Gott als neues Superbewusstsein (Hunt)

Dave Hunt

 

Gott als neues Superbewusstsein

Es ist nun 20 Jahre her, dass die Hausfrau J.Z. Knight als Channel für Ramtha, den entkommenen Krieger vom Atlantis-Mythos, in die New-Age-Szene platzte. 1988 »zog sie sich inmitten eines Hagels von ne­gativen Presseäußerungen … aus dem öffentlichen Blickfeld zurück«. Im Jahr 1992 trennte sie sich mit einer weiteren chaotischen Ehescheidung von einem Ehemann, der ihr vorwarf, dass sie eine sektenähnliche Atmo­sphäre verbreite. Dennoch zogen über tausend ihrer Anhänger nach Yelm im US-Bundesstaat Washington, kauften sich Besitz und bauten Hauser in der Nähe ihres 3-Millionen-Dollar-Anwesens, um ihre »Ramtha-Schule der Erleuchtung« zu besuchen. Berichten zufolge »fallen etwa 2.000 wei­tere Personen in Yelm ein, um ihre zweimal jährlich stattfindenden Ein­kehrtage zu besuchen … [und zahlen] mindestens 1.350 Dollar pro Jahr, um Ramtha mittels Knight zu konsultieren, um eine Mixtur aus Yoga, Quantenmechanik und mentalen Übungen zu erlernen, die angeblich die spirituelle Wahrnehmung und mediale Fähigkeiten steigern sollen und um spontane körperliche Heilung von allem Möglichen von Hühnerau­gen bis Krebs zu erlangen.«

Im Februar 1997 zahlte Knight die Kosten einer Gruppe von 14 Ge­lehrten, angeführt vom Religionswissenschaftler J. Gordon Melton von der Universität von Kalifornien. Diese Gruppe besuchte sie, um festzu­stellen, ob sie und Ramtha legitim sind. Das Ergebnis ihrer Untersuchung wird in einem Buch veröffentlicht werden, das Melton über das Ramtha-Phänomen schreibt. Dass Knight diese Wissenschaftler eingeladen hat, zeigt ihre Ernsthaftigkeit und Bereitschaft, sich überprüfen zu lassen.

Zu einem früheren Zeitpunkt hatte Knight den Parapsychologen Stan­ley Krippner vom Saybrook-Institut in San Francisco auf ihrem Anwesen empfangen. Krippner kam in Begleitung eines Neurophysiologen, der Knight einer Reihe von Tests unterzog, während sie Ramtha channelte. Die Tests ergaben »eine gesteigerte Herzschlagfrequenz, Muskelspannung und Hautfeuchtigkeit und Verringerung des Blutvolumens, des Blutdrucks und der Hauttemperatur, was … nicht vorgetäuscht werden konnte«. Wie auch bei anderen Medien wie z. B. Eileen Garrett der Fall, die sich jedem erdenklichen wissenschaftlichen Test unterzog, ist auch hier klar, dass zu bestimmten Zeiten ein Geistwesen von Knight Besitz ergreift und durch sie spricht. Krippner sagte ihr nach den Tests: »Ich weiß nicht, wer Sie sind, J. Z., aber ich weiß, dass Sie echt sind.«

Ablehnung und Auflehnung

Knight sagt, ihre spirituelle Odyssee habe begonnen, als sie als Jugendli­che von »einem Stiefvater, der sie nicht ausstehen konnte«, geächtet wurde und sich deshalb »in Gott verliebte« und »unaufhörlich mit ihm sprach« und schließlich »Gott anfing, ihr zu antworten und auch mit ihr zu re­den«. Dieses »Sprechen mit Gott«, um neue Einsichten und Offenbarun­gen zu erlangen, und das unabhängig von der Offenbarung, die Gott uns in seinem Wort gegeben hat, ist charakteristisch für das Okkulte und für vieles, was sich als christlich ausgibt. Knights »Gott« ist sicherlich nicht der Gott der Bibel.

Ramthas Gottesbild – eine der vielen Lügen, die Knight channelt und viele Anhänger von ihr angenommen haben – ist auch von etlichen ande­ren Wesen durch andere Kanäle vermittelt worden. Das gilt auch für na­hezu alle anderen Aussagen Ramthas.

Gott ist ein Geist, der aus Bewusstsein und Energie besteht und aus dem Nichts geboren wurde. Und die Kraft Gottes ist die Umformung [von Energiewellen] in Erfahrungsquanten.

Wir werden ein Neues Zeitalter des Superbewusstseins möglich ma­chen, in welchem neue Arten von Energie neben den alten zusammen existieren.

Die Vorstellung, aus dem »Nichts« könne irgendetwas geboren werden, ist offensichtlich dieselbe Illusion wie Edgar Mitchells unbewusster Gott, der in Pflanzen erwacht. Dass intelligente Menschen zu Millionen einen solchen Unsinn glauben, während sie den Gott der Bibel ablehnen, be­zeugt abermals die Selbsttäuschung, die solche befällt, die meinen, sie könnten der moralischen Verantwortlichkeit gegenüber Gott entkommen. Zudem verdeutlicht dieser Umstand die zunehmende Salonfähigkeit des Okkultismus in der heutigen Welt.

Die Ablehnung des Gottes der Bibel durch die »Blumenkinder« der 60er Jahre führte zu Auflehnung gegen jegliche Autorität. Sie verbargen ihre Egozentrik unter dem Deckmantel von Frieden und Liebe. In ihrer schönen neuen Welt wären keine Regeln mehr nötig. Jeder hätte die Frei­heit, Drogen zu nehmen, fetzige Musik zu hören, freien Sex auszuleben und »Liebe statt Krieg zu machen«. Auf ihren Drogentrips erlebten sie dasselbe kosmische Bewusstsein wie Edgar Mitchell im Weltraum und Michael Ray und Gerald Jampolsky durch Shaktipat. Die Fantasievor­stellung der kosmischen Einheit funktioniert im wirklichen Leben nicht. Sie ist einfach ein Märchen. Man kann jedoch den unmöglichen Traum einfach weiter träumen – mithilfe von Yoga oder Drogen oder beidem.

Die Flucht vor Realität und Vernunft geht weiter mit der zunehmenden Popularität, Verbreitung und Freigabe von Marihuana und anderen be­wusstseinserweiternden Drogen (und jetzt Heroin) zusammen mit fern­östlicher Meditation. Gene Edward Veith zeichnete dieses finstere, aber treffende Bild:

Modemagazine wie Vogue und W haben ein neues Outfit für die 90er in Szene gesetzt: ausgemergelte und ausgezehrte Frauen mit eingefal­lenen Augen räkeln sich auf dem Fußboden eines Badezimmers und strecken ihre Arme nach einer Nadel aus. Glamouröse Models ent­wickeln ein Subkultur-Outfit, indem sie den Laufsteg entlangschlur­fen wie halbtote Zombies. Die Modewelt nennt das »heroin-chic« … [und] Drogenkonsum unter Jugendlichen schießt explosionsartig in die Höhe … um 78 % seit 1992 …

»Ich glaube an Drogenkonsum«, bekennt der führende Kopf einer bedeutenden Plattenfirma, der anonym in der Los Angeles Times zi­tiert wurde. »Er gehört einfach zum Erwachsenwerden und zum krea­tiven Prozess …«

Die psychedelischen 60er machten mit LSD heiß; die ausgefallenen 70er … mit Amphetaminen; die impulsiven 80er holten sich ihre Kicks vom Kokain. Die Popkultur von heute entwickelt eine finstere, depres­sive Stimmung … Junge Leute, in Schwarz gekleidet, schwelgen in trü­ber, trostloser Introspektion und ihre Musik suhlt sich in Zynismus, Aggression und Verzweiflung. Ihre Lieblingsdroge ist – in zunehmen­dem Maße – Heroin.

Jonathan Melvoin, Keyboardspieler der »Smashing Pumpkins«, starb kürzlich an einer Überdosis Heroin. Ebenso Shannon Hoon von »Blind Melon«. Ebenso Kristen Pfaff von »Hole«, Dwayne Koettel von »Skinny Puppy« und Bob Stinson von »Replacement«. Kurt Cobain von Nirva­na, einst als Sprecher seiner Generation gefeiert, brachte sich nach einem langen Kampf mit seiner Heroinabhängigkeit um …

Säkulare Einrichtungen für Drogenentzug rühmen sich schon über Erfolgsraten im einstelligen Prozentbereich … Teen Challenge heilt 70 bis 86% der Süchtigen, um die sich diese Organisation kümmert. An­dere christliche Gruppen und Kirchen erzielen ähnliche Erfolge. Ge­bundenheit an Drogen wird – wie alle anderen sündigen Gebundenhei­ten – am besten mit dem Evangelium von Jesus Christus behandelt.

Auf den Zusammenhang zwischen Drogen und dem Okkulten sind wir bereits eingegangen. Das Neue Testament bezeichnet das Okkulte als »Zauberei«, die deutsche Übersetzung des griechischen Wortes pharma­keia. Und jetzt hat eine neue Dimension dem Okkultismus eine neue Ehrwürdigkeit eingebracht: Die »Kiffer« und »Aussteiger« der 50er und 60er sind die Ärzte, Rechtsanwälte, Politiker, Psychologen, Sozialarbei­ter, Professoren und Wissenschaftler der 90er.

Die Bewusstseins-Revolution wird nicht mehr angeführt von einer Horde hagerer, junger Freaks; sie wird von höchster Stelle aus geschürt. Ihre okkulten Früchte reifen zu einer Ernte des Grauens heran. Wir kön­nen nur wiederum Veith zustimmen, der schreibt: »Die Eskalation des Drogenkonsums während der Amtszeit Präsident Clintons geht wahr­scheinlich weniger auf seine Rückschläge in den Büros der Drogenbosse und in der Gesetzgebung gegen Drogen zurück als vielmehr auf die frei­zügige Kultur, die er verkörpert und repräsentiert … wenn er z. B. in MTV Witze darüber macht, dass er gerne mal inhalieren würde …«

Eine neue Ehrbarkeit auch unter Christen

Der Welt kann man wohl kaum Vorwürfe dafür machen, dass sie dem Okkulten positiv gegenübersteht, wenn auch die Christenheit (einschließ­lich der evangelikalen Führerschaft) diese offene Haltung an den Tag legt. Immer mehr christliche Führungspersonen springen auf diesen Musikwagen auf, ohne zu überlegen, wo er herkommt und wo er hin­fährt. Dass Evangelikale M. Scott Peck und seine häretischen Bestseller mit offenen Armen begrüßen, ist nur ein Paradebeispiel. Als Peck am 8. Dezember 1993 in der christlichen Oprah-Winfrey-Fernsehshow auf­trat, stand sein erstes Buch Der wunderbare Weg seit sensationellen 500 Wochen auf der Bestseller-Liste der New York Times (mittlerweile seit 600 Wochen). Er sagte zu Oprah, er sei zu diesem Buch »göttlich angelei­tet« worden. Doch bereits früher hatte er eingestanden, noch kein Christ gewesen zu sein, als er das Buch schrieb. Die antichristlichen Lehren die­ses Buches (»das kollektive Unbewusste ist Gott« usw.) sprechen gegen jede Behauptung göttlichen Ursprungs.

In seinem nächsten Buch Die Lügner, das nach seiner angeblichen Bekehrung veröffentlicht wurde, setzt Peck seine häretischen Äußerun­gen unvermindert fort. Peck sagt, er »würde niemanden aus dem Exor­zismus- Team ausschließen, der ein gestandener Hindu, Buddhist, Mus­lim, Jude, Atheist oder Agnostiker ist und eine wirklich liebevolle Aus­strahlung hat«. In The Different Drum (»Die andersartige Trommel«) erklärt Peck, dass »die Rettung der Welt durch Gemeinschaft geschieht … nichts ist wichtiger als das«. Kein Wort von der Rettung durch Jesus Chris­tus. Pecks Haltung gegenüber dem Omega-Institut, das Kurse in »Zen, Magie, Hexerei, erweiterten Bewusstseinszuständen und verschiedenen anderen okkulten Künsten anbietet«, straft sein angebliches Christen­tum Lügen.

Als der römisch-katholische Priester und New-Age-Vertreter (und jet­zige Priester der Episkopalkirche) Matthew Fox sein Buch Vision des kos­mischen Christus veröffentlichte – in welchem er fundamentalistisches Christsein mit Faschismus gleichsetzt und Jesus von dem »Christus« un­terscheidet, der »in uns allen wohnt« (ein übliches Thema des Okkul­ten) –, fand sich auf der Rückseite Pecks inbrünstige Empfehlung. Nichts­destotrotz werden Peck und seine Bücher weiterhin von führenden Evan­gelikalen empfohlen, und das sogar in der Zeitschrift vom Moody Bible Institute. Die folgenden Kommentare der Autorinnen Brenda Scott und Samantha Smith sind eine schockierende Erinnerung an die neue Ehr­barkeit, die das Okkulte sogar innerhalb der evangelikalen Christenheit erlangt hat:

Wenn die New-Age-Anhänger Peck als jemanden aus ihren eigenen Reihen betrachten und wenn ihm diese Identifikation selbst gefällt, warum sollten Christen es dann nicht genauso sehen? … Doch statt­dessen bietet er Seminare an … bei denen er christlichen Gemeinde­leitern seine Zen-Methoden der »Gemeinschaft« beibringt.

Dr. Calvin van Reken, zweiter Professor für Moraltheologie am Cal­vin Seminar, empfahl Der wunderbare Weg in der Ausgabe der Univer­sitätszeitung vom 24. Januar 1992. David Means las in [einer christli­chen] Radiosendung mehrere Tage lang aus Pecks Buch The Different Drum … vor. David Mains verschwieg seinen Zuhörern jedoch, dass Peck seine Bücher als New Age ansieht oder dass The Different Drum … die Sündlosigkeit Christi angreift und Zen-Buddhismus lehrt.

Wir schrieben an diese Radiosendung und erklärten Pecks New-Age-Lehren und -Verbundenheit und schickten eine Kopie seines Ar­tikels aus dem New Age Journal mit. Wir waren besorgt, dasss die Emp­fehlung Pecks [seitens der Sendung] viele in die Irre führen könnte. Auf unseren Brief wurde nie eingegangen und The Different Drum wurde weiter gesendet …

 

Evangelikale Führungspersonen und das Okkulte

Matthew Fox besteht darauf, dass »das Christentum sich von seinem ei­gentlichen ›Kern‹, seinem Zentrum, seinem Sinn für praktizierte Mystik und kosmisches Bewusstsein, gelöst« habe. David und Karen Mains ha­ben ihren Teil dazu beigetragen, dieses vermeintliche Defizit zu korrigie­ren. In ihrem 18. Buch Loneley No More (»Nie mehr einsam«) empfiehlt Karen die Befragung eines persönlichen Leitgeistes und andere okkulte Praktiken, die Fox verbreitet. Als Bestseller-Autorin und bekannte Refe­rentin auf Frauenkonferenzen war Karen zur Zeit, als das Buch auf den Markt kam, »Vorsitzende des Treuhänder-Gremiums der Inter-Varsity Christian Fellowship der USA«.

Karen Mains zitiert in zustimmender Weise den modernen Mystiker Thomas Merton, der ebenso Buddhist wie auch römisch-katholischer Mönch ist, und nimmt seinen Rat in Anspruch. Sie setzt körperliches Zittern und heftige Schüttelanfälle mit einer geheimnisvollen Kraft Got­tes gleich, die durch ihre Hände strömt (eine übliche okkulte Manifesta­tion). Sie bezeichnet dies als »Charisma der Heilung«. Sie spürt ihr Eins­sein mit den Molekülen ihres Körpers und dem Universum mit seinen Gegenständen und Geschöpfen. Dabei erlebt sie anscheinend das kosmi­sche oder Einheits-Bewusstsein eines Edgar Mitchell oder Yogi, was sie nur wärmstens empfehlen kann. Sie ist überzeugt, dass sie durch »die ständige Begegnung mit dem Heiligen Geist effektiv zu Annäherungen« an C.G. Jungs Unbewusstem geleitet wird. Dieses Buch ist ein unglaub­lich egozentrischer und von sich selbst eingenommener Bericht einer christlichen Führungsperson, die unfreiwillig in okkulte Bindungen ge­führt worden ist.

Karen Mains legt äußerst detailliert ihr Traumleben dar, das sie mit einer Jungschen Methodik interpretiert. Anscheinend ist sie sich über­haupt nicht bewusst, dass C.G. Jungs Theorien aus dämonischer Inspira­tion stammen. Sie spricht davon, dass ihr über die letzten vier oder fünf Jahre ein großer, dunkelhaariger und gutaussehender Mann »Anfang drei­ßig sechs oder acht mal jährlich im Traum erschienen ist«. Er blickte ihr ernstlich in die Augen und sagte: »Du bist das, was ich mir in spiritueller Hinsicht immer gewünscht habe.« Er klammerte sich an sie, legte sei­nen Kopf auf ihre Brust und weinte. Karens »spirituelle Leiterin«, eine katholische Nonne und Jungsche Psychotherapeutin, erklärte ihr, dass ihr »männliches Selbst« (Jungs Animus) »um sie wirbt«. Karen akzep­tiert, dass »es tatsächlich mein männliches Selbst ist, der Animus, den ich brauche, um mein weibliches Wesen, die Anima, zu ergänzen«. Sie hält diese Theorie, die Jung von der Dämonenwelt lernte, für »außerordent­lich bibeltreu«.

Wenn man sich einem »spirituellen Leiter« unterwirft, öffnet man da­mit die Tür für das Okkulte, insbesondere in Anbetracht der Methoden, die von diesen »ausgebildeten Therapeuten« – von denen es immer mehr gibt – herangezogen werden. Der Organisation »Spiritual Directors In­ternational« (»Spirituelle Leiter International«) zufolge gibt es »in den USA etwa 350 christlich-orientierte Ausbildungsprogramme für spiritu­elle Leiterschaft«, von denen die meisten römisch-katholisch bzw. öku­menisch sind. Ein Netzwerk mit Stammsitz in San Francisco listet »2.600 Mitglieder« auf, »die ausgebildete spirituelle Leiter sind«. Ein typisches Ausbildungsprogramm »mischt Psychologie, Soziologie, Theologie und Spiritualität in Klassen, Vorlesungen, Diskussionen und praktischen Übungen«.

In Cenacle, einem katholischen Meditationszentrum, verwandelt sich Karens angebliches »männliches Selbst« mittels der okkulten Visualisierungs – Technik in ein »dummes Kind, das an einem Tisch sitz«. Sie sieht seinen »völlig kahlen« Kopf» zu einer Seite gelehnt … sabbernd … aus­gezehrt und unterernährt … ein kleines Gerippe einer Vogelscheuche … mit traurigen, großen Augen …« Unter der Anleitung ihrer katholisch-jungschen »spirituellen Leiterin« wird Karen überzeugt, dass dieses vi­sualisierte »dumme Kind«, das ihr nun lebendig geworden ist, in Wirk­lichkeit das innere »Christkind« ist, der Teil ihres Selbst, »das Christus ist« und versucht, um sie zu werben!

Die Illusion der säkularen Psychologie vom »inneren Kind« ist durch die »christliche Psychologie« in die Christenheit eingefallen und wird nun in Seminaren gelehrt und von führenden Gemeindeleitern verbreitet. Der Autor dieses Buches verfolgte mit großer Sorge am Sonntagmorgen, den 8. Juni 1997, eine Predigt von Charles Stanley, einem etablierten evange­likalen Pastor. In dieser Predigt ging es vorwiegend darum, die Zuhörer über das »innere Kind« zu belehren. Karen Main ist noch tiefer in diese Wahnvorstellung hineingeraten. Bei ihr ist es kein normales Kind, son­dern Christus höchstpersönlich!

»Das Kind in mir«, nennt sie es. War Christus nicht ein erwachsener Mann über dreißig, als er am Kreuz für unsere Sünden starb, und ist er nicht jetzt mit seinem verherrlichten Auferstehungsleib zur Rechten des Vaters? Kommt er nicht in seinem Geist zu uns Gläubigen und wohnt in uns als Herr des Lebens und der Herrlichkeit, der den Tod besiegt hat? Wie kann er dann immer noch ein Kind sein – und dann noch ein solches Kind, wie er es niemals war: »ausgezehrt und unterernährt … ein kleines Gerippe einer Vogelscheuche … mit traurigen, großen Augen …«? Was für eine Verblendung ist das und aus welcher Quelle stammt sie?

In einem kühnen Versuch, nichts (vom Teufel) zu hören, nichts (vom Teufel) zu sehen und nichts (vom Teufel) zu sagen, verteidigte Christiani­ty Today die Irrlehren Karen Mains in einem Artikel, der alle Kritiker geißelte und mit Ausdrücken beschimpfte wie »selbsternannte Ketzer-Jäger … Herren des Legalismus, die zu Gericht sitzen … bei einer mo­dernen Hexenverfolgung«.
Der Artikel war ein unlogischer und unbi­blischer Angriff auf alle, die der Christenheit nötige Korrektur aufzeigen würden, und eine Leugnung der Verantwortung jedes Christen, ein Be­röer zu sein (Apg 17,10-11). Die scheltende Beschwerde, dass David und Karen Mains missverstanden und barsch abgeurteilt wurden, enthielt weder dokumentierende Beispiele von Mains Lehren, um die es ging, noch von der angeblich so unfairen Kritik gegen sie. Stattdessen wurde davon ausgegangen, dass die Leser sowieso alles glauben, was immer Christianity Today behauptet.

Eine skandalöse Vertuschung

Zwei Monate später denunzierte Philip Yancey in einem Christianity -To-day-Artikel mit dem Titel »Christlicher McCarthyanismus« jeden Ver­such, die Kirche zu korrigieren, als »christlichen McCarthyanismus«. Diese anklagende Bezeichnung hatte vor 50 Jahren Erfolg, als man zwecks Inschutznahme der einflussreichen Posten der Kommunisten (die die USA von innen umstürzen wollten) sich mit diesem Begriff über jeden lustig machte, der die kommunistische Infiltration aufzudecken versuchte. Heute wissen wir, dass McCarthy Recht hatte! Und in gleicher Manier gibt man heute diejenigen der Lächerlichkeit preis, die gegen Irrlehren eintreten und Korrektur für die Christenheit wünschen. Wird auch die Christen­heit erst aufwachen, wenn es zu spät ist?

Yancey behauptete, Karen Mains habe lediglich »über ihr Traumleben geschrieben« und zitierte weder sie selbst noch ihre Kritiker. Eine solche Vertuschung in einer führenden evangelikalen Zeitschrift ist wirklich unerhört! Er argumentierte: »Es ist für uns an der Zeit uns zu erinnern, dass Jesus Liebe – und nicht theologische oder politische Lupenreinheit – als Kennzeichen der Christen nannte.« Politische Lupenreinheit hat si­cher nichts mit Christsein zu tun, aber eine gesunde Lehre ist die Schutz­wehr des Christentums. Yancey scheint vergessen zu haben, dass die Spra­che der Liebe »die Wahrheit« ist (Eph 4,15) und dass Christus selbst sag­te, dass Liebe ihn dazu veranlasst, die zu korrigieren, die auf einen Irr­weg geraten sind (Offb 3,19).

In dem Prozess, dem Okkulten Glaubwürdigkeit und Ehrbarkeit zu verleihen, hat Christianity Today eine bedeutende Rolle gespielt. Yancey sagt: »Richard Foster wagt es, Begriffe wie Meditation zu gebrauchen … darum wird er sogleich als New-Ager verdächtigt.« Tatsächlich spricht sich Foster für das Praktizieren fernöstlicher Meditation aus und zeigt die entsprechenden Anleitungen dazu auf, damit das visualisierte Bild Jesu lebendig wird: »Sie können bei diesem Ereignis tatsächlich dem le­bendigen Christus begegnen, von seiner Stimme angesprochen und von seiner heilenden Kraft angerührt werden … Jesus Christus wird wirklich zu Ihnen kommen.«

Wofür Foster hier eintritt, ist die wirksamste bekannte Okkult-Technik. Doch er erfreut sich der Rückendeckung von führenden Christen aus aller Welt und viele von ihnen haben sich seiner »Renovare-Bewegung« angeschlossen, die den fernöstlichen Mystizismus in der Kirche zu neuem Leben erwecken soll. Yancey und Christianity Today unterdrücken alles, was irgendwie ein schlechtes Licht auf hochgeachtete christliche Führungspersonen werfen könnte und vermitteln den Eindruck, Foster sei das Ziel falscher Anklagen geworden.

Auch Tony Campolo wird als ungerecht kritisiert dargestellt, als gäbe es nicht die Spur von seinen dreisten Irrlehren. Genau wir Sir John Tem­pleton sagt Campolo, dass Christus in allen Menschen wohne, ob sie es wissen oder nicht. In einem kürzlich erschienenen Buch erklärt Campolo in einem Kapitel namens »Aneignung der weiblichen Seite Gottes«: »Da gibt es diese weibliche Seite an mir, die entdeckt und gestärkt werden muss, wenn ich wie Christus werden will … Und solange ich nicht diese weibliche Seite an Jesus spüre, gibt es einen Teil von ihm, mit dem ich mich nicht identifizieren kann.« Wenn man jedoch solche Vorstellun­gen als unbiblisch herausstellt, ist das »christlicher McCarthyanimus«!

Christianity Today scheint mehr daran gelegen zu sein, Irrtümer zu ver­teidigen, als solche zu korrigieren (was diese Zeitung hin und wieder auch tut). Sie ist auch nicht die einzige Zeitschrift, die von der Wahrheit abge­wichen ist. Richard W. Carlson, Professor am North Park Theological Seminary, beklagt in der Zeitschrift der Evangelical Covenant Church die »paranoiden Reaktionen« der Kritiker der New-Age-Bewegung. »Si­cherlich ist nicht alles schlecht am New Age«, schreibt er, und einige »Aspekte können sogar für die Kirche ganz gesund sein«.

Kein Wunder, dass solche Aussagen wie die Folgende im triumphierenden Tonfall von einem Professor der Harvard Divinity School getroffen werden können:

Die Umweltbewegung attackiert zusammen mit der New-Age-Spiritualität und der Wiederentdeckung des Weltbildes der amerikanischen Eingeborenen die arrogante Herrschaft über die Natur, die den Pla­neten an den Rand der Ökokatastrophe gebracht hat …

Alles Leben ist heilig und muss vor der Zerstörungswut der Spezies bewahrt werden, die ironischerweise die Bezeichnung Homo sapiens trägt. Und so offenbarte sich in jüngster Zeit Gaia, die gesamte Erde als lebender Organismus. Die Große Göttin hat viele Namen gehabt und dieser ist nur der aktuellste …

Allem voran muss der Bibel die Schuld gegeben werden …! Das unterdrückende, rassistische, patriarchalische und hierarchische Erbe der biblischen Religion hat die abendländische Kultur deformiert. Die christlichen Kirchen waren natürlich das hauptsächliche Werkzeug dieser monumentalen Deformierung …

Was im Untergang begriffen ist, ist der jämmerliche Rest der jüdisch – christlichen Tradition in den Kirchen und Synagogen … Dieser Gott liegt im Sterben, wenn er nicht bereits tot ist. Doch andere, viel ältere Götter sind äußerst lebendig und aktiv.

Die Rolle der Freimaurer

Der Okkultismus hat auch dadurch eine neue Ehrbarkeit sowohl in der Christenheit als auch in der Welt erlangt, dass er von zahlreichen Füh­rungspersonen in Wirtschaft, Politik und Kirche akzeptiert und gefördert wurde. Unter den Letzteren war niemand einflussreicher als Norman Vin­cent Peale.
Als produktiver und populärer »christlicher« Autor haben Pea­les Werke Millionen aus Welt und Kirche in den Okkultismus geführt. Für Peales Okkultismus lassen sich mindestens zwei Quellen aufzeigen: Die Schriften der Okkultistin Florence Scovel Shinn (auf die wir später eingehen werden) und die Freimaurerei. Auf einem Titelblatt der Freimaurer-Zeitschrift New Age wurde Peale als Freimaurer des 33. Grades dargestellt. Am 30. September 1991 wurde er in den Schottischen Ritus eingeführt und sein Portrait hängt nun im Freimaurertempel in Washing­ton DC. Von Freimaurern wurde er oft als Vorbild freimaurerischen Cha­rakters hingestellt. Doch er selbst gesteht die Wahrheit über sein Freimau­rertum nicht aufrichtig ein, sondern verbreitet nur deren Verführungen.

Ihrer eigenen Literatur zufolge ist Okkultismus ein wichtiger Bestand­teil der Freimaurerei. Ihr Einfluss durchdringt sowohl die Welt als auch die Christenheit. Wenngleich viele bekennende Christen Freimaurer sind, ist die Maurerei ein antichristlicher religiöser Kult, der im Heidentum wurzelt. Sie enthält einen erheblichen Teil des Mystizismus aus Hinduis­mus und Buddhismus und ist luziferisch. Doch Peale erklärte: »Ich habe [bei den freimaurerischen Ritualen] niemals auch nur die leiseste Aussa­ge vernommen, welcher ein Christ nicht zustimmen könnte.«

Eine solche offensichtlich falsche Behauptung wirft weiteres Licht auf Peales Perversion des christlichen Glaubens. Wer den 33. Grad erreicht hat, kann wohl kaum dermaßen unwissend sein. Erklärungen von führen­den Freimaurern decken Peales Unehrlichkeit auf. Albert G. Mackey, Mitautor einer Enzyklopädie der Freimaurerei, ist eine der höchsten Autoritäten der Freimaurerei. In seinem Buch Manual of the Lodge (»Hand­buch der Loge«) führt Mackey die freimaurerische Lehre zurück auf »die antiken Riten und Mysterien, die gerade in der Blütezeit der heidnischen Finsternis praktiziert wurden«

Albert Pike, Souveräner Generalgroßmeister des Alten und Anerkann­ten Schottischen Ritus der Freimaurer in den USA, war »Ehrenmitglied von nahezu jedem Obersten Rat der Welt«. Er schrieb Moral und Dog­ma des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus der Freimaurerei für den Obersten Rat des 33. Grades, der von dessen Autorität publiziert wurde. Dieses Kompendium offizieller freimaurerischer Überlieferung führt die Maurerei auf den Hinduismus, Buddhismus, Zoroastrismus und andere fernöstliche Religionen zurück. Pike erklärt darin:

Wie alle Mysterien, Hermetismen und die Alchimie … verbirgt die Freimaurerei ihre Geheimnisse vor allen außer den Adepten und Wei­sen oder den Erwählten und verwendet falsche Erklärungen und Fehl­interpretationen ihrer Symbole, um jene irrezuführen, die es verdien­ten, in die Irre geführt zu werden … Ein Teil der Symbole wird [in den Blauen Graden] dem Eingeweih­ten vorgezeigt, doch wird er absichtlich durch falsche Interpretation fehlgeleitet. Es wird nicht beabsichtigt, dass er sie verstehen soll, son­dern … dass er meint, er würde sie verstehen.

Heimlichtuerei und Okkultismus gehen Hand in Hand. Im tiefsten In­nern der Freimaurerei findet sich eine geheime luziferische Lehre, die ein Freimaurer erst verstehen wird, wenn er die höheren Grade erreicht hat. Manly Palmer Hall, eine weitere bedeutende Autorität der Freimau­rerei, schreibt: »Wenn der Freimaurer … das Geheimnis seiner Fertig­keit erlernt hat, liegen die brodelnden Energien Luzifers in seiner Hand.« Dennoch wird die Freimaurerei in der Welt von heute hoch angesehen und Freimaurer machen einen hohen Prozentsatz der Führerschaft so­wohl in der Welt als auch in der Kirche aus.

Diejenigen, die Jesus als den einzigen Christus ablehnen und leugnen, dass er ein für alle Mal im Fleisch gekommen ist, eignen sich den Geist des Antichrists an (1Jo 4,1-3). Das ist die Lehre des östlichen Mystizis­mus und der Psychosekten: dass Jesus den Zustand des »Christus-Bewusstseins« erlangt habe, der allen Menschen zugänglich ist.
Die Frei­maurerei erklärt dasselbe: Jesus von Nazareth hatte eine Bewusstseinsebene der Vollkommen­heit erlangt, die mit verschiedenen Namen bezeichnet wurde: kosmi­sches Bewusstsein, Reinkarnation der Seele, philosophische Initiati­on, spirituelle Erleuchtung, brahmanischer Glanz, Christus-Bewusstsein.

Eine antichristliche Religion der Errettung durch Werke

Die Freimaurerei hat ihr eigenes antichristliches Evangelium, das ihren Mitgliedern zusichert, dass sie durch gute Werke und Gehorsam gegen­über ihren Lehren die Göttliche Loge im Himmel erlangen, die vom ABAW (Allmächtiger Baumeister aller Welten) oder dem »Gott nach deiner Auffassung« regiert wird. Der führende Freimaurer Carl H. Clau­dy schreibt: »Freimaurerei … erfordert lediglich, dass du an irgendeinen Gott glaubst, ihm einen Namen nach deinem Belieben gibst … das geht mit jedem Gott, dann ist er dein Gott.«

Bei der Initiation in den allerersten Grad repräsentiert das Lammfell »diese Reinheit des Lebens und Verhaltens, welche notwendig ist, um Zugang zur Himmlischen Loge droben zu erlangen«.
Bei der Einführung in den 19. Grad des schottischen Ritus wird dem Eingeweihten gesagt, dass das Festhalten an den »Statuten und Regeln der Ordnung« der Frei­maurerei ihn dazu bringen wird, »den Eingang in das himmlische Jerusa­lem zu verdienen«.
Bei der 28. Initiation erfährt er, dass »der wahre Frei­maurer sich selbst Grad um Grad erhebt, bis er den Himmel erreicht« und dass eine seiner Pflichten darin besteht, »sich selbst der Erbsünde zu entledigen«. Diese und andere Rituale der Maurerei stehen im krassen Widerspruch zu den vielen Aussagen der Bibel, dass das Seelenheil »nicht aus Werken« (Eph. 2,8-10) und »nicht durch Werke der Gerechtigkeit« (Titus 3,5) erlangt wird.

Im Ritual für den »Ritter des Ostens und Westens« erklärt der Meis­ter, nachdem er den Kandidaten mit parfümiertem Öl gesalbt hat, dass sein Körper »an diesem Tag geheiligt worden ist«! Bei einer weiteren Lästerung des erlösenden Blutes Christi erklärt der Meister, nachdem er einen Tropfen Blut aus dem Arm des Kandidaten entnommen hat, dass dieser sein Gewand in seinem eigenen Blut gewaschen habe. Dann wird ihm das »heilige Wort Abaddon« gegeben, welches nach Offenbarung 9,11 der Name des Führers der Heerscharen aus der Hölle ist.

Derartige Gotteslästerungen finden sich in nahezu allen freimaureri­schen Ritualen. Wie kann Peale dann aber erklären, dass es daran nichts gebe, dem »ein Christ nicht zustimmen könnte«? Albert Pike sagt: »Frei­maurerei … ist die universale, ewige, unveränderliche Religion … [Sie] sieht in Moses … in Konfuzius und Zarathustra, in Jesus von Nazareth und in dem Arabischen Bilderstürmer [Mohammed] die Großen Lehrer der Moral … und erlaubt jedem Bruder der Ordnung, sich einem jeden dieser höheren und sogar göttlichen Charaktere zu verschreiben, wie es sein Bekenntnis und seine Wahrheit verlangt.«

 Aber kein Freimaurer kann dafür eintreten, dass der Gott der Bibel der einzig wahre Gott ist oder dass Jesus Christus der einzig wahre Sünderheiland ist, denn solche Aussagen würden die ökumenische Vereinnahmung aller Religionen seitens der Freimaurerei untergraben. Deshalb wird in dem »Gründonnerstags -Ritual vom Kapitel des Rosenkreuzes« der Freimaurer gesagt:

Wir kommen an diesem Tag zusammen, um gemeinsam an den Tod Jesu zu denken, nicht als etwas Inspiriertes oder Göttliches, denn das zu entscheiden ist nicht unsere Sache.

Joseph Fort Newton, ein weiterer führender Freimaurer, schreibt: »Freimaurerei ist … eine Anbetung, in der sich Menschen aller Religionen vereinen.«

 »Sie lädt zu ihrem Altar alle Menschen aller Religionen ein, wenn sie auch verschiedene Namen für den Namenlosen unter hundert Namen gebrauchen, beten sie doch zu dem einen Gott.«
In voller Be­kräftigung dieser erstaunlichen und unmöglichen Ökumene schreibt auch Albert Pike: »Freimaurerei ist die Religion, um deren Altäre die Chris­ten, Hebräer, Moslems, Brahmanen [Hindus], die Anhänger von Konfu­zius und Zarathustra sich als Brüder versammeln und im Gebet vereinen können.« Und Manly P. Hall erklärt wiederum:

Der wahre Jünger der antiken Maurerei hat die Anbetung von perso­nenhaften Wesen für immer aufgegeben … Als Freimaurer muss seine Religion universal sein: Christus, Buddha oder Mohammed – die Na­men bedeuten wenig, denn er beachtet nur das Licht und nicht dessen Träger [die Person].

Die hier angeführten Zitate zeigen über jeden Zweifel erhaben das anti­christliche Wesen der Freimaurerei auf. Doch über eine Million Mitglie­der der US-Kirche Southern Baptists – Laien wie Kleriker – gehören zur freimaurerischen »Bruderschaft« und verteidigen sie als »christlich«. Als auf der 1993er Jahresversammlung der Südlichen Baptisten mehrheitlich beschlossen wurde, dass Mitgliedschaft bei den Freimaurern »eine Sache des persönlichen Gewissens sei«, war das eine erstaunliche Demonstrati­on der freimaurerischen Macht (und der Anzahl anwesender Freimau­rer). Dieser Wahlentscheid folgte auf den Bericht, den die Versammlung vom »Interfaith Witness Department« erhalten hatte und der besagte, dass viele »Glaubenssätze und Lehren der Freimaurer nicht mit dem christlichen Glauben und der Lehre der Südlichen Baptisten vereinbar sind« und dass im Freimaurertum viel »unbestreitbar Heidnisches bzw. Okkultes« enthalten ist.

Wie erstaunlich ist es da, dass die Mitglied­schaft in dieser antichristlichen Vereinigung von der größten christlichen Denomination der USA der persönlichen Entscheidung überlassen wird!

Die alte Lüge im neuen Zeitalter

Viele Jahre lang trug die Zeitschrift des schottischen Freimaurer- Ritus in den USA den Namen New Age. Dieser Titel beschrieb sehr genau die maurerischen Lehren und Riten. Um aber diese Tatsache zu verbergen (da die Wahrheit über das »Neue Zeitalter« bekannt wird), wurde der Name in The Scottish Rite Journal geändert.

An der Ostküste Schottlands befindet sich ein bemerkenswertes Zen­trum des Okkultismus namens Findhorn, das manchmal auch als »Vati­kan der New-Age-Bewegung« bezeichnet wird. Findhorn wurde auf die besondere Anweisung von angeblichen »Leitgeistern« gegründet. Die Mitbegründerin Eileen Caddy war offensichtlich die Erste, die diese An­weisungen durch eine »innere Stimme« empfing, welche sagte: »Sei ru­hig … und wisse, dass ich Gott bin … Höre auf mich und alles wird gut werden … Ich bin dir näher als dein Atem, als deine Hände und Füße. Vertraue mir.« Eine innere Stimme ist ein wichtiges Werkzeug des Ok­kulten. Auf die Verbreitung dieser Illusion innerhalb der Christenheit und die dadurch verursachten Dammbrüche werden wir später zurück­kommen.

Alle der ursprünglichen erwachsenen Mitglieder dieser einzigartigen Findhorn-Gemeinschaft waren »Kanäle« für eine Vielfalt von Wesen, von denen diese Leute durch die gleiche »Führung« zusammengebracht wor­den waren. Einklang mit der Natur und Gemeinschaft mit den Geistern, die in der Natur wohnen, waren die üblichen Themen. Selbst die angebli­chen Geister »transformierter« russischer Häftlinge, die durch Anne Ed­wards »channelten«, verkündeten das altbekannte Evangelium des Natu­ralismus und Pantheismus: dass alles »Gott« ist und dass das »höhere Selbst« eines jeden Menschen als Teil Gottes seine eigene Realität er­schaffen kann.

Diese attraktive Botschaft gleicht wiederum der Lüge der Schlange aus dem Garten Eden und wird von buchstäblich Tausenden von »Kanä­len« wiederholt, da dieses Phänomen des Kontaktes mit »Leitgeistern« sich explosionsartig in der ganzen Welt ausbreitet. Von Anfang an war Satan der Urheber dieser Lüge und fährt auch heute noch damit fort, sie in das Denken derer einzuschleusen, die für seine Inspiration offen sind. Der Psychiater und LSD-Forscher Stanislav Grof bemerkt mit Wohlwol­len die ständige Bedrohung, die die Welt des Okkulten darstellt:

Bei diesen LSD-Experimenten bewegten sich die Leute … in den so genannten transpersonalen Bereich … wozu Erinnerungen an ein frü­heres Leben, mythologische Begegnungen, Erfahrungen des Einsseins mit der Natur, Einssein mit dem Kosmos usw. gehören …

Als ich mich mit Swami Muktananda traf, der mich zu einem Semi­nar über Kaschmir-Shivaismus, einem indischen Philosophie-System, eingeladen hatte, entdeckte ich … dass dieses antike Philosophie-System eine extreme Ähnlichkeit aufwies mit dem System, das spontan aus den veränderten [erweiterten] Bewusstseinszuständen moderner Abendländer hervorgegangen war.

Die Entdeckung einer solchen Annäherung war etwas höchst Inte­ressantes … dass Menschen [in] diesen veränderten Zuständen diesel­ben immer wiederkehrenden Wahrheiten finden wie sie die Mystiker der Antike schon entdeckt hatten …

Die fortschrittlichsten Entwicklungen der Wissenschaft kehren zu­rück zu dieser antiken Erkenntnis, die aus den mystischen Traditionen stammt.

Diese Übereinstimmung kann nicht das Ergebnis von Einbildung sein. Will Baron weigerte sich jedoch zu glauben, dass die Visualisierungen und Meditationen, mit denen er indoktriniert wurde, etwas anderes seien als Imagination. Doch die Erfahrungen waren dermaßen überraschend und schlagkräftig, dass er überzeugt wurde. Er beschreibt die erste Er­fahrung:

Als eins der Gruppenmitglieder eine Botschaft channelte, leuchtete das Innere meiner Stirn urplötzlich auf … als ob jemand eine Glühbir­ne vorn in meinem Gehirn eingeschaltet habe.

Weitere überzeugende Indizien zeigten sich, als ein neues Mitglied der Gruppe übersinnliche Einsichten mitteilte, nachdem sie diese Person »im Zentrum eines Dreiecks aus goldenem Licht« visualisiert hatten, »die­sem Christus-Licht … das auf ihr höheres Selbst ausgerichtet war«.
Sie teilte Will Dinge über seine Person mit, die sie unmöglich hätte wissen können. Will sagt:

Ich war absolut baff … Aufgeregt sagte ich Rosie … dass alles, was gechannelt worden war, 100%ig genau war. Nach der Lektion [fragte ich sie:] »Rosie, betreibst du diese Art von Channeling schon seit längerem?« »Nein, überhaupt nicht«, antwortete sie. »Das ist die erste Lektion, an der ich teilgenommen habe …« »Wow«, rief ich. »Du hast eine unglaubliche übersinnliche Begabung!«

Geschäfte mit der Lüge

Wenn eine scheinbare »übersinnliche Kraft« so eindrücklich vor Augen geführt wird, wie Will es erlebte, dann verleiht das heute dem Okkulten Glaubwürdigkeit und Ehrbarkeit. Die persönlichen Zeugnisse von auf­geregten Einzelpersonen, die in dem Fernseh-Werbespot für die »Psychic Network Hotline« ausgestrahlt werden, sorgen für neue Gläubige. Der Glaube, dass angeblich übersinnlich Begabte einfach eine Kraft anzap­fen, die wir alle haben, wird von Leuten unterstützt, die eigentlich Auto­ritäten sein sollten. Das wird z. B. an dieser Aussage von Joseph Camp­bell deutlich, die er in einem Interview mit Bill Moyers traf:

In diesem Moment nehmen wir teil an einem der allergrößten Sprün­ge des menschlichen Geistes in eine Erkenntnis … unseres eigenen tiefsten Geheimnisses. [Das ist wirklich] der größte jemals geschehene [Sprung].

Die okkulte Invasion gewinnt an Durchschlagskraft. Dieser Aufschwung geht zum erheblichen Teil auf die neue Ehrbarkeit zurück, die man der »Spiritualität« entgegenbringt, und nichts sieht auf den ersten Blick so spirituell aus wie das Okkulte.
Mary Tabor schrieb in einem Artikel für die New York Times:
In den letzten paar Jahren haben die Leser angefangen, eine noch brei­tere Vielfalt von Büchern zu religiösen und spirituellen Themen zu ver­schlingen. Religiöse und quasi-spirituelle Bücher schleichen sich auf die bekanntesten Bestsellerlisten … [und sind ein Kennzeichen für] ein wachsendes Interesse an spirituellen und theologischen Themen …

Verlage und Buchhändler sagen, der Aufschwung des Interesses der Leser geht einerseits auf den Wunsch nach spiritueller und moralischer Orientierung zurück und andererseits auf die Desillusionierung einer computergesteuerten und zunehmend gewalttätigen Gesellschaft.

Eines dieser Bestseller ist Die Prophezeiungen von Cellestine. Wenn es sich hier auch um Fiktion handelt, nimmt doch eine große Bandbreite von Lesern seine angeblichen »Einsichten« ernst – diese »geradezu unheim­liche Genauigkeit« bezüglich »des Quantensprungs nach vorn, auf den die Menschheit sich mit dem Herannahen des neuen Jahrtausends vor­bereitet«. Der Autor wiederholt auf verschiedene und spannende Weise dieselben Lügen, die man auch immer wieder von den vielen »Channels« zu hören bekommt, eben jene Lügen der Schlange aus Eden, die mittler­weile jedem Lesen vertraut sind. Und – wie das Buch besagt – kann über­haupt kein Zweifel daran bestehen, dass »sich auf unserem Planeten heute eine spirituelle Renaissance vollzieht«.

Die neue Ehrbarkeit gegenüber jeglicher »Spiritualität« öffnet der geschickten Täuschung die Tür, dass eine Person »spirituell« sein kann, dabei aber nicht »religiös« zu sein braucht. Bei Will Barons erster Begeg­nung mit der New-Age-Sekte, in die er hineingeriet, fragte er, um welche »Religion« es sich hier handle. Als Antwort auf die Frage entgegnete ihm der Leiter: »Nein, wir sind keine Religion. Wir sind spirituell.« Selbst Sears, diese Bastion des Konservativen, die das Vertrauen von Millionen hat, verbreitete in ihrer ersten Ausgabe eines Infoheftes für Frauen Ok­kultismus in Form eines Nachdrucks eines Artikels, der aus der Zeitschrift New Woman zusammengestellt worden war:

Erstens: Entspannen Sie sich. Stellen Sie ihre Gedanken still und ru­hig – absolut leer …
Begegnen Sie Ihrem inneren Ratgeber. Wenn Sie Ihre Gedanken zur Ruhe gebracht haben, laden Sie eine äußerst liebevolle, weise Gestalt in Ihr Bewusstsein ein. Es kann ein älterer Herr oder eine Dame sein, eine Pflanze, ein Hund. Sitzen Sie geduldig da und lassen Sie ein Bild entstehen. Reden Sie dann über irgendetwas, was Ihnen auf dem Herzen liegt …

Wie bereits gesagt, ist »Spiritualität« zur großen Irreführung geworden. Es kommt nicht darauf an, welche Art von »Spiritualität« man bevorzugt. Für die New-Age-Mentalität reicht es aus, überhaupt »spirituell« zu sein. »Spiritualität« hat eine angepasste und ökumenische Bedeutung ange­nommen, die vom Wahrheitsbegriff völlig losgelöst ist. Die Vorstellung, dass es Wahrheit gibt und dass alles andere Lüge ist, ruft vielmehr sofor­tigen Widerspruch hervor. Diese neue Spiritualität ist Satans Fangnetz, mit welchem er scharenweise Menschen einfängt.

Marina Raye ist eine »spirituelle Animateurin, Seminarleiterin und Vorsitzende von ›High Performance‹«. Sie lehrt »spirituale Sexualität«, die auf der Überzeugung basiert, dass »alles Gott ist … der Wasserkrug, der Fußboden, die Fliege, die umherbrummt … das alles ist Gott … [des­halb] können wir unsere Mitmenschen als göttliche Wesen begrüßen, als Göttinnen und Götter. Wir erkennen die vernetzte Verbundenheit allen Lebens.«
Raye sagt: »Ein hoffnungsvolles Zeichen der Bewusstseinsän­derung ist, dass viele Kirchen bereit sind, meine Workshops zu unterstüt­zen … Welchen besser geeigneten Ort gibt es zur Normalisierung der ›spiritualen Sexualität‹ als das Heiligtum einer Kirche!«

Eine erstaunlich breite Akzeptanz

Prominente sind die führenden Vorreiter der okkulten »Spiritualität«. In den 70er Jahren machte Merv Griffin Werbung für Maharishi Mahesh Yogi und dessen Transzendentale Meditation.
Vor zehn Jahren offenbar­te Oprah Winfrey, dass das »Geheimnis ihrer unglaublichen Lebensfreu­de und Energie [und ihres] Erfolges … ihre persönliche Beziehung zu Gott ist«.
Als uneheliche Tochter eines Baptistenpastors aus Mississippi überforderte sie ihre Mutter, die sie an ihren Vater weiterreichte. »Sie trieb aus diesem Satansbraten den Teufel aus«, sagt Oprah. Leider ist ihre Vorstellung von Gott und dem Teufel unbiblisch. Ihr »Gott« ist der okkulte Gott von Phil Jackson.

Winfrey »befürwortet den Kurs in Wun­dern und hat sich in ihrer Fernsehshow dafür ausgesprochen, dass ›alle Religionen zu Gott führen‹«. Sie sagt:
Jeden Morgen konzentriere ich mich auf mich selbst, indem ich versu­che, das göttliche Licht zu berühren, von dem ich glaube, dass es in uns allen ist. Manche nennen das Beten und andere sagen Meditation dazu. Ich bezeichne es als Zentrierung. Ich bekomme dadurch unbe­grenzte Energie … Dieser Gott-Zentriertheit habe ich es zu verdanken, dass ich da bin, wo ich bin.

Mit ihrem Aufgreifen des Okkulten befindet sich Oprah in Gemeinschaft vieler anderer Prominenter.
Wie bereits an früherer Stelle gesagt, haben sich Robert Stack und Della Reese auf die »Science of Mind« eingelas­sen. Die Schauspielerin Demi Moore folgt dem Okkultismus von Deepak Chopra, dem Guru der »holistischen Medizin«. John Travolta, Tom Crui­se, Nicole Kidman und Kristie Alley haben sich auf Scientology eingelas­sen. Und die Psycho-Hotline wird von Dionne Warwick vorangetrieben, die dadurch »Menschen ermutigt, Medien zu befragen, um die Zukunft zu erfahren«. Die Liste kann endlos fortgeführt werden, vom Ex-Beatle George Harrison und dem verstorbenen John Denver über Elizabeth Taylor bis Shirley MacLaine.

Und auch die Regierungen jagen dem Okkulten nach! Ingo Swann, einer der Begründer des Fernwahrnehmungs-Programmes, erklärt, war­um die USA sich in parapsychologischer Forschung betätigen: Weil »die Geldsummen und der Personalaufwand, die die Sowjets in ihre Psychola­bors investieren, eindeutig bestätigt, dass diese Sache ernst zu nehmen ist und dass bereits Durchbrüche erzielt wurden, die die Steigerungen der Ausgaben und der verschärften Sicherheit rechtfertigen«.

Er fährt fort:
Mehrere seriöse Quellen haben mich informiert, dass zwei größere Nationen Fortschritte in der Anwendung von Psychoenergien erzie­len … [und] eine dritte, kleinere Nation mit berüchtigtem Hass gegen den amerikanischen Lebensstil ebenfalls auf dem Vormarsch ist.
Ich weiß, dass das befreite Russland dreimal für große Summen die sowjetischen Psycho-Geheimnisse verkauft hat, um so an benötigte De­visen zu gelangen …
Fernwahrnehmer halfen Scud-Raketen zu entdecken, halfen gehei­me biologische und chemische Waffenprojekte [im Irak] aufzuspüren, lokalisierten Tunnels und ausgedehnte unterirdische Einrichtungen und identifizierten deren Zweck.

Außerdem arbeiten die USA und Russland auf dem Gebiet parapsycho­logischer Experimente offensichtlich intensiv zusammen. Ein erheblicher Teil dieser Zusammenarbeit wurde von Esalen aus gesponsert, dem New-Age-Zentrum südlich von San Francisco, wo in den 60er Jahren die »Human-Potential«-Bewegung ausgebrütet wurde.
Das Pentagon hat seinen eigenen Meditationsclub, der von Edward Winchester geleitet wird. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges überredete er die Sowjets zu einer gemeinsamen »Visualisierung des Friedens«, und auf einer Goodwilltour meditierte er »im Innern des Kreml … und verteilte … Meditations-Sets … an Friedens-Funktionäre in Moskau, Kiew und Leningrad«. Bei einer Fernsehsendung mit »angeblich 150 Millionen sowjetischen Zuschauern hielt Winchester eine öffentliche Meditation vor der Kasaner Kathedra­le« in Leningrad (dem heutigen Sankt Petersburg) ab.

Militär und Regierung im Okkultismus

Es würde gleich mehrere Bücher füllen, würde man von der okkulten Invasion innerhalb des US-Militärs berichten wollen. Im Tunnel der Zeit von David Morehouse hob sich die Decke des Geheimnisses über das Fernwahrnehmungs-Programm des Militärs. Morehouse deckte die in­tensive Ausbildung für amerikanische Psycho-Spione und Soldaten sowie einige ihrer Heldentaten auf. Im Gegensatz zu der Behauptung des CIA, es habe das Programm aufgegeben, glaubt Morehouse, dass »Star Gate aktiv ist wie eh und je, jedoch weiter gegangen ist, und das im Gehei­men … [und dass] die Regierung diese Techniken zu ihren Waffen rech­net«. Obwohl er offiziell in Rente ist, kann er nachts nicht schlafen, »wenn das Fernsehgerät nicht plärrt, nur damit nicht alles wieder in mir hochkommt«.

Das Monroe-Institut in Faber im US-Bundesstaat Virginia, das von Robert Monroe gegründet wurde und die Fähigkeit außerleiblicher Rei­sen (OBEs) lehrt, stand unter Militär- und Regierungsfunktionären und führenden Wirtschaftsbossen hoch im Kurs.
Monroe sagt, er habe nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1992 eine OBE unternommen, um seine Frau zu besuchen, konnte aber dabei nicht mit den Emotionen umgehen und schwor deshalb den OBEs ab, aus Angst, dass er von einer weiteren Reise nicht zurückkehren würde. Da er kürzlich starb, ist er nun wirklich außerhalb seines Körpers und weiß nun, auf was für eine Lüge er herein­gefallen ist. Monroe hatte drei Patente für akustische Signale, die einen erweiterten Bewusstseinszustand auslösen. Sogar buddhistische Mönche benutzen diese Tonbänder »als Übungsmittel«.

Das Wall Street Journal berichtete:
Der pensionierte General Albert Stubblebine, ehemaliger Direktor des US-Militär-Geheimdienstes und Sicherheitsbefehlshaber, bestätigt, dass die Armee in den 80er Jahren Personal zu diesem Institut sand­te … während die mögliche militärische Anwendung übersinnlicher Phänomene untersucht wurde …

Katie McKeown, die Koautorin des Bestsellers Beyond IBM, be­suchte das Institut … nach dem unerwarteten Tod von Louis Mobley, ihrem Freund und Arbeitspartner dieses Buches … Mobley kommuni­zierte mit ihr über James R. Hoover, einen Manager von DuPont – und Skeptiker – und besuchte das Institut auf Firmenkosten.
Hoover, der Mobley niemals kennen gelernt hatte … [war] so lange skeptisch, bis … Katie McKeown sagte, dass bestimmte Bemerkungen nur von Mobley kommen konnten. »Das hat mir einen fürchterlichen Schrecken eingejagt«, sagt Hoover. »Mir laufen immer noch eiskalte Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke.«

Vor fast zehn Jahren behauptete der Abgeordnete Charles Rose, dass »zu jedem beliebigen Zeitpunkt etwa ein Viertel der Kongressabgeord­neten mit der Untersuchung übersinnlicher Phänomene beschäftigt sind«.
Weil der Schatzmeister von Orange County in Kalifornien Ro­bert L. Citron sich auf den Tipp eines Mediums und Astrologen verlassen und dementsprechend investiert hatte, verlor der wohlhabende Verwal­tungsbezirk »1,7 Milliarden Dollar in riskante Investitionen … [und] er­klärte am 6. Dezember 1994 ihren Bankrott.«

Der New York Times News Service US News & World Report sagte in Bezug auf die »spirituelle Dimension« in der US-Hauptstadt, dass es »beunruhigend ist, dass der Sprecher des Weißen Hauses tiefe Schlücke von dem Rat von Spiritisten trinkt … Die Clintons haben sich mit Marianne Williamson getroffen, der Bestseller-Autorin, die für Wunderkräfte wirbt.« berichtete kürzlich: »In ganz Washington sind Meinungen von futuristischen und spiritistischen ›Gurus‹ zu [Newt Gingrich] Stadtgespräch.«

Aus Platzmangel können wir hier nicht auf die okkulte Betätigung auf höchster Regierungs- und Wirtschaftsebene in aller Welt eingehen. Doch müssen wir auf die Situation in der islamischen Welt zumindest kurz ein­gehen. In Saudi Arabien, dem Land der hochheiligsten muslimischen Wallfahrtsorte, wuchert der Okkultismus über die Maßen.
König Fahd ist so tief im Okkultismus verstrickt, dass er vermeidet, sich in der königli­chen Hauptstadt Rijad aufzuhalten, weil von einem Medium prophezeit wurde, dass er dort sterben würde:
Die Gewohnheit, Hexen und Zauberer zu konsultieren, hat sich wie eine Epidemie ausgebreitet … jeder Fürst hat seine eigene Hexe oder seinen eigenen Zauberer, die bei ihm leben …

Im Königreich herrscht der weit verbreitete Glaube, dass einer von Fahds Neffen einen Raum in seinem Palast hat, der den schwarzen Künsten geweiht ist … Blinder Glaube an übernatürliche Kräfte er­streckt sich über die Königsfamilie hinaus und steht in Verbindung mit einer Serie von aktuellen Tragödien.

Der breite Weg ins Verderben

Niemand erklärt die Grundlage der neuen Spiritualität besser als der Psychologie-Professor Charles Tart. Er macht uns in eindeutiger Sprache klar, dass sie eine Ablehnung der Bibel und des biblischen Christentums dar­stellt. Die neue Spiritualität basiert gänzlich auf der persönlichen Erfah­rung in einem erweiterten Bewusstseinszustand. Kein Kriterium kann herangezogen werden, um zu bewerten, ob eine solche Erfahrung real ist; sondern die Realität wird, wie im Fall von Karen Mains und so vielen anderen (wie z. B. jene, die sich auf den »Toronto-Segen« einlassen, auf die »Pensacola-Erweckung« oder die »Geistliche Kriegsführung« – wie wir noch sehen werden) von der Erfahrung selbst definiert.  . . .

