wenn Denken als eine übermaterielle Wesenseinheit (Logos) betrachtet werden kann, warum sollte es nicht für Gedanken möglich sein, auf anderen als materiellen Medien (Substraten) zu «reiten» – wenn es «übermaterielle» Medien gibt? Wenn nichtmaterieller Gedanke (Logos) Materie zum Entstehen brachte, wie könnte Denken hinsichtlich seines Ursprungs und seiner Übermittlung auf Materie beschränkt sein? Wenn es einen Begriff wie Dimensionen jenseits der drei (drei plus Zeit) von uns erfahrenen gibt, warum sollte dann nichtmaterieller Gedanke nicht sowohl auf Begriffen dieser Überdimensionen als auch auf materiellen Dimensionen «reiten»?

All dies braucht nicht so weit hergeholt zu sein, als manche denken mögen; denn gewisse paranormale Phänomene scheinen nicht von den gleichen Gesetzen wie die Materie beherrscht zu werden – sie wären sonst ja nicht paranormal. Phänomene wie Telepathie, Telekinese usw. scheinen heute eine zuverlässige Basis zu haben und sind mit Gedanke (Logos) irgendeiner Art verbunden.

Für diejenigen, die vor dem Okkulten Angst haben und es in allem sehen, was sie nicht verstehen (damit will ich nicht die Gefahr des Okkulten verringern – ich selbst sehe sie als sehr real an), wollen wir ein paranormales Phänomen betrachten, vor dem sich wenigstens Christen nicht fürchten. Es ist das paranormale Phänomen des Auferstehungsleibes Christi – eine Art Körper, die Christus jedem Gläubigen bei Seiner Wiederkunft versprochen hat. Diese Angelegenheit ist für jeden gläubigen Christen von persönlichem Interesse.

Der Auferstehungsleib Jesu Christi bestand aus wenigstens zwei «Materialien». Erstens war es eine uns bekannte Materie. Er konnte z. B. nach Kreuzigung, Tod und Auferstehung Fisch essen, atmen, laufen, seine Stimme gebrauchen und am Tisch das Dankgebet sprechen. Vermutlich funktionierten seine Muskeln wie unsere – d. h. aufgrund von Chemie und Kalorien. Maria erkannte den Ton seiner Stimme, als sie «Rabbuni» rief.

Jedoch wurde dieser materielle Körper, der auf der Basis von Chemie und Kalorien funktionierte, von einem übermateriellen, transzendenten Auferstehungsleib «durchdrungen», der zusätzliche Eigenschaften besaß. Er konnte z.B. nach Belieben erscheinen oder verschwinden. Er konnte durch verschlossene Türen gehen. Er hörte die ungläubigen Bemerkungen von Thomas, dem Jünger, als er, Jesus, beim Aussprechen dieser Worte nicht physisch zugegen war. Während seiner materiellen Anwesenheit in der Herberge an der Emmausstraße konnte er diesen materiellen Zustand vor den Augen seiner ungläubigen Jünger in einen nichtmateriellen, transzendenten Zustand auflösen. Hier, in Christus, haben wir wieder den ursprünglichen, paradiesischen Zustand: so wie Adam mit Gott im Transzendenten verkehrte und ebenso mit den Geschöpfen der Erde im materiellen Garten lebte, genauso konnte Christus das gleiche tun, weil das Sündenproblem, das Adam aus dem Paradiesgarten hinausgetrieben hatte, für immer am Kreuz gelöst worden war.  

2. Eine wesentliche Folge

Dies bringt eine sehr wichtige Folge mit sich, die vielfach übersehen wird. Die Veränderung des physischen Zustandes Christi – vom materiellen zum nichtmateriellen – bedeutet keinen Hiatus (Bruch) seiner persönlichen Identität noch in seiner Denkweise. Er war derselbe Jesus, ob er im Auferstehungsleib oder im materiellen menschlichen
Körper war. Sein Denken und seine Persönlichkeit blieben dieselben ungeachtet des Zustandes, in dem er sich
befand – ob seine Gedanken wie unsere getragen wurden von Kalium-Ionen und Kalorien … oder ob sie von übermateriellen Medien getragen wurden!

Seine Kontinuität im Wesen und deshalb im Denken und in der Psyche blieben trotz seines Wechsels vom materiellen in den transzendenten körperlichen Strukturzustand unversehrt, genauso wie mein Gedanke derselbe ist, ob er von meinen biologischen Nerven getragen oder von Telefondrähten übermittelt wird. Es wird auf Jesus hingewiesen als den, der derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit, d. h. derselbe, ob im menschlichen Leib oder außerhalb desselben. Daher können wir gewiß schließen, daß Denken auf Materie oder auf den Dimensionen jenseits der Materie, auf dem Transzendenten getragen werden kann. Dies hat bestimmt nichts mit dem Okkulten zu tun.

Wir haben so weit die Kontinuität vom Gedanken und seiner Identität festgelegt, ganz gleich, ob von Materie (organisch oder anorganisch) oder Transzendenz getragen. Offenbar gilt diese Beweisführung nicht nur für Christen, sondern auch für andere Menschen, und zwar ehe der erlösten Menschheit der Auferstehungsleib (der wie Christi Auferstehungsleib sein wird) gegeben wird. Nehmen wir den Apostel Paulus als Beispiel. Er erlebte einen Zustand, in dem er nicht wußte, ob er «im Körper» oder «außerhalb» desselben war.

In beiden Zuständen konnte er denken und seine Identität blieb unverändert. Paulus war «in das Paradies Gottes versetzt». Wichtig ist hier, daß in diesem transzendenten Zustand die Denkprozesse und die persönliche Identität des Apostels Paulus nicht unterbrochen wurden, ungeachtet der Frage, ob Materie oder die Transzendenz des Paradies als Träger seiner Persönlichkeit und seiner Gedanken verantwortlich waren. Ob er «außerhalb des Leibes» oder «in dem-
selben» war, machte hinsichtlich seiner Persönlichkeit keinen Unterschied. Natürlich erweiterte diese paradiesische Erfahrung, in der er sich «außerhalb des Leibes» befand, seinen erfahrungsmäßigen Gedankenhorizont, daß es dem Apostel unmöglich war, sich hinterher über dieses Erlebnis in der begrenzten menschlichen Sprache, die offenbar für solche Erfahrungen nicht bestimmt war, deutlich zu äußern.

Nichtsdestoweniger erweiterte seine Erfahrung «außerhalb des Leibes» gewiß die Qualität seines Lebens und Denkens «im» Leibe und ergänzte diese. So können Materie und ihre Chemie die Tiefe und Kraft transzendenter Gedanken und Erfahrungen nicht völlig tragen, wenn sie während solch einer Erfahrung und danach in sie hineinströmen, wie der Apostel zu beschreiben versucht. Dies wird erst vollkommen möglich sein, wenn der sterbliche Leib bei der ersten Auferstehung von der Unsterblichkeit überkleidet wird. Wichtig ist, daß in beiden Zuständen (materiell und transzendent) die wirkliche Identität der Persönlichkeit und des Denkens unverändert bleibt.

Das gleiche geschieht in geringerem Maße, wenn ein Mensch seine Intelligenz und seine Denkvorgänge auf einen Computer oder ein magnetisches Band überträgt. Der Gedankeninhalt bleibt der gleiche, ob er auf grauer Nervenmaterie im Gehirn, auf einem magnetischen Band oder auf einem künstlich-intelligenten Computer «reitet». Gewiß, der Gedankeninhalt mag weniger subtil und begrenzter sein. Aber an sich bleibt der Gedankeninhalt trotz des Substrat-Wechsels unverändert. So kann durch den Wechsel des Substrates Einschränkung der Gedankenweite vorkommen, aber kein Identitätswechsel. Die Bibel bestätigt diese Ansichten; denn sie sagt, daß das sterbliche Auge nicht gesehen und das sterbliche Ohr niemals gehört hat (beide sind Teile des chemischen Systems der Propriozeption), was Gott für diejenigen bereit hat, die ihn lieben.

Erfahrung und Denkvermögen werden im unsterblichen Zustand unermeßlich reicher und tiefer sein, wenn unsere Propriozeption nicht mehr von beschränkten Kalium-Ion- und Kalorie-Mechanismen abhängig ist. Doch die Prozeption beider Zustände wird zusammenhängend sein. Der große Wechsel wird kommen – aber ohne Kluft oder Identitätswechsel. Wenn die Sterblichkeit von der Unsterblichkeit überkleidet wird, werden wir eine vollkommene Erfahrung dessen haben, was wir jetzt sind und wissen. Es scheint demnach, daß unsere gegenwärtige Erfahrung, obwohl sie normal (d.h. nicht paranormal) ist, etwas mit der Erfahrung des Transzendenten gemeinsam hat. Obgleich die letztere unermeßlich reicher und tiefer sein wird, wird doch das Jetzt und Dann gemeinsame Faktoren aufweisen, die die beiden vereinen. Jetzt sind wir an den Punkt gelangt, wo wir die psychedelische Erfahrung weiter erörtern können.

3. Drogen und Visionen 

Es wird uns klar geworden sein, daß aufgrund von chemischen Mitteln Veränderung von Gedankenübermittlung möglich sein sollte, wenn die Denkprozesse unseres gegenwärtigen materiellen Zustandes eindeutig auf der Chemie basieren. Das heißt, die Art des Gedankens kann durch Veränderung der Qualität der Chemie verändert werden. Außerdem gilt der Hauptanteil der Nervenimpulse im Körper zweifellos der Propriozeption, d.h. er hat mit der Orientierung des Körpers in seiner rein materiellen Umgebung zu tun. Man würde demnach erwarten, daß die Veränderung dieser propriozeptiven chemischen Prozesse weitgehende Veränderungen – oder Verzerrungen – in unserer Wahrnehmung der materiellen Wirklichkeit um uns herum erzeugen würde. Anders ausgedrückt: Veränderungen in
der Chemie der Propriozeption werden Veränderungen in der Qualität der Propriozeption hervorrufen – also Halluzination Typ I.

Die Propriozeption (Wahrnehmung) kann verzerrt sein, woraus Halluzination erfolgt. Es ist demnach einsichtig, warum der Mißbrauch vieler psychoaktiver Drogen zu Verzerrungen in der Wahrnehmung der Wirklichkeit um uns herum führt. Zweifellos erzeugen Haschisch, LSD, Meskalin und Psilocybin einen großen Teil ihrer Wirkung auf diese Weise. Die fünf Sinne werden verzerrt. Doch, wie bereits erwähnt, gibt es Beweismaterial, daß Propriozeption mittels der fünf Sinne die Funktion des Gehirnes nicht erschöpft. Was wir vielleicht «Extrazeption» nennen können – die Wahrnehmung von Ereignissen außerhalb unserer Erfahrung der physikalischen Wirklichkeit, wie sie sich in der paranormalen Wahrnehmung kundtut – muß in Betracht gezogen werden. Doch auch die «Extrazeption» muß in das Gehirn eindringen und danach von diesem mittels der normalen Chemie der Nervenfunktion verarbeitet werden. Die Folge ist, daß selbst «Extrazeption» aufgrund der Chemie von psychedelischen Drogen modifiziert werden
wird.

So können wir auch auf diesem Gebiet der transzendenten mystischen Wahrnehmung Verzerrung und Halluzination erwarten. Psychedelische Drogen können gewiß die Nerven der fünf Sinne anästhesieren, so daß sie eine Person durch eine Träumerei vorübergehend von der Erfahrung der Wirklichkeit abschneiden.

Aber die gleiche Droge kann ebenso mittels des «Rebound»-Phänomens (entgegengesetzte Wirkung, Rückprall) die entgegengesetzte Wirkung zur «Anästhesierung» ausüben – sie kann Hyperästhesie oder Überempfindlichkeit gegenüber der materiellen Wirklichkeit erzeugen, so daß die Person, die die Droge einnimmt, die materielle Wirklichkeit in übertriebener Form erlebt. Die blaue Farbe des Himmels war nie so blau. Das Grün des Grases war nie so grün. Das Purpur des Samtkleides lebt und pulsiert. Einfaches Wasser schmeckt wie Nektar. Diese ganze, normale psychedelische Erfahrung (Erfahrene wissen, wovon ich spreche) ist in Wirklichkeit eine Verzerrung der materiellen Propriozeption (Wahrnehmung), genauso wie die anästhesierende Wirkung auch eine Verzerrung darstellt.

Wir haben dargelegt, wie Psychedelika durch Einwirkung aus der Chemie der Propriozeption die psychedelische Verzerrung der materiellen Wirklichkeit erzeugen können. Aber wie rufen sie den psychedelischen Höhepunkt, die «glückselige Vision» (Beatific Vision), hervor?

Die anästhesierende Wirkung der Psychedelika erzeugt einen gewöhnlich kurzen Entzug der fünf Sinne, der es dem
atrophierten (verkümmerten) Gedankeneingang (input) aus dem Transzendenten erlaubt, zur Verarbeitung mittels
gewöhnlicher chemischer Denkprozesse ins Gehirn zu gelangen. Danach sollten wir von einer psychedelischen Droge die Erzeugung zweier Haupt Wirkungen erwarten: erstens, Entzug der fünf Sinne, der zu den normalen Konsequenzen führt – Erfahrung der Transzendenz – und zweitens, Verzerrung selbst dieser «extrazeptiven» Erfahrung aufgrund von chemischen Veränderungen der Impulse aus der Transzendenz nach deren Empfang. Psychedelika werden also sowohl Propriozeption als auch «Extrazeption» verändern und verzerren können. Dies führt uns zu etwas Grundlegendem in bezug auf Nervenprozesse im allgemeinen und Denkprozesse im besonderen: Das Funktionieren der fünf Sinne ist notwendig, damit der Körper am Leben bleiben kann. Um Gefahr zu vermeiden und überleben zu können, muß man hören, sehen, fühlen und schmecken können. Man muß sich ernähren, muß rennen, laufen, Häuser bauen und arbeiten, um leben zu können. All das wird mit Hilfe der fünf Sinne getan, die deshalb als wertvoll zum Überleben beschrieben werden können. Man vergißt allerdings oft einen zweiten Aspekt der fünf Sinne: der hedonistische Aspekt.

Es ist nicht nur nützlich, die fünf Sinne zum Überleben zu gebrauchen. Durch ihren Gebrauch gewinnen wir gleichzeitig Freude (Hedonismus). Wir wollen jetzt die nützliche und die hedonistische (freudebezogene) Seite der fünf Sinne betrachten und von da auf den sechsten Sinn schließen, was uns direkt zu der Ursache der heutigen Drogenepidemie führen wird.

4. Die Sinne sind sowohl utilitaristisch als auch hedonistisch (nützlich und lustbezogen) 

Wenn wir an den Geschmackssinn denken, wird uns klar, daß dieser einem eindeutig nützlichen Zweck dient und
dafür sorgt, daß wir genug essen, um leben und unsere Gesundheit aufrecht erhalten zu können. Doch ist dieser
nützliche Aspekt stark mit einem hedonistischen gekoppelt. Es macht uns Freude, zu essen. Es macht mir Geschmacksfreude, eine Orange zu essen – wodurch dafür gesorgt wird, daß ich genug Kalium-Ionen in meinen Körper aufnehme, um, neben anderem, denken zu können.

Nützlichkeit ist eng gekoppelt mit Freude. Schlechter Geschmack kann uns vor Toxizität schützen. Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Sexualität. Das mit der Geschlechtlichkeit verbundene Empfinden wird zum großen Teil durch die fünf Sinne und die Hormonchemie vermittelt. Die Sinne des Sehens, Fühlens, des Gehörs und des Riechens, gekoppelt mit der Chemie der Hormone, dienen dem nützlichen Zweck, das Fortleben der Menschen zu gewährleisten. Aber die rein nützliche Seite der Sexualität ist verbunden mit einem Freudengewinn. Die Überbevölkerung unseres Planeten legt gewiß beredtes Zeugnis davon ab. Es ist zu bezweifeln, ob überhaupt viele Kinder geboren würden, wenn Sexualität nur
nützlich wäre!

Hier könnte man einwenden, der Sinn des Schmerzes – der ja nützlich ist, weil er oft verhindert, daß dem Körper Schaden zugefügt wird – habe gewiß keine hedonistische Seite. Dieser Einwand ist aus zwei Gründen nicht stichhaltig.
Der Schmerz des Kindergebärens hat manchmal eine euphorische Seite. Der Schmerz des Märtyrertums, den wir schon von einem anderen Gesichtspunkt aus erörtert haben, ebenfalls. Doch gibt es noch einen zweiten, tieferen Grund, warum diese Entgegnung oberflächlich ist: Die Empfindungen und Nervenendungen für Schmerz und Freude sind sehr eng miteinander verkoppelt.

Man stellte erst in letzter Zeit fest, daß die Nervenendungen in der weiblichen Klitoris hauptsächlich solche sind, die Schmerz wiedergeben. Eine Suche nach einer anderen Art, die das Freude-Genuß-Empfinden, das von diesem Organ übermittelt wird, weiterleitet, schlug fehl. Es gibt keine Nervenendungen für Freude in einem Lust vermittelnden Organ, sondern nur Endungen, bestimmt zur Wiedergabe von Schmerz. Dies schien zuerst bemerkenswert, denn es bedeutet, daß Freude (Genuß) mittels Schmerz-Nervenendungen übermittelt werden kann – Nützlichkeit gekoppelt mit Lustgewinn!

Es ist jedoch eine allgemeine Erfahrung, daß sich Genuß fast unmerklich in Schmerz verwandelt und umgekehrt. Die eine Erfahrung geht in die andere ohne klare Grenzen über. Weil dies der Fall ist, kommen wir zu dem Schluß, daß die sehr nützliche Schmerz-Erfahrung eng mit der lustbetonten (Genuß) Erfahrung gekoppelt ist.

Analysiert man alle fünf Sinne, so kann man gewöhnlich in allen diese zwei Seiten entdecken – die nützliche und die hedonistische. Diese Zweiteilung kann man auch in bezug auf den sechsten Sinn beobachten. Trotz der fieberhaften Arbeit auf diesem Gebiet (besonders in Rußland) weiß man leider noch nicht sehr viel über dieses Thema. Wir wollen kurz diese beiden Seiten des sechsten Sinnes betrachten.

5. Der sechste Sinn ist auch utilitaristisch und hedonistisch (nützlich und lustbezogen) 

Man könnte behaupten, der sechste Sinn sei insofern nützlich, als er – wie Huxley sagt – die menschliche Gesellschaft funktioneller macht. Ohne einen Sinn des Göttlichen und des Transzendenten neigt die menschliche Gesellschaft dazu, die Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Lebens zu verlieren – und gleichzeitig die Ehrfurcht vor dem Nachbarn. In der Tat wird sie «gottlos» im allgemeinen Sinn des Wortes.

Wenn man irgendwelche Zweifel an dieser Tatsache hegt, braucht man nur über die Geschichte der atheistisch-materialistischen Ideologien der letzten 100 Jahre und ihre «Ehrfurcht» gegenüber Nachbarn und Menschenrechten nachzudenken. Im Zweifelsfalle braucht man nur nach Berlin zu gehen und dort eine gewisse Zeit lang auf einer der Plattformen, die den Blick auf die Berliner Mauer freigeben, nachzusinnen.

Wer Christus durch die Wiedergeburt persönlich erfahren hat, weiß etwas von der Bewußtwerdung der Gegenwart Christi und der daraus erwachsenden Freude.

Bis jetzt haben wir in unserem Modell den Begriff «sechster Sinn» ganz allgemein gehalten. Unter keinen Umständen wollten wir seinen Gebrauch auf die Kommunikation mit dem Okkulten beschränken. Er wird natürlich in diesem okkulten Sinne hauptsächlich gebraucht. Wir wollen ihn jedoch in Verbindung mit jeglichem  Kommunikationsmittel zu dem Transzendenten gebrauchen.

Die unsichtbare Welt kann das Okkulte bedeuten, aber sie kann auch die Kommunikation mit «dem Vater des Lichtes» einschließen, denn das Transzendente ist gewiß nicht nur «schlecht» oder «gut» in der gewöhnlichen Bedeutung dieser Begriffe. Der Mensch wurde für zwei Hauptzwecke erschaffen. Gott hatte an den Menschen seine Freude, und diese Freude sollte gegenseitig sein.

Der erste war, «mit Gott Gemeinschaft zu haben und seinen Schöpfer und sich selbst zu erfreuen.» Gott hatte an den Menschen seine Freude, und sie sollten sich an Ihm freuen.

Der zweite Zweck war, daß der Mensch als Gottes Verwalter weise über die physikalische Schöpfung herrschen sollte. Der erste Zweck schloß das Transzendente und die Fähigkeit des Menschen, in dieser Sphäre zu leben, ein. Dazu war der Mensch zuerst transzendent geschaffen worden (und auch materiell). Der zweite Zweck schloß in sich, daß der Mensch imstande war, in unseren drei physikalischen Dimensionen und in der Zeit zu leben, zu arbeiten und Gemeinschaft zu pflegen. Das Endergebnis war, daß der Mensch eine Hybride zwischen«Geist» und «Fleisch und Blut» war. Er konnte zwischen beiden Sphären hin- und herpendeln.

Als der «Sündenfall» kam und der Mensch aus dem Transzendenten, dem Paradies, ausgewiesen wurde, verlor er eine seiner Tätigkeits-Sphären – die transzendente. Dieser Verlust bedeutete, daß sein «transzendentes propriozeptives System», seine Fähigkeit, Transzendenz zu empfinden und «sich darin zu bewegen», nicht mehr aktuell war und deshalb wenig gebraucht wurde. Wenn wir unsere fünf Sinne, die wir für die Wahrnehmung in den drei Dimensionen und der Zeit gebrauchen, nicht anwenden, dann verkümmern sie.

Wenn nun ein Sinn nicht gebraucht wird, leidet der Körper darunter, der diesen Sinn besitzt. Als wir in Chicago lebten, litten unsere Augen und unser Sehvermögen unter der schmutzigen grauen Stadt, den Slums und all dem Häßlichen. Wir sehnten uns wieder nach den Bergen, den grünen Feldern, den sauberen, klaren Gebirgsflüssen und
den kühlen, ruhigen Bergtälern. Die Sehnsucht nach der Befriedigung unseres Sehvermögens war so groß, daß wir
oft am Sonnabendnachmittag farbige Schweizer Gebirgskalender anschauten! Deshalb können wir folgern, daß ein
Sinn – ganz gleich, ob es der Sinn für das Sehen, Hören, Tasten, für den Geschmack oder den Geruch ist – nicht
nur nützlichen Überlebenszwecken dient. Er ist uns auch zur Freude gegeben. Wenn die fünf Sinne nicht völlig und regelmäßig befriedigt werden, empfinden wir ein Unbehagen – eine Malaise. Dies ist schwer zu beschreiben, aber wir alle kennen es. Ein junger Mann mag mit der Frau, die er liebt, keinen geschlechtlichen Verkehr gehabt haben. Aber er sehnt sich danach, obwohl er nicht weiß, was es ist. Die Sublimierung dieses Verlangens (Nostalgie) schenkte der Menschheit manche der schönsten Werke der Kunst, Poesie und Musik. Das heißt, daß das Bedürfnis, ja sogar die Notwendigkeit der Befriedigung der fünf Sinne in der Tat sehr stark ist und entweder direkt oder durch Sublimierung erfüllt werden muß. Wo diese Befriedigung nicht gegeben ist, entsteht Unbehagen (Malaise).

7. Hauptthese über die Ursachen der psychedelischen Drogenepidemie 

Der Mensch hat immer noch Spuren der Ewigkeit in seiner Psyche. Er sehnt sich noch nach dem Glück der Ewigkeit, dem Paradies, und verabscheut den Gedanken, daß sein Leben, seine Existenz mit dem Tode aufhört. Dies heißt unter keinen Umständen, daß der Mensch einen heiligen Gott sucht. Das tut er nicht. Im allgemeinen flieht der Mensch vor dem bloßen Erwähnen Gottes oder Christi, es sei denn, daß Gottes Geist in besonderer Weise an ihm arbeitet.

Und trotz seiner Flucht vor Gott und Christus kann der Mensch doch dem Zug der Ewigkeit und der Transzendenz nicht entfliehen, obgleich dieser Zug nur als allgemeine Nostalgie, als ein unbestimmtes Sehnen nach der Schönheit auf der «anderen Seite des Schleiers» beschrieben werden kann. Manchmal veranlaßt diese Sehnsucht den Menschen, Entlastung durch Arbeit und Betriebsamkeit zu suchen. Manchmal stellt sich das Verlangen stärker ein als zu anderen Zeiten. Wenn wir in dieser Welt erfolgreich sind und die Sorgen unsere fünf Sinne mit Impulsen ausfüllen, können die schwachen Impulse des sechsten Sinnes und sein Sehnen nach dem Paradies jahrelang unbemerkt bleiben. Aber wenn Krankheit und die damit verbundene Abnahme von Aktivität einsetzen, dann kehrt das alte Verlangen zurück, und man beginnt darüber nachzudenken, was wohl der Sinn von Leben und Tod sein mag. Dem kann man nicht entfliehen.

Dasselbe Phänomen findet man in allen Kulturen und Religionen, obgleich es verschiedene Möglichkeiten gibt, dieses Verlangen zu befriedigen. Einige ziehen sich zurück und meditieren und finden bis zu einem gewissen Grad das, wonach sie suchten.

Andere ziehen sich von normaler Arbeit zurück und widmen sich guten Werken, in der Absicht, etwas für die Ewigkeit aufzubewahren. Wieder andere forschen nach der Ursache dieses Sehnens und wenden sich heiligen Büchern zu. Diejenigen, die die christliche Botschaft hören, erfahren, daß die Ursache dieses Verlangens in der Entfremdung von ihrem Schöpfer, Christus, liegt. Sie entdecken, daß die Vergebung der Sünde aufgrund des Todes Christi den Schleier zwischen ihnen und dem Transzendenten entfernt und ihnen so die Erfüllung ihrer Sehnsucht nach Transzendenz gibt. Sie entdecken, daß Gemeinschaft mit Gott möglich ist!

Eines ist klar, und wir wollen es betonen. Frühere menschliche Kulturen hatten immer heilige Männer aufzuweisen, die mit dem Ewigen und dem Paradies in Verbindung standen und die Botschaft vom Transzendenten an das Volk weitergaben. Aber unsere moderne materialistische Gesellschaft ist derart von der Allgenügsamkeit der Materie erfüllt, daß sie für Gott, den Teufel, die Engel, das Transzendente und den «Heiligen» wenig Verständnis hat. Natürlich, man kann an Christus glauben und man kann sogar durch den Glauben die neue Geburt erfahren, aber viel weiter als das geht unsere westliche Kultur nicht. Wenn man nicht weitergeht, bleibt man ein durchaus normales, ehrbares Glied der Gesellschaft oder einer christlichen Kirche. Aber Erfahrungen, wie sie der Verfasser des Hebräerbriefes in Kapitel 6, der Apostel Paulus in 2.Kor.12 oder der Apostel Johannes in der Offenbarung beschreiben, um nur einige Beispiele anzuführen, werden in unserer westlichen materialistischen Gesellschaft – oder gar ihren Staatskirchen – einfach nicht erwähnt.

Unsere technologische, materialistische Gesellschaft hat die fünf Sinne des Sehens, Hörens, Schmeckens, Fühlens und Riechens bis zum Äußersten überladen. Wir werden überschüttet von Radio, Fernsehen und «Geschmacksfestmahlen», die Zigaretten- und Kaugummifabrikanten, Lieferanten von Brathähnchen und Getränken anbieten. Das Telefon plagt uns rücksichtslos Tag und Nacht. Reklame schreit uns überall an, bis man sich kaum mehr umzusehen wagt.

Und weil unsere Sinne anscheinend in einer Stadt nicht genug angeregt werden, bietet uns das Zeitalter des Düsenflugzeuges mehr Anregung durch mehr Eindrücke für die fünf Sinne in anderen Städten. Das Ergebnis ist der Verlust der Freudenerfahrung durch den sechsten Sinn. Und diese Entbehrung ist die Wurzel von so viel Not in unserer heutigen westlichen Gesellschaft.

Wir wurden zum Leben in Zeit und Ewigkeit erschaffen, aber wir leben weithin allein für die Zeit.

Die fünf Sinne werden überfüttert, so daß der sechste Sinn immer mehr verkümmert. Aber diese Verkümmerung des sechsten Sinnes macht sich heute immer mehr durch ein großes Unbehagen bemerkbar. Dieses Unbehagen ist schwer zu beschreiben, aber es ist da – und greift weiter um sich.

Die Reaktion auf diese Situation kann eine zweifache sein. Erstens: Die Überhäufung der fünf Sinne durch Impuls-Überflutung von Seiten der Wohlstandsgesellschaft führt zu der typischen Reaktion auf Überfütterung – man fühlt den Drang, sich zu übergeben! Die gegenwärtige Generation leidet an «Brechreiz». Sie hat die Überfülle der Wohlstandsgesellschaft satt und möchte sich zurückziehen und zu den Wäldern, Feldern und der Natur zurückkehren. Der «Drop-out» (Gammler) trägt keine Schuhe mehr, um der Natur wieder so nah wie möglich zu kommen und Plastik und Kunststoffen zu entfliehen. So verringert er die Überbelastung der fünf Sinne durch «Brechreiz». Er verwirft die Gesellschaft, die diese Überfülle erzeugt.

Die zweite Reaktion ist noch wichtiger als die erste. Die heutige Generation, die in einer materialistischen Wohlstandsgesellschaft erzogen wurde, leidet nicht nur an Überfülle der fünf Sinne. Sie leidet ebenfalls an Entzugssyndrom auf dem Gebiet des sechsten Sinnes. Sogar die westliche evangelikale Strömung hat die Erfahrung der Transzendenz weithin ausgeklammert. Man ist dankbar, daß noch das Heil durch Christi Opfertod gepredigt wird. Aber dabei bleibt man streng stehen. Die Erfahrung des Fastens und Betens, daß man durchaus erlaubtem Luxus absagt, damit man anderen mehr geben kann, praktische Formen von Sinnesentzug – diese Dinge sind nur einem verhältnismäßig kleinen Kreis bekannt.

Die auf dieses Sich-Enthalten folgende Freude erlebt man deshalb auch selten. Die Erfahrung von der Entbehrung des sechsten Sinnes wirkt sich in einem Unbehagen aus – genauso wie der Entzug des Schönen für das Auge
als störend empfunden wird. So begegnet uns in der westlichen Gesellschaft wenig Freude und viel Unzufriedenheit.

Ein Grund für den Mangel an Erfahrung mit dem Transzendenten liegt in einer gerechtfertigten Furcht, die den sechsten Sinn mit dem Okkulten verbindet. Allerdings könnte man genausogut sagen, man wolle überhaupt kein Evangelium predigen wegen der Gefahr des Mißverstehens, die zur Sektiererei führen könnte. Alles, was man an «Gutem» sagen will, wird von irgend jemandem als «schlecht» ausgelegt werden.  . . .

In der westlichen Wohlstandsgesellschaft lebt heute eine ganze Generation, die wissentlich oder unwissentlich der
Erfahrung des sechsten Sinnes verlustig geht. Der Sinn für die Ewigkeit liegt in ihrem Herzen, aber sie haben ihn nie
gebraucht und sich nie daran erfreut. Die Folge ist, daß eine psychedelische Droge wie LSD oder Cannabis (Haschisch
oder Marihuana), sobald sie als Gesellschaftsdroge zugänglich ist, dem Bedürfnis dieser Generation so angepaßt
ist wie der Hungrige das Bedürfnis hat, eine Zigarette zu rauchen. Jeder ist dafür offen. Die Droge ist ein dürftiger
Ersatz für das Wirkliche, doch bietet sie die Möglichkeit eines psychedelischen Höhepunktes, einer transzendenten,
mystischen Erfahrung.  . . .

All diese Dinge sind in eine weithin unwissende westliche Generation hereingebrochen, eine Generation, die unwissend in bezug auf das Transzendente und hinsichtlich dieser Erfahrungen ausgehungert ist. Diese Generation wußte nicht einmal, daß die ältere Generation sie all dieser Schönheiten beraubte, nur weil die ältere Generation es vernachlässigt hatte, sie durch natürliche Mittel zu erhalten. Als die jüngere Generation diese Erfahrungen mittels der psychedelischen Droge entdeckte, gab sie ihre Entdeckungen mit missionarischem Eifer weiter an andere ihrer Generation – während sie die unwissende und schuldige ältere Generation ablehnte. Die Reaktion der älteren Generation war vorauszusehen. Sie reagierte mit Unglaube, Zorn und Furcht. Wäre die ältere Generation nicht so beschäftigt gewesen, auf Kosten ihrer eigenen Seele, nur ans Geldverdienen und an ihren Wohlstand zu denken, dann hätte sie vielleicht wirklich die transzendenten Schönheiten selbst erfahren und dann an ihre Kinder weitergeben können. Sie hätte diese Erfahrung ohne Drogen für sich selbst und für ihre Kinder gewinnen können, denn die meisten Wirkungen, die eine Droge erzeugt, können ohne Hilfe von Drogen erzielt werden, wenn man weiß, wie. Aber unsere Wohlstands- und Leistungsgesellschaft wußte nicht, wie man die Freude des mystischen Sinnes fand, und nahm sich auch nicht die Zeit, sie zu entdecken. Denn diese Generation beschäftigte sich so sehr mit den Sorgen dieser Welt und den Trügereien des Reichtums, daß sie das «transzendente Empfangsgerät» ihrer Seele beschädigte und weithin ausschaltete.   . . .  

8. Die Behandlung der Drogenepidemie

Wir befassen uns hier hauptsächlich mit der psychedelischen Drogenepidemie. Menschen greifen zum Alkohol, um ihre Sorgen zu ertränken (sie anästhesieren sich) und werden dabei süchtig; denn Alkohol-Anästhesie macht einen gegenüber seiner Umgebung unter anderem empfindungslos oder weniger empfindsam. Zuerst nimmt Alkohol die Hemmungen weg, was zu Heiterkeit führt. Danach tritt eine allgemeine Hemmung ein, die Anästhesie. Narkotika wie Heroin haben die gleiche Wirkung. Sie lindern den Schmerz und beseitigen Hemmungen, was in einem anfänglichen «High» Stimulierung und Heiterkeit verursacht. Danach folgt die allgemeine Betäubung und die Anästhesie – das «Vor-sich-Hindämmern».