 

Das »Spirituelle« ist dort, wo man es sucht

Phil Jackson sieht im Basketballsport einen äußerst »spirituellen« Zweck. Er schreibt von dem »Bindeglied zwischen Spiritualität und Sport«. Mit »Spiritualität« oder »spirituell« meint er offensichtlich etwas gänzlich anderes als das biblische Christentum. Und seine neue Spiritualität mit ihrer neuen Akzeptanz seitens der Welt hat ihm anscheinend unbegrenz­te Möglichkeiten eröffnet, die ihn von der Engstirnigkeit seiner Kind­heitsreligion befreit haben.

Jackson sieht ein, dass die menschliche Existenz eine spirituelle Di­mension hat. Er hat sie erfahren, und sie funktioniert – sogar insoweit, dass sie einem Basketballteam den Meistertitel einbringt! Wahre Spiri­tualität wird jedoch keineswegs mehr von der Bibel her definiert. Das gesamte Konzept, dass etwas wahr und etwas anderes falsch sein kann, wurde über Bord geworfen. Spiritualität ist für Jackson ein riesiger Be­reich, der zu erforschen und erfahren ist. Er spricht von seinen »zwei größten Leidenschaften: Basketball und spirituelle Abenteuer«.

Abenteuer, wohl wahr! Dieser Gedanke öffnet großartige Möglich­keiten für Entdeckungsreisen mit staunenden Augen durch exotische Landschaften entlang einer Vielfalt von Wegen – ermöglicht durch das Verwerfen der Bibel als Wort Gottes und unfehlbarem Leitfaden! Und wer trägt Sorge dafür, wohin der eine oder der andere Weg führt? Der Nervenkitzel besteht in der Entdeckung. Alles worauf es ankommt, ist das Erlebnis unbegrenzter neuer Erfahrungen.

Diese neue Ehrbarkeit, die die Welt einer angepassten Spiritualität (sofern es nicht Christentum ist) entgegenbringt, hat Phil Jackson gestat­tet (und mit ihm unzähligen anderen), ohne das geringste Schuldgefühl das abzulehnen, was er unter Christentum versteht. Seine Akzeptanz al­ler Religionen hat jedes Verständnis verschleiert, das er vielleicht irgend­wann einmal vom Christentum hatte.

Jackson setzt Glaube an sich selbst mit Glauben an Gott gleich. Im Okkulten ist jeder Gott. Er schreibt, die Chicago Bulls hätten »in der Saison 91/92 sicherlich Glauben an sich selbst« gehabt, und rät: »Sie müs­sen Ihrer inneren Erkenntnis vertrauen.« Erstaunlicherweise verwech­selt er die eigene innere Erkenntnis mit dem, was »der Apostel Paulus als Glauben bezeichnete: ›eine Verwirklichung dessen, was man hofft; ein Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht‹ (Hebr 11,1).«

Das Gegenteil ist der Fall: Paulus sagte ausdrücklich, dass er nicht auf sich selbst oder irgendjemand anderen vertraut (Phil 3,4). Die Bibel warnt immer wieder vor Vertrauen auf einen Menschen, einschließlich vor Selbstvertrauen. Salomo schrieb: »Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand« (Spr 3,5). Je­remia warnte: »Verflucht ist der Mann, der auf Menschen vertraut … und dessen Herz vom HERRN weicht« (Jer 17,5). Jesus sagte: »Habt Glau­ben an Gott!« (Mk 11,22).

Eine folgenschwere Illusion

Jackson konnte sich selbst davon überzeugen, dass er nicht wirklich das Christentum verworfen habe; er habe lediglich seinen Horizont erweitert und erkannt, dass die Bibel nur eins von vielen religiösen Büchern ist, denen er allen die gleiche Hochachtung entgegenbringt. Somit kann er sich einreden, dass er in Wirklichkeit noch spiritueller alle Formen der Spiritualität akzeptiert, einschließlich ame­rikanischer Eingeborenen-Spiritualität und Zen-Buddhismus und hinduis­tischer Konzepte, gemeinsam mit allem anderen, das irgendwie zu funk­tionieren scheint. Ohne jede Andeutung von Ironie schreibt er: geworden ist, da­durch dass er

An dem Tag, als ich die Chicago Bulls übernahm, gelobte ich, eine Umgebung zu schaffen, die auf den Prinzipien der Selbstlosigkeit und Hingabe basiert, die ich als Christ in meinem Elternhaus gelernt hat­te. Dabei kann ich auf einem Polster sitzen und Zen praktizieren oder auch die Lehren der Lakota-Sioux studieren …

Die Schaffung eines erfolgreichen Teams – sei es ein NBA-Meistertitel oder ein sensationeller Verkaufserfolg – ist auch für diejenigen im Wesentlichen ein spiritueller Akt, die sich selber im herkömmlichen Sinne nicht als »spirituell« ansehen.

Das großartigste Vorbild von »Selbstlosigkeit und Hingabe«, das Jackson von seinen Eltern hätte kennen lernen können, ist Jesus Christus, der sich am Kreuz selber hingab, um für unsere Sünden zu sterben – doch Jackson hat Christus dem Zen und der Eingeborenen-Spiritualität zulie­be verworfen. Phil Jacksons neue Spiritualität steht im völligen Wider­spruch zu dem Christentum, dem er einst angehörte. Das gilt für die In-dianer-Spiritualiät genauso wie für Zen-Buddhismus, fernöstliche Medi­tation und alle anderen Religionen, für die er jetzt »offen« ist.

Mit seiner Ablehnung des Christentums steht Jackson nicht alleine da. Er befindet sich in Gemeinschaft nicht nur mit anderen NBA-Trainern wie z. B. Pat Riley von Orlando, sondern mit vielen Gemeindelei­tern und Dozenten an theologischen Ausbildungsstätten. Eine Londoner Zeitung bemerkte kürzlich: »Liberale anglikanische und katholische Kle­riker werden heute eine Ansprache vor einer Versammlung von Heiden und Hexen halten, um zu versuchen, eine ›gemeinsame Grundlage‹ zu schaffen.« Die »Gesellschaft religiöser Leiter« von Salem (Massachu­setts) »begrüßte offiziell einen Hohenpriester der Hexerei in ihren Rei­hen. Ein Priester der Episkopalkirche sagte, für niemanden in dieser in­terreligiösen Klerikergruppe sei ein zwingender Grund denkbar, den Hexer auszuschließen.«

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Aberglaube

 
Dr. Kurt E. Koch

DER ABERGLAUBE

 – aus der Sicht der Seelsorge –

I.   Der Standort zur Beurteilung der okkulten und abergläubischen Bräuche

II.  Das Teufelsalphabet

1.   Aberglaube

2.   Abschirmen

3.   Amulettetragen

4.   Anthroposophie
5.   Astrologie

6.   Atheismus

7.   Augendiagnose

8.   Besprechen

9.   Blutsverschreibung

10. Brandbriefe

11. Christliche Wissenschaft

12. Fernbeeinflussung

13. Fetischismus

14. Freimaurerei
15. Handlinienlesen

16. Hellsehen

17. Hexenglaube
18. Heilmagnetismus

19. Hypnose und Suggestion

20.  Irrlehren
21.  Joga

22.  Kartenlegen

23.  Magische Heilmethoden

24.  Mondzauberei
25.  Neurationalismus
26.  Okkulte Literatur

27.  Pendeln und Rutengehen

28.  Psychoanalyse

29.  Psychograph
30.  Psychometrie
31.  Schwarmgeisterei
32.  Schwarze und weiße Magie
33.  Spiritismus

34.  Spuk
35.  Tagewählerei

36.  Totenzauber

37.  Übertragung

38.  Wahrsagen
39.  Warzenentfernen
40.  Zahlensymbolik
41.  Zeichendeuterei

III. Die Befreiung durch Christus

1.  Überblick über die Folgen des Aberglaubens
2.  Der Auftrag zur Abwehr des Aberglaubens

3.  Berichte, wie Menschen frei wurden . . .

4.  Der neutestamentliche Weg der Befreiung

VORWORT

Der Teufel ist ein vielseitiger und wandlungsfähiger Demagoge.  Den Parapsychologen sagt er: “Ich bringe eine neue Wissenschaft.” Den Okkultisten sagt er: “Ich gebe euch den Schlüssel zu den letzten Geheimnissen der Schöpfung.” Den Religiösen und Moralisten gegenüber trägt er die Maske des Biedermannes und verspricht ihnen die Hilfe des Himmels.  Den Rationalisten und modernen Theologen sagt er: “Ich bin nicht da. Ich existiere ja gar nicht.”

Der Teufel ist ein geschickter Stratege. Er beherrscht alle Taktiken des Angriffs. Er vernebelt die Fronten. Er tarnt mit frommem Geschwätz. Er operiert mit der Wissenschaftlichkeit. Er schiebt seine Argumente geschickt auf die Ebene des Sozialen und der Menschenfreundlichkeit.  Wenn er nur dabei zum Ziel kommt, seine Opfer zu täuschen, zu ködern, und zu fangen.

Wer ist solcher Strategie und Taktik gewachsen?  Nur einer, der es gewagt hat, es mit dem Fürsten der Finsternis aufzunehmen.  Es ist der, der ihn dort in der Wüste abgewiesen hat.  Es ist der, der die Nebelschleier zerrissen hat, der Sieger von Golgatha, der alle Macht der Finsternis zerschlagen hat.  Paulus triumphiert in Kol. 2, 15:
Christus hat die Finsternismächte entlarvt.
Christus hat die Dämonen entmächtigt.
Christus zieht die Gewaltigen im Siegeszug hinter sich her.

Mit diesem, dem alle Macht gegeben ist, haben wir es in diesem Buch zu tun.  “Jesus hat in allen Dingen den Vorrang” Kol. 1. 18   –   Kurt E. Koch

 

I. DER STANDORT ZUR BEURTEILUNG DER OKKULTEN UND ABERGLÄUBISCHEN BRÄUCHE

Der Aberglaube ist die größte Seelenverseuchung aller Zeiten, aus Angst und Machthunger geboren.  “Unter Aberglauben verstehen wir die seelische Abhängigkeit von unerklärlichen, den Gesetzen natürlichen Geschehens nicht unterworfenen Erscheinungen und Kräften oder auch den Glauben an ursächliche Zusammenhänge von Geschehnissen und Dingen, die miteinander nichts zu tun haben.” In dieser Weise definiert der Chefarzt Dr. Schrank das Wesen des Aberglaubens (Psychologie des Aberglaubens im Riedel-Archiv).  Aberglaube und Glaube stehen in scharfem Gegensatz, wenn sie sich auch inhaltlich nach der jeweiligen weltanschaulichen und religiösen Einstellung des Beurteilers richten.  Für die Buddhisten oder Mohammedaner zum Beispiel ist der christliche Glaube ein Irrweg und Aberglaube.  Es muß also von vornherein der Standort angegeben werden, wenn über Aberglaube gesprochen werden soll.

Was in der christlichen Gemeinde als Aberglaube gilt, wissen wir von Christus her. Für uns ist Jesus Christus die Scheidung der Geister. Er ist der unerschütterliche Fels in der Brandung weltanschaulicher Auseinandersetzungen. Alles, “was Christum treibt”, ist Glaube, alles, was Christus widerstreitet, ist Aberglaube. Das ist der weiteste Maßstab zur Beurteilung der abergläubischen Vorstellungen. Unsere Richtlinien sind also nicht allein von naturwissenschaftlichen Kategorien (Denkprinzipien) bestimmt, sondern vom Wort Gottes her geformt.

Mit dieser Feststellung ist eine schwerwiegende Abgrenzung getroffen. Wenn man die gegenwärtige Literatur zur Bekämpfung des Aberglaubens, die aus den Reihen der Naturwissenschaftler kommt, liest, so zeigt sich zur christlichen Auffassung ein kapitaler Unterschied. Die Naturwissenschaft kennt nur innerweltliche Beziehungen, innermenschliche Gegebenheiten. Sie bleibt in der Immanenz stecken. Das ist im Bereich der Naturwissenschaft durchaus berechtigt, weil sie es nur mit dem verstandesmäßig Erfaßbaren zu tun hat. Die Transzendenz, das Übernatürliche, das Jenseitige, das Dämonische, das Göttliche bleibt ihr verschlossen, es sei denn, sie versteht darunter wieder innerweltliche Tatsachen. Bei dem Begriff des Dämonischen ist dieses Herabziehen in das Erklärbare schon oft versucht worden. Aus diesem Grunde erreicht die Naturwissenschaft das eigentliche Wesen des Aberglaubens nicht. Ihre Abwehrmaßnahmen sind deshalb auch völlig unzureichend. Das wird zum Beispiel in dem Buch von Johann Kruse Hexen unter uns? deutlich. Materialmäßig ist es die aufschlußreichste Darstellung des Aberglaubens in der Gegenwart. Im wesentlichen aber arbeitet dieses Buch eben auch mit der Humbugtheorie. Den vielfach realen Hintergrund des Aberglaubens durchschaut Kruse nicht, sonst könnte er nicht das “Besprechen” als eine meist harmlose Bauernkunst bezeichnen.

In wissenschaftlichen Darstellungen wird weniger mit der Humbugtheorie als mit tiefenpsychologischen Erklärungsversuchen gearbeitet. So deutet zum Beispiel Dr. Schrank die Gespenstererscheinungen mit Projektionen des eigenen Unbewußten. Er weist auch darauf hin, daß im kollektiven Wachtraum ein Gespenst von mehreren Menschen scheinbar mit klaren Sinnen gesehen und gehört werden kann. Diese Erklärung kann in vielen Fällen zutreffen. Jänschs Lehre von der Eidetik oder Jungs Archetypenlehre zeigt ja die Berechtigung solcher Deutungen. Der christliche Theologe weiß aber auch um andere Sachverhalte und andere Dimensionen, in die rein naturwissenschaftliches Denken nicht reicht.

Der Aberglaube bedeutet im Grunde ein Verfallensein an widergöttliche Mächte. Der Mensch steht auf zweier Mächte Schlachtgebiet. Er ist zu schwach, um seine Neutralität behaupten zu können. Das bis zum Überdruß zitierte Wort von E. Geibel hat trotz allem seine Geltung: Wer dem Glaub‘ die Tür versagt, dem steigt der Aberglaub‘ ins Fenster. Ist die Gottheit erst verjagt, kommen die Gespenster. Paulus sagt es noch deutlicher im Epheserbrief 6, 12: „Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel“.

Wir wissen als Christen von der Realität der Mächte. Das soll allerdings nicht heißen, daß wir in das andere Extrem verfallen und alles Unerklärbare dämonisieren wollen. Wir dürfen als Christen die Erkenntnisse der Naturwissenschaft in Anspruch nehmen. Das liegt mit im Kulturbefehl Gottes (1. Mose 1, 28).

Wenn wir von zwei Mächten sprechen müssen, so heißt das nicht, daß wir hilflos zwischen den Fronten hin und her gezerrt werden. Nein, der archimedische Wunsch nach einem festen Punkt außerhalb der Erde, das heißt auch außerhalb der naturwissenschaftlichen Gegebenheiten ist erfüllt. Das Kreuz Jesu steht auf dieser Erde. Es ist das Zeichen, daß Jesus mit allen Mächten der Finsternis fertig geworden ist. Das Triumphlied des alten Psalmsängers ist erfüllt: „Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten. Die Rechte des Herrn behält den Sieg. Die Rechte des Herrn ist erhöht.“ (Ps. 118, 15f). Christus hat alle dunklen Gewalten der Hölle und Unterwelt entmächtigt. Von diesem Sieg her kann man getrost über dämonische Mächte aufklären, weil ihnen die letzte Gewalt genommen ist. Wir wissen von der Furchtbarkeit dieser Satansmächte, wir wissen aber auch, daß sie um Jesu willen uns nicht schaden können. Es ist uns das Wort des Herrn als Schutzwehr mit auf den Weg gegeben: „Sehet, ich habe euch Macht gegeben über alle Gewalt des Feindes, und nichts wird euch beschädigen“ (Luk. 10, 19). So sei denn im Aufblick auf Jesus das teuflische Alphabet des Aberglaubens gewagt.

II. DAS TEUFELSALPHABET

1. Aberglaube ist eine von Gott gelöste Glaubensmeinung, die oft die unsinnigsten Entscheidungen und Handlungen im Gefolge hat. Ein Beispiel von Johann Kruse in dem Buch “Hexen unter uns?” soll das zeigen.

B 1 Im Krankenhaus zu Haltern wurde drei Wochen nach ihrer Trauung eine Frau L. mit furchtbaren Verletzungen sterbend eingeliefert. Ehe sie ihren schweren Verletzungen erlag, konnte sie noch angeben, daß sie von ihrem Manne und dessen Familie regelrecht zu Tode geprügelt worden sei.  Eine Wahrsagerin aus Gelsenkirchen hatte die junge Frau als Hexe bezeichnet.  Gleich nach der Hochzeit war nämlich auf dem Hof der Schwiegereltern eine Viehseuche ausgebrochen. Deshalb wurde die Wahrsagerin zu Rate gezogen. Auf ihre Veranlassung wurde die unglückliche Frau tagelang in einem dunklen Raum eingesperrt und langsam durch Hunger und Prügel zu Tode gequält. Denn die Bauern waren von den Aussagen der Wahrsagerin felsenfest überzeugt und führten deren Anordnungen getreulich aus. Die Wahrsagerin und die Bauernfamilie wurden verhaftet.

B 2 Ein Pfarrer erzählte mir von einer Taufanmeldung. Auf den kommenden Sonntag waren schon zwei Taufen angemeldet. Ein weiterer Familienvater wollte ebenfalls mit dem Pfarrer eine Taufe verabreden. Als er von den beiden anderen Taufen erfuhr, zog er seine Anmeldung zurück. Er erklärte, daß drei Taufen auf einmal Unglück bedeuten würden. Es gelang dem Pfarrer nicht, diesen jungen Vater von seinem Aberglauben zu kurieren. Sein Kind wurde dann später getauft. Gerade im Zusammenhang mit der Taufe kursieren viele abergläubische Vorstellungen. Der erste Gang der jungen Mutter muß zur Kirche sein. Auf dem Weg dorthin darf sie nicht sprechen. Das würde Unglück bedeuten. Das Kind darf nicht vor seiner Taufe mit dem Wagen ausgefahren werden, das würde ebenfalls Unheil bringen.

2. Das Abschirmen von Wohnhäusern und Viehställen ist heute in manchen Gegenden zu einer Volksseuche geworden. Unsere Radiästheten (Rutengänger und Pendler) erklären, es gäbe für die Gesundheit schädliche Erdstrahlen, die man durch kleine Kästchen abschirmen könnte. Ich selbst habe schon einige Kästchen geöffnet. Es war gewöhnlich ein Stück Kupferdraht oder ein Kupferblättchen darin. Herstellungswert etwa DM 1.- bis DM 2.-. Schon dieses Mißverhältnis zeigt, um was es hier geht. Bisher ließen sich die sogenannten Erdstrahlen physikalisch nicht nachweisen. Sie haben weder zur Radioaktivität der Erde, noch zu den elektrischen Erdströmen eine Beziehung. Schon Helmholtz lehnte die Existenz der angeblichen Erdstrahlen ab. Auch bekannte Geologen und Physiker wie Prof. Pump, Erlangen, Prof. Kirchheimer, Freiburg und Prof. Paskual Jordan verneinen diesbezügliche Strahlen. Lediglich zwei Möglichkeiten wären noch offen. Es gibt Menschen und Tiere, die so sensibel sind, daß sie auf die Störfelder des erdmagnetischen Feldes reagieren. In diesem Punkt sollen aber diese Störfelder mit physikalischen Meßgeräten und nicht mit Rute und Pendel vermessen werden. Eine zweite Möglichkeit wäre etwa die Annahme der Medialität der Erde, die von den Rutengängern und Pendlern, die ja ihrerseits gewisse Medien sind, hellfühlend erfaßt wird. Diese Annahme liegt aber noch unbewiesen, wenn auch vermutet, in mystischem Dunkel. Auf jeden Fall ist das Setzen von Abschirmgeräten mit Hilfe der Radiästheten nicht ohne Gefahr. Warum nimmt der bedrohte Mensch von heute nicht die Abschirmung Gottes in Anspruch? „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter, dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe“ (Ps. 91).

3. Das Amulettetragen (arabisch: hamalet = Anhängsel) ist eine viel jahrtausendalte und über alle Länder verbreitete Sitte. Der Primitive trägt eine Tigerkralle, um die Kraft dieses Tieres zu besitzen. Der Europäer nagelt ein Hufeisen über die Türschwelle, um sich gegen Unglück zu schützen. Viele haben ein Glückszeichen an der Uhrkette. Im Kanton Appenzell tragen die Männer kleine, goldene Ohrringe, um sich vor Augenübel zu bewahren. Der Autofahrer hat sein Maskottchen als Talisman (arabisch: tilsam = Zauberbild).  Piloten haben ihr Bordtier, etwa einen kleinen Hund oder einen Kanarienvogel im Flugzeug. Manche Soldaten hatten im Krieg Schutzbriefe bei sich, die sie kugelfest machen sollten. Alle diese Gewohnheiten sind eine klägliche Ersatzleistung für das fehlende Gottvertrauen.

4. Die Anthroposophie, von Rudolf Steiner begründet, hat als Ziel, das menschliche Wesen zu erforschen. Konzentrationsübungen sollen zur Beherrschung des Denkens und Wollens führen und die im Menschen schlummernden okkulten Kräfte erwecken. Durch einen Akt des Hellsehens soll der Mensch zur Sicht der übersinnlichen Welt und seiner höheren Lebensformen durchdringen. Der biblische Heilsweg des Glaubens an den Erlöser wird durch den Weg des mystischen Schauens ersetzt. Eines der Hauptstücke der anthroposophischen Lehre ist die Vorstellung von der Inkarnation. Sie bedeutet, daß der Mensch sich ca. 800 Jahre Wiederverkörperung muß. Im Zusammenhang damit will ich zwei Beispiele wiedergeben.

B 3 Ein schwedischer Professor machte folgenden Hypnoseversuch. Er fragte seine Versuchsperson bis in die Kindheit zurück aus. Schließlich führt, er das Ausfragen über den Tod hinaus durch. Die Hypnoseexperte machte exakte Angaben, die sich durch Nachprüfen der Chroniken bestätigten. Die Vertreter der Reinkarnation wollen darin einen Beweis der Wiederverkörperung sehen.

B 4  Auf der Fahrt von München nach Karlsruhe wurde ich auf der Autobahn von einem Mann gestoppt, den ich per Anhalter mitnahm. Wir kamen ins Gespräch, und ich fragte nach seinem Beruf. Er berichtete, daß er anthroposophischer Priester wäre. Auf meine Frage nach der Hauptlehre der Anthroposophie nannte er mir die Wiederverkörperung der Menschen (Reinkarnation). Er erzählte, daß der Mensch nach ihrer Anschauung alle 800 Jahre wieder neu ins Leben treten soll. Aus gewissen Neigungen, Veranlagungen und Tendenzen könnte man sogar erraten, was der Mensch 800 Jahre zuvor gewesen war. Ich erwiderte ihm, es würde mich sehr interessieren, was ich vor 800 Jahren getrieben hätte. Der Priester fragte nach meiner Einstellung und meinen Neigungen. Um ihn irre zu führen, erklärte ich scherzhaft “Ich habe eine Stinkwut auf alle Pfarrer.” Darauf antwortete er prompt: “Dann waren Sie vor 800 Jahren Theologieprofessor.” Dieser logische Schluß ist mir bis zum heutigen Tag noch nicht durchsichtig.

Ich bin mir wohl bewußt, daß man die Anthroposophie nicht mit ein paar Sätzen erledigen kann. Wer darüber mehr lesen will, greife zu Huttens Buch “Seher, Grübler und Enthusiasten”. Hier in diesem kleinen Brevier des Aberglaubens geht es nur um eine skizzenhafte Darstellung. Erwiesen ist, daß Steiners Lehre eine unheimliche Mischung aus indischen, gnostischen, okkulten, theosophischen, idealistischen und christlichen Anschauungen darstellt und daher einen zwar schillernden aber gefährlichen Irrweg bedeutet.

5. In diesem bunten Reihentanz des Aberglaubens folgt nun die Astrologie. Dr. Schrank schreibt in seiner Psychologie des Aberglaubens: “Wenn der führende Astrologe Werle die Astrologie als Mantik, also als Wahrsagekunst bezeichnet, so verläßt er bewußt den Boden der Wissenschaft und begibt sich auf das Sumpfgebiet des Aberglaubens.  Wie gefährlich sich dieser auswirkt, beweist die Tatsache, daß bei sensiblen Menschen schwere seelische Schäden, Lebensangst, Verzweiflung und Zerrüttung beobachtet wurden. Die Astrologie lähmt Initiative und Urteilskraft. Sie verdummt und verflucht: sie uniformiert die Persönlichkeit für eine plattgeistige Untergrundbewegung”. Wenn ein Naturwissenschaftler und Arzt, diese Folgen erkannt hat, dann brauche ich sie hier nicht nachzuweisen.  Immerhin will ich aus meinen Erfahrungen zwei der neuesten Beispiele hinzufügen.

B 5 Nach zwei Vorträgen in Straßburg berichtete mir ein französischer Pfarrer folgendes. Ein Student der Psychologie an der Sorbonne in Paris wollte über die Psychologie, des Aberglaubens eine Doktorarbeit schreiben. Der junge Mann machte sich mit viel Geschick an diese Aufgabe heran. Er inserierte in einer Tageszeitung und gab sich als Astrologe aus. Gegen Voreinsendung von 2000 Ffr. wollte er jedem einen ausführliches Horoskop ausarbeiten. Der Student erhielt sehr viele Zuschriften und konnte mit den eingezahlten Beträgen sein Studium finanzieren. Er arbeitete für alle seine Kunden ein einziges Horoskop aus nach dem berühmten Rezept, daß jede Aussage so zweideutig als möglich sein muß.  Ferner muß der Wahrsager jedem Kunden gute Charaktereigenschaften zusprechen; denn das glaubt jeder gern. Alle Ratsuchenden erhielten das gleiche Horoskop. Hinterher erhielt dieser Student noch eine große Zahl von Dankschreiben. Dann schrieb er darüber seine Doktorarbeit. Dieses Experiment war also restlos gelungen.

B 6 Ein junger Mann suchte einen Astrologen auf. Der Astrologe arbeitete ihm ein ausführliches, schriftliches Horoskop aus.  Es wurde darin gesagt, daß der Ratsuchende früh heiraten würde. Seine erste Frau wäre aber nicht die, die das Schicksal ihm bestimmt hätte.  Erst die zweite Frau sollte ihn glücklich machen. Tatsächlich heiratete der junge Mann sehr früh., Am Hochzeitstag wandte er sich an seinen älteren Bruder und erklärte ihm: “Die Frau, die ich heute heirate, ist nicht die richtige. Erst die zweite Frau wird mich glücklich machen.  Damit ich aber zur zweiten komme, muß ich notgedrungen auch die erste heiraten.“ Man überlege, unter welchen Voraussetzungen dieser junge Mann in die Ehe ging.  Es stellte sich heraus, daß, die Frau eine brave und ordentliche Lebensgefährtin war. Sie erwarb sich schnell das Vertrauen ihrer Schwiegereltern. In den ersten drei Jahren kamen drei Kinder. Nach dem dritten Kind verließ der Ehemann seine Frau und ließ nach einiger Zeit auf eigenes Verschulden die Scheidung durchfuhren. Er fand dann die zweite Frau, die laut Horoskop ihm vom Schicksal bestimmt war. Es ging nur wenige Monate gut. Die zweite Frau wurde eine fanatische Anhängerin der Zeugen Jehovas.  Sie versuchte, ihren Mann für die Sekte zu gewinnen.  Dem Mann war das fanatische Treiben dieser Frau zuwider.  Er lief davon und ließ sich auch von der zweiten Frau scheiden.  Er ist das Opfer dieser astrologischen Aussage geworden, die ihn suggestiv beeinflußte.

Hören wir noch die Stellungnahme der Astronomischen Gesellschaft zur Astrologie:

“Die Astronomische Gesellschaft nimmt ihre diesjährige Tagung in, Bonn zum Anlaß, die Öffentlichkeit vor dem immer mehr sich verbreitenden Unfug der Astrologie eindringlich zu warnen. Der Glaube, daß die Stellung der Gestirne bei der Geburt eines Menschen seinen Lebensweg beeinflusse, daß man sich in privaten und öffentlichen Angelegenheiten bei den Sternen Rat holen könne, hat seine geistige Heimat in. einem astronomischen Weltbild, das die Erde und mit ihr den Menschen in den, Mittelpunkt des kosmischen Geschehens stellt. Dieses Weltbild ist längst versunken. Was heute als Astrologie, Kosmobiologie usw. auftritt, ist nichts anderes als eine Mischung von Aberglaube, Scharlatanerie und Geschäft.

Zwar gibt es astronomische Kreise, die von den genormten und gedruckten Charakteranalysen und Beratungen für alle Lebenslagen abrücken, diesen Unsinn aber ihre eigene wissenschaftliche’ und daher ernst sein sollende Astrologie entgegenstellen. Aber auch diese Astrologie ist den Beweis, eine Wissenschaft zu sein und mit wissenschaftlichen Methoden zu arbeiten, schuldig geblieben. Daran können auch gelegentliche Zufallstreffer astrologischer Aussagen nichts ändern. Astrologie ist lediglich ein System willkürlich angenommener Spielregeln. Ein solches System kann nicht den Anspruch erheben, wissenschaftlich begründete Deutungen und Prognosen in privaten und öffentlichen Angelegenheiten zu geben.

Die Universitätssternwarten und die an ihnen tätigen Astronomen werden immer wieder von privater Seite und von amtlichen Stellen um Urteile über die Astrologie ersucht. Diese Urteile können nicht anders lauten als die Erklärung, die die Astronomische Gesellschaft hiermit der Öffentlichkeit übergibt.”

6. Der Atheismus ist ein weiteres Bollwerk des Aberglaubens. Die meisten Atheisten sind nicht konsequent. Den Gottesglauben haben sie zwar über Bord geworfen, dafür aber sind sie Sklaven des Aberglaubens, wie es etwa das Leben des großen Spötters Voltaire zeigt.  In dem Leben und in den Familien der aggressiven Gottesleugner sieht es gewöhnlich trostlos aus.

B 7 Ein junger Mann war bei mir zur Seelsorge.  Er berichtete von vielen schweren Unglücksfällen und seelischen Abnormitäten in seiner Vorfahrenreihe. Auf meine Frage, ob in der Familie Geisteskrankheiten oder okkulte Belastungen vorliegen würden, ‘verneinte er.  Schließlich kamen wir auf folgenden Tatbestand.  Der Großvater war ein Großkaufmann in Gebiet von Hamburg.  Er war ein schauerlicher Flucher und Spötter.  Bei den sich bietenden Gelegenheiten zog er den Strichen Glauben durch Reden und Artikel in den Schmutz. Das geistige Erbe dieses Großvaters wirkte sich bei seinen Nachkommen schrecklich aus.

B 8 Ein Atheist schrieb ein Buch, in dem er das Christentum mit lästerlichem Spott überschüttete. Alle seine Nachkommen sind nicht normal. Jedes seiner Kinder hat entweder einen verkrüppelten Arm oder ein verkrüppeltes Bein als Geburtsfehler oder als Folge späterer Erkrankungen.  Manche Kinder sind auch schwachsinnig.  In der Enkelreihe zeigen sich genau die gleichen körperlichen Mißbildungen.  Außerdem sind sowohl die Kinder als auch alle Enkel depressiv veranlagt und alle ausgesprochen gottlose Menschen. – “Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten!” (Gal. 6, 7). Diese Familiengeschichte wurde mir von der Enkelin dieses Atheisten in, der Schweiz berichtet. – Unglaube und Aberglaube bedeutet stets ein Hingegebensein an gottwidrige Mächte, die das Leben des Menschen zum Schauplatz ihrer Offenbarung machen.

7. Heftig umstritten ist in der Gegenwart die Augendiagnose. Die Augendiagnostiker behaupten, aus der Iris die Krankheiten des gesamten Körpers erkennen zu können. Man hat dazu die Iris des rechten Auges in Sektoren, die Iris des linken Auges in konzentrische Kreise eingeteilt. Jedes Organ des Leibes soll nun in diesen Sektoren und Kreisen lokalisiert sein, das heißt, jede Krankheit soll sich durch charakteristische Veränderungen der Irisfasern in dem betreffenden Organfeld bemerkbar machen.  Zunächst ist dazu zu sagen, daß es gegen zehn Systeme der Augendiagnose gibt, die sich untereinander nicht einig sind.  Ferner wird von medizinischer Seite aus zugegeben, daß es selbstverständlich Krankheiten gibt, die sich an der Iris abspielen, z.B. gewisse Formen des Rheumatismus.  Ferner gibt auch die Augenhintergrundsdiagnose manche Aufschlüsse.  Darüber hinaus lehnen die medizinischen Fachwissenschaftler fast allgemein die mysteriöse Augendiagnose ab. Es sei hier die Antwort eines Professors der Augenheilkunde wiedergegeben, der auf eine Anfrage folgende Auskunft gab: “Im Auftrag der medizinischen Fakultät beantworte ich Ihre Anfrage wegen der Augendiagnose.  Dieselbe hat mit exakter Wissenschaft nichts zu tun.  Es handelt sich dabei um ein wüstes Konglomerat von pseudowissenschaftlichen Ausdrücken und mehr oder minder aus dem Aberglauben hervorgehende Theorien, wenn man nicht einen härteren Ausdruck gebrauchen will. Zum Beispiel gibt es Augendiagnostiker, die aus den Augen ablesen wollen, daß der Großvater einen Schlaganfall erlitten hatte, oder daß der betreffende Patient durch Selbstmord enden würde, und der sogar voraussagen will, ob dieser Selbstmord blutig oder unblutig sein wird.  Ausgehend von der anatomisch begründeten Tatsache, daß jedes Organ mit Nerven versehen ist, und auch mit sogenannten Lebensnerven, behaupten die Augendiagnostiker, daß jede geistige und charakterliche Eigenschaft mit sympathischen Fasern in der Iris an einer bestimmten Stelle lokalisiert wäre, und daß eben ein bestimmter Fleck an einer bestimmten Stelle beweise, daß der Betreffende leberleidend, neidisch, habsüchtig usw. wäre.

Die Augendiagnose läßt sich zurückführen auf Astrologie, aus dem alten China kommend, die mit den Sternbildern und ihrer Deutung verwandt ist. Die Sachen sind häufig in großen Untersuchungsreihen nachgeprüft und als völlig unhaltbar befunden worden. In der wissenschaftlichen Augenheilkunde sind selbstverständlich sehr viele Allgemeinerkrankungen aus dem Augenbefund zu deuten und zu diagnostizieren, und zwar dann, wenn die Erkrankung auch das Auge mitbetrifft, aber eben nur dann. Ein negativer Augenbefund bedeutet also z. B. nicht Gesundheit, und eine Mitbeteiligung des Auges kann man mit bestimmten Einschränkungen zur Beurteilung des gesamten Organismus heranziehen. Man sieht ja im Sehnerv einen Teil des Gehirns und in den Blutgefässen freiliegende Blutgefäße und das strömende Blut. Das ist aber etwas anderes als Repräsentation jedes Organs in der Iris.” gez. Prof. Dr. Velhagen.

Mit diesem Gutachten ist aber die Frage nach der Augendiagnose noch lange nicht erledigt. Die seelsorgerliche Fragestellung wird von der medizinischen Auseinandersetzung nicht betroffen. In der Seelsorge geht es nicht um das Problem, ob die Augendiagnose medizinisch vertretbar ist, sondern ob sie dem Glaubensleben eines echten Christen schadet oder nicht. Wer diese religiöse Frage stellt, den kann ich auf Grund langer Beobachtungen in diesem Fall beruhigen. Es gibt Formen der Augendiagnose, die das Glaubensleben n i c h t belasten.

Ich kenne aus der Seelsorge aber noch eine okkulte Form der Augendiagnose, vor der ich warnen muß. Am besten, ich zeige dieses Problem durch ein Beispiel, das ich im Elsaß erlebt habe.

B 9 Während einer Vortragswoche in Gebweiler kam eine Frаu zu mir und berichtete, ihre Tochter müßte in den nächsten Tagen sterben. Ich fragte ganz erstaunt, woher sie das wisse. Sie erzählte, ein Augendiagnostiker E. aus Straßburg hätte ihrer Tochter prophezeit, sie müßte im fünften Kindbett sterben. Ihre Tochter erwarte in den nächsten Tagen ihr fünftes Kind, und dann wäre es so weit. Ich erwiderte der alten Dame, daß unser Leben in der Hand Gottes steht, und daß dieser Augendiagnostiker ein falscher Prophet sei, der unter dem Zorn Gottes stehe. Was geschah? Noch während der Evangelisation kam das fünfte Kind. Mutter und Kind passierte nichts. Die alte Dame erschien noch einmal und jammerte wieder: „Sie werden sehen, es gibt noch nachträglich Komplikationen.” Ich wurde fast böse und erwiderte: „Komplikationen wird es geben, wenn Sie sich nicht von diesem Aberglauben befreien lassen.” Wie ging diese Geschichte aus? Diese totgesagte Mutter lebt heute noch. Dieser unheilvolle Augendiagnostiker hat nicht recht behalten. Wieviel Angst hatte aber seine Unheilsprophetie ausgelöst! Es liegt hier auf der Hand, daß das keine Augendiagnose, sondern Wahrsagerei war.
Viele unserer Heilpraktiker und okkulten Volksmediziner wenden die Augendiagnose medial an. Das heißt, es geht ihnen nicht um die Beobachtung der Iris, sondern nur um die Gewinnung eines medialen Kontaktes. Das menschliche Auge dient in psychometrischer Weise wie die Handlinien bei den Wahrsagerinnen nur als Kontaktmittel, als „Intuitionserreger”. Hier wird die Augendiagnose also zur Wahrsagerei. Aus diesem Grunde haben solche Diagnostiker vielfach große Erfolge. Es gibt Augendiagnostiker, die über keine medizinische Bildung verfügen und dennoch hundertprozentige Diagnosen stellen, die sich bei Nachprüfungen als wahr erwiesen. Wir sind hier bei einem Gebiet, das von allen Rationalisten abgelehnt wird und doch existiert. Unsere naturwissenschaftlich erfaßbare Welt ist durchformt, überlagert von einer medialen Welt, in der völlig andere Gesetzmäßigkeiten herrschen. Zwischen beiden Naturformen besteht für den menschlichen Verstand keine Brücke. Die Jünger beider Ordnungen werden sich ewig befehden. Die mediale Naturordnung wurde von manchen schon erahnt Wenn der Pantheismus von dar Allbeseeltheit der Natur spricht, so steckt darin ein Korn Wahrheit. Wenn der Pantheist diese Allbeseeltheit der Natur mit Gott gleichsetzt, so ist das Vergötzung der Natur, Abfall vom Schöpfer, Gotteslästerung. Wenn Prof. Osty, Hans Driesch, Eduard von Hartmann von der Weltseele redeten, so steckt darin ein Körnchen Wahrheit. Wenn aber eine Gleichsetzung mit Gott vorgenommen wird, so stecken wir wieder im Götzendienst.

Welchen Charakter hat nun diese mediale Naturoгdnung? Das Neue Testament sagt, daß unsere Erde der Herrschaftsbereich Satans ist. Wir stehen von Natur aus unter der „Obrigkeit der Finsternis”. Wer zu Christus kommt, wird errettet und befreit aus diesem Regierungsbereich der finsteren Welt. Wer Christus nicht als Herrn annimmt, bleibt unter der Gewalt Satans. Wer sich diesem „Fürst dieser Welt” freiwillig verschreibt oder unter derartigen Belastungen durch Vorfahren steht, in dessen Leben offenbaren sich in besonderer Weise die Kräfte der unteren Welt. Mediale Kräfte sind Kräfte von unten, auch wenn sie unter harmloser, religiöser und gelegentlich unter wissenschaftlicher Tarnung marschieren. Diese Tatsache wird tausendfach durch die Auswirkungen der okkulten Praktiken erwiesen. Drei Beispiele im Zusammenhang mit okkulter Augendiagnose sollen das zeigen.

B 10 Ein Vater suchte mit seinem kranken Sohn einen Heilpraktiker auf. Der Heilpraktiker stellte durch Augendiagnose die Krankheit fest. Darüber hinaus sagte er dem kranken Jungen die Zukunft voraus. Durch diese Behandlung verschwand bei dem jungen Mann das organische Leiden. Auf dem Gebiet des religiösen Lebens zeigten sich aber merkwürdige Veränderungen. Wenn er einen Gottesdienst besuchen wollte, empfand er vor allem beim Hören der Predigt seelische Schmerzen. Er konnte auch nicht mehr beten, glauben oder die christlichen Lieder mitsingen. Seine frühere Aufgeschlossenheit in Fragen des Glaubens war verschwunden. Dagegen verfiel er mancherlei Süchten. Er wurde leidenschaftlicher Raucher, Trinker und Onanist. Er litt unter Schwermutsanwandlungen und wurde selbst von Mordgedanken geplagt. Schließlich erlebte der junge Mann in einem totalen Nervenzusammenbruch einen seelischen Bankrott. Von seinem organischen Leiden war er ursprünglich geheilt worden, mit dieser Heilung hatten aber psychische Komplikationen eingesetzt.

B 11 Eine Mutter nahm ihren elfjährigen Jungen zum Heilpraktiker, der mit Augendiagnose arbeitete. Der Junge wurde ein entsetzliches Onanist, der es am Tage zweimal trieb. Er war auch geplagt mit Spottsucht, Jähzorn, Streitsucht. In der Schule zeigte er schlechte Leistungen. Auch das Verhältnis zur Mutter wurde sehr schlecht, während er sich vorher gut mit ihr verstanden hatte.

B 12 Eine Mutter ging mit ihrem sechsjährigen Töchterchen zu einem Appenzeller Besprecher und Augendiagnostiker. Das Kind wurde nach einer Augendiagnose magisch behandelt. Die Krankheit verschwand. Von dieser Zeit an aber veränderte sich das Kind charakterlich. Es wurde furchtbar jähzornig, sexuell abnormal und litt unter Depressionen. Das gleiche Schicksal teilte auch ihre Schwester, die ebenfalls als kleines Kind von diesem Mann besprochen worden war. Die anderen Geschwister, die nicht besprochen worden sind, zeigen keine Belastungen.

8. In der okkulten Volksmedizin ist das Besprechen, Beschwören, Bestreichen, Bepusten, Bieten, Böten, Beuten, Sühnen, Sympathie treiben ein weit verbreiteter Brauch. Es ist nicht so, wie manche ahnungslosen Volkskundler uni Rationalisten meinen, daß hieß harmlose Volkssitten zur Anwendung kämen. Besprechen heißt magisch handeln. Magisches Brauchtum ist aber Zauberei, auch wenn sie in den drei höchsten Namen erfolgt Zauberei ist Inanspruchnahme dämonischer Kräfte und damit Gotteslästerung. Über das Wesen der Magie braucht hier nicht berichtet zu werden. Darüberт liegt eine spezielle Schrift vor Die Magie. Zur Illustration der gefährlichen Auswirkungen des Besprechens sollen einige Beispiele folgen.

B 13 Eine Frau in O. ist Besprecherin. Sie hat auch ihren kleinen Jungen immer wieder gegen Krankheiten besprochen. Der Junge entwickelte sich schon im Alter von acht bis zwölf Jahren zu einem entsetzlich jähzornigen Burschen. Er konnte Tiere zu Tode quälen oder sie auch lebendig begraben. Vom zwölften Lebensjahr an wurde der Junge ein notorischer Trinker. Auf sexuellem Gebiet ist er furchtbar verwildert und treibt auch Unzucht mit Tieren. Sein Ortspfarrer führt die charakterlichen Entgleisungen dieses Mannes auf das Besprechen seiner Mutter zurück.

B 14 Der Besprecher F. Sch. vom Emmental endete im Verfolgungswahn. Im Januar lief er bei 20 Grad Kälte barfuß mit Hemd und Hase bekleidet durch das Dorf. Schlossen ihn die Angehörigen in das Zimmer ein, so sprang er aus dem Fenster.

B 15 Ein Bauer prahlte damit, daß er für seine Pferde keine Versicherung brauchte. Er ging jedesmal zum K. und ließ seine Pfеrde besprechen. Eines Tages kam sein Sohn mit einem einspännigen Wagen unter den Zug. Der Sohn und die vier Pferde waren tot. Die beiden anderen Söhne sind Taugenichtse und sexuell verwilderte Burschen. Der Vater selbst hatte einen schrecklichen Tod.

B 16 Im Gebiet von A. war eine Viehseuche ausgebrochen. Der magische Besprecher K. von Kl. gab den Bauern Besprechungszettel. Die Ställe, in denen diese Zettel aufbewahrt wurden, blieben von der Seuche verschont. Kl. ist heute dafür bekannt, daß es völlig unkirchlich ist. Über dem Dorf liegt ein Bann. Diesen Sachverhalt erzählte mir der Pfarrer.

B 17 Ein 42jähriger Mann berichtete in der Seelsorge folgendes. Der Urgroßvater war magischer Viehbesprecher und Seuchenbanner. Wenn seine Kinder krank waren, besprach er sie in den drei höchsten Namen mit einer Speckschwarte und vergrub die Schwarte unter einer Dachtraufe. Das Rezept half bei den kranken Kindern immer. Sie wurden dabei gesund. Bei den Nachkommen dieses Urgroßvaters sah es entsetzlich aus. Kinder und Enkel waren alle belastet. Es. waren verschiedene unter ihnen, die gern Christus nachgefolgt wären, aber nicht konnten. Unter den Nachkommen besaß eine Reihe auch mediale Fähigkeiten, wie das Hellsehen und Hellfühlen. Andere sind sexuell entartet. Vier Enkel sind sexuell sehr stark veranlagt. Sie wollen heiraten, aber können nicht. Im Haus werden Spukphänomene beobachtet. Er selbst, der Berichterstatter, spürt auch den Fluch des Nichtheiratenkönnens. Er war mit einem braven Mädchen verlobt und löste die Verlobung wieder auf.

B 18 Eine Frau war gelähmt und wurde deshalb von ihren Angehörigen zu einem sogenannten Gesundbeter gebracht. Der Gesundbeter murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Am nächsten Tag floß Eiter und Wasser aus den Ohren und aus den Hautporen im Gesicht. Die Frau konnte von diesem Zeitpunkt an laufen. Ihre Kinder sind alle belastet. Ein Sohn ist Epileptiker, ebenfalls zwei Enkel. Kinder und Enkel wollen zu Christus kommen und können nicht.

B 19 Ein Mann war Warzenbesprecher. Da er die Gefährlichkeit seiner Besprecherei erkannte, steckte er sie auf. Heute ist er depressiv und kann nicht glauben. Seine Kindes sind jähzornig und sehen oft Spukerscheinungen und scheußliche Fratzen im Elternhaus.

B 20 Ein Pfarrer berichtete mir, daß er als kleiner Junge von seinen Eltern zu einem Warzenbesprecher geschickt wurde. Dieser Besprecher brachte mit geheimnisvollen Zememonien seine Warzen weg. Am nächsten Tag waren sie verschwunden. Der Pfarrer ist seither medial. Später, als er bereits Theologiestudent war, erfuhr er von einer Krankenschwester den Tod des Warzenbesprechers. Sie berichtete, jener Besprecher wäre unter fürchterlichen Begleiterscheinungen gestorben. Er hätte tagelang gestöhnt, geflucht und gejammert. Im ganzen Zimmer war ein entsetzlicher Gestank. Die Schwestern hielten es im Sterbezimmer nicht aus. Als einmal die Schwester zurückkehrte, war der Sterbende tot. Er lag mit zerschmettertem Schädel im Bett und war ganz schwarz. Das Besprechen schafft schwere Belastungen. Doch gibt es eine Befreiung durch Christus. „Wen der Sohn Gottes frei macht, der ist recht frei.” Eine seelsorgerliche Erfahrung soll das bestätigen.

B 21 Eine 28jährige Frau kam in die seelsorgerliche Aussprache. Sie leidet seit fünf Jahren unter Ekzemen mit dauernden Schmerzen. Die Hautspezialisten erkannten die Ursache nicht. Ich fragte nach okkultes Betätigung der Familie. Meine Frage wurde bejaht. Der Großvater heilte Menschen und Vieh in den drei höchsten Namen. Auch die Großmutter war Besprecherin. Zwei Schwestern führen ein ausschweifendes Leben. Die Berichterstatterin hat die Fähigkeit des Wahrtraums und des zweiten Gesichts. Einmal erschien ihr im Traum der Schwager, der in Algier war und erklärte: „Morgen komme ich heim.” Tatsächlich reiste er am nächsten Tag an. Einmal träumte sie nachts, schwarze Hände würden auf sie zukommen, und schwarze Ratten würden ihr an den Beinen fressen. Am nächsten Tag kam ihre Schwester und fing aus nichtigen Gründen einen furchtbaren Streit mit ihr an. An ihren Beinen stellten sich offene Ekzeme ein, die durch keinen Arzt geheilt werden konnten. Die Berichterstatterin ließ sich willig zu Christus führen. Sie legte eine Beichte ab und konnte im Glauben die Vergebung fassen. Ich betete mit ihr. Am nächsten Tag erklärte sie, auf das Gebet hin wären die furchtbaren Schmerzen an den Beinen verschwunden.

9. Zu den schauerlichsten Dingen des Aberglaubens gehört die Blutsverschreibung an den Teufel. Dazu einige Beispiele.

B 22 Eine Frau verschrieb sich mit ihrem Blut dem Teufel. Sie gehörte einem spiritistischen Zirkel von 15 Mitgliedern an, der bewußt den Teufel zitierte. Tatsächlich erschien immer eine scheußliche Gestalt, und dann wurden Orgien gefeiert. In diesem Kreis diente diese Frau als Medium. Wenn sie von dem Kreis abwesend war, konnte sie bei Tag und Nacht durch Fernhypnose von dem Leiter des Kreises gerufen werden. Eines Tages kam dieses Medium in einen Evangelisationsvortrag. Sie wurde von dem Wort Gottes erfaßt und legte eine Generalbeichte ihres Lebens ab. Von diesem Zeitpunkt an hatte die Frau wahnsinnige Anfechtungen. Sie erhielt stets nachts den Auftrag, wie siе sagte, sich das Leben zu nehmen. Tag und Nacht befand sie sich in schrecklichen Angstzuständen, die sie immer wieder in die Seelsorge trieben. Eines Tages berichtete sie dem Seelsorger, daß der Teufel ihr ein Eigentumszeichen auf die Brust eingeprägt hätte. Sie zeigte ihrer Schwester dieses Malzeichen. Es war ein Hufzeichen mit einem S in der Mitte. Ein Gebetskreis setzte sich für diese arme Frau ein. Ferner wurden gläubige Psychiater zu Rate gezogen. Diese gläubigen Psychiater (Dr. M., Dr. L., Dr. O.) sind der Meinung, es handle sich nicht um eine Geisteskrankheit, sondern tatsächlich um eine Besessenheit.

B 23 Eine Frau verschrieb sich mit ihrem Blut zweimal dem Teufel. Als sie im ersten Ehejahr Mutter wurde, verschrieb sie auch das werdende Kind dem Teufel. Nachdem das Kind geboren war, zeigte sich eine frühe Vergreisung. Heute ist das Kind achtjährig und hat einen Gesichtsausdruck, Falten und Haarausfall wie eine Frau zwischen 40 und 50. Die Mutter besitzt okkulte Fähigkeiten. Im Trancezustand behauptet sie, daß vier Teufel in ihr wären. Bei ihren Anfällen entwickelt sie Bärenkräfte. Als ein mir befreundeter Seelsorger sie besuchte, griff sie ihn tätlich an. Doch als der Seelsorger erklärte: „Ich stehe unter dem Schutz des Blutes Jesu”, ließ die Frau den Seelsorger sofort erschrocken los.

B 24 Die Tochter einer Kartenlegerin führte als junges Mädchen einige Male eine Blutsverschreibung an den Teufel durch. Bei einer Evangelisation wurde sie vom Wort Gottes getroffen und erweckt. Sie nahm die seelsorgerliche Hilfe in Anspruch und beichtete alle ihre Verfehlungen, drang aber nicht zum Glauben durch. Es entstand in ihrem Herzen ein furchtbarer Kampf zwischen den Mächten der Finsternis und dem Wort Gottes. Eines Tages, als sie das Kapitel 5. Mose 18 las, packte sie eine solche Wut, daß sie das ganze Kapitel mit Tinte vollkommen auslöschte. Es ist das Kapitel, in dem vom Beschwören, Wahrsagen und der Zauberei berichtet wird. Es tat ihr hinterher leid, das Wort Gottes so verunstaltet zu haben. Sie erklärte, sie hätte das nicht gewollt, sondern eine fremde Macht hätte sie dazu gezwungen. Ein kleiner Gebetskreis setzte sich in der Fürbitte für sie ein. Bis jetzt ist das Mädchen von ihrer Besessenheit noch nicht frei.

B 25 Ein Mann in einem Alpental hat seit Jahren eine blühende Praxis als Naturarzt. Auch die für einen Arzt aussichtslosen Fälle konnte er kurieren. Er heilte Blinde, Lahmе, Taube usw. In einer stillen Stunde brach aus diesem Mann die Not seines Lebens auf. Er erklärte: „Allen kann ich helfen. Nur mir kann in Ewigkeit nicht geholfen werden.” Dieser Mann hatte in seiner Jugend eine Blutsverschreibung an den Teufel durchgeführt. Seither besaß er diese unheimliche Heilfähigkeit.

In der Seelsorge sind mir erst zwei Fälle bekannt geworden, daß Blutsverschriebene durch die Gnade Gottes wieder frei wurden von den entsetzlichen Belastungen.

10. Brandbriefe, Feuersegen, Glücksbriefe, Himmelsbriefe gehören trotz ihrer frommen Aufmachung in das Gebiet des Aberglaubens und der Zauberei.

B 26 Eine Frau erzählte mir in der Seelsorge folgendes. Ihr Vater hielt jeden Sonntag eine Andacht mit der Familie. Außer einem Bibelabschnitt las er jedesmal einen Himmelsbrief vor, der als vergilbtes Blatt in die Bibel eingelegt war. Eines Tages erfuhren sie durch Modersohns Buch Im Banne des Teufels von der unheimlichen Bedeutung der Himmelsbriefe. Ohne Wissen des Vaters verbrannten sie daraufhin diesen Himmelsbrief. Als der Vater es merkte, wurde er furchtbar jähzornig und prügelte sie alle durch. Ihnen war nach dem Verbrennen eine Last abgefallen. Sie hatten ja oft gespürt, daß in ihrer Familie etwas nicht stimmte.

B 27 Pastor H. aus W. erzählte bei einer Freizeit: „Ein Kirchenrat aus der Würzburger Gegend wollte mir einmal einen „Feuersegen” zeigen. Der Bauer des alten, großen Hofes führte uns hinüber in seine große Scheune. Oben in dem riesigen Firstbalken war ein Gefach eingelassen, aus dem der „Feuersegen” zum Vorschein gebracht wurde. Ein alter, vergilbter Bogen, auf dem zu lesen war: ‚Anno 1645, 24. August: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes schütze ich, Satan, dieses Haus vor Blitz und Feuergefahr.’  Unterschrift (unleserlich). – Der Bauer ließ sich ermahnen und gab den Teufelsegen heraus, der später nach München zur kriminalchemischen Untersuchung geschickt wurde. Ja, das Papier sei dreihundert Jahre alt, lautete der Befund; die Unterschrift bestehe aus einer Mischung von Bocksblut und Menschenblut. – Nachmittags gegen fünf ihr war der „Feuersegen” entfernt worden. Kaum drei Stunden später zog ein Gewitter herauf, ein Blitz schlug in den Bauernhof ein; Hof, Scheune und alle Gebäude brannten mit Einrichtung und Vieh aus; nur die Menschen konnten sich retten. Zufall? Der Hof lag hundert Meter von der Bahnlinie Würzburg-Rothenburg entfernt. Während des letzten Krieges stand in unmittelbarer Nähe ein Munitionszug. Dieser flog in die Luft; auf dem Hof wurde keine Fensterscheibe zerstört! Beim Zusammenbruch 1945 machte die SS jenen Hof zu einem Hauptstützpunkt, der schwer umkämpft wurde. Kein einziger Einschlag traf den Hof. Auch in früheren Jahrhunderten, z. B. während der Franzosenkämpfe um Ansbach-Bayreuth, blieb der Hof stets verschont. Zufall?

Aber welche Bewandtnis hatte es nun mit dem 24. August? Pompeji und Herkulaneum gingen am 24. August im Jahr 79 v. Chr. im Feuerregen unter. In der Bartholomäusnacht des 24. August 1572 wurden Zehntausende hugenottischer Frauen, Männer, Kinder und Greise niedergemetzelt. Offenbar bedeutet das Datum auf dem „Feuersegen” einen besonders wirksamen Zauber!? – Wir fragten: Was sagte der Besitzer des Hofes, nachdem dies Unglück geschehen war? Der Hof war versichert und wurde wieder aufgebaut. Als der Kirchenrat auf den neuen Hof kam, umarmte ihn der Bauer: ,Wie glücklich bin ich, daß dieser Druck weg ist!` Der Bann war gebrochen, der Bauer hatte erkannt: Lieber alles verlieren, als mit dem Teufel im Bunde stehen. Aber wer hat nun den Hof zerstört: Satan oder Gott? Hiob 1 sagt uns, daß der Satan Erlaubnis haben kann, „das Feuer Gottes” (Hiob 1, 16) vom Himmel herunterzuholen. Offenbar hat Satan als gefallener Engelfürst (Judas 6) zeitweilig oder nach besonderer Zulassung Gottes noch Zugang zu den göttlichen Schalthebeln. Wenn man nur einiges von den Menschen und Schicksalen wüßte, die in Zusammenhang mit der Geschichte des Hofes stehen!

Wer die strengen Gebotsschranken Gottes mißachtet, sich in irgendwelche Greuel oder Zaubereisünden einläßt, wird das nur unter schweren seelischen Schäden tun können. Satan gibt unter Umständen „Schutz”, „Erfolg”, der fälschlich manchmal „Segen” genannt wird, aber für welch furchtbaren Preis? Es könnte schon sein, daß Satan nach Entfernung des „Feuersegens” seine Wut ausgelassen hat. Hiob 2, 6, 2. Kor. 12, 8 und Matth. 10, 28 geben uns manches zum Nachdenken. Gotteskinder aber dürfen ganz getrost sein ohne Furcht und Grauen vor aller macht des Bösen, wenn sie gemäß Eph. 6, 10-20 im „Harnisch Gottes” dastehen mit dem Panzer der Gerechtigkeit, dem Helm des Heils und all den Ausrüstungsstücken der göttlichen Waffenrüstung.
 
11. Die Christliche Wissenschaft gehört auf Grund ihrer Auswirkungen in die Reihe der okkulten Bewegungen. Die Begründerin, Mary Baker Eddу, war ursprünglich Spiritistin. Sie lehrte, daß Krankheit und Tod durch die in uns wohnenden Kräfte des Gemütes zu überwinden wären. Der Generalbeweis fehlt allerdings bis heute. Alle Anhänger der Christian Science mußten sterben, auch die Begründerin. Ein besonderes Augenmerk mußte ich in der Seelsorge auf die sogenannten Ausüber richten. Es muß, nach den Auswirkungen zu schließen, okkult arbeitende Männer unter ihnen geben. Wie oft wurde mir gebeichtet, daß ausgetretene Scientisten von ihren Ausübern verfolgt wurden.

B 28 Ein Mann, der aktiv in der Christlichen Wissenschaft mitgearbeitet hatte, erkannte seinen Irrweg und meldete seinen Austritt an. Man schrieb ihm von der Zentrale in Boston, er würde das zu bereuen haben. Kurz danach bekam er eine unerklärliche Krankheit. Er häutete sich wie eine Schlange. Dieser Vorgang wiederholte sich mehrmals. Beim dritten Mal starb er. Mir sind solche Vorgänge aus der Magie bekannt. Wie die Besprecher und Magier Krankheiten heilen können, vermögen sie auch Krankheiten anzuhängen.

B 29 Ein langjähriges Mitglied der christlichen Wissenschaft fand den Weg zu Christus und trat aus dieser Sekte aus. Seit dem Austritt wird diese Frau mit unheimlichen Dingen angefochten. Sie ist der Meinung, daß der ehеmaligе Ausüber seine Kräfte nunmehr gegen sie wendet.

B 30 Ein sechs Jahre altes Kind erkrankte. Die Schwiegereltern der jungen Frau sind Mitglieder der Christlichen Wissenschaft. Sie erklärten: „Wir schaffen für das Kind die ganze Nacht. Das Kind wird am Leben bleiben.” Am nächsten Morgen, um sieben Uhr, rief die Schwiegermutter an und erklärte: „Ich habe den Eindruck, daß es dem Kind jetzt besser geht.” Die Mutter konnte ihr nur erwidern: „Das Kind ist aber heute nacht um zwölf Uhr gestorben.”  –  Mitunter bringen Scientisten Berichte heraus, die wunderbar mit christlichem Gedankengut geschmückt sind, daß der schlichte Christ davon erfaßt wird. Ich darf nur das Buch Heilendes Licht von Agnes Sanford erwähnen. Wunderbar geschrieben, aber dennoch nicht völlig im Einklang mit dem Worte Gottes.

12. Die Fernbeeinflussung (Mentalsuggestion) ist ein düsteres Kapitel der Magie. Sie wurde in meinem Buch Seelsorge und Okkultismus dargestellt. Einige neue Beispiele zeigen die schlimmen Auswirkungen der Fernbehandlung.

B 31 Ein Mann ging mit einer Lungentuberkulose in die Behandlung eines Lungenspezialisten. Die Röntgenaufnahme zeigte in der Lunge ein Loch in der Größe eines Hühnereis. Der Patient wurde sofort nach Davos überwiesen. Die Ärzte machten der Frau keine Hoffnung auf Heilung. Daraufhin ging seine Mutter zu dem okkulten Heilpraktiker Grätzer nach Maria Einsiedeln. Gegen ein reichliches Honorar nahm Grätzer an dem Lungenkranken eine Fernbehandlung vor. Wider Erwarten der Ärzte und des Patienten selbst führte die Fernbehandlung zu einer vollen Heilung. Von der Zeit der Heilung an veränderte sich der Patient charakterlich und religiös. Er trat aus der Kirche aus und schob alles Göttliche von sich weg. Er stürzte sich in ein lasterhaftes und vergnügungssüchtiges Leben und ließ seiner sexuellen Triebhaftigkeit freien Lauf. Gleichzeitig stellten sich auch Selbstmordgedanken ein. Seine seelischen und nervösen Störungen brachten ihn schließlich in die Seelsorge. Jedesmal, wenn man mit ihm beten wollte, war seine Gedächtniskraft und seine Aufmerksamkeit weg. Er fiel immer in eine Absenz. Die Absenzen, die durch Gebet ausgelöst werden, sind übrigens ein Symptom, daß der Betreffende magisch besprochen ist.

B 32 Es gibt im Appenzeller Gebiet und in den Nachbarkantonen viele Ärzte, die in verzweifelten Fällen ihre Patienten auf diese Fernheiler hinweisen. Ein Seelsorger, der regelmäßig im Krankenhaus St. G. seine Krankenbesuche macht, erklärte: „Alle Kranken, die schon einmal die Hilfe von Fernheilern in Anspruch genommen haben, nehmen kein Wort Gottes und keinen geistlichen Zuspruch an. Sie sind gegen göttliche Dinge unempfindlich und ablebnend.”

B 33 Ein 19jähriger junger Mann bekam Ekzeme. Er ließ sich durch einen Heilpraktiker, der mit schwarzer Magie arbeitet, fernbehandeln. Die Fernbehandlung stoppte sofort den Hautausschlag. Der Patient war aber von diesem Zeitpunkt an seiner inneren Haltung nach verändert. Vorher war er ein regelmäßiger Bibelleser, der auch treu war im Gebet. Nach der Behandlung wurde er depressiv, hatte keine Lust mehr zum Bibellesen und zum Beten.

Die Fernbeeinflussung ist das dämonische Gegenstück der biblischen Fürbitte. Wem das Gebet und die Erhörung eine lebendige Wechselbeziehung mit Christus ist, der wird wohl auch das dämonische Gegenbild begreifen. Der Teufel bedient seine Anhänger auch, soweit es Gott zuläßt.

13. Der Fetischismus ist wie die anderen okkulten Gebräuche vom Heidentum übernommen. Das lateinische Wort factitius bedeutet: zauberhaft, wirksam. Man versteht unter einem Fetisch einen kraftbegabten Gegеnstand, der als Schutz getragen wird. Amulette, Talismane, Fetische liegen auf der gleichen Ebene.

Der Reliquiendienst der katholischen Kirche ist vielfach zum Fetischismus abgesunken. Ein Beispiel.

B 34 Anläßlich eines Vortrages in München händigte mir ein Chemiker eine Reliquie aus. Die Reliquie besteht aus einem kleinen Zipfel Hemdenstoff, der in ein kleines Kuvert einsgepackt ist. Auf dem umschlag steht: „Ex veste P. R. Mayer S. J.” Die Rückseite trägt die Aufschrift: „St. Michael JHS München.” Was soll diese Reliquie bedeuten? 1945 starb in München der Jesuitenpater R. Mayer, der sich mancherlei Verdienste um seine Kirche erworben hatte. Die Seligsprechung dieses Mannes ist in Rom beantragt. Es soll nun an den Verdiensten dieses Mannes nicht gerüttelt werden. Was soll das aber heißen, daß die katholische Kirche eine Schrift herausgab, in der Gebetserhörungen berichtet werden, die unter Anrufung Pater Mayers gegeben worden sind? Zu wem betet die katholische Kirche? Zu Christus oder zu Pater Mayer? Ist diese Frage etwa übertrieben? In diesem Büchlein mit kirchlicher Druckerlaubnis heißt es wörtlich: „Pater M. ist der Schutzherr meines Lebens. Ich habe mich vertrauensvoll an P. M. gewandt. Eine Tasche mit Reisegeld wurde nach inständiger Anrufung P. M.’s wieder beigebracht” usw. Man kann es aber noch deutlicher hören. In der Schrift Es wird nicht still um diesen Toten heißt es auf Seite 13 wörtlich: „Schon 600.000 Bildchen von ihm wurden ausgegeben, 40.000 große Biographien und 200.000 Kurzbiographien und über 200.000 Reliquien wurden erbeten.” 200.000 Reliquien! Eine davon besitze ich, ein Stück Hemdenstoff. Was sollen diese Reliquien? Halten wir der katholischen Kirche die beste Absicht zugut und nehmen an, daß diese Reliquien nur Erinnerungszeichen sein sollen. Wird der einfache Mensch aus dem Volk das so verstehen? Es gibt Beweise dafür, daß es echt so ist. Eine Frau aus München gab einer evangelischen Frau eine solche Reliquie mit der Anweisung, sie auf Wunden und kranke Körperstellen zu legen, dann würde eine sofortige Heilung eintreten. Damit sind wir bei dem religiös verbrämten Fetischismus. Das geschieht im 20. Jahrhundert, und niemand von evangelischer Seite wagt ein Wort dagegen zu sagen, weil jeder die Folgen fürchtet. Man darf es doch mit der großen Schwesterkonfession nicht verderben!

14. Freimaurerei. Als Quellenmaterial, um mir ein Urteil über die Freimaurerei zu bilden, standen mir zur Verfügung: das zweibändige Werk von Alfred Wulf Geheimbünde in alter und neuerer Zeit, ferner die Veröffentlichung des Bauhüttenverlages Das Geheimnis des Freimaurers von F. C. Endres. Das meiste Material bot sich mir in der Seelsorge. Um der Objektivität und Wahrhaftigkeit willen will ich gern gestehen, dass ich in der Seelsorge nur die negativ gelagerten Fälle zu Gesicht bekomme. Freimaurer, die mit sich und der Freimaurerei innerlich fertig werden, finden ja nicht den Weg zu einem Seelsorger. Ein eindeutiges Argument ist das aber nicht.

Zur Geschichte und Verbreitung der Freimaurerei kann in Stichworten folgendes gesagt werden: In Europa wird das Jahr 1717 als das Geburtsjahr der ersten Großloge genannt. Vier Logen in London haben sich in diesem Jahr zusammengeschlossen. Es folgen rasch hintereinander die Logen in Irland, Schottland, Madrid, Kalkutta, Paris. Die deutschen Logen beginnen 1738 mit der Aufnahme von Friedrich dem Großen. Heute zählt man im angelsächsischen Raum etwa vier Millionen Freimaurer, in Deutschland dagegen nur etwa 84 000.

Organisatorisch und ideenmäßig die Logen unter einen Hut zu bringen, ist unmöglich. Wir finden Logen, die ganz vom Geist der Aufklärung erfüllt und christentumsfeindlich sind. Es gibt auch solche, die nur Christen als Mitglieder aufnehmen. Im Blick auf ihre Prägung, ihr tragendes Fundament und ihren Aufgabenbereich hat jede Loge eine andere Schattierung. Wir kennen solche, die einen starken Freundschaftskult und Lichtkult treiben. Ohne es zu ahnen, bin ich in Australien selbst einmal in einen solchen Lichtkult hineingeraten. Andere Logen sind philanthropisch und sozial eingestellt. So erzählte man mir in Los Angeles, dass eine Loge einem freisinnigen Theologiestudenten das Studium finanziere.

Vor allem im amerikanischen Raum entdeckte ich viele Logen mit einem gewissen christlichen Gepräge. Viele Pfarrer, Kirchenpräsidenten und Kirchenältesten sind Logenbrüder. Ich habe oft in solchen Kirchen gesprochen, ohne vorher um diesen Tatbestand zu wissen. Einmal predigte ich sogar in einer Kirche, die hinter dem Altar die Freimaurersymbole hat. In der gleichen Kirche waren die Schilder der Logen „Noli me tangere” und der „Roosevelt Vereinigung” zu finden. Ich sagte dem betreffenden Pfarrer: „Wenn ich vorher davon gewußt hätte, dass das eine Freimaurerkirche ist, hätte ich die Einladung nicht angenommen.” Zu beachten ist, dass in Amerika aber die Missouri Synode ihren Pfarrern und Ältesten die Zugehörigkeit zu einer Loge verbietet.

Man mag an dieser Stelle mir vorhalten, dieser Freimaurerpfarrer sei toleranter gewesen als ich; denn er hätte mich eingeladen, während ich selbst über diesen Dienst Bedenken hatte. Diese meine Abneigung gründet sich auf die Beobachtung, die auch viele andere, entschieden gläubige amerikanische Pfarrer gemacht haben, dass in diesen Freimaurerkirchen kein lebendiger, erwecklicher Geist herrscht. Es liegt eine merkwürdige Atmosphäre über diesen Religionsgemeinschaften, bei denen Pfarrer und Ältesten Logenbrüder sind.

Wenn wir in Deutschland Umschau halten, so entdecken wir auch Logenbrüder vom reinsten Atheismus bis hin zur christentumsfreundlichen Haltung. Ich lernte selbst einen bedeutenden Logenbruder kennen, der im Dritten Reich als Lehrer trotz des nationalsozialistischen Druckes sich weigerte, den Religionsunterricht niederzulegen. Er war ferner auch viele Jahre Kirchenältester einer westfälischen Gemeinde. Er ist also ein kirchentreuer Mann, der zur Zeit sogar Oberbürgermeister dieser westfälischen Stadt geworden ist.

Warum nun eigentlich sind mir hinsichtlich der Logen mancherlei Bedenken gekommen? Das hat verschiedene Gründe. Hören wir einmal eine Partie aus dem oben zitierten Buch von Endres (Seite 19).
„Ein Mensch begeht eine schlechte Tat. Er beichtet sie dem Priester. Der Priester spricht  an Stelle Gottes  den Verbrecher der Sünde ledig. Wie einfach ist das! Wie verführerisch für den Menschen! Wie beseligend, die böse Tat durch eine Handlung Gottes auslöschen zu lassen und ein neues Leben zu beginnen! … Die Macht der Sündenvergebung liegt in uns selbst. Die Möglichkeit, ein neues Leben unbelastet von den Lasten der Vergangenheit zu beginnen, liegt in unserer Seele… Oder es wird, was Menschen geschrieben und gesagt, nachträglich als Offenbarung Gottes erklärt.“

Macht es uns ferner nicht stutzig, wenn ehemalige Freimaurer, die durch eine echte Bekehrung den Weg zu Jesus gefunden haben, es als ihre Pflicht ansahen, aus der Loge auszutreten? So kenne ich den ehemaligen Geschäftsführer einer ausländischen Großloge. Er fand den Weg zu Christus und war in seinem Gewissen sofort genötigt, sein Amt niederzulegen und aus der Großloge auszutreten. Einen ähnlichen Fall lernte ich in Sydney in Australien kennen. Nach einem Vortrag vor christlichen Geschäftsleuten trat ein Mann auf mich zu, der mir folgendes berichtete. Er war Meister vom Stuhl gewesen und fand dann den Weg zu Christus. Es war ihm sofort klar, dass er als Jünger Jesu nicht mehr in seiner Stellung innerhalb der Loge bleiben konnte. Er trat aus. Werfen nicht solche Entscheidungen ein Schlaglicht auf diese Logen?

Die schwerwiegendste Beichte hinsichtlich der Freimaurerei erlebte ich in einem seelsorgerlichen Gespräch mit der Tochter eines Meisters vom Stuhl. Sie gab mir die Erlaubnis, ohne Namensnennung und Bezeichnung der Loge ihre Erfahrung wiederzugeben. In der Zeit des Dritten Reiches wurde ihr Vater von den Nazis verfolgt. Bekanntlich hatte Hitler die Logen verboten. Dieser Meister vom Stuhl wollte die Geheimakten und Bücher seiner Loge vor den Häschern der Nazis verbergen und retten. Er nahm sie aus diesem Grunde mit heim in seine Wohnung. Er verschloß diese Akten und verbot seiner Tochter, je in diesen Büchern zu lesen. Der Vater starb kurze Zeit später. Damit gingen diese verbotenen Bücher in den Besitz der Tochter über. Sie las sie und war entsetzt über den Inhalt. Sie fand in diesen Büchern eine Partie mit der Anweisung, dass solche Mitglieder, die der Loge angehörten und austraten, von den anderen Logengliedern umgebracht werden müßten. Es waren sogar Anweisungen gegeben, wie das zu geschehen hätte.

Ich bin mir bewußt, dass die Veröffentlichung dieser Dinge für mich persönlich sehr gefährlich ist. Ich erkläre hiermit ausdrücklich, dass ich weiß, dass es genug Logen gibt, die solche Anweisungen hinsichtlich ihrer ausgetretenen Mitglieder nicht geben. In dem vorliegenden Fall kann ich auch nicht nachprüfen, ob die Tochter des erwähnten Meisters vom Stuhl die Anweisungen der Bücher ihres Vaters richtig wiedergegeben hat. Ich kann aber mit einem Eid bestätigen, dass sie mir das in einer Beichte berichtet hat.

Ein weiterer Grund, warum ich gegen viele Logen starke Bedenken habe, ist die Aufnahme okkulter Bräuche in ihre Riten. Auch hier muss wiederum gesagt werden, dass es Logen gibt, die keine okkulten Dinge in ihrem Brauchtum pflegen. Viele Logen aber haben spiritistische und magische Praktiken, die sie eifrig üben. Das geht auch aus Veröffentlichungen freimaurerischer Autoren hervor. Es ist offenkundig, dass Riten der sogenannten Rosenkreuzer mit in die Symbolik und das Brauchtum mancher Logen aufgenommen worden sind. Die Rosenkreuzer aber pflegen einen spiritistischen Spiritualismus. Mir wurde das auch in der Seelsorge bekannt. Es kommt ja vor, dass gelegentlich auch Freimaurer vom Wort Gottes in ihrem Gewissen getroffen werden und dann in der Beichte den Schleier des Geheimnisses lüften, das ihre Loge umgibt.

Vielleicht darf als letztes Beispiel die geistige Loge in Zürich erwähnt werden. Ich bin nicht darüber orientiert, ob diese geistige Loge der Großloge Alpina der Schweiz angeschlossen ist. Wahrscheinlich nicht. Auf jeden Fall führt sie aber den Namen Loge. In dieser Vereinigung werden Gottesdienste mit Liedern, Wort Gottes und Gebet durchgeführt. Die Predigt wird durch einen Geist Joseph gehalten, der durch das Medium Beatrice sich kundtut. Wir haben also hier einen Spiritualismus mit spiritistischem Hintergrund.

Man hat mir schon oft gutmeinend geraten, ich möchte doch gegenüber solchen Strömungen tolerant sein. Was ist dazu zu sagen? Wenn ich beobachte, dass eines meiner Kinder aus Versehen eine Giftflasche statt der Arznei an den Mund setzen will, dann reiße ich dem Kind die Giftflasche weg. Soll ich dann etwa tatenlos zusehen, wenn Menschen sich bei solchen gefährlichen Bewegungen Schaden für die Seele holen? Muss ich nicht aus biblischer Verantwortung heraus vor solchen Strömungen warnen? Und das soll Intoleranz sein? Brauchen wir wirklich einen Geist Joseph aus dem Totenreich? Hat uns nicht Christus alles gegeben, was wir für Zeit und Ewigkeit, was wir zum Leben und zum Sterben brauchen? Wir folgen keinen Irrlichtern, denn wir haben Jesus, das Licht der Welt. (Joh. 8, 12.)

15. Das Kapitel über Handlinienlesen kann im Beitrag DAS WAHRSAGEN nachgelesen werden. Hier nur ein Beispiel über die Auswirkungen

B 35 Ein Mann betrieb jahrelang aktiv das Handlinienlesen. Ferner übte er die Tätigkeit eines Heilmagnetiseurs aus. Im Laufe der Jahre wollte er sich dem Wort Gottes zuwenden, aber er verspürte einen starken, inneren Widerstand. Jedesmal, wenn er mit göttlichen Dingen in Berührung kam, empfand er einen starken Druck und eine innere Abwehr.

16. Das Hellsehen, Hellfühlen und Hellhören gehört in die Reihe der medialen Kräfte und Belastungen. Im Buch Seelsorge und Okkultismus wird diese Frage behandelt. Es folgen hier nur einigе Beispiele.

B 36 Ein sechsjähriges Mädchen träumte, der Nachbar hätte ihr Elternhaus angezündet. Als sie am nächsten Morgen den Eltern diesen Traum erzählte, wurde sie von diesen beschwichtigt und angewiesen, sie dürfte diesen Traum niemand erzählen. Ein Jahr darauf erfüllte sich dieser Traum. Eines Nachts brannte das Wohnhaus gab. Durch Polizeiermittlungen wurde die Täterschaft des Nachbarn festgestellt.

B 37 Eine Frau, 44 Jahre alt, berichtete folgendes: Ihr erster Mann wurde von der Gestapo erschossen. Sie sah vier Tage vorher die Erschießung voraus. Ihr zweiter Mann wurde in das Spital eingeliefert. Sie sah im Traum sein leeres Bett im Spital und eine erstorbene Hand. Am nächsten Tag sah sie beim Besuch tatsächlich, daß ihr Mann eine weiße, fast erstarrte Hand hatte. Kurze Zeit danach starb er. Nun ist sie mit einem dritten Mann verlobt und erklärte mir in der Seelsorge, sie würde bereits den Tod des dritten Mannes voraussehen.

B 38 Ein junger Mann in einem kleinem Dorf war plötzlich verschwunden. Die Angehörigen suchten nach dem Vermißten. Man vermutete einen Selbstmord. Das ganze Dorf beteiligte sich an der Suchaktion. Alles war umsonst. Da zog man einen verkrüppelten Mann aus einem Nachbardorf zu Rate. Der Mann stand in dem Ruf, mehr zu können als andere Leute. Dieser Krüрреl gab an, der .junge Mann wäre ermordet worden und würde in einem abgelegenen Hain eines Waldstückes liegen. Man fand tatsächlich die Leiche des Mannes an dem angegebenen Ort und stellte schwere Schlagwunden fest.

B 39 Im Elsaß gibt es drei Sorten von magischen Besprechern: Der Schlappenpater, die Urinschmecker und die sogenannten Schläfer. Der Schlappenpater verlangt von den Patienten die Zusendung eines Hausschuhs. Wenn er den Hausschuh in der Hand hält, kann er die Krankheit des Patienten exakt angeben. Der Urinschmecker untersucht nicht den Urin nach Beimengungen wie Eiweiß, Zucker, Hämoglobin u. a., sondern es genügt, wenn er den Urin in der Hand hält. Damit kann er bereits eine exakte Diagnose stellen. Die Schläfer versetzen sich in Trancezustand und können dann die Krankheiten des Menschen angeben, auf den sie sich im Trancezustand konzentrieren.

B 40 Ein magischer Hellfühler besitzt die Fähigkeit, mit hundertprozentiger Treffsicherheit Krankheitsdiagnosen zu stellen. Ein medizinischer Professor stellte ihn auf die Probe. Es stellte sich heraus, daß dieser Hellfühler die schwierigsten medizinischen Fälle im Augenblick diagnostizieren kann. Seither weist dieser Professor dem Hellfühler immer wieder schwierige Fälle zur Diagnose zu. Dieser Hellfühler kann auch die Todesursache von Verstorbenen feststellen, wenn man ihm irgendeinen Gegenstand des Verstorbenen vorlegt.

17. Der Hexenglaube ist eines der düstersten Kapitel nicht nur des Mittelalters, sondern auch der Gegenwart. Man lese nur einmal Kruses Buch Hexen unter uns? Wieviel maßloses Leid hat unschuldige Menschen getroffen! Einige Beispiele, Fälle aus Schwurgerichtsakten:

B 41 1934 wurde in Glarus eine Frau in ihrem Haus verbrannt, weil sie Pferde behext haben soll.

B 42 1951 zündeten zwei Männer aus der Lüneburger Heide das Haus einer angeblichen Hexe an. Die alte Frau konnte sich retten, aber zwei Angehörige kamen in den Flammen um.

B 43 1951 erschlug ein 19jähriger in Braunschweig seinen Vater, weil er glaubte, von ihm behext zu sein. Der Junge hängte sich nach der Tat auf. Es gehört große Erfahrung und oft auch die Gabe der Geisterunterscheidung dazu, den unsinnigen Hexenglauben und die tatsächlichen Machenschaften der Schwarzmagier auseinander zuhalten.

18. Der Heilmagnetismus ist genau so umstritten wie die anderen okkulten Praktiken. Ärzte und andere Naturwissenschaftler lehnen ihn gewöhnlich ab. Okkultisten beschwören ihn. Die Seelsorge zeigte mir, daß es im Zusammenhang mit der Magie Heilmagnetismus gibt. Es handelt sich also um eine Kraft, die zur medialen Naturordnung gehört. Ich fand diese Fähigkeit in Familien, in deren Vorfahrenreihe Okkultisten, vor allem Besprecher waren. Wie es im Neuen Testament Charismata, Gaben des Heiligen Geistes, gibt (1. Kor. 12, 9-10), so gibt es auch dämonische Gaben, gleichsam als Charismata des Teufels.

In Besprecherfamilien zeigen sich in der Nachkommenschaft folgende Fähigkeiten: Hellsehen, Hellfühlen, Hellhören, Wahntraum, Fähigkeit des zweiten Gesichts, erhöhte Sensibilität, erhöhte Suggerierbarkeit, Trancefähigkeit, Telepathie, Heilmagnetismus, Rutenfühligkeit, Pendelreaktion u. a. Bei den Nachkommen ist der Zusammenhang mit der Magie der Vorfahren nicht mehr da, aber die Restgaben sind noch vorhanden. Diese Gaben mögen zwar abgeschwächt und in Einzelfällen etwas neutralisiert sein, aber sie haben immer noch den Brandgeruch der Magie an sich. Am besten ist es, solche Gaben nicht zu pflegen und sich nicht etwas darauf einzubilden. Medial Veranlagte sollen Christus darum bitten, daß er ihnen diese Fähigkeiten abnimmt. Und nun einige charakteristische Beispiele.

B 44 Eine Frau ging zu Dr. Trampler nach München. Er behandelte sie mit Erfolg gegen ihre Kreuzschmerzen. Sie mußte in der Sprechstunde ihre zehn Finger als Antenne für kosmische Kräfte hochhalten. Nach ihrer Rückkehr war sie zwar organisch geheilt, dafür aber empfand sie von diesem Tag an Glaubenshemmungen. Sie konnte nicht mehr beten und spürte zwischen Gott und sich eine undurchdringliche Wand.

B 45 Ein mit mir befreundeter, gläubiger Lehrer ließ sich von einem Magnetopathen behandeln. Der Magnetopath galt als Christ, sonst hätte der Lehrer nicht seinen Rat gesucht. Sicherheitshalber fragte der Lehrer den Magnetopathen: ,,Verwenden Sie auch keine dämonischen Kräfte?” Der Magnetopath erwiderte: „Dämonische Kräfte sind doch gut. Die Dämonen helfen uns doch.” Daraufhin vernichtete der Lehrer auf die Heilbehandlung.

B 46 Ein Heilmagnetiseur, der die Fähigkeit hat, vielen Kranken zu helfen, hat einen Vater, der magischer Viehbesprecher und Krankheitsbanner ist.

B 47 Ein christlicher Heilpraktiker erklärte auf die Frage nach seiner Hellbefähigung: „Der natürliche Heilmagnetismus reicht täglich nur für etwa zwei Patienten. Wer mehr als zwei Patienten behandelt, erreicht nichts, oder er hat seine Steckdose unten.”

B 48 Einer meiner Freunde, ein evangelischer Pfarrer, berichtete mir sein Erlebnis mit einem Heilmagnetiseur. Dieser Magnetiseur hat seit Jahren verblüffende Heilerfolge. Mein Frеund ist selbst Zeuge dafür, daß ein von Geburt an verkrüppeltes Mädchen durch die magnetischen Bestreichungen dieses Heilpraktikers geheilt wurde. Die Verkrümmungen und die Verkrüppelung wichen. Als mein Frеund und sein 14jähriger Junge erkrankten, beschloß er, diesen Heilpraktiker zu rufen. Zuerst fragte er den Mann: „Haben Sie die Kräfte von Gott?” Der Heilpraktiker bejahte die Frage. Danach ließ sich der Pfarrer mit seinem Sohn behandeln. Der Magnetiseur berührte den Körper der beiden Patienten nicht, sondern machte nur in einem Abstand von 15 cm Strichbewegungen die Wirbelsäule entlang. Der Pfarrer betete dabei innerlich: „Herr Jesus, wenn dieser Mann die Kräfte von dir hat, dann segne du sein Bemühen. Wenn er die Kräfte nicht von dir hat, dann bewahre du meinen Sohn und mich vor ihm.” Diese magnetische Heilbehandlung brachte keine Besserung. Einige Tage später wurde der Heilmagnetiseur zu einer weiteren Behandlung aufgefordert. Er lehnte ab mit dem Hinweis: „Ihr habt einen anderen Geist.” Diese Aussage zeigte dem Pfarrer, woran er mit dem Heilpraktiker war. Er verzichtete in Zukunft auf jede weitere Behandlung.

19. Hypnose und Suggestion sind Gebiete, auf denen sich sowohl Fachärzte und Psychologen, als auch Laien und Scharlatane bewegen. In der Ärzteschaft wird die Hypnose einerseits zur Diagnose, andererseits aber auch zur Therapie benützt. Dr. Lechler, dieser gläubige Psychiater, der in christlichen Kreisen einen guten Namen hat, meint, er könne die Hypnose nur zur Feststellung der Krankheiten, also nur zur Diagnose verantworten. Andere Fachleute wenden sie aber auch zur Heilbehandlung an. Hier in diesem Abschnitt geht es nicht um die Darstellung der in Fachkreisen geübten Hypnose. Ich will nur an einigen Beispielen die Gefährlichkeit der von Heilpraktikern und Besprechern geübten Suggestion und Hypnose aufzeigen.

B 49 Pfarrer H. von D. berichtete mir ein Seelsorgeerlebnis. Er wurde zu einem kranken Gemeindeglied gerufen. Die Frau erzählte ihm, sie müßte nun in einigen Tagen sterben. Eine Wahrsagerin hätte ihr das prophezeit. Pfarrer H. versuchte, ihr diese Einbildung auszureden. Er versprach ihr auch, an dem betreffenden Tag den ganzen Tag bei ihr zu bleiben, wenn sie es wünsche. Der Hausarzt konnte keine organische Erkrankung feststellen. Pfarrer H. besuchte diese Frau mehrmals und sprach, ihr seelsorgerlich zu. Sie überstand den Tag ohne besonderes Ereignis.

B 50 Eine Mutter suchte bei Erkrankungen der Angehörigen stets eine Gesundbeterin auf. Diese machte über den Kranken. drei Kreuze und bestrich die kranke Stelle dreimal. Daraufhin wurde es jeweils besser. Ein anderes Mal war die Mutter bei einem magischen Appenzeller. Er erklärte der Frau: „Ich bin fähig, Sie zu beeinflussen, daß Sie nicht mehr den Heimweg finden.” Tatsächlich irrte die Frau stundenlang umher und fand nicht mehr ihre Straße und ihre Wohnung. Nachts wachte die Frau daran auf, daß sie von einer eiskalten Hand gepackt wurde. Sie beobachtete in ihrem Zimmer einen kleinen Mann mit stechendem Blick und Bart. Diese oft magisch besprochene Frau erlitt einen furchtbaren Tod. Ihre Kinder sind alle nicht normal. Der Sohn ist ein jähzorniger, sexuell ausschweifender Mensch. Er kam zuletzt wegen einer Schizophrenie in eine psychiatrische Klinik. Die Tochter hat die gleichen Veranlagungen wie der Bruder.

Über den suggestiven Einfluß des Kinos und mitunter des Schulunterrichtes seien hier zwei Beispiele wiedergegeben.

B 51 Eine Mutter war bei mir und berichtete unter Tränen, daß ihr Junge einen wüsten Wildwestfilm sich angesehen hatte und dann daheim die gezeigte Fesselungsart ausprobierte. Er büßte dabei das Leben ein.

B 52 Die Mutter eines 14jährigen Jungen berichtete mir in der Seelsorge, daß ihr Sohn in der Schule von der Revolutionszeit hörte. Der Lehrer hatte dargestellt, wie die Menschen auf mancherlei Weise aufgehängt wurden. In der Wohnung daheim probierte der Junge die Hängearten durch und starb dabei. Mitunter kann auch die Hypnose durch einen Arzt zu einer Übertragung und damit zur Gefahr worden. Folgendes Beispiel soll das zeigen.

B 53 Eine gläubige Frau erzählte mir eine Erfahrung mit ihrer Mutter. Die Mutter hatte Gallensteine und litt unter heftigen Koliken. Bei einem Kolikanfall wurde der Hausarzt gerufen. Der Arzt gab der Patientin nicht etwa eine Spritze zur Schmerzlinderung, sondern beseitigte in einigen Minuten die Schmerzen durch Hypnose. Nach der Hypnosebehandlung war die Mutter charakterlich völlig verändert. Sie bekam Jähzornsanfälle, die an Tobsucht grenzten. Sie konnte im Zorn einen Teller an die Wand werfen. Einmal riß sie in einem leidenschaftlichen Ausbruch die elektrische Leitung von der Wand herunter. Diе erwachsenen Kinder dieser Frаи verhalten sich seither der Hypnose gegenüber scharf ablebnend.
Für mich ist dieses Beispiel kein Einzelfall. Schon oft wurden mir in der Seelsorge solche Übertragungen gebeichtet.

20. Das Heer der Irrlehren ist heute schier unübersehbar. Man lese nur einmal Seher-Grübler-Enthusiasten, das Sektenbuch von Dr. Kurt Hutten. Einige Irrlehren, mit denen ich es in der Seelsorge immer zu tun habe, will ich nennen: Adventisten, Anthroposophie, Bahai, Christliche Wissenschaft, Freimaurerlogen, Gralsbotschaft, Lorberianer, Masdasna, Mormonen, Neugeistbewegung, Neuapostolische, Spiritismus, Theosophie, Zeugen Jehovas und viele andere. Gekennzeichnet sind die Sekten durch einen ungeheuren Fanatismus und durch unbiblische Lehren. Was uns Christen aber beschämt und zur Buße rufen muß, ist der starke Zusammenhalt und die gegenseitige, brüderliche Verantwortung der Sektenmitglieder. Über den Ungeist der Sekten ein Beispiel aus den Reihen der Neuapostolischen.

B 54 Zu meiner Schwiegermutter kam ein Mitglied der Neuapostolischen und erklärte folgendes: „Ihr Mann ist bei uns aus dem Totenreich erschienen und stellte den Antrag auf Mitgliedschaft und Versieglung in unserer Kirche. Ferner ist es der Wunsch Ihres Mannes, daß alle seine Angehörigen Mitglieder der Neuapastolischen Gemeinde werden.” Meine Schwiegermutter gab zur Antwort: „Mein Mann war zu Lebzeiten ein nüchterner, klarstehender Christ. Was Sie mir da erklären, ist völlig undenkbar. Mein Mann wollte nie etwas von Irrlehren wissen.”

So weit geht die Lügenhaftigkeit dieser Bewеgung, daß sie solche Totenerscheinungen inszenieren, um Menschen damit zu fangen. Außerdem, was ist Totenversieglung denn anderes als grober Spiritismus? Was wir hier in der eigenen Familie erlebt haben, erfuhr ich auch sonst noch in der Seelsorge. Diese Totenerscheinungen sind ein wirksamer Reklametrick der Neuapostolischen.

21. Joga bezeichnet ein fernöstliches, vorwiegend ein indisches System der Psychologie. Die mir zur Verfügung stehenden Quellen sind erstens das umfassende Werk von Mishra über den Patanjali Joga “The Textbook of Yoga Psychology”, ferner die Information eines indischen Professors de Roy. Das meiste Material brachten mir aber meine Reisen nach Indien, Thailand und anderen Gebieten Ostasiens. Nicht zuletzt gaben mir seelsorgerliche Gespräche mit Christen, die durch die Jogaübungen in ihrem Glaubensleben geschädigt worden sind, Aufschluß.  –  Eine umfassende Darstellung ist hier raummäßig nicht möglich.

Zunächst einige klärende Notizen, die sich aus dem Werk Mishras ergeben. Das Wort Joga bedeutet so viel wie in der deutschen Mystik unio mystica, die mystische Vereinigung mit der Weltseele. Der Unterschied zur deutschen Mystik besteht darin, daß der Joga atheistisch ist, während die deutschen Mystiker Gottsucher waren. Die Übereinstimmung besteht in der Selbsterlösung. Der Mensch muß durch viele reinigende Übungen hindurch zu seinem höheren Ich hinfinden. Dieses höhere oder wahre Ich ist ein Teil des höchsten oder kosmischen Ichs. Der Joga nennt diesen Vorgang Selbstverwirklichung. Wir sehen schon an diesen wenigen Randbemerkungen, daß der Joga mit dem Christentum nie in Einklang zu bringen ist. – Weiteren Aufschluß erhalten wir durch einige Kernsätze aus dem erwähnten Werk Mishras:

– Jedes Organ des Körpers hat seine Beziehung zur Seele.
– Jeder Mensch hat eine physische und geistliche Natur, die beide um die Vorherrschaft streiten. Eine Harmonie und Einheit der beiden Naturen werden durch psychologische Übungen erreicht.
– Das höhere Ich des Menschen ist allmächtig, allgegenwärtig und allwissend.
– Das höhere Ich des Menschen ist transzendent und immanent, es ist ohne Anfang und ohne Ende, hat keine Geburt noch den Tod.
– Alles Materielle ist durch Atome aufgebaut, aber Intelligenz, Geist und ICH enthalten Baustoffe viel höherer Art als Atome.
– Joga schließt die Zweige der Physik und Metaphysik ein.
– Joga bedeutet die Synthese des physischen und metaphysischen Universums.
– Himmel und Hölle sind nur Produkte des menschlichen Geistes.
– Auch hinter der Magie, Mystik und hinter dem Okkultismus ist das Jogasystem gegenwärtig.

Diese wenigen Sätze zeigen, daß der Joga in totalem Gegensatz zur Welt der Bibel steht. Es ist daher gefährlich, daß die Christen wie in einer Modekrankheit dem Joga verfallen sind.

Die meisten Jogasysteme lassen sich für die westliche Vorstellungswelt in vier Stufen gliedern.

Die erste Stufe umfaßt: Heilgymnastik, Atemübungen, Lockerungsübungen, Konzentration der Gedanken, Kontemplation und Meditation. Hierher gehört auch das sogenannte autogene Training.

Die zweite Stufe des Joga umfaßt die Beherrschung des Unbewußten. Der Meister der zweiten Stufe kontrolliert und lenkt z. B. das viscerale Nervensystem. Ich traf Meister der zweiten Jogastufe, die erstaunliche Experimente zeigten. Sie konnten durch einfache Konzentration ihren Blutkreislauf intensivieren oder verlangsamen. Sie konnten z. B. das eine Ohrläppchen rot und das andere blaß werden lassen. Einer konnte sich auch die Stigmata auf die Handfläche suggerieren. Diese Nachahmung der Wundmale Jesu sind also durchaus kein religiöses Wunder. Einen Jogi beobachtete ich, der sich Messer durch den Arm oder durch die Wangen steckte, ohne daß die Wunden bluteten. Nach dem Herausziehen des Messers schlossen sich die Wunden sehr rasch und heilten innerhalb von zwei Stunden.

Die dritte Stufe des Joga umfaßt die Beherrschung der Naturkräfte. Ich hörte z. B. von tibetanischen Jogi, die durch einfache Gedankenkonzentration Wärmeenergien auslösten und Eis schmolzen. Andere Jogi ließen ohne Feuerquelle und ohne Brennmaterial Feuerflammen auflodern. Es handelt sich hier um das Phänomen des Feuerteufels. Mir sind manchmal diese Dinge in der Seelsorge gebeichtet worden. Ein solcher „Feuermeister” aus Port Elisabeth in Südafrika war bei mir und erbat meine Hilfe. Er wollte davon freiwerden, konnte es aber nicht in eigener Kraft.

Die vierte Stufe des Joga umfaßt die Beherrschung der Magie und der kosmischen Kräfte. Es handelt sich hier um die Ausübung aller spiritistischen und magischen Phänomene. Auf diesem Gebiet konnte ich das meiste Material sammeln. Gute Einblicke gewann ich auch durch die Beichte eines Mannes, der zehn Jahre in Tibet von Meistern der Magie unterrichtet worden war. Er reiste mir in Australien nach und kam in meine Seelsorge. Er sprach es ganz offen aus, daß es sich bei dieser vierten Stufe um rein dämonische Dinge handeln würde, von denen er frei werden wollte. Die Meister, die diese höchste Entfaltung des Joga erreicht haben, beherrschen die Trance, die Materialisationen, die Exkursionen der Seele, die Telekinese, die Levitation und viele andere spiritistische Künste.

Was ist vom christlichen Standpunkt aus zum Joga zu sagen? Zunächst müssen wir leider feststellen, daß in der ganzen Welt unter den Christen die Tendenz besteht, sich die Erkenntnisse des Joga nutzbar zu machen. Man kann auch gelegentlich die Meinung hören: „Die erste Stufe ist für Christen ungefährlich, nur der anderen Stufen müsse ein Christ sich enthalten.” Wie steht’s damit?

Ohne Zweifel darf die westliche Welt sich nicht einbilden, daß sie allein die Spitze der Weisheit erreicht hätte. Im Gegenteil, in der östlichen Welt lacht man darüber, daß der Westen durch den Rationalismus die Hälfte der Erkenntnismöglichkeiten glatt unterdrückt und unterschlagen hätte. Man weiß im Osten um Dinge, die da sind, und die vom Westen in einer Borniertheit und Engstirnigkeit sondergleichen einfach abgeleugnet werden. Wenn hier dem Osten gewisse Erkenntnisse zugestanden werden, die im Westen verkümmert sind, so heißt das aber nicht, daß wir das Experimentieren mit den Gegebenheiten der medialen Welt billigen können. Der Joga fängt harmlos an und endet gefährlich. Aber selbst die erste Stufe ist nicht ungefährlich, wenn z. B. die Meditationsübungen mit kurzen buddhistischen Gebeten unterbaut werden. So liegen mir Berichte vor, daß Christen an solchen Jogaübungen teilnahmen, bei denen der indische Lehrer kurze indische Ausdrücke im Sprechchor sagen ließ. Den teilnehmenden Christen war die Bedeutung dieser indischen Wörter unbekannt. Die Nachforschung ergab, daß der Ausdruck bedeutete: Buddha ist der Erleuchtete, oder Buddha ist der Höchste. Unter welchen Einfluß geraten Christen, wenn sie solche buddhistischen Gebete sprechen? Sollen solche Konzentrationsübungen für den Christen ungefährlich sein?

In der Tat erzählte mir ein junger Mann in Johannesburg (Südafrika), daß er nicht mehr beten und an Christus glauben könnte, seit er mit den Jogaübungen begonnen hätte. Ich riet ihm, sofort mit diesen Jogaübungen abzubrechen, was er auch tat. Es darf wahrhaftig der Vers von Matthias Claudius beherzigt werden: Wir stolzen Menschenkinder sind eitel arme Sünder und wissen gar nicht viel. Wir spinnen Luftgespinste und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel.

Warum brauchen wir als Christen ausgerechnet fernöstliche, heidnische Systeme zu unserem inneren Fortkommen? Sollte denn die Heilige Schrift weniger zu bieten haben als ein buddhistisches System? Es ist eine Beleidigung unseres Herrn, daß wir die lebendige Quelle der Bibel verlassen und aus fremden Brunnen trinken, die uns durch ihre gefährlichen Beimengungen den geistlichen Tod oder zumindest eine Lähmung unseres Glaubenslebens bringen.

22. Das Kartenlegen zum Zweck des Wahrsagens ist eine zweifelhafte Kunst. Es gibt verschiedene Formen der Kartenlegerei: Plumper Schwindel und Geldmacherei, suggestives und telepathisches Wahrsagen, nicht zuletzt das mediale Kartenlegen mit Hilfe übersinnlicher, dämonischer Fähigkeiten. Dazu ein paar Beispiele.

B 55 Eine Frau, 49 Jahre alt, berichtete aus ihrer Familie folgendes: Ihre Schwiegermutter und ihr Mann sind katholisch. Die Schwiegermutter ist eine bekannte Kartenlegerin. Ihr Mann und ihre Kinder sind merkwürdig belastet. Sie leiden unter Jähzorn und Depressionen. Sie selbst wurde von dem unruhigen Geist ihrer Schwiegermutter und ihres Mannes beeinflußt. Jedesmal, wenn sie unter das Wort Gottes gehen will, bekommt sie Kopfweh und Erbrechen. Als die Schwiegermutter starb, pflegte sie die Sterbende einige Wochen und beobachtete ihren schrecklichen Tod. Der Pfarrer wurde wohl von den anderen Angehörigen bei der Anmeldung der Beerdigung angelogen. Er hat sie am Grab eine „heilige Märtyrerin” bezeichnet.

B 56 Ein junger Mann berichtete in der Seelsorge, er hätte die Tochter einer Kartenlegerin geheiratet. Seine Schwiegermutter besäße merkwürdige Fähigkeiten. Wenn in der Familie ein Streit entsteht und der junge Mann nicht seine Schwiegermutter unterstützt, so wird er hinterher von ihr auf unsichtbare Weise geplagt. Am ganzen Körper hätte er ein Jucken und Beißen, dem nicht abzuhelfen wäre. Es dauerte sehr lange, bis er die Ursache dieser Belastungen erkannte. Seine Schwiegermutter konnte auch unglückliche Ereignisse im Voraus angeben. Einmal sagte sie ihm: „In der kommenden Nacht wird ein Soldat aus dem Fenster fallen und sich zu Tode stürzen.” Er wollte es nicht glauben. Zwei Tage danach berichtete aber die Zeitung tatsächlich einen derartigen Vorfall. Sie konnte auch das Eintreffen wichtiger Briefe und ihren Inhalt jeweils zuvor angeben. Dem jungen Mann wurde diese Frau unheimlich. Er verständigte einen Psychiater. Die Frau wurde schließlich auf Veranlassung der Gesundheitsbehörde in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Von diesem Tag an hatte aber der junge Mann wieder das Jucken und Beißen am ganzen Körper, dem medizinisch nicht beizukommen war.

B 57 Ein junges Mädchen war bei einer Kartenlegerin. Sie erklärte ihr, daß sie ein uneheliches Kind bekommen würde. Der Vater des Kindes würde sie später sitzen lassen. Tatsächlich bekam sie ein Jahr später von einem Studenten ein uneheliches Kind. Nun ist sie von der Wahrsagung geplagt, daß sie dieser Student sitzen läßt.

23. Die magischen Heilmethoden werden teilweise beim magischen Besprechen behandelt, teilweise unter der Rubrik „schwarze und weiße Magie.” Das magische Heilen ist dem Naturwissenschaftler völlig unverständlich, weil es nicht zu den vom Verstand erfaßbaren Tatsachen gehört. Die Magie gehört, wie schon angedeutet, zur medialen Naturordnung, in der ganz andere Gesetzmäßigkeiten gelten. Das magische Heilen ist viel weiter verbreitet, als gemeinhin bekannt ist. Ein Pfarrer des Weserlandes erzählte mir, daß er in seiner Gemeinde nur noch etwa zehn Familien hätte, in denen nicht Magie getrieben wird. Ein Arzt der Lüneburger Heide berichtete auf einer Pfarrkonferenz, daß in seinem Praxisgebiet kein Haus wäre, in dem nicht magisch geheilt wird. Ein Pfarrer in der Schweiz teilte mir mit, daß in jedem zweiten Haus seiner Gemeinde das 6. und 7. Buch Moses (Buch der schwarzen Magie) gebraucht würde.

24. Die Mondzauberei gehört zum heidnischen und abergläubischen Brauchtum unseres Volkes. Einige Beispiele.

Es gibt Gegenden, da darf bei abnehmendem Mond nicht geheiratet werden. Ferner richtet sich der Bauer bei der Aussaat nach dem zunehmenden Mond. In Vollmondnächten werden gern um Mitternacht Besprechungen vorgenommen. Es gibt auch Heilpraktiker, die nachts um zwölf Uhr bei Vollmond ihre homöopathischen Mittel besprechen. Bei Vollmond besprochene Mittel haben Auswirkungen wie die Mаgie selbst. In Dörfern, in denen der Hexenwahn existiert, werden Ausräucherungen bei abnehmendem Mond durchgeführt. Zwei Beispiele von Mondheilungszauber werden kurz dargestellt.

B 58 Eine Frau in Pf. erhielt immer den Besuch eines Pendlers. Er verkaufte ihr Tee mit der Anweisung, sie müßte jeweils eine Tasse Tee bei zunehmendem Mond und jeweils drei Tassen Tee bei abnehmendem Mond trinken. Die Frаu tat es. Ihre Beschwerden verschwanden, vielleicht mehr durch Autosuggestion als durch den Mondzauber. Hinterher aber bekam sie Depressionen, die sie vorher nicht hatte.

B 59 Eine Frаu wurde als kleines Kind gegen eine Erkrankung in einer Vollmondnacht besprochen. Hinterher war sie medial, entwickelte telepathische und hellseherische Fähigkeiten. Auch im Glaubensleben zeigten sich schier unüberwindbare Störungen.

25. Neurationalismus. Wer sich über diese Strömung der heutigen Theologie orientieren will, der lese das Buch von Prof. Künneth Glauben an Jesus, oder das Buch von Otto Rodenberg Um die Wahrheit der Heiligen Schrift. Wer nach einer gemeinverständlichen Darstellung sucht, der greife zu dem ausgezeichneten Bändchen meines Freundes Dr. Bergmann Alarm um die Bibel. In diesem Buch sind die Wurzeln der modernen Theologie gut aufgezeigt. Nicht zuletzt darf Wilhelm Busch nicht vergessen werden. Er ist ein Rufer, der der Gemeinde Jesu helle Warnsignale gegen die Flut der Bibelkritik und der Vernunftreligion aufgestellt hat. – Mir selbst erschloß sich die Tragik der modernen Theologie aus der Seelsorge. Jesus sagte: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.”

Während der Niederschrift dieses Beitrages erreichte mich ein Brief aus dem schwäbischen Hinterland. Ein gläubiger Familienvater, der mit seinen Eltern und seiner Frau zum schwäbischen Pietismus gehört, schrieb mir bekümmert von seinem ältesten Sohn. Sein Junge war sieben Jahre lang Klassenbester an einem Gymnasium einer Kreisstadt. Bei einer Evangelisation hatte er den Anstoß zu einer Bekehrung erhalten. Treu las er seit dieser Zeit seine Bibel und begann sein Tagwerk mit Gebet. Dann kam die Wende. Ein Stadtpfarrer zog auf, ein Doktor der Theologie. Dieser Herr übernahm den Religionsunterricht in der Prima. Der Schüler, der sich schon mit dem Gedanken des Theologiestudiums befaßte, wurde der rationalistischen Theologie dieses neuen Pfarrers ausgesetzt. Der Niederschlag des Unterrichts wirkte sich in häuslichen Diskussionen aus. Der gläubige Vater hörte mit Besorgnis den Berichten zu: Die Bibel nicht Gottes Wort, sondern Menschenwerk, mit vielen Fehlern. Es käme gar nicht auf die Bethlehemsgeschichte und die Kreuzesgeschichte an, sondern auf den geistigen Gehalt, der dahinter stehe. Zwei Jahre war der Schüler diesen Ideen des neuen Religionslehrers ausgesetzt. Damit war ein Vernichtungswerk vollzogen, das seine Früchte brachte. Aus war es mit dem Gedanken an ein Theologiestudium! Aus war es mit der täglichen Bibellese! Aus war es mit dem täglichen Gebet, denn Gebetserhörung gibt es ja angeblich nicht. Gebet sei ja letzten Endes nur eine Form der Selbstberuhigung und kein Gespräch mit einem echten Du. Nach dieser Erfahrung mit dem Sohn kam dann die berechtigte Frage des Vaters: „Müssen wir unsere Kinder dem Einfluß solcher Pfarrer und Religionslehrer aussetzen, die das zerschlagen, was gläubige Eltern und gläubige Evangelisten gepflanzt haben?” Dieser gläubige Bruder ist deshalb so schwer bedrückt, weil sein jüngerer Sohn ebenfalls dieses Gymnasium besucht und den gleichen Religionslehrer hat.

Ich schrieb diesem Vater, daß ich als Vater meiner Kinder vor Gott die Verantwortung habe, daß meine Kinder nicht einem solchen Zerstörungswerk des Rationalismus ausgesetzt werden. Lieber richte ich als Pfarrer der Landeskirche ein Zeichen auf und melde meine Kinder vom Religionsunterricht ab, ehe ich sie den Giftschwaden zersetzender Bibelkritik aussetze. Als meine Tochter in dem Religionsunterricht einer modernen Theologin die gleichen Erfahrungen wie jener Gymnasiast machte, bat ich sie, sich vom Religionsunterricht abzumelden. Die Tochter erklärte: „Das gibt einen Skandal, wenn ich als Tochter eines Pfarrers dem Religionsunterricht fernbleiben will.” Ich antwortete ihr: „Einen solchen Skandal fürchte ich nicht. Es geht um die Wahrheit und nicht um Menschendienerei.”
Es würde zu weit führen, wollte ich alle die Erfahrungen berichten, die ich seit Jahren im Zusammenhang mit der modernen Theologie mache. Vielleicht darf ich ein Zeugnis aus Australien geben. Bei verschiedenen Pfarrkonventen, die ich zu halten hatte, sagten mir einige Lutheraner: „Deutschland war vierhundert Jahre führend in der Theologie. Was aber jetzt seit einigen Jahren von Deutschland zu uns an Theologie herauskommt, erfüllt uns mit Entsetzen.” Solche Äußerungen hörte ich auch in Ostasien und in Südafrika. Wilhelm Busch hat die Situation unserer heutigen Theologie richtig erfaßt, wenn er den Bekenntnisnotstand proklamiert. Wie steht es um uns, wenn schon in den Kirchenblättern, die in die Gemeinde hineingehen, geschrieben steht, daß im Blick auf den Teufelsglauben sowohl Jesus als auch unser Reformator Luther Kinder ihrer Zeit gewesen sind. Ihre Aussagen darüber sind für uns nicht mehr verbindlich. Etwas Besseres könnte dem Teufel gar nicht passieren, als daß er zu einer blassen Idee mittelalterlicher Vorstellungen verflüchtigt wird.

Noch einen erfreulichen Bericht am Schluß. Bei einer Evangelisationsreise im Norden unseres Vaterlandes wurde mir in dem Pfarrhaus eines Freundes folgendes erzählt: Ein junger Pfarrer hatte in seiner Weihnachtspredigt erklärt, daß das Kind in der Krippe nicht Gottes Sohn war. Nach dem Gottesdienst traten die Kirchenältesten ohne den Pfarrer zusammen, berieten und beschlossen, daß eine solche Theologie nicht mehr auf ihre Kanzel käme. Nach der Sitzung begaben sie sich zum Pfarrhaus und eröffneten dem verdutzten Pfarrer: „Herr Pfarrer, Sie betreten unsere Kanzel nicht mehr.” Gleichzeitig wurde die Superintendentur und Kirchenleitung davon verständigt. Die Kirchenleitung gab nach. Der Pfarrer erhielt sofort eine andere Stelle. Er konnte tatsächlich die von den tapferen Männern verweigerte Kanzel nicht mehr betreten. Natürlich war das ein Skandal, aber mit heilsamen Folgen. Wollte Gott, alle Gemeinden würden geistig mündig werden, ehe unsere Kirche vollends mit einem riesigen Leichentuch bedeckt ist.

Rationalismus bedeutet Vorherrschaft der menschlichen Vernunft. Gerade dieser Thron des menschlichen Erkennens und Wissens ist im Neuen Testament gestürzt. Paulus sagte: „Gott hat die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht.” (1. Kor. 1, 20) „Die Weisen erhascht er in ihrer Klugheit.” (1. Kor. 3,19) Die Antwort der Heiligen Schrift auf den neuen Rationalismus in der Theologie heißt: „In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis.” (Kol. 2, 3)

26. Die okkulte Literatur sind die Giftschwaden, die durch unsrer Volk ziehen und die Seele vergiften. Einige der bekanntesten Titel lauten: „Das 6. und 7. Buch Moses”, „Das Romanusbüchlein”, „Geheimnisse der Nigromantiae”, ,,,Der wahrhaftige feurige Drache” oder „Herrschaft über die himmlischen oder höllischen Geister”, „Das Buch der Venus zur Beschwörung böser Geister”. Zur okkulten Literatur gehören auch dise christlich getarnten Bücher von Jakob Lorber und der Gottesfreunde, ferner die Schriften der geistigen Loge in Zürich und vieles mehr. Eine Tragödie ist die Tatsache, daß das gefährlichste der Zauberbücher, „Das 6. und 7. Buch Moses”, bei einem Verlag in Braunschweig immer wieder gedruckt und verbreitet wird. Nähere Angaben über dieses unheimliche Zauberbuch stehen in dem Artikel Wider das 6. und 7. Buch Moses.  Es ist dringend zu raten, daß man Zauberbücher nicht zu Hause aufbewahrt. Auch für Studien- und Unterrichtszwecke ist der Gebrauch dieser Bücher nicht zu empfehlen. Wie oft haben mir Frauen gebeichtet: „Seit mein Mann zu Studienzwecken dieses 6. und 7. Buch Moses im Hause hat, haben wir viel Streit, Unfrieden und Unglück in der Familie.”
Ein Beispiel über spiritistische Literatur soll noch folgen.

B 60 Eine Frau liest die neugeistigen Schriften, ferner alle spiritistische Literatur, die sie sich erwerben kann. Die Predigten des Mediums Beatrice von der geistigen Loge Zürich ersetzen ihr den Besuch der kirchlichen Gottesdienste. Die Schriften des Mystikers Eckhart und des spiritistischen Schreibmediums Jakob Lorber sind ihr Ersatz für die biblischen Apostel. Das Zentrum ihrer Religion ist, daß der Mensch zum Gottesbewußtsein in sich durchdringen soll. Sünde und Erlösung spielen für sie keine Rolle. Der Mensch ist ja im Grunde gut und muß sich nur sittlich höher entwickeln. Das „Gottesfünklein” in der eigenen Brust (Eckhart) muß zur Flamme angefacht werden.

Zu der okkulten Literatur gehören auch die Schriften des abgefallenen und exkommunizierten Priesters Johann Greber. Er hat selbst das Neue Testament in spiritistischer Weise übersetzt.

27. Das Pendeln und Rutengehen soll seit einigen Jahren zu einer Wissenschaft (Radiästhesie) erhoben werden. Die Beurteilung ist deshalb nicht so leicht, weil gewisse physikalische Voraussetzungen oder Begleiterscheinungen mitspielen. Da die sogenannten wissenschaftlichen Grundlagen des Pendelns in dem Buch Seelsorge und Okkultismus und in dem Beitrag Das Wahrsagen behandelt werden, beschränke ich mich hier auf Beispiele.

B 61 Einer meiner Freunde, Pfarrer D., berichtete mir folgendes: „Ich hielt eine Evangelisation in der Nähe von Zürich. Die Seelsorgestunden waren geradezu stürmisch besucht. Zu meiner größten Überraschung lag über die Hälfte aller seelsorgerlichen Aussprachen auf dem okkulten Gebiet. Dabei meldete sich dann auch ein aktiver Pendler mit erstaunlichen Gaben. Er berief sich auf das Buch eines Abbés Mermet, hatte aber darüber hinaus eigene Erfahrungen. Er stellt Diagnosen, pendelt Heilkräuter aus, pendelt nach Vermißten, sucht im Zürichsee mit Treffsicherheit Ertrunkene und kann auch über Verstorbene und Vermißte Auskunft geben. Mit seiner exakten, wissenschaftlichen Begründung der ganzen Angelegenheit setzte er mich ziemlich matt. Ich war auch nicht sachkundig genug, um mich mit ihm auf diesem Gebiet streiten zu können. Es war alles äußerst plausibel. Da schenkte mir der Geist Gottes eine Frage, die allerdings alles deutlich machte. Ich fragte ihn, ob er unter dieser Gabe schon einmal gelitten hätte. Da erzählte er mir, daß er einmal in den Bergen mit dem Pendel ein verlorenes, goldenes Armband gesucht hätte, dabei an einem schrägen Bergabhang ins Rutschen kam und im legten Augenblick nur an einem Stein noch Halt gefunden hätte. In der darauffolgenden Nacht wäre er von einer schwarzen Gestalt geweckt worden. Er hätte dann mit diesem dunklen Mann im Zimmer körperlich gerungen und in der Angst, überwältigt zu werden, den Namen „Jesus” gerufen. In diesem Augenblick wäre die dunkle Gestalt verschwunden.”