Diese beiden Methoden zur Erlangung von Drogen-«Highs» sind «negativ». Sie verringern die Erlebnisbreite auf die Dauer gesehen und werden deshalb von den psychedelisch Erfahrenen als «schlechte Technik» angesehen. Andererseits erweitern solche Drogen, wie Amphetamine, die Erfahrung. Wie schon erwähnt, funktionieren wahrscheinlich die Psychedelika im Körper mittels eines Mechanismus, der Amine von der Amphetamin- Gruppe (chemisch gesprochen solche wie Adrenalin) in sich schließt. Die Psychedelika gehören zu der Klasse der Drogen, die das «Denk- und Vorstellungsvermögen strecken» und die Erfahrung erweitern. Die Psychedelika erweitern besonders die Erfahrung des Transzendenten. Amphetamine erweitern die Erfahrung des Immanenten der 5 Sinne.

Die Behandlung der psychedelischen Drogenepidemie wird deshalb klar. Sie besteht nicht darin, daß man die Polizei holt – obgleich das auch notwendig sein kann. Wenn man die Haschisch-Versorgung stoppt, wendet sich der Genießer einem Ersatz zu. Jeder weiß das, obgleich es so scheint, daß wenige die nötigen Folgerungen gezogen haben.

Die Behandlung besteht darin, daß man das verborgene Begehren nach der transzendenten, ewigen, paradiesischen Erfahrung, die ein Teil unseres Menschseins ist, befriedigt; richtig befriedigt durch den uns von Gott dargebotenen Heilsweg in Jesus Christus. Kurzum, unsere ungleiche Menschheit braucht Erfüllung in ihrem Leben für unsere transzendente und immanente Menschheit. Der Opiatsüchtige versuchte seine Probleme durch ein «High» mit anschließender Anästhesie zu ersticken, genau wie der Alkoholiker. Der mit Psychedelika Vertraute versucht seinen Problemen in einem Schwall neuer psychedelischer Erfahrungen aus dem Weg zu gehen.

Natürlich ist es nutzlos, das Evangelium Christi nur deshalb zu predigen, um die Drogenepidemie zu heilen. Das wäre eine Prostituierung der Wahrheit zur Erlangung eines Zweckes. Und doch ist es wahr, daß die Verkündigung des
Evangeliums gleichsam als Nebenprodukt die Drogenepidemie heilen kann. Ich sah persönlich einen Heroinsüchtigen in Istanbul, der nach Jahren der Abhängigkeit von Heroin frei wurde – sogar ohne Entzugssyndrome -, als er der transzendenten Wahrheit Jesu Christi gegenübergestellt wurde und sie persönlich annahm.

Vor einiger Zeit sprach ich mit einigen Ärzten in Detroit, die mir eine Liste mit den Krankengeschichten von sechs Heroin- und anderen «harten» Drogen-Süchtigen vorlegten, die durch die Erfahrung des Evangeliums von ihrer Drogensucht völlig frei wurden.

Ich las einmal in einer Fachzeitschrift, daß in einem wissenschaftlich kontrollierten Test eine Anzahl von Drogensüchtigen, die an «harte» Drogen gebunden waren, jegliches Verlangen nach ihrer speziellen Droge ohne irgendwelche Schwierigkeiten verloren, nachdem man sie transzendente Meditation gelehrt hatte. Ihr Verlangen wurde durch ihre Erfahrung des Transzendenten ohne Drogen befriedigt (der Autor empfiehlt diese Praxis nicht, weil dem Menschen durch eine sündhafte, okkulte transzendente Beziehung in Wirklichkeit nicht geholfen wird – obwohl er dadurch von Drogen frei werden kann).

Gegenwärtig gibt es für die junge Generation fast keine andere Möglichkeit, ihr Verlangen nach Transzendenz zu befriedigen, als die psychedelischen Drogen. Ein Ersatz bietet sich heute in den östlichen Religionen mit ihrer Meditation und Zurückgezogenheit an. Auch der vor einigen Jahren erlebte große und spontane Erfolg der «Jesus People» im Blick auf die Drogenabhängigkeit weist auf die Verbindung zwischen einem Mangel an transzendenter Erfahrung und dem Drogenmißbrauch hin.

Viele der jüngeren Generation aber, die sich jetzt Christus zugewandt haben, waren früher Drogenverbraucher irgendwelcher Art gewesen – und sind davon frei geworden. Wenn echte transzendente Erfahrung einen Menschen überwältigt und befriedigt, dann gibt er die Ersatz-Transzendenz der Droge (und auch Ersatz-Religion) gerne auf.

9. Praktische Maßnahmen zur Bekämpfung der Drogenepidemie 

Was kann man also ganz praktisch tun, um die westliche Drogenepidemie zu bekämpfen? Ist es zu naiv zu sagen, daß man ihre Ursachen beheben muß? Offenbar liegt aber gerade hier die Lösung des Problems! Doch welches sind die Hauptursachen? Eine Ursache ist gewiß die Zugänglichkeit der Droge. Aber das kann keine sehr zentrale Ursache sein, denn in vielen Ländern der Welt sind Opium und sogar Heroin neben vielen anderen gewohnheitsbildenden Drogen viel leichter für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich als hier – oft ohne Rezept. Und doch haben diese Länder kein Drogenproblem. Nehmen wir z.B. die Türkei. Opiumballen können sozusagen auf dem Küchentisch herumliegen – ganz zu schweigen von erstklassigem Haschisch. Amphetamine, die aus Gründen der Preisstabilität vom Staat subventioniert werden, kann man dort billig und in beliebigen Mengen in jeder Drogerie kaufen. Ich habe mich selbst davon überzeugt. Die Zugänglichkeit der Drogen ist also nur eine relativ geringe Ursache der gegenwärtigen Epidemie. Sie kann die Epidemie verschlimmern, wenn sie Fuß gefaßt hat. Eine viel wichtigere Ursache der Drogenepidemie ist die psychologische Zugänglichkeit der Menschen für die Droge. Die Menschen unserer westlichen Gesellschaft sind psychisch für Drogen zugänglich und empfänglich, die sie sich fast überall beschaffen können.

Die nächste Frage folgt von selbst: Welche Menschen sind denn vom psychologischen Gesichtspunkt aus für Drogen empfänglich, besonders für psychedelische Drogen? Wenn unsere These richtig ist, sind es Menschen, die eine radikale Veränderung ihres Bewußtseinszustandes brauchen. Unsere westliche Lebensweise hat offenbar einen Bewußtseinszustand erzeugt, der an irgendeinem schwer zu definierenden Mangel leidet und der für den
durchschnittlichen jungen Menschen äußerst unbefriedigend ist. Nach unseren Beobachtungen ist eine der Hauptursachen dieses weitverbreiteten Unbehagens im Westen das absolute Fehlen einer positiven transzendenten Erfahrung. Natürlich ist dies nicht der einzige Grund. Der Westmensch leidet außerdem daran, daß ihm das Gefühl fehlt, etwas erreicht zu haben. Früher mußte man hart arbeiten, um sein Brot zu verdienen. Aber das Brot war köstlich – nachdem man einen Tag dafür gearbeitet hatte!

Heutzutage hat jeder ein «Recht» auf sein Brot, man muß weithin sehr wenig dafür arbeiten. Die Folge ist, daß das Brot so widerlich schmeckt wie das Manna, das den Israeliten umsonst in der Wüste vom Himmel geschüttet wurde.

So fehlt nicht nur der Sinn für das Ewige, das Transzendente, in der gegenwärtigen Kultur des Westens. Außerdem ist ein «Brechreiz» aufgekommen, der dadurch entsteht, daß alles, was unsere fünf Sinne begehren, möglichst ohne Gegenleistung verfügbar ist. Die Folge ist: Es fehlt der Stolz und das Gefühl, etwas erreicht zu haben – was sich in einem unbefriedigten Bewußtseinszustand widerspiegelt. Ein Leben ohne Anforderungen schafft einen Bewußtseinszustand, der durch Ekel gekennzeichnet ist. Seit Generationen wurde das Aushungern des sechsten Sinnes, der uns die Bedeutung des Lebens verleiht, mit der Überfütterung der fünf Sinne, die das Bewußtsein bis zum Erbrechen überflutet, gekoppelt. Nie zuvor in der Geschichte hat die Mehrheit der westlichen Gesellschaft eine solche Überfülle an rein materiellem Luxus «genossen» wie die gegenwärtige Generation. Dank der medizinischen Fortschritte war der Gesundheitszustand der Gesellschaft im Westen nie besser als heute. Und doch hat es nie eine Kultur gegeben, die sich der Wahrnehmung der transzendenten Freude in einem Maße beraubt hätte wie die unsrige.

Aber statt darüber zu frohlocken, daß wir unser Los auf Erden so bequem gestalten können, sind viele so unzufrieden mit ihrem inneren Bewußtseinszustand, daß sie nur ein Ziel vor Augen haben – nämlich alles, was wir haben, zu zerstören («Kotzreaktion»), so daß sie schließlich die Genugtuung bekommen, etwas «erreicht» zu haben – und sei es reine Zerstörung. Dies hat seine Ursache in dem Ekelgefühl, verursacht durch den Mangel an Genugtuung (Befriedigung) durch erreichte Arbeit, unter dem unsere Gesellschaft leidet. Ganz offensichtlich sind wir für mehr als nur die Befriedigung der fünf Sinne geschaffen.

Ich möchte diese Wahrnehmungsebene der fünf Sinne keineswegs verächtlich machen. Ich bin dankbar dafür. Aber wenn man weiter nichts hat, kommt man in einen Zustand der Unausgewogenheit. Ein Ausgleich zwischen Erfahrung und Genuß der fünf – und des sechsten Sinnes – muß vorhanden sein, um gesund zu bleiben. Wir sind mit einem Sinn für paradiesische Freuden erschaffen. Das beweist schon das tiefe Sehnen der Menschheit, die Vordergründigkeit des Materialismus zu durchstoßen, um wahres Glück und Vergnügen zu erlangen. Wir haben die Freuden der fünf Sinne nötig – und zwar jede einzelne von ihnen -, doch brauchen wir diejenigen des sechsten Sinnes genau so. . . .

Unausgeglichenheit erzeugt Unbehagen, und die meisten Organismen versuchen automatisch (und oft unbewußt), diese Unausgeglichenheit zu korrigieren. Ist die gegenwärtige psychedelische Drogenepidemie nicht eine offensichtliche, wenn vielleicht auch unbewußte Anstrengung unserer jüngeren Generation, die Unausgeglichenheit zu korrigieren? . . .

Wir sollten einfach aufhören, ausschließlich für den Wohlstand und für die Macht der gegenwärtigen Verbraucher-Gesellschaft zu leben. Wir sollten damit anfangen, uns den Reichtum zu erschließen, der in einem von Gott gegebenen, veränderten Bewußtseinszustand liegt. Die Selbstwahrnehmungsfähigkeit der fünf Sinne wurde uns gegeben, damit wir uns mit deren Hilfe siebzig Jahre sicher in Raum und Zeit bewegen können. Aber unser Bewußtsein des Transzendenten wurde uns verliehen, damit wir uns in ewigen Dingen zurechtfinden können. Erfüllung unserer fünf Sinne ist notwendig und bringt Freude. Doch führt die Erfahrung und Erfüllung durch den Sinn für das Transzendente zur echten Freude; denn der Hauptzweck, für den der Mensch erschaffen wurde, ist «Gott zu kennen und sich seiner ewig zu freuen» (Schottischer Katechismus).

Die epidemische Beschaffenheit religiöser Bewegungen, wie die der «Jesus People» (ich gebrauche das Wort «epidemisch» in seinem rein wissenschaftlichen Sinn), beweist meine Ausführungen. Überall, wohin die «Jesus People» gingen und ihre transzendente Erfahrung mit Jesus vorlebten, gaben junge Menschen die Drogen auf, einschließlich Alkohol und Nikotin. Sie arbeiteten weithin in einer Drogen-orientierten Gesellschaft, und die Absage an die Drogen verschaffte ihnen bei der Gesellschaft Anerkennung. Durch ihre Erfahrung des Transzendenten (so kann man ihre religiöse Erfahrung gerecht beschreiben) entfernten sie die Unausgeglichenheit, die von der Wohlstandsgesellschaft hervorgerufen worden war. – Hierbei habe ich aber diese religiöse Bewegung keiner biblischen Beurteilung unterzogen!

Unser Sehnen nach dem Paradies und seinen Freuden hegt tief in uns, obgleich wir gleichzeitig versuchen, einem heiligen Gott zu entfliehen. Dieses Sehnen ist wie mein Empfinden für die Schönheit der Berge. Meine Augen sehnen sich danach, aber auf eine vollkommen undefinierbare, doch zugleich bestimmte Weise. Nehmen wir ein Beispiel, das sich auf einer anderen Ebene abspielt. Meine Geschmacksknospen verlangen ab und zu nach einem Wiener Schnitzel. Ich könnte dieses «Verlangen» nicht beschreiben! Das bedeutet aber nicht, daß dieses «Verlangen» nicht da ist. Das Sehnen nach der Ewigkeit, nach Schönheit, nach dem Unvergänglichen, nach der Reinheit, nach Schuldlosigkeit und Vergebung, all das sind verschiedene Arten von «Appetit» des sechsten Sinnes, der gestillt werden muß. Wenn dieser Hunger nicht gestillt wird, stellt sich Malaise ein. Dieses Unbehagen kann zu Drogen führen, selbst wenn Drogen nur eine vorübergehende und scheinbare Erleichterung bewirken.

Wiederum stellt sich die Frage: Was soll man tun? Jeder von uns sollte anfangen, sich Zeit für seinen Schöpfer zu nehmen (und ich selbst glaube an Christus, der der Schöpfer ist). Das heißt, man nimmt sich Zeit zum Beten, Überlegen und Nachsinnen über Gottes Wort. Es schließt in sich, daß man sich persönlich Zeit nimmt, um die Kranken zu besuchen, die weniger Glücklichen als wir. Es heißt, daß man gewissenhafter arbeitet, um etwas zu erreichen. Es hilft uns, indem es unseren Bewußtseinszustand bereichert, ihn nämlich zum Guten verändert – ohne Hilfe von Drogen. Es bedeutet, sich Zeit zu nehmen, um andere zu ermutigen, die sich für den gleichen Weg entschieden haben.

Wenn dies für mich und in mir geschehen ist, dann werde ich nicht mehr für Drogen gesellschaftlicher, psychedelischer oder anästhetischer Art empfänglich sein. Die Epidemie wird in mir persönlich fest überwunden worden sein. Und dies kann anderen dazu verhelfen, nach dem Grund meiner Befreiung zu fragen und selbst frei zu werden. 

Erster Anhang

Abhängigkeit von Drogen 

Bei der Behandlung des Drogen-Abusus haben wir einen interessanten Gesichtspunkt noch nicht erwähnt. Er betrifft eigentlich nicht speziell das psychedelische Drogenproblem. Deshalb bringen wir ihn im Anhang.

Psychedelische Drogen bringen nicht das Phänomen der Drogenabhängigkeit mit sich. Dagegen sind Heroin und die Opiate, Nikotin, Barbiturate, Anästhetika wie Alkohol und selbst Amphetamine suchtbildend. Gibt es irgendeine Formel, die diese Drogeneigenschaft der Suchtbildung erklären kann?

Es gibt keine einfache Erklärung für die Drogenabhängigkeit oder ihre Entstehung. Eine Person kann von einer Droge physiologisch und oder psychologisch abhängig werden. Im Falle der Morphine zeigt sich die physiologische Abhängigkeit dadurch, daß die abhängige Person (der Süchtige) schwitzt, erbricht, an Krämpfen und allgemeinem Unwohlsein leidet, wenn er nicht seine «Dosis» bekommt. Der Süchtige ist dann physiologisch von der Morphin-Droge abhängig («harte» Droge). Gleichzeitig wird er wahrscheinlich psychologisch abhängig werden. Drogen wie Amphetamine erzeugen eher eine psychologische als eine physiologische Abhängigkeit («soft» Droge). Amphetaminverbraucher empfinden ein «Bedürfnis» nach der Droge, damit sie «normal» leben können. Aber sie leiden nicht an Krämpfen, Schwitzen oder Erbrechen nach Entzug der Droge. Sie werden in der Regel an Depressionen und an deren Entzugserscheinungen leiden.

Um das Phänomen der Abhängigkeit zu illustrieren, könnte man die Geschichte der alten Dame erwähnen, die zur Behandlung eines Stoffwechselleidens ins Krankenhaus kam. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus gab man
ihr Stäbchen («Klinisticks») mit, die ihr eine tägliche Kontrolle ihres Urinzuckers ermöglichten. Als diese Kontrolle
nicht mehr nötig war, erhielt sie auch keine Stäbchen mehr. Bald wurde die Patientin mit Angstzuständen wieder ins Krankenhaus eingeliefert. Mit viel Scharfsinn konnte man eine Diagnose stellen. Sie hatte sich so daran gewöhnt, ihren Urin jeden Morgen zu prüfen, daß sie sich unwohl fühlte, wenn sie diese kleine Routinearbeit unterließ. Sie hatte Angst um ihre Gesundheit, wenn sie diese Kontrolle nicht durchführte. Die Wegnahme ihrer Stäbchen hatte ein Entzugssymptom erzeugt. Sie war von ihren Stäbchen abhängig!

Der Mechanismus der Süchtigkeit

Das Folgende soll in keiner Weise eine «Erklärung» dafür sein, wie Süchtigkeit bei Drogen, die Abhängigkeit hervorrufen, entsteht. Doch kann die Information uns erkennen helfen, wo Abhängigkeit von Drogen wahrscheinlich entstehen wird. Wenn eine Droge das Zentralnervensystem dämpft – wie es ein Barbiturat wie Phénobarbital tut -, dann verlangsamt diese Droge die Tätigkeit des Vorderhirns und erzeugt eine «dämpfende» Wirkung bei der Person, die die Droge einnimmt. Solche Drogen nennt man allgemein «dämpfende Drogen».  . . .

Unter normalen Umständen ist Morphin beim Menschen eine «dämpfende» Droge. Es beruhigt im allgemeinen den Patienten. Jedoch bewirkt die Droge unter gewissen Umständen genau das Gegenteil und ruft «Shamrage» (vorgetäuschter Wutausbruch) hervor. Der Patient wird aufgeregt und unkooperativ sein – genau die gegenteilige Wirkung der normalen Morphin-Reaktion. So besitzt Morphin ein doppeltes Wirkungsspektrum: Es stimuliert und dämpft, je nach den Umständen.

Kokain ist eine andere Droge, die paradoxe Eigenschaften besitzt. Die Indianer der Anden kauen Cocablätter zur Bekämpfung von Müdigkeit. Durch das Kauen spalten die Enzymsysteme im Speichel die kokain-gebundenen Formen in freies Kokain, das dann wie Amphetamin gegen Ermüdung wirkt. Das bedeutet, daß Kokain eine stark anregende Droge ist. Kokain ist jedoch ebenso ein ausgezeichnetes Oberflächen-Anästhetikum. Früher wurde es als solches in der Augen- und Zahnheilkunde angewandt. Anästhetika sind natürlich dämpfende Drogen. Wir schließen also, daß Kokain gleichzeitig ein guter Dämpfer und ein gutes Stimulans ist. Er besitzt in der Tat, genau wie Morphin, paradoxe Eigenschaften. Wie man es erwarten würde, gehört Kokain zu den suchtbildenden Drogen. Diese Beobachtung läßt sich folgendermaßen ausdehnen: Nimmt man eine Droge, die ein starker Dämpfer und ein starkes Stimulans ist, wie Heroin oder Morphin und mischt sie mit einer Droge, die ein starker Stimulans und ein starker Dämpfer ist, wie Kokain, so reagieren die zwei Substanzen aufeinander potenzierend – ihre Zusammenwirkung übertrifft die summierte Wirkung der zwei Drogen, wenn diese einzeln gegeben werden. Dies trifft auch auf die suchtbildenden Eigenschaften der zwei Drogen zu, wenn man sie einzeln oder als Mischung verabreicht.

Heroin und Kokain zusammen eingenommen erzeugen eine der stärksten suchtbildenden Wirkungen, die in der Pharmakologie bekannt sind. Diese beiden zusammen stellen den Höhepunkt der Süchtigkeit dar. Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Rehabilitierung nach Abhängigkeit von Kokain und Heroin zusammen ist gering.

Wir wollen nun zu alltäglicheren Drogenproblemen zurückkehren. Nach ein oder zwei Gläsern eines alkoholischen Getränkes «löst» sich die Zunge, die Gemüter sind angeregt und die Hemmungen schwinden. Alkohol ist ein «Stimulans». Wenn jedoch der gesellige Trinker zu trinken fortfährt, verwandelt sich nach etwa einer Stunde seine Stimulierung in Dämpfung, in Anästhesie, und er kann in einem Zustand der Betäubung betrunken enden. Alkohol, ein Anästhetikum, ist ein eindeutiger Dämpfer. Da Alkohol diese paradoxen Eigenschaften besitzt, sind wir nicht erstaunt, daß er eine suchtbildende Substanz ist.

Nach einer schwachen Dosis Phénobarbital bemerkt man, wenn man sich in den ersten zwanzig oder dreißig Minuten genau beobachtet, daß unter dem Einfluß von Phénobarbital die eigenen Hemmungen gehemmt werden. Die Gedanken werden sehr klar und «jagen» durch den Kopf. Phénobarbital ist vorübergehend ein schwacher Stimulans. Danach stellt sich, während die Konzentration des Barbiturates im Blut steigt, ganz plötzlich eine allgemeine Hemmung ein und Schlaf folgt. Phénobarbital ist ein schwaches Stimulans, doch ein starker Dämpfer. Die paradoxen Eigenschaften lassen uns erwarten, daß die Substanz suchtbildend ist, was auch zutrifft.

Noch eine für uns alle sehr lebensnahe Folge dieser Betrachtungen ist zu bedenken. Viele Leute, besonders Hausfrauen, sind am Morgen deprimiert und fühlen sich unfähig, in den Tag zu gehen. Sie wissen nun, daß eine Dosis Amphetamin sie aufwecken und ihnen ein Gefühl des Wohlseins verleihen wird. Das Amphetamin «High» ist heute sehr begehrt. Wenn jedoch die Dosierung falsch getroffen wird, kann gleichzeitig Nervosität auftreten. Ihre Hände zittern. Die Einnehmende wird also bis zum Abflauen der Droge überreizt sein. Aber warum soll man bis zum Abflauen warten? Das ist nicht nötig! Man nimmt eine geringe Dosis einer dämpfenden Droge, Mandrax z.B., bis man sich «gerade richtig» fühlt. So nehmen «Eingeweihte» zuerst eine etwas zu hohe Dosis Amphetamin oder ein anderes Stimulans, damit man aufwacht. Dann, wenn man etwas zu viel davon genommen hat, schluckt man eine Dosis einer dämpfenden Droge, um dorthin «zurückzukommen», wo man eigentlich sein sollte.

Was hat man bei dieser weitverbreiteten Unsitte eigentlich getan? Man gab dem Körper Drogen mit paradoxen Eigenschaften. In der Tat gab man dem Körper Drogen mit einigen der Eigenschaften einer Kokain- und Heroin-Mischung – selbstverständlich ist die Wirkung dieser zwei gemischten Drogen nicht so stark wie diejenige von Morphin oder Kokain. Aber das Prinzip ist das gleiche. Die Folge davon ist, daß der Konsument dieser Mischungen sich nicht nur der Toxizität dieser zwei Drogen aussetzt, sondern er wird abhängig von ihnen, etwa wie der Süchtige von Heroin abhängig wird. Mischungen von Stimulantien und Dämpfern (Amphetamine und Phénobarbital oder ein anderes Barbiturat) werden gewöhnlich unter der Bezeichnung «Goofballs» verkauft und sind höchst toxisch – und suchtbildend. Aber die Hausfrau kann eine ähnliche «Goofball»-Wirkung erreichen, indem sie sich in ihrer Küche anregt und gleich darauf wieder «beruhigt».

Die Folgen einer anderen allgemeinen Praxis werden durch das Gesagte beleuchtet. Wenn man ein Glas eines alkoholischen Getränkes trinkt, nimmt man in der Tat ein schwaches Stimulans und einen gemäßigten Dämpfer zu sich. Man fügt zu dieser Wirkung des Alkohols eine Dosis Barbiturat hinzu, damit man nachts einschlafen kann. Das Barbiturat ist ein starker Dämpfer und ein schwaches Stimulans. Jedoch erhöht sich beim Zusammentreffen der beiden Stoffe ihre toxische Wirkung, und sie erzeugen Süchtigkeit. Das heißt, die zwei Substanzen rufen einzeln eine viel schwächere Wirkung hervor als die zwei Substanzen zusammen. Und durch ihre paradoxen Eigenschaften erzeugen sie Abhängigkeit.

Nur ein erfahrener Pharmakologe kann voraussehen, welches die Wirkung zweier Drogen zusammen sein kann. Es ist verhältnismäßig einfach, die Wirkung einer verabreichten Droge mit bekannten Eigenschaften vorauszusagen. Aber zwei oder drei Drogen zusammen genommen, stellen viel größere Probleme dar. Daher ist es sehr gefährlich, Drogen zu kaufen, die mit anderen unbekannten Drogen auf dem Schwarzen Markt verdünnt oder vermischt wurden.

Oft wird leider nicht wahrgenommen, daß die Verbindung von Alkohol, Kaffee und Tabak (Nikotin) zusammen mit der Nahrung eine Abhängigkeit nach dem gleichen Prinzip erzeugen wird.

Ich bin mir darüber klar, wie schwer es ist, die Menschen von den Gewohnheiten des Alkohol-, Kaffee- und Nikotingenusses zu befreien.

Zweiter Anhang von O.H.G. Wilder-Smith

Basisphysiologie und Akuttherapie

1. EINFÜHRUNG

Warum: Eingrenzung/Definition mißbrauchter Drogen

Wir leben in einem Zeitalter, in dem der nicht-medizinische, d. h. nicht-therapeutische Gebrauch von Medikamenten oder Drogen das Wesen unserer Gesellschaft maßgeblich beeinflußt. Zwar wurden in allen bisher bekannten Gesellschaften Drogen auch auf diese Art und Weise «mißbraucht», doch unterscheidet sich das heutige Phänomen nicht durch sein Ausmaß, sondern vor allem durch sein Wesen, durch seinen destruktiven Einfluß auf unsere Gesellschaft in all ihren Aspekten.

Zum Zweck dieses Kapitels möchte ich Drogenabusus (oder Mißbrauch) als den Gebrauch von chemischen Stoffen zu nicht-medizinischen Zwecken definieren. Nicht-medizinische Zwecke sind Anwendungen, die nicht dazu dienen, eine Krankheit («Pathologie») im konventionell akzeptierten medizinischen Sinne zu therapieren. Parallel hierzu definiere ich «Sucht» als die kompulsive Selbsteinnahme von Drogen, welche aus der Stimulation eines Belohnungssystems des Hirns resultiert. Diese Definition bedarf nicht unbedingt des Konzeptes eines klassischen Entzugssyndroms.

1. Ziele des Mißbrauchs Wozu werden Drogen oder Medikamente mißbraucht?

Generell werden sie für ihre Fähigkeit benutzt, die Wahrnehmung («Sensorik») der Wirklichkeit zu verändern. Die Wirklichkeit oder Realität wird von solchen Anwendern als – aus welchem Grunde auch immer – intolerabel betrachtet. Zu diesem Dilemma gibt es, im Grunde genommen, nur zwei Lösungen: entweder die Wirklichkeit ändern, oder die subjektive Wahrnehmung dieser Wirklichkeit durch den Menschen modifizieren.

Die letztere Alternative bildet die Basis für unsere heutige «Drogenepidemie», welche die massive Abwendung von dem Prinzip der Wirklichkeitsveränderung (d. h. der Auseinandersetzung mit der Realität) als Lösung für existentielle Probleme darstellt. Das Verändern der Wirklichkeit wird durch die chemische (oder nicht-chemische) Manipulation der Wahrnehmung (und des daraus resultierenden subjektiven Perzepts der Umwelt) verdrängt. Die Befriedigung, welche aus der erfolgreichen Auseinandersetzung mit der Umwelt folgt, wird durch das chemisch erzeugte «gute Gefühl» (das Resultat der Manipulation der Wahrnehmung, der Stimulation eines Belohnungssystems) ersetzt. Daraus erfolgt ein generelles Desinteresse für die Auseinandersetzung oder den Umgang mit der Realität. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Veränderung der Grundphilosophie einer Gesellschaft – vor allem, wenn sie weit verbreitet wird – das Wesen dieser Gesellschaft zutiefst beeinflussen muß.

2. Wirkungsmöglichkeiten der Drogen

Es ist klar, daß alle mißbrauchten Drogen die Veränderung sensorischer Prozesse im zentralen Nervensystem (ZNS) als Hauptwirkung gemeinsam haben müssen. Betrachtet man die chemischen Substanzen, die abusiert werden, so sind es in der Tat alles Substanzen, die ausgeprägte ZNS-Wirkungen besitzen. Die Möglichkeiten zur Beeinflussung des ZNS lassen sich in drei Kategorien einteilen: Depression (Dämpfung), Exzitation (Erregung) oder Fragmentation (Zerstückelung) seiner Funktion. Im allgemeinen zeigen die Drogen, von denen wir sprechen, Kombinationen dieser Wirkungen, um eine jeweilig einmalige «Entkopplung» der Wirklichkeitswahrnehmung von der Wirklichkeit zu erzeugen. Das Muster dieser Wirkungskombinationen ist generell dosisabhängig und variiert von Individuum zu Individuum – und mit seinem jeweiligen anfänglichen Gemütszustand. 

3. Nebenwirkungen: speziell und allgemein

«Nebenwirkungen, d. h. Wirkungen, welche vom Benutzer unerwünscht sind, sind unvermeidbar bei der Anwendung von Medikamenten («keine Wirkung ohne Nebenwirkung»). Generell fallen diese Nebenwirkungen in zwei Gruppen: erstens, unerwünschte Wirkungen auf das Zielorgan (spezielle Nebenwirkungen); und zweitens, schädliche Wirkungen auf andere Organsysteme (allgemeine Nebenwirkungen). Im Falle der zur Wahrnehmungsmanipulation verwendeten Drogen sind spezielle Nebenwirkungen vor allem Wirklichkeitsperzeptionen, die unangenehm sind (z. B. «bad-trips»), oder ZNS-Auswirkungen, die permanent und schädlich sind (z. B. MPTP-ausgelöstes Parkinson-Syndrom oder permanente Psychosen nach LSD-Einnahme). Allgemeine Nebenwirkungen beim Drogenabusus werden sowohl direkt durch die Wirkung des Medikaments auf Organsysteme außerhalb des ZNS bewirkt (z. B. der Herzinfarkt bei Kokainabusus) oder sind mit der Praxis der Medikamentenanwendung verbunden (z. B. ist die intravenöse Anwendung von Heroin mit einer hohen Infektionsgefahr – inklusive AIDS oder Hepatitis – verbunden).

4. Neurobiochemische Basis «erwünschter» Wirkungen

Wie modifizieren die chemischen Substanzen, von denen wir sprechen, die Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihre Nachverarbeitung durch das zentrale Nervensystem? Das ZNS ist das komplizierteste Organsystem des Körpers, und seine Funktion ist auf vielerlei komplexe biochemische und neuronelle Gleichgewichte basiert. Somit bietet es vielerlei «Angriffsebenen» für ZNS-aktive Medikamente an. Stark vereinfacht wirken die mißbrauchten, perzeptionsverändernden Drogen auf zwei Hauptebenen der ZNS-Funktion: erstens, indem sie die Übertragung von chemischen Botschaften zwischen Nervenzellen verändern und beeinflussen (Neurotransmission); und zweitens, indem sie das Gleichgewicht zwischen verschiedenen Hirnzentren und zwischen Dämpfung und Erregung im ZNS verändern (Exzitation und Inhibition). 

5. Störung der Neurotransmission

Die Verbindung zwischen Außenwelt und ZNS (d. h. Rückenmark und Hirn) wird durch lange periphere Nerven her-
gestellt. Der Eintritt der übermittelten Information in das ZNS erfolgt über chemische Schnittstellen (Synapsen), die
verschiedene chemische Substanzen zur Informationsübertragung benutzen. Hierzu setzt der Nerv vor der Synapse eine
chemische Substanz (Neurotransmitter) frei, die dann den Freiraum bis zum nachfolgenden Nerv überquert (synaptischer Spalt), um sich mit einem für diese Substanz spezifischen Rezeptor zu verbinden. Die Verbindung zwischen Neurotransmitter und Rezeptor bewirkt – je nach Substanz – eine Tendenz entweder zur Erregung oder Dämpfung des Nervs. Da bei einer Synapse im allgemeinen viele Nerven mit einem Nerv kommunizieren, werden die diversen Boschaften der eintretenden Nerven summiert, mit der nachfolgenden Tendenz zur Auslösung (Exzitation) eines elektrischen Impulses, der durch den austretenden Nerv weitergeleitet wird – oder nicht (Inhibition). Solche Synapsen sind nicht nur beim Eintritt peripherer Nerven in das Rückenmark vorhanden, sondern sie existieren im ganzen ZNS. Sie bilden die Grundeinheit des Verarbeitungsapparates des ZNS. Es ist verständlich, daß eine Störung
der Neurotransmission z. B. die sensorische Verarbeitung des ZNS empfindlich stören muß. Die chemischen Substanzen mit Mißbrauchspotential stören die Neurotransmission entweder durch agonistische oder antagonistische Wirkungen (oder deren Kombination). Ein Agonist ist eine Substanz, die sich an einen post-synaptischen chemischen Rezeptor bindet, und dabei eine rezeptorspezifische Wirkung auf den Nerv auslöst. Ein Antagonist verbindet sich hingegen mit dem Rezeptor für die chemische Substanz, ohne ihre Wirkung auszulösen, und blockiert somit die Wirkung der originalen chemischen Substanz.

6. Exzitation und Inhibition

Verschiedene Systeme und Zentren des ZNS benutzen bevorzugt bestimmte Neurotransmitter. Die Funktion des ZNS beruht – jetzt auf einer höheren Ebene der architektonischen Integration betrachtet – auf einem dialektischen Gleichgewicht zwischen Exzitation (Erregung) und Inhibition (Dämpfung) dieser Zentren. Hiermit besteht eine andere ZNS-Beeinflussungsebene der diskutierten Drogen, indem sie durch ihre selektiven agonistischen oder antagonistischen Wirkungen auf Neurotransmittersysteme auch selektive Wirkungen auf Hirnzentren oder -système ausüben und dadurch regional oder global erregen oder dämpfen.

7. Dosiswirkungen

Die Endwirkungen der ZNS-wirksamen Medikamente sind nicht statisch, sondern hängen dynamisch von der Dosis, d.h. von den erreichten Hirnkonzentrationen, ab. Die Empfindlichkeit der diversen Hirnstrukturen auf Medikamentenwirkungen ist nicht einheitlich. Zum Beispiel sind inhibitorische ZNS-Systeme im allgemeinen empfindlicher auf eine Dämpfung als exzitatorische Strukturen. Somit werden bei der Anwendung eines ZNS-dämpfenden Medikamentes bei steigender Dosis zunächst die inhibitorischen ZNS-Zentren ausfallen (Ergebnis: generelle ZNS-Erregung, weil exzitatorische Zentren nicht mehr inhibiert werden). Erst später werden dann auch exzitatorische Zentren gedämpft werden, mit dem Resultat einer generellen ZNS-Depression.

8. Grobklassifikation/Auswahl der wichtigsten Systeme
Welches sind die ZNS-Elemente, welche bevorzugt von mißbrauchten Drogen beeinflußt werden? Auf der Ebene von Systemen und Strukturen sind es vor allem die sensorischen ZNS-Strukturen (Schwerpunkte: Hinterhorn des Rückenmarks; Hirnstamm – insb. Strukturen des autonomen Nervensystems; Mittelhirn – z. B. Kerne des Thalamus, limbische Strukturen; Großhirn – frontaler, sensorischer und temporaler Kortex), die in ihrer Funktion modifiziert werden. Hierbei scheinen – bei unserem heutigen Wissensstand – einige Neurotransmitter-Systeme besonders moduliert zu werden. Es handelt sich dabei um bioaktive Amine (Katecholamine, Serotonin, Dopamin, Glutamat, Aspartat, GABA) und Peptide (Endorphine und Enkephaline). Im nächsten Teil werden wir beispielhaft die Interaktion zwischen diesen Neurotransmitter-Systemen und zweier der gebräuchlichsten Mißbrauchsmedikamente genauer eruieren.   

2. BEISPIELE 

1. Kokain

Kokain ist heutzutage eines der am meisten mißbrauchten Medikamente im Westen. Mittlerweile nimmt sein Gebrauch
epidemieartige Maße an. Etwa 25-30 Millionen Amerikaner haben die Substanz mindestens einmal benutzt, ca. 5-6 Millionen benutzen sie regelmäßig. In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1990 fast 2500 kg Kokain beschlagnahmt, 1975 wurde nur 1 kg beschlagnahmt! Obwohl wegen der Dimensionen seines Mißbrauchs und der assoziierten Kriminalität berüchtigt, behielt Kokain bisher eine Sonderposition bei den Gebrauchern wegen seines angeblichen Mangels an Toxizität und Suchtpotentials. Hierdurch fand es Gebrauch auch in den höchsten Gesellschaftskreisen.

In letzter Zeit gibt es jedoch zunehmend Berichte – vor allem unterstrichen durch den plötzlichen Herztod prominenter Sportler, die Kokain benutzen -, welche darauf hinweisen, daß Kokain erhebliche Toxizität, sowohl chronisch als auch akut, besitzt, und daß der Mangel an Suchtpotential zumindest zu relativieren ist.

Kokain besitzt zwei Hauptwirkungen. Erstens zeigt es deutliche lokalanästhetische Wirkungen durch die Blockade schneller Natriumkanäle in den Membranen von sowohl Nerven- als auch Herzgewebe. Zweitens erhöht Kokain die zentrale und periphere Freisetzung von Katecholaminen (z. B. Noradrenalin, Adrenalin oder Dopamin – die typischen «Streßsubstanzen») bei gleichzeitiger Hemmung der Wiederaufnahme von Katecholaminen an Nervensynapsen, wiederum sowohl im zentralen als auch peripheren Nervensystem.

Was sind die Resultate dieser Wirkungen? Die lokalanästhetische Wirkung erzeugt – dosisabhängig – zunächst eine Erregung (aufgrund der Dämpfung inhibierender Zentren) und danach eine allgemeine Dämpfung von Hirn- und Nervengeweben. Besonders ausgeprägt ist diese dämpfende Wirkung auch für die Herzmuskulatur, wobei diese zu einer deutlichen Leistungsschwäche des Herzens führen kann. Die Wirkungen im Bereich der Katecholamine haben als Ergebnis einen massiven Anstieg der Katecholaminspiegel im Blut und Hirn, mit dem Ergebnis einer ausgeprägten Erregung, nicht nur im Bereich des Hirns und Nervensystems, sondern auch im Bereich des Herz-Kreislaufsystems. Alleine schon das Aufputschen des Herz-Kreislaufsystems kann zu ernsthaften Herzrhythmusstörungen führen. In Zusammenhang mit der zuvor erwähnten Leistungsschwäche kommt es zu Zusammenbrüchen des Herz-Kreislaufsystems bis hin zum Herzinfarkt und plötzlichen Tod. In der Literatur sind bereits eine Serie von Herzinfarkten bei jungen Menschen (bereits ab 20 Jahren!) beschrieben, z. T. mit tödlichem Ausgang.

Für den Gebraucher erwünscht ist die aufputschende Wirkung im zentralen Nervensystem, welche aus dem Kokaingebrauch resultiert. Er fühlt sich hellwach, präsent, angenehm aufgeregt, stark, euphorisch. Er hat unendliche
Energie, die ganze Welt liegt zu seinen Füßen. Alles wird viel stärker empfunden, denn die hohen Katecholaminspiegel wirken wie ein Verstärker auf das sensorische System. Vor allem wird durch eines der Katecholamine (Dopamin), des-
sen Spiegel erhöht ist, das Belohnungszentrum (ventralestegmentales Gebiet des Mesolimbiums) direkt stimuliert, mit
dem Resultat angenehmer Gefühle.

Das Aufputschen führt jedoch auch zum Aufbrauchen der Stoffwechselreserven der Energie. Sind diese einmal am Ende, so ist auch der Rausch am Ende, und eine ausgeprägte Depression folgt…

Der chronische Gebrauch von Kokain führt nicht nur zu biochemischen Veränderungen, sondern auch zu Änderungen in Funktion und Gewebe des Hirns und des Herz-Kreislaufsystems. So vernarbt z. B. das Herzgewebe und verliert da-
durch an Leistungsfähigkeit. Das Gefäßsystem (inklusive Herzkranzgefäße) verfettet und verkalkt viel schneller als bei
Nicht-Mißbrauchern des Kokains. Das Verhalten des Nervensystems verändert sich: einerseits werden die Katecholaminrezeptoren weniger und weniger empfindlich, andererseits wird das Nervengewebe reizbarer und erregbarer mit nachfolgender Labilität und Instabilität bis hin zu epileptischen Anfällen. Der Gebraucher entdeckt, daß die erneute Einnahme von Kokain diesen Zustand verhindert – oder zumindest verbessert. Bisher wurde angenommen, daß keine Toleranz entsteht (d. h. keine Notwendigkeit der Dosiserhöhung bei chronischem Gebrauch), in letzter Zeit wird jedoch diese Behauptung zunehmend in Frage gestellt.

Am Ende dieser Abhandlung muß noch eine besondere Gefahr des Kokaingebrauchs erwähnt werden: die Kokaineinnahme während der Schwangerschaft. Kokain überquert recht gut die Plazenta und erreicht somit den Kreislauf des sich entwickelnden Kindes. Hirn, Nervensystem und Herz-Kreislaufsystem des Fötus sind in ihrer Entwicklung sehr empfindlich auf Kokain: es kommt zu erheblichen Störungen der Organbildung mit veränderter Funktion und Mißbildungen. In den USA besteht bereits eine Epidemie dieser kindlichen Mißbildungen («crack babies»), die sich vor allem durch erhebliche Einschränkungen der Hirnfunktion mit übertriebener Erregbarkeit bei gleichzeitig gestörter Herz-Kreislauffunktion auszeichnet.

2. Morphin/Heroin

Heroin stellt nach wie vor das klassische Sucht- und Mißbrauchsmedikament dar. 1990 wurden ca. 850 kg Heroin in der Bundesrepublik Deutschland beschlagnahmt, 1980 waren es ca. 270 kg gewesen. Im Vergleich zu Kokain (oder den meisten nicht-opioiden Suchtmitteln) ist sein Suchtpotential sehr hoch, weshalb wesentlich weniger Gebraucher den Mißbrauch spontan beenden. Die nicht-therapeutische Anwendung ist mit einer hohen Krankheits- und Todesrate verbunden, welches sowohl mit seinen pharmakologischen Eigenschaften als auch mit der Art und den Umständen seiner Anwendung zusammenhängt.

Als ein Opiat bindet sich das Heroin – wie das eng verwandte Morphin – hauptsächlich mit dem Untertyp der Opiatrezeptoren, deren natürliche Neurotransmitter die Peptide der Enkephalin- und Endorphinserie sind. Die Enkephaline und Endorphine sind an der Regelung vieler Körperfunktionen beteiligt. So beeinflussen sie nicht nur das Schmerzempfinden, sondern modulieren auch Atmung, Kreislaufregulation (vor allem durch den Einfluß auf das sympatische Nervensystem), Darmfunktion (sowohl in Bezug auf Bewegung wie auch Sekretion), Appetit und das endokrine («Drüsen»)System (z. B. Wachstum, Milchproduktion, Harnauscheidung, Schilddrüsenfunktion, Temperaturregelung usw). Eine hohe Dichte dieser Rezeptoren ist in den Teilen des Mittelhirns nachzuweisen, die mit der Erzeugung und Regelung des Gefühls («Limbisches System») in Zusammenhang stehen. Wie aufgrund der schmerzregulierenden Eigenschaften der Opioide zu erwarten, lassen sich viele Opiatrezeptoren in unmittelbarer Nähe der sensorischen Nervenbahnen und deren nachverarbeitenden Strukturen finden. Wie beim Kokain erfolgt auch eine Stimulation des Belohnungszentrums: in diesem Falle jedoch indirekt, durch die Hemmung hemmender Einflüsse auf zuführende Nervenbahnen.

Aus der vorangegangenen Auflistung kann man die weitverbreiteten Wirkungen der Heroineinnahme ableiten. Die Opiatrezeptoren haben klassischerweise dämpfende Wirkungen. Es kann aber, wie bei allen dieser Neurotransmittersysteme, vor allem dosisabhängig zu exzitatorischen («paradoxen») Wirkungen kommen. So bewirkt die Heroineinnahme typischerweise eine Dämpfung des Bewußtseins (Müdigkeit), der Atmung, des Kreislaufs (niedriger Puls und Blutdruck), des Darms (Obstipation), des Appetits und verschiedener endokriner (z. B. Verlust des Geschlechtstriebs) Funktionen. Der Einfluß von Heroin auf das sensorische und das Gefühlssystem ist in besonderem Maße von den Umständen abhängig. In diesem Zusammenhang ist die Wirkung des Heroins vor allem von dem Vorhandensein (oder Nicht-Vorhandensein) des Schmerzes bedingt. Sind Schmerzen vorhanden, so werden diese (sensorisch) gedämpft und (gefühlsmäßig) als weniger unangenehm empfunden. Beim Fehlen der Schmerzen tritt oft eine euphorisierende, schwebende Gefühlsstimmung (das «high») ein, die mit sensorischen Verzerrungen einhergehen kann, welche (anfangs!) die Hauptmotivation für den Heroingebrauch darstellt. Bei einer nicht unbedeutenden Minderheit können jedoch auch Dysphoric («schlechte Gefühle»), Depression, Erbrechen usw. auftreten. Für die Einnahme Heroins (oder ähnlicher Opiate) charakteristisch ist der Gewöhnungseffekt (Toleranz) bei chronischem Gebrauch: mit der Zeit muß immer mehr eingenommen werden, um dem gleichen Effekt zu erzielen.

Die ausgeprägte Entzugssymptomatik beim Heroinmißbrauch beruht möglicherweise auf zwei Grundwirkungen der chronischen Anwendung. Erstens werden Enzyme, die normalerweise Substanzen (cyclo-Adenosinmonophosphat), welche sympathoadrenerge Systeme stimulieren, abbauen, gehemmt. Zweitens erfolgt eine Interaktion des Heroins mit opiatähnlichen Rezeptoren (alpha-2-Rezeptoren), welche die Ausschüttung von sympathoadrenergen Substanzen (Noradrenalin) hemmen. In beiden Fällen bewirkt somit der Wegfall der chronischen Heroinwirkung eine massive Aktivierung des sympathoadrenergen Systems mit seiner klassischen Entzugssymptomatik.

Gesundheitschäden bei der Heroineinnahme treten aus zwei Gründen auf: erstens, durch direkte, pharmakologisch bedingte Medikamentenwirkungen; und zweitens, aufgrund der Begleitumstände des Heroinmißbrauchs.

Die Dämpfung der Atmung bis hin zum Atemstillstand (mit tödlichem Ausgang) stellt ein typisches Beispiel akuter Nebenwirkungen der ersten Kategorie dar. Hinzu können sich längerfristige Wirkungen wie Gewichtsverlust und mangelhafte Ernährungszustande, chronische Verdauungsstörungen, eingeschränkte endokrine Funktionen und verringerte Abwehrkräfte (Immunität) gesellen.

Gefährlich sind vor allem auch die Erkrankungen, welche auf die Umstände des Heroinmißbrauchs beruhen. Heroin wird generell intravenös mißbraucht («spritzen») . Somit wird ein direkter Zugang in die Blutbahn geschaffen, welcher viele der Möglichkeiten des Körpers zur Abwehr von Infektionen umgeht. Hinzu kommt, daß die Ausrüstung zum Injizieren (spritzen, Nadeln) häufig geteilt wird, womit die Infektionsübertragung (Blut zu Blut!) besonders gefördert wird. Der Mißbrauch von Heroin geht deshalb mit einem sehr hohen Infektionsrisiko einher, nicht nur bakterieller Art (Abszesse, Blutvergiftungen), sondern vor allem viraler Art. Zu den letzteren gehören diverse Formen der Hepatitis (vor allem der gefährlichen Hepatitis B), aber auch die tödliche Immunschwäche-Krankheit AIDS. 

3. ENTZUG

Werden Drogen chronisch abusiert, erzeugen sie, wie bereits beschrieben, Veränderungen im Stoffwechsel und physiologischen Verhalten des Körpers. Wird die chronische Zufuhr unterbrochen, «fehlt» dem Körper diese Substanz, und es kommt zum akuten Entzug, gekennzeichnet durch unangenehme Symptome. Diese sind körperlicher und psychologischer Art und beginnen generell innerhalb eines Tages nach der letzten Medikamenteneinnahme, um dann Tage bis Wochen anzuhalten. Die psychologischen Probleme sind vor allem Veränderungen affektiver Art (Unlust, Gefühlsstörungen, usw.); dieses Kapitel wird sich auf die körperlichen Aspekte des Entzugs beschränken. Es bleibt noch zu betonen, daß der Akutentzug schwere Entgleisungen des Stoffwechsels mit sich bringen kann, die durchaus einer intensiven medizinischen Behandlung bedürfen können. Somit sollte in dieser Situation immer eine kompetente medizinische Betreuung erfolgen. 

Die Autoren

Arthur Ernest Wilder-Smith, geboren am 22.12.1915, studierte Naturwissenschaften an der Universität Oxford und promovierte auf dem Gebiet der Organischen Chemie an der Universität Reading. An der Universität Genf erhielt er seinen zweiten Doktortitel in Naturwissenschaften. 1964 wurde ihm sein dritter Doktortitel von der ETH Zürich verliehen. Wilder-Smith war in der Krebsforschung an der Universität London tätig, leitete die Forschungen der Pharmazeutischen Abteilung einer Schweizer Firma, las als Privatdozent an der medizinischen Fakultät der Universität Genf Pharmakologie und Chemotherapie, war Berater im Generalsrang der amerikanischen Streitkräfte der NATO für das Problem des Drogenmißbrauchs und Gastprofessor an verschiedenen Fakultäten in den USA, Europa und Asien. Bis 1970 war er Ordinarius für Pharmakologie am Medical Center der University of Illinois, Chicago. Dann war er zwei Jahre als A.I.D. Professor in Ankara, Türkei, wo er die Aufgabe hatte, Graduate Pharmacology einzuführen. Von Professor Wilder-Smith stammen über 50 wissenschaftliche Veröffentlichungen; auch arbeitet er ständig beim wissenschaftlichen Magazin «factum» mit.

O.H.G. Wilder-Smith ist der Sohn von A.E. Wilder-Smith.
Nach dem Studium der Humanmedizin an der Universität Liverpool in England, wo er M.B., Ch.B. graduierte, spezialisierte sich Dr. O.H.G. Wilder-Smith auf dem Gebiet Anästhesiologie und Intensivmedizin an verschiedenen Universitäten in Deutschland. Seine Promotion legte er 1985 an der Universität Frankfurt ab; den Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin erhielt er 1986 an der Universität Marburg. Nach Tätigkeiten in Ulm und Bern ist er zur Zeit Forschungsoberarzt der Abteilung für Anästhesiologie an der Universitätsklinik Genf in der Schweiz. Seine besonderen Interessen gelten der Hirnfunktion in der Anästhesie, der Schmerzforschung und dem Entzugssyndrom im Rahmen der Intensivtherapie. 

Weitere Veröffentlichungen von Herrn Prof. A.E. Wilder-Smith auf meiner Seite:

1. Terrorismus: Das kriminelle Gehirn

2. Herkunft und Zukunft des Menschen

3. Die Demission des wissenschaftlichen Materialismus  –  uam.

www.horst-koch.de

info@horst-koch.de




New Age + Jehovas Zeugen (Brüning)

Erich Brüning

Drei Systeme

–  Was verbindet Freimaurer, New Age und Jehovas Zeugen?  –

INHALT
1.  Die Pyramide als verbindendes Symbol
2.  Der »Plan« – seine Bedeutung in den drei Weltanschauungen
3.  Freimaurertum
7.  Der Illuminatenorden
8.  »Jehova«  –  das wiedergefundene Meisterwort
11. Der Tempel Gottes – freimaurerisch gedeutet
15. Fünf Versionen über Gottheit und Menschwerdung Jesu
16. New Age  –  was sich dahinter verbirgt
17. Verschwörung  –  Methode zur Systemveränderung
18. Parallelen zwischen New Age und Jehovas Zeugen

1. Warum dieses Buch geschrieben wurde

Bei meinen Vorträgen und Seminaren über Weltanschauungsfragen, speziell über die Wachtturm-Ideologie der Zeugen Jehovas, ob in Deutschland, Österreich, Schweiz oder Rumänien, wurde mir immer wieder die Frage gestellt: »Haben Jehovas Zeugen etwas mit Freimaurern und mit New Age zu tun? Gibt es zwischen ihnen Gemeinsamkeiten?«

Dieses Buch soll eine Antwort auf diese Frage geben. Das Freimaurertum und die New-Age-Bewegung haben zweifellos im Bewußtsein der Fragesteller und sicher auch bei vielen anderen Zeitgenossen einen bestimmten Stellenwert. Man vermutet in beiden Kreisen geheimnisvolle okkulte Praktiken, verbunden mit mystisch symbolhaftem Ritual. Diese Einschätzung kann weitgehend als den Tatsachen entsprechend angesehen werden.

Eine Besonderheit beider Systeme ist, daß in ihrer »Philosophie« und in ihren Zeremonien durchaus biblisches Vokabular verwendet wird. Allerdings so sinnverfremdet, daß zugleich eine pervertierte Version vom kommenden Reich Gottes entsteht, die mit der Königreichsherrschaft Jesu Christi nichts mehr zu tun hat.

Dabei wird das Königreich Gottes zu einer materialistischen Weltidee, ja zu einem Weltreich mit Einheitsreligion und luziferischer Totalherrschaft. Das ist die Maxime aller drei Ideologien, wie sie aber nur von den wenigsten erkannt wird.

Ein gemeinsames Bezugssymbol ist die Pyramide von Gizeh. Sie verbirgt nach Ansicht der Mystiker und Okkultisten kosmische Geheimnisse sowie einen geheimen göttlichen »Plan«. Die berühmte Spiritistin und Gründerin der Adyar-Theosophie, die Russin H. P. Blavatsky, besuchte einst die Pyramiden, und man sagt ihr nach, sie habe eine ganze Nacht in der Königskammer der großen Pyramide zugebracht, um durch Kontakt zu den Geistern dieser Kultstätte das Pyramidengeheimnis zu lüften.

Auch Ch. T. Russell, der Gründer der Wachtturm-Gesellschaft, besuchte die Pyramiden und entwickelte nach seiner Rückkehr und aufgrund der zeitgenössischen Forschungsergebnisse über dieses antike Monument seine »Pyramidenlehre«. Darin erklärt Russell, daß Gott allein ihm und seinen Freunden den »göttlichen Zeitplan« für die Menschen aus den Abmessungen der Pyramide offenbart hätte.

Seine »entdeckten Geheimnisse« mußten von den damaligen »Ernsten Bibelforschern« (heute Zeugen Jehovas) geglaubt und verkündet werden. Der Nachfolger Russells, J. F. Rutherford, räumte Ende der zwanziger Jahre mit dieser »Pyramidenlehre« auf. Die Ernsten Bibelforscher waren einer dämonisch inspirierten Doktrin aufgesessen.

Von all dem wissen die heutigen Zeugen Jehovas nichts. Kein Zeuge Jehovas ahnt, daß seine indoktrinierte Botschaft vom aufgerichteten Königreich, mit der sein Glaube steht oder fällt, ein Relikt der dämonischen Pyramidenlehre Russells ist.

Was soll mit diesem Buch erreicht werden?

Grundsätzlich soll das Buch als eine Methode verstanden werden, die transparent macht, was der normale Bürger nicht sehen und wissen kann: die Identität zwischen der Ideologie der Zeugen Jehovas, des Freimaurertums und des New Age.

Erst in der Gegenüberstellung mit den beiden durchaus mystisch-okkulten Systemen kann die Wachtturm-Organisation der Zeugen Jehovas richtig eingeschätzt werden. Dem Durchschnittsbürger soll mit diesem Buch signalisiert werden: Vorsicht im Kontakt und Gespräch mit Jehovas Zeugen, den Vertretern des weltgrößten amerikanischen Verlages »Wachtturm-Gesellschaft«.

Ebenso wie die zwei bereits erwähnten Ideologien mißbraucht auch die Wachtturm-Organisation das biblische Wort, indem sie eine eigene Bibelübersetzung herstellte, in welcher gewisse Passagen gegenüber dem biblischen Urtext zugunsten ihrer Lehren modifiziert bzw. gefälscht wurden. Die Tatsache wird auch von offizieller Seite, der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Stuttgart, bestätigt (idea vom 1. 2. 86).

Um den Totalitarismus, die Praktiken und Expansionsbestrebungen der Wachtturm-Gesellschaft sichtbar zu machen, wurden ihr die beiden Ideologien gegenübergestellt, die eine besonders große Affinität zur Wachtturmideologie aufweisen: das Freimaurertum und die New-Age-Bewegung.

Beim Freimaurertum von Totalitarismus zu sprechen, scheint im ersten Moment widersprüchlich, in Anbetracht der vielgerühmten Humanität und der freimaurerischen Maximen Toleranz und Freiheit.
Wir müssen jedoch etwas weiter denken, nämlich an die angestrebte »Synarchie«, die Einheit zwischen Staat und Kirche. Das ist die zu erwartende Gegenkirche und die Regierung Luzifers.

Dadurch, daß die ideologischen Zusammenhänge zwischen Jehovas Zeugen und den beiden okkult-esoterischen Systemen aufgezeigt werden, soll eine kritische Distanzierung beim Kontakt mit Jehovas Zeugen signalisiert werden. Denn wenn eine Identität zwischen Jehovas Zeugen, den Freimaurern und New Age wirklich besteht, können die Zeugen Jehovas sich nicht Christen nennen.

Obwohl das Freimaurertum eine ethische Konzeption ist und New Age religiöse Züge trägt, tangieren beide das Christentum und übernehmen nur Vokabular und Thematik, um einerseits Humanitätsziele zu proklamieren, andererseits einen »kosmischen Christus« zu verkünden. In beiden Systemen wird das Reich Gottes als ein innerweltliches Reich, ähnlich dem »irdischen Paradies« der Zeugen Jehovas, verstanden.

Man darf sagen: Das »Paradies« der Zeugen Jehovas, der utopische Welttempel der Freimaurer und die Weltherrschaft eines mystischen Maitreya-Christus im New Age sind Pervertierungen des Tausendjährigen Friedensreiches Jesu Christi.

Die Pyramide als verbindendes Symbol

Das Pyramidensymbol hat innerhalb der drei aufgeführten Ideologien einen zentralen Stellenwert. Es ist der metaphysische Ausdruck einer Weltidee, die eine generelle Erfüllung in der Weltherrschaft des Antichristen finden soll. Das erinnert an die Weltherrschaftsbestrebungen zur Zeit des Turmbaus zu Babel.
Der pyramidenartige, himmelstürmende Bau war dort Ausdruck eines »einheitlichen« Wollens, »sich einen Namen« zu machen ohne Gott, nach der ewigen, luziferischen Maxime »Tu, was du willst«.

Die Spitze der Pyramide stellt den Kulminationspunkt, symbolisch den Sitz höchster Macht dar, wie das auch in der bekannten Abbildung der Pyramide auf der amerikanischen Ein-Dollar-Note zum Ausdruck kommt. Dieses Bild ist eine Art Gesamtschau, die metaphysische Erklärung des illuminatischen Weltplans, unter dem segnenden Blick der luziferischen Gottheit.

Die Pyramide als starkes Bild für Verknüpfung und Durchdringung steht treffend für die drei Systeme, um die es in diesem Buch geht. Das ideologische Einssein findet ebenfalls einen Ausdruck in dem New-Age-Begriff und -Motto »Einheit in der Vielfalt«.

Die drei Systeme stellen eine endzeitliche Gesamtbewegung dar, die letztlich ebenso vernichtet werden wird, wie die »Einheitsbewegung« zur Zeit des Turmbaus zu Babel. Gott zerstörte damals das »luziferische Einheitsunternehmen« und wird es in der Neuzeit wieder tun. Er veranlaßt die Initiatoren des »Einheitsreiches«, daß sie in »einem« Sinn handeln und dem »Tier«, der Manifestation Luzifers, ihr Reich geben, damit sich Gottes Verheißung erfüllt (Offb 17,17).

Die Ziele und Weltherrschaftsparolen der Zeugen Jehovas stimmen mit dem luziferischen »Plan« genauso überein, wie die der beiden anderen Systeme. Das Postulat »Novus ordo seclorum – neue Weltordnung« unter der Illuminatenpyramide ist nicht nur im Munde vieler Weltpolitiker, sondern auch Teil der Wachtturm-Botschaft der Zeugen Jehovas. Bewußt oder unbewußt arbeiten alle drei Ideologien auf ihre Weise an der Verwirklichung des luziferischen »Planes« – der Weltherrschaft mit Einheitsreligion.

Der versteckte Weltherrschaftsanspruch des Freimaurertums wird unter anderem mit den symbolischen Degenstichen des initiierten »Ritter Kadosch« (30. Grad) gegen Krone und Tiara symbolisiert. Die Realisierung dieser Symbolik »Degenstich« gegen die Tiara kam in der Französischen Revolution 1789 im Kampf gegen die Kirche zum Ausdruck, der »Degenstich« gegen die Krone im Kampf gegen die Monarchie im 18. und 19. Jahrhundert in Spanien und Italien.

Das Ringen ideologischer und metaphysischer Kräfte um die Weltherrschaft nähert sich immer mehr dem Höhepunkt. Lassen wir uns daher nicht täuschen von den Sirenenklängen, die ein Bilderbuchparadies der Zeugen Jehovas verkünden, oder von der Selbsterlösung des Menschen im New Age oder durch die Vision eines strahlenden Menschheitstempels der Humanität, der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Die beiden Bewegungen, Freimaurertum und New Age, sind ein unerwartet guter Spiegel, um die Bestrebungen der Wachtturm-Gesellschaft zu erkennen. Ziel des Buches ist es daher, aufzuzeigen, wie diese heimlichen Herrscher hin zu besagter großer erdumfassender Einheit immer mehr Menschen für ihre Zwecke einspannen.

Der freundlich lächelnde Straßenmissionar der Wachtturm-Gesellschaft an der Ecke, am Bahnhof oder an der Haustür täuscht sich und andere über die bitterböse Wahrheit hinweg, die hinter der Wachtturm-Ideologie steckt.

Den Menschen kurz vor und bald nach dem Jahre 2000 kann es nicht egal sein, wohin diese Welt treibt. Nach Humanismus, Materialismus und Liberalismus steht die Entchristianisierung unserer modernen Welt auf den Fahnen der drei besprochenen Systeme. Es wird nicht allein bei der bisherigen Säkularisierung bleiben, sondern man wird wahrlich nicht »kleinlich« verfahren im Falle eines Sieges. Demjenigen, der sich zu Christus bekennt und sich der herrschenden Doktrin der – allerdings vorübergehenden -Weltherrschaft nicht beugt, wird »kurzer Prozeß« gemacht (Offb 13,13-18).

Was hier besprochen wurde, geht nicht nur den Noch-Zeugen an, sondern auch den Freimaurer und den New-Age-Jünger. Sie können und sollen sich anhand geeigneter Quellen überzeugen, daß sie im Grunde einer Weltgemeinschaft angehören, die als eine weltumfassende, endzeitliche Gesamtbewegung zu verstehen ist.
Auch den zahlreichen Skeptikern biblischer Beweisführung sei es zugemutet, sich mit mir auseinanderzusetzen. Es lohnt sich. Was hier gesagt wird, ist nicht blauer Dunst. Es kann auch dem Fernstehenden zu weiterer guter Erkenntnis dienen.

In einem ersten Buch »Sind Jehovas Zeugen Christen?« (E. Brüning. Verlag Liebenzeller Mission, 1990) ging es bereits um die Durchdringung der drei besprochenen Systeme, die ich als eine ideologische bezeichnen möchte. Dabei sehe ich in der Ideologie eine Kraft, die sich gerne des Verstandes und einer logischen Sprache bedient. Die Ideologie verfährt letztlich auch nicht anders als »die Religionen«. Sie will genauso (geistliche) Bedürfnisse stillen, aber oft in einer anderen »Chiffre« oder in der Sprache eines neuen »Codes«.

2. Der »Plan« – seine Bedeutung in den drei Weltanschauungen

Der Begriff »Plan« hat innerhalb dieser Thematik einen spezifischen Sinn. Er ist eine luziferische Intention mit dem Ziel: Weltherrschaft und Einheitsreligion. Der Sachverhalt dieses »Plans« hat deshalb immer weit- und kosmopolitische Konsequenzen.

Unabhängig voneinander sprachen sowohl Illuminaten als auch New Age und Wachtturm-Organisation von einem solchen Ziel. Daher reflektiert jedes System in seiner Zielvorstellung im Grunde den Generalplan Luzifers. Jede Aktivität ist eine inspirierte Operation Luzifers zur Verwirklichung seines Planes: Weltreich im Widerstand gegen Gottes künftiges Friedensreich.

Zur Durchführung seines »Plans« setzt Luzifer funktionelle Organisationen und hochkarätige Personen als Vorreiter ein, wie zum Beispiel den weltberühmten Aufklärer H. G. Wells, einen Vorreiter des New Age. In seinem bekannten Werk »Weltverschwörung – Aufruf zur Weltrevolution« gibt Wells die Marschrichtung an. Sein »Plan« wird von der »Frankfurter Zeitung« laut Buchumschlag wie folgt beurteilt: »Wells . . . entwirft einen genialen Plan zur Schaffung neuer Lebensgemeinschaften . . .«

Darin gibt er klare Direktiven, mit denen sich New-Age-Anhänger identifizieren. Das Endziel, wie es New-Age-Anhänger formulieren, lautet, die Erde für Luzifer in Besitz zu nehmen und einen Weltstaat mit Einheitsreligion unter einem »Messias« zu errichten.

Hierzu H. G. Wells: »Der Weltstaat wird seine eigenen wissenschaftlichen Methoden der Vorbeugung haben müssen, solange es auf unserem Planeten Menschen geben wird, die mit Fahnen, Uniformen und Waffen herumlaufen . . .«  –  »Die wichtigste politische Idee, die politische Strategie, besteht darin, die bestehenden Regierungen zu schwächen, sie sich einzuverleiben oder zu beseitigen.« – Der letzte Satz läßt keinen Zweifel über Wells Weltanschauung aufkommen, ebensowenig wie über seine Inspirationsquellen.

Ähnlich artikuliert ist der »Plan« der Illuminaten. Im Handbuch der Bayrischen Geschichte (Max Spindler, Bd.II) sind Praktiken und Ideen der Illuminaten beschrieben. Dieser freimaurerische Orden pflege Okkultismus, Satanismus und betreibe den Umsturz von Regierungen und Religion sowie Auslösung von Chaos mit Hilfe von Kriegen und Revolutionen, heißt es unter anderem. Den weiteren Darlegungen sei vorausgeschickt, daß ein Großteil der im folgenden verwendeten Hintergrundinformationen über die besprochenen Systeme bekannter Insiderliteratur entnommen sind.