B 62 Ein Züricher Reichgottesarbeiter, Herr H., teilte mir folgendes mit: Eine 50 Jahre alte Frau war lange Zeit kränklich. Auf Anraten einer befreundeten Familie suchte sie einen Pendler auf, der ihr helfen sollte. Dеr Pendler pendelte über Teesorten und gab ihr dann den herausgependelten Tee mit heim. Bei diesem Pendeln dachte sie keineswegs an Zauberei. Als sie aber einen Vortrag über das Pendeln gehört hatte, wurde sie unruhig und kam in die Seelsorge. Sie meinte zwar, es hätten sich bei ihr keine Nachteile gezeigt. Der sie betreuende Seelsorger, mein Berichterstatter, betete mit ihr. Einige Monate später tauchte die Frau wieder in der Seelsorge auf und gab Bericht. Sie erzählte, es wäre ihr wie Schuppen von den Augen gefallen. Sie hätte tatsächlich unter einem Bann gestanden und wäre seit der Seelsorge davon frei geworden. Erst hinterher hätte sie ihre bisherigen Belastungen entdeckt. Die ganzen Nebel wären von ihr gewichen. Ihr Glaubensleben hätte sich völlig geändert.

B 63 Eine werdende Mutter ließ das Embryo bependeln, um festzustellen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Beide Kinder dieser Frau, die auf diese Weise bependelt worden sind, sind belastet.

B 64 In der Salzhütte in B. entstand ein Rohrbruch. Man holte einen Pendler, der die Lage des Rohrbruches feststellen sollte. Der Pendler bat um einen Bauplan oder Grundriß des Gebäudes. Er nahm den Pendel und stellte auf dem Bauplan die Stelle des Rohrbruches fest. Ein Nachsuchen bewies die Echtheit seiner Angaben. Der Pendler erklärte: „Ihr hättet mir die Reise ersparen können. Es hätte genügt, wenn mir der Plan zugestellt worden wäre.”

B 65 Prediger H. in der Schweiz pendelte jahrelang. Er wurde oft von seinen Kollegen gewarnt. Eines Tages geriet er unter einen Zug. Es wurden ihm beide Beine am Oberschenkel abgefahren. Nach der Amputation wollten die Wunden nicht heilen. Eines Tages brachen große Löcher auf, und aus diesen Löchern kamen über hundert große Würmer heraus. In diesem Zustand starb er.

B 66 Eine 56jährige Frаu wurde als Kind oft bependelt und war wiederholt auch bei der Wahrsagerin. Sie ist seit Jahren sehr jähzornig und depressiv.

B 67 Ein junger Mann wurde gegen eine Krankheit bependelt. Nach der Pendelbehandlung, die zu einer gewissen Heilung geführt hatte, stellte sich eine Zwangsneurose ein mit Läster- und Fluchzwang. Diese Not brachte ihn in die Seelsorge. Er lieferte sein Leben Christus aus. Von dieser Zeit an waren seine Zwangsvorstellungen verschwunden.

Rutengehen und Pendeln sind mediale Vorgänge, auch wenn sie noch so harmlos scheinen, angeblich wissenschaftlich begründet oder christlich verbrämt werden. Wenn das Pendeln ein naturwissenschaftlich beweisbarer Vorgang wäre, so wäre es schon längst anerkannt, zumal das Pendeln schon vier- bis fünftausend Jahre bekannt ist und geübt wird. Für so primitiv und unerfahren darf man wahrhaftig unsere Wissenschaft nicht halten. Die Seelsorge zeigt die typischen Schäden wie bei allen medialen und magischen Praktiken. Darum liegt diese seltsame „Wissenschaft der Radiästhesie” auch sauf der gleichen Ebene wie die anderen okkulten Künste. Es geht nach dem bekannten Satz: „Sind die Auswirkungen gleich, so ist anzunehmen, daß auch die Ursachen gleich sind.”

28. Die Psychoanalyse soll in dieser Reihe nun erwähnt werden, obwohl manche Fachärzte und Psychotherapeuten sich vielleicht darüber aufregen. Doch bitte ich diesen Groll und Ärger noch vorerst zurückzustellen. Ich bejahe die Psychotherapie eines entschieden gläubigen Christen. Nicht jeder Psychotherapeut ist aber Christ, der sich dafür hält. Leider sind in der sogenannten Christenheit die biblischen Begriffe vernebelt. Gläubig ist der, der durch den Heiligen Geist und durch die Gnade Gottes eine Bekehrung und Wiedergeburt erlebt hat. Wenn das einem Psychotherapeuten geschenkt worden ist, dann bejahe ich seine analytische Arbeit. Und es gibt solche gläubigen Analytiker.

Es ist wohl gut, wenn wir neben all dem Wust des Okkulten auch einmal ein gutes Beispiel hören. Ich kenne eine gläubige Psychotherapeutin, die ihre Arbeit am Menschen in der Verantwortung vor Gott tut. Sie führt nicht nur mit ihren Patienten ihre analytischen Gespräche, sondern versucht, ihre Patienten zu Christus zu führen. Ich bin selbst Zeuge dafür, daß sich manche ihrer Patienten schon bei ihrem Dienst bekehrt haben. Es geht ein Segen von dieser Jüngerin Jesu aus.

Leider sind solche positiven Beispiele sehr selten. Die Seelsorge von 25 Jahren zeigte mir die oft fragwürdige Arbeit mancher Psychotherapeuten. Ein Züricher Akademiker sagte mir einmal im Scherz: „Die Psychotherapeuten können gewöhnlich die Uhr auseinandernehmen aber nicht mehr zusammensetzen.” Darin würde ich aber noch lange nicht die entscheidende Not sehen. Im Grunde genommen ist die Psychotherapie eines ungläubigen Arztes eine Seelsorge ohne Gott. Die Psychoanalyse ist sozusagen das profane Gegenstück der biblischen Beichte. Dabei hat die biblische Beichte gewöhnlich noch mehr Vorteile als die Psychoanalyse. Die Beichte ist freiwillig, dagegen bohrt der Psychotherapeut stundenlang in den Tiefenschichten der Seele herum. Bei der Beichte wird der Mensch vor Gott gestellt, bei der Psychoanalyse werden oft gerade die entscheidenden religiösen Fragen bagatellisiert und als Erziehungsprodukt oder Umwelteinflüsse abgewertet. Gerade das Zentrum des menschlichen Seelenlebens wird bei der Psychoanalyse seziert und in eine Summe von Komplexen aufgelöst. Auf die Gefährlichkeit der Psychoanalyse wird gelegentlich auch von medizinischer Seite hingewiesen. Man lese einmal das Buch von Dr. Speer Der Arzt als Persönlichkeit. Von ganz entscheidender Bedeutung ist es, ob wenigstens ein gläubiger Arzt die Psychoanalyse durchführt. Er wird vor den religiösen Fragen des Patienten Achtung haben. Über solche fast nicht zu verantwortenden psychoanalytischen Heilbehandlungen sollen einige Beispiele aus meiner Seelsorge Zeugnis geben.

B 68 Ein akademisch gebildeter Mann war infolge nervöser und seelischer Störungen in der Behandlung eines Internisten und dann in der Behandlung eines Psychotherapeuten. Der Patient ist über die Behandlung dieses Psychotherapeuten maßlos enttäuscht. Er berichtete, daß dieser nur Fehlhaltungen, Charakterschwächen, Verdrängungen aufdeckte, aber die Schuldfrage überhaupt nicht ernst nahm. Die verworrensten und konfusesten Träume behandelte der Psychotherapeut sehr sorgfältig, aber auf biblische Reaktionen des Patienten ging er überhaupt nicht ein. Schließlich wurde der Patient als unheilbar entlassen. Dieser berichtete mir, daß der Arzt sein Verhältnis zu Gott überhaupt nicht ernst nahm. Ferner, daß alle Ärzte seinen zahlreichen okkulten Vorgeschickten völlig interesselos gegenüberstanden. Der Patient war nämlich jahrelang aktiver Spiritist, beschäftigte sich auch mit der schwarzen und weißen Magie und mit der Wahrsagerei. Erst nach den okkulten Praktiken sind die nervösen Störungen des Mannes aufgetreten. Es wurden also von den Ärzten zwei ganz entscheidende Punkte der Krankheitsgeschichte nicht berücksichtigt. Erstens die Schuld des Menschen vor Gott, und zweitens die okkulten Vorgeschichten.

B 69 Eine 54jährige Frau war bei mir in der Seelsorge. Es wurde bei ihr durch den Psychotherapeuten P. in Z. eine Analyse durchgeführt. Das Ende der Analyse war, daß die Frau seither Lähmungserscheinungen und ein nervöses Zucken an den Händen hat, was vor der Analyse nicht zu beobachten war. Auch das Glaubensleben dieser Frau kam durch diese Behandlung völlig durcheinander. Ich hatte den Eindruck, daß in diesem Fall die Analyse nicht bis zu Ende durchgeführt worden war, sonst hätten ja die frisch aufgetretenen Lähmungserscheinungen wieder abgebaut werden können.

B 70 Dr. Lechler, selbst Psychiater und lebendiger Christ, ließ in seiner Ausbildungszeit eine Lehranalyse an sich vornehmen. Der Analytiker war Prof. M. vom psychosomatischen Seminar in H. Der Psychiater hat mir über den Verlauf dieser Analyse berichtet und sie mit den schärfsten Ausdrücken abgelehnt. Die Analyse brachte ihm derartige Anfechtungen in seinem Glaubensleben, daß er in der Gefahr war, alles zu verlieren. Er mußte sich stundenlang auf das Wort Gottes und im Gebet konzentrieren, um nicht in seinem Glaubensleben Schiffbruch zu erleiden. Dieser Psychiater lehnt heute Psychoanalyse von nichtchristlichen Analytikern ab. Wenn hier der Ausdruck „nichtchristlich” gebraucht wird, so muß ich sagen, was ich darunter verstehe. Ein Christ ist noch nicht, wer getauft ist und gelegentlich auch einmal den Gottesdienst besucht. Christ ist nach Joh. 3, 3+5 erst der, der durch den Geist Gottes eine grundlegende Erneuerung erlebt hat. Sehr viele Ärzte werden sich schließlich als Christen ausgeben, während ihre weltanschauliche Überzeugung mit dem Neuen Testament doch nichts gemein hat.

B 71 Eine junge Frau war bei dem leitenden Chefarzt der Nervenheilanstalt in H. Er gab ihr in der Sprechstunde den Rat, sie sollte zwei Jahre lang keine Kirche mehr beteten und keine Bibel lesen. Sie sollte sich um religiöse Fragen auch nicht kümmern. Er gäbe seinen Kopf dafür her, daß es keinen Teufel gibt. Dieser Chefarzt warnte vor meiner Evangelisation in dieser Stadt. Er verbot den Diakonissinnen den Besuch meiner Vorträge und nahm den Kranken meine Schriften weg. Wie ich aus der Seelsorge weiß, hat er sich Selbst schon mit okkulten Dingen abgegeben. Daher ist sein Widerstand gegen alles Göttliche zu erklären.

B 72 Eine Studentin, die zu ihrer medizinischen und psychologischen Ausbildung sich einer Lehranalyse unterzog, geriet in entsetzliche seelische Not. Sie konnte monatelang nachts keine Ruhe mehr finden, fand keinen Schlaf und keine innere Ruhe. Als der Analytiker ihr erklärte, das Verhältnis zu ihrer Mutter wäre ein Mutterkomplex, löste die Studentin die Verbindung mit ihrer Mutter und zog aus der Wohnung aus. Als der Lehrmeister ihren religiösen Glauben als Kirchenkomplex bezeichnete, warf sie auch ihren Glauben über Bord. Am Schluß dei Analyse war die Studentin zwar überzeugt, daß die meisten Menschen von vielen Komplexen bestimmt sind, sie selbst aber war bei dieser Lehranalyse zu einem innerlich zerrissenen Menschenkind geworden. Wie ich von ihrer Mutter und von einem Professor der Medizin erfahren habe, hat diese junge Medizinerin seit zwei Jahren ihre innere Ruhe und Ausgeglichenheit nicht wieder gefunden.

B 73 Der Dekan eines Kirchenbezirks in der Schweiz bat mich um den Besuch bei einem seelisch kranken Amtsbruder, der in eine Heilstätte eingeliefert worden war. Der Pfarrer legte in aufrichtiger Weise eine Generalbeichte ab. Er klagte hinterher auch über den Psychotherapeuten, der ihn behandelte. Dieser Arzt nahm seine Schuldkonflikte überhaupt nicht ernst und meinte, das wäre nur das Produkt seiner christlichen Erziehung. Schuld gäbe es nicht. Anschließend hatte ich eine Aussprache mit dem betreffenden Psychotherapeuten, der diesen Sachverhalt bestätigte. Für den Arzt gab es nur immanente (innenweltliche, innenmenschliche) Tatbestände. Glaube an Gott, Schuld und dergleichen, waren für ihn nur Fiktionen, Produkte der religiösen Phantasie. Einem solchen Psychotherapeuten wurde also ein Pfarrer in die Seelsorge gegeben. Das ist keine Seelsorge, sondern Seelenmord. Ich bat den Dekan, den Amtsbruder aus dieser Anstalt wegzunehmen.

B 74 In einer mitteldeutschen Kurstadt suchte mich eine Frau zur Seelsorge auf. Diese Frau war gekommnen, obwohl der sie behandelnde Psychotherapeut vor mir gewarnt hatte. Die Frau hatte meine Evangelisationsvorträge besucht und legte bei mir eine Generalbeichte ab. Ich fragte sie schließlich, ob sie denn dem Psychotherapeuten das auch schon eingestanden hätte. Sie verneinte mit dem Hinweis, das könnte sie ihm nicht sagen. Bei dem Psychotherapeuten hatte sie bisher etwa 40 Sitzungen zu je DM 20.- gehabt, um schließlich bei der Evangelisation in einer halben Stunde ohne Honorar schlicht zu beichten und durch Christus Vergebung zu finden. Eis Arzt, der nicht ein echter Jünger Jesu ist, sollte von der Psychoanalyse die Finger lassen; denn es wird sonst nur ein gefährliches Seelenpfuschertum daraus. Unter einem Jüngersein versteht aber das Neue Testament etwas anderes, als nur ein Kirchensteuerzahler oder gelegentlicher Gottesdienstbesucher zu sein. Auch darin besteht unser Jüngersein noch nicht, daß der Vater vielleicht Pfarrer oder Prediger und die Großmutter eine fromme Frau war. „Es sei denn, daß der Mensch von neuem geboren werde”, so ist er kein Jünger Jesu.
29. Der Psychograph ist ein Gerät der spiritistischen Zirkel, mit dem man angeblich schriftliche Botschaften aus dem Totenreich erhält.
30. Die Psychometrie ist eine Form der Wahrsagerei. Siehe unter Das Wahrsagen. Der Wahrsager hält irgendeinen Gegenstand in Händеn und macht dann Aussagen über die Person, der dieser Gegenstand gehört. Dazu ein Beispiel.

B 75 Der bekannte holländische Hellseher Croiset hielt in Gegenwart von Prof. Bender aus Freiburg und Prof. Tenhaeff aus Utrecht in Kaiserslautern einen Experimentalvortrag über Hellsehen. Er forderte die Anwesenden auf, Gegenstände abzugeben. Croiset machte dann über diese Gegenstände Angaben, die von den Besitzern als zutreffend anerkannt wurden.

B 76 Ein Pfarrer berichtete mir folgendes: Während des Krieges war sein Vater drei Jahre vermißt. Diese Familie wußte nicht, ab der Vater noch lebte. Eines Tages erhielten sie Besuch von einem Studenten. Er hörte von dem Vermißtsein und bat um irgendeinen Gegenstand des Vermißten. Man gab ihm die letzte Feldpostkarte. Er konzentrierte sich auf die Handschrift des Vermißten und er klärte dann: „Er lebt noch und befindet sich in einem Lager an der Eismeerküste.” Daraufhin gab er sogar auf einer Rußlandkarte die Gegend des Lagers an. Erst einige Jahre später, nach der Rückkehr des Vaters, wurde dieser Aufenthalt von dem Heimkehrer bestätigt.

31. Die Schwarmgeisterei ist eine der größten Nöte der christlichen Gemeinden in dir Gegenwart. Enthusiastische Richtungen gab es zu allen Zeiten und zu allen christlichen Bewegungen. Sie sind der Schаum, der den Schmutz aus den echten Bewegungen hochtreibt und auswirft. Schwarmgeisterei hat vieles mit den okkulten Bewegungen gemeinsam. Das zeigt sich erstens an den Auswirkungen. Schwarmgeistige Handauflegungen haben oft die gleichen Nebenerscheinungen wie die okkulte Besprecherei. Das zeigt sich zweitens an den gleichen Symptomen. Von der Schwarmgeisterei werden am leichtesten die infiziert, deren Glaubensleben stark psychisch (seelisch) orientiert ist, oder die sogar medial veranlagt sind. Zu dieser Beobachtung zunächst drei Beispiele.

B 77 In Karlsruhe kam ein ehemaliges spiritistisches Medium mehrmals zur seelsorgerlichen Aussprache. Sie will Christus nachfolgen und hat sich von allem früheren spiritistischen Treiben gelöst. Leider hat sie noch mit ihrer ehemaligen medialen Veranlagung zu kämpfen. In der Aussprache erklärte sie mir: „Ich habe alle drei Wunderheiler gehört: Branham, Hicks und Zaiß. Mit allen drei hatte ich sofort medialen Kontakt, am schnellsten mit Branham.” Sie fügte noch hinzu: „Mit Ihnen bekomme ich keinen medialen Kontakt.” Ich erwiderte ihr: ,;Gott sei Dank, daß Sie mit mir keinen medialen Kontakt gewinnen.” – Genau das gleiche Erlebnis wiederholte sich in München. Anläßlich eines Aufklärungsvortrages kam eine Frau zur Seelsorge und berichtete mir, daß sie mit den drei großen Heilern sofort mediale Verbindung gewonnen hätte.

B 78 Ein Pfarrer, der in Schleswig-Holstein in einem magisch total verseuchten Dorf arbeitete, beobachtete, daß Gemeinschaftsleute, die sich mit der Magie abgaben, in Schwarmgeisterei verfielen. Diese Beobachtung ist höchst bedeutsam, da es sich hier zeigt, daß Schwarmgeisterei mit den okkulten Dingen vieles gemein hat.

B 79 Ein Schweizer Pfarrer berichtete mir folgendes: Er hatte seit Jahren am rechten Arm und am Bein Lähmungserscheinungen. Die ärztliche Behandlung brachte keine Besserung. Daraufhin hatte er allem Versammlungen von Tommy Hicks besucht und an dessen Heilungsversammlungen teilgenommen. Da Tommy Hicks nicht mit jedem Kranken persönlich beten konnte, forderte er in der Heilungsversammlung alle Kranken auf, sich zu erheben und sich selbst die Hand auf die kranke Körperstelle zu legen. Dann betete er für alle Kranken, die sich erhoben hatten. Der Pfarrer befolgte den Rat von Hicks. Hinterher spürte er, daß die Lähmungserscheinungen am Arm und am Fuß zurückgingen. Er spürte ein kribbelndes Gefühl und merkte, wie die Schwere buchstäblich den Arm herabströmte und zu den Fingerspitzen hinausfuhr. Den gleichen Vorgang erlebte er mit seinem halbgelähmten Bein. Diese Heilung hielt an von Mai 1955 bis Dezember 1956. Ich fragte diesen Pfarrer, ob er schon einmal in seinem Leben mit der Besprecherei zu tun gehabt hätte. Er bejahte meine Frage und erklärte, er wäre einmal gegen Warzen erfolgreich besprochen worden.

Die beiden letzten Beispiele zeigen die enge Verbindung zwischen Schwarmgeisterei und Magie. Magische Belastungen sind der schwarmgeistigen Einstellung gleichgerichtet. Wer okkulte Dinge treibt oder durch Vorfahren in dieses Weise belastet ist, ist der Schwarmgeisterei hemmungslos offen. In B 83 stellte ich deshalb die Frage nach der Besprecherei, weil ich erfahren wollte, ab dieser Pfarrer medial war. Meine Vermutung wurde bestätigt. Um der medialen Veranlagung willen spürte der Pfarrer das kribbelnde Gefühl und das Hinausgleiten der Krankheit durch Arm und Fingerspitzen. Das ist eine typische Charakteristik für Heilungen durch magisch unterbauten Heilmagnetismus. Mit meiner Meinung, daß schwarmgeistige Bewegungen oft okkulte Strömungen darstellen, stehe ich nicht allein. Johannes Seitz aus Teichwolframsdorf, dem Gott manche Geistesgaben geschenkt hatte, bezeichnete die extremen Pfingstrichtungen als die Elite der Hölle. Branham wurde in Amerika selbst von einzelnen Reichgottesmitarbeitern als Medium bezeichnet.

Wenn hier in diesem Abschnitt mehrmals der Ausdruck „Pfingstler“ fällt, so ist unbedingt eine Klarstellung erforderlich. Nicht alle Pfingstler sind extrem. Es gibt auch viele nüchterne, gläubige Mensche unter den Pfingstgemeinden. Ich kenne selbst solche. Im Blick auf die Branhambewegung gereicht es einigen bekannten Leitern der Schweizer Pfingstgemeinden, Hollenweger in Zürich, Schneider in Winterthur, Steiner in Basel, Weiß in St. Gallen, zur großen Ehre, daß sie den Ungeist der Branhamströmung erkannt und sich davon distanziert haben. Wenn also den Brüdern aus den Pfingstgemeinden die Branhamumtriebe zuviel geworden sind, so ist das ein gewichtiges Argument.

Unter dem Vorbehalt, daß es auch nüchterne Pfingstbrüder gibt, soll nun eine Reihe schwarmgeistiger Erlebnisse aus meiner Seelsorge dargestellt werden.

B 80 Eine Frau mit starken Schmerzen besuchte eine Hicks-Versammlung. Sie blieb zur Krankenbehandlung zurück. Hicks forderte die Kranken auf, mit den Händen einе Kette zu bilden. Die kranke Frau, meine Berichterstatterin, folgte der Aufforderung. Sie erhielt außerdem noch eine Handauflegung durch einen Mitarbeiter von Hicks. Daraufhin brach sie zusammen und mußte drei Wochen das Bett hüten. Seit dieser Zeit leidet die Frаu unter Depressionen und einer merkwürdigen Unruhe. Die frühere Gewißheit des Glaubens ist völlig verschwunden.

B 81 Eine Krankenschwester aus dem Mutterhaus Bethlehem hatte Gelegenheit, angebliche Heilungen durch Tommy Hicks zu kontrollieren. Die Schwester erklärte, es wäre eine Katastrophe, was durch diesen Tommy Hicks geschehen ist.

B 82 Der Wunderheiler Hicks legte einem schielenden Kind die Hände auf. Die Eltern kamen nach dieser Heilbehandlung zu einer seelsorgerlichen Aussprache und erklärten, das Kind könnte seither nicht mehr schlafen. Es würde die ganze Nacht über mit offenen Augen im Bettchen liegen. Die Eltern bringen diese merkwürdigen Erscheinungen mit der Handauflegung durch Hicks in Verbindung.

B 83 Ein Schweizer Pfarrer besuchte eine Heilungsversammlung von Hicks. Dieser gab den harrenden Kranken den Auftrag: Wer jetzt glaube, daß Christus ihn anrühren könne, lege seine Hand auf die kranke Körperstelle. Es würde dann ein Strom der Heilung sie alle durchfließen. Der Pfarrer leistete der Aufforderung Folge. Drei Wochen später kam er zu mir zur Aussprache und berichtete, er hätte in diesen drei Wochen schwere Anfechtungen gehabt und vorübergehend seine Glaubensgewißheit verloren. Es wäre ihm deutlich geworden, daß das kein biblischer Vorgang gewesen wäre. Die Auswirkungen, die er selbst zu tragen hätte, hätten ihm diese merkwürdigen Heilungskräfte verdächtig gemacht.

B 84 Eine Frau in A. war in der Heilungsversammlung von Branham in Zürich. Branham erklärte ihr: „Ich sehe ein Licht über Ihnen. Ein Engel kommt auf Sie zu. Siе werden gesund.” Die Frau betete bei dieser Heilungshandlung durch Branham. Es ging ihr hinterher gesundheitlich nicht besser, sondern schlechter. Wochenlang hatte sie schwere Anfechtungen mit Zweifeln. Zuletzt trieb sie eine schwere Verzweiflung zu mir in die Aussprache.

B 85 Als Branham in Zürich zu den Kranken sprach, hörte auch ein Mann zu, der infolge einer Kinderlähmung gehbehindert war. Während des Vortrages beobachtete er, daß der Dolmetscher Branhams ihn stark ansah. In diesem Augenblick spürte er eine Lösung seines Beinkrampfes. Er konnte nach dem Vortrag den Fuß etwa 15 cm höher heben als vorher. Er brachte das mit dieser Suggestion während des Vortrages in Verbindung. Nach drei Wochen ging diese größere Bewegungsfreiheit wieder zurück. In einer seelsorgerlichen Aussprache erklärte mir dieser Kranke, er selbst hätte immer nach der Methode Coué autosuggestiv gearbeitet. Für ihn war dieser Branhamvortrag ein suggestiver Impuls, der nach drei Wochen, wie erwähnt, wieder zurückging.

B 86 Branham gab in einer Heilungsversammlung die Aufforderung: „Wer glaubt, daß ich ein Prophet Gottes bin, der antworte ja.” Ein anwesender Pfarrer sagte mit den anderen Hörern ja. Hinterher erlebte dieser Pfarrer bei der Heimfahrt eine Ohnmacht. Er erbrach sich und bekam einen Blutsturz. Im Krankenhaus fand man die Ursache für dieses merkwürdige Ergehen nicht. Der Pfarrer bekam Depressionen und wurde einige Wochen innerlich hin- und hergerissen. Seine Glaubensnöte und Anfechtungen hielten einige Monate an.

B 87 Prediger St. von Th. berichtete mir einen Vorfall in seiner Gemeinde. Eine Frau, die seit Jahren zu seiner Gemeinde gehört hatte, ließ sich von Prediger W. der urchristlichen Gemeinde in B, die Hand auflegen. Von dieser Zeit an hatte diese Frau Visionen. Sie erklärte, sie würde in einiger Zeit ihre Himmelfahrt erleben. Als der Tag näher kam, versammelte sie ihre Angehörigen und rüstete sich für dieses Ereignis. Sie badete, legte ein Sterbehemd an und lag mit strahlendem Gesicht im Bett. Ihr Mann holte Prediger St. und bat ihn, er möchte doch diesen Unfug abstellen. Die Frаu erklärte auch in Gegenwart von Prediger St.: „Heute nacht um 12 Uhr holt mich der Herr.” Die erwartete Stunde rückte näher. Alle Angehörigen waren gespannt, was kommen würde. Prediger St. ließ in der Wohnung der betreffenden Frau alle schlagenden Uhren abstellen und bat die Angehörigen, sie möchten die Mutter über die Zeit nicht orientieren. Als es gegen 1/21 Uhr ging, sagte die Frau: „Es muß doch schon 12 Uhr sein.” Prediger St. antwortete ihr: „Es ist gleich 1/21 Uhr.” Bei dieser Antwort sackte die Frаи innerlich zusammen. Sie war über die nichterfolgte Himmelfahrt maßlos enttäuscht. Prediger St. besprach hinterher mit Prediger W. von der urchristlichen Gemeinde diesen Vorfall. W. erklärte: „Wenn Menschen unter Handauflegung mit dem Heiligen Geist getauft würden, dann würden sich auch leicht fremde Geister mit einschleichen. Diese Frau hätte bei ihrer Geistestaufe das erlebt und wäre nun durch diese mit eingeschlichenen Irrgeister verführt worden.

B 88 Eine Frau von B. wurde in eine der extremen Pfingstgemeinde eingeladen. Sie hörte Zungen reden in einer wohlklingenden, fremden Sprache. Interessehalber schrieb sie einige Sätze phonetisch mit. Einige Monate später sprach sie darüber mit einem Missionar. Er erzählte ihr, er hätte in einem Distrikt gearbeitet, der diese Sprache hat. Er übersetzte der erstaunten Frau diese Zungenrede. Es handelte sich um schiere Lästerungen gegen die Dreieinigkeit und um unsittliche Äußerungen.

B 89 Ein Mädchen kam zum Glauben an Christus. Da sie als junger Christ sich in den christlichen Kreisen noch nicht auskannte, geriet sie in eine extreme Pfingstgemeinde. Nach einer Handauflegung durch die beiden Leiter der Pfingstgemeinde bekam das Mädchen mediale Gaben. Sie konnte in Trancezustand fallen und dadurch Mittlerin zum Totenreich werden. Da sie bei Bewußtsein viel betete, entstand in ihrem Leben zwischen der Gebetsfreudigkeit und der medialen Fähigkeit in ungeheurer Zwiespalt. Es stellten sich bei ihr Depressionen und Selbstmordgedanken ein. Nachts wurde sie durch Spukereignisse geängstigt. Den anderen Mitgliedern der Pfingstgemeinde ging es ähnlich. Schließlich kam das Mädchen mit nüchternen, klarstehenden Christen zusammen. Sie erkannte sofort den Unterschied zu dem schwarmgeistigen und Spiritistischen Treiben ihrer Pfingstgemeinde. Sie löste sich von dieser extremen Richtung und wurde nach schweren Kämpfen völlig davon frei.

B 90 Ein Mann, der jahrelang unter Migräne litt, ließ sich durch einen „Urchristen” die Hände auflegen. Die Migräne war von diesem Tag an verschwunden, dafür aber hatte der Patient eine Mond- und Föhnempfindlichkeit. Er konnte nicht mehr beten, litt unter Depressionen und wurde süchtig. Dem Wort Gottes gegenüber empfand er eine innere Leere. Nichts sprach ihn mehr an.

B 91 Ein Evangelist einer extremen Pfingstgemeinde hielt eine Evangelisation. Am Schluß eines Vortrages erklärte er: „Wer heute abend die Geistestaufe empfangen will, so bitte zur Nachversammlung zurück bleiben.” Es blieb eine Reihe von Mädchen und Frauen zur Nachversammlung zurück. Der Evangelist erklärte: „Es sind jetzt 50 Engel anwesend, die der Geistesausgießung beiwohnen.” Dann legte er den anwesenden Frauen und Mädchen die Hände auf und betete mit ihnen. Meine Berichterstatterin, die ebenfalls an dieser Geistesausgießung teilnahm, erzählte mir, daß ihr bei dieser Handauflegung das Bewußtsein schwand. Als sie aus ihrer Bewußtlosigkeit erwachte, befand sie sich in einem Zimmer mit vergitterten Fenstern. Sie erfuhr durch eine Pflegerin, daß sie drei Tage zuvor bewußtlos in die Nervenheilanstalt eingeliefert worden war. Nach euer kurzen Untersuchung auf ihren geistigen Zustand winde 5iе sofort entlassen. Die Berichterstatterin gab an, sie sei von dem Zeitpunkt der Handauflegung an wie besessen. Sie sieht und hört nachts Geister und dunkle Gestalten. Auch die Wohnungsnachbarn und Hausgenossen hören männliche Stimmen. Die Frаи berichtete, daß sie kaum beten könnte und daß Tierstimmen end Männerstimmen aus ihr heraussprechen würden. Da sie schon vorher selbst 20 Jahre lang Bibelschwester war, erklärte sie ihren Zustand für Besessenheit, und sie ist der Überzeugung, daß jener Pfingstevangelist kein Mann Gottes, sondern ein Satansknecht war. Eine zweite Beichte bestätigte den Bericht dieser Frau. Dieser Geistestäufer knöpfte in der Hypnose einem Opfer 5000 Franken ab. Ferner legte er Frauen und Mädchen die Hände auf die entblößte Brust und den Unterleib. Er gab dabei an, der ganze Leib müßte vom Geist Gottes durchdrungen werden.

B 92 Eine Predigerin aus einer extremen Pfingstrichtung erklärte ihren Anhängerinnen, die Wiederkunft Jesu stünde nahe bevor. In den Versammlungen zogen sich die Frauen und Mädchen völlig aus und warteten splitternackt auf die Entrückung. Die Wiederkunft Jesu blieb zwar aus, dafür aber kam die Polizei und verhaftete die Predigerin. Sie erhielt für ihr Treiben eine Gefängnisstrafe.

B 93 Ein junger Mann mit Blasenkrebs hörte von einem Evangelisten einer Pfingstgemeinde, daß er die Gabe der Krankenheilung besäße. Der junge Mann, der wenig Hoffnung auf Heilung hatte, suchte den Evangelisten auf. Der Evangelist betete mit ihm unter Handauflegung und erklärte ihm, er wäre nun gesund. Er sollte das unter allen Umständen im Glauben festhalten. Wer ihm etwas anderes sagen würde, den sollte er für einen Teufelsknecht halten. Der Patient erklärte nach seiner Rückkehr allen Besuchen, er wäre unter Handauflegung geheilt worden. Ein Prediger seines Wohnortes besuchte ihn, um mit ihm seelsorgerlich zu sprechen. Er war jedem geistlichen Rat gegenüber völlig verschlossen. Der Prediger wiederholte seinen Besuch zehnmal, weil der angeblich Geheilte immer im Bett lag und trotz Seiner „Heilung” nicht aufstand. Beim zehnten Besuch packte ihn der Prediger energisch an und erklärte dem Patienten: „Entweder du bist tatsächlich gesund geworden uni stehst dann auf, oder du gibst zu, daß du nicht geheilt worden bist.” Nach dieser energischen Behandlung erklärte der Krebskranke, daß er wahnsinnige Schmerzen habe und sich nicht bewegen könnte. Er war endlich zu einer seelsorgerlichen Aussprache bereit, die zeigte, daß der Krebskranke seit jener seltsamen „Heilung” in einer furchtbaren inneren Verkrampfung lebte. Am Tage darauf ist dann der Kranke gestorben.

B 94 Eine christliche Frau wurde Mitglied in einer extremen Pfingstgemeinschaft. Man machte ihr dort klar, daß eine Bekehrung und Wiedergeburt noch nicht genügen würden. Sie sollte noch durch Handauflegung die Geistestaufe erleben. Nach einigem Zögern willigte sie in diesen Vorgang ein. Nach der „Geistestaufe” stand sie unter der besonderen Leitung einiger Geister. Im alltäglichen Gespräch erhielt sie immer wieder Aufträge von diesen Geistern. Sie sagten ihr z. B., sie dürfte kein Schweinefleisch mehr essen, und müßte in der Ehe enthaltsam leben und dergleichen mehr. Die geplagte Frau geriet durch die Führung dieser Geister in ein richtiges Zwangsdenken. Sie beschloß daher, sich von dieser extremen Pfingstgemeinschaft wieder zu trennen. Der Entschluß war leichter gefaßt als ausgeführt. Die Geister entfalteten nun eins ungeheure Tätigkeit. Sie ließen ihr Tag und Nacht keine Ruhe und beschworen Himmel und Hölle, damit sie ja nicht den Pfingstkreis verlassen sollte. Es erschienen ihr auch Verstorbene, die sich in diesen Kampf einmischten. Unter schweren Kämpfen wurde sie schließlich frei. Das Zwangsdenken und die Geistererscheinungen hörten dann wieder auf.

B 95 Ein Lehrer ging mit seiner Frau zu einer extremen Pfingstgemeinde. Die Gebetsversammlung dieser Gemeinschaft war so turbulent, daß die Mitgliedes sich in eine Art Ekstase hineinsteigerten, schrieen und tobten und sich auf dem Boden wälzten. Deт Lehrer besuchte auch dann noch die Gebetsversammlung, als seine Frau ein Kind erwartete. Die schwangere Frau lag bei diesen Verzückungszuständen der ganzen Gemeinschaft starr auf dem Boden. Nach der Geburt stellte sich heraus, daß das Kind unnormal war. Die anderen fünf Kinder dagegen sind völlig normal. Bei den ersten fünf Geburten war die Lehrersfrau noch nicht Mitglied dieser extremen Pfingstgemeinschaft.

Wenn hier die extremen schwarmgeistigen Dinge einmal dargestellt werden, so geschieht das nicht aus dem Geist gehässiger Kritik heraus. Nein, es besteht von der Heiligen Schrift her der Auftrag: „Prüfet die Geister, ob sie von Gott sind.” Wir leben in einer Zeit, in der greuliche Wölfe in die Gemeinde Jesu eingebrochen sind, die unter dem Deckmantel der Übergeistlichkeit viele verführen. Diese Verführung geschieht durch Wort und Schrift.

Wer gut über diese schwarmgeistigen Bewegungen orientiert sein will, lese das Buch Flugfeuer fremden Geistes, das vom Gnadauer Gemeinschaftsverband herausgegeben wurde. (Siehe letzte Seite.)
Um der Objektivität und Wahrhaftigkeit willen muß gesagt wurden, daß in der Pfingst- und Zaiss-Bewegung auch echte biblische Dinge geschenkt werden. Ein Arzt erklärte mir: „Ich habe durch Bruder Zaiss den Anstoß erhalten, Christus nachzufolgen.” Ein Lehrer berichtete Pastor Kemner, daß er in einer Zaissversammlung den Anstoß zu einer Bekehrung erhalten hätte. Diese Zeugnisse dürfen ernst genommen werden. Sie sind aber ein Beweis, daß Gott auch aus irrigen Bewegungen Menschen erretten kann. Das entspricht deт Größe und Gewalt seiner Gnade, die keine Schranken hat. In der Seelsorge beobachte ich leider, dаß solche Menschen, die in der Zaissbewegung einen echten Anstoß erhalten haben, eine starke Personenbindung an Zaiss hаben. Sie können kaum einem anderen Reichgottesarbeiter zuhören. Vor allem ertragen sie nicht die geringste Kritik. Es liegt in ihrem Christsein ein gewisser fanatisches Zug. Der Lehrer, von dem ich oben berichtete, durfte durch die Gnade Gottes das erkennen. Um aus dieser fanatischen Enge herauszukommen und den Zug biblischen Weite zu finden, sagtе er sich von Zaiss los. Es bleibt aber bestehen, daß er durch ihn den Anstoß zu Christus hin erhalten hatte.

Das Kapitel über Schwarmgeisterei darf nie abgeschlossen werden, ohne daß wir nicht an die eigene Brust schlagen und Buße tun. Es ist eine große Not in unseren eigenen Reihen, daß oft so wenige Geisteskräfte und Geistesgaben zu finden sind. Alle extremen Bewegungen sind manchmal eine Mangelkrankheit der chгistlichеn Кirchе. Diе wirksame Abwehr der schwarmgeistigen Bewegungen wäre eine Bußbewegung in unseren Reihen und die einmütige Bitte, daß der Herr uns eine echte Erweckungsbewegung schenkt. Auch muß dieGemeinde Jesu noch stärker als bisher Ausschau halten auf den kommenden Herrn, der einmal dieser furchtbaren Zerrissenheit und Verwirrung seiner Gemeinde ein Ende bereitet.

32. Schwarze und weiße Magie ist eine ausgeprägte Teufelskunst durch Jahrtausende hindurch bis herein in unsere Zeit. Die Magie liegt jenseits des naturwissenschaftlich erkennbaren Gesetzes von Ursache und Wirkung. Sie gehört, wie schon mehrfach angedeutet, zur Struktur der medialen Weltordnung. Um ihrer harmlosen Tarnungen willen wird sie vielfach in ihrem dämonischen Charakter nicht erkannt. Hier gilt 2. Kor. 11, 14: „Satan verstellt sich zum Engel des Lichtes. Darum ist es nicht ein Großes, wenn sich auch seine Diener verstellen als Prediger der Gerechtigkeit.”

Eine ausführliche Darstellung der Magie findet sich in dem Buch Christus oder Satanund im Beitrag Die Magieaus der Sicht der Seelsorge.

Die häufigsten Gebiete seien kurz erwähnt: Heilen und Krankmachen; Liebes- und Haßzauber; Verfolgungs- und Abwehrzauber; Bannen und Lösen; Todeszauber an Tieren und Menschen. Einige Beispiele führen in diese furchtbare Welt dämonischer Zusammenhänge ein.

B 96 Eine Schwerkranke Frаи wurde von zwei Fachärzten aufgegeben. Die Angehörigen wurden verständigt, daß die Mutter sterben müßte. Der Mann rief daraufhin den gefährlichen, schwarzmagischen Besprecher Hugentobler von Peterzell an. Sofort nahm die Krankheit eine Wendung. Die Frau wurde wieder gesund. Später machte sie dann allerdings drei Selbstmordversuche. Sie kam um dieser Versuche willen zu einem gläubigen Pfarrer in die Seelsorge. Ein Gebetskreis wurde für sie eingesetzt. Durch die Gnade Gottes durfte sie ganz frei werden.

B 97 Der berüchtigte magische Besprecher G. in Mariaeinsiedel behandelte einen Mann aus B. Dieser Patient interessierte sich für die Heilkunst G`s. und fragte ihn: „Wie bringen Sie eigentlich Ihre Heilungen zustande?” G. erwiderte: „Ich gehe daran zugrunde, aber ich muß es tun, solange ich lebe.”

B 98 Ein 62jähriger Mann war bei den Besprechern Hugentbler und Schneider. Seit dieser Zeit leidet er an Gedächtnisschwäche, mangelnder Konzentration und Arbeitsunfähigkeit. Organisch war ihm geholfen worden, gleichzeitig setzten aber seelische und nervöse Störungen ein.

B 99 Ein Mann war als Junge bei Grünefelder zur Behandlung. Er wurde zwar von Grünefelder organisch geheilt, bekam aber von dieser Zeit an ungeheure sexuelle Anfechtungen und ist völlig verwildert.

B 100 Ein verheirateter Mann warb um ein lediges Mädchen. Sie lehnte ab mit dem Hinweis: „Sie sind ja verheiratet, was wollen Sie von mir?” Er drohte ihr: „Wenn du nicht willst, ich komme doch zum Ziel. Ich kann mir holen, was ich wünsche.” Von dieser Zeit an erlebte sie es oft nachts, daß dieser Mann sie sexuell belästigte. Fenster und Türen waren verschlossen. Sie war wie gelähmt und konnte sich nicht wehren. Sie spürte sofort, daß es da nicht mit rechten Dingen zuging. Sie kam in die Seelsorge und beichtete diese Not.

B 101 Ein 19jähriges Mädchen wurde nachts aus dem Schlaf geschreckt. Obwohl Türen und Fenster verschlossen waren, belästigte sie ein junger Mann. Sie merkte im gleichen Augenblick, daß unnatürliche Vorgänge vorlagen. Sie konnte nicht rufen, sie war wie gelähmt. Am nächsten Tag traf sie in dem Erholungsheim, in dem sie angestellt war, einen jungen Mann. Sie erkannte ihn sofort als den nächtlichen Eindringling. Der junge Mann selbst redete sie an und gestand ihr ganz offen: „Ich war heute nacht bei dir. Meine Großmutter hat mir die schwarze Magie und die Formen des Liebeszaubers beigebracht. Ich bin dadurch schwer belastet und möchte davon frei werden.” Er gestand auch, daß er sich durch die schwarze Kunst alle Wünsche selbst erfüllen könnte.

B 102 Eine Frau wird nachts von einer unheimlichen Gestalt in sexueller Weise geplagt. Sie spürt das körperlich. Wenn sie im Namen Jesu gebietet, dann weicht diese Macht. Ihr Vater hatte in der Kindheit ähnliche Erlebnisse. Er wurde nachts von Katzen gekratzt. Am nächsten Morgen waren die Kratzspuren an Hals und Händen zu beobachten.
Die drei letzten Beispiele sind keine Fälle der sexuellen Halluzinationen. Wenn Schizophrene im Namen Jesu gebieten, so weichen ihre Belästigungen nicht. Das Anrufen im Namen Jesu hilft dagegen sofort bei einer magischen Belästigung.

B 103 Einer Frau wurde ein neuer Kinderwagen gestohlen. Sie wandte sich daraufhin an den okkulten Heilpraktiker Hungerbühler. Innerhalb von drei Tagen war der Wagen wieder da. Seit dieser Zeit leidet die Frаu aber unter einer Zwangsneurose. Jeweils vor den Festtagen bekommt sie starke Depressionen.

B 104 Der Pfarrer in M. auf Rügen berichtete mir, daß es auf Rügen den sogenannten Diebessegen gibt. Männer haben die Fähigkeit, auf irgendeine Weise die ausgestellten Reusen mit einem Diebessegen zu versehen. Wenn dann des Nachts ein Dieb kommt, der die Fische stehlen will, ist er wie gebannt und kann von den Reusen nicht mehr weg. Die Reusenbesitzer können seiner dann am Morgen habhaft werden.

B 105 Eine Frau aus dem Kanton A. kam in die Seelsorge. Sie berichtete, sie wäre als Kind nachts furchtbar geplagt worden. Im Viehstall hätten sie für Tausende von Fгanken Schaden gehabt. Jeweils zwei Tage vor den hohen Festtagen verendeten im Stall die Kühe, Schweine und Hühner. Daraufhin wandte sich der Vater an einen bekannten magischen Besprecher, den Schneider von Teufen. Schneider inszenierte einen Abwehrzauber. Von diesem Tag an war eine Nachbarsfrau, die im Verdacht der schwarzen Magie stand, irrsinnig. Es gingen in Zukunft keine Tiere mehr ein.

B 106 Eine junge Frаи, die bis zu ihrer Verheiratung kerngesund war, bekam als junge Ehefrau schwere seelische Störungen, teilweise sogar mit Fieber. Sie suchte einen Hellseher auf, und zwar den Hungerbühler. Der Hellseher erklärte ihr: „Sie sind verhext. Ihr Nachbar plagt Sie.” Die junge Frau konnte an so etwas nicht glauben und suchte eine Kartenlegerin auf, die in dem Ruf stand, übernatürliche Fähigkeiten zu besitzen. Diese Kartenlegerin hatte im dritten Reich drei Jahre zuvor Hitlers Sturz vorausgesagt und war deshalb einige Jahre im Gefängnis. Sie erklärte der jungen Frau, völlig unabhängig von dem ersten Magier: „Sie haben einen Nachbarn, der sich auf die schwarze Kunst versteht. Dieser Mann ist mit dem Teufel im Bunde. Er plagt Sie.” Die junge Frau kam infolge ihrer Störungen schließlich in das Krankenhaus. Sie hatte dauernd Fieber, obwohl die Ärzte überhaupt nichts fanden. Der Mann der erkrankten Frau stellte nun intensiv über das Leben und Treiben seines Nachbarn Nachforschungen an. Er brachte nur soviel heraus, daß er einen Nachbarn hatte, der mit dem 6. und 7. Buch Moses schwarze Magie trieb. Ein anderer Nachbar sagte eines Tages zu ihm: „Passen Sie auf Ihre Frau auf. Ihr Nachbar zur Linken richtete auch die Frau Ihres Vorgängers zu Grunde. Der Nachbar ist voll Neid, weil zu Ihrem Hof schöne Felder gehören, während er sich auf buckligen Äckern herumplagen muß.”

B 107 Der okkulte Heilpraktiker S. in N. kann nicht helfen, wenn sich eine Frau betend bei ihm im Sprechzimmer befindet. Er wird dann immer wütend und schreit die Betreffende an: „Mit Ihnen kann ich nichts anfangen. Machen Sie, daß Sie heimkommen.” Eine Frau, die ebenfalls betend in seinem Zimmer saß, wurde angebrüllt: „Du alte Kuh, mach daß du fortkommst!”
 
33. Der Spiritismus ist zu einer Weltbewegung geworden. Prof. Blanke aus Zürich meint, daß er in der Gegenwart etwa 70 Millionen Anhänger aus allen religiösen Richtungen umfaßt. Eine ausführliche Darstellung erübrigt sich hier, da            der spezielle Beitrag Der Spiritismus vorliegt. Es sollen aber die Formen des modernen Spiritismus erwähnt werden. Es gibt spiritistische Visionen, das Tischrücken, das Glasrücken, das automatische Schreiben, das Trancereden (Reden in einem hypnotischen Tiefschlaf), die Materialisationen (angebliche Erscheinung von Verstorbenen aus dem Totenreich), die Exkursion der Seele (Seelenwanderungen lebender Menschen), Telekinese (Fernbewegung von Gegenständen ohne ersichtliche Ursache), Levitation (Freischweben menschlicher Körper, eine Nachäffung der biblischen Entrückungen), Apporte (Auftauchen und Verschwinden von Gegenständen in geschlossenen Räumen). Man weiß in spiritistischen Zirkeln von magischer Verfolgung und magischer Abwehr. Es gibt Wiedergänger und objektiver, ortsgebundener Spuk. Zu dem Verworrensten gehören die spiritistischen religiösen Kulte und Spiritismus unter Christen (Spiritualismus). Einige Beispiele zeigen die Problematik dieser dämonischen Vorgänge.

B 108 Eine 65jährige Frau wohnte in einem Spiritistenhaus. Nachts zwischen 12 und 1 Uhr war in ihrer Wohnung ein furchtbarer Rumor. Möbel wurden verrückt, Gegenstände wurden durch die Luft geworfen. Eines Nachts waren auch im KeIler in einem verschlossenen Raum 40 Gläser mit Obst und Gemüse kaputt. Die Frau zog aus dem Haus aus. Die Spukphänomene hörten damit sofort auf. Allerdings spürte sie noch nachts zwischen 12 und 1 Uhr einen Würgegriff am Hals. Jedesmal, wenn sie den Namen Jesu anrief, hörte die Belästigung sofort auf.

B 109 Eine Diakonisse war in einem Ferienheim. Nachts hörte sie Klopfzeichen. Als sie in ihrer Angst zu beten anfing, wurde sie gewürgt. Sie erkundigte sich nach den vorigen Bewohnern des Hauses und erfuhr, daß während des Krieges SS-Leute in diesem Zimmer spiritistische Sitzungen abgehalten hatten. Die Diakonissin zog einen gläubigen Bruder zu Rat. Der Bruder betete um die Befreiung des Zimmers von den Poltergeistern. Da wurde ganz plötzlich die Frau dieses betenden Bruders schwermütig. Die Schwermut hielt zehn Wochen an.

B 110 Eine Frau berichtete mir, daß eine Nachbarin Spiritistin gewesen war, die die Gabe des Hellsehens besessen hatte. Eines Tages erschien die Spiritistin an ihrer Haustüre und erklärte ihr: „Ihr Kind ist in großer Gefahr. Bitte sehen Sie sich vor.” 14 Tage später wurde das Kind von einem Auto tödlich überfahren. Diese Spiritistin starb unter fürchterlichen Begleiterscheinungen.

B 111 Eine gläubige Frau besuchte ein einziges Mal eine Spiritistin und ließ sich von ihr magisch behandeln. Von diesem Zeitpunkt an hatte sie ihre Heilsgewißheit verloren. Depressionen und Selbstmordgedanken stellten sich ein. Ferner war sie gegenüber Alkohol, Nikotin und auf dem sexuellen Gebiet stark enthemmt.

B 112 Eine Frau besuchte jahrelang spiritistische Versammlungen. Schließlich brauchte sie überhaupt kein Medium mehr, um die Verbindung mit dem Geistern aufzunehmen. Sie konnte im Wachzustand Geister wahrnehmen und mit ihnen sprechen, wie wenn es ihre Angehörigen wären. Ihre Kinder sind depressiv veranlagt und haben Selbstmordgedanken

B 113 Ein Spiritist berichtete mir, daß er seit 35 Jahren einen jenseitigen Führer hätte. Dieser Führer würde ihm Aufträge erteilen, die er stets ausführen würde. Einmal wurde ihm befohlen, ein junges Ehepaar aufzusuchen, das ebenfalls eine Verbindung mit der jenseitigen Welt aufgenommen hätte. Sie würden sich allerdings noch nicht recht auf den Verkehr mit der Geisterwelt verstehen. Dieser jenseitige Geist gab dann dem Spiritisten die genaue Adresse des jungen Ehepaares. Die Anschrift stimmte. Die jungen Leute erzählten dem Spiritisten, sie hätten mit dem Tischrücken begonnen, würden die Technik aber noch nicht ganz beherrschen. Der Spiritist unterwies sie dann in der Durchführung des Geisterverkehrs. Der jenseitige Geist klärte ihn auch darüber auf, daß er nach seinem Tod in der Ewigkeit eine bedeutende Rolle spielen würde. Er würde um seiner jahrelangen Treue willen eine hohe Rangstufe unter den jenseitigen Geistern einnehmen. Der Spiritist glaubt diesen Aufträgen und Zusagen. Er schloß unsere Unterhaltung mit dem Hinweis: „Sie werden mich einmal in der Ewigkeit erkennen.” Als ich ihn auf die Gefahr dieses Geisterverkehrs hinwies, erklärte er mir: „sie haben ein Bett vor dem Kopf.”

B 114 Ein elfjähriger Junge war ein notorischer Bettnässer. Die Eltern unternahmen alles, um ihn davon zu befreien. Alle ärztlichen Behandlungen fruchteten nichts. Da reiste die Mutter schließlich zu einem Spiritisten, der auch schwarze Magie trieb. Ein Kleidungsstück des Jungen wurde magisch bestrichen. Der Junge mußte das Kleidungsstück anlegen und war von da an von seiner Bettnässerei frei. Als junger Mann machte er dann einen Selbstmordversuch. Seine gläubige Schwester wurde in der betreffenden Nacht innerlich stark gedrängt, für ihren Bruder zu beten. Plötzlich hörte sie mit Entsetzen ihren Namen rufen. Der Bruder stürzte kreidebleich aus seinem Zimmer und gestand seinen Selbstmordversuch. Er sagte, er hätte plötzlich ihr Gesicht vor sich gesehen, als er sich die Schlinge um den Hals legte. – Magische und spiritistische Experimente haben ein starkes Gefälle zu Depressionen und Selbstmordgedanken.

34. Umstritten wie alle medialen Phänomene ist auch der Spuk. Man unterscheidet einen personengebundenen Spuk, der nur Ausdruck einer Krankheit oder eines Defektes ist und einen ortsgebundenen Spuk, der sich Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hindurch im gleichen Haus zeigt. Es gibt auch auf diesem Gebiet unverbesserliche und unbelehrbare Rationalisten, die alles natürlich erklären wollen oder für Humbug an sehen. Genau so gibt es auch „gläubige” Okkultisten, die das absurdeste und verworrenste Zeug kritiklos für bare Münze nehmen. Man maß beide Richtungen zur Sachlichkeit rufen. Erwähnt sei das Buch von Fanny Moser Spuk mit einem Vorwort von Prof. Jung, Zürich, das diesen Fragen wissenschaftlich nachgeht In der Seelsorge erschloß sich mir dieses rätselhafte Gebiet stets im Zusammenhang mit okkulten Experimenten der früheren oder jetzigen Bewohner des betreffenden Spukhauses. Außer der Seelsorge hatte ich schon oft Gelegenheit, Spukhäuser selbst zu untersuchen. Dazu einige Beispiele:

B 115 Eine Diakonisse sah nachts in ihrem Zimmer wiederholt eine scheußliche Gestalt. Einmal belästigte die Gestalt die Schwester. Die Angegriffene wurde wütend und warf ihre Hausschuhe nach der Schattengestalt. In diesem Augenblick stand ein Engel mit einem finsteren Gesicht am Kopfende ihres Bettes. Sie bekam vor diesem Engel schreckliche Angst. – Auf Grund vieler derartiger Beobachtungen in der Seelsorge wäre grundsätzlich zu sagen, das schreckliche Angstgefühl oder das freudige Gefühl ist ein Maßstab, ob es sich bei derartigen Visionen um einen Engel des Lichts oder der Finsternis handelt. Den meisten derartigen Visionen kommt aber keine reale, objektive Bedeutung zu. Es gibt auf diesem Gebiet mehr krankhafte Halluzinationen oder eidetische Visionen als echte Phänomene.

B 116 Eine ältere Dame kam zur seelsorgerlichen Aussprache. Sie berichtete über seltsame Spukereignisse in ihrer Wohnung. Nachts laufen Hunde in ihrem Schlafzimmer herum, die versuchen, sie zu belecken. Auch ihr Bett wird von unsichtbaren Händen hochgehoben. Manchmal beobachtet sie auch mehrere Gestalten in dem Raum. Wenn sie betet, verschwinden sofort die Spukereignisse. Dieser Spuk dauert schon jahrelang. Die Dame ist geistig völlig gesund. Sie leidet an keiner Gemüts- odes Geisteskrankheit. Auf die Fragе, ob sie sich einmal auf okkulte Dinge eingelassen hätte, erzählte sie, daß sie als Mädchen bei Diphtherie und später noch einmal bei einer Erkrankung mit Hilfe der schwarzen Magie geheilt worden war.

B 117 Uli Ruppeiner von Herisau wurde von einer Frau in Toggenburg um einen Besuch gebeten. Er reiste hin und erfuhr folgenden Sachverhalt. Ihr Mann hatte sich in einem Zimmer erhängt. Seit der Beerdigung wurden in dem betreffenden Zimmer Poltergeräusche, Pfeiftöne, Knirschen und Kratzen gehört. Sie rief zuerst den Ortspfarrer und erzählte ihm ihre Not. Der Pfarrer meinte, diese Spukphänomene wären nicht objektiv, sondern wären eine Folge ihrer überredzten Sinne. Uli hörte sich den Bericht an. Dann betrat er das Zimmer, in dem sich der Mann erhängt hatte und betete um die Befreiung des Raumes durch Christus. Von dieser Zeit an zeigten sich die Spukphänomene nie wieder. Ob die Spukvorgänge ein objektives Ereignis waren oder nur ein Zeichen der Erkrankung dieser Frau, so ist in beiden Fällen der Sieg Jesu offenbar.

B 118 In einem Pfarrhaus wurde durch mehrere Generationen hindurch oft nachts eine weiße Gestalt beobachtet. Das Auftauchen deer weißen Gestalt war immer mit viel Rumor und Lärm veer banden. Schwere Axtschläge krachten an der Tür. Keim Pfarrerfamilie konnte lange in diesem Haus treiben. Einer der Pfarrer hatte den Mut, diesem Spuk entgegenzutreten. Jedesmal, wenn er im Namen Jesu gebot, verschwand sofort die Gestalt und der Lärm.

B 119 Bei einer Pfarrkonferenz berichtete ein evangelischer Pfarrer, daß in seiner Gemeinde iп zwei Häusern drei Tage lang iп unerklärlicher Weise Steine flogen. Die Steine kamen von außen durch die Fenster in die Wohnung. Die Fenster zersplitterten nicht, sondern hatten nur runde Durchschläge wie bei Geschoßkugeln. Die Steine fühlten sich heiß an. Am dritten Tag entstand durch diese heißen Steine ein Brand. Die Bewohner meldeten diesen Vorfall der Polizei. Die polizeilichen Untersuchungen brachten kein Ergebnis. Niemand konnte die unsichtbaren Steinwerfer entdecken.

B 120 In einem Haus wurden nachts immer schwere Klopflaute gehört. Die betreffende Familie meldete nach langer erfolgloser Untersuchung dieser Geräusche den Vorfall der Polizei. Diese hielt nachts in dem Haus Wache und beobachtete genau wie die Familie die gleichen Spukphänomene. Der Polizeibericht lag mir zur Einsicht vor. Weder die Hausbewohner, noch die Polizei achteten aber auf die okkulten Zusammenhänge der nicht erklärbaren Klopflaute. In dem Hause wohnte ein Mann, der gegen eine Erkrankung magisch besprochen worden war.