In den nächsten Abschnitten werden die Praktiken und Methoden des »Plans« im Freimaurertum, im New Age und in der Wachtturm-Ideologie beschrieben.  

Der »Plan« im Freimaurertum

Die Durchführung des »Plans« im Freimaurertum erfolgt keineswegs auf organisierte, sondern auf natürliche Weise über die Mitglieder, die in ihren Berufspositionen, in Politik, Wirtschaft, Kunst und Erziehung, ihren Einfluß geltend machen. Das große Ziel ist ihnen vorgegeben: Der Bau des humanitären »Menschheitstempels«, sprich »Neue Weltordnung«, d. h. Aufrichtung einer »Synarchie«, einer Weltordnung unter einer Regierung und einer Religion.

Zitat: »Wie dem auch sei, im Schoß dieser und ähnlicher Geheimgesellschaften wurden die Keime für das gelegt, was man später Synarchie nannte, das heißt, einen einheitlichen Weltstaat mit einer einheitlichen Regierung, die als Gegenkirche geplant sind.« (Athanasius – und die Kirche unserer Zeit, von Bischof Dr. Rudolf Grafer, S.31)

Dazu der aufschlußreiche Kommentar des Freimaurers Yves Marsaudon:

»Wir Freimaurer der Tradition gestatten uns das Wort eines berühmten Staatsmannes zu verdeutlichen und zu akzentuieren, indem wir es den Umständen angleichen: Katholiken, Orthodoxe, Protestanten, Muselmanen, Hinduisten, Buddhisten, Freidenker und gläubige Denker sind bei uns nur Vornamen. Unser Familienname ist Freimaurer.« (Athanasius – und die Kirche unserer Zeit, Dr. Rudolf Grafer, S.40)

Das ist die Maxime des »Planes«, die in dem amerikanischen Staatssiegel in den Worten »Novus ordo seclorum – Neue Weltordnung« ihren Ausdruck findet.

Bereits am 7. Dezember 1988 gebrauchte Gorbatschow den Begriff »Neue Weltordnung« in seiner Rede vor der UNO. Am 25. September 1990 wies Schewardnadse auf die Bedrohung der »Neuen Weltordnung« durch Saddam Hussein hin.

Ende September 1990 meinte Bush, daß in Helsinki die Grundlage für eine »Neue Weltordnung« gelegt werden sollte. Der amerikanische Präsident Bush ist wie sein Vorgänger Ronald Reagan Freimaurer und weiß sehr wohl um die Bedeutung des Begriffes »Neue Weltordnung«.

Neben solchen historischen Fakten freimaurerischer Weltpolitik, die zur Verwirklichung des großen »Planes« beitragen, gehörte auch die Idee des Völkerbundes, die von Hochgradfreimaurern bereits während des ersten Weltkrieges diskutiert und später realisiert wurde. Nachfolgerin dieses Staatenbündnisses wurde nach dem zweiten Weltkrieg die UNO. Beide Institutionen wurden Schrittmacher in Richtung »Neue Weltordnung« (»Die Freimaurer«, E. Lennhoff, S. 460ff. und Intern. Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner, Stichwort »Völkerbund«). Die »Gesetzestafeln« für die Menschenrechte wurden bereits 1789 erstellt. Sie fanden eine Fortsetzung in der UNO-Menschenrechtserklärung. Auch der 1. Artikel der UNO-Charta trägt als Überschrift die freimaurerischen Maximen der Französischen Revolution: Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit.

Zusammenfassung: Der »Plan« im Illuminatentum beziehungsweise Freimaurertum hat den Namen »Synarchie« – neue Weltordnung und Weltregierung mit Einheitsreligion. Das bedeutet ein künftiges totales Kontrollsystem zur Überwachung aller Erdressourcen mit zentral gesteuertem Wirtschafts- und Finanzwesen.

Wie allerdings in dieser »Neuen Weltordnung« die hochgelobten Prinzipien »Humanität« und »Toleranz« gepflegt werden sollen, bleibt völlig offen.

Der »Plan« im New Age

Die New-Age-Strömung ist, wie schon erwähnt, in ähnlicher Weise Schrittmacher für eine neue Weltordnung mit Einheitsreligion. Die Linien und Konturen des »Planes« tangieren die freimaurerische Linie.

Die New-Age-Prophetin A. Bailey äußerte: »Der Plan ist fertig und steht zur sofortigen Anwendung und intelligenten Ausführung bereit; die Arbeiter sind da, und die für das Werk notwendige Kraft entspricht den Erfordernissen.«

»Die Methode der Hierarchie ist die, durch Einzelmenschen und Gruppen zu wirken und darauf hinzuarbeiten, daß geistiges Erkennen und Wissen in einem solchen Ausmaß verbreitet wird, daß die Menschen überall die innere Regierung des Planeten als Tatsache anerkennen werden. Gemeinsam werden sie daran arbeiten, das Reich Gottes zu errichten, hier auf Erden in sichtbarer Form – nicht in ferner Zukunft und in einem vagen Himmel.«

Dazu C. Cumbey in ihrem Buch »Die sanfte Verführung«, S.18: »Der Plan beinhaltet die Einsetzung eines >Messias< sowie die Errichtung einer Weltregierung und einer neuen Weltreligion unter Maitreya. Im einzelnen gibt es zahlreiche politische und wirtschaftliche Ziele . . . Die Ausführung des Plans der Anhänger der New-Age-Bewegung, die Einnahme der ganzen Welt für Luzifer, befindet sich im letzten Stadium.«

Es dürfte wenig bekannt sein, daß die beiden Weltkriege luziferisch inspirierte Konzeption waren. A. Bailey erklärt in ihrer Publikation »Die sanfte Verführung«, S.88:
»Die Meister arbeiten in Übereinstimmung mit dem großen Plan, der in der geschichtlichen Vergangenheit der Menschheit entstand . . . ein Plan, der wegen der menschlichen Selbstsucht die grauenvollen Schrecken des Weltkrieges (1914 – 1945) notwendig machte.«

Ein wahrhaft teuflischer Plan. Die erwähnten »Meister« (Dämonen) inspirierten zu allen Zeiten Männer zu planmäßigen, weltumwälzenden Aktionen wie Kriege und Revolutionen, auch religiöser Art. Ähnlich werden am »Tage Gottes« zur gegebenen Zeit die »Großen Männer« von Satan zu dem Krieg von »Harmagedon« (Offb 16, 13. 16; 17, 17) inspiriert.

Der »Plan« hat im New Age den Namen »Neue Weltordnung mit Einheitsreligion« unter dem Maitreya-Christus. Es ist ein totales Kontrollsystem zur Überwachung aller Erdressourcen und mit einem zentral gesteuerten Wirtschafts- und Finanzwesen. (»Der konziliare Prozeß«, Beyerhaus/v. Padberg).

Der »Plan« in der Wachtturm-Ideologie der Zeugen Jehovas

Die Konturen des großen »Planes«, wie sie im Freimaurertum und im New Age sichtbar sind, werden auch in der Wachtturm-Politik erkennbar. Die Wachtturm-Organisation strebt ebenso wie die anderen beiden Systeme eine neue Weltordnung oder Weltregierung mit Einheitsreligion an.

Nach Aussage der Zeugen Jehovas liegt die Weltherrschaft schon fast in den Händen der Neuen-Welt-Gesellschaft (Wachtturm-Organisation). Sie bezeichnet sich bekanntlich als eine »mächtige Nation«, die die Erde in Besitz nehmen wird. (Wachtturm vom 15.6.1984, S.19).

Deutlich genug liegen die Ziele der Zeugen Jehovas auf politischer Ebene. Die Augenwischerei, propagandistische und subversive Aktionen als »christliche Feldzüge« zu deklarieren, ist der Wachtturm-Gesellschaft bis heute gelungen. Der einzelne Zeuge durchschaut ihre Politik nicht. Er ist manipuliert und zu einem »ideologischen Blindgänger« im wahrsten Sinne des Wortes gemacht worden.

Zu dieser Thematik nehmen die »Vierteljahrhefte für Zeitgeschichte« Stellung. Unter dem Thema »Die Ernsten Bibelforscher im Dritten Reich« schreibt Michael H. Kater, daß die Ernsten Bibelforscher ihre Weltanschauung immer schon für ein politisches Faktum hielten, das zu verkörpern sich alle Mitglieder bemühten. Dazu wörtlich: »Da die Zeugen Jehovas nach 1933 überdies darauf verfielen, ihr staatstheoretisches Weltbild in einer Antithese zum Nationalsozialismus zu konstruieren, war ihnen die Opposition der neuen Machthaber gewiß.«

Dr. K. Hutten bekräftigt diese Feststellung in seiner Schrift »Grübler – Seher – Enthusiasten«: »Folgenschwer war auch die Auffassung, daß in Gestalt der
>Neuen-Welt-Gesellschaft< das zukünftige Königreich Gottes
schon in die jetzige Welt der Nationen hereinragte. Sie (die
Neue Welt-Gesellschaft) ist also nicht nur eine religiöse
 Vereinigung, sondern eine neue Nation . . . Sie tritt als die
 Nation Gottes in Konkurrenz zu den untergehenden Nationen.«

Die Folgen dieser Selbstdeutung in der Hitlerära sind bekannt. Bis heute hat sich daran nichts geändert: »Das Königreich, dem Jehovas Zeugen in erster Linie die Treue halten, ist tatsächlich eine richtige Regierung . . . diese Regierung hat auch richtige Untertanen, die eine wachsende Nation bilden . . . dieses messianische Königreich wird >die ganze Erde füllen<, nachdem es alle weltlichen Regierungen zermalmt haben wird« (Wachtturm vom 15.6.1984, S.19).

Es ist derselbe Jargon wie bei H. G. Wells, dasselbe Ziel und dieselben Methoden wie im New Age. Der »Plan« heißt in der Neuen-Welt-Gesellschaft: Aufrichtung eines irdischen Paradieses oder Neue-Welt-Regierung – mit Wachtturm-Religion. Ziele, Methoden und Praktiken der drei Systeme sind integriert in den »Generalplan« Luzifers. Nicht nur durch äußerliche Begriffsverwandtschaft, sondern real geistig, ideologisch.

Abschließend noch zwei Thesen, die aufhorchen lassen: Der New-Age-Prophet David Spangler verkündet unter anderem, wer sich weigern würde, den »Christus« (Maitreya/Manifestation Luzifers) anzunehmen, würde auf eine andere Dimension außerhalb jedes körperlichen Daseins geschickt. Das heißt im Klartext, wird aus dem Weg geräumt.

Eine ähnliche Sprache spricht auch die Wachtturm-Organisation und erklärt: »Diejenigen, die keine gerechte Herrschaft wünschen, werden beseitigt werden.« (Wachtturm vom 15.6.1984, S.19).

Die Wachtturm-Schrift »Schriftstudien« (Bd. 7, S.413) bemerkt über jene, die sich nicht unterordnen würden: »Sie werden auf barmherzige Art in einem Nu elektrisch hingerichtet, nicht gequält.«

Danken wir Gott und Jesus Christus schon jetzt dafür, daß Er sein Reich aufrichten wird. Bis dahin allerdings werden noch viele den Verführern zum Opfer fallen. Wir wollen Sie davor warnen.

 

3. Freimaurertum

Über Anfänge und Entstehung der Freimaurerei schreibt Marcel Valmy (Freimaurer) in seiner Dokumentation »Die Freimaurer«, daß die Ursprünge bis ins mystische Dunkel des Mittelalters, in jene Epoche, in der Aberglauben und Rätselhaftes sich zu einer Atmosphäre des Geheimnisvollen vermengten, hineinragen. Freimaurerei fuße wie die Kirche auf alter Tradition.

Ein Kommentar des Einbandes von Valmys Buch erklärt, die Freimaurerei sei eine internationale Bruderschaft, die sich einer humanitären Geisteshaltung und der Toleranz verschrieben habe, über alle Schranken der Religion, der Nationalität, der Rasse oder politischen Anschauung hinweg. Die geistigen Grundlagen und esoterischen Wurzeln gehen sowohl auf Traditionen der antiken – vornehmlich der ägyptischen – Mysterienkulte wie auf religiöses Gedankengut des Alten und Neuen Testaments zurück.

Valmy erklärt im weiteren, die freimaurerische Geisteshaltung sei ein kräftiges »Dennoch«, denn das »Licht leuchte in der Finsternis«, die es niemals besiegen wird. Wörtlich: »Einer trat auf . . . von Gott gesandt. Johannes hieß er. Der kam zum Zeugnis, vom Lichte Zeugnis zu geben. Von ihm entlehnt das Gros der Freimaurerei den Namen. Man spricht von Johannis-Maurerei

Das sind neutestamentliche Denkkategorien. Damit beruft sich die Freimaurerei auf Worte Johannes des Täufers, der vom »Licht« zeugte. Allerdings hat Johannes von Christus als dem Licht gezeugt, das die »Dunkelheit« nicht erfaßt hat. Was meinen die FM für ein »Licht«, das die Finsternis nicht besiegt, wenn sie Jesus Christus gar nicht als dieses Licht akzeptieren? Hier versteht sich das Freimaurertum als das »Licht«.

Die Botschaft und das Anliegen des Freimaurertums ist Aufruf zum Versöhnungs- und Verständigungswerk des Kosmopolitismus, da doch alle Menschen gleichermaßen Brüder seien.

Das ist aber nicht die christliche Botschaft. Der Begriff »Brüder« ist nicht im Sinne Christi zu verstehen, der seine Brüder gerade aus dieser Welt herausrief (Joh 17,14).

Was ist Freimaurertum?

»Die >Freimaurerei< ist ein >öffentliches Geheimnis<, das nicht >verraten< und nicht >erklärt< werden kann. Die Freimaurer meinen, daß es >erlebt werden muß<, und viele von ihnen fügen hinzu, Freimaurerei sei ein Weg und kein Ziel, ja, das Ziel sei der Weg . . .
Stets aber war die Freimaurerei auf eine Emanzipation des Menschen gerichtet, verfuhr nach den Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, diente den Prinzipien von Humanität und Toleranz.« (A. Giese, »Die Freimaurer«, S.9)

H. Miers ergänzt Freimaurerei als: »Bruderschaftsbewegung ausgewählter Mitglieder, welche unter Anwendung bildlicher (symbolischer), größtenteils dem Bauhandwerk und der Baukunst entlehnten Formen für das Wohl der Menschheit wirken wollen, indem sie sich und andere geistig und sittlich zu veredeln suchen, um dadurch einen allgemeinen Menschheitsbund herbeizuführen, den sie unter sich im kleinen bereits darstellen . . .
Die freimaurerische Arbeit ist daher keine Frage des Wissens oder Verstehens, sondern ausschließlich des Zuhörern und der Einwirkung von Symbolen, die bei entsprechender Hingabe zuerst das Unterbewußtsein ansprechen und dann den Menschen langsam umformen . . . «

Symbole und Rituale

»Symbole zu erleben und Rituale mitzuvollziehen ist auch nicht jedermanns Sache . . . Ein Symbol ist ein Objekt in seiner höchsten Bedeutung. Nicht jeder Gegenstand kann diese Bedeutung anzeigen . . .

Die gleiche Dreiecksform deutet im kirchlichen, im christlichen Raum auf den dreieinigen Gott, das Dreieck ist sein Symbol: >ein Objekt in seiner höchsten Bedeutung< . . . Die maurerischen Symbole . . . sind keine geheiligten Symbole im religiösen, dogmatischen Sinn; mit Ausnahme des großen Baumeisters aller Welten, dem Symbol für das Unerforschliche – für Gott.«

»Ebenso sind Symbole, an deren Bedeutung man nicht herangeführt wird, ohne Wirkung. Erkannte, erlebte Symbole aber, ebenso wie ernst genommene Rituale, haben, nach Meinung der Freimaurer, die Kraft, auf Dauer zu wirken.« (A. Giese, S.48).

Esoterik

»Als esoterisch wird alles bezeichnet, was sich im Inneren, im Menschen (mit der Maurerei und überhaupt) vollzieht; esoterisch kann und soll die Erörterung und das Erlebnis des Rituals sein, als esoterisch sind Symbole zu betrachten, esoterisch ist dem Maurer das Erfahrbare an seelischen, geistigen, emotionalen Vorgängen; sein stets sich vertiefendes Wissen um Mensch und Welt, verbunden mit der Ahnung des Unerforschlichen.«( (A. Giese).

Exoterik

»Aber schon die Willensbildung, die moralisch-sittlichen Verhaltensweisen, die sich der Maurer auferlegt, sind exoterisch in ihrer Auswirkung. Auch alle Aktivitäten, reale Handlungen. Aktionen, z. B. karitative Maßnahmen, Spenden, Hilfeleistungen . . . Verbesserungen in der Welt. . . können als exoterischer Bereich maurerischer Arbeit bezeichnet werden.«

»Der Maurer versucht Exoterik und Esoterik zu vereinen; was immer er anstrebt, er wird es unter einem ganzheitlichen Konzept tun – oder zu tun versuchen.« – (A. Giese, S.48-53).

Freiheit

»Die Freiheit des Freimaurers gründet sich auf Erkenntnis und Wissen. Deshalb lehnt er jeden Dogmenzwang ab und findet den Begriff seiner Freimaurerei eingeschlossen in den Worten von der Glaubens- und Gewissensfreiheit, die er für sich beansprucht und die er anderen gegenüber nach dem Grundgesetz der Toleranzidee zu üben verpflichtet ist.« (Lennhoff-Posner: Int. Freimaurer-Lexikon, S. 525).

Soweit die freimaurerische Definition und die Absage an Dogmen-, Glaubens- und Gewissenszwang. Damit ist grundsätzlich im Freimaurertum jeglicher Glaubensansicht Tür und Tor geöffnet. Die Loge ist damit Wegbereiter des Synkretismus. Wie lautet dagegen die christliche Definition von Freiheit: Freiheit, die Gott schenkt durch Jesus Christus, ist die Erlösung von Sünde und Tod. Daher konnte Paulus in Galater 5,1 sagen: »Zur Freiheit hat uns Christus befreit.«

Das ist keine durch Wissen und Erkenntnis erworbene Freiheit, sondern es ist jene, über die Jesus Christus zu seinen Jüngern in Johannes 8,36 sagt: »Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.«

Das ist die Freiheit in Christus Jesus, die Gott schenkt – ohne Verdienst, allein aus Gnade. Da aber Gott und Christus im Freimaurertum relativiert werden, wird der Freimaurer diese Freiheit kaum begreifen oder erfahren können. Es sei denn, er sagt sich von den mystischen Riten und Symbolen und deren »Kraftwirkung« los, um sich zu Christus zu bekehren.

Die freimaurerischen Riten und Symbole sind wie eine Droge, der man sich immer und immer wieder bedienen muß, um sie »zu erleben«. Daher ist die freimaurerische »Freiheit« in Wahrheit Unfreiheit und Gebundenheit.

Gleichheit

Die Definition lautet: »Die Gleichheit unter Freimaurern liegt im Brudernamen verankert. In der Loge sind alle Brüder gleich. Das profane Leben setzt seine Unterschiede. Die Loge verwischt bei der Arbeit das Rangverhältnis und will für die Zeit der Vereinigung alle Brüder auf derselben Waagerechten versammeln. Aus dieser Gleichheit in der Loge ergeben sich für den Freimaurer Verpflichtungen für das profane Leben.« (Lennhoff/Posner: Int. Freimaurer-Lexikon, S. 610ff.).

Das Gleichheitsprinzip außerhalb der Loge anzuwenden (d. h. im profanen Leben), bringt seine Probleme mit sich. Das Allzumenschliche hindert uns allzumal daran. Distanz vom Klassendenken mag während des gemeinsam erlebten Rituals möglich sein. Später nimmt »die Welt« den »alten Adam« wieder in ihre Arme. Ethisches Bemühen allein reicht zum »Gleichsein« nicht aus.

Existentielles Gleichsein, von dem die Bibel spricht, kann nur im »Anziehen des Christus« erfolgen. Der Apostel Paulus erklärt dazu treffend im Galaterbrief, Kapitel 3,27ff.: ». . . die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.«

Nicht im feierlichen Ritual des »Schließens der Bruderkette« wird Gleichheit erreicht, sondern ausschließlich »in Jesus Christus«.

Selbst im Freimaurertum wird das Gleichheitsprinzip nicht durchgehalten. Es besteht zum Beispiel absolute Ungleichheit zwischen den sogenannten Blauen und Roten Logen, bedingt durch die unterschiedlichen Erkenntnisgrade.

Valmy bestätigt dieses Faktum selbst. Schon dadurch weist die vielgerühmte »Bruderkette der Gleichheit« eine Unterbrechung auf.

Brüderlichkeit / Bruderschaft

Der Begriff Bruder hat im Freimaurertum, wie in vielen andern Gemeinschaften, seinen Stellenwert. Zuerkennung der Bruderschaft erfolgt in der Loge durch ein besonderes Ritual. Auf den Namen Bruder gründet die im Bunde herrschende Bruderliebe. In der gegenseitigen Bezeichnung als Brüder liegt eingeschlossen ein gesteigerter Grad des Entgegenkommens in allen Lebenslagen durch die anderen Brüder. Und nun folgt ein für Christen bedenklicher Satz: »Eine mehr esoterische Ableitung des Brudernamens geht hervor aus der gemeinsamen >Gotteskindschaft<.« (Lennhoff-Posner).

Ohne überheblich sein zu wollen, von was leiten Freimaurer ihre Gotteskindschaft im Sinne der Bibel ab? Bei einer Relativierung Gottes und seines einziggezeugten Sohnes Jesus Christus, wie im Freimaurertum üblich, kann von Gotteskindschaft keine Rede sein. Deswegen ist auch die Begriffserklärung anfechtbar, die da lautet: »Gotteskindschaft, die Heilslehre, daß alle Menschen Kinder Gottes sind. Die angelsächsische Freimaurerei, insbesondere die amerikanische, vertritt die Auffassung, daß die Gotteskindschaft allein dem Bruderschaftsgedanken lebendigen Inhalt verleiht, daß die Bruderschaft der Menschheit auf die Gotteskindschaft gegründet ist. (. . .) In christlichen Systemen gilt als Ziel des Bundes das Erlangen der Gotteskindschaft durch die Bruderliebe“ (Lennhoff/Posner).

Diese Definition entspricht nicht dem biblischen Verständnis der Gotteskindschaft und ist absolut irreführend, denn die biblische Heilslehre spricht nur von Gotteskindschaft bei erfolgter geistlicher Wiedergeburt. Das dürfte für die gesamte Menschheit kaum zutreffen.

Gotteskindschaft ist unmittelbar verbunden mit der geistlichen Wiedergeburt im Sinne der Bibel. Sie ist Eingliederung in den »geistlichen Organismus des Leibes Christi« (2Kor 5,17). – Johannes 1,12.13 weist auf die Voraussetzung der Gotteskindschaft hin. Und Paulus erklärt es mit den schon erwähnten Worten (Gal 3,26): »Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus.«

Hier geht es durchaus um den biblisch dogmatischen Glauben, der im Freimaurertum abgelehnt wird. Das Freimaurertum anerkennt eben nicht die Ausschließlichkeit des biblisch-christlichen Glaubens als die einzige Offenbarungswahrheit zur Erlösung der Menschen.

Toleranz

Die Toleranzidee ist eines der wesentlichsten Postulate des Freimaurertums. In ihm gibt es keine Schranken nationaler, politischer und religiöser Art, wenn man nur guten Willens ist, die Arbeit im Bund dem rein Menschlichen zu widmen.

Man hält es für ratsam, sich zu einer Religion zu verpflichten, in der alle Menschen zu einem gemeinsamen Ja finden. Dadurch würde die Maurerei Mittelpunkt der Vereinigung, wogegen sonst Einzelpersonen auf Distanz bleiben müssen. (Lennhoff/Posner).

Die Religion, zu der sich alle Menschen bekennen, gibt es nicht. Sie aber ist reales Ziel des Illuminatentums (Freimaurer).

Das hat mit der christlichen Botschaft nichts zu tun, sondern ist vielmehr Synkretismus, den Gott hasst. Im Christentum richtet sich alles auf die Person Jesus Christus aus, die jedoch im Freimaurertum relativiert wird. Die biblische Lehre steht im Gegensatz zur Toleranzidee. Denn Christus betont ausdrücklich: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!« Das ist ein veritabler Satz. Daneben gibt es keinen zweiten Weg. Gott duldet neben sich keine anderen Götter. Hier muß Philosophie schweigen und menschliche Erkenntnis sich beugen vor seiner Größe und Allmacht.

4. Symbolik und Ritual im Freimaurertum

Um das Freimaurertum in seiner Tiefe zu erfassen, ist eine Kenntnis seiner Symbolik und Riten unerläßlich. Der okkult-mystisch bis religiöse Charakter wird gerne bestritten, weil das Freimaurertum keine Religion sein will. Es gibt durchaus, wenn auch profaniert, biblische Perspektiven, wie aus Lennhoff/Posner unter dem Stichwort »Das Anziehen des neuen Menschen« hervorgeht. Der Abschnitt artikuliert das Mysterium christlicher Wiedergeburt auf freimaurerische Weise.

Zitat: »Der Myste legt ein anderes (vom Alltagsgewand verschiedenes) Kleid an und zieht damit symbolisch einen anderen Menschen (den >neuen Adam<) oder einen anderen Leib an. Der alte Leib stirbt und bleibt zurück. Der Reine und Verwandelte tritt über die heilige Schwelle. Nachher aber tritt der alte Mensch wieder an seine Stelle.«

Das ist mystische Verwandlung, unheilige Irreführung. Die Wiedergeburt nach christlichem Verständnis ist die »neue Kreatur in Christus«, wie sie Paulus in 2 Korinther 5,17 beschreibt. Das ist existentielles neues Leben. Der Freimaurer A. Giese bezweifelt, ob ein Mensch wiedergeboren werden kann. Das sei nicht zu entscheiden. Und weil die christliche Wiedergeburt im Freimaurertum in Frage gestellt oder nicht geglaubt wird, inszeniert man ein esoterisches Ritual, eine profane Nachahmung der geistlichen Wiedergeburt. Das ist eine Verzerrung des Evangeliums.

Ein anderes bedeutsames freimaurerisches Ritual ist die Initiierung in den Meistergrad. Sie ist auf den Mythos des ermordeten salomonischen Tempelbaumeisters Hiram-Abiff hin angelegt, wobei in der Initiation eine mystisch symbolische Auferstehung des Tempelbaumeisters Hiram-Abiff verstanden wird. Ein esoterisches, nur für »Eingeweihte« verständliches Erlebnis.

Bei der symbolischen Logenarbeit werden die bekannten alten Handwerksgeräte der Steinmetze, Winkel, Wasserwaage, Lot und Zirkel benutzt. Weitere Symbole finden sich auf den sogenannten Lehrteppichen. Zum Beispiel das Tetragramm (JHWH) oder das große »G« (für Gott), die Jakobsleiter, der Davidstern (Hexagramm, auch Schlüssel Salomos genannt), der siebenarmige jüdische Leuchter, die beiden Säulen des salomonischen Tempels, genannt »Jachin« und »Boas« usw.

In den meisten Bildkompositionen dominiert das Dreieck mit dem Auge im Mittelpunkt und gelegentlich die Cheopspyramide von Gizeh mit der mystischen Sphinx.

Es liegt im Wesen der Freimaurerei, die Bilder, die als Symbole dienen, zu vergeistigen. Ein Beispiel dafür sind die beiden salomonischen Tempelsäulen. An sich sind sie kein Symbol, sondern tragende Elemente am heiligen Tempel. Begegnen sie uns aber im Freimaurertum, so stehen sie symbolisch für die Charaktereigenschaften »Stärke« und »Festigkeit«, denen der Freimaurer nachstrebt. Sie versinnbildlichen aber ebenso »Gerechtigkeit« und »Wohlwollen«, »die Grundpfeiler der Humanität, auf die der Maurerbund sich stützt«.

Interessant ist, was über Symbol und Ritus zugesagt wird:

»Nach dem Glauben der Mysterienbünde sind die Symbole die Mittler zwischen dem Suchenden und seinem Ziel, zwischen Mensch, Bund und Gott. . . Symbole und Ritus sind der sinnlich-geistigen Natur des Menschen unentbehrlich, sie bedeuten ihm Stellvertretung hoher und höchster Wesenheiten, sie helfen ihm, diese letzten Beziehungen zwischen sich und dem All stufenförmig zu erleben.«

Das ist Mystizismus, der Versuch, mit dem All zu verschmelzen, wie es die Mystiker versuchen, was aber auch in Anthroposophie und im New Age versucht wird. Grundsätzlich besteht auch hier eine Relativierung der Bibel und Verführung zum Okkultismus. Das Symbol bekommt Fetischcharakter.

Paulus erklärt dagegen in 1 Timotheus 2,5 ausdrücklich, daß nur einer Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, der Menschensohn Christus Jesus und keine Symbole.

So sieht der Maurer nicht mehr den Symbolgegenstand an sich, sondern die Verkörperung übernatürlicher Wesenheiten und erfährt, wenn das Symbol oder das Ritual ernst genommen und kultisch erlebt wird, eine auf Dauer wirkende Kraft. (Giese/FM,S.48). Daraus entsteht geistiges Gebundensein. Man liefert sich einer geistigen Macht aus, die nicht neutral ist. Hier berühren wir den Bereich der Magie, den Einfluß dämonischer Mächte, deren Wirkung von Bilder- oder Reliquienverehrung her bekannt ist.

Solche okkulten Bindungen gibt es im New-Age-Kult ebenso wie im religiösen Bereich der Zeugen Jehovas. Ich denke dabei an die Faszination des »treuen und verständigen Sklaven«, die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas, der man eine geradezu göttliche Verehrung zollt. Ich denke aber auch an die kultische Wassertaufe der Zeugen, die eine Initiation in die Organisation bedeutet, von der behauptet wird, sie werde vom Geist geleitet (von welchem Geist?). Hier könnte man von einer Art Versiegelung sprechen.

Daß eine Machtwirkung und Bindung durch Ritual und Symbol erfahrbar ist, kann jeder »Aussteiger« mehr oder weniger bezeugen. Denn sich von seinen kultischen Bindungen zu befreien, kostet oft jahrelangen, beständigen Kampf. Eine totale Befreiung ermöglicht nur das kostbare und starke Blut Jesu. Nur Jesus Christus widersteht den dunklen Mächten, denen heute immer mehr Menschen zum Opfer fallen.

5. Das »Vaterunser« der Freimaurer

Folgendes Gedicht ist eine Profanierung des biblischen »Vaterunsers«, eine Vermischung freimaurerischer Ideologie mit biblischen Worten. Die Ethik des Inhalts ist unbestritten, aber Toleranzdenken und Synkretismus der Freimaurer sind deutlich artikuliert.

Die Divergenzen zwischen Freimaurertum und biblischem Christentum sind aus dem Gedicht erkennbar und zugleich unüberbrückbar.

»Ich rufe Dich!
Dem Myriaden Sonnen brennen,
Den tausend Herzen Vater nennen,
Ich rufe Dich! . . .

Wo ist der Name, der die Gottheit nennt?
Ihn jede Zunge anders kennt,
Ich preise Dich!

Ob man Dich Isis, Allah, Bramah heißt,
Wie Dich der Mensch – und wie der Seraph preist:
Ein Name nennt Dich nicht . . .

Zum Demourgos sich der Grieche sehnt,
So feier’ auch ich, Baumeister aller Welten,
Mit Namen Dich! Du wirst Dein Kind nicht schelten.
Es betet: Geheiligt werde Dein Name! . . .

Halleluja, großer Meister! Deine ew’gen Säulen stehn . . .
Leit auch mich auf sicherm Wege durch der Wogen Element,
Bis ich schaue Dich als Meister in dem großen Orient,
Bis ein J. mir die Tore öffnet, Deines Tempels Hallen,
Wo von nah und fern die Brüder zu dem Sonnenaltar wallen . . .«

Deutlich erkennbar sind die kritischen Punkte, in denen Toleranz, Synkretismus und Mystizismus deutlich zu erkennen sind.

Toleranz: Jede Zunge darf Gott auf ihre Weise bekennen und mit dem ihr bekannten Namen anrufen.

Synkretismus: Es spielt keine Rolle, ob die ägyptische Göttin Isis oder der mohammedanische Gott Allah oder der indische Gott Brahma angerufen wird, immer ist der »Große Baumeister der Welten« gemeint, die Gottheit, die im Freimaurertum alle Götter in sich vereint.

Der biblische Gott offenbarte sich den Israeliten unter dem Namen JHWH, Christen rufen Gott in dem Namen Jesu an. Er ist der einzige und wahrhaftige Gott. Ein Greuel ist es seinen Augen, ihn mit heidnischen Göttern zu identifizieren, wie im Beispiel der israelischen Baalspriester. Es hat Konsequenzen (1.Kön 18,21.39).

Die Zeile: »Geheiligt werde Dein Name!« hat dialektischen Charakter. Welcher Name soll denn geheiligt werden, wenn kein Name (d. h. kein Mensch) den wahren Namen Gottes kennt?

Mystisch-heidnisch: Der große Orient ist eine mystische Analogie des Himmels, ebenso der Sonnenaltar, der an Sonnenanbetung erinnert, hier aber wohl für das »Licht« steht, dem der Freimaurer nachstrebt.

Das Gedicht ist freimaurerische Philosophie. In ihm wird die ideologische Verführung deutlich, wie sie auch im New Age geschieht oder bei den Zeugen Jehovas. Die Lehren und Schriften sind moralisch und ethisch ausgewogen, haben jedoch mit dem biblischen Worte Gottes nichts zu tun.

 

6. Gedanken zu den »21 Freimaurerthesen bis zum Jahr 2000«

Die »21 freimaurerischen Thesen bis zum Jahre 2000« reflektieren die Grundzüge freimaurerischer Philosophie. Aus verständlichen Gründen können an dieser Stelle nur einige Prinzipien behandelt werden, die die freimaurerische Konzeption besonders deutlich machen.

Für den Inhalt der Thesen verantwortlich zeichnen Rechtsanwalt und Notar Gerhard Grossmann und Professor Dr. phil. Alfred Schmid, beide Frankfurt a. M. im Auftrag von Vorstand, Großbeamtenrat und Distriktsmeister der Großloge A. F. und A. M. v. D., Frankfurt am Main. (M.Adler/Kirche u.Loge, S.105).

These 1 lautet: »Philosophische Ideen und Systeme weltanschaulich-religiöser Art, die alleinige Verbindlichkeit beanspruchen können, gibt es nicht.«

Die Behauptung ist kategorisch und ihrem Charakter nach genau das Gegenteil von dem, was sie nicht sein will: nämlich dogmatisch.

Die Geschichte beweist sehr wohl, daß es einen Verbindlichkeitsanspruch in weltanschaulich-religiöser Art gibt, nämlich, wenn sie heilsgeschichtlich verstanden wird. Ein klassisches Beispiel dafür ist Israel in Vergangenheit und Gegenwart. Sein historisch vorhergeschriebener Weg ist in der Bibel nachprüfbar. Damit besitzt die biblische Botschaft sehr wohl Verbindlichkeit.

Weitere Beweise biblischer Prophetie sind die gegenwärtigen politischen und religiösen Weltereignisse. Würde der Freimaurer die Illuminatenpyramide im Lichte der Bibel betrachten, könnte er ihre Symbolik besser verstehen. Denn gerade die metaphysische Aussage über eine künftige »Neue Weltordnung« geht ihrer Erfüllung entgegen, um dann, gemäß biblischer Prophetie, von Gottes Reich unter Jesus Christus abgelöst zu werden. Von daher besitzt die freimaurerische Idee des »Welttempels der Humanität« paradoxerweise durchaus den verpönten Verbindlichkeitscharakter.

Der Christ hat es gelernt, Geschichte biblisch einzuordnen. Geschichte ist für ihn Bestätigung göttlicher Vorhersage. Dadurch haben Bibel und die biblische Botschaft für ihn Absolutheitsanspruch.

Selbst Gott ist entgegen der freimaurerischen Auffassung dogmatisch und warnt vor jeder Art Synkretismus und Synergismus.

Die Ideologie der Freimaurer mit ihrem humanistisch-toleranten Denken führt von der Anerkennung der Souveränität und des Absolutheitsanspruchs dieses geoffenbarten Gottes weg, hin zu anderen Göttern, hin zu eigenen Meinungen bis hin zum Selbsterlösungsstreben. Der Toleranzgedanke relativiert Gott und sein Wort. Daher könnte ein entschiedener Christ niemals Freimaurer sein. In den sogenannten »Alten Pflichten«, einer Art Grundgesetz der Freimaurer, wird der Toleranzgedanke wie folgt formuliert:

a. »So hält man es jetzt für ratsam, sie (d. h. die Maurer) bloß zu der Religion zu verpflichten, in welcher alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine Meinung zu lassen . . .«

b. »Denn wir gehören als Maurer bloß zu der oben angeführten allgemeinen Religion, auch sind wir von allen Nationen, Zungen und Sprachen.«

c. »Zwei Grundsätze bezeichnen vor allem unser Streben: Gewissensfreiheit und Duldung . . .«

zu a) Es gibt keine Religion, in der alle Menschen übereinstimmen. Höchstens in der »Freimaurer-Religion« mit ihrer Toleranzidee, die den Ausspruch des Freimaurers Friedrich des Großen akzeptiert: »Jeder soll nach seiner Fasson selig werden«.

Unter dem Toleranzaspekt können sich natürlich die »Götter« aller Religionen tummeln und in »Einheit« den »Großen Baumeister der Welten« verehren. Diese widergöttliche, synkretistische Konzeption steht gegen Gottes Gebot, keine anderen Götter neben ihm zu haben.

zu b) Das Freimaurertum bekennt sich weltweit zu der oben erwähnten »Toleranz-Religion«. Im Grunde ist das eine Reaktion auf die Dogmatik eines desolaten Kirchenchristentums im Zeitalter der Aufklärung. Trotzdem finden sich in der freimaurerischen Ritualisierung eine Menge profaner Aspekte mit biblisch-religiösen Akzenten.

zu c) Freimaurerische »Gewissensfreiheit« entspricht der »Freimaurer-Religion« und umgekehrt. Christliche Gewissensfreiheit dagegen heißt Leben in und mit Christus. Heißt Hingabe und Liebe zu Gott, zu seinen Gesetzen und Geboten. Wenn ohne biblisch-göttliches Gesetz und Dogma gedacht und gehandelt wird, kommt es zu einem Individualismus, der schließlich besagt: »Tu was du willst, das ist das ganze Gesetz« (A. Crowley).

Ein abschließender Kommentar gilt der 20. These der Freimaurer: »Die Freimaurerei hütet sich davor, in den letzten philosophischen Grundfragen dogmatische Positionen zu beziehen. Unkritischer Idealismus kann leicht zu selbstgenügsamer Weltentrückung führen, blanker Materialismus birgt die Gefahr der Vereinfachung in sich. Die Materie mag denkfähig sein; wie sie aber denkt, verrät sie uns nicht.«

Eine absolut indifferente Aussage. Man hütet sich vor einer dogmatischen Stellungnahme, warnt aber zugleich vor Kritiklosigkeit und Krudität und gesteht der Materie eventuelle Denkfähigkeit zu. Das letztere ist zweifellos ein materialistischer Denkansatz.

Sicher, jeder weiß, absolute philosophische Schlüsse zu ziehen ist schwierig. Viele Fragen zu unserem modernen Weltbild müssen unbeantwortet bleiben. Gültige, schlüssige Antworten auf unsere Fragen gibt jedoch der Gott der Geschichte in seinem inspirierten Wort, der Bibel.

Das Freimaurertum ist, zusammenfassend gesagt, eine Ideologie mit moralischer und ethischer Konzeption, eine Weltanschauung, die das Christentum tangiert und stellenweise auch in Anspruch nimmt (Vokabular, Themengegenstände etc.), letztlich aber im Tempelbau der Humanität das Reich Gottes als ein idealistisches, innerweltliches versteht und interpretiert. Von daher ist Freimaurertum als antichristliche Ideologie zu verstehen.

7. Der Illuminatenorden

In der Aufklärungszeit entstand außer den freimaurerischen Bünden und Brüderschaften eine sehr wirksame, antikirchliche Vereinigung – der Illuminatenorden. Er wurde 1776 von dem Professor für Kirchenrecht, Adam Weishaupt, in Ingolstadt gegründet.

Die Besonderheit dieser Geheimgesellschaft war ihr starker Einfluß auf Kirche und Gesellschaft.

Die folgenden Darlegungen sind der gekürzten Schrift von Dr. Graber, Dozent für Kirchengeschichte und Bischof von Regensburg, in »Reich Gottes oder Weltgemeinschaft«, entnommen. (P. Beyerhaus/W. Künneth, S. 206).

Demnach gibt es eine Art freimaurerisches Prinzip:
»Die Freimaurerei macht nicht die Revolution; sie bereitet sie vor und setzt sie dann fort.«

Die französische Revolution ist dafür ein einmaliges Beispiel. Die Einflußnahme des freimaurerischen Illuminatenordens darauf ist historisch belegt. »Wie dem auch sei, im Schoß dieser und ähnlicher Geheimgesellschaften wurden die Keime für das gelegt, was man später Synarchie nannte, das heißt einen einheitlichen Weltstaat mit einer einheitlichen Regierung, die als Gegenkirche geplant ist. Doch davon später. Jedenfalls stellt die Französische Revolution ein wichtiges Glied im luziferischen Plan dar.« (Dr. R. Graber, S. 200).

Dr. Graber zitiert aus dem Werk des Freimaurers Y. Marsaudon, das mit einer Widmung an Papst Johannes XXIII. versehen war, folgendes:
»Wir Freimaurer der Tradition gestatten uns das Wort eines berühmten Staatsmannes zu verdeutlichen und zu akzentuieren (transposer), indem wir es den Umständen angleichen: Katholiken, Orthodoxe, Protestanten, Muselmanen, Hinduisten, Buddhisten, Freidenker und gläubige Denker sind bei uns nur Vornamen. Unser Familienname ist Freimaurerei.«

Damit ist eigentlich alles gesagt.

Die Mittel, die von den Illuminaten eingesetzt wurden oder werden, um die angestrebten Ziele zu erreichen, beschreibt das »Handbuch der bayrischen Geschichte«, (Bd.II, München,1966, S.1028): »Am 1. Mai 1776 wurde in Ingolstadt der Orden der Illuminati von Adam Weishaupt gegründet . . . unter dem Deckmantel der Münchner Freimaurerloge wurden okkulte Praktiken geübt. . . Dieser als atheistische Institution gestiftete Orden der Illuminati pflegte nicht nur Okkultismus und Satanismus, sondern verfolgte auch politische Ziele:

1. Den Umsturz der Regierungen und Religionen, besonders des Christentums;
2. Die Auslösung eines Chaos mit Hilfe von Revolutionen und Kriegen, um dann selbst die Macht zu ergreifen und eine Weltherrschaft mit Satanismus als verbindliche Staatsreligion aufzubauen.
Mitglieder seines Ordens wurden zum Beispiel Voltaire, Mirabeau, Robespierre . . . Die wichtigsten Strömungen, die aus der Gedankenwelt der Illuminati mit ihrem Satanismus und daher Gottes- und Christenhaß hervorging, sind der Kommunismus, der Anarchismus, der Nationalsozialismus und der Faschismus.«

Ein wahrhaft luziferischer Plan. Darüber hinaus finden sich ähnliche Dokumente in der Schrift von Pierre Virion in »mystere d’iniquite«, die Dr. Graber in seiner Publikation erwähnt:

»Pierre Virion vor allem gebührt das Verdienst, auf diese Geheimgesellschaften in seinen Schriften aufmerksam gemacht zu haben. Wenn man nur einen Bruchteil dessen liest, was Virion aus all den heute so ziemlich verschwundenen Schriften der geheimen Wortführer zusammengetragen hat, so ist man überrascht, erstaunt und entsetzt (. . .) daß alle diese destruktiven Gedanken insgeheim auf ein einheitliches Ziel ausgerichtet sind, nämlich die Gegenkirche oder die >neue< Kirche zu schaffen. (. . .) Es handelt sich hier um die Summe von Geheimmächten aller >Orden< und Schulen, die sich zusammengetan haben, um eine unsichtbare Weltregierung zu bilden.«

Dieser Kommentar reflektiert geradezu den symbolischen Inhalt des Illuminatensiegels der amerikanischen Ein-Dollar-Note. Die Pyramide mit dem allgegenwärtigen Auge, der »Erleuchtung« durch die »reine Doktrin Luzifers«, den Segensworten, daß unter dem Allgegenwärtigen Auge das Werk weitergeht beziehungsweise gelingen wird, und schließlich die Worte unter der Pyramide »novus ordo seclorum« – neue Weltordnung, beides ist als Symbol im Sinne freimaurerischer Esoterik »ein Objekt in seiner höchsten Bedeutung« (A. Giese, S. 47).

Dieses Symbol signalisiert auf solche Weise täglich vielen Millionen Menschen, bewußt oder unbewußt, den »Plan« der Illuminaten – die »Neue Weltordnung«.

Heute ist dieser Begriff in aller Munde, vom Politiker bis zum Mann auf der Straße. Zufall? Presse, Rundfunk und Fernsehen signalisieren diesen Begriff längst und nehmen damit Einfluß auf die Meinungsbildung des Publikums. Hierzu ein abschließender Kommentar aus:

»Eine Punktation als Orientierungshilfe, AKV Informat. Wien, Nr. 1/1989. Prantner. Über das gegenwärtige >Denken und Handeln der Hochgradfreimaurer< wird gesagt: >Ihr Einfluß reicht in die internationale Staatenwelt, weltpolitische Organisationen, vor allem aber in das Geistesleben von Kunst und Erziehung und Unterricht, in die Welt der Funk- und Printmedien, seit etwa 20 Jahren in die archaische, neubelebte Sphäre von Naturreligionen, die sich zu Sekten formieren und Menschen aller Standes-, Berufs- und Lebenskreise mit der Sinnfrage der menschlichen Existenz konfrontieren und magisch-rituelle Lösungen anbieten. Im Bereiche der industriellen Wirtschaft, der freien akademischen Berufe sowie unter Hochschullehrern, Philosophen, Juristen und Ärzten sowie Bankiers und der hohen Beamtenschaft finden sich zahlreiche blaue Maurer, die >im geheimen< auch in roten Perfektionslogen arbeiten.«

Ein treffender Satz Valmys hierzu lautet (in »Die Freimaurer«, S. 26), man könne zu allem eher sagen, die Geister, die die Freimaurerei rief, wurde sie nicht mehr los. Dieser recht offene Kommentar eines Freimaurers sagt einem Insider genug. Eine Einflußnahme auf die Entwicklung der Französischen Revolution kann kaum in Abrede gestellt werden. 

Illuminatische Prinzipien und Begriffe

Wie und wo bestehen Berührungspunkte oder Übereinstimmungen zwischen Illuminatentum und Jehovas Zeugen? Zunächst rein äußerlich in der Anwendung gleicher Begriffe, gleicher Zielsetzung und Moralität.

Ein Begriffsbeispiel: »Neue Welt«. Das Wort erfährt eine Bedeutungserweiterung wesentlich in der Weltpolitik, wie »Neue Welt«-Ordnung oder »Welt«-Wirtschaftssystem usw. Das Wort ist also mehr oder weniger ein Inbegriff ideologischen Denkens, dessen Ziel eine »Neue-Welt«-Regierung oder »Neue-Welt«-Ordnung ist.

Das Illuminatentum signalisiert die Worte »Neue Welt« in der Pyramide mit dem Begriff »novus ordo seclorum« – »Neue Weltordnung«. Wo implizieren den Begriff Zeugen Jehovas? Zunächst in ihrer Selbstbezeichnung »Neue-Welt«-Gesellschaft. Mit welcher Begründung nennen sie sich so?

Nach ihrer Lehre existiert seit 1914 der »neue Himmel« und seit 1919 die »neue Erde« – für sie ein »Neues Welt«-System. Teil dieses von Jehova bewirkten Systems ist die »Neue-Welt-Gesellschaft« der Zeugen Jehovas. Ihre Führung versteht sich faktisch als »Neue-Welt«-Regierung, stellvertretend für Jesus Christus.

Die willkürliche Organisationsbenennung »Neue-Welt«-Gesellschaft deutet auf ihr Ziel und ihre Selbsteinschätzung. Ebenfalls zu ihrem Repertoire gehört der Begriff »Neue-Welt«-Übersetzung. Das ist eine Bibel, die für die ideologischen Ziele der »Neuen-Welt«-Gesellschaft zugeschnitten ist. Die Beispiele könnten fortgesetzt werden. Verbale Übereinstimmungen zwischen Illuminatentum und der Wachtturm-Ideologie bestehen offensichtlich.

Andere Berührungspunkte beider Systeme sind Regeln und Prinzipien. Maxime des Illuminatenordens waren Gehorsam und Ergebenheit, wie sie im Grunde aber nur Gott zustehen.

Nach denselben Prinzipien wird die »Neue-Welt«-Gesellschaft der Zeugen Jehovas heute noch geführt:
absoluter Gehorsam, Ergebenheit und totale Hingabe an die Organisationsführung.

Hierzu weitere Schriftbeispiele aus der bekannten Illuminatenschrift »Das verbesserte System der Illuminaten« von Adam Weishaupt (M. Weishaupt, Bd.1, 1787), und aus diversen Schriften der Zeugen Jehovas:
»Wir fordern Unterwürfigkeit und Gehorsam . . . weil wir Führer sind durch unbekannte Länder und Gegenden; weil man uns Einsicht und Erkenntnis zutraut und solche von uns erwartet.« (M. Weishaupt, Bd.1, S.76),

»Es ist gebieterische Pflicht. . . mit der Neuen Weltgesellschaft Schritt zu halten . . . weil sie nun bald ihre Glieder durch den Krieg von Harmagedon . . . in eine heile Welt führen wird.«… Indem wir Gott ehren . . . daß wir seine von ihm gebilligte Organisation hingebungsvoll anerkennen.« (Wachtturm 1956, S. 464).

»Wir fordern, daß alle Beförderungen von uns allein abhängen. Wir allein können wissen, wer so ist, wie wir ihn brauchen . . . Jeder, der über verzögerte Beförderung murrt, dessen Absichten sind unrein.« (A. Weishaupt, S.80).

»Auch müssen wir Demut offenbaren und dürfen nicht daran denken, uns selbst zu befördern.« (Wachtturm-Schrift: Erwachet, 1. September 1982, S.25).

»Du sollst wissen, hören, lesen, um sodann zu tun.« (A. Weishaupt, S.81).

»Wenn wir Jehova und seine Organisation lieben . . . werden wir . . . alles glauben . . . was der Wachtturm darreicht.« (Wachtturm-Schrift »Zum Predigtdienst befähigt«/156).

Die Beispiele sollten genügen, nachfolgend aber noch eine Reihe Wachtturm-Zitate, die den absolutistischen Charakter der Wachtturm-Organisation aufzeigen. Bei ihrer Mißachtung erfolgt der Ausschluß aus der Gemeinschaft.

»Es kann nicht zu sehr betont werden, daß wir die theokratische Organisation Jehovas erkennen müssen. Wenn das Leben eines Menschen von einer bestimmten Handlungsweise abhängig ist, sollte er ihr mit Freuden folgen, selbst wenn sie, weil er sich demütigen muß, seinen Stolz verletzt. Das gilt besonders in bezug auf die Anerkennung der theokratischen Organisation und ihrer Art des Wirkens unter der Hand Gottes.« (Wachtturm, 1.11.1954, S. 656).

»Indem wir Gott ehren und ihm dadurch die höchste Achtung erweisen, daß wir seine von ihm gebilligte Organisation hingebungsvoll anerkennen, werden wir in einem glücklichen, erfreulichen Verhältnis zur Organisation bleiben und uns mit ihr jetzt vieler Dienstvorrechte erfreuen.« (Wachtturm, 1. November 1954, S. 699).

»Es ist gebieterische Pflicht, daß jene, die in der neuen Welt der Gerechtigkeit zu leben wünschen, mit der »Neuen-Welt-Gesellschaft« Schritt halten. Warum? Weil sie nun bald alle ihre Glieder durch die größte Drangsal, den Krieg von Harmagedon, sicher hindurchbringen und sie in eine neue, heile Welt führen wird, die Gott schafft und in der sich die Menschheit des ewigen Friedens, der Wohlfahrt und des Glücks erfreut.« (Wachtturm, 1956, S. 484).

»Nur diese Organisation wirkt im Interesse des Vorhabens Jehovas und zu seiner Lobpreisung. Nur für sie ist Gottes heiliges Wort, die Bibel, kein versiegeltes Buch. Wahre Christen schätzen es daher sehr, mit der einzigen Organisation auf der Erde verbunden zu sein, die die tiefen Dinge Gottes versteht.« (Wachtturm, 1.10.1973, S. 593).

»Daher ist der Wille des Sklaven der Wille Jehovas. Rebellion gegen den Sklaven ist Rebellion gegen Gott.« – »Gottes Wort, die Bibel, ist ein Buch, das Organisation lehrt. Es veranlaßt und ermutigt uns auf jegliche Weise, die theokratische Organisation dem eigenen Ich voranzustellen, sie anzuerkennen und sich durch dick und dünn loyal an sie zu halten.« (Wachtturm, 1.11.1954, S. 668).

»Folglich ist die Bibel ein organisatorisches Buch und gehört der Christenversammlung als Organisation, nicht irgendwelchen Einzelpersonen, sie mögen noch so aufrichtig glauben, sie könnten sie auslegen. Aus diesem Grunde kann die Bibel getrennt von der sichtbaren Organisation Jehovas nicht richtig verstanden werden.« (Wachtturm, 15.1.1968).

Ein Generalpostulat
»Offensichtlich kann eine anerkannte Mitverbundenheit mit Jehovas Zeugen nicht lediglich auf einem Glauben an Gott, an die Bibel und an Jesus Christus beruhen . . . Eine anerkannte Mitverbundenheit mit Jehovas Zeugen erfordert, daß man die Gesamtheit der wahren Lehren der Bibel akzeptiert, einschließlich jener biblischen Glaubensinhalte, die nur Jehovas Zeugen vertreten.« (Wachtturm, 1.4.1986, S. 31).
Mit diesem Postulat werden Gott, Jesus Christus und die Bibel relativiert.

8. »Jehova« – das wiedergefundene Meisterwort

Zum Verständnis des Begriffs »wiedergefundenes Meisterwort« gehört ein kurzer Abriß der Freimaurerlegende von der Ermordung Hiram-Abiffs, des legendären Baumeisters des Salomonischen Tempels.

Die Legende berichtet, daß Hiram-Abiff von drei Gesellen erschlagen wurde, die aus egoistischen Gründen in den Besitz des Meisterwortes, dem Paßwort des Tempelbaumeisters, kommen wollten. In seiner Bedrängnis, unmittelbar vor seinem Tod, riß Hiram das goldene Dreieck mit dem Meisterpaßwort von seinem Hals und warf es, damit es den Mördern nicht in die Hände fallen sollte, in ein Gewölbe. Auf der Suche nach Hirams Leiche entdeckte man das Gewölbe und fand darin das goldene Dreieck mit dem Meisterwort: Jehovah.

Das Freimaurertum benutzt den Begriff Jehova auch in Form des Tetragramms in ihren Lehrteppichen. Unter diesem »Paßwort« sollen der Menschheitstempel und die »Neue Weltordnung« gebaut werden. Symbolhaft ist dieser Aspekt in dem amerikanischen Siegel auf der Dollarnote in Form der Pyramide dargestellt.

Auch Jehovas Zeugen versuchen auf ihre Weise, unter dem Namen »Jehova« an einem Menschheitstempel, einer »Neuen Weltordnung«, zu arbeiten. Da der Name Jehovah in beiden Weltanschauungen eine geradezu mystische Rolle spielt, sollte beachtet werden, daß das hebräische Tetragramm seine biblisch-historische Erfüllung bereits hatte. Daher findet auch eine Anrufung Gottes mit dem Namen Jehova in der christlichen Botschaft nicht mehr statt. Biblisch-historisch gesehen, hatte das Tetragramm (JHWH) seinen Stellenwert ausschließlich im Alten Testament.

Obwohl es fast 7000mal in den hebräischen Schriften erscheint, lehrte Jesus seine Nachfolger, Gott weder mit Jahwe noch mit Jehova anzureden. Es gibt keinen Beweis dafür, daß Christus seinen Vater je mit diesem Namen angeredet hätte. Für ihn und seine Nachfolger war Gott der Vater und wurde mit »Abba – lieber Vater« angeredet.

Freimaurern sollte es jedoch zu denken geben, daß die Hiram-Legende in die Zeit Salomos hineinspielt und zu dieser Zeit der Name Jehova in der vorliegenden Vokalisierung kaum auf Hirams goldenem Dreieck gestanden haben konnte. Denn frühestens um 1270 n. Chr. wurde die Vokalisierung Jehova von dem spanischen Franziskanermönch Raimundus gebraucht, und um 1500 n. Chr. in der gleichen Form von dem Franziskanermönch Galatin.

9. Ch. T. Russell – vom christlichen zum freimaurerischen Denken

Als Ch. T. Russell, Gründer der Wachtturm-Gesellschaft, seinen christlichen Hintergrund verlassen hatte, begann er ein eigenes Lehrgebäude zu errichten. Seine Botschaften und »Prophezeiungen« sind nichts Originäres. Sie sind mehr oder weniger ein Kaleidoskop bereits vorhandener Anschauungen, Lehren oder Theorien. Seine Thesen weisen aber bald freimaurerischen Einfluß auf. Seine Proklamationen verhießen: Ein goldenes Zeitalter, ein irdisches Paradies, keine Hölle, alle Menschen werden auferstehen zu einem neuen Leben usw.

Die Darlegung soll keine Schmälerung des Menschen Russell sein, denn im Grunde war auch er, wie viele aufrichtig Suchende, ein Opfer der Verführung. Russell beschreibt den Einflußmoment seines geistlichen Umdenkens selbst recht genau:

»Der Anfang unserer Erzählung fällt in das Jahr 1868, in welcher Zeit der Verfasser (von Zions Watch Tower), der schon seit einigen Jahren ein geweihtes Kind Gottes und ein Glied der Kongregationalisten-Kirche sowie des Christlichen Vereins junger Männer war, anfing, hinsichtlich des Glaubens an manche Lehren, die man seit langem für wahr gehalten, erschüttert zu werden.
Als Presbyterianer erzogen und in dem Katechismus unterrichtet, wurde ich . . . gar schnell eine Beute der Vernunftlehre des Unglaubens, sobald ich anfing, selbständig zu denken. Doch das, was zuerst ein völliger Schiffbruch des Glaubens an Gott zu werden drohte, wurde unter Gottes Vorsehung zum Guten gewendet, und so erlitt nur mein Vertrauen zu menschlichen Glaubensbekenntnissen und Systemen der falschen Bibelauslegung Schiffbruch . . .  Anscheinend durch einen Zufall geriet ich eines Abends in ein staubiges, schwärzliches Versammlungslokal in Allegheny, Pa. . . .  Dort hörte ich erstmals etwas über die Ansichten der Adventisten (Second Adventists), und zwar von Jonas Wendel. Bald begann ich zu erkennen, daß wir irgendwie nahe vor dem Schluß des Evangeliumszeitalters lebten . . . Wir erkannten . . . wie alle aus dem Grab aufgeweckt werden müssen . . . dies als Wiederherstellungswerk, von welchem in Apostelgeschichte 3,21 die Rede ist.« (Wachtturm-Gesellschaft: Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben, S.14).

Russell geriet mit etwa 18 Jahren, während einer Glaubenskrise, an eine Splittergruppe der Adventisten. Noch in der Zeitschrift »Wachtturm« 1907 spricht Russell von seinem Freund Jonas Wendel. Etwa um 1870 begann er eine eigene Bibelstudiengruppe aufzubauen und driftet wenig später unter dem Einfluß eines anderen Splitteradventisten, N. H. Barbour, ins »prophetische Sektierertum« ab. (Franz, R.: Der Gewissenskonflikt, S.142).

Mit 29 Jahren (1881) gründete er die »Zions-Wachtturm-Traktat-Gesellschaft«, um seine Schriften drucken und verbreiten zu lassen. »Prophezeiungen« nehmen einen breiten Raum in seinen Publikationen ein. Er selbst besaß weder bibelwissenschaftliche Vorbildung noch Kenntnisse der hebräischen und griechischen Sprache. Das lediglich als Feststellung, die in seinen Darlegungen manches entschuldigt. Seine Selbsteinschätzung und der Erwählungsglaube sowie der Glaube an seine »prophetische Gabe« waren beachtlich. Hierzu ein Zitat:

»Es ist wahr, es heißt große Dinge erwarten, wenn man behauptet, wie wir es tun, daß in den kommenden sechsundzwanzig Jahren alle gegenwärtigen Regierungen gestürzt werden . . . betrachten wir es als feststehende Wahrheit, daß das schließliche Ende der Reiche dieser Welt und die volle Herrschaft des Königreichs Gottes um 1914 vollzogen sein wird.« (Wachtturm-Gesellschaft: Schriftstudien, Bd.2, S.99).

Sehr viel später, erst etwa um 1931, mußte die WTG (Wachtturm-Gesellschaft) bekennen: »Das ganze Volk des Herrn blickte dem Jahre 1914 mit freudiger Erwartung entgegen. Als diese Zeit gekommen und vorübergegangen war, da bemächtigte sich seiner große Enttäuschung, Kummer und Traurigkeit, weil er so viel über 1914 ausgesagt hatte, was da alles geschehen werde, und seine Prophezeiungen sich nicht erfüllt hatten.« (WTG: Licht, Bd.1, S.199).

Schon bald stand Russell mit seinen unbiblischen und ideologischen Anschauungen den christlichen Konfessionen konträr gegenüber. Seine Aversion gegen die Kirchen entsprang mehr oder weniger dem Einfluß freimaurerischer Ideologie. Vorbilder mögen die Illuminaten und Freimaurer wie A. Pike und Mazzini gewesen sein. (Queensborough: Occult Theocracy, Bd.1, S.539).

 10. Russells freimaurerisches Symbolverständnis

Die Lehren und Schriften Russells waren in Wort und Bild freimaurerisch pointiert. Seine allegorischen Umdeutungen sind eine Mixtur aus biblischer Thematik und freimaurerischer Symbolik. Bei dieser Feststellung ergibt sich folgende Frage: Kann man die geistige Einstellung einer Person aufgrund ihres Milieus, gewisser Äußerlichkeiten wie Reden und Wortschatz erkennen? Wir würden sagen: vordergründig ja.

Zum Beispiel: Wenn sich jemand ein Kreuz an die Wand hängt, über die Bibel spricht und biblische Vorträge hält, darf man annehmen, daß man es mit einem Christen zu tun hat.

Wenn sich eine Person das Kreuz-Krone-Emblem des freimaurerischen Tempelritter-Ordens in seinem Büro an die Wand hängt, den Sonnendiskus, Symbol der Hochgradfreimaurer auf seinen wichtigsten Publikationen in Goldprägedruck anbringen läßt, Gott nach freimaurerischer Auffassung als »Großen Baumeister der Welten« tituliert, den Tempel Gottes allegorisch umdeutet als Pyramide im Sinne der Freimaurer, sich dabei auf die Pyramide von Gizeh beruft, die Gemeinde Jesu einen geheimen Orden nennt, Jesus Christus als den Großen Meister Freimaurer bezeichnet oder als größten Tempelritter, die »144.000« (Offb 7,4) zu Tempelrittern erklärt, sich selbst als freien Freimaurer bezeichnet, darf man hier annehmen, daß man es mit einem Freimaurer zu tun hat?

Das Kreuz-Krone-Emblem

Das Kreuz-Krone-Emblem ist ein Symbol des Tempelritter-Ordens. Benutzt wird es auch von den beiden okkulten Gemeinschaften »Christliche Wissenschaft« und »Adyar-Theosophie«. »Die »Adyar-Theosophie« (eine Philosophie aus Christentum, Buddhismus und Gnosis) bildete das Symbol unter anderem auf der Titelseite ihrer Zeitschrift »Auf dem Wachtturm« ab. Russell plazierte das gleiche Symbol auf der Titelseite seiner Wachtturm-Zeitschrift. Daher ähnelten sich äußerlich beide Publikationen. Allerdings wurde das Kreuz-Krone-Emblem nach 1930 von den »Wachtturm«-Titelseiten entfernt.

Russell verwendete das Kreuz-Krone-Emblem als Wandschmuck in seinem Büro, auf Wachtturm-Titelseiten, am Bug der Lokomotive bei der Transcontinental-Tour 1913, bei der Pyramide an seinem Grab uam.

Bekanntlich fand nicht nur die »International Biblestudents Convention« in Freimaurersälen unter dem Kreuz-Krone-Emblem statt, sondern selbst noch aus den 1970er Jahren wird berichtet, daß Zeugen Jehovas die Freimaurerhallen als Treffpunkt und Veranstaltungsort für ihre Vorträge bevorzugten. Wieso gerade dort?

Das Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1973 schreibt: »Bis zum Jahre 1901 war die Gruppe in Glasgow, die zuerst in Schwester Ferries Wohnung zusammenkamen, für die Räumlichkeiten zu groß geworden und verlegte ihre Zusammenkünfte in die Freimaurersäle.«

Das Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1976 schreibt: »Unterdessen hielt Bruder Johnston in Durban regelmäßig jeden Sonntagabend biblische Vorträge im Freimaurersaal, Smith Street.«

Das Einverständnis zur Benutzung der Logenräume durch die Wachtturm-Gesellschaft weist auf gemeinsame Interessen hin. Von diesem Hintergrund her ist Russells Propagierung des Kreuz-Krone-Symbols verständlich. Auf jeden Fall ist eine Identifizierung mit Freimaurertum unverkennbar.

Die letzte Platzierung dieses Symbols erfolgte an einer heidnischen Miniaturpyramide, die man an Russells Grab aufgestellt hatte. Das zeigt, daß Russell das Freimaurersymbol höher schätzte, als das christliche Kreuz, das Symbol für Tod und Auferstehung Jesu Christi.

Der ägyptische Sonnendiskus auf Russells Publikationen

Sonnendiskus nennt man die geflügelte Sonnenscheibe, ein altägyptisches Symbol des Gottes Horus. Man findet es zumeist über Türen und Toren der Tempel zur Abwehr des Bösen. Eine Sage lautet, daß Horus in Gestalt einer Sonne mit bunten Flügeln seinen Widersacher Set bei der Stadt Edfu besiegt habe (MEYERS-Lexikon).

Fritz Springmeier schreibt (Springmeier, F.: The Watchtower & The Masons, S.113), daß die geflügelte Sonnenscheibe von den 33-Grad-Freimaurern als Symbol benutzt wird und daß allein sie die Bedeutung kennen. Der Sonnendiskus spielt als Symbol in okkulten Weltanschauungen sowie in der Magie eine Rolle. Man findet ihn daher sowohl auf der theosophischen Schrift »Theosoph« als auch auf dem Titel der Schrift »Orden vom Rosen-Kreuz (AMORC), Die Kathedrale der Seele«, S. 57.

Der Diskus ist das Symbol der ägyptischen Trinität Osiris, Horus und Isis. Über der Opferszene auf einer ägyptischen Stele ist der Sonnendiskus abgebildet. Die Stele befand sich im Besitz des Satanisten A. Crowley und wird heute im Gebäude der OT-Anhänger in Zürich aufbewahrt.

Daß Russell nichts von dem Sinn, der Bedeutung und Herkunft dieses Symbols gewußt hätte, kann kaum angenommen werden. In seiner umfassenden Bibliothek gab es zweifellos darüber genügend aufklärende Schriften. Die Verwendung des Sonnendiskus signalisiert seine Verbindung zur Freimaurerei ebenso, wie die Verwendung des freimaurerischen Kreuz-Krone-Emblems des Tempelritter-Ordens.