B 121 Zwei Mietsparteien eines Hauses verklagten sich gegenseitig vor Gericht. Nachts wurden im Haus starke Klopfgeräusche gehört. Die obere Partei beschuldigte die untere Partei und umgekehrt. Die untere Partei rief eine gläubige Frau zu Hilfe und bat sie, in der Wohnung zu schlafen. Jedesmal, wenn die gläubige Frau im Spukhaus schlief, befahl sie sich vorher dem Schutz Gottes an. Und siehe da, in diesen Nächten wurden im Haus die Klopfgeräusche nicht gehört. – Einen fast ähnlichen Fall nahm ich in der Schweiz auf. Auch hier verklagten sich die beiden Mietsparteien. Zwei Polizeibeamte wachten bei der Familie unten und oben. Die Klopftöne wurden auch von den Polizeibeamtete gehört. Dei Sachverhalt konnte aber nicht geklärt werden.

B 122 In einem Haus wurden jahrelang Spukphänomene beobachtet. Gläubige Freunde des Hauses rieten den Bewohnern, das Haus nach okkulter Literatur zu durchsuchen. Die Nachforschungen fůhrten zum Erfolg. Eine alte Magd des Hauses besaß das 6. und 7. Buch Moses und las regelmäßig darin. Das Buch wurde sofort verbrannt. Der Spuk hörte von diesem Tag an auf.

B 123 Ein Reichgottesarbeiter, mit dem ich befreundet bin, berichtete mir ein Erlebnis, das er als junger Mann in seinem Elternhaus gehabt hatte. Auf unerklärliche Weise setzten eines Tages in dem Haus Spukphänomene ein. Es wurden Klopfzeichen in den Wänden gehört. In der Nacht wurden von aßen Hausbewohnern schweге Männerschritte wahrgenommen und dergleichen mehr. Als die Poltergeister mit ihrem Schabernack anhielten, rief der Vater des Berichterstatters einen gläubigen Mann, der in jedem Zimmer des Hauses betete und im Namen Jesu den Spukgeistern gebot auszufahren. Von diesem Tag an hörten die Spukphänomene auf. Allerdings zeigte sich eine merkwürdige Parallelerscheinung. Unmittelbar nach dem Exorzismus bekamen zwei Schweine dieses Spukhauses eine Art Tollwut. Sie rannten im Stall immer im Kreis herum und machten ein fürchterliches Geschrei. Nachdem der Hausherr diesem verrückten Treiben einige Stunden zugesehen hatte und keine Hilfe wußte, schlachtete er die beiden Tiere ab.

Bei allen diesen Spukfällen muß gegenüber dem Urteil unserer Psychiater ausdrücklich erklärt werden, daß diese Beispiele nicht die Erfahrungen von Schizophrenen (Geisteskranken) sind. Die Spukerscheinungen wurden ja auch von der Polizei anerkannt. Zum Beispiel wurde ein Haus in Kiel von acht Polizeibeamten und zwei Pfarrern gleichzeitig untersucht. Aце zehn Männer beobachteten die Spukphänomene. Ferner ist für den Charakter dieses Spuks bedeutsam, daß beim Gebieten im Namen Jesu diese Erscheinungen sofort aufhörten. Das Stimmenhören und Hören von Klopflauten, wie es die Schizophrenen haben, hört beim Nennen des Namens Jesu nicht auf.

Den Abschluß dieser Spukgeschichten soll der Bericht einer wunderbaren Befreiung bilden.

B 124 Zwei Männer, Vater und Sohn, suchten mich auf und trugen mir folgende Not ihres Hauses vor. Jede Nacht zwischen 11 und 12 beobachtet die ganze Familie Spukerscheinungen. Sie werden geweckt. Die Mutter oder die Tochter werden gewürgt. Manchmal werden andere Glieder der Familie im Gesicht gestreichelt. Sie hören Schritte und Poltern und sind von Furcht wie gelähmt. Die angefochtene Familie versuchte daraufhin alles, um diesen Erscheinungen Herr zu werden. Sie holten den Rat eines katholischen Priesters ein, der ihnen riet, in den drei höchsten Namen Weihwasser, drei Kreuze und drei Kerzen zu benützen. Dieser Rat wurde befolgt, brachte aber keine Hilfe. Sie suchten daraufhin Hilfe bei verschiedenen Magiern. Man riet ihnen, über drei Kerzen ein schwarzes Tuch auszubreiten und dann in den drei höchsten Namen das Tuch zu verbrennen. Ferner sollten sie drei Streichhölzer in den drei höchsten Namen unter das Kopfkissen legen, ferner Schwellen und die Fenster jeweils durch zwei Messer sichern, die übers Kreuz gelegt sind. Auch diese magischen Praktiken halfen nicht. Ein anderer Magier riet ihnen, zwei rostige Nägel übers Kreuz in eine Zwiebel zu stecken und nachts unter das Bett zu legen. Alle Versuche mißlangen. Die Familie wurde nach wie vor geplagt. Da die beiden Männer einen völlig normalen und gesunden Eindruck machten, unterließ ich es, nach psychiatrischen Gesichtspunkten zu fragen. Ich orientierte mich lediglich nach okkulten Zusammenhängen. Dabei kam folgendes zur Sprache. Diese Familie hatte jahrelang 15 Zauberbücher im Haus. Ferner nahmen sie die Hilfe von zwei gefährlichen Magiern, den Gebrüdern S., in Anspruch. Dann ließen sie sich von vielen Wahrsagern und magischen Besprechern beraten. Nicht zuletzt haben sie in der Nachbarschaft eine Frau, die mit dem „Geistlichen Schild” schwarze Magie treibt. Daß hier magische Dinge vorlagen, zeigte auch die Auswirkung der seelsorgerlichen Beratung. Ich erklärte den beiden Männern, daß sie falsch gehandelt hätten, als sie zur Abwehr weißmagische Praktiken anwandten. Daraufhin zeigte ich den beiden den Weg der Befreiung durch Christus. Da ich den betreffenden Ort wieder verlassen mußte, übergab ich nach einer entsprechenden Aufklärung einem ortsansässigen Seelsorger die weitere Betreuung der Familie. Inzwischen wurde mir mitgeteilt, daß die ganze Familie ihr Leben Christus ausgeliefert hätte, und daß damit schlagartig die Spukerscheinungen aufhörten.

35. In dem bunten Alphabet abergläubischer Bräuche folgt nun die Tagewählerei. Es ist beschämend, wie der Mensch, den Gott zum Herrn unserer Erde bestimmt hat, sich in die sklavische Abhängigkeit von der Erde begeben hat. Zunächst einige Beispiele.

B 125 Im Wesergebiet gilt der 1. April als Unglückstag. Kein Lehrling und kein Arbeiter würde an diesem Tag eine neue Arbeit beginnen.

B 126 Pfarrer H. aus D. erzählte mir aus seiner Heimatgemeinde folgendes. Seit alters her besteht der Brauch, daß diе Bauern am Heiligen Abend zur Zeit des Betglockläutens ihre Obstbäume auf den Feldern mit Strohbändern einbinden und dabei diе drei höchsten Namen und einen magischen Spruch dazu sagen. Der Kirchendiener bekommt ein Trinkgeld, daß er diе Glocke länger läuten läßt, damit die Bauern möglichst viele Bäume einbinden können. Zur Zeit des Betglockläutens befindet sich diе ganze Familie auf den Obstbaumgrundstücken. Der Ortspfarrer hat jeweils gegen diesen Brauch Stellung genommen, aber ohne Erfolg.

B 127 In Würzburg wurde mir berichtet, daß viele Bürger in der Silvesternacht am Vierröhrenbrunnen den Geldbeutel auswaschen. Das soll bewirken, daß das ganze Jahr das Geld nicht ausgeht.
Solche Sitten und Vorstellungen gibt es in jeder Gegend. So werden zum Beispiel am Karfreitag die Hühnereier gesetzt, um mehr Kücken zu bekommen. Am Barbaratag wird von heiratslustigen Mädchen ein Baumzweig abgehauen und ins Wasser gestellt. Wenn der Zweig blüht, kommt ein Bräutigam. An Weihnachten werden die Bäume geschüttelt oder die Fenster geöffnet, um das Glück hereinzulassen. Zwischen Weihnachten und Neujahr darf keine Wäsche auf dem Speicher bleiben. Das würde Unglück bringen. An Neujahr oder Pfingsten sollen Äpfel gegessen werden, damit man gesund bleibt. In der Osternacht wird aus einem Bach Wasser geholt. Damit werden Kranke besprengt. Der 1. April ist ein Unglückstag; der 1. Mai ist ein Glückstag. Sonntags- oder Maikinder sollen Glückskinder sein; Freitagskinder sollen Pechvögel sein. Viele Bauern- und Wetterregeln beruhen nicht auf der Beobachtung der Natur, sondern auf abergläubischen Vorstellungen. So soll das Wetter der ersten zwölf Tage im Jahr das Wetter für das ganze Jahr anzeigen. Regen in den Hundstagen soll für sechs Wochen Regen ankünden. Viele Pflanz- und Säregeln bei zu- oder abnehmendem Mond stammen nicht aus guter Erfahrung, sonderte aus dem Aberglauben.

36. Der Totenzauber führt in das unheimliche Gebiet der Magie. Mancherorts ist es Sitte, den Toten die Krankheiten Lebender mitzugeben. Entweder wirft man in das offene Grab einen Zettel, auf dem die Krankheit steht und sagt einen magischen Spruch dazu, oder es wird der Zettel in den Sarg gelegt Vielfach wird auch ein Symbolzauber getrieben. Der Kranke gibt irgend ein kleines Kleidungsstück oder einen Gegenstand dem Toten in den Sarg, um ein Leiden loszuwerden. Kruse berichtet auf Seite 102 seines Buches Hexen unter uns folgendes: „Eine Totenfrau aus der Kreisstadt Mehldorf in Holstein zeigte mir, bevor der Sarg eines Verstorbenen geschlossen wurde, fünf Geldstücke, zwei kleine Lappen von Damenwäsche, einen Ausschnitt von einer Hutkrempe und einen Finger von einem Herrenhandschuh. Sie legte sie wieder hinein. Da es sich um eine „besseге Leiche” handelte, stammten die Sachen ohne Ausnahme von gutsituierten Personen.” Manchmal geht auch der Wunsch, Krankheiten von Angehörigen mitzunehmen, von Sterbenden selbst aus. Ein Beispiel dazu.

B 128 Eine schwerkranke Frau, die im Spital lag, bat dise Pflegeschwester um folgenden Dienst: „Schwester, verständigen Sie doch meine Tochter, daß sie mir eines ihrer Hemden bringt. Meine Tochter ist seit Jahren leidend. Ich möchte ihre Krankheit mit ins Grab nehmen.” Die Schwester empfand durchaus nichts Absonderliches bei diesem Wunsch, da dieser Sterbezauber dort üblich ist. Dem Wunsch der Schwerkranken wurde entsprochen. Das Entscheidende dieser Zauberhandlung ist nicht nur die Mitnahme eines Gegenstandes, sondern der dabei gesprochene Zauberspruch.

37. Die okkulte Übertragung ist ein weiteres mysteriöses Gebiet der Zauberei. In einer gewissen Abwandlung findet sich dieses Phänomen auch im Glaubensleben der Christen. Das nächste Beispiel zeigt noch einmal die Übertragung auf einen Toten.

B 129 Ein 20jähriges Mädchen starb. Eine Frаu aus der Nachbarschaft mit einem großen Feuerschwamm am Hals suchte das Sterbehaus auf und gab ihren Feuerschwamm der Toten mit ins Grab. Diese Übertragung erfolgte unter entsprechenden magischen Zeremonien. Merkwürdig ist, daß der Feuerschwamm tatsächlich auf diese Weise verschwand.
Wiederholt wurde mir auch gebeichtet, daß Menschen beim Anblick eines Toten oder eines Selbstmörders einen seelischen Schock bekommen, unter dem sie jahrelang zu leiden haben. Dazu zwei Beispiele.

B 130 Ein 16jähriger junger Mann beobachtete einen Selbstmörder, der gerade aus dem Wasser gezogen wurde. Von dieser Zeit an wurde er dauernd mit Selbstmordgedanken geplagt. Eine innere Stimme sagte ihm dauernd: „Hänge dich auf.” Unter diesen dauernden Stimmen erlitt er dann im 25. Lebensjahr einen Nervenzusammenbruch.

B 131 Ein Mädchen kam gerade dazu, als ein achtjähriges ertrunkenes Kind aus dem Fluß gezogen wurde. Das Mädchen bekam einen Schock, von dem sie sich seit 15 Jahren noch nicht erholt hat. Sie kann weder baden, noch über eine Brücke gehen, ohne schwere Angst zu bekommen. – Die Übertragungen dieser beiden Fälle sind wohl suggestiver Natur.
Häufig wird in der Seelsorge berichtet, daß okkulte Fähigkeiten wie Rutengehen, Pendeln, Besprechen und andere Dinge von Okkultisten auf andere übertragen werden können. Ein Christ sollte sich nie zum Versuchsobjekt einer solchen Übertragung hergeben. Dazu einige Beispiele.

B 132 Ein Reichgottesarbeiter hatte in seinem Bruderrat einen Pendler. Dieser Gemeindeälteste sah das Pendeln und Rutengehen für eine wissenschaftliche Sache an. Eines Tages probierte der Prediger selbst, mit der Rute zu gehen. Die Rute schlug nicht aus. Daraufhin stellte sich der Gemeindeälteste hinter ihn und faßte seine beiden Unterarme an. In diesem Augenblick zog die Rute nach unten. Der Prediger hatte von da an die Fähigkeit, mit der Rute zu gehen. Gleichzeitig aber setzten von dieser Zeit an Depressionen und Glaubensstörungen ein. Er betete mit seiner Frаu viel über diese seelischen Störungen. Es wurde ihm klar, daß die Übertragung der Rutenfühligkeit seine Depressionen ausgelöst hatte. Er tat Buße und wurde von der Rutenfühligkeit und von seinen Depressionen wieder frei.

B 133 Ein Prediger ließ sich von einem Rutengänger die Rutenfühligkeit übertragen. Er konnte hinterher auch mit der Rute Wasser suchen.

B 134 Eine Frau, die ihr Leben lang schwarze Magie getrieben hatte, konnte nicht sterben. Nach der Art vieler magischer Besprecher mußte sie zuerst ihre magischen Heilkräfte einem anderen übertragen, ehe sie zum Sterben bereit war. Da sie keine Angehörigen hatte, übertrug sie ihre magische Heilfähigkeit auf eine Nachbarin, die sie besuchte. Als diese Nachbarin zum Sterben kam, empfand sie die gleiche Not. Sie konnte erst dann sterben, als sie die übernommene Heilfähigkeit auf eine Enkelin übertragen hatte. Die Enkelin hatte von diesem Zeitpunkt an acht Monate lang schwere Krämpfe, die vom Arzt nicht diagnostiziert werden konnten. Nach diesen acht Monaten gingen die Krämpfe zurück.

B 135 Ein alter Magnetiseur übermittelte vor seinem Tod seinem ältesten Sohn die Gabe des Heilmagnetismus.

Auf dem Gebiet des Liebeszaubers gibt es verhältnismäßig viele Übertragungen. Es sei wieder ausdrücklich erwähnt, daß es sich hier um Erfahrungen gesunder Menschen handelt und nicht um sexuelle Halluzinationen Geisteskranker. Der Unterschied zeigt sich darin, daß solche geplagten Menschen sich durch Gebet wehren können. Ferner hören diese Belästigungen auf größere Entfernung auf. Ein Schizophrener, der sexuelle Halluzinationen hat und in seinem Beziehungsdenken diese Dinge irgendeiner Person zuschreibt, behält seine Halluzinationen, auch wenn man ihn tausend Kilometer von der betreffenden Person entfernt. Zur Klärung einige Beispiele.

B 136 Ein Mädchen bildete sich durch Abendkurse weiter fort. Ihr Lehrer ist ein aktiver Spiritist. Das Mädchen hat ein gutes Aussehen und bis zu dem Unterricht eine makellose Vergangenheit. Während des Unterrichtes spürte sie, daß sich der Lehrer ihr auf unerklärliche Weise näherte. Sie erlebte mit diesem Lehrer Dinge, die sie vorher nicht kannte. Sie empfand auf Distanz einen Geschlechtsverkehr. Von dieser Zeit an stellten sich bei diesem Mädchen auch Wahrträume und telepathische Erlebnisse ein. In den Ferien gingen diese merkwürdigen Beziehungen zu dem Lehrer weiter. Sie beobachtete aber, daß der Einfluß des Spiritisten mit der Zunahme der Entfernung abnahm. Wenn sie mehr als 16 Kilometer von dem Lehrer räumlich entfernt war, konnte er diesen magischen Geschlechtsverkehr nicht mehr durchführen.

B 137 Eine seelsorgerliche Aussprache förderte einen Sachverhalt ans Licht, den ich schon oft in ähnlichen Form aufgenommen habe. Eine Frau, ein starkes spiritistisches Medium, erlitt einen Unfall. Sie hatte einen Bruch am Knie und am Becken. Sie lag drei Monate in Gips. Im dritten Monat hatte diese Frau eine Fehlgeburt. Der Chefarzt verwundete sich, weil bei der Fehlgeburt ein embryonaler Zustand des zweiten Monats vorlag. Der Arzt verhörte die Frau und fragte sie: „War ein Mann bei Ihnen?” Andererseits war es gar nicht möglich, da ja die Frau im Beckengips lag. Der Gipsverband wurde dann im dritten Monat erneuert. Die Frau lag noch einmal drei Monate in Gips. Der Vorgang der Fehlgeburt wiederholte sich im dritten Monat wiederum. Die Frаu bekannte, daß sie als Medium die Fähigkeit hätte, mit ihrem Mann psychisch zu verkehren und psychisch zu empfangen.

Das letzte Beispiel ist für den menschlichen Verstand eine starke Zumutung. Solche teleplasmatischen Vorgänge gibt es vor allem im Raum des Spiritismus. Die spiritistischen Apporte gibt es eben auch auf dem Gebiet des Liebeslebens und sind dort am widerlichsten. Mir liegen auf diesem Gebiet viele Beichten vor. Ich wage nicht, dieses schauerliche Material zu veröffentlichen. Unsere Missionare berichten ähnliche Dinge auch von den Missionsfeldern. Es ist gut, wenn wir unsere Phantasie unter die Zucht des Heiligen Geistes und unter die Besprengung des Blutes Jesu stellen, damit wir innerlich bewahrt bleiben.

Die Übeтtragung ist manchmal auch eine Begleiterscheinung eines intensiven Gebetslebens. Wer sich in der Fürbitte stark für einen belasteten Menschen einsetzt, muß sich unbedingt unter den Schutz Jesu stellen, sonst läuft er die Gefahr, sich einer Übertragung auszusetzen. Das gilt besonders bei dem Gebet für okkult Belastete, für Dämonisierte oder gar Besessene. Dazu einige Beispiele.

B 138 Eine Frau betete für einen Selbstmörder und bekam dabei selbst derartige Gedanken.

B 139 Ein gläubiger Mann betete für einen seelisch kranken Mann mit Selbstmordgedanken. Schließlich bekam der Prediger selbst solche Gedanken. Der seelisch Kranke reiste heim und erschoß sich. Am Todestag wurde der Prediger von Selbstmordgedanken schwer angefochten, ohne zu wissen, daß sein Pflegebefohlener sich an diesem Tag das Leben genommen hatte.

B 140 Ein Pfingstprediger legte einem Kranken mehrmals unter Gebet die Hände auf und bekam schließlich die gleiche Krankheit, an deren Folgen er starb.

B 141 Ein Heilsarmeeoffizier betete für einen teufelsverschriebenen Mann, der Sadist ist. Nach einigen Monaten intensiver Fürbitte wurde der Heilsarmeeoffizier selbst Sadist, wurde jähzornig und fing an, seine Frau zu schlagen. In einer Vollmondnacht erklärte er seiner Frau: „Ich hätte Lust, mich heute nacht mit der Unterwelt zu verbinden.”

B 142 Eine Krankenschwester hatte längere Zeit hindurch seelsorgerlich mit einer Dirne zu tun. Die Schwester setzte sich in der Fürbitte stark für das sexuell verwahrloste Mädchen ein. Der Erfolg war merkwürdig. Die Dirne wurde von ihrer Leidenschaft restlos frei. Die betende Schwester dagegen wurde von dieser Zeit an unheimlich von Anfechtungen geplagt. Sie leidet seither unter einem wilden sexuellen Begehren, das sie vor ihrer Seelsorge an der Dirne nie gekannt hat. Bei der Fürbitte fand also eine Übertragung statt. Die Befreiung auf der einen Seite löste eine Belastung auf der anderen Seite aus.

B 143 Ein Prediger, der mit seelisch Kranken viel Seelsorge hatte, pflegte die Schwermütigen zur besseren Betreuung in seine Familie aufzunehmen. Er durfte es immer wieder erleben, daß Schwermütige durch das Gebet frei wurden. In der Zeit, als seelisch Schwermütige bei ihm wohnten, wurde sein eigenes Kind selbst schwermütig. Auch das Kind wurde durch Handauflegung und Gebet nach Jak. 5, 14 wieder frei. Von dieser Zeit an nahm er keine Schwermütigen mehr in seine Familie auf.

B 144 Ein Superintendent war jahrelang aktiver Spiritist. Seine Tochter, ein gut aussehendes und stark entwickeltes Mädchen, war allen nur möglichen Lastern verfallen. Sie war dem Alkohol ergeben und konnte, ohne betrunken zu werden, 16 Schnäpse auf einmal trinken. Sie war leidenschaftliche Kettenraucherin und Morphinistin. Auch in sexuellen Dingen war sie völlig haltlos. Sie sah es darauf ab, sich vor allem an Pfarrer und Reichgottesarbeiter heranzumachen, um sie zu verführen. Eines Tages nahm sie an einer christlichen Freizeit teil. Dem leitenden Pfarrer fiel sie wegen ihrer intelligenten Fragen und Antworten auf. Nach einer Unterredung nahm er sie mit in das Pfarrhaus, um dort das seelsorgerliche Gespräch weiterzuführen. Sie erklärte, sie möchte ihr Leben Christus ausliefern, aber sie könnte nicht. Der Pfarrer versuchte, mit ihr zu beten und forderte sie auch auf, ihr Leben Christus anzubefehlen. Als das Mädchen kein Wort des Gebetes über die Lippen brachte, legte er in seinem Mitleid nur für einen kurzen Moment seine Hand auf die Schulter des Mädchens und wollte ihr gleichzeitig ein tröstliches Bibelwort sagen. In dem kurzen Moment der Berührung erlitt der Pfarrer einen furchtbaren, inneren Schlag, es wurde dunkel vor seinen Augen, und er fühlte sich in einen bodenlosen Abgrund versinken. Ein Schrei des Entsetzens entrang sich seinen Lippen. Auf diesen Schrei hin eilte der Diakon herbei und hinterher auch sofort die Pfarrfrau. Nach einigen Minuten, die dem Pfarrer aber wie eine lange Zeit vorkamen, kam dem Betroffenen das klare Bewußtsein wieder. Das Mädchen blickte den Seelsorger mit einem diabolischen Gesichtsausdruck an und fragte: „Wissen Sie nun, wer ich bin? Ich habe schon mehrere zur Strecke gebracht.” Sie gestand hinterher, daß sie bei einem ganz bekannten Reichgottesarbeiter zum Ziel gekommen wäre. Sie hätte sich erst theologisch und seelsorgerlich beraten lassen, und dann hätte sie den betreffenden Reichgottesarbeiter, der verheiratet ist, zum Ehebruch verführt. Sie gab auch den Namen des Mannes an. Nach dem schweren Erlebnis mit diesem dämonisch behafteten jungen Mädchen war der Pfarrer, mein Berichterstatter, drei Wochen lang schwermütig. Durch Gottes Gnade wurde er aber von diesen Depressionen wieder frei. Das dämonische Mädchen nahm sich einige Zeit später das Leben. Sie hängte sich auf. Der Pfarrer besuchte daraufhin den von dem Mädchen genannten Reichgottesarbeiter, um vielleicht einen seelsorgerlichen Dienst an ihm tun zu können. Die Angaben des Mädchens stimmten. Dieser betreffende Reichgottesarbeiter war durch das dämonische Mädchen zu Fall gekommen und setzte einige Zeit nach diesem schrecklichen Vorfall in seiner Arbeit aus. Seelsorge und Fürbitte ist eine Auseinandersetzung mit der Finsternis. Auf diesem Schlachtfeld ist schon mancher gefallen. Darum müssen wir uns stets rüsten mit der Waffenrüstung des Heiligen Geistes. Paulus schreibt im Epheserbrief 6, 16: „Vor allen Dingen aber ergreifet den Schild des Glaubens, mit welchem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösewichtes.”

B 145 Ein sehr schmerzliches Erlebnis einer Übertragung berichtete mir eine Chinamissionarin. Ihr Mann besuchte eine sterbende Geisterfrau, also eine aktive Zauberin. Sie hatte in ihren jungen Jahren sich dem Teufel verschrieben und trug als Zeichen dafür Armschnüre, die nie gelöst werden durften. Nun brachte der Missionar ihr auf dem Sterbebett das Evangelium und rang um ihre Seele. Er sagte ihr: „Auch wenn Sie das ganze Leben dem Teufel gedient haben, so kann Christus Sie noch in letzter Stunde retten. Wagen Sie diesen Schritt und lösen Sie die Schnüre als Zeichen des Lossagens.” Ein furchtbarer Kampf mit den dunklen Zaubermächten setzte ein. Schließlich siegte die Gnade Gottes. Die Frau ließ sich eine Schere geben und trennte die Schnüre auf. Im Glauben übergab sie angesichts des Todes ihr Leben dem Herrn.

Inzwischen spielte sich daheim in der Wohnung des Missionars eine Tragödie ab. Sein ältestes Töchterlein gab dem zweijährigen Brüderchen ein kleines Stück geröstete Sojabohne. Das Kind lutschte daran. Plötzlich geriet das Bohnenstückchen in die Luftröhre, und das Kind bekam einen Erstickungsanfall. Der Missionar, der einen Luftröhrenschnitt hätte machen können, war an dem Sterbebett der Zauberin. Die eigene Muttеr wagte diesen Schnitt nicht. Das Kind wurde blau. Die Mutter kniete mit den anderen Kindern nieder und betete für das bereits bewußtlose Söhnchen. Da schlug das erstickende Kind beim Gebet noch einmal die Augen auf und sah alle mit einem strahlenden Lächeln an, sank zurück und war tot. Kurze Zeit später kam der Missionar zurück und berichtete von seinem Kampf mit der Zauberin. Zeitlich gesehen erstickte der Junge in dem gleichen Augenblick, als die Zauberin die Schnüre löste. Hat das nun irgendeinen Zusammenhang? Wer von den Gesetzmäßigkeiten der Zauberei nichts versteht, wird darin höchstens einen Zufall sehen. Die Seelsorge aller bekannten Reichgottesarbeiter zeigt ein häufiges Zusammentreffen solcher Vorgänge. Es gibt Übertragungen, bei denen der Belastete frei wird und ein anderer dafür gebunden wird. Notwendig ist das allerdings nicht. In dem vorliegenden Fall hätte es sich vermeiden lassen, wenn der Missionar bei dieser schweren Seelsorge sich und seine Familie ausdrücklich unter den Schutz des Blutes Jesu gestellt hätte. Außerdem ist es bei offenkundigen Zauberern und Medien dringend ratsam, zur Verstärkung einen zweiten Reichgottesarbeiter zur Seelsorge mitzunehmen, oder in der betreffenden Zeit einen Gebetskreis zusammenkommen zu lassen. Die Missionarin empfand selbst, daß die Erstickung ihres Kindes mit der Seelsorge ihres Mannes an der Zauberin zusammenhing. Allerdings war der Tod des Kindes nicht umsonst. Nach diesem Vorfall regte sich manches in der bis dahin verstockten Gemeinde. Dem Scheinchristen und Traditionschristen, dem die geistlichen Auseinandersetzungen des Schlachtfeldes Jesu Christi fremd sind, wird ein solches Beispiel, wie es hier berichtet wird, unglaubwürdig sein. Vollends wird der nur naturwissenschaftlich orientierte Arzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

38. Das Wahrsagen ist bereits in dem Buch Christus oder Satan dargestellt. Deshalb erübrigt sich hier eine ausführliche Behandlung. Die wichtigsten Gebiete der Wahrsagerei sind Astrologie, Kartenlegen, Handlinienlesen, Rute und Pendel, Spiegelmantik, Psychometrie u. a. In der Art unterscheidet man suggestive und intuitive Formen. Beeinflussen und Erfühlen sind die beiden Komponenten der Wahrsagerei. Gut 95 % oder noch mehr kann als Schwindel, Humbug und Geldmacherei angesehen werden. Aber auch der Schwindel ist um seiner suggestiven Kraft willen gefährlich. Der kleine Rest erfolgt mit übersinnlichen Kräften, um deren ethischen Charakter sich die Parapsychologen und Theologen streiten. Die Bibel hat die drastische Zweiordnung. Das Weissagen geschieht mit Kräften der Welt Gottes unter einer Inspiration des Heiligen Geistes. Das Wahrsagen geschieht mit Kräften von unten durch eine Inspiration des Satansgeistes. Die Auswirkungen der Wahrsagerei sprechen eine deutliche Sprache. Die Heilige Schrift bezeichnet Wahrsagen als Gotteslästerung. Und nun einige Beispiele, die um zahllose vermehrt werden könnten.

B 146 Eine Frau aus W., 42 Jahre alt, war in ihrem Leben schon oft bei Astrologen und ließ sich das Horoskop stellen. Sie wurde schließlich depressiv und versuchte zweimal, sich mit Schlaftabletten zu töten. Sie ist auch vom Jähzorn geplagt. In der Seelsorge beichtete sie alle Dinge ihres Lebens, konnte aber nicht richtig glauben. Sie ringt seit Monaten um den inneren Frieden und um Glaubensgewißheit.

B 147 Ein in der Reichgottesarbeit bekannter Mann las auf der Reise in einem Hotel zufällig sein Tageshoroskop. Er ist sonst keineswegs ein Freund der Astrologen, er las nur das Horoskop, das sich gerade auf seinen Geburtstag bezog. In dem Horoskop stand unter anderem: „Die Autofahrer müssen an diesem Tag besondere Vorsicht walten lassen.” Bei der Weiterfahrt verlangsamte er unwillkürlich sein Fahrtempo. Abends erklärte er lachend, er wäre bereits von der Astrologie infiziert worden; denn er wäre an diesem Tag langsamer als sonst gefahren.

B 148 Eine Frau ließ sich die Karten legen und durch einen Astrologen verschiedene Male ausführliche Horoskope ausarbeiten. Eine Zigeunerin las ihr auch aus der Hand. Ferner kaufte sie Schutzbriefe, Brandbriefe und Wahrsagebriefe. Es stellten sich bei ihr Selbstmordgedanken ein. Gegen göttliche Dinge empfand sie eine scharfe Abwehr. Ein Nervenarzt stellte bei ihr eine Hysterie fest.

B 149 Eine junge Frau wollte das Wahrsagen erlernen. Sie wurde von ihrer okkult arbeitenden Schwester darin unterrichtet. Eines Tages war in ihrer Gemeinde eine Evangelisation. Beide Schwestern besuchten die Vorträge. Die wahrsagende Schwester kam zum Glauben an Christus. Von dieser Zeit an erlebte sie nächtliche Verfolgungsszenen. Sie wurde von unsichtbaren Mächten blutig geschlagen. Dieser Zustand brachte sie in die Seelsorge.

B 150 Ein Mädchen betrieb jahrelang die Wahrsagerei. Schließlich entwickelten sich an ihren beiden Händen hartnäckige Ekzeme. Sie möchte gerne zu Christus kommen, kann aber nicht glauben.
Ist es nicht eine Barmherzigkeit Gottes, daß er uns die Zukunft verhüllt? Wenn wir alles wüßten, was uns bevorsteht, dann wären alle Entscheidungen erschwert. Alle Entschlußkraft wäre gelähmt. Alle Lebensfreude wäre genommen. Gott ist in seinem vielfachen Schweigen viel barmherziger als alle Wahrsager, die meinen, dem Menschen mit der Enthüllung der Zukunft einen Dienst zu erweisen. Abgesehen davon, daß diese Enthüllung meist sehr zweifelhafter Natur ist und viele Belastungen mit sich bringt.

39. Das Warzenentfernen ist eine zweifelhafte Volkskunst, die teils suggestiven, teils magischen Charakter hat. Zunächst zwei Beispiele zur suggestiven Warzenentfernung.

B 151 In D., südlich von Hannover, lernte ich einen Arzt kennen, der folgendes erfolgreiche Warzenrezept hat. Er bestreicht bei seinen Patienten die Warzen und murmelt dabei den Anfaпg der Odyssee: „Ennepe Musa andron polytropon hos mala polla epathen” usw. Dieses fremdsprachliche Zitat wirkt als geheimnisvoller Zauber und beeinflußt das Gewebe. Die Warzen verschwinden durch Suggestion.

B 152 Ein mir gut bekannter Hautarzt in Lothringen hat folgende verblüffende Methode, bei Kindern die Warzen zu entfernen. Er läßt seine jungen Patienten die Hand auf ein weißes Blatt Papier legen. Darnach umfährt er mit einem Bleistift die Finger und erhält damit ein getreues Abbild der Hand. Der Patient nimmt dann das Blatt mit heim und muß auf den nächsten Tag alle Warzen in das Handbild einzeichnen. Beim zweiten Besuch wirft der Arzt das Blatt vor den Augen des Kindes in das Feuer und erklärt: „So, jetzt verschwinden deine Warzen in einem Tag.” Der Arzt hat mit dieser suggestiven Warzenentfernung einen großen Erfolg. Bei Erwachsenen geht das allerdings nicht.

B 153 Bei Erwachsenen funktioniert dafür die magische Warzenentfernung. Die Warzen werden mit Speck abgerieben, der Speck unter Absagen eines magischen Spruches unter eine Dachrinne vergraben oder in ein offenes Grab geworfen. Den magischen Spruch teile ich hier nicht mit. Ich bin sonst überzeugt, daß mancher diesen Warzenzauber ausprobieren würde.

B 154 Ein Superintendent eines norddeutschen Kirchenbezirkes erzählte mir aus seiner Gemeinde folgenden Brauch. Die Warzenentfernung geschieht dadurch, daß Männer sich die Warzen mit dem Waschwasser einer weiblichen Leiche besprengen oder waschen. Frauen tun das gleiche mit dem Waschwasser einer männlichen Leiche. Es wird dabei noch ein Spruch aus dem 6. und 7. Buch Moses gesagt. Diе Warzen verschwinden tatsächlich. Der Superintendent berichtete dabei, daß eine derartige Warzenbehandlung zu sexuellen Entgleisungen führen würde. Das wäre offensichtlich zu beobachten. Diese Beobachtungen stimmen mit meinen Erfahrungen überein. Allerdings gilt das nur bei magischer Warzenentfernung, nicht bei der suggestiven Behandlung.

40. Die Zahlensymbolik ist ein vielgestaltiges Labyrinth, aus dem sich abergläubische Menschen nicht befreien können. Das Bekannteste auf diesem Gebiet ist die Vorstellung, daß die Zahl 13 eine Unglückszahl ist. Manche Hotels haben kein Zimmer 13. Ich selbst wohnte als Student in einem Studentenheim in Heidelberg in einem Zimmer 12a. Rechts und links davon waren die Zimmer 12 und 14. Im Schatten der Alma Mater diese Sumpfblüte des Aberglaubens! Und nun eine Geschichte mit einem evangelischen Pfarrer, bei dem ich sogar eine Evangelisation durchgeführt habe.

B 155 Ein Pfarrer wurde bei einem befreundeten Arzt zum Tauffest eingeladen. Nach der Amtshandlung betrat der Pfarrer das Wohnzimmer und wurde an seinen Platz gewiesen. Plötzlich wurde der Pfarrer unruhig, überblickte die Festtafel und zählte die Zahl der Gedecke. Dann stand er rasch auf und sagte seinem Schulfreund: „Hier setze ich mich nicht hin. Das sind 13 Gedecke. Das geht nicht gut aus.” Der Arzt erwiderte ihm erstaunt: „Und das ausgerechnet aus dem Mund eines Pfarrers, der doch den Auftrag hat, die Leute vom Aberglauben abzubringen.” Es entstand eine lebhafte Diskussion, die zwar humorvoll, aber doch ernst geführt wurde. Der Pfarrer blieb bei seinem Standpunkt. Die Kinder wurden in ein Nebenzimmer gesetzt, damit die Festtafel nicht mehr 13 Gedecke umfaßte. Ein Vierteljahr später starb das jüngste Kind des Pfarrers. Der Arzt war bei der Beerdigung. Auf dem Heimweg vom Friedhof kamen sie wieder auf jenes Tauferlebnis zu sprechen. Der Arzt parierte zum zweiten Mal die abergläubischen Vorstellungen des Pfarrers. In der gleichen Nacht wurde das Kind des Arztes schwer krank und war am nächsten Morgen bereits tot. Nachdem das Kind des Arztes beerdigt war, fragte der Pfarrer den Arzt: „Glaubst du es jetzt, daß die Zahl 13 Unheil bringt?”

Wie reimt sich die Christusbotschaft, die dieser Amtsbruder zu verkündigen hat, mit diesem Aberglauben zusammen?

Der Alltag steckt voll mit diesem merkwürdigen Zahlenglauben. Am 13. Tag eines Monats darf man kein Lotterielos nehmen. In einer neuen Kirche soll man drei Wünsche aussprechen. Sie sollen in Erfüllung gehen. Drei Kreuze über Fenster oder Türschwelle bringen Glück. Im Garten soll man eine ungerade Zahl von Bohnen setzen. Bei einer ungeraden Zahl gedeihen die Kücken besser als bei einer geraden Zahl.

41. Die Zeichendeuterei beschließt diesen Drachenschwanz einer abergläubischen Verhaftung und Belastung. Glückszeichen und Unglückszeichen sollen nach diesem Aberglauben in den Alltag hineinragen und den Ablauf des Lebens bestimmen und beeinflussen. Zunächst ein Beispiel dazu.

B 156 Ein 80jähriger Kirchenältester aus H. erzählte mir anläßlich einer Evangelisation folgendes. Vor 25 Jahren wäre seine Frau gestorben. Sie wären aber durch eine Warnung vorbereitet gewesen. Als ich nach der Bedeutung der Warnung fragte, erklärte er mir, im Frühjahr des betreffenden Sterbejahres wäre im Garten eine Wurzel senkrecht aus dem Boden herausgekommen. Das wäre immer das Zeichen, daß in der Familie ein Todesfall eintreten würde. Ich erklärte dem Kirchenältesten, daß das blanker Aberglauben ist. Er ließ sich aber von mir nicht überzeugen.

B 157 Eine Frau erzählte mir, in einer Nacht wären alle drei Uhren der Wohnung stehen geblieben. Sie hätten dadurch gewußt, daß in allerkürzester Zeit jemand aus der Familie sterben würde. Es ist allerdings nicht eingetroffen.

Glückszeichen sollen sein: Hufeisen, Fliegenpilz, kleine Schweinchen, vierblättriges Kleeblatt, Marienkäferchen, weißes Vergißmeinnicht, Mistelzweig an Weihnachten, Spinngewebe in der Zimmerecke usw. Bekannt sind auch Glückssprüche wie „Scherben bringen Glück”. Wer zum ersten Mal im Jahr den Kuckuck hört, muß mit dem Geld klimpern.
Unglückszeichen sollen sein: Eine schwarze Katze oder eine alte Frаu oder ein Buckliger, die einem in der Morgenfrühe über den Weg laufen; Hand übers Kreuz geben; Grünes im Garten verbrennen; den Ehering verlieren; wenn es der Braut bei der Hochzelt in den Schleier regnet. Graben Hunde ein Loch, so bedeutet es eine Todesanzeige oder einen Brand. Unglück bringt der Leichenzug, der dem Hochzeitszug begegnet. Wenn die Leiche die Augen nicht schließt, so wird ein Verwandter bald sterben. Etwas Spitzes verschenken, verdirbt die Freundschaft. Perlen bedeuten Tränen. Kocht Lauge über, so weicht das Glück aus dem Haus. Unheil bringt das Unterbrechen von Briefketten usw.

Als Ankündigungszeichen sind verbreitet:

Wenn die Nase beißt, erfährt man etwas Neues. Klingelt das rechte Ohr, so wird gerade ungut über einen geredet. Klingelt das linke Ohr, so spricht jemand gut über uns. Wenn die Katze sich wäscht, kommt Besuch. Frißt der Hund Gras, so regnet es bald. Wenn Fensterscheiben dеs Nachts springen, so kommt Unglück. Wenn Messer oder Schere beim Fallen mit der Spitze im Boden stecken bleiben, so bedeutet das kommendes Unheil. Wenn uns beim Essen aufstößt, so vergönnt man uns die Mahlzeit.

Zur Zeichendeuterei gehört auch das Achten auf Vogelgeschrei. Der Käuzchenruf bringt einen Todesfall. Wer den Storch im Frühjahr zuerst sieht, bekommt Familienzuwachs. Der Kuckucksruf bedeutet Wunscherfüllung. Raben oder schwarze Vögel auf dem Dach bringen Unheil. Fledermäuse verjagen den Diеb. Elstergeschrei bringt Neuigkeiten usw.

Im abergläubischen Brauchtum findet sich auch die Traumdeuterei. Träume von schwarzen Kirschen, ausfallenden Zähnen und Toten kündigen einen Todesfall an. Hochwasserträume sollen ebenfalls Unglück bringen. Träume von Hühnern, Fischen, Kindеrn und Regen verheißen Glück. In der Flut der okkulten Literatur gibt es auch sogenannte ägyptische Traumbücher, die über die Bedeutung aller Träume Aufschluß geben sollen.

Ihr sollt nicht auf Zeichen achten, ist die Mahnung der Heiligen Schrift. Damit wären wir mit dem Teufelsalphabet zu Ende.

 

III. DIE BEFREIUNG DURCH CHRISTUS

1. Die Folgen des Aberglaubens

Alle bisher berichteten Beispiele aus der Seelsorge zeigen, dass das mannigfache abergläubische Brauchtum mehr oder weniger gefährliche Folgen zeitigt. Die Folgen verstehen sich teilweise als Auswirkung einer Suggestion oder Autosuggestion. Diese Beeinflussung erreicht in vielen Fallen die unbewussten Tiefenschichten des Menschen. Während unser Oberbewusstsein nach dem Gesetz der Logik über den Aberglauben lacht, spielt uns das Unbewusste einen Streich und drängt zur Erfüllung des Verlachten. Es gibt auf dem Gebiet des Aberglaubens einen Erfüllungszwang. Was wir verlachen oder befürchten schlägt oft in die Tendenz der Verwirklichung um. Bis hierher verstehen uns die Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen sehr gut. Das gehört noch alles in den Tatbestand des naturwissenschaftlich Erfassbaren.

Worin uns die Naturwissenschaftler nicht mehr folgen können, ist der Bereich des magischen und ebenso des biblischen Geschehens im Sinne widervernünftiger, übersinnlicher und übernatürlicher Zusammenhänge. Es gibt eine höhere Naturordnung, in der das Gesetz der einfachen Kausalität nicht gilt. Zunächst ist diese höhere Naturordnung nur vom Glauben erfassbar und unterliegt nicht der mathematischen Beweisführung. Diese Welt des Glaubens ist aber nicht nur ein Bereich der Fiktionen, der Phantasieprodukte und der Einbildung. Diese Welt des Glaubens ist sowohl in ihrem göttlichen als auch dämonischen Charakter erfahrbar, erlebbar. Es gibt in dieser Welt ein Gewißwerden höherer Ordnung. Das Neue Testament nennt dieses Überführtwerden ’Elenchos’. Dieses höhere Gewißwerden hat für den Gläubigen die gleiche Beweiskraft wie ein mathematischer Beweis. Ein Beispiel. Die Auferstehung Jesu Christi von den Toten läßt sich mathematisch nicht beweisen, sondern nur glauben. Diese Auferstehungstatsache ist dem Glaubenden aber die gleiche Realität wie das mathematische Einmaleins. In dieser höheren Weltordnung ist das magische Geschehen das dämonische Gegenstück zur biblischen Welt. Wie die biblische Welt die Zielstrebigkeit auf Erlösung, Neuschöpfung, Endvollendung, Vollkommenheit hat, so hat die Magie das Gefälle zur Zerstörung, Vernichtung, zum Chaos, zur Finsternis.

Wenn diese höhere Weltordnung auch nicht den Gesetzen der Beweisführung unterliegt, so gibt es doch durch die Berührungen und Durchdringung beider Ordnungen Hinweise, Bestätigungen, Häufigkeitsbeziehungen, die den Charakter übernatürlicher Ereignis ahnen lassen.

Was soll das alles im Zusammenhang mit dem Aberglauben bedeuten? Der Aberglaube hat Auswirkungen, die von dem Naturwissenschaftler in ihrem magischen Charakter nicht erkannt werden. Soweit er sie nicht in irgendein klassisches Krankheitsbild einordnen kann, sind sie ihm unverständlich. Aber selbst bei einem möglichen Einordnen gibt es oft ungeheuerliche Fehldiagnosen. Wie ein schlichter Laienevangelist vielleicht eine endogene Depression oder eine Schizophrenie als Besessenheit deutet und sich dabei einer furchtbaren Fehldeutung schuldig macht, so kann genau umgekehrt der Psychiater eine Dämonisierung, okkulte Belastung oder gar Besessenheit als irgendeine Psychose diagnostizieren und dabei der gleichen Fehldeutung verfallen. Bei der Beurteilung seelischer Erkrankungen ist weder der Psychiater noch der Theologe das Maß aller Dinge. Wenn wir nicht unsere Grenzen erkennen und aufeinander hören können, so haben wir keine Berechtigung, unseren Beruf auszuüben.

Es sollen nun die in den berichteten Beispielen auftretenden Häufigkeitsbeziehungen zusammengestellt und ergänzt werden. Als Begleiterscheinungen beim abergläubischen Brauchtum zeigen sich auf
geistlichem Gebiet: Absencen bei der Berührung mit biblischen Dingen, Fanatismus, Friedelosigkeit, Gesetzlichkeit, Gleichgültigkeit, geistlicher Hochmut, Pharisäismus, Schlafgeist beim Hören des Wortes Gottes, Selbstgerechtigkeit, Spottsucht, Stumpfheit gegen den Heiligen Geist, hartnäckiger Unglaube, Verstockung, religiöser Wahn, Widerstand gegen alles Göttliche, Zweifel usw.

Auf seelischem Gebiet treten auf: Angstzustände, notorische Bettnässerei, Depressionen, Eigensinn, sexuelle Entgleisungen, Geiz, Haltlosigkeit, Zorn, Klatschsucht, Kleptomanie, Lästergedanken, Leidenschaftlichkeit, Neurosen, Rachsucht, Schlafwandeln, Selbstmordgedanken, Streitsucht, Süchte, schwere Träume, Trunksucht, Unversöhnlichkeit, Wahnvorstellungen, Zwangshandlungen usw.
Auf organischem Gebiet zeigen sich folgende Häufigkeitsbeziehungen: Anormale Anfälle, erbliche Belastungen, Chronische Haut- und Kopfleiden, hysterische Krämpfe, Lähmungen, häufige Missgeburten, Nervenleiden, Taubheit, Veitstanz, Zuckungen usw.

Alle diese Häufigkeitsbeziehungen dürfen nicht im Sinne einer Kausalität gewertet werden. Der Erreger solcher Krankheiten und Belastungen kann mitunter medizinisch nachgewiesen werden. Es geht hier um die Feststellung, dass in Familien, in denen viel Aberglaube und Zauberei herrscht, in grosser Häufigkeit solche Folgen auftreten. Der Nachweis einer natürlichen Krankheitsursache ist noch kein Gegenbeweis, dass keine dämonischen Begleitumstände vorliegen. Ausserdem darf der Satz, dass okkulte Betätigung gerne zu Depressionen führt, niemals umgedreht werden: „Wo Depressionen auftreten, da liegt Zauberei im Hintergrund.“ Das wäre ein entsetzlicher Kurzschluss. Depressionen können auch viele andere Ursachen haben.

2. Gibt es eine wirksame Abwehr ?

Wie stellen wir uns nun zu all diesen Belastungen des Aberglaubens? Müssen wir uns resigniert damit abfinden? Kann dieser breite, trübe Strom aufgehalten werden?

In der Tat, es kann manches getan werden, um die Ausbreitung und die Folgen des Aberglaubens einzudämmen. Ein falscher Weg der Bekämpfung ist die Humbugtheorie. Einen Gegner, der nicht existiert, brauche ich nicht zu bekämpfen. Wer das ganze Problem derartig verflacht, erreicht mit seiner Abwehr nicht den Kern des unheimlichen Gebietes. Bessere Bundesgenossen könnten die Behörden sein, wenn sie für die Bekämpfung des Aberglaubens Verständnis hätten.

Zur Verbreitung abergläubischer Vorstellungen hat leider die Art unserer Erziehung beigetragen. Die Kinder werden im Elternhaus und in der Schule schon sehr früh mit dem Aberglauben und dem Hexen und Zauberwahn bekannt gemacht. Das geschieht wohl aus der Unkenntnis heraus, da sie nicht um die grausigen Auswirkungen des Hexenwahnes wissen. Es ist ein dringendes Gebot, daß die zahlreichen Märchen mit den Hexen und Zauberergeschichten, viele Filme und Theaterstücke mit derartigen Motiven verschwinden müssen. Das Lehrgut und das bildhafte Material prägt sich tief in das kindliche Gemüt ein. Die Tiefenpsychologie spricht davon, dass die Imagowirklichkeit, die Kraft des Anschauungsbildes, das Unbewußte des Kindes formt und umfängt. Diese Prägung des Seelenlebens wird später durch die Entwicklung der Verstandeskräfte und das Wachsen des logischen Denkens nicht mehr überwunden, sondern höchstens überdeckt. Die Seelsorge zeigt, daß auch der Erwachsene noch weithin von diesem Unterrichtsstoff seiner Jugend bestimmt ist. Der erwachsene Mensch lacht über den Aberglauben und steckt mit ganzer Seele drin. Es ist vollends nicht mehr zu entschuldigen, wenn christliche Blätter, die im Kindergottesdienst den Kindern ausgegeben werden, Hexengeschichten enthalten.

3. Befreiungsbeispiele

Eine echte Abwehr des Aberglaubens gibt es nur von Christus her. Damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt. Der Ring schließt sich. Christus ist der Standort, von dem aus alle abergläubischen und magischen Strömungen in ihrer Tiefe verstanden werden. Christus ist auch der Sieger über alle satanischen Mächte, durch den alles überwunden wird, was der Fürst dieser Welt inszeniert. Christus führt seit seiner Tat am Kreuz und am Ostermorgen alle dämonischen Gewalten im Triumphzug hinter sich her.

B 158 Ein 13-jähriger Junge klagte über Müdigkeit und Rückenschmerzen. Die Eltern glaubten zunächst, es wären Folgen einer Überarbeitung, weil die Kinder dieser armen Familie alle auf dem Feld und im Wald mitarbeiten mussten. Weil der Junge im Lauf der Zeit völlig arbeitsunfähig wurde, schickte ihn der Vater zum Arzt. Nach gründlicher Untersuchung stellte der Arzt eine Nerven und Rückenmarkstuberkulose fest. Der Arzt erklärte dem Vater ganz offen, dass seine Hilfe zu spät käme, er hätte den Jungen viel früher bringen müssen. Die Tuberkulose hätte bereits in einem erschreckenden Ausmaß um sich gegriffen. Der bestürzte Vater fragte dann, was er noch tun könnte. Der Arzt antwortete: „Gehen Sie mit dem Jungen zum H. nach P. Der kann mehr als die Ärzte.” Der Vater machte sich mit dem Jungen auf den Weg und stand schließlich mit ihm im Sprechzimmer dieses berüchtigten Zauberers. Im Sprechzimmer hingen anerkennende Behördenzeugnisse für Seuchenstillung und andere erfolgreiche Heilverfahren. H. stellte dann den Jungen vor einen großen Spiegel. Nachdem er den Jungen aufmerksam betrachtet hatte, erklärte er: „Junge, es steht sehr schlimm mit dir. Du hättest früher kommen müssen. Wir wollen aber sehen, was sich tun lässt.” Dann machte er dem Jungen drei Kreuze auf den Körper, strich ihm dreimal die Wirbelsäule entlang und murmelte irgendeinen lateinischen Satz. Dann erhielt der Junge eine Arnika-Tinktur mit der Anweisung, sich jeden Tag damit den Rücken einreiben zu lassen. In einem Monat sollte er wiederkommen. Der Besprecher gab dem Jungen noch den Rat: „Du musst an mich glauben, damit es hilft.” Beim Hinausgehen beobachtete der Junge, dass die Patienten alle das gleiche Fläschchen mit Arnika-Tinktur in den Händen hatten. Tatsächlich gab der H. nur dieses Medikament aus, mit dem sich die Patienten einreiben mussten, ganz gleich, ob sie Migräne oder eine Verrenkung oder eine äußere Verletzung hatten. Nur bei Blutvergiftungen verordnete er einen Maisbrei, der heiß aufzulegen war. Das wesentliche in dem Heilverfahren waren nicht die beiden Heilverordnungen, sondern das magische Bestreichen in den drei höchsten Namen oder in drei Teufelsnamen. Der Junge kam insgesamt dreimal zu H. und wurde durch seine magische Behandlung vollständig geheilt. Er entwickelte sich zu einem großen, kräftigen Menschen.

Als er heiratete, versuchte seine Frau, die christlich eingestellt war, ihren Mann in die Bibelstunden der Gemeinschaft mitzunehmen. Tatsächlich wurde der Mann vom Wort Gottes angesprochen und entschloß sich, Christus nachzufolgen. Von dieser Entscheidung an stellten sich schwere Anfechtungen, Depressionen und Selbstmordgedanken ein. Dieser angefochtene Mann erzählte mir in der Seelsorge, daß sein Leben seit der Heilung durch H. normal verlaufen war. Erst als er zu beten und die Bibel zu lesen anfing, ging ein Höllentanz los. Er erklärte mir, daß er, ohne es zu wissen, von H. dem Teufel verschrieben worden war. Die Depressionen nahmen einen derartigen Umfang an, daß er drei Selbstmordversuche unternahm. Es wurde jeweils ein Arzt zur Hilfeleistung herbeigerufen. Als der Arzt an der Packung die Dosis Gift feststellen konnte, die der Depressive zu sich genommen hatte, erklärte er: „Dieses Gift hätte gereicht, um zehn Menschen zu töten.” In diesen Wochen schwerster Anfechtungen hat sowohl die gläubige Frau, als auch der Gebetskreis der Gemeinschaft sich in der Fürbitte stark für den Kranken eingesetzt. Mehrmals beteten auch die Brüder der Gemeinschaft unter Handauflegung mit dem Mann. Der Kampf dauerte einige Monate. Christus trug aber über den starken Mann den Sieg davon. Er wurde von dem dunklen Bann, der durch die Behandlung H’s. auf ihn gekommen war, restlos frei. Wo die Sünde mächtig geworden war, war die Gnade noch viel mächtiger geworden.

B 159 Eine Frau war bei mir zur seelsorgerlichen Aussprache. Trotz einer Beichte drang sie nicht zur Glaubensgewißheit durch. Da ihre Glaubenshemmungen dem Phänomen der Resistenz glichen, fragte ich nach okkulten Beziehungen. Es kam folgender Tatbestand zum Vorschein. Ihre Mutter hatte alle ihre Kinder bei Erkrankungen besprochen. Dabei wurden die Arme der Kinder verschränkt, und die Mutter sagte in den drei höchsten Namen eine magische Formel. Als ich mich nach dem seelischen Zustand der anderen Geschwister bei dieser Frau erkundigte, erklärte sie, alle ihre Geschwister würden unter Depressionen leiden. Sie hätten auch sexuelle Anfechtungen. Einerseits wollten ihre Geschwister ihr Leben Christus ausliefern  sie würden manchmal im Gebet darum ringen  andererseits würden sie wieder in das andere Extrem fallen und alles Göttliche ablehnen. Einmal hätte ihre Schwester auch ihr gegenüber geäußert: „Ich stehe unter einem finsteren Bann.” Ich habe dann dieser angefochtenen Frau den Weg zu Christus gezeigt und ihr alle Dinge gesagt, die zur Überwindung okkulter Behaftung gehören. Die Frau ging daraufhin heim, betete und kämpfte die ganze Nacht und wurde durch die Gnade Gottes in dieser Nacht frei. Einige Tage später kam sie wieder und erzählte freudestrahlend, daß sie völlig frei geworden wäre und sich befreit und glücklich fühlen würde wie nie in ihrem Leben zuvor.

B 160 Die heimtückische Macht des Aberglaubens wird auch an dem Beispiel eines gläubigen Pfarrers W. F. deutlich. Der Pfarrer ist im dritten Reich bekannt geworden durch eine Gegenschrift gegen Rosenberg’s Mythos des 20. Jahrhunderts. In der Verkündigung und im Unterricht bewies er eine starke Gegnerschaft gegen jede Form des Aberglaubens. Eines Tages kam er auf den seltsamen Gedanken, sich ein drastisches Beweismittel gegen die Wahrsagerei zu beschaffen. Er ließ sich von einem Astrologen ein sehr sorgfältiges und ausführliches Horoskop ausfertigen. Der Pfarrer meinte nun, damit einen Beweis für die Nichtigkeit des Aberglaubens zu erhalten, wenn er Jahr für Jahr es beobachten könnte, wie das Horoskop sich nicht bewahrheitete. Diese Erwartung traf nicht ein. Mit einem unheimlichen Gefühl erlebte es der Pfarrer, daß das Horoskop sich erfüllte. Acht Jahre lang schaute er düster dem Prozeß der Erfüllung zu. Schließlich merkte er an sich selbst den Bann dieses Aberglaubens. Er tat Buße und stellte sein Leben erneut unter den Schutz Jesu Christi. Von diesem Tag an stimmte das Horoskop nicht mehr. Schlagartig verlief sein Leben anders als es in dem „Kosmobiogramm” (Horoskop) angegeben war. War er vorher einer Suggestion erlegen? Hatte sein Unterbewußtsein an das Horoskop geglaubt? War er einem Erfüllungszwang anheimgefallen? Hatten ihn, den gläubigen Pfarrer, die Krallen einer dämonischen Astrologie gepackt? Die Fragen bleiben offen. Auf jeden Fall erwies sich Christus als der große Befreier. Das sich stets enger ziehende Netz des Aberglaubens wurde zerrissen. In eigener Kraft wäre das nicht möglich gewesen. Acht Jahre zuvor hatte er ja die unheimliche Gewalt der Zukunftswahrsagung an sich erleben müssen.