Es hätte Bibelchristen fragend machen müssen, als bei der Zweitauflage der sechs Bände »Schriftstudien« auf den Titelseiten plötzlich das Symbol der ägyptischen Trinität, der »Sonnendiskus« abgebildet wurde. Ausgerechnet auf den Schriften, von denen Russell behauptete, sie seien »der lang verlorene Schlüssel zur Erkenntnis, der dem gläubigen Volk Zutritt zu dem verborgenen Geheimnis gebe«. Was waren das für Geheimnisse?

Hierzu zwei Zitate aus dem 3. Schriftstudienband, welche das »Geheimnis«, den Zeitpunkt des Beginns der »großen Drangsal« mittels ominöser Zahlenexperimente darzulegen versuchten. Die beiden Zitate sind der fast in Vergessenheit geratenen »Pyramidenlehre« entnommen:

»Und ferner sehen wir, daß diese Vorratskammer (die Pyramide/Verf.) der Erkenntnis . . . absichtlich versiegelt gehalten worden ist. . . und daß ihr großer Baumeister wußte, daß ihr Zeugnis notwendig werden würde . . .«

»Wenn sie (die Pyramide) in der Tat sich als eine Bibel in Stein ausweist, wenn sie eine Urkunde der geheimen Pläne des großen Baumeisters der Welt ist. . . dann sollte sie und wird sie in voller Übereinstimmung mit seinem geschriebenen Worte stehen . . .«

Eine esoterisch freimaurerische Artikulierung der Zitate kann kaum bestritten werden. Es muß zu denken geben, daß auf der Titelseite des Schriftbandes in Goldprägedruck das mystisch-ägyptische Kultsymbol, der Sonnendiskus, prangt. Und gerade unter diesem Symbol macht Russell »geheimnisvolle« falsche Zeitvorhersagen, die er unkorrekterweise in der 2. Auflage des Bandes, ebenfalls unter dem magischen Symbol des Sonnendiskus, stillschweigend verändert. Wie sah die Veränderung aus?

Die »abwärtsführende Passage« innerhalb der Pyramide (von einem bestimmten Punkt aus gemessen) betrug in der ersten Auflage der Schriftstudien 3416 Zoll. In der Zweitauflage fügte Russell kommentarlos 41 Zoll hinzu. Über dieses Faktum schreibt F. Stuhlhofer in seiner Schrift »Charles T. Russell und die Zeugen Jehovas«: »Das hinter dem Betrug stehende Motiv ist die Verschiebung des Beginns der großen Drangsal von 1874 auf 1914/15, (das Jahr 1874 stellt dann nur noch den Beginn der Ernte dar).«

Hatte der »Sonnendiskus« auf diese Abänderung etwa Einfluß genommen? In diesem Zusammenhang erinnert die Aussage von Loge-Großmeister Giese an besagte Symbolkraft, die auf Dauer wirkt. Dazu noch A. Bailey, die New-Age-Prophetin, die behauptet, wer Symbolik richtig versteht, erhält auch Macht, am göttlichen »Plan« mitzuarbeiten. Sie meint damit nicht den biblischen Gott, sondern das unpersönliche »Es«, das in der Freimaurerei als »Großer Baumeister der Welten« verehrt wird, den Russell in seinen Schriften erwähnt und fälschlich mit Jehova bezeichnete.

Großer Baumeister aller Zeiten

Das biblische Verständnis über die Dreieinheit Gottes, das Russell einst besaß, war ihm verlorengegangen. Durch sein eigenwilliges Heraustreten aus den orthodoxen Lehren der Bibel und unter dem späteren Einfluß des Freimaurertums änderte sich sein Gottesbild völlig. Er verwendete denn auch bald in seinen Schriften außer der falschen Gottesbezeichnung Jehova den freimaurerischen Gottestitel, wie er in folgender Formel benutzt wird: »Im Namen des allmächtigen Baumeisters der Welten, der unendlichen Schöpfer- und Erhalterkraft des Alls.«

Die Bezeichnung »Allmächtiger Baumeister der Welten« ist ein Titel, mit dem jeder Freimaurer, gleich welcher Religion, »seinen Gott« anrufen kann. Man beruft sich fälschlich auf Hebräer 11,10, wo Gott als Baumeister der himmlischen Stadt erwähnt wird. (Alpina, Ausg. 2/75, S. 21).

Hier handelt es sich jedoch nicht um den »Allmächtigen Baumeister der Welten«, um ein »Es«, eine »Erhalterkraft«, sondern um den persönlichen, dreieinigen Gott der Bibel.

Russell führte den falsch vokalisierten Gottesnamen »Jehova« etwa um 1882 in die Wachtturm-Lehre ein. (WTG: Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben, S. 22). 1886 und später erscheint der Name »Jehova« in Russells »Schriftstudien« in Verbindung mit dem freimaurerischen Gottestitel »Großer Baumeister der Welten«.

Fazit:

1. Russell bekannte durch die Verwendung des Titels »Großer Baumeister der Welten« seine freimaurerische Gesinnung. Daher lehnte er den dreieinigen Gott ab.

2. Beide Gottesbezeichnungen, »Jehova« und »Großer Baumeister der Welten«, verwendete Russell erst nach einem 12jährigen Bibelstudium. Diese späte Entscheidung für den Namen Jehova läßt freimaurerischen Literatureinfluß vermuten. Darin wurde der Name längst benutzt.

Eine lehrmäßige Ablehnung des dreieinigen Gottes fällt wesentlich in Band 5 Schriftstudien (1903) auf. Darin vertritt Russell den Monotheismus der Juden und spricht von »dem großen Jehova«.

Kommentar zur Dreieinheit Gottes:

Grundsätzlich fällt es einem Bibelchristen genauso schwer, sich Gott anthropomorphisch (menschengestaltig) zu denken, wie es einem Antitrinitarier nicht möglich ist, Gott als Dreieinheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist zu verstehen.

Die unterschiedlichen Auffassungen sollten nicht zu einseitiger Überheblichkeit und Rechthaberei führen. Es ist Sache des biblischen Verständnisses. Denn wie Gott an sich ist, weiß niemand. Aber wie Gott auf uns zukommt, beschreibt die Bibel so, daß es selbst ein Antitrinitarier begreifen kann. Hierzu die Verständnisformel: Gott offenbart sich durch den Sohn im Heiligen Geist.

Was heißt das? – Jesus erklärt es selbst mit den Worten in Johannes 14,23: »Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.«

Frage: Wie können beide göttliche Personen in uns Wohnung nehmen?  –  Antwort: Im Heiligen Geist.

So sind der Vater und der Sohn eins im Heiligen Geist oder der Heilige Geist ist die Offenbarung des Vaters und des Sohnes in Einheit.

Die trinitarische Frage ist kein arithmetisches Problem, sondern eine Frage biblischen Verständnisses. Russell entschied sich nach dem Verlassen des christlichen Glaubens gegen die Dreieinheit Gottes und damit auch gegen die Gottheit Jesu. 

 

11. Der Tempel Gottes – freimaurerisch gedeutet

In einer 15seitigen Ansprache deutet Russell, freimaurerisch akzentuiert, die Pyramide von Gizeh symbolisch als »Tempel Gottes« oder Gemeinde Jesu. Als Architekt und Erbauer des Pyramidenmonuments nennt Russell Gott in freimaurerischer Weise »Großen Baumeister der Welten«.

Das Publikum, vor dem Russell sprach, setzte sich aus Freimaurern, Ernsten Bibelforschern und Gliedern der unterschiedlichsten Denominationen zusammen. Einleitend erklärte Russell, daß man sich in einem der Freimaurerei geweihten Gebäude befände. Die Ansprache ist ein heterogenes Sammelsurium von biblischen Begriffen und freimaurerischer Weltanschauung. Biblisches Christentum und Freimaurertum lassen sich nicht harmonisieren.

Russells Einleitungsworte zu seinem Vortrag:

»Das Thema für heute Nachmittag, liebe Freunde, finden wir in den Worten des Apostel Paulus, >denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr< (1. Kor 3,17). Als Christen-Bibelstudenten aus allen Denominationen, so scheint es, haben wir etwas in unserem Glauben, das in Sympathie und Harmonie mit jeder Denomination auf der ganzen Welt steht.

Sprechen unsere presbyterianischen Freunde von der Erwählung? Wir mehr. Haben unsere methodistischen Freunde die Doktrin der freien Gnade? Wir mehr. Verstehen unsere baptistischen Freunde die Wichtigkeit der Taufe? Wir mehr. Schätzen unsere Freunde die Privilegien der Individualität in der Kirchenleitung? Wir mehr. Verstehen unsere freimaurerischen Freunde etwas vom Tempel und auch davon, Tempelritter zu sein? Wir mehr. Glauben unsere römisch-katholischen und unsere anglikanischen Freunde an eine universale Kirche? Wir mehr.

Mit anderen Worten, es scheint, als ob die Botschaft des Wortes Gottes mehr oder weniger unterteilt worden ist und jede Denomination einen Teil der Wahrheit aufgegriffen hat und um dieses bißchen Wahrheit viel Irriges angesammelt hat. Aber wir sind froh, daß sie dieses wenige an Wahrheit haben. Wenn sie nicht einmal einen Teil der Wahrheit gehabt hätten, hätten sie überhaupt nicht bestehen können.

Man hat also einen kleinen Teil der Wahrheit genommen, ihn mit Theorien umgeben und eine separate Kirche gegründet. Gott sagte nie, daß man eine separate Kirche gründen sollte. Er befahl nie, eine Baptistengemeinde oder eine presbyterianische oder methodistische Kirche usw. zu gründen.

Der Herr wollte eine Kirche schaffen, und er wollte, daß diese eine Kirche nicht nur einen Bruchteil der Wahrheit, sondern die ganze Wahrheit haben sollte. Wir tadeln hier nicht unsere Freunde und Nachbarn, denn wir erinnern uns, daß wir vor nicht allzulanger Zeit noch ganz ähnlich dachten. Aber ohne irgendjemand tadeln zu wollen, sind wir froh, daß wir einen vernünftigen und harmonischen Weg sehen, indem wir alle kirchlichen Glaubensbekenntnisse und >Zäune< verlassen, die das Volk Gottes so lange getrennt haben und zusammenkommen auf der Ebene der Bibel und allem, was in der Bibel steht – und nur in der Bibel.

Ist das nicht beglückend für uns? Ist es nicht das, was uns als internationale Bibelstudenten beim Studium des Wortes Gottes so viel Segen bringt? Ja, das stimmt. So freue ich mich, daß ich hier vor Delegierten aus den Küstenstädten und aus weiteren 35 Staaten sprechen darf.

Ich freue mich, die besondere Gelegenheit zu haben, einiges über Dinge zu sagen, in denen wir mit unseren freimaurerischen Freunden übereinstimmen, denn wir befinden uns hier in einem Gebäude, das der Freimaurerei geweiht ist. Und auch wir sind Freimaurer. Ich bin ein freier Freimaurer. Ich bin ein freier und anerkannter Freimaurer, wenn ich das in voller Länge ausführen darf. Das ist es, was unsere freimaurerischen Brüder uns sagen wollen, daß auch sie freie und anerkannte Freimaurer sind. Das ist ihre Art, es so darzustellen.

Nun, ich bin ein freier und anerkannter Freimaurer. Ich glaube, wir alle sind es. Aber nicht gerade im Stil unserer freimaurerischen Brüder. Wir haben keinen Streit mit ihnen. Ich werde kein Wort gegen freie Freimaurer sagen. Tatsächlich sind einige meiner besten Freunde Freimaurer, und ich schätze es, daß es einige wertvolle Wahrheiten gibt, die unsere freimaurerischen Freunde besitzen.

Ich habe manchmal mit ihnen gesprochen und sie haben gefragt: Wie kommt es, daß du über alle diese Dinge Bescheid weißt? Wir haben gedacht, daß niemand darüber Bescheid wisse, ausgenommen diejenigen, die zu unserer höchsten Logik Zugang haben?

Ich sagte, daß ich mit dem Großen Meister, dem Herrn selbst, konferiert hätte, und geheime Informationen durch den Heiligen Geist erhalten habe sowie Führung bezüglich dessen, was die Bibel sagt. Und das beinhaltet alle Wahrheit, ich glaube auf jedem Gebiet. Und so kommt es, wenn wir zu unseren freimaurerischen Freunden über den Tempel und seine Bedeutung sprechen oder darüber, gute Freimaurer zu sein, oder über die große Pyramide, die das eigentliche Symbol ist, und über ihre Bedeutung, so sind unsere freimaurerischen Freunde erstaunt.

Jemand, der eine lange Zeit Freimaurer war, kaufte neulich viele Bücher über die große Pyramide und schickte diese – ich bin sicher – an die tausend Freimaurer. Er bezahlte sie und verschickte sie auf eigene Kosten. Es war sein Wunsch, daß den Freimaurern etwas über die große Pyramide klarwerden sollte, weil sie daran sehr interessiert waren.

Aber wir werden heute Nachmittag nicht über die große Pyramide sprechen, sondern über die freie und anerkannte Freimaurerei – die biblische Freimaurerei, meine lieben Freunde.«

Soweit die Einführungsworte Russells. Seine weiteren Darlegungen können wegen der Länge der Ansprache nur auszugsweise wiedergegeben werden.

Auszüge aus der Ansprache:

»Der große Meister unseres Hohen Ordens der Freien und anerkannten Freimaurerei, der Herr Jesus Christus, legte das Fundament. . . Er ist die Grundlage für hohes und anerkanntes Maurerhandwerk und alles, was sich darauf bezieht. Er gründete diesen großartigen Orden, dem wir angehören, den Orden der Freien und anerkannten Freimaurerei. Er ist der große Meister, und wir sollen keinen anderen anerkennen. . . .

Nein, nur das Fundament wurde gelegt. Und hier haben wir das wahre Bild der Pyramide, bei der das Fundament im Himmel gelegt wurde, der oberste Stein, wie der Apostel sagt. Wir müssen uns erinnern, daß alle diese Bilder unnatürlich sind, denn es sind himmlische Bilder. So wurde der oberste Stein, Jesus, zuerst gelegt, und alle anderen Steine müssen zu ihm hinaufgebaut werden . . .

Ihr wißt, daß die Spitze der Pyramide selbst eine perfekte Pyramide ist, und alle Steine darunter stehen mit dem obersten Stein in einer Linie. Dieser oberste Stein ist, wie die Bibel sagt, der Eckstein Jesus. Das Fundament, zu dem wir hinaufgebaut werden, anstatt hinunter . . .

Und was dann? Das nächste, aus dem sich unsere Freimaurer-Freunde und auch wir uns viel machen, ist die Verherrlichung des Tempels. Das ist auch in der Freimaurerei eine große Sache . . .

Ja, tausend Jahre Segen wird die Welt durch diesen großartigen Tempel, den Gott vorbereitet, erfahren. Tausend Jahre lang werden diese Tempelritter Segen unter allen Familien auf der ganzen Erde verbreiten . . . Würdest du gern einer dieser Tempelritter auf der himmlischen Ebene werden? Ich sage nichts gegen die irdischen Tempelritter . . .

Wenn du denkst, es ist der Wille Gottes, daß du dich den >Odd Fellows< anschließt. . . schließe dich den Odd Fellows an. Wenn du fühlst, du möchtest ein Mitglied des freien und anerkannten Ordens der Freimaurer werden und du fühlst dich als Nachfolger Christi noch nicht frei oder freimaurerisch genug, Gott segne dich, entscheide selbst . . .

Aber jetzt spreche ich über die große Ordnung der Freimaurerei, von der Jesus der große Meister ist. In diesen Orden kann man nur auf besondere Weise eintreten . . . Von der Zeit an, da du ein Mitglied des königlichen Priestertums wirst, ein lebendiger Stein, ein Mitglied der königlichen Kunst der Freimaurerei . . .

Meinst du, daß die Gemeinde des Herrn ein geheimer Orden ist? Ja sicher ist sie das. Sie ist der wunderbarste geheime Orden, den die Welt je gekannt hat . . . Das Geheimnis Gottes ist noch nicht vollendet, sagt die Bibel. Dieses Geheimnis Gottes, das er seit Beginn der Welt geheimgehalten hat, wird nicht vor dem Schall der siebten Posaune vollendet werden.

Die Bibel sagt, daß die Gemeinde das Geheimnis ist. Das Geheimnis wird in der Gemeinde offenbart.

So können wir durch die Welt gehen und die Welt erkennt uns nicht, wie sie auch den Herrn nicht erkannte. Erkannte die Welt den großen Freimaurer, als er hier war? Nein. Tötete die Welt den großen Meister-Freimaurer? Ja.

Auch die Freimaurerei hat ihren führenden Freimaurer, der getötet wurde. Es ist dasselbe Bild. Die Freimaurer nehmen diesen ersten Freimaurer an, weil er ein Geheimnis besaß. Ihre Theorie besagt, daß dieser erste Freimaurer geheime Pläne für den Tempel besessen habe. Als er getötet wurde, ging das Geheimnis des Tempels verloren. Daher können bestimmte Grundzüge bis zu seiner Auferstehung nicht vervollständigt werden.

So erklären die Freimaurer als eine Körperschaft theoretisch, daß sie auf die Rückkehr jenes ersten Meister-Freimaurers warten, der sein Leben in den Tagen Salomos verlor, wegen des Geheimnisses. So warten auch du und ich als Unter-Freimaurer auf die Rückkehr unseres Meister-Freimaurers, der sein Leben ebenfalls in Verbindung mit dem Geheimnis des Tempelbaus, der Gemeinde, dahingab. So könnten wir noch weitere Analogien finden . . .

Es ist interessant, auch etwas über die Grade unserer Freimaurerei zu wissen. Es gibt einige, die nur den Einstiegsgrad erreichen und nie bis zur Perfektion weitergehen . . . Wenn wir dann unter denen sind, die das Recht haben, in die Geheimnisse des Herrn einzutreten, die zu seinem hohen und anerkannten Orden der Freimaurerei gehören, müssen wir zu höheren Graden weitergehen, weil das Wissen in den ersten Graden noch sehr gering ist.

Da die Geheimnisse dieses Ordens geistlich wahrgenommen werden, seht ihr, daß es Geheimnisse gibt, die niemand auf der Welt herausfinden kann. Hierin haben unsere freimaurerischen Freunde große Schwierigkeiten, ihre Geheimnisse vor Außenstehenden zu bewahren. Aber in seiner großen geheimen Gesellschaft hat es Gott so festgelegt, daß du alles darüber sagen kannst und der andere es nicht versteht, es sei denn, er besitzt den geistigen Schlüssel dazu . . .

Nur solche, die in dieses göttliche Mauerwerk hineinkommen, haben die geistliche Führung. Es ist etwas, das nur an eine Klasse reichlich gegeben wird, und sonst für niemand bestimmt ist. . . 

Ich frage mich, wie viele von uns hier den ersten Schritt getan, den ersten Grad erreicht haben. Ich frage mich, wie viele weitergegangen sind zum zweiten und dritten Grad? Ich frage mich, wie viele in die Ritterschaft eingetreten sind und Tempelritter wurden . . . Ihr wißt, daß man in Freimaurerorden von Stufe zu Stufe fortschreitet und dabei mehr und mehr lernt. So gibt es denn Freimaurer im 32. Grad, die viel mehr wissen als die im 14. und 16. Grad . . .

So ist es auch im geistlichen Tempel. Der Apostel drängt uns, höher zu steigen. Er sagt, wir sollen in der Gnade und in der Erkenntnis wachsen und dem Herrn charakterlich ähnlicher werden, ihm, dem großen Hauptbefehlshaber, dem großartigen Hohenpriester unserer Berufung, dem größten aller Tempelritter . . .«  –  Soweit die Auszüge aus Russells Tempelansprache. 

Im folgenden einige Begriffserklärungen als Hinweis auf Verbindungen zum New Age.

Begriffe wie »Tempelritter«, »Geheimorden« oder »Geheimnisse«, die nur mittels eines Schlüssels verstanden und eingeordnet werden können, auf die »Gemeinde Jesu« anzuwenden, ist verdächtig und anfechtbar. Wie sagt doch Paulus in 2. Korinther 4,2: »Wir vermeiden schändliche Heimlichkeit und gehen nicht mit List um, fälschen auch nicht das Wort Gottes; sondern durch Offenbarung der Wahrheit empfehlen wir uns dem Gewissen aller Menschen vor Gott.«

Was sich mit Geheimnissen umgibt, ist aus biblischer Sicht gefährlich und ist zu hinterfragen.

In seiner pointierten Darlegung bekannte Russell: »Ich bin ein freier Freimaurer.« Es muß hier nicht polemisiert werden, ob Russell initiierter Freimaurer war oder nicht. Seine Weltanschauung, die Verehrung freimaurerischer Embleme, die Anwendung freimaurerischen Vokabulars und Umdeutung biblischen Gedankenguts in freimaurerische »Theologie« dürften zur Beurteilung der Grundhaltung Russells genügen. Man spricht hier auch von »Maurer ohne Schurz«.

Bemerkenswert war Russells Hinweis auf seine »mystische Erfahrung« mit dem »Großen Meister« (Jesus Christus?), mit dem er selbst konferiert und geheime Informationen durch den Heiligen Geist erhalten haben will. Ähnliche Berichte sind von der amerikanischen Theosophin H. P. Blavatsky oder der New-Age-Prophetin A. Bailey bekannt, die ebenfalls mit ihren »Meistern« (anonyme Autoritäten der Geisterwelt) »konferierten«, das heißt Befehle oder Informationen empfingen. Über Russells Zugehörigkeit zu einer Loge weist auch das Drei-Punkt-Symbol vor seinem Namen in dem Freimaurerverzeichnis in »Lady Queenborough« hin.

Bedeutsam ist Russells Zitat, das die New-Age-Anschauung deutlich tangiert: »Und hier haben wir das wahre Bild der Pyramide, bei dem das Fundament im Himmel gelegt wurde . . . So wurde der oberste Stein, Jesus, zuerst gelegt. . . Ja, tausend Jahre Segen wird die Welt durch diesen großartigen Tempel, den Gott vorbereitet, erfahren. Tausend Jahre lang werden diese Tempelritter Segen unter allen Familien auf der ganzen Erde verbreiten . . .«

Russell spricht hier von den »144 000« Israeliten (Offb 14,1.4), als seien sie für den Himmel »erkauft«. Gemäß seiner Auffassung sind sie »Söhne Gottes«, gemäß seiner allegorischen Deutung sind sie »Tempelritter in der Loge des Herrn«. Sie sollen herrschen mit dem »Christus« und ihren Einfluß auf die Erde für tausend Jahre geltend machen.

Man vergleiche diese Konzeption mit der Version von A. Bailey aus ihrer Schrift »Die geistige Hierarchie tritt in Erscheinung«: »Jene Gottessöhne, die uns die Gottesliebe offenbaren, kommen aus dem Zentrum, dem Christus den Namen >das Reich Gottes< gegeben hat. . . Hier weilen die >Geister der Gerechten< . . . (Hebr 12,23), hier ist die geistige Heimat der Führer der Menschheit, hier leben und wirken die Hierarchen, die Gottes Pläne ausführen und das irdische Geschehen beaufsichtigen . . . Man nennt sie die geistige Hierarchie, die Wohnstätte des Lichts, das Zentrum, wo sich die Meister der Weisheit aufhalten, die Große Weiße Loge.«

Das sind verblüffende Übereinstimmungen in Wort und Vision, aber durchaus antichristliche Versionen. In beiden Anschauungen sind die »Gottessöhne« nicht leiblich auferstandene Christen, sondern Geistwesen. In beiden Konzeptionen existiert eine »himmlische Loge«, die sich der Menschheit in »Liebe« zuwenden soll.

Die Pyramide – Gottes Tempel?

Was veranlaßte Russell, den »Tempel Gottes« oder den »geistlichen Christus« auf die heidnische »Pyramide von Gizeh« umzudeuten oder daraus den freimaurerischen »Menschheitstempel« zu machen?

Kurz gesagt, der »Tempel Gottes« wird vom Heiligen Geist aus den Leibesgliedern Christi erbaut, der »Menschheitstempel« ist ein Humanitätsgedanke. Das bedeutet, die gesamte Menschheit, deren »Vornamen« Katholiken, Protestanten, Buddhisten, Hinduisten usw. heißen, wird schlußendlich den »Familiennamen« »Freimaurer« tragen, um diesen »Tempel« auszumachen. (W.Künneth/P.Beyerhaus: Reich Gottes oder Weltgemeinschaft, S. 206).

Gegen Russells Tempeldeutung stehen folgende biblische Aussagen:

a) Epheser 2,20 sagt, daß der Grund des Baus die Apostel und Propheten sind, wobei Jesus der Schlußstein ist, der dem Tempel praktisch den statischen Halt verleiht. Wer Gebäude in Jerusalem mit den runden Steinkuppeln kennt, weiß, daß der Schlußstein in der Mitte die statische Aufgabe hat, die Kuppel selbsttragend zu machen. Das hat mit Pyramidenbau nichts zu tun.
b) 1 Petrus 2,5 spricht von einem geistlichen Haus und in Vers 8 vom »Eckstein« oder dem »Fels des Ärgernisses« (Christus), auf dem aufgebaut wird. Beide Bilder weisen auf ein Tempelfundament, das auf Erden gelegt wurde und nicht im Himmel.

Russells Pyramidendeutung fordert unsere christliche Aufmerksamkeit. Denn man muß wissen, wie oben schon erklärt, daß das Symbol der Pyramide im Freimaurertum kosmopolitischen Sinn und nichts mit dem Tempel Gottes zu tun hat.

Russell: »Die Große Pyramide, glauben wir, ist das hauptsächlichste dieser Zeichen und Wunder, und sie beginnt jetzt in ihrer eigenen Sprache zu den Gelehrten zureden und durch diese zu allen Menschen.«  –  »Sie stellt den vollendeten Plan Gottes dar, wie er am Ende des Tausendjahrtages sein wird. Die Krone derselben wird Christus sein, das anerkannte Haupt über alle, und jeder andere Stein wird genau in diesen glorreichen, vollkommenen und vollständigen Bau eingefügt sein. Der ganze Prozeß des Meißelns, Polierens und Einpassens wird dann vollendet sein . . . Wenn die Pyramide als Ganzes den vollständigen Plan Gottes repräsentiert, so repräsentiert ihr Eckstein an der Spitze Christum . . . «

Diese Interpretation entspricht dem freimaurerischen Menschheitstempel, der sich, wie erwähnt, aus sämtlichen Religionen zusammensetzen soll. Könnten wir nun annehmen, daß Christus an dieser »synkretistischen« Pyramide den »Schlußstein« bildet? Auch der Begriff »Großer Baumeister der Welt«, in Verbindung mit dem Bau der Menschheitspyramide, dem Tempel der Humanität, ist freimaurerische Philosophie. »Großer Baumeister der Welt« ist Synonym für die maurerische Gottheit, eine Relativierung Gottes.

Russell: »Das Zeugnis dieses >Zeugen dem Jehova im Lande Ägyptern< und das des geschriebenen Wortes, weisen mit Bestimmtheit auf den schließlichen Zusammenbruch der alten Ordnung der Dinge in den >Abgrund< der Vergessenheit hin, und auf die glorreiche Herstellung der neuen Ordnung und Christo Jesu, dem großen Haupteckstein des ewigen Baues Gottes.«

Mit diesem Zitat schließt sich langsam der Kreis zu einer Beurteilung der Weltanschauung Russells, beziehungsweise seiner freimaurerischen Grundstimmung. Geradezu symbolhaft steht am Ende des dritten Bandes in der »Pyramidenlehre« der Begriff »Neue Ordnung«. Er steht ebenso unter dem »Großen Siegel« der amerikanischen Dollarnote und dürfte Russell bekannt gewesen sein. Das angestrebte Ziel des Freimaurertums geht daraus hervor mit den Worten: »novus ordo seclorum«. Dieses Ziel drückte Russell ebenfalls in seiner Pryramidenphilosophie aus.

Die Illuminatenpyramide

Am 14. Dezember 1789 unterzeichnete der erste Präsident der Vereinigten Staaten, George Washington, als Freimaurer den Vorschlag zu einer Nationalbank. Später erschien auf der amerikanischen Dollarnote das »Große Siegel« mit der Illuminatenpyramide. Die Spitze der Pyramide, das lichtumstrahlte »Allsehende Auge«, ist in der Freimaurerei das Symbol für die Gottheit, die man »Allmächtiger Baumeister aller Welten« nennt.

Die Worte »annuit coeptis« bedeuten soviel wie: »Das Unternehmen wird von Erfolg gekrönt oder gesegnet werden.« Welches Unternehmen? Natürlich die Errichtung des »Welttempels« mit einer »novus ordo seclorum«, einer »Neuen Weltordnung« unter illuminatischer Herrschaft.

Die Pyramide trägt am Fuße das Gründungsdatum des Illuminatenordens MDCCLXXVI / 1776. Gründer war der Illuminat Professor Adam Weishaupt, dessen Ziel Weltherrschaft mit Satanismus als verbindliche Staatsreligion war.

Die Zeitalterpyramide Russells

Die Strahlenspitze symbolisiert dort ebenfalls, wie in der Illuminatenpyramide, den Sitz der Gottheit. Russel verstand darunter, wie schon erwähnt, seinen »Christus«. Diese strahlende Pyramidenspitze hat unwahrscheinliche Ähnlichkeit mit dem strahlenden »Allsehenden Auge« der Illuminatenpyramide. – Der Pyramidenteil unterhalb der Spitze wird von Jehovas Zeugen heute jedoch anders interpretiert.

Beide Pyramidendarstellungen symbolisieren eine »Neue Weltordnung«. Russell bekannte sich sinnigerweise dazu in seiner »Pyramidenlehre«, indem er schreibt, daß die »alte Ordnung« zusammenbricht und eine glorreiche »neue Ordnung« unter dem »Haupteckstein« (Christus) erstehen wird.

Das ist ideologischer Gleichklang, der auch in der Verwendung der freimaurerischen Symbole Kreuz und Krone und des geflügelten Sonnendiskus, Symbol der Hochgradfreimaurer, zum Ausdruck kommt.

Die Pyramide als Bild der Verknüpfung

Die Pyramide ist hier metaphysischer Ausdruck ideologischer Machtstruktur und zugleich ein Bild der Verknüpfung. Die drei Ideologien, um die es in diesem Buch geht, verwenden das Symbol, aber interpretieren es jeweils auf ihre Weise.

Eines der aussagestärksten Pyramidensymbole dürfte die 13stufige Illuminatenpyramide mit der strahlenden Spitze und dem allsehenden Auge sein, die auf der amerikanischen Ein-Dollar-Note abgebildet ist. Metaphysisch stellt sie den vollendeten Welttempel des Freimaurertums dar und zugleich die Weltherrschaft Luzifers. Die Spitze, Kulminationspunkt »göttlicher« Macht, symbolisiert die Gottheit.

Bei meinen Darlegungen mußte ich an Orwells Roman »1984« denken, an die satanische Macht des »Großen Bruders«, die sich fortwährend manifestiert in dem »Teleschirm«, vor dem man kaum ausweichen kann – der alles sieht, wie das allsehende Auge der Pyramide. Interessant ist, daß Orwell den Sitz des »Ministeriums für Wahrheit«, er nannte es »Miniwahr in Neusprech«, als ein riesiges pyramidales Bauwerk beschreibt, aus weißem Beton, das Terrasse um Terrasse 300 Meter hoch gegen den Himmel gebaut war. Auch hier reflektiert das Pyramidensymbol als Sitz satanischer Herrschaft. Eine realistische Vision antichristlicher Weltherrschaft.

Zur Interpretation der Pyramidenspitze in den verschiedenen Systemen: Freimaurer sehen darin die Gottheit des »Allmächtigen Baumeisters der Welten«, im New Age versteht man darunter eine unpersönliche »Gottheit«, in der Wachtturm-Ideologie nach Ch. T. Russell verstand man darunter »Jesus Christus«.

Daß unter dem Pyramidensymbol seit der Unabhängigkeitserklärung der Staaten von Nordamerika 1776 ein Siegeszug des Freimaurertums begann, kann kaum bestritten werden. Von den 56 Unterzeichnern der Gründungsurkunde waren mindestens 15 Freimaurer. Der erste Präsident der USA, George Washington, war ebenfalls Freimaurer. Der Präsident, der das amerikanische Großsiegel mit der Illuminatenpyramide auf die Dollarnote brachte, war der Freimaurer F. D. Roosevelt.

England und Amerika wurden im Laufe der Jahrhunderte zu Hochburgen des Freimaurertums. M. Valmy nennt beide Länder ein Eldorado harmonischer, ungehinderter freimaurerischer Entfaltung.

Einige interessante Beobachtungen zur Illuminatenpyramide finden sich in »Pyramid Power« von Max Toth, Greg Nielsen im Goldman Verlag, unter dem Hinweis auf P. Halls Schrift »Secret Teachings of all Ages«, Los Angeles, 1969. Hall weist auf den mystischen Akzent des »Großen Siegels« der USA hin. Auf Vorder- und Rückseite dominiert in auffälliger Weise die Zahl 13. Dabei zeigt die Rückseite die Abbildung der Illuminatenpyramide mit 13 Stufen und aus 13 Buchstaben, aus denen der Segen der Gottheit im Illuminatentum: »annuit coeptis« besteht. Die Vorderseite zeigt einen Adler, der in der einen Kralle 13 Pfeile hält, in der anderen einen Zweig mit 13 Blättern und 13 Früchten. Über dem Kopf des Adlers sind 13 Sterne (entsprechend der 13 Gouverneure) in Form eines Sechssterns (Hexagramm/Freimaurersymbol) angeordnet. Der Schild vor dem Adler ist in 13 Streifen unterteilt. Es kann kaum Zweifel darüber bestehen, daß hier die 13 symbolisch eingearbeitet wurde, entsprechend der 13 Stufen der Illuminatenpyramide.

 

12. Die Gemeinde Jesu – ein Geheimorden Gottes?

In »Pastor Russells Sermon« findet sich unter der Überschrift »Wer kann das Geheimnis Gottes kennen?« eine Stellungnahme Russells zu geheimen Gesellschaften und Geheimorden. Der Tenor der Darlegung ist – ähnlich seiner Tempelrede – geistige Verknüpfung der Gemeinde Jesu mit freimaurerischen Ordensprinzipien. Die Ausführungen zeigen, wie Russell auch hier freimaurerische Begriffe und Regeln mit biblischen Bildern und Gedanken verbindet. Es geht ihm darum, zu zeigen, daß es ganz normal sei, daß in der menschlichen Gesellschaft Geheimbünde existieren, denn Gott selbst sei Gründer einer Geheimordnung gewesen.

Und nun leitet er über den Orden der Freimaurer zu Gottes »Geheimorden«, der Gemeinde, zu Jesu Nachfolgern. Hier gäbe es, genauso wie bei den Freimaurern, unterschiedliche Geheimnisse, die je nach Intelligenzgrad und Anstrengung erkannt werden können. So wie man im Freimaurertum von einem niederen Grad zu einem höheren emporsteigt, so ist es auch in der »Geheimordnung Gottes«.

Für die Begründung seiner Auffassung legte Russell den Text Daniel 12,10 zugrunde: ». . . alle Gottlosen werden’s nicht verstehen, aber die Verständigen werden’s verstehen.«

Ausführungen der Ansprache

»In heidnischen Ländern, wie auch in christlichen, schließen geheime Gesellschaften einen großen Teil der Menschheitsfamilie ein. Outsider wissen zwar etwas über ihre allgemeinen Motive und Objekte, aber ihre speziellen Methoden, Hoffnungen, Bestrebungen und Ambitionen werden geheimgehalten.

Um diese Geheimhaltung zu erreichen, die Interessen der Vereinigung zu schützen und zu bewahren, werden Geheimhaltungen mit einem Eid verbunden. Manche Eide lassen einem das Blut erstarren. Die Meinungsfreiheit wird mittels Sanktionen gezügelt.

Es ist nicht meine Aufgabe, irgendeinen dieser Orden anzugreifen oder über ihre Verhaltensweisen herzuziehen. Ich beziehe mich hier nur auf sie und lenke eure Aufmerksamkeit auf die Tatsache, daß dies unter Menschen eine sehr gebräuchliche Methode ist, weil der allmächtige Gott selbst der Gründer einer >Geheimen Ordnung< ist.

Während es gewisse Übereinstimmungen gibt zwischen den menschlichen Geheimorden und der Geheimordnung göttlichen Ursprungs, werden wir, wie erwartet, herausfinden, daß die letztere allen anderen weit überlegen ist. . .

So wie es in einigen geheimen Ordnungen verschiedene Stufen und Grade gibt, zum Beispiel sind alle Freimaurer mit den Geheimnissen des ersten Grades vertraut, aber längst nicht alle Freimaurer kennen die Geheimnisse des 32. Grades. Und genauso ist es auch in Gottes Geheimorden. Dort gibt es Grundprinzipien der christlichen Doktrin, die alle, die zum Orden gehören, kennen müssen. Es gibt auch tiefere Geheimnisse Gottes, die nur jene kennen, die die Fortschritte im Wachstum an Gnade und Liebe gemacht haben (Hebr 6,1; 1. Kor 2,10).«

Diese Darlegungen haben durchaus esoterischen Charakter. Genau das bestätigt das zweibändige amerikanische Werk »Occult Theocracy« von Lady Queenborough/Gordon Pr., Russells Lehre enthalte ein okkultes Dogma. Der folgende Abschnitt ist eine Übersetzung des 98. Kapitels: »Die Bewegung der Internationalen Bibelforscher wurde vornehmlich mit dem Ziel gegründet, die untere Mittelklasse der Intelligenz der christlichen Gemeinschaften anzusprechen, zum Beispiel bestimmte Büroangestellte, Lehrer, Dienstleistungspersonal und Personen, die mit direkten Formen der Propaganda nicht erreichbar waren. Die Bewegung hatte in Amerika auch großen Einfluß unter den Schwarzen.«

1870 gründete Russell den Wachtturm, dessen alleiniger Herausgeber er war. Die Lehren Russells erklären aus der Bibel heraus zu beweisen, daß alle christlichen Kirchen böse und korrupt sind, daß die Heidenzeit 1914 endete und daß die Juden von nun an über die Erde herrschen sollten.

In Russells Lehren wird auch sorgfältig ein okkultes Dogma entwickelt, welches angeblich auf biblischen Voraussetzungen beruhen soll. Die römisch-katholische Kirche wird verdammt, von Rom spricht man nur als von Babylon. Der Papst und seine gesamte Priesterschaft werden zu Bevollmächtigten des Antichristen gerechnet, die nach der bekannten freimaurerischen Formel von Albert Pike, Mazzini und anderen der Vernichtung geweiht sind.

Weiterhin wird uns, vorgeblich mit »biblischer Autorität«, in einer Interpretation von Offenbarung 2,24 gesagt, daß »Satan ein Name ist, der auf Rom insofern angewandt werden kann, als er ihre Eigenschaften beschreibt.«

Die protestantische Episkopal-Kirche und andere christliche Kirchen sind in Russells sehr bildhafter Sprache die »Hurentöchter der Römischen Kirche« und »haben Hurerei getrieben«.

Russell interpretiert diese Ausdrücke als Vereinigung von Kirche und Staat, dem sich die Juden in aller Welt so erbittert widersetzen. Diese Kirchen kommen bei Russell nicht besser weg als die katholische Kirche. Er sagt voraus, daß unter der Herrschaft der alten Würdenträger (des jüdischen Sanhedrin) die Heiden, die dann noch an Christus glauben, Christi Herrschaft als eine unsichtbare anerkennen müssen. Gleichzeitig unterwerfen sie sich als Christen all der Mühsal, welche diese jüdischen Fürsten ihnen auferlegen wollen.«

Diese Beschreibung Russells und seines Dogmas und seiner Haltung gegenüber den Kirchen reflektiert die Wachtturm-Organisation in ihren Lehren und Praktiken. Wer die Wachtturm-Publikationen auch nach Russells Tod prüft, wird feststellen, daß sich das Grundkonzept kaum verändert hat. Außer in bezug auf die Einschätzung der Stellung Israels. 

 

13. Russells synkretistische Tendenzen

Wenn es darum geht, Russells Denkweise zu beurteilen und freimaurerische Akzente nachzuweisen, dann bilden seine eigenen Schriften dazu die besten Grundlagen.

Seine Lehrmeinungen sind teils doktrinär bis tolerant und synkretistisch. Er verstand sich als der einzige kompetente Bibelexeget. Zweifel daran kommen allerdings, wenn man feststellt, wie er einerseits biblische Grundsätze und Gesetze interpretiert (imperativisch), andererseits die Lehren der Freimaurer (tolerant) und den Glauben der Moslems (totalitär) toleriert und sogar behauptet, sie stünden auf dem Fundament des Alten Testaments, weil sie gleicherweise einen Messias erwarten. Immer wieder vermischen sich allegorische Bibeldeutung mit freimaurerischem Mythos und synkretistischen Tendenzen, wie das aus dem folgenden Auszug »Pastor Russells Sermon« deutlich hervorgeht. Der Abschnitt ist überschrieben:

»Das Ersehnte aller Nationen«

Es ist eine Auslegung des Bibeltextes Haggai 2,7: »Ja, alle Heiden will ich erschüttern, und ich will dies Haus voll Herrlichkeit machen.«

»Der große Messias, >König des Himmels<, ist lange von den zivilisierten Nationen erwartet worden. Rund 4500 Jahre haben die Juden auf ihn gewartet als den großen Propheten, vorausgeahnt und vorausgesagt von Moses (Apg 3,22).

Die Freimaurer haben 2500 Jahre auf dieselbe glorreiche Persönlichkeit gewartet, als Hiram-Abiff, den Großmeister der Freimaurerei, dessen Tod, Glorifizierung und zukünftige Erscheinung ihnen kontinuierlich vor Augen gehalten werden durch die Buchstaben auf ihrem Schlußstein (hier beweist Russell eine gute Kenntnis freimaurerischer Mythologie). Christen aller Schattierungen glauben allenfalls, je nachdem, wie sie mit der Bibel vertraut sind (Altes und Neues Testament), an einen großen Tempelbauer, der aufgrund seiner Treue zu den göttlichen Plänen für den geistlichen Tempel, die auserwählte Kirche, starb (1 Petr 2,4-5) . . .

Die Mohammedaner, die ebenfalls den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs sowie Davids und Salomos verehren, erwarten ebenfalls einen großen himmlischen Boten, um sie und alle Menschen durch die Errichtung eines himmlischen Königreiches zu segnen. Sie haben Jahrhunderte auf sein Kommen gewartet. Sie glauben, daß sein Königreich bevorsteht.

Ist es nicht an der Zeit, daß alle diese Menschen, die Gott fürchten und auf sein Versprechen hoffen, in einer Hoffnung, in einer Erwartung zusammenkommen sollten? Wenn sie jetzt mitfühlend aufeinander zugehen, werden sie sicherlich vieles entdecken, das in des anderen Hoffnung und Ziel zu schätzen ist …«

»Die Tatsache, daß Juden, Mohammedaner, Katholiken, Protestanten und Freimaurer alle zur Grundlage ihres Glaubens das Alte Testament der Heiligen Schrift haben, ist die Basis für ein besseres Verständnis, für das plädiert wird . . . Der Irrtum in der Vergangenheit war die allgemeine Bereitschaft, Aberglauben und Vorurteil sowie Fanatismus anzusprechen, eher als Tatsachen und Schrift. Wir müssen den Hebel umwerfen, um die guten Ergebnisse zu erhalten . . .«

Wir respektieren Freimaurer und Moslems als Personen, aber eine Vermischung mit ihren Weltanschauungen, wie es Russell vorschlug, kann es für Christen nicht geben. Wie Gott zur Zeit Israels auf synkretistische Kompromisse reagierte, zeigt uns das Beispiel der 450 Baalspriester am Berg Karmel (1 Kön 18,19ff.). Der Kommentar, daß Juden, Mohammedaner, Katholiken, Protestanten und Freimaurer das Alte Testament der Heiligen Schrift als Grundlage ihres Glaubens haben, ist anfechtbar. Wer die Einstufung der Heiligen Schrift durch den Islam kennt oder die Relativierung des Wortes Gottes im Freimaurertum, kann doch nicht behaupten, daß diese Anschauungen auf dem Fundament des Alten Testaments beruhen.

Der Vorschlag, aufeinander zuzugehen, um in den Hoffnungen und Zielen anderer etwas Gemeinsames zu entdecken, ist freimaurerisches Denken:
»Das unendliche Bemühen, Intoleranz abzubauen, bleibt eine der vornehmsten Ziele der Freimaurerei.«

Die heutige Tendenz, zu behaupten, Islam und Christentum hätten dasselbe Gottesverständnis, denn sie würden beide den einen Gott Abrahams anbeten, ist widersinnig in Anbetracht der mörderischen Verfolgungen, die Christen durch den Islam erdulden. Wer die islamische Religion und ihre Ziele wirklich kennt, weiß, daß die obigen Behauptungen nicht den Tatsachen entsprechen. Ein Vergleich zwischen Allah und dem dreieinigen Gott der Bibel ist ebenso unmöglich.

Der Gott Mohammeds ist nicht der Gott Jesu Christi. Christus wird im Islam nicht als zweite Person der Dreieinigkeit anerkannt. Der Glaube an seine Gottessohnschaft wird als »anstößig« empfunden und verneint. Von daher stellt sich die Frage: Wie kann man bei all den vielen Gegensätzlichkeiten von »Verbrüderung« und »Aussöhnung« sprechen, nur weil im Islam, dem Christentum und Freimaurertum eine Messiasgestalt erwartet wird? Kann man wegen dieser Messiaserwartung der verschiedenen Gruppen annehmen, daß es sich dabei um den Messias Jesus handle? Nein. So aber könnten Russells synkretistisch artikulierte Darlegungen verstanden werden. Seine Behauptungen, die erwähnten Religionen und Ideologien stünden auf der Grundlage des Alten Testaments, sind nicht haltbar.

Eine andere Darlegung aus »Pastor Russels Sermon« zeigt Tendenzen zur New-Age-Philosophie, in der Sünde nicht mehr Sünde im Sinne der Bibel ist. Russell stellt fest:

»In Wirklichkeit gibt es nur eine Hoffnung. Wenn man zugibt, daß die gesamte Menschheit unvollkommen ist, >geboren in Sünde und in Ungerechtigkeit entwickelt<, können wir trotzdem nicht der Doktrin der totalen Verdorbenheit zustimmen, daß in keinem Menschen Gutes ist, beziehungsweise in allen Menschen. « (S.501 Pastor Russells Sermon).

Russell vertritt hierin den freimaurerischen Humanitäts- und Toleranzgedanken. Dazu S. M. Pachtler, SJ, (M. Adler, S.15 in Kirche und Loge), ein Kenner des Freimaurertums, in seiner gründlichen Analyse über das Ideal und den Götzen Humanität, daß es ein Irrtum sei, zu behaupten: »Der Mensch, wie er heute geboren werde, sei von Natur aus gut. . .«  –  »Weiter kann sich der Mensch von Gott und der Offenbarung nicht mehr entfernen, als es in der Humanität geschieht.«

Russell steht mit seinen humanitären Anschauungen nicht auf dem Boden des Evangeliums, in welchem Paulus selbst bekannte, daß in ihm nichts Gutes wohne (Röm 7,18).

Ein letztes Beispiel für Russells synkretistisches Denken. Er identifiziert den Messias Jesus Christus mit mythologischen und religiösen Zentralfiguren.

Einige interessante Fragen

»Den himmlischen Messias, den die Juden mit >Michael< identifizieren, den großen Fürsten, der für dein Volk einsteht (Dan 12,1), erwarten die Mohammedaner ebenfalls und identifizieren ihn mit dem Mohammed der Vergangenheit.
Die Freimaurer erwarten dieselbe Persönlichkeit, und gemäß ihrer Tradition identifizieren sie ihn mit Hiram-Abiff, dem Großmeister der Freimaurerei.
Derselbe große Messias, Michael der Erzengel, der gegenbildliche Melchisedek, Priester sowohl als auch König, wird von uns identifiziert als >der Mann Jesus Christus<, der sich selbst als Lösegeld für alle gab, um zur gegebenen Zeit bezeugt zu werden (1 Tim 2,6) . . .« (Wachtturm, Mai 1912, S. 166-169 (engl.)

Hier werden jüdische, islamische, freimaurerische und christliche Zentralfiguren miteinander verquickt. Die Behauptung, daß der Erzengel Michael von den Juden als Messias erwartet wird, entspricht nicht der Messiaserwartung der Juden. Sie erwarten einen Davididen, einen Nachkommen Davids. Obwohl Jesus Christus der verheißene Messias aus der Linie Davids war, haben die Juden ihn nicht erkannt und warten weiterhin auf das Kommen eines davidischen Sprosses. Sie werden ihn allerdings in der Person Jesu erleben und nicht in der Person des Erzengels Michael. Russells Lehre ist also falsch, sie entspricht auch nicht dem Evangelium. Die Zeugen Jehovas vertreten die Ansicht Russells noch heute.

Auch die Behauptung, daß die Mohammedaner auf einen himmlischen Messias warten, wie die Juden, und ihn mit dem Mohammed der Vergangenheit identifizieren, irritiert. Zum Beispiel erwarten die sunnitischen Moslems den »Mahdi«, eine Führergestalt aus der Nachkommenschaft des Propheten (nicht den Propheten selbst), der diese Religion erneuern und zu einer herrschenden machen soll.

Die schiitischen Moslems erwarten den »Imam«, den künftigen Führer der Menschheit, der aus der Vergangenheit auftauchen und der einzig wirkliche Führer der Menschheit werden soll, um die endzeitliche Welteinheitsreligion aufzurichten.

Das erinnert an den »Maitreya« des New Age, der aus der Verborgenheit des Himalaja auftauchen soll, um die religiöse Einheit der Menschheit herbeizuführen. Dieser Maitreya-Christus ist die Messiasentsprechung aller Religionen, nach Ansicht der New-Age-Lehre.

Eine Identität zwischen den islamischen Führergestalten, dem mythisch-legendären Hiram-Abiff und dem Messias Jesus Christus besteht nicht.

Abschließend noch die Glaubensansicht Russells und der Zeugen Jehovas: »Das Königreich des Messias wird geistig sein«

»Frage: Was ist gemeint mit Königreich und Messias?

Antwort: Wir verstehen darunter, daß das Königreich des Messias ein geistliches sein wird, unsichtbar für Sterbliche, dennoch allmächtig für die Erfüllung der großen Dinge, wie im Gesetz und den Propheten versprochen wird. Das Reich, das er errichtet, wird unsichtbar für Menschen und wird den Platz des Reiches Satans einnehmen, das ebenfalls unsichtbar ist. Der König der Herrlichkeit wird den Fürsten der Finsternis ersetzen . . . « (Wachtturm vom 15. Mai 1912 (engl), S.5031).

Entgegen dieser Darstellung beschreibt die Bibel klar und deutlich ein sichtbares Wiederkommen Christi und den Aufbau eines sichtbaren Reiches. Dazu folgende Schriftbeweise:

Apostelgeschichte 3,21: »Der Himmel nimmt Jesus nur bis zu der Zeit auf, in der alles wiederhergestellt wird.«

Hebräer 1,6: »Dann wird Christus erneut in den Erdkreis eingeführt.«

Offenbarung 1,7: »Dann wird ihn jedes Auge sehen« (s. a. Jes 33,17).«

Matthäus 19,28: »Jesus wird auf dem Thron der Herrlichkeit sitzen, mit seinen zwölf Jüngern, um die zwölf Stämme Israels zu richten (regieren) und dazu die ganze Erde.«

14. Initiation oder Wiedergeburt?

Es bestehen symbolische Parallelen zwischen der Initiation eines Freimaurers in den »Meistergrad« und der Initiation eines Zeugen Jehovas in die »Organisation« durch die Wassertaufe. Das freimaurerische Meisterritual stellt symbolhaft den Tod und die Auferstehung des mythischen Tempelbaumeisters Hiram-Abiff dar. Das Untertauchen des Zeugen Jehovas im Wasser bedeutet gleicherweise ein geistiges Absterben und Wieder-Auferstehen. Das vergeistigte »Todes- und Auferstehungserlebnis« bewirkt in beiden Fällen nachweislich eine erkennbare Charakterveränderung. Das ist der wesentliche Sinn und Zweck einer Weihe.

H. Biedermann schreibt über das rituelle Wiedergeburtserlebnis der Freimaurer: ». . . Man löscht seine Vergangenheit aus, man setzt einem profanen Dasein ein Ende, um wiederum ein anderes erneuertes Leben zu gewinnen . . .
Wollte nicht auch einst das Ritual der Taufe ein echtes Eintauchen in das Wasser des Todes und des Lebens andeuten? . . .
In oder an dem Täufling stirbt etwas und etwas anderes gewinnt dadurch Leben, Freiheit, Herrschaft. Das ist der Grundgedanke, der in den Taufriten der zahllosen Taufgemeinden und Mysterienbünde mehr oder weniger vergeistigt zum Ausdruck kommt. . .« (Horneffer 1979 S. 93).

Dieses Verständnis betrifft auch das Taufritual und Tauferlebnis eines Zeugen Jehovas. Durch das Ritual erlebt er eine spürbare Bindung an die »durch den Geist« geführte Wachtturm-Organisation. Hierzu ein Zitat aus dem Wachtturm: »Das vollständige Untertauchen im Wasser ist ein passendes Symbol ihrer Hingabe an Gott. Während sie untergetaucht werden, sterben sie sozusagen ihrem früheren Leben gegenüber ab. Wenn sie aus dem Wasser herauskommen, ist es, als ob sie nun für einen neuen Lauf der Selbstaufopferung im Dienste Gottes lebendig werden.« (Wachtturm vom 15.6.1988, S. 29).

In beiden Weltanschauungen wird das Wort Jehova zu einer Art »Paßwort« oder Erkennungszeichen. In der Freimaurerei versteht man unter dem Begriff »Jehova« das »wiedergefundene Meisterwort«, das durch den Tod Hiram-Abiffs verlorengegangen war und wieder entdeckt wurde. Bei Jehovas Zeugen wird dieser Begriff fast zu einer Art Hypostase mit einem gewissen Eigenleben oder personalen Charakter.

Persönlichkeitsveränderung durch das Ritual

Zum geistigen Wachstum und zur Weiterbildung des Freimaurers gehören Selbsterkenntnis und das rechte Bemühen um die Veredelung des Charakters. Der Mensch kann und soll durch Erziehung »veredelt« werden, um als »behauener Stein« in den freimaurerischen Menschheitstempel eingefügt zu werden. Man nennt diese geistige Arbeit »Arbeit am rauhen Stein«.

Nach der Aufnahme in die Loge durchläuft der Freimaurer verschiedene Erkenntnisstufen. Vom »Lehrling« zum »Gesellen« bis hin zum »Meister«. Zur Logenarbeit gehören Vorträge, Gespräche und Riten, die das geistige Wachstum und den Wunsch nach höherer Erkenntnis, nach geistigem Licht, fördern.

Ähnlichen Zielen streben Jehovas Zeugen nach. Hierzu aus »Umwandlung der menschlichen Natur«: »Die Bibel spricht sogar davon, daß wir unsere Natur derart umwandeln können, daß dadurch unsere Persönlichkeit neu gestaltet wird . . . Der einzelne kann somit seine Persönlichkeit ändern . . . Wie wir gesehen haben, kann unsere Natur umgewandelt werden, wenn wir der machtvollen Botschaft der Bibel Gelegenheit geben, unser Leben zu beeinflussen.« (Wachtturm vom 1.11.1990, S. 4ff).

Die Wachtturm-Schrift »Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes« geht sogar so weit, daß sie behauptet, der Mensch könne das Gesetz der Sünde schließlich überwinden und eine dauerhafte Gerechtigkeit in sich selbst kultivieren, um dann in eigener Gerechtigkeit vor dem Gott der Heiligkeit stehen zu können.

Was sagt die Bibel über die neue Persönlichkeit?

Gegenüber beiden Anschauungen lehrt die Bibel sehr wohl, daß wir eine neue Persönlichkeit anziehen müssen. Nur ist dieses Anziehen nicht ein symbolischer Akt oder ein Verbessern unseres Charakters in eigener Kraft. Die neue Persönlichkeit anziehen im Sinn der Bibel heißt, zu einer neuen »Person« zu werden.

Da die von Adam ererbte Persönlichkeit nicht mehr erneuert werden kann, ermahnt Paulus in Epheser 4,24, den »neuen Menschen« anzuziehen, der nach dem Bilde dessen ist, der ihn erschaffen hat.

Dieser »neue Mensch« ist der »Christus«. Nach biblischem Verständnis ein geistiger Organismus, seine Gemeinde. In diesem Organismus werden Juden- und Heidenchristen eins, zu »einem neuen Menschen« (Eph 2,13.14).

Wie wird man Glied dieses Organismus? Durch Wiedergeburt und Taufe. Daher sagt die Schrift: »Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen« (Gal 3,27).

Die »Wiedergeburt« ist existentielles, von Gott geschenktes, neues Leben. Gott sendet den Geist seines Sohnes in das Herz eines Menschen (Gal 4,6). So wird er zu einer »neuen Kreatur in Christus« (2 Kor 5,17) und zieht auf diese Weise die neue Persönlichkeit an (Gal 3,27).

Dem steht das Internationale Freimaurer-Lexikon gegenüber: »Das Anziehen des neuen Menschen. Wie die alten Mysterienbünde« versinnbildlichen auch die Freimaurer die Verwandlung, die sie durch den Eintritt in den Bund zu erleben wünschen, durch das Kleid und durch gewisse Gemeinschaftsformen . . . zieht damit symbolisch einen anderen Menschen (den >neuen Adam<) oder einen andern Leib an. Der alte Leib stirbt oder er bleibt zurück; der >Reine und Verwandelte< tritt über die heilige Schwelle. Nachher tritt der alte Mensch wieder in sein Recht. Der Alltag gewinnt seine Macht zurück; der Bruder ist wieder ein unter das Joch der Notdurft gebeugtes Wesen.«

So muß denn der Freimaurer dieses »Erlebnis des Wiedergeborenseins« immer wieder symbolisch neu erleben, und es ist niemals die Wiedergeburt, die eine ewige Erlösung bringt, und die eben doch nur in Christus erfahren wird. In der Wiedergeburt schenkt Gott durch Christus existentielles, neues Leben. Das ist nicht symbolisch, das ist Realität. Das wahre Anziehen des neuen Menschen ist, wie bereits beschrieben, das Anziehen der Person Christi (Gal 4,6; Eph 4,24).

 

15. Fünf Versionen über Gottheit und Menschwerdung Jesu

Die biblische Version

Jesus war bereits als menschlicher Sohn vom Geist Gottes gezeugt worden und benötigte daher keine zweite Geistzeugung. Sowohl Russell als auch die Zeugen Jehovas relativieren Jesus Christus, denn sie stellen seine Göttlichkeit in Frage. Mit der Taufe des Johannes bezeugte Jesus lediglich seine Bereitschaft, die Sünden der Welt auf sich zu laden. Darum steigt er in das Wasser der Sünder und läßt sich taufen. Der Heilige Geist, der auf ihn herabkommt, ist kein Zeichen seiner geistlichen Wiedergeburt. Der menschgewordene Sohn Gottes war durch den Heiligen Geist von Anfang an mit seinem himmlischen Vater verbunden. Das Herabkommen des Heiligen Geistes und die Stimme des Vaters bestätigen ihn lediglich hörbar und sichtbar vor Johannes als Sohn, als Propheten und Messias.

Jesus Christus wurde nicht bei seiner Taufe im Jordan »geistgezeugter« Sohn Gottes. Er war es bereits von Ewigkeit her. Denn Johannes nannte ihn das »Wort«. Und das Wort war bei Gott und es war Gott (Joh 1,1).

Paulus und Johannes bestätigen die Gottheit Jesu.

Philipper 2,6: »Er, der in göttlicher Gestalt war (. . .) nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich . . ., er erniedrigte sich selbst (. . .)«
Kolosser 2,9: »Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.«
2. Korinther 5,19: »Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber.«
1. Johannes 5,20: »Und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.«

Zwei Kommentare zur Gottheit Jesu

»Ohne Zweifel hat Jesus nicht 30 Jahre auf Erden gelebt ohne den Heiligen Geist. Aber der Heilige Geist, der seit 30 Jahren das Band der Gemeinschaft zwischen dem Vater und seinem menschgewordenen Sohn war, trat jetzt am Anfang seines öffentlichen Lebens zu ihm in ein neues Verhältnis.

Der Vater salbte ihn zum König durch den Heiligen Geist und zugleich zum Propheten, mächtig von Taten und Worten vor Gott und allem Volk. Es kann hier bei Jesus also nie und nimmer mit dem >Heiligen Geist< der Geist der Wiedergeburt gemeint sein. Jesus bedurfte keiner Wiedergeburt, er war eh schon heilig seit seiner Geburt (Lk 1,35). Es ist hier der Heilige Geist gemeint im Sinne der öffentlichen Ausrüstung für die Wirksamkeit, die der Herr nun beginnen soll.« (Matth.-Ev., S. 40, Wuppertaler Studienbibel).

»Aber wie wir es auch fassen, so jedenfalls haben wir den Menschen Jesus in seinem ganzen Dasein auf Erden zu sehen: >Gestalt Gottes< in >Gestalt eines Sklaven<. Das ist in keinem Denken zu fassen, hier versagen alle Kategorien der >Zweinaturenlehre<.

Die >Gestalt Gottes< und die >Art der Sklaven in Gleichheit der Menschen< ist gleichzeitig in Jesus da (. . .) Das eben ist die wahre Gottheit Jesu, alle >Gottheit< abzulegen und Sklavengestalt zu wählen. Es ist das, was gerade nur der kann, der an der Schöpfermacht Gottes Anteil hat.« (Wuppertaler Studienbibel Phil.-Brief, S.78)

Die Bibel läßt an der Gottheit Jesu keinen Zweifel. Sie ist historisches Dokument dafür, daß Gott in Jesus Christus den Menschen begegnete. Gott ist in seinem Sohn in die Geschichte der Menschheit eingetreten und nicht als eine zufällige Kraft kosmischer »Intelligenz«.

Die Version der Freimaurer

Der Freimaurer G. F. Lessing behauptete, es sei »unstreitig«, daß die ersten Christen »keinen solchen Sohn Gottes meinten, welcher mit Gott von gleichem Wesen sei«. Im allgemeinen wird Jesus im Freimaurertum lediglich als vorbildlicher Humanist verstanden. In der schwedisch-freimaurerischen Lehrart, aber auch in anderweitigen Interpretationen, erscheint Jesus in gnostischem Licht. Darin ist Jesus nunmehr ganz Mensch und wird als solcher zum »Christusträger«. Dank dieses »Christusgeistes« wird er »göttlicher Eingeweihter und Priester« (nach Lagutt (FM), bei M. Hohl-Wirz).

Jesus wird in der Freimaurerei als historische Gestalt betrachtet. Man darf sich über ihn ein eigenes Bild machen. Im übrigen herrscht im Freimaurertum die Ansicht, der Mensch sei von sich aus gerecht und bedürfe der Erlösertat Christi nicht. (Zuber, FM, nach M. Hohl-Wirz). Zudem wird im Freimaurertum ein Gott, der Gericht an den Menschen übt, abgelehnt. Und gerade Jesus ist es, der von seinem Vater das Gericht übertragen bekam (Joh 5,22.27).

Die Version des New-Age

Im New Age ist die Person »Jesus« mit dem »Christus« nicht identisch, so sagt A. Bailey: ». . . ein Lehrer erschien, ein Welterlöser, ein Erleuchteter, ein Avatar, ein Mittler zwischen Gott und Menschheit, ein Christus« (Bailey: Die Wiederkunft Christi, S. 12).

Dieser »Christus« hat mit »Jesus Christus« nichts zu tun. Er ist nur eine kosmische Macht, ein »Avatar«, der bei der Jordantaufe von der Person Jesus Besitz ergriff und sich in ihr manifestierte.

Was ist ein Avatar?

»Ein Avatar ist ein Leuchtender des Urlichtes, dessen wesenhafte Natur in der Fähigkeit liegt, Energie oder göttliche Kraft zu übertragen . . . begreiflicherweise ein großes Mysterium . . . in Verbindung mit diesen Avatars (oder göttlichen Sendboten) finden wir stets die Vorstellung, daß eine subjektive, geistige Ordnung existiert, eine Hierarchie geistiger Lebewesen, die mit der Fortentwicklung und Wohlfahrt der Menschen betraut sind . . . Solch ein Wesen war Christus.« (Bailey: Die Wiederkunft Christi, S. 9-11).

Wenn »Christus« als eine solche kosmische Kraft verstanden wird, welche Rolle spielt dann die Person Jesus bei der Erlösung der Menschheit? Im New-Age-Denken hat die Person Jesus für die Erlösung nur sekundäre Bedeutung. Als Werkzeug des »Avatars«, des Sendboten des »Urlichts«, empfing die Person Jesus die »Christusschaft«, das sogenannte »Christusbewußtsein«, um dadurch für Menschen Wegweiser zu dieser »Erkenntnis« zu sein.

Die Version Ch. T. Russells

In »Schriftstudien« erklärte Russell über Jesus Christus: »Als vom Weibe geboren, war dessen menschlich irdische Natur auf ihn übergegangen; er war >von der Erde irdisch<.«

Stimmt das? War er nicht Gottes Sohn von Ewigkeit und besaß himmlisches Leben? Auf Erden wurde er als ein Mensch geboren und war seinem Wesen nach Gott und Mensch – zwei Naturen. Wer die Gottheit Jesu bestreitet, verwirft Gott als den Vater Jesu Christi.

Der Evangelist Johannes sagte: »Der von obenher kommt, ist über allen. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde« (Joh 3,31).

Jesus kam von oben, vom Himmel. Er besaß göttliche Gestalt, nahm Knechtsgestalt an und wurde als ein Mensch erfunden (Phil 2,6.7). Dieses Geheimnis wurde Petrus durch Gottes Geist offenbart. Als Jesus die Frage an die Jünger richtete: »Für wen haltet ihr mich denn?«, antwortete Petrus spontan: »Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn!« (Mt 16,5.16).

Russell glaubte nicht an die Gottheit Jesu. Daher interpretierte er ein bibelfremdes Evangelium über Sinn und Zweck der Taufe Jesu. Hierzu einige Passagen aus seinen »Schriftstudien«: »Unser Herr Jesus wurde bei seiner Taufe, seiner Weihung, durch den Geist gezeugt. . . und so werden auch die Glieder seines Leibes, seine Kirche . . . zur Zeit ihrer völligen Weihung >gezeugt<.«  –  »Unseres Herrn Taufe mit dem Heiligen Geiste war nicht allein für ihn selbst nötig, damit er teilhaftig werde der göttlichen Macht – der Geist war die göttliche Kraft in ihm und das Unterpfand seiner Empfängnis zur göttlichen Natur und seines Erbanspruches auf dieselbe – sondern es war außerdem auch angezeigt, daß eine äußerliche Kundgebung oder Anerkennung Jesu stattfinden werde, die anderen ermöglichte, in ihm den Gesalbten Gottes zu erkennen.«

Der Inhalt dieser beiden Zitate sagt, daß Jesus nur Mensch war und wie seine Nachfolger »vom Geist gezeugt werden« mußte, als »Erfordernis zum Empfang seiner göttlichen Natur« und seines »Erbanspruches«.

Die Version der Zeugen Jehovas

In der Lehre der Zeugen Jehovas setzt sich die Lehre Russells logischerweise fort. Im folgenden einige Zitate über den Sinn und Zweck der Taufe Jesu, wie sie die Wachtturm-Gesellschaft vertritt.