B 161 Ein feines Zeugnis für die Befreiung durch Christus ist die Gebetserhörung eines Mädchens, das heute Schwester in einem Diakonissenhaus ist. Dieses Mädchen ist die Tochter eines bekannten Gottesmannes, den Gott mit mancherlei Geistesgaben ausgerüstet hatte. Dieser Reichgottesarbeiter hatte einen okkult belasteten Mann in sein Haus aufgenommen, um ihm anhaltender in der Seelsorge dienen zu können. Dieser Belastete erlebte furchtbare Angstzustände und Anfechtungen in der Nacht. Es war, wie wenn er von Furien gehetzt wäre. Die Ursachen dieser Anfälle waren klar. Der Belastete hatte in seiner Jugend viel Zauberei getrieben und erfuhr nun die dämonische Kehrseite seines Aberwitzes. Die Tochter des Hauses betete in dem Gebetskreis mit, der sich für den Belasteten einsetzte. Eines Nachts spielte sich ein merkwürdiger Kampf ab. Das Mädchen betete in ihrem Zimmer allein auf den Knien für den angefochtenen Mann. In ihrem Ringen und Flehen bat sie den Herrn, er möchte doch die Last des Angefochtenen auf sie legen und dann sie befreien. In kindlichem Glauben stand sie vor dem Herrn. Da spürte sie plötzlich unheimliche Gewalten in ihrem Zimmer. Sie fühlte sich von Krallen gepackt und auf den Boden gerissen. Sie konnte sich nicht mehr erheben. Stundenlang lag sie so auf dem Boden. Sie konnte nur noch stöhnen: „Herr, hilf mir!” Das Mädchen erlebte in dieser Nacht eine furchtbare Hölle. Morgens kam sie spät aus ihrem Zimmer und schleppte sich in das Wohnzimmer. Als die Mutter sie erblickte, schrie sie auf: „Kind, wie siehst du aus?” Das Mädchen war gräßlich entstellt, bleich, erschöpft und kaum mehr eines Wortes fähig. Sie erzählte der Mutter von dem Gebetskampf. Die Eltern mahnten sie dringend, so etwas nie zu wiederholen. Eine Stunde später kam der belastete Gast aus seinem Zimmer. Fröhlich und entspannt betrat er das Frühstückszimmer und berichtete freudestrahlend, der Herr hätte ihn in dieser Nacht befreit. Er wäre wie neugeboren. Von dieser Nacht an blieben alle Belastungen und Anfälle weg. Der Herr hatte das Gebet dieser treuen Beterin angesehen und dem Belasteten eine anhaltende Befreiung geschenkt. Das Mädchen selbst hatte auch keine Nachwirkungen. Sie erholte sich rasch von diesem Glaubenskampf.

Jesus ist der Siegesheld,
der all` seine Feind` besieget.
Jesus ist’s, dem alle Welt
bald zu seinen Füßen lieget.
Jesus ist’s, der kommt mit Macht
und zum Licht führt aus der Nacht.

Ein gläubiger Lehrer, ehemals Mitarbeiter von Johannes Seitz in Teichwolframsdorf übergab mir einige Berichte aus seiner Arbeit. Seine Erlebnisse sind so starke, herrliche Christuszeugnisse, daß sie zur Ehre Jesu der Öffentlichkeit übergeben werden sollen. Die Berichte sind durch eine Reihe von Zeugen, Reichgottesarbeitern der Gegenwart, in ihrer Wahrhaftigkeit bestätigt. Es ist nichts aufgebauscht, sondern alles wahrheitsgemäß wiedergegeben.

B 162 Mein Berichterstatter erhielt eine Lehrstelle in einem reichen Bauerndorf. Da die behäbigen Bauern in ihrer Sattheit und in ihrem Wohlstand keinen Heiland nötig hatten, verteilte der neue Lehrer christliche Blätter in jedem Haus. Kamen die Bauern nicht zur Kirche, so kam dle Kirche zu ihnen. Bei diesem Verteildienst wurde eines Tages der Junglehrer von einem reichen, vierschrötigen Mann angesprochen: „Glauben Sie denn das, was in Ihren Blättern steht?” „Ja, selbstverständlich, sonst würde ich diese Blätter nicht verteilen”, antwortete der Lehrer. „Kann man sich wirklich darauf verlassen, daß das wahr ist? Sind das nicht nur fromme Redensarten?” forschte der Bauer weiter. Der junge Zeuge Jesu erwiderte: „Das haben überzeugte Christen geschrieben. Sie dürfen diesen Berichten völlig trauen.” „So, das wollte ich zuvor wissen”, meinte der Bauer. „Ich habe das Blatt vom letzten Sonntag gelesen. Da stand von einer Krankenheilung durch den Glauben. Kann euer Jesus auch meine kranke Frau heilen?” Der Lehrer antwortete: „Ich bin überzeugt, daß heute noch Wunder geschehen. Sonst wäre das Wort nicht wahr ,Jesus Christus, gestern und heute und derselbe in Ewigkeit’“. „Dann fasse ich Sie beim Wort”, fuhr der Bauer fort. „Kommen Sie mit zu meiner Frau. Die Ärzte konnten ihr nicht helfen.” „Was hat denn Ihre Frau?” fragte der Lehrer. „Ein Nervenleiden oder noch etwas Schlimmeres. Kann euer Jesus auch so etwas heilen?” wollte der Bauer wissen. „Jesus kann alles heilen, auch das, wo jede menschliche Kunst am Ende ist”, erwidertе der Lehrer.

Der Bauer ging seinem Gast voran, aber merkwürdigerweise nicht an das Wohnhaus, sondern in die Scheune. Er bestieg eine Leiter und ging zum Schüttboden hoch, der Lehrer erstaunt hinterher. „Dort in der hintersten Ecke ist ihre Kammer”, erklärte der Bauer. Die beiden kamen an eine schwer gesicherte Tür. Ein breites Eisenband mit einem dicken Vorhängeschloß hing quer. Der Bauer schloß auf und schob seinen Begleiter in den Raum. Sofort stellte er sich mit seiner breiten Gestalt unter die Türfüllung, um einen Rückzug unmöglich zu machen. Eine widerliche Atmosphäre schlug dem Eintretenden aus dem furchtbaren Zimmer entgegen. Diе Wände waren mit Kot und Blut beschmiert. Das Fenster war vergittert. Ein zerwühltes Bett war das einzige Möbelstück dieser Kammer. Eine Macht der Finsternis drang auf den gläubigen Lehrer ein. Er betete inbrünstig: „Herr, decke mich mit deinem Blut. Beschütze du mich vor der Macht Satans. Stehe du mir bei. Ich weiß nicht, was hier los ist. Du bist aber allem gewachsen.” Da bewegte sich die Bettdecke. Ein kahler Kopf mit einem bleichen, entsetzlichen Gesicht schob sich heraus. Einen Moment stierte sie den Eindringling an. Da riß sie die Decke weg und sprang heraus. Sie duckte sich wie ein Raubtier, das zum Sprung ansetzt. Der betende Lehrer stand unbeweglich, unablässig um den Schutz des Herrn flehend. Die Geistesgestörte sprang ihn an und machte eine Bewegung, als wollte sie ihm die Augen auskratzen. Einen halben Meter vor ihm ließ sie die Hände sinken. Sie raste um das Bett und setzte erneut zum Sprung an. So trieb sie es eine ganze Zeit. Sie sprang ihn an, sie umkreiste ihn wie ein Tier die geschlagene Beute. Aber stets ließ sie im letzten Moment davon ab. Immer auf Schrittlänge prallte sie vor dem Beter zurück. Das Toben der Geisteskranken, in Wirklichkeit die Wut deт Dämonen steigerte sich. Die Besessene fing an, schauerlich Christus zu lästern. Sie fluchte und schrie, daß ihr Mann voller Schrecken war. Sie riß den Fetzen Hemd hoch und zeigte den Männern den Rücken. Der Lehrer schrie ohne Unterlaß zu Christus um seine Bewahrung vor dieser Satansmacht.

Es wurde ihm dabei klar, daß es sich hier nicht um eine Geisteskrankheit handelte, sondern um Besessenheit. Er hatte auf diesem Gebiet noch wenig Erfahrung. Er war hier ohne sein Wissen und Wollen zum ersten Mal in eine derartige Sache hineingestoßen worden. In diesem Kampf wuchsen ihm nun die Kräfte. Er bat den Herrn, der Besessenen zu befehlen, daß sie sich ruhig ins Bett legte. Augenblicklich wurde er erhört. Die geplagte Frau legte sich ruhig nieder. Es dauerte allerdings nur einige Minuten, da sprang sie wieder heraus und griff erneut an. Das Ringen setzte wieder ein. Schließlich faßte der Beter Mut und rief mit mächtiger Stimme: „Jesus ist Sieger!” Sofort begab sich die Frau zu Bett und blieb ruhig. Der Kampf schien zu Ende zu sein.

Der Bauer mahnte seinen Besucher: „Wir können jetzt gehen.” Er verriegelte die Türe. Draußen erklärte er: „so hat sie es noch nie getrieben. Das habe ich noch nicht erlebt mit ihr. Haben Sie jetzt immer noch den Mut, an eine Heilung zu glauben?” Der Lehrer, vom Kampf noch ganz erschöpft, gab zur Antwort: „Ja, Christus kann Ihre Frаu heilen. Ärzte schaffen das nicht. Sie müssen aber Ihr Leben selbst Christus ausliefern und auch um die Befreiung Ihrer Frau beten.” „Ich kann nicht beten”, erwiderte der Bauer. „Dann fangen Sie heute damit an” riet ihm der Lehrer. „Tun Sie es doch für mich. Ich kann nicht glauben, daß diese Frau noch einmal den Verstand bekommt und gesund wird. Unten in der Wohnung habe ich zwei Gutachten von Psychiatern, daß meine Frau unheilbar ist. Schon in der Nervenheilanstalt hat sie sich gebärdet wie ein Tier. Sie riß sich die Haare vom Kopf, die Kleider vom Leib und rannte nackt umher. Sie aß ihren eigenen Kot und griff jeden Menschen tätlich an, auch die Ärzte und die Wärter. So trieb sie es auch hier in der Kammer. Soll dieser Frau noch geholfen werden können?” Der Lehrer antwortete: „Warum soll der allmächtige Gott seinen unglücklichen Geschöpfen nicht helfen können? Ihre Frau ist nicht krank. Sie ist von finsteren Mächten besessen. Und diese weichen nicht durch eine ärztliche Behandlung, sondern nur durch anhaltendes Gebet und Fasten.” Der Bauer fragte bekümmert: „Wie kommt eine solche Belastung zustande?” „Durch Zauberei und Aberglauben, durch Kartenlegen und Sympathietreiben”, klärte ihn der Lеhreт auf. „Hier bei Ihrer Frau liegt wohl Spiritismus vor. Sie trieb vermutlich Tischrücken, Totenbefragen und ähnliches. Diesen Eindruck habe ich beim Beten vorhin in der Kammer gewonnen.” „Das kann stimmen”, meinte der Bauer. „Мeinе Frаu hat solche Dinge gepflegt.” Der Lehrer fragte darauf den Bauern mit großem Ernst: „Erkennen Sie das als schwere Greuelsünden an?” „Ja”, antwortete der Bauer. „Soll dieses Bekenntnis auch für Ihre Frau gelten?” fuhr der Lehrer fort. „Ja!” „Gut, dann will ich für euch beide beten.” „Aber meine Frau ist ja total irrsinnig. Die Ärzte erklärten doch auch ihre Unheilbarkeit. Und jetzt behaupten Sie, meine Frau könnte gesund werden. Ich kann das nicht glauben. Ich will sehen, ob das Ihr Gott tut.” Mit diesem Gespräch hatten die Männer das Tor erreicht. Sie trennten sich.

Der Lehrer ging ganz aufgewühlt nach Hause. Schwere Gedanken jagten durch seinen Sinп. Wohin war er als Anfänger des Glaubens geraten? Hatte er sich nicht übernommen? Wenn Christus nun nicht diesen ganzen Kampf zum Siege führte, so würde der Bauer, dieser Weltmensch, nie und nimmer etwas vom Wort Gottes wissen wollen. Er würde dann ein Spötter und Lästerer werden als einer, der die Ohnmacht der Christen und ihres Gottes handgreiflich erlebt hätte. Über all diesem Zweifel und der Not wurde der Lehrer sehr ins Gebet getrieben. Er rief den Herrn an: „Herr Jesus, sei gnädig und barmherzig und hilf dieser gebundenen Frau. Sie hat keinen Helfer außer dir. Laß mein Gebet vor deine Ohren kommen. Erhöre du mich um deines Namens willen.” Daheim erzählte der Lehrer nichts seiner Frau. Er wollte sie nicht in diese furchtbare Sache hineinziehen.

Am nächsten Sonntag lief der Lehrer wieder mit seinen Blättern von Haus zu Haus. An dem Wohnhaus der Besessenen wollte er vorbeigehen. Da stand aber der Bauer unter dem Tor. Grüßend wollte der Lehrer vorbeieilen. Da rief ihn aber der Mann an: „Bitte, kommen Sie herüber. Ich muß Ihnen etwas zeigen!” Der Lehrer dachte: „Jetzt geht es wieder hinauf auf den Boden zu der armen Besessenen.” Doch er täuschte sich. Er wurde von dem Bauern in die Küche geleitet. Dort stand die Frau, sauber gekleidet mit einem weissen Häubchen am Herd und kochte das Mittagessen. Sie erkannte ihn nicht. Der Lehrer vermied es auch, von ihrer Krankheit zu sprechen. Aber sein Herz quoll über vor Dankbarkeit gegen den Herrn, der sich so wunderbar an dieser Belasteten erwiesen hatte.

Im Wohnzimmer erzählte der Bauer, wie alles gekommen war. Am Montag wollte er wie immer der Frau das Frühstück in ihr Gefängnis bringen. An diesem Morgen saß sie zum ersten Mal seit Jahren vernünftig auf dem Bett. Sie redete klar und richtig und bat flehentlich um ihre Kleider. Ihr Mann wagte es. Er ließ sie auch herunter in die Wohnung. Zunächst gab sie sich selbst wieder ein ordentliches Aussehen, und dann machte sie die Wohnung sauber. Sie kochte die Mahlzeiten und arbeitete den ganzen Tag wie früher. Der Bauer dachte zunächst die ganze Woche daran, ob es keinen Rückfall gäbe. Diese Angst wurde ihm erspart. Die Frau blieb gesund.

Acht Tage darauf stand der Bauer wieder unter dem Tor und erwartete den Blättermisionar. „Kommen Sie herein! Sie werden wieder etwas Neues sehen”, so empfing ihn der Bauer. Sie betraten die Wohnung, da saß die ehemalige Besessene am Klavier und spielte Beethoven und Mozart. Sie war eine vorzügliche Pianistin und stammte aus einer guten Familie. Der Bauer berichtete auch, daß seine Frau nun wieder die Einkäufe im Dorf und in der Stadt besorgte und mit Geschick und Umsicht den Hof leitete. Drei Wochen nach der wunderbaren Befreiung reiste die Frаu zu ihren Eltern nach Thüringen. Ihr Erscheinen löste dort eine ungeheure Freude aus. Sie erholte sich rasch und reifte zu einer stattlichen Frau. Ein einziges Mal wagte es der Lehrer, nach ihrer Krankheit und Heilung zu fragen. Die Frau wußte von ihrem zweijährigen Aufenthalt in der Nervenheilanstalt nichts. Alle Erinnerung daran war erloschen. Lediglich von ihrer Heilung hatte sie einen gewissen Eindruck. Sie erzählte, zwei Männer hätten sie besucht. Der eine wäre ganz schwarz gewesen, der andere weiß. Der weiße Mann hätte gerufen: „Jesus ist Sieger!” Daraufhin wäre sie geheilt worden. Von dem Krankenbesuch des Lehrers wußte sie nichts. Er schwieg und ging und gab dem Herrn allein die Ehre. Die ehemals Besessene ist seit vielen Jаhтen nun gesund. Christus hatte den Sieg über alle dämonischen Mächte behalten.

Das zweite Beispiel, das der Lehrer mir mündlich berichtete und schriftlich zur Verfügung stellte, zeigt noch deutlicher die satanische Macht der okkulten Machenschaften, aber auch noch sichtbarer den Sieg Jesu Christi. Dieses Mal lasse ich den Lehrer selbst berichten:

B 163 Mein Freund aus S. war eine unersättliche Leseratte. Er legte sein ganzes Geld in Büchern an. Völlig dem Okkultismus verfallen, kaufte er jedes nur erhältliche Buch darüber. Er las und studierte gewöhnlich bis tief in die Nacht. So unbändig fesselten ihn die „neuen Offenbarungen aus der jenseitigen Welt” und die „Weisheiten der neuen Propheten”. Schließlich suchte er auch darnach zu leben. Er machte die angeratenen Übungen und Exerzitien und aß möglichst die empfohlenen Speisen. Dadurch hoffte er, „reineres Blutes” zu werden und eine „höhere Wesensart” zu erlangen. Sein Ziel war, selbst Offenbarungen aus dem Geisterreich zu erhalten. Das ging eine Weile gut. Plötzlich lief durch die Stadt das Gerücht, daß er irrsinnig geworden wäre. Er hätte zu Hаuse wahnsinnig getobt, alles demoliert und jeden gefährlich bedroht. Man hätte ihn schnellstens in die Nervenheilanstalt verbringen müssen. Das Gerücht erwies sich als Wahrheit. Der Geistesgestörte befand sich in einer Gummizelle der psychiatrischen Abteilung. Er raste und tobte wie ein wildes Tier. In fast allen Stockwerken wurde sein Brüllen gehört. Vier Tage verbrachte er in dieser Zelle. Man hatte ihm eine Zwangsjacke anziehen müssen, da er sich auf jeden Eintretenden stürzte. Trotz der Toberei behielt er klare Sinne. Er wußte genau, wer kam und was geredet wurde. Aus seinem Innern heraus sprachen schreckliche Stimmen. Diese forderten ihn auf, Christus zu lästern. Wenn er diesen Stimmen nicht gehorchte, so wurde er schwer gequält. Es besstand kein Zweifel, er war in den Bann finsterer Mächte geraten und von schlimmen Dämonen besessen.

Die Eltern des Geistesgestörten waren gläubig und Mitglieder einer landeskirchlichen Gemeinschaft. Sie klagten dem leitenden Prediger ihr Leid. Es wurde zu Gunsten des Schwerkranken ein Gebetskreis gebildet. Bei der intensiven Fürbitte verschlimmerte sich aber der Zustand des Unglücklichen. Die Stimmen aus ihm forderten noch heftiger als zuvor, daß er Jesus fluchen sollte. Schließlich erhörte der Herr die Gebete seiner Kinder. Nach wenigen Tagen konnte der Tobsüchtige seine Gummizelle und die psychiatrische Abteilung verlassen.

Einige Tage später kam neues Unheil. Der ehemals Geistesgestörte wurde plötzlich blind und mußte sich bei allen täglichen Verrichtungen führen lassen. Wieder kam der Gebetskreis für ihn zusammen. Ihr Gebet wurde abermals erhört. Das Augenlicht kehrte zurück. Die Dämonen aber ließen ihr Opfer noch nicht los. Nach einigen Tagen der Ruhe brach neues Unglück herein. Eines Morgens erwachte der Besessene mit einem schrecklichen Aussatz und Pestbeulen am ganzen Körper. Vom Kopf bis zu den Füßen war er mit großen Eiterbeulen überdeckt. Er wurde wieder in das Krankenhaus eingeliefert. Von dem Kranken ging ein derartiger Pestgeruch aus, daß die ganze Abteilung mit diesem furchtbaren Gestank erfüllt wurde. Keiner hielt es im Zimmer des Kranken aus. Da gingen die Brüder wieder ins Gebet, und Gott erhörte sie zum dritten Mal. Der Schwerkranke heilte rasch und konnte das Haus gesund verlassen. Die Dämonen aber gaben sich noch nicht geschlagen. Eines Tages entdeckte  der Geplagte an sich eine üble Geschlechtskrankheit. Er wurde zum vierten Mal in das Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte glaubten nun, die Ursachen der drei ersten Erkrankungen gefunden zu haben und setzten für den nächsten Tag die Operation an. Der Geplagte wehrte entschieden ab mit dem Hinweis, er könnte ja gar nicht geschlechtskrank sein, denn er hätte noch nie mit einer Frau zu tun gehabt. Er rief Gott um Hilfe an, und auch der Gebetskreis kam wieder für ihn zusammen. Über Nacht trat dann eine solche Besserung ein, daß die Operation abgesagt wurde. Die Symptome der Geschlechtskrankheit verschwanden so rasch, wie sie gekommen waren.

Nach einigen Tagen geschah wieder etwas schier Unglaubliches. Die Hände und Füße wurden ihm nach hinten gedreht, so daß er nicht gehen konnte. Unter qualvollen Schmerzen mußte er sich an Krücken mühsam dahinschleppen. Die Männer vom Gebetskreis erkannten nunmehr diese extremen Krankheitserscheinungen als dämonische Wirkungen. Es wurde ihre feste Űberzeugung, daß hier ein Bann durch Zauberei vorliegen müßte. Die Brüder klärten den Belasteten auf und fragten ihn nach seiner Beschäftigung mit okkulten Dingen. Der junge Mann, der bisher ein anständiges und sittenreines Leben geführt hatte, konnte sich bei diesem ernsten Bußgespräch keiner besonderen Sünde oder wirklicher Zaubereisünden erinnern. Bei dieser Unterredung wurden die Brüder des Gebetskreises auf seine vielen Bücher aufmerksam. In breiten Regalen standen sie meterweise, viele in Leder und kostbare Einbände gebunden. Beim Lesen einiger Titel erschraken die Glieder dieses Gebetskreises. Es handelte sich um magische und spiritistische Literatur. Die Brüder erklärten kategorisch, er müßte sich radikal von seiner okkulten Literatur trennen. Der junge Mann jammerte über dieser Forderung, da er sein ganzes Vermögen in diese Bücher angelegt hatte. Es entstand ein harter Streit zwischen den Gemeinschaftsbrüdern und dem Geplagten. Schließlich erklärten sie ihm: „Entweder mußt du deine Bücher herausgeben, oder du bleibst nach wie vor das Ziel dämonischer Angriffe.” Der Belastete gab nach. Sofort wurde am Ofen ein Feuer entfacht und in stundenlanger Arbeit die gesamte okkulte Bibliothek verbrannt. Mit jammernden Ausdrücken stand der Besitzer dabei und protestiеrte immer wieder. Zuletzt ergriff er einen kostbaren Lederband – es war ein Buch von Jakob Lorber – umklammerte es fest und schrie: „Dieses nicht! Dieses eine muß mir bleiben!” Die Brüder waren hart. Sie erklärten ihm, daß er nie von seinen furchtbaren Belastungen frei würde, wenn er auch nur einen okkulten Band zurückhalten würde. So wurde auch dieses Buch den Flammen übergeben. Nach diesem großen Reinemachen mit der Zauberliteratur besserte sich der Zustand des Belasteten von Tag zu Tag. Die furchtbaren Anfechtungen, denen er bisher preisgegeben war, wiederholten sich nicht. Einige Wochen später reiste er auf den Rat der Brüder in ein christliches Erholungsheim, dem ein geistesmächtiger Hausvater vorstand. Unter dessen täglicher Verkündigung und Seelsorge fand er den Glauben an Christus und erlebte eine völlige Erneuerung seines Lebens. Die Verkrümmungen an Händen und Füßen, die nach dem Verbrennen der okkulten Bücher schon besser geworden waren, wurden nunmehr restlos geheilt. Nach dieser Genesung an Leib und Seele fand er in einer großen Firma die Stellung eines Konstrukteurs. Er heiratete und lebte in glücklicher Ehe. Durch Gottes Gnade blieb er ein treuer Jünger Jesu, der selbst anderen wieder zum Segen weiden durfte. R.

Es folgen nun Erfahrungsberichte, die mir von einem bekannten Evangelisten freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden.

B 164 Es war im Jahr 1956, als eines Tages ein junges Ehepaar zu mir kam. Sie waren Katholiken und erklärten mir, daß in ihrer Wohnung während der Nacht jemand umgehen würde. Sie hätten ihren Pfarrer um Hilfe gebeten, der ihnen jedoch erklärte, daß er so etwas noch nie gehört hätte und nicht helfen könnte.

Der Mann, ein starker Bauhandwerker, erklärte mir folgendes. Zu einer gewissen Stunde in der Nacht wird plötzlich die verriegelte Wohnungstür geöffnet. Darnach hört man deutliche Schritte durch das Kinderzimmer in das angrenzende Schlafzimmer kommen. Jemand tritt dann an sein Bett, um sich auf ihn zu werfen. Trоtzdem er sich mit .allen Kräften durch Treten und Schlagen zur Wehr setze, könne er nicht verhindern, daß er vergewaltigt werde. Er könne solches nicht mehr länger aushalten, da er tagsüber schwer arbeiten müsse und des Nachts keine Ruhe habe. Die Frau erklärte mir ihrerseits, daß sie all dieses Geschehen mithören und miterleben würde. Sie würde jedoch dabei unbehelligt bleiben, da die ganze Sache nur den Mann betreffen würde. Auch fühlte sie sich in solchen Momenten völlig machtlos. Beide erklärten mir, sie hätten, um dieser Plage zu entgehen, kürzlich ihre Wohnung verlassen und wären in einen anderen Stadtteil umgezogen. Kaum wären sie jedoch in ihrer neuen Wohnung eingerichtet gewesen, als die Plage wieder von neuem anfing. Eine Frauenstimme hätte in eine der ersten Nächte über dem Bett des Mannes gerufen: „Gelt, ich habe dich gefunden?”

Wie ich feststellte, lag in diesem Fall Zaubereisünde vor. Die verstorbene Mutter des Mannes hatte sich mit Wahrsagen und anderen Geheimkünsten befaßt. Nach gründlicher Aufklärung forderte ich dieses Ehepaar zur Buße und Umkehr auf. Ich bat sie, regelmäßig unsere Evangelisationsversammlungen zu besuchen. Nach Gebet und Anrufen des heiligen Names Jesu und Inanspruchnahme der Kraft seines heiligen Blutes wurden diese Menschen von ihrer Plage befreit.

Es muß hier ausdrücklich festgestellt werden, daß es sich bei diesen nächtlichen Belästigungen des Mannes nicht um die sexuellen Halluzinationen eines Geisteskranken handelte. Der Mann ist seelisch und geistig völlig gesund. Es zeigt sich hier das Problem, das auch auf unsren Missionsfeldern beobachtet wird. Menschen, die unter einer okkulten Belastung stehen, haben dämonische Anfechtungen. Ein Gegenbeispiel zu diesem Bericht ist etwa die sogenannte Fuchsbesessenheit in China. Über diese schauerlichen Belastungen kann auch in dem Buch Seelsorge und Okkultismus unter dem Kapitel Incubi, Succubae nachgelesen werden. Es ist eine Erfahrung der Seelsorge, daß eine psychiatrische Behandlung auf diesem Gebiet zu keiner Befreiung führt. Hier ist allein unser Herr Christus zuständig, der Macht und Gewalt über alle finsteren Anläufe Satans hat. Über dem entsetzlichen Dunkel dämonischer Angriffe steht das Siegesfanal des Kreuzes von Golgatha. Das zeigte sich auch bei dieser katholischen Familie, die sofort frei wurde, nachdem sie in den Machtbereich Jesu getreten war. W.

B 165 Es war im Juli 1945, als eine Frau aus R. (Bas Rhin) in verzweifelter Lage zu mir kam und um Hilfe bat. Sie erzählte mir folgendes. Zwei Kinder, weiblichen Geschlechts, wären ihr auf unnatürliche Weise entrissen worden. Als das erste von diesen beiden sechs Wochen alt war, bekam es Schreikrämpfe, die bis zum Alter von 18 Wochen anhielten. Kein Arzt konnte die Ursache feststellen oder Hilfe leisten. Nun hatte sich die Frau an eine Magnetopathin gewandt, durch deren Behandlung der Zustand des Kindes sich besserte. Jedoch stellte sie nachher unnormale Dinge fest. Eines Nachts hatte sie das Kind neben sich in ihrem Bett und war vollkommen wach. Als sie ihre rechte Hand über das Köpfchen des Kindes legen wollte, fühlte sie plötzlich den Pelz eines Tieres. Sie machte sofort Licht, aber es war nichts mehr zu sehen. Das Kind wurde drei Jahre und acht Monate alt. Es hatte einen frommen Sinn und sagte einige Tage vor seinem Abscheiden: „Mutter, lies du in der Bibel.” Am 14. Oktober 1941, morgens um zehn Uhr fing vor dem Fenster ein Vogel an zu pfeifen. Da starb das Kind.

Im Jahr 1942 war die Frau wieder in gesegneten Umständen. Da kam eines Tages eine Frau ins Haus, die ihr durch Kartenlegen wahrsagte: „Sie bekommen ein Mädchen.” Nach diesem Vorfall hatte die Frau in einer Nacht einen furchtbaren Traum. Eine häßliche Frau kam auf sie zu, packte sie am Hals und sagte: „Du bekommst noch ein Mädchen, aber ich bringe es dir wieder um.” Tatsächlich wurde bald darauf ein Mädchen geboren. Als das Kind sechs Wochen alt war, hatte es einen Erstickungsanfall. Wieder suchte die Frau Hilfe bei der Magnetopathin. Am 18.Oktober 1944 pfiff wie im ersten Fall derselbe Vogel wieder vor dem Fenster. Das Kind erstickte in den Armen seiner Mutter im Alter von 15 Monaten. Ein Arzt, welcher zuvor das Kind untersucht hatte, konnte nichts unnormales feststellen.

Nun verblieb noch das älteste Kind, ein Junge im Alter von 14 Jahren. Durch den Wahrsagegeist wurde der Mutter jedoch mitgeteilt, daß ihr auch dieses Kind genommen würde. In der Angst und Not um den bevorstehenden Verlust ihres noch einzigen Kindes war nun diese Frau nach Straßburg gekommen. Sie erklärte: „Als ich eben vor Ihrer Tür stand, hörte ich neben mir eine Stimme ganz deutlich, die mich von diesem. Besuch zurückhalten wollte. Die Stimme sagte: ‚Was willst du denn hier? Du bist doch eine fromme Frau. Du bist doch getauft und konfirmiert und gehst jeden Sonntag in die Kirche. Was willst du noch mehr?’ Ich ließ mich durch diese Einflüsterungen nicht abhalten. Nun stehe ich hier und bitte um Ihre Hilfe.” Nach einer kurzen Aussprache forderte ich die Frаu zur Buße und Umkehr auf. Sie legte eine Generalbeichte ab und lieferte sich dem Herrn Jesus aus. Nach dem Gebet hatte sie angeblich das Empfinden, als wäre eine Last wie ein schwerer Sack von ihr gefallen. Im Namen Jesu durfte ich ihr die Vergebung ihrer Sünden zusprechen und ihr sagen: „Sei getrost, dein Sohn lebt. Der Teufel darf ihn nicht wegraffen.” Sie zog ihre Straße fröhlich. Hochgelobt sei der Name unseres Herrn Jesus Christus. Wir rühmen seine Gnade und seinen Sieg.

Aus dem Knaben ist inzwischen ein gesegneter Mann und tüchtiger Lehrer geworden. Er gibt Zeugnis von seinem Heiland, wo sich Gelegenheit bietet. Bei Evangelisationen und anderen Veranstaltungen der Reichgottesarbeit beteiligt er sich aktiv an der Werbung und beim Einladen. Er organisiert Fahrten zu diesen Vorträgen und wird dadurch seinen Mitbürgern zum Segen. Die Frаu, die anfänglich mit ihren Kleinkindern so geplagt war, gebar im Jahr 1946 noch ein viertes Kind, das nun zur Freude der Eltern heranwächst. Die ursprünglichen Störungen und Belastungen sind verschwunden, seitdem die Frau ihr Leben der Führung Christi unterstellt hat.

Im Blick auf die Erlebnisse, die ich hier berichtet habe, bestehen sowohl bei Theologen, als auch bei Medizinern große Meinungsverschiedenheiten. Mediziner sehen in derartigen Erscheinungen meistens den Ausdruck irgendeiner seelischen Erkrankung und wollen solche Krankheiten nur immanent (innermenschlich, innenweltlich) erklären. Viele Theologen, vor allem diejenigen aus der Schule Bultmanns, schließen sich dem ärztlichen Urteil an. Neutestamentliche Geschichten, die einen derartigen Charakter haben, sehen sie als zeitgebunden an, ohne zu wissen, daß solche dämonischen Belastungen heute noch häufig anzutreffen sind. Ich kann mich diesem beiderseitigen Standpunkt nicht anschließen. Die Seelsorge an schwer angefochtenen Menschen zeigt einen anderen Sachverhalt. Es gibt Belastungen, denen man auf ärztlichem Wege nicht beikommt, und die auch nicht durch eine rationale, theologische Aufklärung zu beseitigen sind, sondern allein durch Christus geheilt werden können. In dem Beispiel der Frau, von der ich in diesem Artikel berichtete, zeigten sich Verbindungslinien zwischen Zaubereisünden und den folgenden dämonischen Auswirkungen. Die Frau war schon als Kind durch eine „Braucherin” (magische Besprecherin) von einem Augenleiden geheilt worden. Im Alter von 18 Jahren hatte sie eine Kartenlegerin besucht, die ihr eine schwere Krankheit voraussagte. Diese Ankündigung war genau eingetroffen. Die Frаи litt vier Jahre an einer schweren Lungentuberkulose. Die Seelsorge zeigte ferner, daß auch schon die Mutter dieser Frau in schwere Zaubereisünden verstrickt war und sogar selbst aktiv Magie betrieben hath. Es stellte sich weiterhin heraus, daß diese Familie aus einem Dorf stammt, das durch seine schwarze Magie noch bekannt ist. Einige Zeit nach dieser seelsorgerlichen Unterredung mit der belasteten Frau durfte ich in diesem Dorf Evangelisationsversammlungen durchführen. Trotz großen Widerstandes, der zu erwarten war, schenkte der Herr eine Erweckung. Viele Familien kamen zum Glauben. Auch die Verwandten und Angehörigen der betreffenden Frau, um die es in diesem Bericht geht, fanden den Weg zu Christus. Bei dieser Erweckung wurden viele schwere Fälle von Zauberei offenbar. Christus behielt in diesem schweren Kämpfen und Ringen den Sieg. Heute besteht in jenem Dorf eine Gemeinschaft von lebendigen Jüngern Jesu. W.

B 166 Im Verlauf des Jahres 1954 erhielt ich den Besuch eines Mannes, der in Strafburg wohnte. Er erklärte mir, daß er furchtbar geplagt würde. In seiner großen Not hätte er sich an den Pfarrer seiner evangelischen Kirchengemeinde gewandt, der ihm jedoch leider nicht helfen konnte. Der Pfarrer hatte ihm an mich verwiesen. Nachdem er mir seine Not geklagt ,hatte, erklärte ich ihm: „Ihnen kann nur der Herr Jesus helfen.”

Der Mann war kurz zuvor im Irrenhaus gewesen und hatte eine große Furcht, wieder dorthin zu kommen. Auch sein Bruder befindet sich schon etliche Jahre in einer Irrenanstalt. Wie ich feststellte, war der Mann in allerlei Zaubereisünden verstrickt. Schon in seinem Elternhaus wurde das „Brauchen” praktiziert. Er selber hatte sich später auch an Wahrsager und Zeichendeuter gewandt. Bei einer kürzlichen Erkrankung hatte ihn eines Tages ein Jünger des falschen Christus „Georges Roux de Montfavet” besucht. Er verlangte drei leinene Läppchen, wuchte sie in von ihm geweihtes Wasser und legte sie auf drei verschiedene Körperteile des Kranken. Danach betete er über ihm unter Handauflegung. Von jenem Tage an wurde er sehr geplagt. Nachts, als er sich zu Bett begeben hatte, verspürte er ein fortwährendes Krabbeln im Kopfkissen und in der Matratze, das auch dann anhielt, als er das Bett gewechselt hatte. Während eines Besuches fragte ich ihn unwillkürlich, ob er nicht etwas auf der Brust tragen würde. Er bejahte und machte auf meine Aufforderung seine Brust frei. Dabei entdeckte ich zwei Amulette. Das eine stammte von einem Mann, der durch ein Medium wirkte. In einem Lappen eingenäht befand sich ein Zettel, der mit geheimnisvollen Zeichen, mit drei Kreuzen und einem Spruch beschrieben war. Das zweite Amulett enthielt ebenfalls in einen Lappen eingenäht eine kupferne Münze und ein Stückchen Wachs von der Größe eines Fingernagels. Der Mann hatte sich in diesem Fall hilfesuchend an die Mönche eines Klosters gewandt. Diese Dinge wurden ihm nach vollzogener Weihe zum Tragen auf der Brust übergeben. Dazu erhielt er noch ein weiteres Stückchen geweihtes Wachs, das er in Kaffee auflösen und trinken mußte.

Ich nahm dem Mann die beiden Amulette ab und verbrannte sie vor seinen Augen im Küchenherd. Er brachte nun ernsthafte Befürchtungen zum Ausdruck, ob nicht durch solche Handlungsweise noch mehr Unglück über ihn hereinbrechen würde. Nach gründlicher Aufklärung forderte ich ihn auf, ernstlich Buße zu tun und sein Leben vor Gott end Menschen in Ordnung zu bringen. Er erklärte sich bereit, sein Lеben Gott zu weihen. Nun folgte ein Sündenbekenntnis, das die furchtbarsten Sünden und Greuel zu Tage förderte.

Immer wieder kam er zu mir, immer wieder wurden ihm neue Sünden in das Licht gestellt. Darüber vergingen Wochen und Monate. Viel unrechtes Gut mußte wieder zurückerstattet werden. Neue dämonische Angriffe wiederholten sich. Endlich bekam er Frieden mit Gott. Nun nimmt er regelmäßig an Gottesdiensten und Gebetsvereinigungen teil.

Im Leben dieses Mannes lagen durch die Zaubereisünde schauerliche Dinge vor. Wo aber die Belastungen und Bindungen bergehoch geworden sind, da ist die Gnade des Herrn noch viel mächtiger und allgewaltiger. Um das Kreuz von Golgatha liegt ein Kraftfeld, in dem hartgebundene Menschen frei und fröhlich werden dürfen. W.

B 167 Um die Mitte des Jahres 1956 wurde ich gebeten, mich eines alleinstehenden 78jährigen Witwe anzunehmen. Bei ihrem ersten Besuch erzählte mir diese Frau folgendes. Ihr Mann, ein pensionierter Bahnbeamter, war vor etwa einem Jahr gestorben. Als einzige Stütze war ihr eine 39jährige Tochter verblieben. Dieses Mädchen war sehr begabt und tüchtig. Nur hatte sie seit einiger Zeit ein rätselhaftes Verhalten gezeigt. Schließlich wurde sie ertappt, als sie auf dem Friedhof im Begriff war, ihr vor Jahren verstorbenes Brüderchen auszugraben. Man mußte Polizeikräfte aufbieten, um sie mit Gewalt vom Friedhof zu holen und in eine Irrenanstalt zu bringen. In der Hand hatte sie einen Menschenknochen, den sie erst nach Aufnahme in dem Irrenhaus freigab. Nach ihrer Einlieferung stellte die alte Mutter fest, daß ein Zimmer ihres Hauses abgeschlossen war und der Schlüssel dazu fehlte. Schließlich konnte der Schlüssel bei der Tochter im Irrenhaus gefunden werden.

Nach Eröffnung dei verschlossenen Zimmers fand die Mutter einige Bücher, die als Zauberbücher erkannt wurden. Es wurde dabei offenbar, daß der verstorbene Gatte gemeinsam mit der Tochter unter Anwendung dieser Bücher geheime Kunst getrieben hatte. Die Mutter, die solche Dinge entschieden ablehnte, wußte nichts von dem Treiben ihrer Angehörigen. Durch Befragen der Verwandten erfuhr ich auch, daß die geisteskranke Tochter schon im Kindesalter durch einen magischer Besprecher von verschiedenen Krankheiten geheilt worden war. Die Mutter verbrannte sofort die Zauberbücher. In der gleichen Nacht wurde sie durch ein furchtbares Gepolter und durch einen gewaltigen Schlag aus dem Schlaf geschreckt. Gleichzeitig hörte sie Schritte in ihrem Schlafzimmer, begleitet von Klopfen und Kratzen an den Wänden und an den Möbeln. In ihrer Not rief diese Mutter zu Gott und betete Liederverse aus ihrem Gesangbuch. Daraufhin wurde es etwas ruhiger, verschwand aber nicht ganz. Dieser Lärm und Radau wiederholte sich jede Nacht.

Nach gründlicher Aufklärung und dem Hinweis zur Buße zeigte sich diese Frau willig und aufgeschlossen. Ich ermunterte sie zum festen Glauben und rief den Herrn um seine Hilfe an. Nachdem zunächst eine Besserung eingetreten war, wurde mir nach einiger Zeit brieflich mitgeteilt, daß es ganz schlimm stehen würde und diese Frau nicht mehr zur Ruhe kommen könnte. Ich beugte mich vor dem Herrn und erhielt den Auftrag, mich in das betreffende Haus zu begeben. Dort rief ich den Namen unseres Herrn Jesus und die Kraft seines heiligen Blutes an. Ich gebot den Geistern im Namen Jesu, augenblicklich das Haus zu verlassen. Von diesem Tag an war es im Haus ruhig. Es erfüllte sich in diesem schwierigen Fall das Wort: „Er gebietet mit Gewalt den unsaubern Geistern, und sie gehorchen ihm.” (Mark. 1, 27) Gelobt sei der Name unseres Herrn, der heute noch Gefangene in die Freiheit führt.

4. Was sagt das Neue Testament

Nach diesen Berichten über die Befreiung okkult belasteter Menschen soll in Form einer Skizze kurz erörtert werden, was vom Neuen Testament her zur Frage der Befreiung gesagt werden kann.

a. Einer seelsorgerlichen Behandlung okkult belasteter Menschen geht eine äußerst sorgfältige Diagnose voraus. Gemüts und Geisteskranke brauchen außer dem seelsorgerlichen Zuspruch auch fachärztliche Hilfe. Okkult Belastete gehören allein in die Seelsorge eines vollmächtigen Seelsorgers. Zwischen Geisteskrankheiten und okkulten Belastungen muß klar geschieden werden. Mit einem Verständnis vonseiten der Psychiater und Psychotherapeuten dürfen wir nicht rechnen, da für die Naturwissenschaftler nur immanente Beziehungen gelten. Eine Ausnahme bilden Psychiater, die nicht nur Scheinchristen, sondern Jünger Jesu sind.

b. Befreiungen aus okkulten Bindungen gibt es nur durch Christus. Der Belastete, der keine Bereitschaft zur Nachfolge Jesu hat, braucht nicht mit einer Entlastung rechnen.

c. Eine Generalbeichte wird nicht in gesetzlicher Weise gefordert, aber dringend angeraten. Beichten bedeutet ja, das Verborgene (occultus heißt verborgen, geheim) an das Licht Gottes bringen.

d. Das Lossagegebet, in der christlichen Kirche schon 2000 Jahre bekannt und geübt, spielt hier eine bedeutsame Rolle. Es kann etwa in die Form gefaßt werden: „ Im Namen Jesu Christi sage ich mich von dir Satan los und verschreibe mich Jesus Christus, meinem Herrn und Heiland, für Zeit und Ewigkeit.” Durch das Lossagen wird das geheime Bündnis mit den Finsternismächten juristisch offiziell gekündigt und aufgegeben. Dieses Lossagegebet darf natürlich niemals magisch verstanden oder geübt werden. Es ist ein Akt des Glaubens und der Hingabe an Christus.

e. Dass Gebieten im Namen Jesu darf nicht voreilig geschehen. Es kann dadurch beim Belasteten auch eine aufsuggerierte Besessenheitsidee entstehen. Gebieten ohne geistliche Vollmacht ist wirkungslos

f. Zwei besondere Hilfsmaßnahmen sind das Fasten und Gebet (Matth. 17, 21) und der kleine Gebetskreis (Matth. 18, 19). Es gibt Christen, die in aller Stille, ohne darüber Lärm zu machen, Gebetstage unter Fasten halten und besondere Fürbitte an diesem Tag üben. Von besonderem Gewicht ist der kleine Gebetskreis. Man kann okkult Belastete in einen Kreis von zwei oder drei treuen Betern nehmen, damit für sie besonders gebetet wird. Das soll sich eigentlich zwei oder dreimal in der Woche wiederholen und so lange geübt werden, bis der Belastete frei ist.

g. Wer frei geworden ist, muß auf der Hut sein. Vertriebene Mächte kehren gern zurück (Luk. 11, 24). Es gilt die Waffenrüstung anzulegen (Eph. 6, 16f). Wer angefochten wird, stelle sich im Glauben sofort unter den Schutz Jesu und unter die Besprengung mit seinem Blut (1. Petr. 1, 2). Es ist gut, wenn okkult Belastete seelsorgerliche Hilfe annehmen, allerdings nur bei Seelsorgern, die auf dem okkulten Gebiet wenigstens etwas Erfahrung haben. Auch ist der Platz des Befreiten in der Gemeinde, der Stätte des Wortes Gottes, des gemeinsamen Gebetes und der Sakramente (Apg. 2, 42). Die wogende Ähre hat nur ihren Halt unter dem Mittragen der anderen Halme. Allein gestellt, knickt sie ab und verdirbt.

Eines ist unverbrüchlich wahr: der Endsieg ist des Herrn. „Die Rechte des Herrn ist erhöht. Die Rechte des Herrn behält den Sieg.”

Die Gemeinde Jesu wandert auf einer weltumspannenden Brücke. Der eine Pfeiler dieser Brücke steht auf den Fundamenten von Golgatha und Ostern. Der zweite Pfeiler ruht auf den Fundamenten der Wiederkunft Jesu und der Endvollendung der Wege Gottes. Unter der Brücke gärt und brütet ein stinkender Strom. Üble Dünste steigen auf. Die Gemeinde wandert weiter unter diesen giftigen Schwaden satanischer Ränke und Verneblungen. Immer wieder droht die Gefahr, in diesem  mitunter süßlichen  Gifthauch den klaren Blick sich trüben zu lassen. Tatsächlich werden auch viele umnebelt, verlieren das Ziel, verlieren den Halt und stürzen ab in den brodelnden Sumpf. Über diesem Schlund steht das Zeugnis: „Der Zauberer Teil wird sein der Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt.” (Offb. 21, 8). Die weiterwandernde Gemeinde wird oft verwirrt und fragt: „Was ist Wahrheit?” Der Zug auf der Brücke ist stets bedroht von allen umwogenden Dünsten. Rufer stehen auf der Brücke. Sie marschieren mit in der unabsehbaren Kolonne. Sie rufen und weisen auf den hin, der allein von sich sagen konnte: „Ich bin der Weg, ich bin Wahrheit.” Die Wachsamen der großen Marschkolonne erreichen durch Gottes Gnade das Ziel. Vom jenseitigen Pfeiler klingt als gewaltige Melodie das Jubellied: „Sie haben Satan überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses” (Offb. 12,11).

Jesu, hilf siegen und laß mich nicht sinken!

Wenn sich die Kräfte der Lüge aufblähn.

Und mit dem Scheine der Wahrheit sich schminken,

Laß’ doch viel heller dann deine Kraft seh’n.

Steh’ mir zur Rechten, o König und Meister;

Lehre mich kämpfen und prüfen die Geister!

info@horst-koch.de
 

 




Psychologie u. das Okkulte (D.Hunt)

Dave Hunt

 

Psychologie und das Okkulte

Der große Physiker David Bohm anerkannte widerwillig »die Unmöglichkeit eines letztendlichen Wissens« per Wissenschaft. Als Student des indischen Mystikers Krishnamurti wurde Bohm tief vom Hinduismus und dessen mystischen Offenbarungen beeinflußt. Ähnliche Schlußfolgerungen von anderen führenden Denkern und Wissenschaftlern sind in einem respekt- und gottlosen, aber gedankenanregenden Buch zu finden mit dem Titel The End of Science: Facing the Limits of Knowledge in the Twilight of the Scientific Age (»Das Ende der Wissenschaft: »Konfrontation mit den Grenzen der Erkenntnis im Zwielicht des wissenschaftlichen Zeitalters«), das vom Autor und Redakteur der Scientific American (deutsche Ausgabe: »Spektrum der Wissenschaft«) John Horgan geschrieben wurde.

Nobelpreisträger Richard Feynman gibt (ebenso wie andere führende Physiker) der Physik nur geringe Zukunftsaussichten. Für Wissenschaftler ist es frustrierend einzugestehen, dass aller Existenz etwas zugrunde liegt, was der Mensch niemals verstehen wird. Natürlich würde man genau das von einem von Gott erschaffenen Universum erwarten. Lange vor den heutigen Physikern informierte die Bibel uns:

Durch Glauben verstehen wir, dass die Welten durch Gottes Wort bereitet sind, sodass das Sichtbare nicht aus Erscheinendem geworden ist (Hebr 11, 3).

Es gibt einige Dinge, die wir nur verstehen, indem wir glauben, was Gott uns sagt. Er sagt nicht, dass das sichtbare Universum aus etwas Unsichtbarem oder aus nichts gemacht wurde – sondern nur, dass es nicht durch irgendetwas geschaffen wurde, was der Mensch sehen kann, nicht einmal mit den höchstentwickelten Elektronenmikroskopen oder irgendeinem anderen Instrument, das wir erfinden könnten. Wir sind informiert, dass das Universum durch »das Wort Gottes« entstanden ist und »durch das Wort seiner Macht« (Hebr 1,3) aufrechterhalten und getragen wird. Mehr als das können und brauchen wir nicht zu wissen.

Der Mensch wird niemals das Geheimnis lösen, das der Existenz des Weltraums, der Zeit und der Materie zugrunde liegt. Jede Tür, die die Wissenschaft öffnet, bringt auf der anderen Seite zehn weitere ungeöffnete Türen zum Vorschein. Mit jeder neuen Entdeckung türmt sich vor uns das Unbekannte auf wie die fliehenden Bilder in einem Spiegelkabinett. Nobelpreisträger Niels Bohr sagte über die Quantenmechanik: »Wenn du denkst, dass du sie verstehst, dann zeigt das nur, dass du nicht einmal die elementarsten Dinge darüber weißt.« In der Tat wissen wir nicht, was Schwerkraft, Energie, Elektronen oder irgendetwas anderes ist. Die Wissenschaft hat die einst stolze Hoffnung aufgegeben, die letztendliche Realität erforschen zu können. Wir hatten bereits Sir James Jeans zitiert:

“Die herausragendste Errungenschaft der Physik des 20. Jahrhunderts ist nicht die Relativitätstheorie … oder die Quantentheorie … oder die Kernspaltung … [sondern] die allgemeine Erkenntnis, dass wir mit der höchsten Realität noch gar keinen Kontakt haben …”

Wir wissen nicht, an welchem Punkt das Physische mit dem Spirituellen verbunden ist. Aber irgendwo dort draußen (oder drinnen?) gibt es ein anderes nichtphysisches Universum (oder viele solcher Universen?), das unseren Verstand völlig übersteigt. Mit keiner wissenschaftlichen Methode und keinem Instrument kann man feststellen, ob das Spirituelle dem Natürlichen zugrunde liegt, eine Erweiterung des Natürlichen ist oder aber etwas völlig anderes.

Die beeindruckende Realität dieser »spirituellen« Dimension kann nicht länger geleugnet werden. Joan Borysenko, Krebszellen-Biologin und führende New-Agerin, spricht davon, dass »Psychologie und Medizin und Spiritualität alle zusammenfinden werden« Da die Wissenschaft keine Antworten auf die Fragen des Herzens geben kann, wendet die Welt sich zum Mystizismus und Okkultismus zurück – mittlerweile durch die Psychologie gefördert –, anstatt sich an Gott und sein zuverlässiges Wort zu wenden. Selbst das angesehene American Journal of Psychology gab zu:

Patienten, die einer konventionellen psychologischen Behandlung … unterzogen wurden, berichteten von einer geringeren Besserung als solche, die zu spiritistischen Heilern gingen …  Bei spiritistischen Heilungen… erhält das Medium Botschaften von Geistern oder wird von solchen besessen, um eine Diagnose zu erstel¬len, Rat zu bieten oder Kräuter und rituelle Heilmittel zu verordnen.

 

Leben, Seele und Geist

Wenn das physische Universum ein unerklärbares Geheimnis ist, so ist das Leben selbst sogar noch geheimnisvoller. Wir wissen nicht, was Leben ist – nur, dass es von Gott kommt und nichts Physisches ist. Leben macht physische Körper lebendig und ist doch nicht Teil des Körpers. Physisches Leben hat etwas mit einer Seele zu tun: Gott »hauchte in seine Nase Atem des Lebens; so wurde der Mensch eine lebende Seele« (1Mo 2,7). Die Bibel gibt keine Definition für eine Seele an, doch scheint in jedem atmenden Lebewesen eine Seele zu sein.

Während bei niedrigeren Lebewesen zwar von einer Seele die Rede ist, so ist bei tierischem Leben niemals von einem Geist die Rede. Der Mensch ist »nach dem Bild Gottes« (1Mo 1,26.27; 9,6 u.a.) geschaffen, und Gott selbst ist Geist. Das trifft auf Tiere nicht zu. Die Bibel unterscheidet zwischen der Seele und dem Geist, ohne jedoch eine Definition davon zu geben: »… euer Geist und Seele und Leib …« (1Thes 5,23); »… bis zur Scheidung von Seele und Geist …« (Hebr 4,12; vgl. auch 1Kor 15,45).

Der Mensch ist ein Geist, der in einem Körper lebt, durch den er am physischen Geschehen teilnimmt. Der Geist des Menschen unterscheidet ihn von den Tieren und ermöglicht ihm, Gott zu erkennen. Weder Körper noch Seele des Menschen sind im Bild Gottes geschaffen, da Gott keines von beiden hat. Der Geist des Menschen wurde einst im Bild Gottes geschaffen. Die Trennung des menschlichen Geistes vom Geist Gottes bedeutet den geistlichen Tod. Gott sagt: »… eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott« (Jes 59,2); und »… die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden …« (Eph 2,1 u.a.).

Die Trennung des Geistes vom Körper hat den Tod des Körpers zur Folge: »Denn wie der Leib ohne Geist tot ist …« (Jak 2,26). Nach dem Eintreten des Todes wird der Körper in das Grab gelegt und »… der Geist kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat« (Pred 12,7). Wenn man die Bibel als Ganzes betrachtet, kann das nur bedeuten, dass Gott darüber verfügt, ob der Geist des Menschen entweder in den Himmel oder in die Hölle gelangt. Der Geist eines Toten würde nicht über den Lebenden schweben, sie quälen oder ihnen erscheinen, wie es uns die Welt des Okkulten weis machen möchte. »Geister« können nur getarnte Dämonen sein.

Der Geist bleibt bei Bewusstsein, wenn er vom Körper getrennt ist, ganz gleich ob im Himmel oder in der Hölle. Wir haben bereits herausgestellt, dass das Gehirn nicht denkt. Gedanken entstehen im Geist, der das Gehirn benutzt, um den Körper zum Sprechen oder zur Ausführung seines Willens zu veranlassen. Der reiche Mann, dessen Körper im Grab lag, war im Hades gewiss bei Bewusstsein (Lk 16,23-31) und Gleiches gilt für jene, die von ihren Körpern getrennt wurden und sich im Himmel befinden: »… sah ich unter dem Altar [im Himmel] die Seelen derer, die geschlachtet worden waren, um des Wortes Gottes … willen … Und sie riefen mit lauter Stimme …« (Offb 6,9.10).

Psychologie, die religiöse Wissenschaft

Obwohl schon der Ausdruck »Psychologie« die Existenz der Seele anerkennt, hat man unnachgiebig darauf bestanden, dass die Seele lediglich die Gesamtsumme von rein physiologischen Reaktionen auf physikalische Reize sei. Für beinahe ein Jahrhundert hingen Psychologen und Psychiater dem medizinischen Model Freuds und der Behaviorismus-Theorie B. F. Skinners an; beide versuchten hartnäckig (und gegen den gesunden Menschenverstand) Gedanken, Gefühle und Persönlichkeit allein in Begriffen des physischen Körpers zu erklären.

Aufgrund der stolzen Entschlossenheit, die Psychologie als Wissenschaft zu etablieren, bestand dieser Irrglaube länger als erwartet. Es kann keine Wissenschaft des Geistes geben, da die Wissenschaft nicht über die Mittel zur Beobachtung von Geistern verfügt. Trotzdem versuchten die »Mind-Science«-Sekten (Christliche Wissenschaft, Religiöse Wissenschaft, Science of Mind etc.) aus der Spiritualität eine Wissenschaft zu machen und sind dadurch tief in Okkultismus gefallen.

In seinem neuesten Buch Worldwide Laws of Life (»Weltweite Gesetze des Lebens«) wiederholt John Marks Templeton (Stifter des Templeton-Preises für den Fortschritt der Religionen) seinen Traum von einer »neuen Renaissance des menschlichen Wissens« durch »die wissenschaftliche Erforschung spiritueller Themen … Ich habe eine Vision von der Grün¬dung eines neuen wissenschaftlichen Zweiges: die Wissenschaft spiritueller Information und Forschung«. Das ist, wie wir gesehen haben, genau das Wesen des Okkultismus: Religiöse Wissenschaft. Der Okkultismus gibt vor, eine spirituelle Kraft nutzbar zu machen, die aufgrund bestimmter Gesetze wirkt und es ermöglicht, der Geisterwelt eine voraussagbare Reaktion zu entlocken.

Vor 100 Jahren schrieb William James: »Ich möchte der Psychologie zu einer Naturwissenschaft verhelfen, indem ich sie als eine solche behandle.«  Die Nachkriegsgesellschaft glaubte dieser Lüge und unterwarf sich eifrig jedem neuen Experiment und jeder Theorie. »Die Wissenschaftlichkeit der Psychologie machte große Versprechungen: Lösungen für gesellschaftliche und internationale Probleme, Verständnis und Veränderung individuellen und sozialen Verhaltens und die Erschaffung einer sicheren und besseren Welt durch Eliminierung der zerstörerischen Kräfte, die zum Krieg geführt hatten …« Die Illusion machte sich breit, »die soziale Welt sei erfassbar, vorhersagbar und kontrollierbar und … Durch¬brüche im Verständnis des individuellen menschlichen Denkens würden Grundbausteine einer besseren Gesellschaft sein«.

In Wirklichkeit kam 1979 eine ausführliche Studie der Amerikanischen Gesellschaft für Psychologie zu dem Schluss, dass Psychologie keine Wissenschaft ist und auch keine sein kann. Karl Popper, einer der größten Wissenschaftsphilosophen, erklärte, dass die Theorien der Psychologie »mehr mit primitiven Mythen als mit Wissenschaft gemeinsam haben«. Der berühmte jüdische Psychiater Thomas Szasz nannte die Psychologie »die clevere und zynische Zerstörung der Spiritualität des Menschen und deren Ersetzung durch eine positivistische ›Wissenschaft des Geistes‹«. Der Versuch, mit menschlichem Verhalten auf wissenschaftliche Weise umzugehen, hat der okkulten Verführung Tür und Tor geöffnet.

Das Problem des Menschen ist, dass er durch die Sünde von Gott getrennt ist. Die Psychologie hat aus Sünde eine Krankheit gemacht, eine Krankheit des Geistes, die keine Reue oder Versöhnung mit Gott erfordert, sondern Therapie und Aussöhnung mit der eigenen »inneren Wahrheit«. Templeton bewirbt sie als »der Lernprozess … die Ressourcen des eigenen inneren Wesens zu erschließen«. Das ist nichts anderes als Schamanismus bzw. Okkultismus.

Während die meisten Psychologen noch daran fest halten, es mit einer Wissenschaft zu tun zu haben, würden viele andere zugeben, dass es keine Wissenschaft des menschlichen Verhaltens geben kann. Das menschliche Versuchskaninchen hoppelt bei seinen Entscheidungen launenhaft umher, was jeglicher Vorhersagbarkeit auf irgendeiner rein wissenschaftlichen Grundlage entbehrt. Gerade der Ausdruck »Sozialwissenschaften« hat viel Zeit vergeudet und zu gravierenden Irrtümern geführt.