»Nachdem Jesus im Wasser getauft worden war, goß Jehova seinen Geist auf ihn aus. Dadurch wurde er geistgezeugt, was ihm das Recht gab, ein Gottessohn zu werden, er war nun >wiedergeboren<.« (Wachtturm vom 1.3.1969, S.158).

»Gott hatte Jesus dort durch seinen Heiligen Geist als einen geistgezeugten Sohn hervorgebracht. . . Auf diese Weise wurde Jesus nicht nur ein geistiger Sohn Gottes, sondern auch der Messias, der Christus oder der Gesalbte, der der König des Königreiches Gottes sein sollte . . . Jesus war durch Gottes Geist gezeugt worden, er war >wiedergeboren< worden. Als geistgesalbter Sohn Gottes blieb er bis zum Tode treu.« (Wachtturm vom 1.2.1982, S.6).

Die Gottheit Jesu wird also geleugnet, indem man behauptet, erst durch die Wassertaufe erfolgte seine Wiedergeburt, die ihm das Recht gab, Gottes Sohn zu werden. Gemäß dieser Ansicht kann kaum behauptet werden, daß Jehovas Zeugen die biblische Botschaft verkünden. Es ist die Philosophie des New Age, der Anthroposophie oder des Freimaurertums.

 

16. New Age – was sich dahinter verbirgt

Was ist der Hintergrund des Begriffs »Neues Zeitalter«? Diese Bezeichnung weist auf einen astrologisch abergläubischen Hintergrund.

Die New-Age-Prophetin Alice Bailey erklärt hierzu folgendes: »Wir leben in einer Übergangszeit. Das Fischezeitalter, das im Zeichen von Autorität und Glauben stand, geht zu Ende, und es beginnt das Wassermannzeitalter, das mehr Wert auf individuelles Verstehen und unmittelbares Wissen legen wird . . . Ergänzend möchte ich noch bemerken, daß durch gewisse astrologische Konstellationen neuartige Kräfte frei werden, die im ganzen Sonnensystem wirksam sind und unsere Erde beeinflussen . . . Ich hielt es für richtig, kurz die Situation in der heutigen Welt zu beleuchten, besonders im Hinblick auf esoterische, okkulte und mystische Gruppen sowie geistige Bewegungen.« (Bailey, A.: Die geistige Hierarchie tritt in Erscheinung, S.17).

Welche neuartigen, kosmisch astralen Kräfte meinte A. Bailey? Sind es nicht in Wahrheit jene Kräfte, die in der Bibel als die »Mächtigen und Gewaltigen«, als die Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, »oder die bösen Geister unter dem Himmel« genannt werden, die tatsächlich spürbar und erfahrbar sind? (Eph 6,12). Es sind jene Mächte, die in den Religionen als Götter und in der Bibel schlicht als Dämonen bezeichnet werden.

A. Bailey brachte esoterisch okkulte Gruppen mit diesen Mächten in Verbindung. Dadurch wird deutlich, von welchen Quellen das Denken und Handeln der New-Age-Anhänger beeinflußt wird. Es ist wissenswert, daß A. Bailey die dritte Nachfolgerin Helene Petrovna Blavatskys war, Gründerin der New Yorker Theosophischen Gesellschaft. Auch sie empfing ihre Inspirationen und Anweisungen bereits von »anonymen Autoritäten« der Geisterwelt, die man in der Theosophischen Gesellschaft »Meister« nennt. (Miers, A.: Lexikon des Geheimnisses, S. 274).

Von einem jener »Meister« erhielt auch A. Bailey Anweisungen zur Durchführung des »Planes«, der in ihrer Schrift »Die geistige Hierarchie tritt in Erscheinung« beschrieben wird. Dieser Plan enthält unter anderem Anweisungen zur Vorbereitung der »Wiederkunft Christi«. Hier ist allerdings nicht Jesus Christus gemeint, sondern der »Maitreya-Christus«. (Miers, A.: Lexikon des Geheimnisses, S. 61).

Im Laufe der Jahre gründete A. Bailey nach den Anweisungen ihres Meisters namens K. H. (Koot Humi) eine Reihe von Organisationen, die genau nach ihren Anweisungen arbeiten und prinzipiell dasselbe Ziel anstreben wie die erwähnte Theosophische Gesellschaft: »Einen Kern der allgemeinen Menschheit zu bilden, >ohne Unterschied von Rasse, Religion, Geschlecht, Kaste oder Farbe<. Dahinter steckt der aufklärerisch freimaurerische Weltbruderschaftsgedanke, der sich gegen den Absolutheitsanspruch des Christentums, gegen den Absolutheitsanspruch Jesu Christi richtet, also eine Weltbruderschaft, eine Welteinheitsreligion.« (Gassmann, L.: idea-Dokumentation 35/86).

Die bekanntesten New-Age-Organisationen, die an dem Plan aktiv arbeiten, beschreibt C. Cumbey in ihrer Schrift »Die sanfte Verführung«:

Lucis Trust: Unter dieser Schirmherrschaft arbeitet die »Lucis Verlagsgesellschaft« zur Verbreitung von A. Baileys Schriften, die »Arkanaschule« als Meditationsschulen, die »Triangles« als Dreier-Gebets- und Meditationsgruppen und diverse Meditationsgemeinschaften.

Gruppe der Neuen Weltdiener: Diese Gruppe dient als Vorhut zur »Wiederkunft Christi«. Eine äußere Gruppe verfolgt bewußt das Ziel, eine innere Gruppe empfängt lediglich die »Eingebungen der Hierarchie«, das sind die bereits erwähnten »anonymen Autoritäten«, nämlich Geister. Die Gruppe wurde 1925 von A. Bailey angeblich unter der »Leitung der Hierarchie« (kosmische Mächte) gegründet.

Planetarische Bürger: Das sind prominente Unterstützer auf dem gesamten Erdball. Mitglied ist unter anderem David Spangler. Selbst der bekannte frühere UN-Generalsekretär U-Thant war bei diesem Aufbau beteiligt. Die Organisation dient der Unterstützung der »Gruppe der Neuen Weltdiener«.

 

17. Verschwörung – Methode zur Systemveränderung

Wer die Publikation »Die offene Verschwörung – Aufruhr zur Weltrevolution« von H. G. Wells liest, erfährt, wie und bei wem am besten mit Verschwörungsaktionen angesetzt werden sollte. Wells empfiehlt zunächst gegenüber Militär und militärischen Einrichtungen eine subversive und passive Haltung einzunehmen:

»Ich nehme an, der erste öffentliche Akt von größter Tragweite wird der sein, daß die Mitglieder der Gruppen ihren Einfluß bekunden, jede militärische Verpflichtung abzulehnen, die dem Land durch militärische und diplomatische Kreise aufgezwungen werden.«

Wells fährt fort: »Die prinzipielle Ablehnung jedes Militärdienstes, der uns von den bestehenden Regierungen in ihrer künstlich unterhaltenen Rivalität auferlegt wird, bedeutet nicht unbedingt die Verwerfung eines militärischen Vorgehens gegen nationalistische Räuberbanden zum Wohle der >Weltgemeinschaft<.« Man lehnt also vom Staat gelenkte militärische Handlungen ab, ist aber bereit zu kämpfen, wenn es um die eigenen Interessen geht.

Der folgende Wachtturm-Kommentar »Warum Jehovas Zeugen keine Pazifisten sind« entspricht genau dieser Haltung: »Sie (Jehovas Zeugen) sind nicht gegen den Krieg zwischen den Nationen, und sie mischen sich nicht in die Kriegsbestrebungen der Nationen ein, noch treten sie irgend jemand in den Weg, der sich seinem Gewissen gemäß an solchen Bestrebungen beteiligen kann. Sie kämpfen nur, wenn Gott ihnen dies zu tun gebietet, weil es dann theokratische Kriegführung ist.« (Wachtturm vom 15.3.1951, S.84).

Fälschlich wird behauptet, Jehovas Zeugen lehnen den Militärdienst aus christlichen Gewissensgründen ab. Das stimmt nicht. Sie lehnen ihn aufgrund ideologischer Schulung ab, die ausschließlich auf das Ziel der »Weltherrschaft« und »Weltregierung« ausgerichtet ist.

 

18. Parallelen zwischen New Age und Jehovas Zeugen

Constanze Cumbey, Kennerin der New-Age-Szene, deckt in ihrer Schrift »Die sanfte Verführung« die New-Age-Bewegung als hintergründige, luziferische Endzeitbewegung auf. Beim Lesen ihrer Schrift zeigen sich weitere Parallelen zwischen Wachtturm-Ideologie und New Age:

C. Cumbey: »Sie (die New-Age-Anhänger) werden . . . durch raffinierte Methoden der geistigen Manipulation gefangen gehalten . . . sind unwissende und arglose Opfer der größten Verführung, die die Welt gesehen hat . . .« (S.14).

Wachtturm-Zitat: »Wenn wir Jehova und die Organisation seines Volkes lieben, werden wir nicht mißtrauisch sein, sondern werden, wie die Bibel sagt, >alles glauben<, nämlich alles, was der Wachtturm darreicht.« (Zum Predigtdienst befähigt, S. 156).

Die einen arbeiten mit »raffinierten Methoden«, die anderen mit rhetorischen »Tricks«. »Alles glauben, was die Bibel sagt, alles, was der Wachtturm darreicht.« Auf geschickte Weise wird hier die Wachtturm-Schrift der Bibel gleichgestellt.

C. Cumbey: ». . . eine Bewegung mit vielen Tausenden von Organisationen, die die Erde netzartig umspannen und eine »Neue Weltordnung« errichten wollen. (S.156).

Wachtturm-Zitat: »Jehovas Zeugen haben mit ihrer Zeugnistätigkeit buchstäblich die ganze Erde umspannt.« (Wachtturm vom 15.6.1984, S. 17).

Es ist nicht übertrieben zu behaupten, daß Jehovas Zeugen die Erde mit ihrer Organisation umspannt haben. In über zweihundert Ländern sind sie aktiv oder haben ihre Büros und Zentralen eingerichtet. Es gibt kaum eine andere Organisation, die so effektiv arbeitet. Ein Beispiel: Die Verkündigerzahl der Zeugen Jehovas betrug 1972 in Italien 22196. Etwa 18 Jahre später betrug die Verkündigerzahl bereits 180000.

Die Wachtturm-Organisation bezeichnet sich selbst als eine »mächtige Nation«, die bald die ganze Erde füllen wird: ». . . wie in Daniel 2,44 vorhergesagt wird, wird Jehovas Königreich bald alle anderen Regierungen zermalmen und ihnen ein Ende bereiten und allein ewig herrschen.« (Wachtturm vom 15.6.1984, S. 19).

C. Cumbey: Anhänger der Bewegung (New Age) haben sogar mit Ausrottung aller Juden, Christen und Moslems gedroht… (Seite 19, Die sanfte Verführung).

Wachtturm-Zitat: ». . . wird das Ende über die Christenheit und über das Judentum kommen . . . Das bedeutet, daß auch die Christenheit und das Judentum bald nicht mehr sein werden.« (Rettung aus der Weltbedrängnis steht bevor, S. 227).

Jehovas Zeugen verkündeten bis etwa 1930, Israel würde als Volk Gottes in sein verheißenes Land zurückkehren. Annähernd 40 Jahre unterstützten die Zeugen Jehovas (früher Bibelforscher genannt), vertreten durch ihre Präsidenten Ch. T. Russell und J. T. Rutherford, den Zionismus. Als die Hitler-Ära nach 1930 langsam an Boden gewann, schwenkte die Wachtturm-Gesellschaft um. Das letzte prozionistische Wachtturm-Buch erschien 1929 und wurde bis in die dreißiger Jahre verbreitet. 1933 holte die Wachtturm-Gesellschaft zum Schlag gegen die Juden aus. (Erklärung Wilmersdorfer Turnhalle, 25.6.1933, Rechtfertigung, Bd. 2 (1932), S. 117).

Die heutigen Zeugen Jehovas erklären Israel als von Gott verworfen. 1931 nahmen sie zudem den Namen »Jehovas Zeugen« (Jes 43,10) an und deklarierten sich als neuzeitliches Volk Gottes.

C. Cumbey: »Die Bewegung (New Age) lehrt, daß man durch Initiation (Einweihung) und Werk gerettet wird und nicht durch Gnade und den Glauben an das Sühnopfer Jesu Christi.« (Seite 73, Die sanfte Verführung).

Wachtturm-Zitat: »Das Lösegeld . . .verbürgt keinem Menschen ewiges Leben oder ewiges Glück . . . verbürgt jedem Menschen eine zweite Gelegenheit. . . ewiges Leben zu erlangen.« (Göttlicher Plan der Zeitalter, S. 144ff).

Jehovas Zeugen lehren ebenfalls, Anspruch auf ewiges Leben muß verdient werden durch »Rechtfertigung des Namens Jehova«. Die Zeugen glauben wie im New Age, ewiges Leben durch Werk und eigene Gerechtigkeit zu bekommen. Ch. T. Russell lehrte, daß alle Menschen zur Auferstehung kommen müssen, um sich zu bewähren. Sie bekämen nochmals Gelegenheit wie Adam, den Gehorsam gegenüber Gott zu beweisen. Mit anderen Worten, die Sünde von Adam her ist ihnen selbst durch Jesu Tod am Kreuz nicht vergeben.

Wachtturm-Lehren und Glaubensinhalte der Zeugen Jehovas

1.  Es gibt keinen dreieinigen Gott – Dreieinigkeits-Broschüre: »Sollte man an die Dreieinigkeit glauben?«
2.  Jesus ist nicht Gott – Unterredungen, S. 242ff. = »Unterredungen anhand der Schriften«
3.  Heiliger Geist = Gottes wirksame Kraft – Unterredungen S. 174ff.
4. Jesus wurde als Sohn Gottes erschaffen, Paradiesbuch, S. 58 = »Du kannst für immer im Paradies auf Erden leben«
5.  Jesus, auf Erden wiedergeboren – WT 1.3.63, S. 158,1.2.82,S.9.
6.  Jesus, nach Tod drei Tage nicht existent – WT 1.6.88, S. 13.
7.  Jesus, nicht leiblich auferstanden – Buch Unterredungen, S. 246ff.
8.  Wiederkunft Christi ist unsichtbar – Paradiesbuch, S. 142, Abs. 17.
9.  Es gibt keine Hölle – Wahrheitsbuch, S. 96 und 97 = »Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt«.
10. Tod ist Nichtexistenz – Paradiesbuch, S. 77.
11. Jesus, nur für 144000 Personen Mittler – Wachtturm vom 1. August 1979, S. 31.
12. 144000 Personen kommen in den Himmel – Paradiesbuch, S. 124, Abs. 14.
13. Jehovas Zeugen müssen sich ewiges Leben verdienen – Ewiges Leben . . ., S. 386-388.
14. Wachtturm-Gesellschaft – Stellvertreter des Herrn auf Erden – Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben, S. 148.

Diese Liste ist nur ein Teil der Wachtturm-Sonderlehren, die jeder Zeuge Jehovas glauben und verkünden muß. Die Titel der Wachtturm-Schriften sind wegen Platzmangel mit ihren Kurznamen angeben. Die genauen Titel lauten:

 

19. Jahreszahlen – Parallelen zwischen New Age und Jehovas Zeugen

Die New-Age-Prophetin A. Bailey und die Wachtturm-Ideologen operieren bei ihren »Prophezeiungen« mit gleichen Jahreszahlen. Versionen und Erwartungen sind unterschiedlich bis gleichlautend. Es stellt sich die Frage: Aus welcher Quelle stammen die »Inspirationen« der Jahreszahlen? A. Bailey spricht von »Meistern« (anonyme, geistige Autoritäten), die ihr diktierten. Ch. T. Russell erklärte, mit dem »Großen Meister« konferiert zu haben, J. F. Rutherford, der Nachfolger Russells, erklärt, daß »Engel« die Wachtturm-Führung inspirieren. Jesus sagte seinen Nachfolgern, daß sie der Heilige Geist führen, belehren und leiten werde (vgl. auch Joh 14,16; 1 Joh 2,27).

Version über das Jahr 1914

New Age: »Die Meister arbeiten in Übereinstimmung mit dem großen Plan . . . ein Plan, der wegen der menschlichen Selbstsucht die grauenvollen Schrecken des Weltkrieges (1914/1945) notwendig machte.« (A. Bailey, S. 800).

Hier wird der erste Weltkrieg als eine notwendige Maßnahme der »Meister« interpretiert. Wer sind diese »Meister«? Und warum mußten der erste und zweite Weltkrieg inszeniert werden?

In diesem Zusammenhang sei auf den ominösen Brief des Freimaurers und Illuminaten A. Pike an G. Mazzini vom 15. August 1817 hingewiesen. Darin werden minutiöse Pläne für die Inszenierung des ersten Weltkrieges 1914 dargelegt. »Geistige Verknüpfungen«, wie schon an anderer Stelle, können auch hier kaum bestritten werden.

Wachtturm- Version: Ch. T. Russell »prophezeite«, gestützt auf einige zeitgenössische »Zahlenexperimente« (J. A. Brown: The Even Tide, London, 1823), das Ende der Heidenzeit für das Jahr 1914. Seine selbstsichere Auslegung lautete: »In diesem Kapitel liefern wir den >biblischen Nachweis< . . . daß das volle Ende ihrer Herrschaft (Nationen) mit dem Jahre 1914 erreicht sein wird und . . . sechstens beweist es, daß die große >Zeit der Drangsal ihren schließlichen Höhepunkt erreicht haben wird.« (Ch. T. Russell, Bd. 2, S. 78).

Beide Versionen weisen in ihren Darlegungen auf die katastrophalen Ereignisse des Jahres 1914 hin und auf ein Eingreifen aus der »geistigen« Welt. Version über das Jahr 1919

New Age: A. Baileys »geistiger« Inspirator gibt zu bedenken: »Ich habe euch meine Pläne dargelegt. . . Seit 1919 bin ich euer Lehrer . . . »Möge ER, der Meister aller Meister . . . euch bei der Aufgabe helfen, die Menschheit in das Licht und in eine neue Zeit zu führen.«

Wer ist seit 1919 dieser Lehrer, der in die irdischen Belange eingreift?

Wachtturm-Version: »Durch seinen Heiligen Geist. . . leitete Jehova seine Leute bis zu einem gewissen Punkt. . . als der Tröster weggenommen wurde . . . als der große Richter sein Gericht begann im Jahre 1919.« (Bewahrung, S. 193).

In der Wachtturm-Schrift »Neue Himmel und eine neue Erde« heißt es: »Mit der Inthronisierung Jesu im Jahre 1914 traten die neuen Himmel in Erscheinung. Die neue Erde dagegen erst 1919.« (S. 320 und 323). – Hier werden beide Jahreszahlen (1914 und 1919) direkt zusammen genannt.

Version über das Jahr 1925

New Age: »Der stimulierende Impuls, der gegeben wurde, und das Licht, das sich nach der letzten hierarchischen Konklave im Jahre 1925 allmählich verbreitete, sind echt und wirksam gewesen . . . Die zweite Auswirkung . . . führte zur Zunahme und Vervollkommnung aller Verkehrs- und Kommunikationsmittel, wie Presse, Radio und Reisemöglichkeiten.«

Wachtturm-Version: »Wir sollten kurz nach 1925, dem letzten vorbildlichen Jubeljahr, die Auferweckung von Abel. . . Abraham . . . erwarten . . .«Es wird keine Herrschaften und Diener mehr geben . . . Denn alle Kräfte der Natur sind ihm (dem Menschen) Untertan und treiben alle möglichen Maschinen . . . Da gibt es einen kleinen Apparat auf der Spitze des Hauses, der zieht alle Kraft, die wir zum Betrieb unserer Maschinen benötigen, direkt aus der Luft. . .«

In beiden Versionen werden phantastische Errungenschaften auf Erden für das Jahr 1925 beschrieben. Unsichtbare Kräfte verhelfen inspirierten Menschen zu entsprechenden Erkenntnissen und Erfindungen.

Version über das Jahr 1975

New Age: »Ihr sollt pflichtbewußt alles tun, um jene menschlichen Denk- und Verhaltensweisen zu entwickeln und zu fördern, die notwendig sind, wenn es in der Welt 1975 wahren Frieden geben soll.« (A. Bailey, S. 396).

Das sind deutliche Anregungen oder Anweisungen zu vermehrten Anstrengungen, das Ziel zu erreichen, Frieden bis 1975.

Wachtturm-Version: »Sollten wir aufgrund dieses Studiums annehmen, daß im Herbst 1975 die Schlacht von Harmagedon vorüber sei und die langersehnte Tausendjahrherrschaft Christi beginnen wird?

Es ist daher nicht an der Zeit, gleichgültig zu sein . . . Wir können nicht über das Jahr 1975 hinaussehen . . .« (Wachtturm vom 15.11.1968, S. 691).

Auch in dieser Version ist Hauptaspekt: »Friede bis 1975.«

Die Übereinstimmungen sind verblüffend. Man könnte die Vergleichsreihe fortsetzen. Eine hintergründige, geistige Verknüpfung ist unverkennbar. Zumal die zwei Weltanschauungen völlig unabhängig voneinander mit Zahlen und Zeitereignissen operiert haben und zu fast gleichen Ergebnissen kamen. Die Ereignisse sind zu gewaltig, um von Menschen inszeniert zu werden. Man muß nach dem Urheber und »Planer« dieser Ereignisse fragen. Dazu regt die Version A. Baileys über die beiden Weltkriege an. So läßt sich daraus auf die »Informationsquelle« für Russell und seine Nachfolger schließen. Zweifellos sind geistige Verbindungen zu der »einen« Quelle erkennbar.

 

20. Jehovas Zeugen und die New-Age-Systemschau

Während meiner Studien zum vorliegenden Buch fiel mir die Wachtturm-Ausgabe vom 15. Juli 1980 in die Hände. Was ich beim Lesen entdeckte, wäre mir früher als Zeuge Jehovas selbst nie aufgefallen. Die Darlegung reflektierte typisches New-Age-Denken.

Der Artikel, betitelt »Eine Weltregierung – wo liegen ihre Hindernisse?«, intendiert die Überzeugung, daß die von der Wachtturm-Organisation proklamierte »unsichtbare Weltregierung«, in Zusammenarbeit mit der bereits bestehenden »Neuen-Welt-Gesellschaft« der Zeugen Jehovas, einmal für die Grundbedürfnisse der Menschheit sorgen wird.

Die »Systemtheorie« und die Auffassung über Lebenszusammenhänge stammen aus der Feder eines F. Capra, der bemüht ist, seine buddhistischen Erkenntnisse in eine mystisch transzendente Weltsicht umzusetzen. In seinem Buch »Wendezeit« schreibt er: »Jeder Organismus – von der kleinsten Bakterie über den weitesten Bereich der Pflanzen und Tiere bis hin zum Menschen – ist ein integriertes Ganzes und somit ein lebendes System«  –  »Auch gesellschaftliche Systeme weisen dieselben Grundaspekte auf – etwa wie ein Ameisenhügel, ein Bienenstock oder eine menschliche Familie.« – »Die neue Sicht der Wirklichkeit. . . beruht auf der Erkenntnis, daß alle Phänomene – physikalische, biologische, psychische, gesellschaftliche und kulturelle – grundsätzlich miteinander verbunden und voneinander abhängig sind.« (Wendezeit, von F. Capra, S. 294).  –  Diese Zitate spiegeln sich auch in den Wachtturm-Darlegungen wider.

Gemeinsame Begriffe bei Jehovas Zeugen, Freimaurern und New Age

Neue Weltordnung: In jüngster Zeit war der Begriff »Neue Weltordnung« bereits wiederholt im Munde prominenter Politiker, beispielsweise des damaligen amerikanischen Präsidenten Bush oder des früheren russischen Präsidenten Gorbatschow, der am 7. Dezember 1988 vor der UNO sagte: »Weiterer globaler Fortschritt ist jetzt nur noch möglich durch die Suche nach universeller Übereinstimmung in der Bewegung hin zu einer >Neuen Weltordnung<.« – »Novus ordo seclorum« – das ist die Maxime des Illuminatenordens und der New-Age-Bewegung.

Eine »Neue Weltordnung« ist bedingt durch eine Weltregierung mit totaler Machtbefugnis. Diesem Ziel ist man durch die Französische Revolution von 1789 und ihre ideologischen Folgeerscheinungen beachtlich nähergerückt, denn die utopischen Parolen von damals: »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit«, manifestieren sich seitdem bereits in der Überschrift des 1. Artikels der »UNO-Charta für Menschenrechte«. Auch der große Vordenker des New Age, H. G. Wells (gest. 1946), schrieb geradezu visionär über die Thematik »Weltstaat« und »Weltgemeinschaft«. In seiner berühmten Edition »Die offene Verschwörung – Aufruf zur Weltrevolution«, tauchen bereits Begriffe wie Weltordnung, Weltkontrolle, Weltstaat, Weltorganisation, Weltregierung und Weltgemeinschaft auf. Ebenso sehen wir dies bei der New-Age-Prophetin A. Bailey, die schon in den ersten Jahren des zweiten Weltkrieges über das Thema Weltordnung und Weltreligion schrieb.

Auch die Wachtturm-Gesellschaft bedient sich desselben Vokabulars wie die New-Age-Experten und das Illuminatentum. Damit steht sie auf der Seite der antichristlichen »Neuen-Welt-Architekten«. Wir sagten bereits, daß man eine Weltanschauung und ihr Ziel am Vokabular und den Begriffsanwendungen erkennen kann. Bemerkenswert ist, daß die Wachtturm-Gesellschaft bereits nach dem ersten Weltkrieg den Begriff »Neue-Welt-Gesellschaft« prägte. (Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben, S. 119, 147).

Die Wachtturm-Organisation der Zeugen Jehovas benutzt aber nicht nur dieselben ideologischen Vokabeln, sondern plant ebenfalls im Falle von Widersetzlichkeiten in ihrer »Neuen Ordnung« dieselben Methoden anzuwenden, die New-Age-Führer in ihrer »Neuen Weltordnung« im Bedarfsfall anzuwenden gedenken.

Die Parallelen zwischen Illuminatentum, New Age und Wachtturm-Ideologie sind beachtlich.

»Neue Weltordnung«:

– Seit 1914 sammelt der vortreffliche Hirte, Jesus Christus, die Bürger der »Neuen Ordnung« ein.

– Als Bürger der »Neuen Ordnung« halten Jehovas Zeugen in erster Linie der himmlischen Regierung die Treue.

– Jehova führt sein Volk einer strahlenden »Neuen Ordnung« entgegen.

– Sie werden unter der Leitung des Königreiches eine gerechte »Neue Ordnung« aufbauen.

– Es wird sich dabei um eine »Neue Ordnung« oder »Weltordnung« oder einen neuen Bereich menschlichen Lebens
   handeln. (Wachtturm vom 1. Mai 1987, S. 31).

Zum Begriff »Weltregierung«:

– »Eine Weltregierung – wie sie zustande kommen wird«

– Angenommen, es gäbe einen Herrscher . . . könnte er eine Weltregierung zustande bringen?

– Gott hat erklärt, daß er für eine Weltregierung zuständig sei.

Der Begriff Menschenrechte:

– Unter der Überschrift »Menschenrechte – werden sie je verwirklicht« heißt es: ». . . und die Fürsten, die er (Jesus Christus)
   einsetzt, werden dafür sorgen, daß auf der ganzen Erde Recht und Gerechtigkeit herrscht.«

– »Wenn dieses Gebet Erhörung gefunden haben wird, werden die Menschenrechte auf der Erde gewahrt werden.« (WTG:
     Erwachet).

– »Das zeigt, daß es eine höhere Macht gibt, der die Rechte, die heute als Menschenrechte bezeichnet werden, am Herzen
    liegen.«

– »Er (Gott) hat verheißen, daß die Zeit kommen wird, in der alle Rechte des Menschen zum Wohle jedes einzelnen
    verwirklicht werden.«

– »Allerdings ist der Ausdruck >Menschenrechte< darin (gemeint ist die Bibel/d. Verf.) nicht zu finden. Doch die Rechte,
    die man heute als >Menschenrechte< bezeichnet, werden in der Heiligen Schrift vielfach erwähnt.« (ERWACHET: 8.12.
    1979, S. 12)

Stimmt das wirklich? Sympathisiert die Wachtturm-Schrift hier nicht mit der ideologischen Maxime des Freimaurertums von den Menschenrechten, wie etwa die Führer des »konziliaren Prozesses« mit der Postulierung »Gerechtigkeit – Friede und Erhaltung der Schöpfung«? Attribute, die erst im Tausendjährigen Reich Christi ihre Erfüllung finden, werden schon jetzt in ideologische Fahrwasser geleitet.

Zu Recht behauptet daher W. Künneth: »Die große Verheißung der Ideologie konzentriert sich in den Grundbegriffen >Gerechtigkeit, >Friede<, >Einheit<, >Freiheit, >Humanisierung< der Welt.« (Ideologien – Herausforderung an den Glauben, Peter Beyerhaus, S. 25).

Hierzu das Internationale Freimaurerlexikon: »Angenommene Erklärung der Menschenrechte der Französischen Revolution.«  –  »Alle Menschen sind von Natur frei und unabhängig. Jede Regierungsgewalt gehört allein dem Volk . . . daß die gesamte Maurerei die Verfechtung der Menschenrechte in ihre Verfassungen aufzunehmen habe.« (Lennhoff-Posner: S. 1025)

Lutz v. Padberg schreibt in »Der konziliare Prozeß«, daß die Französische Revolution die christliche Ethik als Grundlage für das Zusammenleben der Menschen für obsolet erklärte und daher die Maxime »Menschenrechte« ersetzte. Die Weiterführung der Idee der »Menschenrechte« kommt in dem bekannten Lied der »Internationale« zum Ausdruck, wo es unter anderem heißt: ». . . die >Internationale< erkämpft das >Menschenrecht<.« (Internationale Arbeitervereinigung von Kommunismus und Sozialismus).

Menschheitsfamilie

Nichts scheint logischer zu sein, als für die Gesamtheit aller Menschen die Bezeichnung Menschheitsfamilie zu gebrauchen. Denn bekanntlich stammen alle von einem Ur-Elternpaar ab. Begriffe sind aber leider nicht immer so eindeutig und wertneutral, wie es oft den Anschein hat.

Dazu ein Beispiel: Unter der Bezeichnung »Christus« versteht ein Durchschnittsbürger Jesus von Nazareth. Ein New-Age-Anhänger sieht darin eine kosmische Kraft, die in ihm das »Christusbewußtsein« bewirkt. Oder: Jemand behauptet, Jesus war der präexistente Gottessohn. Dagegen erklärt ein anderer, Jesus sei nur ein moralisch hochstehender Mensch gewesen.

Man sieht, Worte und Begriffe werden unterschiedlich interpretiert. Meist je nach Weltanschauung. Daher kann umgekehrt mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Begriffsverständnis einer Person auf ihre Weltanschauung geschlossen werden. Das trifft auch für die Verwendung des Begriffs Menschheitsfamilie zu.

»Menschheitsfamilie« ist ein entscheidender Begriff bei Freimaurern und Illuminaten, Krönung aller Aktivitäten bei der UNO und Ziel aller Vereinigungsbestrebungen der Weltkirche in Rom. In diesen Reigen stimmt die New-Age-Prophetin A. Bailey mit ein, indem sie an die Zusammengehörigkeit der »menschlichen Familie« erinnert oder von den »Brüdern in allen Ländern« spricht.

Hinzu kommen auch Jehovas Zeugen mit ihrer skurrilen Feststellung, daß die ganze Menschheit nach Harmagedon einen neuen, einen zweiten Vater haben wird. Sie sagen, daß Jesus der zweite Vater der Menschheitsfamilie wird, daß er die Vaterschaft für die Menschheitsfamilie übernimmt und das Paradies wiederherstellt. (WTG: Weltweite Sicherheit unter dem Fürsten des Friedens, S. 162 u. S. 169).

Eine weitere Aussage lautet: »Nein, eine vereinte Menschheitsfamilie ist kein Traum. Sie ist schon heute im Werden begriffen. Gehörst auch du dazu?« (Wachtturm vom 15. Juni 1984, S. 19).

Unübersehbar – Jehovas Zeugen verwenden den Terminus »Menschheitsfamilie« genauso gut wie das Freimaurertum und die New-Age-Bewegung.

Der Begriff »Menschheitsfamilie« ist jedoch unbiblisch. Der Terminus taucht lediglich in Ideologien auf, deren Ziel es ist, ein antichristliches Friedensreich, einen humanitären Menschheitstempel oder ein irdisches Paradies aufzurichten.

Christus sprach nirgends von einer Menschheitsfamilie, aber er sprach von seinen Brüdern. Wer ist das? ». . . wer sind meine Brüder? . . . Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mir Bruder und Schwester« (Mt 12,48.50).

Das ist genau das Gegenteil von dem, was einst Philipp Potter, ehemaliger Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen formulierte: »Eine Christenheit, die aus der Bruderschaft mit Christus lebt, sucht die Bruderschaft mit allen Menschen . . .«

Eine Bruderschaft aller Menschen mit Christus ist, wenn auch noch so gut gemeint, utopisch und unbiblisch. Christus hat das auch nie behauptet. Eine Bruderschaft mit Christus entsteht nur durch Wiedergeburt (Joh 3,3.5.7). Danach sind alle jene »Leib Christi« oder »Gemeinde«, aber niemals »Menschheitsfamilie«.

Schlusswort: Die Berührungspunkte zwischen Jehovas Zeugen, Freimaurern und New Age wurden in meiner Darlegung deutlich. Wenn es auch innerhalb der drei Ideologien noch etliche unterschiedliche Auffassungen gibt, stimmen sie jedoch in ihren Maximen überein. In über 21 gleichlautenden Begriffen, Lehrmeinungen und Zielen ist Kongruenz deutlich erkennbar. Vor allem wollte ich deutlich machen, dass es sich bei den drei Systemen nicht um biblische Anschauungen handelt, sondern um antichristliche Ideologien.

Erich Brüning, 1993.

 

Die Hervorhebungen im Text sowie ein leichte Kürzung wurden von mir vorgenommen.

Horst Koch, Herborn, im Juli 2015

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