Freud sagte, Religion sei der »Feind«. Doch gründete er eine neue zerstörerische Religion mit dem Menschen als Gott. Tatsächlich war Freud, ebenso wie Jung, zutiefst im Okkulten verstrickt. In ihrem neuen Buch The End of »Christian Psychology« (»Das Ende der ›christlichen Psychologie‹«) stellen Martin und Deidre Bobgan heraus:

»Freud … sammelte eine große Anzahl antiker griechischer, römischer, orientalischer und ägyptischer Artefakte … Statuetten reihten sich auf seinem Schreibtisch und ringsherum in seinem Büro. … Jemand, der die Familie kannte, sagte über Freud: >Die Artefakten waren für ihn nicht nur Dekoration. Einige davon benutzte er als Hilfe beim Schreiben<  …auch dass Freud möglicherweise … eine antike Form von Magie praktizierte, bei der geweihte Statuen Geister darstellen oder transpersonale Kräfte den Magier in imaginäre Dialoge verwickelten und ihm unschätzbares Wissen lieferten.«

 

Eine subtile Machtübernahme ist im Gange

Psychologen und Psychiater präsentierten sich als Wissenschaftler der Psyche bzw. Seele und beanspruchten so, die Experten zu sein, die einzig und allein normales Verhalten definieren können. Martin L. Gross erklärt:

»Als die protestantische Ethik in der abendländischen Gesellschaft schwächer wurde, wandte sich der verunsicherte Bürger zur ihm einzig bekannten Alternative: dem Psycho-Experten, der behauptete, es gäbe eine neue wissenschaftliche Verhaltensnorm als Ersatz für schwindende Traditionen … Dem Patient Bürger wurde gesagt – und zumeist glaubte er es –, dass seine quälenden Zweifel über Liebe, Sexualität, Arbeit, zwischenmenschliche Beziehungen, Ehe und Scheidung, Kindererziehung, Zufriedenheit, Einsamkeit und sogar Tod, der neuen Technologie des Geis¬tes weichen würden. Den heiligen Namen der Wissenschaft im Munde führend, beanspruchen die psychologischen Experten, alles zu wissen«.

Auf Gesellschaft und Familie wirkte sich das Ergebnis zerstörerisch aus. Die Ausbreitung von Gewalt, Rebellion und Unmoral deckt sich mit dem exponentiellen Wachstum der Psychologie seit den frühen fünfziger Jahren. In den Jahren 1980 bis 1987 steigerte sich die Einweisung in psychiatrische Kliniken unter 10- bis 19-jährigen US-Amerikanern um 43%. Derweil stieg in den fünf Jahren zwischen 1983 bis 1988 die Anzahl der Bet¬ten in privaten psychiatrischen Einrichtungen pro 100.000 Personen auf das Doppelte an. Was für eine Wachstumsindustrie! Psychologie wurde zu Recht als die einzige Profession bezeichnet, die »die Krankheiten schafft, welche sie zu heilen behauptet«.

Das öffentliche Vertrauen in diesen Berufszweig und dessen Unterstützung durch die Medien hält trotz der Tatsache an, dass sich in ihren Reihen mehr moralische, emotionale und verhaltensbedingte Problemfälle bergen als in irgendeiner anderen Berufsgruppe. Jeder vierte Psychologe hat gelegentlich Selbstmordgedanken. Bruno Bettelheim, Paul Federn, Wilhelm Stekel, Victor Tausk, Lawrence Kohlberg und Sigmund Freud sind einige der prominenten »Profis für mentale Gesundheit«, die Selbstmord begangen haben. Ein Bericht über Selbstmordprävention, der von einer Spezialgruppe der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie herausgegeben wurde, zeigte, dass »die Selbstmordrate unter Psychiatern doppelt so hoch ist wie [für Ärzte] erwartet«.

Freud war selber ein Fall für die Klapsmühle, häufig kraftlos, konnte seine eigenen sexuellen Triebe nicht beherrschen, selbst nach dreißig Anläufen nicht das Rauchen aufgeben und wurde vom Aberglauben verfolgt. Freud sagte: »Patienten sind nichts anderes als Gesindel. Sie dienen zu keinem anderen sinnvollen Zweck als unserem Lebensunterhalt und als Lernmaterial. Helfen können wir ihnen jedenfalls nicht.«

Dr. Al Parides, Professor für Psychiatrie, beobachtete: »Wenn man das persönliche Leben aller anfänglichen Freud-Jünger betrachtet … kann man feststellen, dass sie eine unglaubliche Menge besonderer Problemen auf sexuellem Gebiet haben … Ihr abweichendes Verhalten bezüglich Sexualität und anderen Dingen ist enorm.«

Trotz der wachsenden Beweisfülle gegen die Psychologie wird sie als die neue Wahrheit und neue Hoffnung aufgegriffen. Solch ein öffentliches Vertrauen hat den Psychologen eine enorme Macht verschafft. Es ist beängstigend zu sehen, zu welchem Punkt sie die Gesellschaft hinführen möchten. Führende Psychologen haben vorgeschlagen, dass »Eltern nur dann Kinder genehmigt werden sollen, wenn sie über eine fundierte Kenntnis … der Wahrheiten verfügen, die von Psychologen erteilt werden« und dass sich politische und militärische Führer Testverfahren unterziehen sollten, um sicherzustellen, dass sie nicht die fundamentalistische Auffassung vertreten, die Schlacht von Harmagedon sei unvermeidbar. 1971 schlug der Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für Psychologie vor, dass Psychologen zivilen und militärischen Führern verhaltensverändernde Drogen verabreichen sollten, um dadurch ihren Aggressionstrieb zurückzustellen.

 

Eine gefährliche Pseudowissenschaft

Psychologische Theorien kommen und gehen auf einem Karussell der Verwirrung. Beispielsweise war Drapetomanie die offizielle psychiatrische Diagnose einer »Geisteskrankheit«, die im frühen Amerika epidemieartig auftrat. Es waren ausschließlich Sklaven betroffen, die dann als Auswirkung der Krankheit unter dem inneren Zwang litten, von der Plantage zu fliehen – eine Geisteskrankheit, die durch den amerikanischen Bürgerkrieg geheilt wurde. Heute werden »Geisteskrankheiten« durch Abstimmung geschaffen oder geheilt. Früher wurde Homosexualität immer als unnatürliches Verhalten betrachtet. 1974 änderte sich die Ansicht über Homosexualität jedoch aufgrund einer Abstimmung der Mitglieder der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie und das, was zuvor als abweichendes bzw. abnormes Verhalten galt, wurde in »sexuelle Präferenz« umbenannt. Schließlich wurde Homosexualität gänzlich aus den diagnostischen Handbüchern gestrichen. Das ist keine Wissenschaft.

Eine ähnliche Abstimmung entscheidet, welche neu entdeckten Geisteskrankheiten im aktuellen Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM) aufgenommen werden. Ein Psychologe, der bei der DSM-III-R Verhandlung dabei war, bemerkte traurig:

»Das niedrige Niveau intellektueller Redlichkeit war schockierend. Diagnosen wurden durch Mehrheitsbeschluss entwickelt, nach gleichem Maßstab, wie wir uns für ein Restaurant entscheiden. Du möchtest zum Italiener gehen, ich würde den Chinesen vorziehen, also lass uns eine Cafeteria nehmen. Anschließend wird es in den Computer eingegeben. Vielleicht zeugt das von unserer Naivität, doch dachten wir, man würde versuchen, die Dinge wissenschaftlich zu sehen.«

In ihrer hervorragenden Aufdeckung der Psychologie, Manufacturing Victims (»Herstellung von Opfern«), stellt Dr. Tana Dineen heraus, dass »zwischen dem, was die Psycho-Branche den Leuten versuchte glaubhaft zu machen und dem, was wirklich bewiesen worden ist, ein großer Unterschied besteht«. Sie meint, wenn Psychologen »ihr Handeln aufrichtig beurteilten, bekämen sie Zweifel an ihrer Effektivität, ihrem Wert, ihrem Selbstbild und ihrer Karriere«. Sie zeigt auf, dass wissenschaftliche Studien tatsächlich beweisen, dass Psychotherapien unwirksam und unnötig sind und in Wirklichkeit schädlich sein können.

 Psychologen haben mehrere Hundert konkurrierende Theorien und einige Tausend verschiedene Therapien entwickelt. Jeder primitive Aberglaube oder neu erfundene Betrug von Urschrei-Therapie über Rebirthing bis hin zur Reinkarnations-Therapie wird legitimiert, wenn man ihn mit dem Begriff »Therapie« etikettiert. In seinem Artikel »Die Psychologie wird wahnsinnig und verwirkt ihre Rolle als Wissenschaft« merkt der Psychologe Roger Mills an: »Ich habe persönlich erlebt, wie Therapeuten ihre Patienten davon überzeugen, dass all ihre Probleme zurückführbar sind auf ihre Mütter, die Sterne, die biochemischen Kosmetika, die Ernährung, den Lebensstil und sogar auf das ›Karma‹ ihres früheren Lebens.«

In einer Broschüre der ehemaligen Dominikanerin Dr. Kathleen A. Fitz-Gerald liest man: »Die heilige Psychologie … erforscht und versteht die einzigartige Na¬tur und die Schattierungen und Gefühle unserer individuellen Seele. Sie handelt vom Seelenverlust, von Seelenrückführung, Seelenpflege und Verherrlichung der Seele … Das »innere Kind« sendet seine bzw. ihre Seele ins Exil, bis sie in Sicherheit zurückkehren kann … In der amerikanischen Eingeborenen-Spiritualität gehen Schamanen auf die Reise, um die Seele zurückzuführen …«

Das ist Mythologie! Professor Robyn M. Dawes von der Carnegie-Mellon Universität schrieb das Buch House of Cards: Psychology and Psychotherapy Built on Myth (»Ein Kartenhaus: Psychologie und Psychotherapie sind auf Mythen gebaut«) aufgrund von »Ärger und einem sozialen Pflichtgefühl«. Professor Dawes führt das Beispiel einer Psychiaterin von der Harvard Universität an, deren Patient Selbstmord beging. Das Interesse der Untersuchungskommission bestand darin, ob sie mit ihrem Patienten Geschlechtsverkehr hatte. Die Tatsache, dass sie »ihn in einen infantilen Zustand zurückführte, in welchem sie ihn einem ›Reparenting‹ [einer ›Wiederbeelterung‹] unterziehen konnte«, wurde ignoriert – wer könnte behaupten, ein solcher Unsinn stelle eine rechtmäßige Therapie dar?

Dawes beschuldigt die Psychobranche, für »Prinzipien einzutreten, von denen man weiß, dass sie falsch sind sowie aufgrund ihrer Anwendung nachweislich falscher Techniken«. In die berühmte Cambridge-Sommerville Jugendstudie wurden 650 unterprivilegierte Jungen im Alter von 6 bis 10 Jahren einbezogen, die man in zwei gleich große Gruppen unterteilte. Eine 30 Jahre später durchgeführte Nachuntersuchung zeigte, dass diejenigen, die therapeutisch behandelt worden waren, mehr Probleme mit »Alkoholismus, geistigen Störungen, beruflicher Unzufriedenheit und streßbedingten Krankheiten« hatten und bedeutend mehr schwere Verbrechen begingen, als jene, denen man den »Segen« psychologischer Beratung vorenthalten hatte. Alle wissenschaftlichen Indizien, die wir gefunden haben, bescheinigen, dass die Psychotherapie bestenfalls wirkungs¬los und in vielen Fällen sogar schädlich ist.

 

Eine Definition des Spirituellen

Der Philosoph Daniel Dennett behauptet in seinem 1992 veröffentlichten Buch Philosophie des menschlichen Bewußtseins, dass »das Bewußtsein – und unsere Wahrnehmung unseres einheitlichen Selbst – eine Illusion sei, die durch die Interaktion vieler verschiedener ›Unterprogramme‹ in der Hardware des Gehirns zustande kommt«.

Dafür gibt es ebenso wenig einen wissenschaftlichen Beweis wie für den Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht. Während einige Psychologen noch immer solch einem Irrsinn anhängen, ist die Psychologie als Ganzes weitergegangen – gezwungen von den Phänomenen, mit denen sie konfrontiert ist. Man braucht sich nicht mehr dafür zu schämen, wenn man zugesteht, dass es Geist und See¬le gibt und beides weder gemessen noch erklärt werden kann.

Es war die neue Disziplin der Parapsychologie (die Erforschung übersinnlicher Phänomene), die widerwillige Forscher zwang, die Existenz der nichtphysischen Seite des Menschen anzuerkennen. Experimente schie¬nen darauf hinzuweisen, dass der menschliche Geist Gegenstände über eine Distanz beeinflussen konnte, die weit über den Radius messbarer Gehirnwellen hinausgeht. Tatsächlich ist seit der Zeit Anton Mesmers bekannt, dass hypnotisierte Personen Ereignisse »sehen« können, die viele Kilometer entfernt passieren. Dafür gab es keine natürliche Erklärung. Der Geist musste eine nichtphysische Entität sein, die sich vom Gehirn unterscheidet.

Doch auch dieses Eingeständnis konnte das Phänomen nicht erklären. Der menschliche Geist allein kann keine Erklärung für Fernwahrnehmung liefern und kann sicherlich nicht verantwortlich sein für Erscheinungen von Geistwesen und Blicke in die Zukunft oder für die Fähigkeit, Sprachen zu sprechen, die man niemals gelernt hat. Das Phänomen könnte nur erklärt werden, wenn der menschliche Geist in Verbindung mit einer anderen Informations- oder Machtquelle steht.

Viele Psychotherapien verwenden Hypnose, um den Patienten in die Vergangenheit zurückzuversetzen oder andere Mittel, um einen leicht beeinflussbaren Zustand des Patienten zu erreichen. Während der Therapeut eine verbale Kontrolle praktiziert, können andere Geister eine mentale Kontrolle ausüben. Edgar Mitchell beteiligte sich bei seiner Apollo-14-Mondmission an scheinbar erfolgreichen telepathischen Kommunikationsexperimenten mit der Erde. Sowohl der KGB als auch die CIA haben versucht, das Verhalten einer Person aus der Entfernung durch Telepathie zu beeinflussen. Wie wir sehen werden, kann nur der Einfluss von anderen Geistern als dem des Therapeuten vieles dessen erklären, was sich bei Psychotherapie ereignet.

 

Auf der Suche nach anderen Geistern

Die Bibel sagt uns – und alle Kulturen der Geschichte haben das stets geglaubt –, dass es Geister gibt, intelligente körperlose Wesen. Auf eine Art und Weise, die wir nicht verstehen, können einige jedoch (sowohl Engel als auch Dämonen) körperliche Gestalt annehmen. Sie können sogar auf die physische Dimension einwirken, in der unser natürliches Leben stattfindet und anscheinend einen Körper und die Persönlichkeit eines Menschen »in Besitz nehmen«. Wie dies wiederum vonstatten geht (sogar mit der Zustimmung des Besessenen), wissen wir nicht. Wir sollten auch nicht versuchen, diese Wesen zu verstehen und noch viel weniger, mit ihnen in Kontakt zu treten:

»Und die Person, die sich zu den Totengeistern und zu den Wahrsagern wendet, um ihnen nachzuhuren, gegen diese Person werde ich mein Angesicht richten und sie ausrotten aus der Mitte ihres Volkes« (3Mo 20,6).

»Es soll niemand unter dir gefunden werden, … der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier oder Bannsprecher oder Totenbeschwörer oder Wahrsager oder der die Toten befragt. Denn ein Greuel für den HERRN ist jeder, der diese Dinge tut« (5Mo 18,10-12).

»Um den Kampfpreis soll euch niemand bringen, der seinen eigenen Willen tut in [scheinbarer] Demut und Anbetung der Engel, der auf das eingeht, was er [in Visionen] gesehen hat …« (Kol 2,18).

Carl Jungs okkulte Auffassungen haben eine einschneidende Auswirkung auf die Psychologie gehabt. Sein persönlicher Leitgeist Philemon konnte aus dem Nichts erscheinen und ebenso plötzlich wieder verschwinden wie die »Geister«, von denen Jung gequält wurde. Trotzdem schien er eine greifbare Form und ein reales und eigenständiges Wesen zu haben, zu dem Carl Jung schließlich als seinem Guru aufschaute. Und aus solchem dämonischen Ursprung stammen Jungs Haupttheorien, die die heutige Psychologie tiefgreifend geprägt haben.

Forscher haben sich auf vier Erklärungsmöglichkeiten für dieses Phänomen geeinigt:

1.) Wir alle sind Teil eines universellen Geistes und folglich steht uns alles Wissen und jegliche Kraft zur Verfügung;

2.) die Geister der Toten sind fähig, mit den Lebenden zu kommunizieren;

3.) die »anderen Geister« gehören außerirdischen Wesen, von denen einige sich so weit entwickelt haben, dass sie keinen Körper benötigen, das menschliche Denken beeinflussen und beherrschen zu können;

4.) es gibt andere Geister von Dämonen oder Engeln, die beide versuchen, die Menschheit zu beeinflussen. Die ersten unterstehen der Führung Satans und die zweiten der Anweisung Gottes.

Die erste Theorie fällt aufgrund ihrer eigenen schwergewichtigen Behauptung, da sie der Menschheit eine leicht zugängliche Quelle von unendlicher Weisheit und Kraft zuschreibt. Das stimmt wohl kaum mit der normalen menschlichen Erfahrung überein. Dass jemand in einen erweiterten Bewusstseinszustand gelangen muss, um in Verbindung mit diesem angeblich universellen Geist zu kommen, scheint eher wenig überzeugend. Entweder sind wir ein Teil davon – dann sollte es uns allen leicht zugänglich sein – oder wir sind es nicht. Letzteres ist eindeutig der Fall.

Die zweite Alternative (Totengeister könnten mit den Lebenden in Kontakt treten) widerspricht der Bibel ebenso wie dem gesunden Men¬schenverstand. Warum sollte beispielsweise Tante Frieda, die in ihrem Leben eine ganz normale Person war, auf der »anderen Seite« allwissend geworden sein? Außerdem verbreiten diese vermeintlich körperlosen Existenzen einhellig die Lügen des Teufels aus dem Garten Eden. Sie mögen behaupten, im Leben Christen, Atheisten oder Agnostiker gewe¬sen zu sein, aber nach ihrem Tod sind sie zu überzeugenden Sprechern des Teufels geworden. Es ist wahrscheinlicher, dass sich Dämonen als Verstorbene tarnen.

Bezüglich der dritten Alternative (hochentwickelte Außerirdische) haben wir bereits die Unmöglichkeit der Evolution herausgestellt und gezeigt, dass die Tatsachen die Hypothese von außerirdischer Intelligenz widerlegen. Der Autor Robert A. Baker stellt heraus, dass bisher nie¬mand in der Lage war, einen »materiellen Gegenstand zu zeigen, der die Existenz von Ufos oder außerirdischer Lebensformen – ob intelligent oder nicht – zweifellos beweist«. Solange ein solches Beweisstück fehlt, blei¬ben wir weiterhin »jeglichen Berichten von außerirdischen Wesen, Ufos und Entführungen durch Außerirdische gegenüber skeptisch«. Terence Sanbek, klinischer Psychologe aus Kalifornien, erhebt einen weiteren of¬fensichtlichen Einwand des gesunden Menschenverstandes:

»Um zum nächstgelegenen Stern zu kommen, benötigt es Jahre … [selbst] wenn man mit Lichtgeschwindigkeit reist, was allerdings nicht möglich ist. Wenn Sie dort hingelangen könnten, würden Sie dann mit einem betrunkenen Fischer aus Mississippi reden oder einen Staatsmann aufsuchen? Wenn sie derart intelligent wären, würden sie sich nicht so töricht verhalten.«

Uns bleibt nur noch die letzte Möglichkeit: hinter okkulten Phänomenen stehen Dämonen. Alle bisher untersuchten Beweise deuten darauf hin, dass wir von überaus listigen Wesen heimgesucht werden, deren letzt¬endliches Ziel die Niederwerfung der Menschheit in den Untergang ist – einem Untergang, dem die Menschen aufgrund ihrer Rebellion gegen Gott ohnehin entgegengehen. Ja, der Satanist Marilyn Manson gab sein Ziel preis, als er sagte: »Ich bin auf dem Weg abwärts und will dich mitnehmen.« Diese Art wahnsinnigen Draufgängertums spricht bestimmte Menschen an. Aber die Falle für die meisten Menschen wird dadurch gelegt, dass Dämonen sich als außerirdische Intelligenzen, Aufgestiegene Meister, gespaltene oder multiple Persönlichkeiten oder etwas ande¬res ausgeben, was immer gerade am attraktivsten ist für solche, zu denen diese bösartigen Wesen Kontakt aufnehmen können. Und ihr Spiel wird durch das erstaunliche Widerstreben der Menschheit gegen die Wahrheit erleichtert – und durch die Bereitwilligkeit der Psychotherapeuten, durch ihre Lügen dazu beizutragen.

 

Das Mekka der »Human-Potential« – Bewegung

Während der 60er und 70er Jahre versammelten sich viele der führenden Köpfe des aufblühenden Feldes der humanistischen Psychologie im Esalen Institut in der Big Sur Gegend südlich von San Francisco, um sich dort über ihre Theorien auszutauschen. 1962 stolperten Abraham und Bertha Maslow beinahe zufällig darüber und erfreuten sich anschließend einer langen Beziehung zu Esalen. Viele berühmte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Aldous Huxley, Paul Tillich, Arnold Toynbee, Joan Baez, Simon und Garfunkel, einige der Beatles, B. F. Skinner, Linus Pauling und Jerry Brown kamen zu Diskussionen vorbei.

Noch bevor der Ausdruck »New Age« bekannt wurde, war Esalen das New-Age-Zentrum der Westküste. In Esalen wurden Geistwesen »gechannelt«, lange bevor Channeling populär wurde. Esalen hatte eine eigene dort ansässige »Channelerin«, Jenny O’Connor, eine junge Frau aus England. Durch die Technik des automatischen Schreibens überbrachte eine Gruppe nichtmenschlicher Wesen, die sich selbst »Die Neun« nannten (und angeblich vom Stern Sirius stammten), zutreffende Botschaften, die mit ihrer bemerkenswerten Genauigkeit ihrer Vorhersage manchmal geradezu unheimlich waren. Mitbegründer Richard Price war vor seinem makaberen Tod im Jahr 1985 so sehr beeindruckt, dass er »Die Neun« in seine Gestalttherapie-Sitzungen mit einbezog. Über mehrere Jahre bot der Esalen-Katalog einen Kurs in Gestalttherapie an, von dem versprochen wurde, dass er durch »Die Neun, eine paranormale Intelligenz« unterstützt würde.

Für »Die Neun« gab es sogar einen biografischen Eintrag im Katalog, der sie als »gigantische Reflektoren Ihres Selbst, Anwender der Gestalttherapie, Eheberater – eine für alle verfügbare pure Energie von höchster Qualität« beschrieb. Price vertrat die Meinung, es sei egal, ob die durch Jenny gechannelten Botschaften von der Gruppe »Die Neun vom Sirius oder aus Jennys Unterbewusstsein kam«. »Die Neun« wurden selbst von Esalens leitenden Direktoren in einer berüchtigten Sitzung zu Rate gezogen, woraus eine Umbesetzung des obersten Führungsstabes resultierte.

Für uns ist die Tatsache von Interesse, dass »Die Neun« durch weitere Medien und andere Organisationen und andere Menschen, die mit Okkultem zu tun haben, gesprochen haben. Sie nahmen Kontakt auf zu Andrija Puharich und führten ihn in Okkultismus. Der verstorbene Gene Roddenberry hoffte in Verbindung mit der Gruppe »Die Neun« treten zu können und verfasste eine schriftliche Arbeit mit dem Titel »Die Neun«. Bücher wurden ihnen gewidmet wie The Only Planet of Choice (»Der einzige Planet der Wahl«) für »Tom und den Rat der Neun«, wobei »Tom« den mutmaßlichen Sprecher des Rates darstellte. Paulus identifizierte »Die Neun« vor 1900 Jahren als dämonische Feinde der Menschheit, als »die geistigen Mächte der Bosheit« (Eph 6,12).

 

Humanistische und transpersonale Psychologie

Die Gesellschaft für Humanistische Psychologie (AHP) wurde zutiefst von unverhohlenstem Okkultismus durchdrungen. Bereits 1986 befanden sich praktizierende Schamanen unter den Hauptrednern des 24. Jahrestreffens der AHP an der Universität von San Diego. Teilnehmern wurde die Möglichkeit gegeben, den schamanisch erweiterten Bewußtseinszustand, der zur Kontaktaufnahme mit Geistern förderlich ist, zu erfahren und zu erlernen, wie man ihn bei anderen entwickeln kann. Es gab mediale Seancen, um die Kommunikation mit »Geistführern und anderen spirituellen Freunden« zu entdecken. Ein Foto im Bericht der Los Angeles Times über die Tagung zeigte Durchback Akuete, einen afrikanischen Medizinmann, wie er gerade »Lonnie Barbach, die Vizepräsidentin der AHP, in Trance versetzte«.

Die AHP, die behauptet, Psychologie als Wissenschaft zu betreiben, warb für die 1986er Tagung in der Zeitschrift Shaman’s Drum: A Journal of Experiential Shamanism (»Die Schamanentrommel: ein Journal des experimentellen Schamanismus«). Ein Blick in eine beliebige Ausgabe der »Schamanentrommel« zeigt die schwerwiegende Beteiligung von Psychologen. Eine typische Ausgabe dieser Zeitschrift enthält Artikel wie »Lernen Sie den Geistern zu vertrauen« und verbreitet den primitivsten und dämonischsten Okkultismus als befreiende Wahrheit. Lesen wir nur einmal die folgenden Beschreibungen unterhalb der Illustrationen eines kürzlich veröffentlichten Artikels mit dem Titel Umgang mit hungrigen Geistern: Schamanische Rituale der Embera:

»Ein junger Haibana … stimmt einen Singsang an, um den Hai [Geist] zu beschwören. … Ein Mädchen mit einem Schlangenmuster bemalt … die während der Heilung eines Kranken als Gastgeberin der Hai [Geister] dient.  In Perlen und einen traditionellen Lendenschurz gekleidet, hält der Haibanese einen seiner schamanischen Stäbe in der Hand, während er dem Geist handelsübliche Spirituosen und importierte Marlboro-Zigaretten anbietet.  Aceite lässt eine lebende Schlange dreimal über eine Patientin glei¬ten, damit sie die Krankheit der Frau aufnimmt.«

Mit der Werbung in der Schamanentrommel hoffte die AHP mehr prakti¬zierende Schamanen in ihre Reihen zu ziehen, und zwar aufgrund der Verbindung zwischen Psychotherapie der alten Schamanenreligion. Da¬mit war auch klar, dass die Psychologen den Schamanen ein paar neue Tricks beibringen könnten. Auszüge aus dem Anzeigenteil:

»Eine unvergessliche Möglichkeit, von einigen der bedeutendsten Hei¬lern und spirituellen Führern aus Westafrika und Brasilien zu lernen. Reise in erweiterte Bewusstseinszustände, in denen man die eige¬nen höheren Geistlehrer und die »Götter« selbst treffen kann … Themen sind u.a.: Rituale, Meditation … erweiterte Bewusstseins¬zustände, Schamanismus und Geistesheilung, mediale Begabung …«

Was meinen »wissenschaftliche« Psychologen mit »höheren Geistlehrern«, »Göttern« oder »Geistesheilung« und »mediale Begabung«? Die transpersonale Psychologie spricht sogar noch offener über ihren Okkultismus. Eine Zeitung (San Jose Mercury News) berichtete:

»Visionen haben. In Zungen sprechen. Mit Jesus gehen und reden. Glücklich durch Buddha. Mit Satan kämpfen. Ufos sichten. Es liest sich wie eine Litanei psychologischer Probleme … von Menschen, die … den Nachweis ihres Wahnsinns bringen … Im Institut für Transpersonale Psychologie in Menlo Park [Kalifornien] … widmen sich Psychiater, Psychologen und Berater der Anerkennung der Spiritualität … als ein wichtiger Aspekt für den Zustand des Menschen.«

Für Professor Charles Tart ist transpersonale Psychologie spirituelle Psychologie. Er wurde als »einer der führenden Wissenschaftler der trans¬personalen Psychologie, der Psychologie des spirituellen Wachstums« bezeichnet und ist Autor von angesehenen Klassikern der transpersonalen Psychologie. Er schreibt:

»Spirituelle Psychologien … die Ihnen zeigen, wie man spirituell wächst, kann man finden im Sufismus, in verschiedenen Formen des Buddhismus, wie zum Beispiel im Zen-Buddhismus, in traditionellen Yoga Praktiken … usw.  Sie lehren üblicherweise … dass unsere wahre Bestimmung in der Evolution eines höheren spirituellen Wesens liegt.«

Der Psychologe John Heider erkennt im Journal of Humanistic Psychology an, dass der »weit verbreitete Gebrauch und Missbrauch von bewusstseinserweiternden Substanzen wie Marihuana, LSD und Meskalin« ein Hauptkatalysator für die Entwicklung der transpersonalen Psychologie war. »Die psychedelischen Drogen erbrachten einen unwiderlegbaren Beweis, dass veränderte Bewusstseinszustände real waren und Wege hin zu einer transzendentalen Erfahrung existierten.«

 

Das Vermächtnis Sigmund Freuds

Sigmund Freud ist als Schwindler entlarvt worden. Sein Werk war nicht wissenschaftlich. Einige der Fallstudien, die er zur Unterstützung seiner Theorien vorbrachte, sind getarnte autobiografische Skizzen. Seine »Entdeckungen« reflektieren seine eigenen pervertierten sexuellen Leidenschaften, ebenso wie bei C. G. Jung. Ein früher Briefwechsel zwischen Jung und Freud beinhaltet Jungs Ratschläge an Freud für dessen Verführung einer Patientin namens Sabina Spielrein. Jung hatte andere Mätressen, ebenso wie Freud nicht auf seine Schwägerin Minna Bernays beschränkt war. Die moderne Psychologie entspringt zum großen Teil der sexuellen Verdorbenheit und Rebellion gegen Gott seiner geehrten »Entdecker«.

Die Freudschen Theorien wurden auf seiner verdrehten Sichtweise gegründet, dass alle Gedanken, Gefühle und Beweggründe in sexuellem Verlangen wurzeln. Sein »Ödipuskomplex«, für den kein Nachweis in der allgemeinen Bevölkerung gefunden werden kann, reflektiert eindeutig seine eigene Leidenschaft für Inzest. Das Übel, das aus dem Einfluss Freuds und Jungs hervorging, ist unermesslich. Selbst das bekannte deutsche Magazin Der Spiegel hielt es in einem Beitrag vom Juli 1994 für möglich, dass die Psychologie von Freud und Jung mit dämonischer Verstrickung zu tun hat.

Obwohl Freud in Misskredit gebracht wurde, bleiben zwei seiner Theorien als die tragenden Säulen des Großteils der Psychologie und Psychotherapie bestehen: die Lehre vom Unbewussten und das Konzept der Überdeterminierung. Freud behauptete entdeckt zu haben, dass das menschliche Verhalten durch Triebe gesteuert wird, die aus Kindheitstraumata entstehen. Sie lägen in einem Bereich verborgen, der »das Un¬bewusste« genannt wird und können nur mittels Psychotherapie erreicht und geheilt werden. Professor Dawes drückt seine Empörung so aus:

»Das Schädlichste an dieser Überzeugung ist, dass das Verhalten von erwachsenen Menschen hauptsächlich durch Kindheitserfahrungen festgelegt wird, sogar von äußerst unterschwelligen, aber vor allem von solchen, die das Selbstwertgefühl erhöhen oder vermindern.«

Die offensichtliche Folgeerscheinung solcher Theorien besteht in der Entlastung des Straffälligen, egal was er auch getan haben mag. Im Index der Freudschen Arbeiten, welches einen ganzen Band füllt, vermisst man ein Wort: Verantwortung.

Ohne Verantwortung gibt es keinen Schuldigen. »Alkoholismus und Drogenabhängigkeit wurden zu ›Krankheiten‹, Kriminalität wurde zu einem ›Nebenprodukt‹ des sozialen Umfelds, in dem die Menschen aufwachsen, usw.« Anstatt schuldig zu sein, sind wir alle Opfer – nicht nur durch das, was andere uns angetan haben, sondern auch Opfer unserer eigenen Gefühle – und stehen daher außerhalb der Verantwortung. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes des US-Bundesstaates Columbia von 1954, dass eine Person »nicht aufgrund von unwiderstehlichen Impulsen für eine Straftat schuldig gesprochen werden kann… führte somit später zum Freispruch von John Hinckley, der ein Attentat auf US-Präsident Ronald Reagan verübt hatte«.

 

Das Wiederbringen »verdrängter« Erinnerungen

Wenn das Problem in der Vergangenheit liegt, dann muss man laut Freud dorthin zurückgehen, um das Trauma aufzudecken und zu behandeln. Dieser Prozess wird als »Regressionstherapie« bezeichnet und wirft viele Fragen auf. Das Gedächtnis ist nicht gerade unfehlbar, sogar oft fehlerhaft und eigennützig, was durch zahlreiche wissenschaftliche Tests nach¬gewiesen wurde.

Es gibt eine therapeutische Methode, um Erinnerungen hervorzuholen. Der Klient wird unterschwellig in einen äußerst beeinflussbaren Geisteszustand geführt und dann mit gezielten Suggestionen angegangen, um den »Erinnerungen« auf die Sprünge zu helfen. Sehr häufig greifen diese Suggestionen und bewirken, dass man sich an etwas »erinnert«, was niemals geschehen ist. Ereignisse werden somit in ganz ähnlicher Weise erzeugt wie bei der Verfahrensweise des Schamanen.

Häufig hat der Therapeut sein eigenes Programm und bringt den Patienten dazu, sich an das zu »erinnern«, was der Therapeut – allerdings ohne Beweis – bereits als Problem beschlossen hat. Wenn der Patient sich nicht an das erinnern kann, was der Therapeut von ihm erwartet, wird er beschuldigt, die Erinnerung zu unterdrücken oder sich zu verweigern. Freuds Modus operandi besteht bis heute fort. Freud schrieb:

»Wir dürfen nicht glauben, was sie [die Patienten] sagen [wenn sie ab¬streiten, sich zu erinnern], wir müssen immer voraussetzen und es ihnen auch sagen, dass sie etwas zurückgehalten haben …  Wir müssen darauf bestehen, wir müssen den Druck wiederholen und uns selbst als unfehlbar darstellen, bis wir letzten Endes doch etwas erzählt bekommen … diese Technik mit Druck versagt in der Tat nie.«

Diese Art von Therapie hat wiederholt zu falschen Erinnerungen geführt. Tausende von Familien wurden in den USA aufgrund falscher Erinnerungen an angeblichen sexuellen bzw. satanisch-rituellen Missbrauch (SRA) zerstört, den es nie gegeben hatte. Die Beschuldigten (meistens die Väter) wehren sich und die Gerichte verhängen in einigen Fällen hohe Strafen gegen die verantwortlichen Therapeuten.

Die meisten »Erinnerungen« an mutmaßlichen sexuellen Missbrauch und SRA werden unter Hypnose aufgedeckt. Freud selbst verwendete diese Technik. Hypnose hat nachweislich falsche Erinnerungen hervor¬gebracht. Deshalb werden derart zustande gekommene Aussagen vor Gericht in den meisten Staaten nicht akzeptiert. Ja, es ist auch bekannt, dass faktisch richtige Erinnerungen unter Hypnose hervorkommen, aber das stellt uns vor ein ernsthaftes Problem.

Hypnotisierte werden in den Mutterleib »zurückversetzt« und »erinnern« sich an Einzelheiten ihrer Geburt (einschließlich von Gesprächen, die sie gar nicht verstehen konnten). Wissenschaftliche Tatsache ist jedoch, dass die Myelinschicht des Gehirns zur Zeit der Geburt zu unter¬entwickelt ist, als dass sie Erinnerungen speichern könnte. Offenbar stam¬men die »Erinnerungen« nicht aus dem Gehirn. Wir können daraus nur schließen, dass irgendwelche anderen Geister für eine Vortäuschung die¬ser »Erinnerung« sorgen.

Wir haben bereits die Verbindung zwischen dem Okkulten und der Reinkarnation gesehen, die eine grundlegende Auffassung im fernöstlichen Mystizismus und der Zauberei ist. Unter Hypnotherapie werden ebenfalls tatsächliche »Erinnerungen« des jetzigen und Ereignisse eines vermeintlich früheren Lebens und sogar das Sprechen fremder Sprachen hervorgerufen. Wieder werden wir zur unausweichlichen Schlussfolge¬rung gedrängt, dass andere Geistwesen diese Informationen vermitteln, die mit Sicherheit außerhalb des Wissensstandes der hypnotisierten Person liegen. Genau dieser Technik haben sich Schamanen mit dem Ge¬brauch ihrer Geistführer über die Jahrtausende bedient.

 

Multiple Persönlichkeiten?

Ein weiterer Irrglaube, den die Freudschen Theorien des Unbewussten und der Überdeterminierung mit sich brachten, ist die Überzeugung, dass einem Menschen mehrere Persönlichkeiten »innewohnen« können. Einem derartigen Patienten wird eine »multiple Persönlichkeitsstörung« (MPD) diagnostiziert. Vor der Publikation von The Three Faces of Eve (»Die drei Gesichter Evas«) im Jahr 1957 hat wohl kaum jemand etwas von MPD gehört. Es erzählt die Geschichte von Christine Costner Sizemore, der man nach einigen Therapien bescheinigte, angeblich 22 verschiedene Persönlichkeiten in sich zu beherbergen. Durch das Buch Sybil von 1973 (und den Spielfilm von 1977) wurde diese Überzeugung verbreitet und MPD wurde mit sexuellem Missbrauch assoziiert. Die Veröffentlichung von Michelle Remembers (»Michelle erinnert sich«) aus dem Jahr 1980 stellte zusätzlich eine Verbindung zwischen SRA und MPD her.

1980 erkannte man MPD im DSM-III als psychische Störung an. Einige Psychologen stellen nun die Theorie auf, dass wir alle multiple Persönlichkeiten haben und die Menschheit einen großen Evolutionssprung machen könnte, wenn wir lernen würden, diese innere Kraft zu nutzen. Andere verweisen auf den Zusammenhang zwischen MPD und okkulten Erfahrungen und die Beziehung von »multiplen Persönlichkeiten« zum »höheren Ich«, das in der Yoga-Trance entdeckt wird. Die Schilderung von Armand DiMele, einem klinischen Arzt aus New York, macht den okkulten Zusammenhang sehr deutlich:

»Beim Umgang mit multiplen Personen … öffnet man dieser Sache durch einen hypnotischen Zustand in Wirklichkeit Tor und Tür … Ich habe mit »Geisterstimmen« gesprochen, die durch multiple Personen übermittelt wurden und mir Dinge über meine Kindheit erzählten. Genaue Einzelheiten wie beispielsweise über Gegenstände, die in unserem Haus hingen. Es gibt einige unbestreitbare Hinweise … auf etwas, das wir nicht verstehen und ermessen können.«

 Der kalifornische Psychiater Ralph B. Allison, einer der führenden Autoritäten im Bereich der MPD, glaubt fest an das höhere Ich und praktiziert diese Theorie. Allison sagt: »Wir alle haben Zugang dazu. Wir müssen nicht … zu [einem Channeler] gehen. Wir können es in Ruhe zu Hause tun …« Manchmal spricht Allison von seinem eigenen höheren Ich »Mike«, hält sich aber zurück mit einem endgültigen Urteil darüber, wer oder was Mike letzten Endes ist. Laut Allison leiden MPD-Patienten, weil sie nicht auf ihre höheren Helfer hören. Zur Therapie gehört, den Patienten bei¬zubringen, auf diese Stimmen zu hören. Ist das Wissenschaft?

In klassisch okkulter Terminologie bezeichnet Dr. Allison diese Wesen als »Aufgestiegene Meister«, die, wie er glaubt, mit unserem eigenen höheren Ich verwandt sind. Aufgrund seiner Erfahrung mit multiplen Persönlichkeiten glaubt er an die Existenz körperloser Wesen. Bei seinen Gesprächen mit diesen Wesen sagen einige zu ihm: »Sorge dich nicht darum, woher wir kommen, wo wir uns aufhalten oder wo wir zuvor gelebt haben.« Andere sagen etwas wie: »Ich war in meinem vorigen Leben ein Sioux in Dakota und eine multiple Persönlichkeit. Nun wurde ich von Gott hierhin gesandt, um ihr [der Patientin] in den Schwierigkeiten zu helfen – ich bin Experte dafür.«

In der typischen Art eines Psychiaters sagt Dr. Allison: »Warum sollte ich streiten …? Mein Job ist, Menschen zu helfen, und ich kann mich wenig darum kümmern, woher die Informationen kommen. [Mich interessiert nur:] Funktioniert es?« – Tatsächlich sollte die Identität dieser Wesen aber von großem Interesse sein, da es sich nach dämonischer Besessenheit anhört.

Zu den vielen Fällen, über die man lachen müsste, wenn sie nicht so tragisch wären, gehört auch Nadean Cool. Sie verklagte ihren früheren Psychiater aufgrund eines Berufsvergehens, da »er sie davon überzeugte, dass sie 120 Persönlichkeiten in sich berge und anschließend ihrer Krankenkasse eine Gruppentherapie in Rechnung stellte«. Die Krankenversicherung, die etwa 113.000 Dollar an den Psychiater Kenneth Olson und 114.000 Dollar an das St.-Elizabeth-Hospital in Wisconsin zahlte, schloss sich Nadean Cool in dem Prozess an. Sie legten Beschwerde ein, da Olson Gruppensitzungen berechnete und den Anspruch erhob, mehr als eine Person zu beraten. Was für eine Wissenschaft ist das? Dem gesunden Menschenverstand graut vor dieser Wahnvorstellung.

 

Außerirdische und die Psychologie

Ganz gleich, ob der Ufo-Kult Märchen, Magie oder Wahnsinn ist, seine Hohenpriester sind jedenfalls die Psychiater und ihr religiöses Ritual ist die Hypnose. Diese uralte schamanische Praktik ist ein Bindeglied zwi¬schen Ufos, Nahtod-Erfahrungen und dem Okkulten. Wenige Entführte, wenn überhaupt welche, haben eine bewußte Erinnerungen an diese vermeintliche Erfahrung. Beim Prozess der zeitlichen Zurückversetzung unter Hypnose (mit Hilfe von gezielten Suggestionen) werden die »Erinnerung« an die »Entführung«, die körperliche Untersuchung und bisweilen auch an sexuelle Übergriffe vom Therapeuten aufgedeckt – genauso wie Erinnerung an mutmaßlichen sexuellen Missbrauch in der Kindheit tausendfach »aufgedeckt« wurden.

Jacques Vallee bezeichnet die Zurückversetzung unter Hypnose, um Erinnerungen wiederzugewinnen, als »eine höchst fragwürdige Methode, die in der Ufo-Forschung leider zur Norm geworden ist«. In Wirklichkeit kann sich jede hypnotisierte Person bereits durch minimale Suggestion an Ufo-Entführungen »erinnern«, die im Detail mit den Beschreibungen von angeblich echten Entführten übereinstimmen. Die Erfahrung eines so genannten klinischen Todes lässt sich unter Hypnose ebenso kopieren und verdeutlicht den okkulten Zusammenhang zum Ufo-Phänomen.

 Überall in Amerika treffen sich regelmäßig Hunderte von Gruppen, deren Teilnehmer glauben, Außerirdischen begegnet oder von ihnen entführt worden zu sein. Üblicherweise werden diese Treffen von einem Psychotherapeuten geleitet. Ein typisches Beispiel ist die Gruppe der Hypnotherapeutin Yvonne Smith in einem Vorort von Los Angeles »für Menschen, die glauben, ihr Sexual- und Fortpflanzungsverhalten werde von Außerirdischen überwacht«.

Der Hohepriester der Ufo-Entführungen ist Dr. John E. Mack, Professor für Psychiatrie am Cambridge-Hospital, der medizinischen Fakultät in Harvard, und Pulitzer-Preisträger für Autoren. Er hat mehr als 100 Menschen befragt, die angaben, von Außerirdischen in ein Ufo entführt worden zu sein. Vieles von dem, was er angeblich aus diesen Begegnungen gelernt hat, wird in seinem Buch Entführt von Außerirdischen offen gelegt. James S. Gordon rezensiert das Buch in der New York Times:

»Vier Jahre lang hat der anerkannte Psychiater … die seltsamen und verblüffenden Geschichten ganz normaler Männer und Frauen fest gehalten, die glauben, aus ihren Häusern und Autos entführt und durch Wände hindurch mittels besonderer Lichtstrahlen zu Raumschiffen transportiert worden zu sein …  Diese vernünftigen, feinsinnigen und gebildeten Männer und Frau¬en waren, so schien es Dr. Mack, nicht psychotisch, wahnhaft oder selbstdarstellerisch … Ihr Erlebnis der Ufo-Entführung schien wirklich die Ursache ihrer Probleme zu sein, und nicht deren Symptom.

Als Dr. Mack zuhörte, fing er an zu glauben, dass ihre Erfahrungen in gewisser Hinsicht sehr »real« waren und … unter Hypnose wurden ihre bruchstückhaften Erinnerungen glasklar und komplexe Szenerien von Entführung, Gewaltanwendung und Instruierung ergaben sich …  Wie sein Buch zeigt … stellte Dr. Mack andere Verbindungen her – Verbindungen zwischen Entführungen, Nahtod-Erfahrungen und »Reinkarnations-Therapien«. Dr. Mack meint, dass all diese Erfahrungen Wege zur Wiederentdeckung ewiger [okkulter] Weisheit sind …

Leider … fehlt es den Entführungsberichten … an der Autorität, die Dr. Mack und ein sympathisierender Leser ihnen gerne geben möchte … Hier, exakt auf dem klinischen und wissenschaftlichen Boden … ist sein Buch für Kritik am angreifbarsten …  Gleichfalls beunruhigend ist der Mangel an Literatur über Dr. Macks Methodik … wie er einen hypnotischen Trancezustand herbeiführt oder wie er die Person unter Hypnose befragt … [und über] seine Aussage, dass er und die Entführten ihre Realität miterschaffen«.

Dr. John Mack spricht von »Phänomenen, die aus einer anderen Dimension zu kommen scheinen; durch Telepathie erhaltene Informationen; Hellseherei und dem ganzen [übersinnlichen] Psi-Bereich; außerkörper¬liche Erfahrungen; Nahtod-Erfahrungen; Telekinese und dem Phänomen der Entführung durch Außerirdische. Phänomene also, die sich im natürlichen Bereich zeigen, aber anscheinend aus einer anderen Dimension kommen, aus einer unsichtbaren Welt herrühren«.  –  Er beschreibt die Welt des Okkulten, an die er nun voller Überzeugung glaubt.

Carl Jung lebte in ständiger Verwirrung – ein Zustand, der ihn seit seiner Kindheit quälte. Er war hin- und hergerissen, ob nun der Zustand des Bewussten oder der des Unbewussten der wirkliche ist. Diese Ambi¬valenz spiegelt sich in der folgenden Aufzeichung eines Traumes wider, die ebenso seine Sicht über Ufos und die Tatsache, dass er tiefere Proble¬me als viele seiner Patienten hatte, zum Vorschein bringt:

»Ich erblickte mein Haus, über dem zwei linsenförmige metallisch schimmernde Scheiben in einem engen Bogen schwirrten … zwei Ufos. Dann kam ein anderes Objekt … durch die Luft geflogen: eine Linse mit einem metallischen Anbau, der zu einem Kasten führte – eine Laterna magica [ein Filmprojektor]. Es stand in einer Entfernung von fünfzig bis sechzig Metern ruhig in der Luft und zeigte direkt auf mich. Ich erwachte mit einem Gefühl des Erstaunens … der Gedanke ging durch meinen Kopf: »Wir denken immer, dass Ufos unsere Projektionen sind. Nun stellt sich heraus, dass wir ihre Projektionen sind. Ich wurde von der Laterna magica als C. G. Jung projiziert. Aber wer bedient den Apparat?« (C.G.Jung, Memories, Dreams, Reflections, 1963).

 

Die erstaunlichen Produkte eines hypnotischen Trancezustandes

Die mysteriösen Auswirkungen der Hypnose stellen die heutigen Wissenschaftler vor ein Rätsel. Spontane »Erinnerungen« an vergangene und zukünftige Leben (etwa ein Fünftel handelt von Existenzen auf anderen Planeten) tauchen häufig auf. Im hypnotischen Trancezustand werden auch Erfahrungen gemacht, die im Zusammenhang psychedelischer Drogen, TM und anderer Yoga-Formen und fernöstlicher Meditation weit verbreitet sind. Ferner manifestieren Hypnotisierte spontan übersinnliche Kräfte, Hellsehen, außerkörperliche Erfahrungen sowie das ganze Spektrum okkulter Phänomene.

Nehmen wir den Fall des 21-jährigen William, eines intelligenten und unauffälligen Studenten, der von Professor Charles Tart hypnotisiert wurde. William erlebte dasselbe kosmische Bewusstsein und die gleiche Verwirklichung seines Ichs, welche auch durch Yoga und im klinischen Tod hervorgerufen werden. Erst erlebte er einen tiefen Frieden, danach eine Loslösung von seinem Körper und schließlich die Befreiung von seiner eigenen Identität, um mit dem Universum zu verschmelzen. Er hatte das Gefühl, dass er alles sei und ihm keine Begrenzungen auferlegt wären bezüglich dessen, was er erfahren oder werden könnte. Er spürte die ganze Fülle eines Gottesbewusstseins, »in dem die Grenzen von Zeit, Raum und der eigenen Identität angeblich überschritten sind und ein reines Bewusstsein des ursprünglichen Nichts zurückbleibt, aus dem jegliche sichtbare Schöpfung stammt«.

Die Hypnose, die nur im Jahr 1958 durch die Amerikanische Gesellschaft für Medizin als therapeutische Technik anerkannt wurde, scheint die Macht des Geistes über den Körper zu beweisen. Es ist präzise zielgerichteter Placebo-Effekt. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass »zelluläre Veränderungen im Körper vor sich gehen, zusammen mit Veränderungen der persönlichen Einstellung«. Martin Bobgan schreibt:

»Auch wenn man das Wort Hypnose mit dem Wort Therapie verbindet, so hebt dies die Praktik an sich noch nicht aus der Sphäre des Okkulten auf eine wissenschaftliche Ebene … Der weiße Kittel ist vielleicht ein angeseheneres Gewand als Federn und Gesichtsbemalung, aber die Grundlage ist die Gleiche. Hypnose bleibt Hypnose, ob man sie nun medizinische Hypnose, Hypnotherapie, Autosuggestion oder sonstwie nennt. Hypnose in den Händen eines Mediziners ist genauso wissenschaftlich wie eine Wünschelrute in den Händen eines Tiefbauingenieurs.«

Einige Ärzte benutzen Hypnose als Narkosemittel. Suggeriert man der hypnotisierten Person, dass sie während der Operation keinen Schmerz empfinden und es nicht einmal zu Blutungen kommen werde, dann wird dies in vielen Fällen zur Realität des Patienten. Eine unter Hypnose auferlegte Suggestion (z. B. dass Zigaretten schrecklich schmecken) wird häufig zur neuen Realität, wenn der Hypnotisierte wieder in seinen normalen Bewusstseinszustand zurückgekehrt ist.

Yoga und andere Arten fernöstlicher Meditation sind eine Form von Selbsthypnose oder Autosuggestion. Es werden verschiedenste andere Formen der Selbsthypnose angewendet. Dr. med. William Kroger und der Psychologe William Fetzler warnen aufgrund jahrelanger Forschungsarbeit vor »einer Verwirrung durch angebliche Unterschiede zwischen Hypnose, Zen, Yoga und anderen fernöstlichen Heilmethoden. Obwohl sich das Ritual jeweils unterscheidet, sind sie grundsätzlich gleich.«

Selbsthypnose wird weithin in der holistischen Gesundheitsbewegung angewendet, ebenso wie in den Erfolgs- und Selbstbild-Verbesserungs-Seminaren. Die Resultate können weder durch etwaige Leistungsfähigkeit des Gehirns noch des Geistes erklärt werden. Die Hypnose ist ein Haupteinfallstor des Okkulten und hat eine Schlüsselrolle bei der okkulten Unterwanderung der abendländischen Gesellschaft gespielt. Bei Phil Jackson spielte die Selbsthypnose, die er von seinem älteren Bruder Joe lernte, für seine Einführung in das Okkulte eine wichtige Rolle.

Zwei Folgerungen, die für die meisten Forscher zwar sehr unangenehm sind, scheinen unausweichlich:

1.) Es gibt einen gemeinsamen Ursprung aller okkulten Phänomene, einschließlich Ufos, die scheinbar auf intelligente und wohlüberlegte Weise eine clevere Täuschung zur Unterstützung ihrer eigenen Absichten arrangieren; und

2.) Hypnose – oder die Macht der Suggestion – ist der eigentliche Kern dieses Schemas. Werden diese beiden Schlussfolgerungen abgelehnt, ergibt alles keinen Sinn. Dem Forscher – wie beispielsweise Professor Alvin H. Lawson von der staatlichen Universität in Long Beach, Kalifornien – bleibt nichts anderes übrig als zu raunen: »Das Wesen dieses Inputs hier ist eine sehr gruselige Sache!«

 

Teil 2

»Christliche« Psychologie

Es gibt nichts Christliches an der Psychologie. Ihre Verwendung von Ausdrücken wie Seele, Geist und sogar Gott verleitet viele Christen zur Annahme, die Psychologie sei irgendwie mit dem christlichen Glauben vereinbar. Die Bedeutung dieser Begriffe in der Psychologie kommt jedoch aus dem Bereich des Okkulten, steht im Widerspruch zur Bibel und ist unabänderlich antichristlich.

Tatsächlich ist die Psychologie eine konkurrierende Religion mit ihrem eigenen antichristlichen Evangelium, das eine unbiblische Diagnose und ein gottloses Heilmittel für die menschlichen Probleme anbietet. Sogar Rollo May drückte seine Besorgnis über die Verbindung zwischen Psychologie und Religion aus. Andere weltliche Psychologen wie Sam Keen und Philip Reiff haben »Psychotherapie als eine Art Nationalreligion mit einem Evangelium der Selbstverwirklichung und mit Therapeuten als den neuen Priestern beschrieben«.

Ein Psychologe sagte: »Gewisse besonders einflussreiche Pioniere der amerikanischen Psychologie fanden in ihr ein ideales Mittel, ihrer eigenen christlichen Erziehung im Namen der Wissenschaft abzuschwören.« Thomas Szasz, Professor für Psychiatrie und nichtpraktizierender Jude, erklärte: »Einer der stärksten Beweggründe im Leben Freuds war es … sich am Christentum zu rächen …«

Szasz nannte die Psychotherapie »nicht nur eine Religion, die vorgibt, eine Wissenschaft zu sein … [sondern] eine gefälschte Religion, die versucht, die wahre Religion zu vernichten«.

Aber ist die christliche Psychologie irgendetwas anderes? Nein. Ob ein Psychiater oder Psychologe Christ ist oder Atheist, mussten beide die gleichen Prüfungen ablegen und die gleichen Maßstäbe erfüllen, um die staatliche Berufserlaubnis zu erhalten. Zum Beispiel ist die »Fuller Hochschule für Psychologie« des Fuller-Seminars im kalifornischen Pasadena durch die Amerikanische Gesellschaft für Psychologie anerkannt und muss deren gottlose Normen genau wie jede säkulare Schule für Psychologie erfüllen.

 

Es gibt keine »christliche« Psychologie

Simple Wahrheit ist, dass etwas wie eine christliche Psychologie nicht existiert. Schauen Sie in den Index eines beliebigen Psychologie-Lehrbuches. Dort finden sich Einträge über die Psychologie von Freud und Jung, über den Behaviorismus sowie über existentielle, humanistische und transpersonale Psychologie und weitere Fachrichtungen. Aber es gibt keinen Eintrag unter »christliche Psychologie«. Der Grund dafür ist einfach: Es gibt keinen Christen, der je eine Schule der Psychologie gegründet hat, die als »christlich« bekannt ist.

In ihrem Artikel, der auf einem Treffen professioneller Psychologen vorgestellt wurde, behaupteten die christlichen Psychologen J. Sutherland und P. Poelstra mit der Zustimmung der Anwesenden:

»… es gibt keine akzeptable christliche Psychologie, die sich in einem wesentlichen Merkmal von der nichtchristlichen Psychologie unterscheidet… Es ist schwierig zu implizieren, dass wir in einer Art und Weise funktionieren, die sich grundlegend von unseren nichtchristlichen Kollegen unterscheidet … Bisher gibt es [in der Psychologie] keine annehmbare Theorie, keine Forschungsmethode und keine Behandlungsmethodik, die ausgesprochen christlich ist.«

Was ist dann mit »christlicher Psychologie« gemeint? Die meisten Laien meinen, dass es tatsächlich eine Psychologie gibt, die eindeutig christlich ist. Die Fachleute wissen jedoch, dass sie sich an einem Versuch der Integration atheistischer und antichristlicher Theorien in die christliche Theologie beteiligen. Psychologie ist ein Teil der »Weisheit dieses Zeitalters«, die gelehrt wird vom »Geist der Welt«, den Paulus verwirft (1.Kor. 2,5-14). Der Gründer von Rapha, Robert McGee gibt offen zu, dass er sich zusammen mit dem Atheisten Albert Ellis, für den das Christentum ein Grund für Geisteskrankheiten ist, in Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist befindet:

»Die Veränderung unseres Denkens, Fühlens und Handelns ist ein Pro¬zess, zu dem das übernatürliche Wirken des Heiligen Geistes gehört … Als Ausgangspunkt verwenden wir jedoch ein Modell, das aus der Rational-Emotiven-Therapie von Albert Ellis abgeleitet ist.«

Die Psychologie entstammt dem Okkulten, ist nicht wissenschaftlich und viele der führenden Professionellen geben zu, dass sie zerstörerisch ist. Die gleiche legitime Kritik, die gegenüber der weltlichen Psychologie vorgebracht werden kann, kann man auch für die so genannte »christliche« Psychologie geltend machen. Dennoch hat sie die segensreichsten Kanzeln erobert und ist zu einem wichtigen Teil des Lehrplans an christlichen Universitäten und sogar Seminaren geworden. Vor einigen Jahren teilte Jerry Falwell den Personen auf seiner Adressenliste Folgendes mit:

»Nächsten Sonntag werde ich im … Fernsehen einen historischen Durchbruch zum Leib Christi verkünden. Die Auswirkung … wird die christliche Welt begeistern und uns in eine neue Ära der christlichen Mission führen … Es gibt einfach nicht genug ausgebildete christliche Psychologen, Psychiater und Pastoren, um den Seelsorgebedarf einer wimmelnden, nach Hilfe schreienden Menge zu decken. Das »Liberty Institut für Laienseelsorge« wird das notwendige Ausbildungsprogramm anbieten … Sie können dabei sein …! Stellen Sie sich Folgendes vor …! Dr. Gary Collins und sein Mitarbeiterstab … sind per Kassette [bei ihnen zu Hause] …«

Ein Zeitungsinserat der George-Fox-Universität ist mit dem Titel »Unsere Psychologie-Doktoren haben etwas ganz Besonderes – Eine christliche Sicht der Welt« überschrieben. Ein Prospekt des Fuller Theological Seminary prahlt: »Als Berufszweig ist die christliche Psychologie nicht gerade neu. Fullers Schule für Psychologie bietet alles … von der Ehe und Familientherapie bis hin zum Doktor für klinische Psychologie.« Der folgende Auszug aus einer ganzseitigen Werbeanzeige der Wheaton-College-Graduate-School in Christianity Today zeigt das gleiche integrative Bild:

»Symbole für ein neues Jahrhundert in der Psychologie – Dr. psy. und Dipl. Psy. … die Verpflichtung gegenüber der Bibel und die Integration der psychologischen Theorie mit dem christlichen Glauben …«

 

Der große Einfluss Norman Vincent Peales

Es war Norman Vincent Peale, ein Freimaurer des 33. Grades, der die Jungfrauengeburt Christi »irgendeine theologische Idee« nannte und der der Integration von Theologie und Psychologie den Weg bahnte, die dann zur »christlichen« Psychologie wurde. Im Jahr 1937 »gründete Peale eine Klinik mit einer einzigen Psychiaterin in seiner Gemeinde, [die] auf mehr als nur einige Doktoren und Pastoren anwuchs«. Das wurde zur Inspiration für Tausende ähnlicher Kliniken heute.

Peales Hauptjünger Robert Schuller wurde zu einem bedeutenden Faktor dafür, dieser Sache und vielen anderen zerstörerischen Überzeugungen Peales unter den Evangelikalen Anerkennung zu verschaffen. In seinem Bericht auf dem Weltkongress für Psychiatrie im Jahr 1967 in Madrid vermittelte Schuller den Eindruck, Psychologie und Psychiatrie würden mit dem Christentum auf einer Linie liegen und er verbreitete diesen Irrglauben weiter in seinen vielen Büchern und in beliebten Fernsehpredigten. In seiner Sendung »Hour of Power« (»Stunde der Kraft«) vom 5. Oktober 1997 nahm Robert Schuller den Internationalen Viktor-Frankl-Logotherapiepreis entgegen. In der Logotherapie wird der Patient aufgefordert, eine existenzielle Bedeutung in seinem Leben auf der Erde zu erkennen (ohne jeden Bezug auf Himmel oder Hölle). Sie beinhaltet »spirituelle« Werte ohne jeden »religiösen Unterton« und gründet sich auf »das Gute, das Wahre und das Schöne« – aber nicht auf Gott.

Die Logotherapie ist humanistischen Ursprungs und antichristlich. Trotzdem sagte Schuller bei der Annahme des Preises, dass es »die größte Ehre« für ihn sei und »Viktor Frankl nach Jesus Christus sein zweitgrößter Lehrer war«.

Heute folgen die meisten evangelikalen Gemeinden dem Beispiel Peales, und Schullers »Hour of Power« erfreut sich unter allen Fernseh-Evangelisten jeden Sonntagmorgen der höchsten Einschaltquoten. Die Tatsache, dass Billy Graham sowohl Peale als auch Schuller seine uneingeschränkte Billigung erteilte, trug zweifellos zu ihrem wachsenden Einfluss bei. Auf die wenigen Gemeindeleiter, die dieser okkulten Invasion nach wie vor Widerstand leisten, blickt man von oben herab, als lebten sie hinterm Mond. In ihrem Buch The Integration of Psychology and Theology (»Die Integration von Psychologie und Theologie«) schreiben die christlichen Psychologen John D. Carter und Bruce Narramore:

»Der typische konservative Pastor steht 20 bis 30 Jahre hinter seinen liberalen Kollegen zurück, was das Wissen um den Beitrag anbelangt, den die Psychologie zum Verständnis der Persönlichkeit geleistet hat.«

Peale war schlimmer als liberal. Er gab offen zu, dass viele seiner Gedanken von zwei führenden Okkultisten stammten, vom Gründer der »Religious Science« Ernest Holmes und dem Mitbegründer der Unity-Sekte Charles Fillmore. Zwei Pastoren (einer von ihnen war ein früherer Schützling Peales) haben jüngst eine weitere okkulte Quelle von einigen Lehren Peales aufgedeckt: Florence Scovel Shinn. Nachdem sie Shinns Bücher mit Peales verglichen hatten, stellten sie fest, dass Peales Schriften massenhaft spezielle Fälle zitieren, in denen Peale und Shinn nicht nur übereinstimmen, sondern auch ähnliche oder identische Formulierungen benutzen … Shinn, die 1940 starb, bediente sich mystischer Quellen, die auf den antiken ägyptischen Philosophen Hermes Trismegistus zurückgehen sowie auf die Geheimnisse der Freimaurer, wie sie im Kybalion dargestellt sind. Peale schreibt, dass er die Lehren von Shinn »seit langem benutzt hat«.

 

Der unmögliche Beruf

Der christliche Psychologe James Dobson schreibt: »Die christliche Psychologie ist für einen jungen Gläubigen ein achtbares Berufsfeld, vorausgesetzt, sein Glaube ist stark genug, um den humanistischen Konzepten zu widerstehen, denen er ausgesetzt sein wird.« Warum muss man sich humanistischen Konzepten aussetzen, um christliche Psychologie zu erlernen? Psychologie wurde von Humanisten erfunden und kann nicht vom Humanismus getrennt werden, auf den sie sich gründet.

In einem Interview in einer US-Radiosendung stimmte Dobson mit dem führenden christlichen Psychologen Gary Collins überein, dass Psychologie auf den gleichen fünf Prinzipien basiert wie Humanismus. Anschließend sagten beide, dass Psychologie (Humanismus) natürlich in den christlichen Glauben integrierbar sei. – Man muss fragen, wozu eine solch gottlose Partnerschaft gut sein soll!

In einem seiner Bücher schreibt Gary Collins: »Es ist noch zu früh für eine sichere Antwort, ob Psychologie und christlicher Glaube miteinander integrierbar sind.« Da seinem eigenen Eingeständnis zufolge diese Integration noch nicht stattgefunden hat, war der Begriff christliche Psychologie von Anfang an eine falsche Darstellung, die der Christenheit aufgezwängt wurde! Leider wächst der Einfluss der »christlichen Psychologie« weiter. Ein Reporter machte bei einem Besuch in einem christlichen Buchladen folgende Feststellung:

»In der Rubrik »Leben als Christ« herrschten einst Bücher mit den Themen Gebet und Bibelstudium vor. Heute kann man Ratgeber für Themen finden wie »Das Überwinden von Abhängigkeiten«, »Wie man seine Sorgen los wird«, »Stressbewältigung« und »Leben ohne Schuldgefühl«.

Wieder fragen wir: Warum versucht man Theologie und Humanismus zu verheiraten? Kann die Weisheit der Welt den christlichen Glauben bereichern? Ist der christliche Glaube fehlerhaft? Und ist die Psychologie, die von antichristlichen Köpfen erfunden wurde, das, was dem Christentum fehlt? Ist die Christenheit 1900 Jahre lang zu kurz gekommen? Die ganze Idee der christlichen Psychologie ist sowohl unlogisch als auch unbiblisch.

Ja, Christen können und haben auf manchen Gebieten einen Nutzen von der Weisheit dieser Welt – Physik, Chemie, Medizin und andere säkulare Bereiche sind Beispiele dafür – weshalb nicht auch von der Psychologie? Hierfür gibt es eine ganze Anzahl von Gründen. Allem voran wäre es lächerlich, von christlicher Physik oder christlicher Chemie zu sprechen, da diese Sparten nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben. Aber die Psychologie beansprucht – anderes als andere Disziplinen –, sich gerade mit den Themen zu befassen, von denen die Bibel handelt: die Seele und die spirituelle Seite des Menschen. Dieser Anspruch ist nur rechtmäßig, wenn die Bibel nicht hinreichend ist.

 

Wo sollten wir Hilfe für unsere Seele suchen?

Aber benötigen wir nicht alle Seelsorge? Allerdings. Die Frage ist: Welche Art von Seelsorge und von wem? Würde jemand den Ratschlag eines Automechanikers einholen, wenn er Herzbeschwerden hat? Oder sich bei einem Mann, der wiederholt bankrott gegangen ist, über Geldanlagen informieren? Oder sich den Weg in den Himmel von einem Menschen zeigen lassen, der ihn selbst nicht kennt und eigentlich damit rechnet, in der Hölle zu enden? Man sollte Rat und Hilfe doch beim höchstqualifizierten Experten zum jeweiligen Sachgebiet suchen.

Der Mensch hat sich weder selbst erschaffen, noch kann er sich selbst begreifen. Er weiß nicht einmal, was Leben ist. Wie kann er dann die inneren Vorgänge in seiner Seele und seinem Geist, seinem Verstand und seinen Gefühlen verstehen? Die Psychologie ist die Lehre von der Seele (Psyche). Doch Jung gestand, dass »niemand weiß, was die ›Psyche‹ ist«. Nur ein Narr würde dann Jungs psychologische Theorien übernehmen – und dennoch werden sie von Hunderten (wenn nicht gar Tausenden) christlichen Psychologen befolgt.

Psychologie ist der vergebliche Versuch des Menschen, sich selbst zu verstehen und sein Verhalten entsprechend zu regulieren. Die christliche Psychologie hat die Weisheit der Welt, die aus Gottes Sicht Torheit ist (1Kor 1,20), in die Christenheit eingeführt. Sie wird als Ergänzung zur Bibel angeboten.

Benötigt die Bibel eine solche Unterstützung und würde die Gemeinschaft mit dem Humanismus die biblische Theologie aufbessern? Wenn das stimmt, dann haben wir eine unzureichende Bibel. Natürlich ist die Bibel auf Gebieten wie der Raumfahrttechnik, bei Reparaturen von Maschinen, Nierentransplantationen und anderen Dingen unangemessen. Die Bibel wurde nicht zu diesen Zwecken geschrieben. Es wäre töricht, sich »nur an die Bibel zu halten«, wenn man ein hohes Bürogebäude errichten will. Aber wenn es um die Dinge geht, die in der Bibel behandelt werden, ist sie die höchste Autorität. Wir brauchen nichts anderes.

Die Bibel ist Gottes Wort und unfehlbar. Deshalb ist es äußerst sinnvoll, sich bei den Themen, in denen sie uns belehrt, »ausschließlich an die Bibel zu halten«. Die Bibel hat mit den Dingen zu tun, die »zum Leben und zur Gottseligkeit« gehören und sie sagt, dass sie uns alles, was wir dafür benötigen, in Christus gegeben hat (2Petr 1,3-4). Das Geheimnis des christlichen Lebens ist: »Christus in euch« (Kol 1,27). Zweifellos benötigt Christus, der »euer Leben« (Kol 3,4) ist, keine Psychotherapie. Wir müssen ihm nur gehorchen und ihm vertrauen, damit er sein Leben durch uns lebt. Dazu erteilt die Bibel uns die vollständige Unterweisung.

Gott sagt uns: »Trügerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Ich, der HERR, bin es, der das Herz erforscht …« (Jer 17,9-10). Der weise Mensch spricht wie David:

»Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg!« (Ps. 139, 23-24)

Was könnte besser sein, als dass Gott unser Leben und unsere Motive erforscht und uns leitet? Einer der Namen unseres Herrn Jesus Christus ist »Ratgeber« – »Seelsorger« (Jes 9,6). Können wir uns einen besseren Ratgeber wünschen als den, der uns durch sein Wort und durch seinen Heiligen Geist berät? Was für eine Beleidigung muss es für unseren himmlischen Ratgeber sein, wenn wir woanders nach zusätzlicher Hilfe suchen!

Die christliche Psychologie erhebt den Anspruch, ergänzende Sachkenntnis zu bieten, an welcher es der Bibel mangelt. Dieser Anspruch widerspricht den klaren Aussagen der Bibel. Die wahren Christen widerstanden der römischen Arena und der Inquisition ohne eine christliche Psychologie. Durch das Blut ihrer Märtyrer prägten sie den Siegesstempel eines christlichen Lebens auf die Seiten der Geschichtsschreibung, lange bevor Freud und seine »christlichen« Nachfolger die Weltbühne betraten.

 

Reicht die Bibel aus?

Die Bibel beansprucht, allen unseren geistlichen, emotionalen und praktischen Bedürfnissen zu genügen. Gott lügt nicht (4Mo 23,19). Waren die von Gott inspirierten Autoren der Bibel durch ihr eigenes Wissen begrenzt und ermangelten deshalb eines tieferen Verständnisses des Menschen, was später durch Freud, Jung, Maslow usw. ausgeglichen wurde? Blasphemie!

Psychotherapie besteht aus Hunderten widersprüchlicher und unbewiesener Theorien, deshalb braucht sich niemand zu sorgen, sich womöglich ihre vorgetäuschte Weisheit entgehen zu lassen. Die Tatsache, dass die Zeiten und Kulturen, in denen die Bibel geschrieben wurde, nicht den geringsten Einfluss auf sie hatten, ist darüber hinaus einer der größten Beweise dafür, dass die Bibel Gottes Wort ist. Die Bibel ist nicht durch die Weisheit oder das Wissen derer begrenzt, die sie unter Inspiration schrieben, sondern sie ist das Wort Gottes und somit vollkommen.

Paulus sagt, dass der Mensch Gottes allein durch die Schrift »vollkommen [reif, vollständig] sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt« (2.Tim. 3,17. Ein Mensch, der Gottes Maßstäben entsprechen und völlig nach dem Willen Gottes leben möchte, findet jeden nötigen Rat in der Bibel. Die christliche Psychologie sagt im Endeffekt, dass Paulus falsch lag und die Bibel unzureichend sei. Der klinische Psychologe Bernie Zil¬bergeld schreibt:

»Deren Vorfahren einst Trost in Gottes Wort suchten und am Altar Christi bzw. Jahwes anbeteten, beten nun die Theorien von Freud, Jung, Carl Rogers und einer Schar ähnlicher Autoritäten an und suchen Trost an deren Altären.«

Eine simple Logik allein macht uns klar: Wenn christliche Psychologie irgendetwas von Wert zu bieten hat, ist der biblische Anspruch der Hinlänglichkeit falsch, dann irrte die Christenheit mit ihrem alleinigen Ver¬trauen auf die Bibel und hat es somit in den letzten 1900 Jahren versäumt, die geistlichen und emotionalen Bedürfnisse der Christen zu stillen. Die christliche Psychologie behauptet, dass es der Bibel an Einsicht fehlt, die in jüngerer Zeit durch atheistische Humanisten uns zur Hilfe erbracht wurde.

Die Bibel wurde zu Recht als »Gebrauchsanweisung des Herstellers« bezeichnet. Gott, unser Schöpfer (Ps 95,6; Spr 22,2; Jes 17,7; 45,12; 51,13; Hebr 11,10 u.a.), beabsichtigte für seine Geschöpfe, dass sie diese »Ge¬brauchsanweisung« kontinuierlich im Vertrauen zu Rate ziehen und mit Folgsamkeit darauf reagieren. Mit Sicherheit enthält die Bedienungsan¬leitung unseres Schöpfers jede Anweisung, die notwendig ist für ein hei¬liges (3Mo 11,44.45; 19,2; 1Thes 2,10; 1Petr 1,16), glückliches (Hi 5,17; Ps 128,1; 144,15; 146,5; Spr 3,13.18; 14,21; 16,20; 28,14; 29,18; Joh 13,17; 1Petr 3,14; 4,14) und fruchtbringendes (1Mo 1,28; Joh 15,4.8; Kol 1,10) Leben Seiner Geschöpfe. Mit ebensolcher Sicherheit hat Gott kein einzi¬ges mögliches Problem oder irgendeine Störung übersehen, mit denen wir konfrontiert werden können, noch hat er versäumt, vollständige Anweisungen und ein geeignetes Heilmittel bereitzustellen.

Angenommen, die Nachkommen Adams sind zornig, frustriert, ängstlich, besorgt, unsicher oder einsam. Angenommen, sie kommen sich falsch behandelt vor, missbraucht oder unnütz und sehen nicht den Sinn und Zweck ihres Lebens. Um Rat und Hilfe zu bekommen, sollten sie sich an ihren Schöpfer wenden, der sie zu seinem eigenen Zweck geschaffen hat und sie bis ins Detail kennt. Sie sollten Rat im Handbuch des Herstellers suchen, in dem der Schöpfer ihnen Anweisungen zu vollkommenen Vorgehensweisen bietet. Sie sollten sich zu Christus wenden, der von der Strafe und Macht der Sünde errettet, der in dem Gläubigen wohnt und ihn stärkt. So wendeten sich die Heiligen und Märtyrer der Kirchengeschichte an ihn und hatten in ihm stets volles Genüge. Wie David sagte: »An dem Tag, da ich mich fürchte – ich, ich vertraue auf dich« (Ps 56,4). Was brauchen wir mehr? Wenn außerdem wahre Christen von der Liebe Jesu erfüllt sind, werden sie sich – wie der barmherzige Samariter (Lk 10,33-35) – der Verletzten und Verwundeten voller Mitgefühl und Aufopferung an¬nehmen. In seiner Vorsehung stellt Gott Gläubige mit Hirtenherzen be¬reit, die die Kranken pflegen und die Schwachen stärken (Apg 20,28.35; 1Thes 5,14 u.a.).

 

Was haben Christen vor Aufkommen der Psychologie getan?

Bis vor nicht allzu langer Zeit schauten die Christen zur Erfüllung ihrer geistlichen und emotionalen Bedürfnisse allein auf Gott – und trugen einen glorreichen Sieg davon! Lesen Sie noch einmal Hebräer 11. Achten Sie auf die Leiden und den Triumph. Keiner dieser Glaubenshelden hatte Zugang zu (oder fühlte das geringste Bedürfnis nach) Steve Arterburns Kliniken »New Life« oder zu irgendeinem anderen Programm christlicher Psychologie.

Der leidende Hiob hielt ohne Therapie des »RaphaCare-Programms« oder eines der 17.000 Mitglieder der Amerikanischen Gesellschaft der Christlichen Seelsorger durch. Wenn Hiob eine solche psychologische Betreuung nicht benötigte, dann brauchen diejenigen, die heute wesentlich geringeres Leid tragen, diese neu erfundene Hilfe sicherlich ebenso wenig! Von Hiob lernen wir, dass Erprobungen zu unserem Besten ertragen werden müssen, um uns zu formen und zur Reife zu bringen; und dass Gott selbst mit uns ist und dies alles ist, was wir zum Durchhalten brauchen.

Oder denken wir an Josef. Er wurde von seinen Eltern missverstanden und kritisiert und von seinen Brüdern, die ihn töten wollten, gehasst und schließlich nach Ägypten verkauft. Dort stand er unter falscher Anklage und wurde zu Unrecht inhaftiert, um als Verbrecher zu verschmachten. Wie konnte er emotional überleben, da er ohne Hilfe christlicher Psychologie oder Seelentherapeuten auskommen musste, die heute von so vie¬len als unverzichtbar angesehen werden? Eine törichte Frage!

Bedenken wir, was Paulus durchstand: »In Mühen umso mehr, in Ge¬fängnissen umso mehr, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahren oft. Von den Juden habe ich fünfmal vierzig Schläge weniger einen bekommen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten; einen Tag und eine Nacht habe ich in Seenot zugebracht; oft auf Reisen, in Gefahren von Flüssen, in Gefahren von Räubern, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Nationen, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Mühe und Beschwerde, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße, außer dem Übrigen noch das, was täglich auf mich eindringt: die Sorge um alle Gemeinden« (2.Kor. 11,23-28).

Paulus bezeugt: »Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat« (Röm 8,37). Trotz der schweren Leiden und Widrigkeiten, die er ertrug, konnte Paulus frohlocken: »Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus …« (2.Kor. 2,14). Er konnte aus dem Gefängnis schreiben, um andere zu ermutigen: »Mein Gott aber wird alles, wessen ihr bedürft, erfüllen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus« (Phil. 4,19).

Tragischerweise wird die Bibel von vielen Christen nicht befolgt. Charismatiker suchen meist nach Erfahrungen anstatt nach der gesunden biblischen Lehre. Evangelikale suchen den oberflächlichen Ausweg mittels Therapie, um den Schwierigkeiten zu entkommen, die sie formen und stärken sollen (1.Petr. 1,7). Die Psychotherapie wird der biblischen Seelsorge, die Demut und Reue bewirkt, vorgezogen. Die Bobgans stellen heraus:

Bevor die psychologische Irrlehre sich in der Gemeinde einnistete, lehrten die Prediger die Leute, dass Gottes Gnade in Notzeiten und Versuchungen kraftvoll und hinlänglich ist. Aber heute scheinen viele an¬zunehmen, dass die Menschen »verletzt« sind und folglich eine besondere Art von psychologischer Weisheit und Hilfe benötigen.

Sie bieten eine geistlose Lösung der neuesten psychologischen Trends an, die die Herde garantiert schwächen, anstatt vielmehr die Kraft des Evangeliums zur Errettung und Heiligung zu predigen.

Wir leben in einer »Ja, aber«-Generation. Ist die Bibel nicht Gottes unfehlbares Wort? Ja, aber … bei mir funktioniert es nicht. Haben wir nicht den Heiligen Geist? Ja, aber … Ist Christus nicht gekommen, um in unse¬ren Herzen zu wohnen und wird Er uns nicht leiten und kräftigen? Ja, aber … War es bei den leidenden und gequälten Christen der ersten 19 Jahrhunderte der Kirche nicht so, dass das Wort Gottes, der Trost und die Führung des Heiligen Geistes und der in uns wohnende Christus nicht ausreichte? Ja, aber … die Welt heute ist komplizierter und wir brauchen zusätzliche Hilfe. Die Helden und Heldinnen des Glaubens, die in Hebrä¬er 11 Erwähnung finden, triumphierten inmitten heftigster Verfolgung ohne Psychologie. Ja, aber … du verstehst meine Situation nicht … meine Kinder, mein Ehemann, meine Ehefrau, mein Vorgesetzter … meine Kind¬heit, meine Einsamkeit …

 

Okkultismus und Selbst-Sucht

Wenn wir den Blick nach innen richten, dann sehen wir, dass Freuds und Jungs Wahn des Unbewussten eine Vielfalt von Selbstismus hervorbrach¬te, der nicht nur die Welt, sondern auch die Christenheit ergriffen hat: Selbstliebe, Selbstannahme, Selbstbestätigung, Selbstwert, Selbstvertrau¬en, Selbstachtung. Die Selbst-Sucht gehört zum Kern des Okkulten. Das Ich ist das Heiligtum des menschlichen Potenzials. Es ist das Ich und der Hochmut, die nach übersinnlicher Kraft suchen. Jesus sagte, dass ein Christ sich selbst verleugnen muss (Mk 8,34) und Paulus verurteilte jegli¬ches Vertrauen in sich selbst (Phil 3,3-7). Im Gegensatz dazu erhebt Ro¬bert Schuller das Ich:

»Die Selbstliebe ist ein krönendes Gefühl des Selbstwertes, ein erhe¬bendes Gefühl von Selbstachtung … ein unvergänglicher Glaube an sich selbst. Sie ist die ehrliche Überzeugung von sich selbst.  Sie entsteht durch Selbstentdeckung, Selbstdisziplin, Selbstverge¬bung und Selbstannahme und sie bringt Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und eine innere Sicherheit hervor, die ruhig wie die Nacht ist.«

Vor 40 Jahren noch wurde Egozentrik als ein hässlicher menschlicher Ma¬kel angesehen. Heute ist das Ich das Zentrum der meisten Psychotherapien – der Gott, vor dessen Altar man sich beugt, um Gunst zu erbitten. Der Gründer von Rapha, Robert McGee, legt nahe, dass Jesu Aussage »die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,32), »die Anwendung der Wahrheit in Bezug auf … unser Selbstwertgefühl« mit einschließt. Er schreibt:

»Das Gefühl, etwas zu bedeuten, ist für die emotionale, geistige und soziale Stabilität des Menschen entscheidend, ob wir es nun »Selbst¬achtung« oder »Selbstwert« nennen. Es ist das antreibende Element im menschlichen Geist.«

Welch eine Schuld ist das Selbst der Psychologie schuldig! Anstatt es zu verleugnen, wird das Ich nun geliebt, geachtet und gefördert. Radio, Fern¬sehen, Bücher, Magazine, Predigten und Seminare erzählen uns immer wieder, dass die Entwicklung von Selbstliebe, Selbstachtung, Selbstwert und eines positiven Selbstbilds das ist, was die Christenheit am allernö¬tigsten habe. James Dobson schreibt:

»In gewisser Hinsicht hängt die Gesundheit einer ganzen Gesellschaft wirklich davon ab, wie leicht die Einzelnen ihre persönliche Annahme erreichen können. Wenn also die Schlüssel zur Selbstachtung für einen Großteil der Bevölkerung außer Reichweite sind, wie im Amerika der 20er Jahre, dann werden mit Sicherheit weit verbreitete »psychische Krankhei¬ten«, Neurosen, Hass, Alkoholismus, Drogenmissbrauch, Gewalt und soziale Störungen auftreten …«.

Im Garten Eden war es, wo das Ich einst seine schreckliche Geburt erleb¬te, weil auf Satan gehört wurde. Das Selbst wurde geboren durch den Wunsch, so zu sein wie Gott. Und die Vermarktung des Selbst innerhalb der Christenheit ist ein Teil der okkulten Invasion.

 

Ein offener Widerspruch zur Schrift

Eine Welle des Selbstwert-Wahns hat die Christenheit überschwemmt. Jerry Falwells Liberty-Universität fördert Selbstwertgefühl. Robert Schuller bezeichnet das Selbstwertgefühl als »das einzig wichtige Bedürfnis, dem sich die Menschheit heute gegenüber sieht«. Schuller bezeichnet diese Psycho-Lüge als Basis für eine »neue Reformation« und schreibt:

»Wie die Reformation des 16. Jahrhunderts unseren Blick wieder auf die Heilige Schrift als einzig unfehlbare Richtschnur für Glauben und Leben lenkte, richtet die neue Reformation unser Augenmerk wieder auf das heilige Recht jedes Einzelnen auf ein Selbstwertgefühl.«

Solch eine zerstörerische Torheit bringt die Psychologie mit sich, die zu¬dem der Bibel widerspricht. Wir werden dazu ermahnt »… dass in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst« (Phil 2,3). Römer 12,3 warnt uns, »nicht höher von sich zu denken, als zu denken sich ge¬bührt«. An keiner Stelle warnt uns die Bibel vor schlechten Gedanken über uns selbst. Der Psychiater Samuel Yochelson und der klinische Psy¬chologe Stanton Samenow haben sechseinhalb Jahre lang Hunderte von Gewohnheitsverbrechern untersucht und konnten nicht einen finden, der keine hohe Meinung von sich selbst hatte – sogar beim Schmieden einer Straftat.

Kein Wunder, dass die Bibel uns häufig daran erinnert, dass wir durch und durch für Gott unbrauchbare Sünder sind. Doch die christliche Psy¬chologie zielt darauf ab, uns aus solchem »Negativismus« heraus zu hel¬fen. Wir sollen immer »positiv« sein.

 

Die Wahrheit über das Ich

Als Christus sagte: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!«, meinte Er nicht (worauf christliche Psychologen aber bestehen), dass wir Therapien oder Seminare benötigen, die uns beibringen, uns selbst zu lieben. Wäre das der Fall, würde Er gesagt haben: »Liebe deinen Nächs¬ten so unzureichend, wie du dich selbst liebst«, was allerdings keinen Sinn ergibt. Christen haben immer geglaubt (bis die Psychologie kam), dass Christus unsere natürliche Besessenheit von uns selbst korrigieren wür¬de. Er sagte: »Gib deinem Nächsten von der Liebe, Aufmerksamkeit und Fürsorge, die du dir selbst zukommen lässt!« Und wir haben diese Er¬mahnung nötig!

Die heutige neue Interpretation wurde der Christenheit durch einen gottlosen Psychologen namens Erich Fromm vermittelt, der »den Glauben an Gott eine kindische Illusion« nannte. Er behauptete, dass Chris¬tus mit der Aussage »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« meinte, dass wir uns selbst lieben lernen müssen, bevor wir unseren Nächsten oder Gott lieben können. Diese falsche Sicht wurde von Robert Schul¬ler durch sein Buch Self-Love, the Dynamic Force of Success (»Selbstliebe, die dynamische Kraft des Erfolgs«) verbreitet. Von dort aus machte sich diese Lüge in der ganzen Christenheit breit. Die neue Männerbewegung Promise-Keepers hat die Lügen der christlichen Psychologie unverhoh¬len weiterverbreitet. Ein Mitteilungsblatt der Promise-Keepers schrieb:

»Viele allein stehende christliche Männer haben den Kampf ausgetra¬gen, Selbstwertgefühl, Selbstachtung und Selbstliebe aufzubauen … Es ist unmöglich, eine gesunde Beziehung zu anderen zu haben, wenn man ein gestörtes Verhältnis zu sich selbst hat. Jesus erkannte das, als er uns herausforderte, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben (Mk 12,31).«

Ja, einige Leute sagen: »Ich hasse mich selbst!« Wie können wir diese Behauptung mit dem Bibelzitat »Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst« (Eph 5,29) vereinbaren? Was dieser Mensch eigentlich hasst, ist vielleicht seine Erscheinung, Kleidung, Arbeit, das Gehalt, die Art und Weise, wie andere Menschen auf ihn niederblicken usw. Aber er hasst nicht sich selbst. Wenn er dies täte, dann wäre er froh, dass er un¬scheinbar ist, schlechte Kleidung und ein geringes Einkommen hat und von anderen geschmäht wird. Da er sich über diese Dinge beklagt, verdeutlicht das nur, dass er sich selbst liebt – genau wie die Bibel sagt.

Es lag gewiss nicht am »negativen Selbstbild«, das Luzifer den Ruin brachte, sondern an einem sehr »positiven«. Vor mehr als 200 Jahren drückte William Law aus, was Christen seit jeher verstanden hatten:

»Selbstliebe, Selbstachtung und Selbstsucht sind das Wesen und das Le¬ben des Hochmuts. Der Teufel, der Vater des Hochmuts, ist bei sol¬chen Leidenschaften niemals fern oder ohne Einfluss auf sie.«

Leider haben die Lügen der Psychologie nicht nur christliche Psycholo¬gen beeinflusst, sondern auch Gemeindeleiter und Autoren. Josh McDowell, der ansonsten viel Gutes geleistet hat (sein Buch Die Bibel im Test hat vielen Segen gebracht), widmete zwei Bücher dem Aufbau von Selbst¬achtung, Selbstbild und Selbstwert: Building Your Self-Image (»Aufbau Ihres Selbstbildes«) und Werden, wie Gott mich meint.

Biblische Beispiele, die die Lüge widerlegen

In Werden wie Gott mich meint führt Josh drei psychologische Grundsätze für eine in sich ausgewogene Persönlichkeit an:

1.) Ein Gefühl der Zugehörigkeit (Annahme durch andere);

2.) ein Gefühl der Ehrenhaftigkeit (Zufriedenheit mit sich selbst) und

3.) ein Gefühl der Kompetenz (Ver¬trauen in sich selbst).  –  In der Tat ist es aber so, dass den meisten Helden und Heldinnen in der Bibel, wenn nicht sogar allen, das mangelte, wovon Josh sagte, dass man es bräuchte.

Zum Beispiel wurde Mose von seinem eigenen Volk abgelehnt und sah sich selbst als wertlos und unfähig an (2. Mose 3,11; 4,10-13). Wenn es je einen Mann mit einem miserablen Selbstbild und geringer Selbsteinschät¬zung gab, dann war es Mose. Aber Gott sagte zu ihm: »Ich werde mit dir sein!«, anstatt ihm eine mehrmonatige christliche Psychotherapie zum Aufbau seines Selbstbildes zu verschreiben. Tatsächlich erwählte Gott Mose, weil er sich selbst nicht hoch einschätzte. Gott wählte den sanftmü¬tigsten Mann auf Erden (4.Mose 12,3), um dem mächtigsten Herrscher gegenüberzutreten und Seine Leute aus dem Griff des Tyrannen zu befrei¬en, damit allein Gott die Ehre bekommen würde.

Schauen wir Paulus an. Von den Juden gehasst und von den meisten Christen allein gelassen (»… stand mir niemand bei, sondern alle verlie¬ßen mich …« – 2Tim 4,16; »… dass alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben …« – 2Tim 1,15), betrachtete er sich als den größten aller Sünder (1Tim 1,15) und als den »allergeringsten von allen Heiligen« (Eph 3,8). Statt das Selbstbild und die Selbstachtung von Paulus aufzubauen, erklärte Christus, dass seine Kraft in Paulus’ Schwachheit vollkommen war (2Kor 12,9). Versuchen Sie die beiden Aussagen von Paulus, »wenn ich schwach bin, dann bin ich stark« (Vers 10) und »ich weiß, dass in mir … nichts Gutes wohnt« (Röm 7,18) mit den drei psycho¬logischen Grundsätzen in Einklang zu bringen!

 

Der Schwarze Peter der Selbstliebe

Die christliche Psychologie hat die Lüge gefördert, Gott würde uns lie¬ben, weil Er etwas Wertvolles in uns sieht, und dass sogar der Tod Christi beweist, welch unendlichen Wert wir für Gott haben. Bruce Narramore jubelt: »Was für eine Grundlage für Selbstachtung …! Welch ein Gefühl von Wert und Bedeutung dies vermittelt! Der Sohn Gottes misst uns sol¬chen Wert bei, dass Er Sein Leben für uns gab.«  –  Wie egozentrisch! Der Preis, den er bezahlte, war so hoch wegen unserer Sünde und den Forde¬rungen seiner Gerechtigkeit. Auch basiert Liebe nicht auf Wert. Spurge¬on drückte es richtig aus:

»Jesus starb nicht für unsere Rechtschaffenheit, sondern für unsere Sün¬den. Er ist nicht gekommen, weil wir es wert waren, dass man uns ret¬tet, sondern weil wir völlig wertlos, ruiniert und verdorben waren.  Er ist nicht auf die Erde gekommen, weil es irgendeinen Grund dafür in uns selbst gab, sondern einzig und allein … aus Gründen, die in den Tiefen Seiner eigenen göttlichen Liebe zu finden sind. Zu gege¬bener Zeit starb Er für jene, die Er als gottlos und hoffnungslos beschreibt.«

Christliche Psychologen haben sich den Schwarzen Peter der Selbstliebe eingehandelt. Selbst die Jugend hat die Nase von der Heuchelei voll. Ein Schüler sagte: »Man fühlt sich schlechter, wenn man für alles gelobt wird. Du fragst dich: Wenn sowieso alles gelobt wird, was ist es dann überhaupt noch wert, getan zu werden?« Ein Reporter der Washington Post schrieb:

 »Kennen Sie jene Selbstwert-Verfechter … die predigen, man solle Kin¬dern immer wieder sagen, wie wunderbar sie sind? Eine ihrer Übun¬gen lautet: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, dass sie vollkommen sind. Schreiben Sie fünf Dinge auf, die Sie zu etwas Be¬sonderem machen, heißt eine weitere.

Stärken Sie die Selbstachtung eines Kindes und Sie werden sehen, wie sich seine Leistung steigert, sagen die Selbstwert-Befürworter. Lehren Sie die Jugend sich selbst zu achten, und sie wird nicht so leicht versucht sein, Drogen zu nehmen und Babys zu bekommen. »Selbst¬achtung kann Leben retten« … [und] Wissenschaftler haben mehr als 200 Messungen und über 10.000 Studien entworfen, um das zu bewei¬sen. Die Ergebnisse konnten es jedoch nicht bestätigen …

Doch neue Stimmen erheben sich und sagen, das Lehren von Selbst¬achtung sei Zeit- und Geldverschwendung, eine gefährliche Ablen¬kung von wirklich wichtigen Aufgaben wie Vermittlung von Wissen, Fertigkeiten und Charakterbildung.«

»Willkommen in Kalifornien, dem Staat der Selbstachtung.« So lautete der Titel eines absurden Berichtes einer kalifornischen Selbstwert-Initiative aus dem Jahr 1990. In diesem Bericht wurde behauptet, dass »der Mangel an Selbstachtung von zentraler Bedeutung für persönliche und soziale Krankheiten ist, die unsere Nation plagen«. Nach etlichen Jahren Forschung scheiterte die kalifornische Initiative jedoch, weil sie keine faktischen Belege für ihre Behauptungen aufzeigen konnte. Die Star Tribune aus Minneapolis belegte, dass es bei Sexualverbrechern, denen vom Staat eine psychologische Behandlung verabreicht wurde (die zum Großteil im Aufbau von Selbstwertgefühl besteht), »wahrscheinlicher ist, dass weitere Sexualdelikte folgen, als bei denen, die diese Behandlung nicht erhielten«.

Der Psychologie-Professor Roy Baumeister, der sich jahr¬zehntelang diesem Thema widmete, sagt: »Die Behauptungen der Selbstwert-Bewegung reichen von Phantasie bis zu purem Unsinn … Es ist alarmierend zu bedenken, was geschehen wird, wenn diese Generation von Schulkindern im Bewusstsein aufwächst, sie seien cle¬verer als der Rest der Welt. Amerika wird ein Land von eingebildeten Narren sein.«

Zahlreiche Studien säkularer Psychologen und Psychiater haben gezeigt: Je mehr Selbstachtung ein Mensch hat, desto wahrscheinlicher ist er un¬moralisch und gewalttätig und neigt dazu, die Rechte anderer zu miss¬achten. Der Selbstwert-Bewegung wird viel Schaden zur Last gelegt. Das Magazin Newsweek kündigte auf der Titelseite ihren Sonderbeitrag in fetter Schlagzeile an: »Der Fluch der Selbstachtung: Was ist falsch an der Fühl-dich-wohl-Bewegung?«

Der Sonderbericht eines Professors und Forschers in Tageszeitungen in den ganzen USA trug den Titel: »Eine Notiz an Kalifornien: Lasst die Selbstachtung los; Selbstbeherrschung ist am allerwichtigsten …« Auf jahrelanger Forschung basierend erklärt der Autor: »Wenn wir Selbstachtung streichen und durch Selbstbeherrschung ersetzen könnten, würden Kinder und die Gesellschaft im Allgemeinen besser dran sein.«

Dennoch hält gerade die irreführende und destruktive Selbstwert-Theorie die christliche Psychologie weiterhin am Leben. Die christlichen Führungspersonen, die den Selbstwert-Irrglauben gefördert haben, müssten sich bei der Christenheit entschuldigen und eifrigst erstreben, den Scha¬den gutzumachen, den sie über die Jahre verursacht haben.

Reuige Sünder werden mit himmlischer Freude erfüllt. Im Gegensatz zu Simon, dem Pharisäer mit hohem Selbstwertgefühl, der aber Jesus weder Wasser noch ein Handtuch anbot, wusch eine sündige Frau Jesu Füße mit ihren Tränen und trocknete sie mit ihren Haaren ab. Jesus be¬nutzte ihr Beispiel, um Simon zu zeigen, dass die Liebe, die im Himmel ewiglich erstrahlen wird, dem Erkennen unserer Unwürdigkeit ent¬springt – einem Erkennen, das Jesu Retterliebe preist (Lk 7,36-50). Je mehr wir unsere Schuld und unser Elend erkennen, desto größer wird unsere Dankbarkeit und Liebe dem Einen gegenüber sein, der sich so tief niederbeugte, um uns zu erretten.

 

Multiple Persönlichkeitsstörungen (MPD) in der Gemeinde

Einer der neuesten Irrglauben der Welt, der in die Christenheit eingedrungen ist, heißt multiple Persönlichkeitsstörung (MPD), eine aktuelle »Entdeckung«. Der christliche Psychologe James G. Friesen, der auf diesem aufstrebenden Gebiet führend ist, schreibt: »MPD tritt viel häufiger auf als erwartet. Die Anzahl der MPD-Therapeuten liegt weit hinter dem Bedarf zurück.«

Friesen sagt uns leichthin, das Geheimnis im Umgang mit MPD (von dem die Bibel nichts sagt) sei die »verblüffende« Notwendigkeit des »Aufdeckens … verborgener Erinnerungen«. Er nimmt an, dass diese angeblichen »Erinnerungen« in »Vergessenheit« geraten und »gewöhnlich unglaublich sind«:

»Es sind schreckliche, schmerzliche und sogar groteske Ereignisse, die niemand entdecken möchte. »Das ist mir nicht passiert!«, ist die übliche Antwort … Freunde und Familienangehörige teilen diese leugnende Haltung ebenfalls. Wir alle würden gerne glauben, dass diese Dinge nicht geschehen sind, aber vielleicht sind sie es.«

»Vielleicht« sind sie geschehen? Für den gesunden Menschenverstand wären Erinnerungen unglaubwürdig, die nicht existierten, bis eine Therapie sie »aufgedeckt« hat. Zumal sie dem Patienten unwirklich erschei¬nen und Ereignisse beinhalten, die die Familie und Freunde beharrlich abstreiten! Friesen fährt fort: »Eine Unterscheidung zwischen [multiplen] Persönlichkeiten und Dämonen ist äußerst wichtig.« Man fragt sich, wes¬halb Jesus (ebenso wie Paulus) dieses Verfahren bei der Austreibung von vielen Dämonen niemals anwandte.

Friesen besteht darauf, dass Dämonen »nicht ausgetrieben werden können, bis diese verborgenen Erinnerungen aufgedeckt sind«. Doch Jesus hat sich nie dem Aufdecken von Erinnerungen gewidmet, ebenso wenig tat Paulus dies bei der Austreibung von Dämonen. Friesen fügt hinzu, dass Exorzismus »von Personen ausgeführt werden muss, die so¬wohl Erfahrung auf christlichem wie auf psychologischem Gebiet haben«. Doch Christus und Seine Apostel waren bei der Dämonenaustreibung sehr erfolgreich, und das 1900 Jahre bevor die Psychologie in die Chris¬tenheit einfiel! Wenn die christliche Psychologie wahr ist, ist die Bibel falsch!

Einige christliche Psychologen bemühen sich, jede einzelne Persönlichkeit des »multiplen« Menschen für Christus zu gewinnen. Friesen schlägt vor, dass der Therapeut »dem Patienten beibringt, sein Leben aus den starken [multiplen] Ichs zu leben, um die Arbeit mit den verletzten Ichs für die Therapie aufzusparen … Bringen Sie jedes Ich dazu, für das gemeinsame Wohl zu arbeiten … wobei die erwachsenen Ichs die meiste Zeit in der Verantwortung stehen und die kindlichen Ichs in Sicherheit vor dem Stress eines Erwachsenenlebens bewahrt werden.« Das klingt eher wie die Leitung einer Anstalt durch ihre Insassen als wie ein Heilverfahren! Man fragt sich, warum diese lebenswichtigen Anweisungen im »Handbuch des Herstellers« fehlen und weshalb Paulus sagte: »… wie ich nichts zurückgehalten habe von dem, was nützlich ist … denn ich habe nicht zurückgehalten, euch den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündi¬gen« (Apg 20,20.27), wenn er die erforderliche Hilfe für MPDs ausgelassen hat! Entweder lag Paulus falsch oder die christliche Psychologie ist ein Schwindel.

 

Eine Vielfalt des Okkultismus

Wir haben uns in einem der vorigen Kapitel ein wenig mit Hypnose be¬fasst. Seit Jahrtausenden gehört sie zum Handwerkszeug der Medizin¬männer. Michael Harner führt sie als Hauptelement des Schamanismus an, das in der westlichen Gesellschaft wieder auflebte. Erstaunlicherwei¬se benutzen Hunderte christlicher Psychologen Hypnose.

Eine gleichermaßen tödliche Form des Schamanismus ist Visualisie¬rung, nunmehr Teil der okkulten Invasion durch die »christliche« Psy¬chologie. Tatsächlich ist Visualisierung als die wirksamste Okkulttechnik bekannt und wird von den meisten Schamanen als Methode zur Kontakt¬aufnahme mit Geistführern benutzt. Will Baron lernte es in der New-Age-Sekte, der er angehörte:

»Wir haben uns schließlich vorgestellt, wir säßen unter einem Baum in einem Garten, der als der Garten der Seele bezeichnet wurde. Diese Techniken dienten dazu, Geist, Körper und Gefühle ins Gleichgewicht zu bringen und uns dem höheren Ich zu öffnen, um in Kommunikati¬on mit den Meistern zu treten.

Nach ungefähr fünf Minuten stiller Meditation sprach Muriel wie¬der. Wir bitten um die Gegenwart und die Energie unseres geliebten Meisters Djwhal Khul … Gebraucht nicht euren Verstand … Hört auf die Stimme Gottes.  Nach einer Zeit des Schweigens sprach Muriel wieder: Wir wer¬den der Reihe nach um den Lichtkreis herumgehen und Meister Jesus channeln.«

Zu Wills Verwunderung erhielten die Mitglieder der Gruppe Übermitt¬lungen von »Jesus«. Natürlich war es nicht der Jesus der Bibel. Ein Geist¬wesen gab sich als Jesus aus und erschien jenen, die ihn visualisierten, ob sie nun Christen oder New-Age-Anhänger waren.

In der Visualisierung konvergieren fernöstlicher Mystizismus und Scha¬manismus im Zentrum der okkulten Welt. Das ist der Kern allen Mysti¬zismus, ob er nun von Yogis oder von römisch-katholischen »Heiligen« praktiziert wird. Es ist das Herzstück der spirituellen Übungen des Igna¬tius von Loyola, dem Gründer der Jesuiten. Trotzdem wird sie von Hun¬derten christlicher Psychologen und sogar führenden Evangelikalen an¬gewendet. Wir haben das bereits an früherer Stelle angesprochen und werden uns im nächsten Kapitel tiefer damit befassen.

Richard Foster befürwortet die Visualisierung von »Jesus« ebenso wie David Seamands, H. Norman Wright und andere christliche Psycholo¬gen. Christen täuschen sich zutiefst, wenn sie sich einbilden, Christus würde seinen Platz zur Rechten des Vaters verlassen und ihnen erschei¬nen, wenn sie ihn visualisieren. Anstatt die okkulten Praktiken innerhalb der christlichen Psychologie einzugestehen und seine Leser davor zu war¬nen, äußert Gary Collins diese Befürchtungen:

»Viele, die den Eingang okkulter Praktiken in die Psychologie fürch¬ten, ziehen unzulässige und unlogische Schlüsse aus der gegenwärti¬gen Seelsorgepraxis. In ihrem meist aufrichtigen Wunsch, die Seelsor¬ge von okkulten Einflüssen zu säubern, verdammten einige Autoren die Visualisierung, das Selbstgespräch, das Heilen von Erinnerungen und andere häufig gebrauchte therapeutische Methoden.«

Weiter sagt er: »Visualisierung, Imagination und Fantasiereisen sind ver¬wandte Begriffe. Sie beschreiben den Gebrauch mentaler Bilder, die zu gesteigertem Verständnis, Entspannung oder Selbstvertrauen führen.«

 Selbstvertrauen steht im Widerspruch zur Bibel, wird von Collins aber als wünschenswert angesehen. Er stimmt zwar zu, dass »einige Seelsorger Visualisierung und Fantasiereisen missbrauchen«, erklärt aber an keiner Stelle, was daran falsch sein könnte, noch warnt er vor dem okkulten Gebrauch der Visualisierung.

 

Das Aufdecken »unterdrückter« Erinnerungen

Buchstäblich Tausende von Familien – darunter viele christliche Famili¬en – werden von einer Plage falscher Erinnerungen an angeblichen sexu¬ellen Missbrauch zerstört. Diese Erinnerungen werden »in der Therapie aufgedeckt«. Ich erhielt einen Anruf von einem beunruhigten Gemein¬deleiter, der mit den Worten begann: »Ich brauche Ihren Rat. Eine junge Frau in unserer Gemeinde ist zu einem angesehenen christlichen Psycho¬logen gegangen und entdeckte, dass ihr Vater sie vom zweiten bis zum fünften Lebensjahr sexuell missbraucht hat und sie sogar an satanischen Ritualen beteiligte! Und er ist Vorsitzender unseres Ältestenrats! Was sollen wir tun?«

Auf die Frage, wie dieser »Missbrauch« entdeckt wurde, erwiderte der Pastor: »Der Psychologe versetzte sie in ihre Kindheit zurück und die Erinnerungen tauchten auf. Natürlich streitet der Vater die Anschuldi¬gung ab und die Mutter schwört, dass so etwas niemals geschehen sei. Die Geschwister, von denen einige älter und andere jünger sind, sagen auch, das könnte auf keinen Fall geschehen sein. Aber diese ›Erinnerun¬gen‹ sind so real; sie sagt, dass wir etwas tun müssen.«

Derartige Fälle, die früher selten waren, greifen nun um sich, da im¬mer mehr Psychologen und Psychiater ihre Patienten auf der Suche nach Missbrauch in die Vergangenheit zurückversetzen. Einige Therapeuten sind überzeugt, dass es kaum Menschen gibt, die nicht sexuell missbraucht wurden.«  –  Das ist eindeutig ab¬surd. Doch auf Grundlage dieser falschen Erinnerungen, vielfach durch christliche Psychologen aufgedeckt, werden Familien zerstört und Leben ruiniert.

Die zu Unrecht Beschuldigten, von denen einige verhaftet wurden, fangen an sich zu wehren und verklagen die beteiligten Therapeuten. Die Gerichte hören sich ihre Fälle an, wägen die Beweise ab und verhängen hohe Strafen. Die führende Gedächtnisforscherin Elizabeth Loftus warnt vor der Ungenauigkeit von Erinnerungen im Allgemeinen, ganz zu schwei¬gen von solchen, die unter Therapie »aufgedeckt« wurden. Sie berichtet beispielsweise von einer Frau, die das Opfer einer Vergewaltigung wurde und hysterisch reagierte, wenn sie den Mann sah, den sie als ihren Peini¬ger identifizierte. Er wurde aufgrund ihrer Aussage verurteilt – später bekannte jedoch ein anderer Mann die Gewalttat.

Das Moody-Magazin verbreitete diesen Irrwahn durch die Titelge¬schichte einer jungen Frau, bei der unter Therapie »Erinnerungen« an angeblichen Inzest und satanisch-rituellen Missbrauch (SRA) »aufge¬deckt« wurden. Vorher hatte sie keine solche Erinnerungen; sie tauchten erst in der Therapie auf. Nach zwei weiteren Jahren therapeutischer Behandlung fing die Patientin an, eine multiple Persönlichkeit zu offenba¬ren, die wiederum in der Therapie geschaffen wurde. Der Artikel kam zum Schluss, dass die Therapie noch einige Jahre fortgesetzt werden müsse, um die Patientin zu »heilen« und dass es extrem gefährlich sein würde, solche Personen den normalen christlichen Mitteln wie Gebet, Bibellesen und Gehorsam gegenüber dem Herrn zu überlassen.

Wir unterstellen nicht, dass es keinen sexuellen Missbrauch gäbe; lei¬der kommt er nur allzu häufig vor. Jedoch sind »Erinnerungen«, die un¬ter Hypnotherapie vermeintlich aufgedeckt wurden, nahezu mit Sicher¬heit falsch. »Was wirklich geschah, geschah in der Therapie«, sagt Sherrill Mulhern nach einer umfangreichen Studie. Der Psychiater Richard Gard¬ner, Autor des Buches Sex Abuse Hysteria (»Sexualmissbrauch-Hysterie«), sagt: »Es ist unwahrscheinlich, dass ein Patient sich nicht an ein traumati¬sches Erlebnis wie eine Vergewaltigung … erinnern würde. Gedächtnis¬schwund ist keine Funktionsstörung, die üblicherweise nach traumatischen Belastungen auftaucht. Im Gegenteil: Die betroffene Person ist von dem Erlebnis völlig in Beschlag genommen.«

Fred und Florence Littauers Buch Freeing Your Mind from Memories That Bind (»Befreien Sie Ihr Denken von bindenden Erinnerungen«) legt die These vor, das Aufdecken verborgener Erinnerungen sei der Schlüs¬sel zu emotionalem und geistlichem Wohlergehen. Sie meinen, dass »Er¬innerungslücken« aus der Kindheit auf einen Missbrauch hindeuten.  –  Nach dieser Definition sind wir alle missbraucht worden. Solch eine Theo¬rie widerspricht dem gesunden Menschenverstand und entbehrt jeden wissenschaftlichen und biblischen Beleg.

Warum ist es für eine gesunde Beziehung zu Gott nötig, Erinnerungen eines früher erlittenen Missbrauchs aufzudecken (selbst sofern sie zu¬treffen)? Wo legt die Bibel einen solchen Gedanken nahe? Und wenn die Erinnerung an die Vergangenheit wirklich der Schlüssel ist, dann müss¬ten wir jede Einzelheit aufdecken. Das wäre ein hoffnungsloses Unter¬fangen. Wenn jedoch die Theorie einmal akzeptiert ist, kann man nie¬mals sicher sein, dass nicht irgendwo im Unterbewusstsein noch ein Trau¬ma verborgen ist, ein Trauma, das den Schlüssel zu emotionalem und geistlichem Wohlergehen festhält!

Im Gegensatz dazu vergaß Paulus die Vergangenheit und streckte sich nach vorne zum Kampfpreis aus (Phil 3,13-14), der all jenen verheißen ist, die das Erscheinen Christi lieben (2Tim 4,7-8). Für Christen, die wirk¬lich eine neue Schöpfung in Christus sind, ist die Vergangenheit von ge¬ringer Bedeutung, denn »das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist gewor¬den« (2Kor 5,17). Zwar scheint die Suche nach der Vergangenheit zeit¬weise eine Hilfe zu bieten, um das gegenwärtige Verhalten eines Men¬schen zu »erklären«, doch bringt sie eine Ungewissheit mit sich (»Habe ich alles aufgedeckt?«) und raubt einem die biblische Problemlösung durch Christus. Worauf es ankommt, ist nicht die Vergangenheit, sondern die derzeitige persönliche Beziehung eines Menschen zu Christus.

Ebenso wie viele andere christliche Psychologen, stützen sich die Au¬toren Littauer stark auf die so genannten vier Temperamente. Diese schon lange unglaubwürdige Persönlichkeitstheorie entstammt der antiken grie¬chischen Auffassung, der physische Bereich bestünde aus vier Elemen¬ten: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Empedokles bezog sie auf vier heidni¬sche Gottheiten, während Hippokrates sie seinerzeit mit den vier Körper¬säften verband: Blut (Sanguiniker), Schleim (Phlegmatiker), gelbe Galle (Choleriker) und schwarze Galle (Melancholiker). Diese Merkmale wur¬den darüber hinaus in Zusammenhang mit den Tierkreiszeichen gebracht.

Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für die vier Temperamente. Dennoch erheben viele christliche Psychologen und »Amateurheiler« sie zur Basis einer »Persönlichkeitsbestimmung« und zum Verständnisschlüs¬sel für Verhaltensmuster. Wie die Bobgans in ihrem hervorragenden Buch Four Temperaments, Astrology & Personality Testing (»Vier Temperamte, Astrologie und Persönlichkeitstest«) herausstellen:

»Das Wort Temperament stammt vom lateinischen Wort temperamentum ab, was so viel bedeutet wie »ausgewogene Mischung«. Die zu¬grunde liegende Vorstellung war, dass Heilung eintreten würde, wenn die Körperflüssigkeiten … miteinander im Gleichgewicht stehen … Sogar von den Positionen verschiedener Planeten dachte man, dass sie die Flüssigkeiten zum Besseren oder Schlechteren wenden … Nach dem Mittelalter wurden die vier Temperamente nahezu verworfen … bis ein paar einzelne Seelen … sie in der Sprache des 20. Jahrhunderts vermarkteten … Sie erfreuten sich einer Renaissance … sowohl unter Astrologen wie evangelikalen Christen.«

 

Was ist Wahrheit?

»Alle Wahrheit ist Gottes Wahrheit.« So die hauptsächliche Begründung christlicher Psychologen, wenn Theorien gottloser antichristlicher Den¬ker in die christliche Theologie integriert werden. Sie argumentieren, dass Freud & Co. Anteil an der Wahrheit Gottes hatten und dieser Anteil alles sei, was christliche Psychologen ihnen entleihen. Diese These hat Scharen in die Irre geführt. Die Gültigkeit dieser These hängt von zwei Faktoren ab: 1.) Was ist in der Psychologie wahr? und 2.) Was ist Gottes Wahrheit?

Psychologen können sich untereinander nicht einigen. Es gibt Hun¬derte widersprüchlicher Theorien und viele gegensätzliche Schulen der Psychologie. Da sie nicht wissenschaftlich ist, gibt es keinen objektiven Maßstab, an dem die Wahrheit in der Psychologie gemessen werden kann. Aber selbst wenn die Psychologie wissenschaftlich wäre, so ist doch keine noch so gut anerkannte Wissenschaft die Wahrheit Gottes.

Viele haben die irrige Ansicht, dass jede Tatsache ein Teil von Gottes Wahrheit ist. Daraus lässt sich logischerweise schließen, dass die Bibel nicht die ganze Wahrheit Gottes enthält. Diese Vorstellung widerspricht jedoch dem, was die Bibel über Wahrheit sagt.

Jesus sagte von sich selbst: »Ich bin die Wahrheit.« Er sagte nicht, dass Er eine unter vielen Wahrheiten sei oder ein Teil der Wahrheit, sondern, dass Er die Wahrheit ist. Allein diese Behauptung trennt die Wahrheit Gottes von der Wissenschaft und von den Theorien der Psychologie.

Existiert Gottes Wahrheit außerhalb der Bibel? Jesus zufolge nicht. Er versicherte: »Dein [Gottes] Wort ist Wahrheit.« Nicht ein Teil davon, sondern Wahrheit. Er sagte: »Wenn ihr in meinem Wort bleibt … werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,31-32). Noch einmal: nicht Teil der Wahrheit, sondern die Wahrheit. Die ganze Wahrheit Gottes ist in Seinem Wort und dieses Wort befreit von Sünde.

Kann es nicht sein, dass Freud und andere säkulare Psychologen zufäl¬lig auf einen Teil der Wahrheit aus Gottes Wort gestoßen sind? Gott hat sein Gesetz in das Gewissen jedes Menschen geschrieben (Röm 2,15) und folglich wissen sie in dem Ausmaß etwas von Gottes Wahrheit, wie sie ihr Gewissen beachten. Obwohl Psychologen etwas von Gottes Wahrheit kennen, bleibt die Frage: Welchen Sinn macht es, sich durch den Schmutz und Dreck ihrer falschen Lehren zu graben, wenn die Wahrheit rein, klar und leicht im Wort Gottes zu finden ist?

Jesus verhieß, dass er den Jüngern nach seiner Himmelfahrt einen Trös¬ter senden würde, »den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfan¬gen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt« (Joh 14,17). Das macht Freud und die anderen weltlichen Psychologen unnötig. Und der Heilige Geist »wird … euch in die ganze Wahrheit leiten« (Joh 16,13). Es wird deutlich, dass die Wahrheit Gottes nur in Seinem Wort und durch Seinen Geist Seinen Kindern geoffenbart ist.

Paulus bestätigt diese Tatsache: »So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes« (das schließt alle Unerretteten aus); »ein natürlicher [unerretteter] Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit« (1Kor 2,11.14). Freud und seine Anhänger qualifizieren sich auch an dieser Stelle nicht. Somit können sie uns nur schwerlich etwas von Gottes Wahrheit vermitteln.

 

Die Wahrheit erkennen

Trotz der klaren Worte von Jesus und Paulus versuchen christliche Psy¬chologen und ihre Verfechter weiterhin, die Integration der Psychologie in die christliche Theologie zu rechtfertigen. Bob und Gretchen Passanti¬no versuchten zu beweisen, dass jede sachliche Tatsache ein Teil von Got¬tes Wahrheit ist. Sie sagten: »Da 100 × 100 gleich 10.000 ist, können wir dies als ›Gottes Wahrheit‹ nehmen, weil es sich mit der Realität deckt, einschließlich der Gesetze der Logik.« Ganz im Gegenteil: Diese Rech¬nung erfüllt nicht die biblischen Kriterien für Gottes Wahrheit: Sie macht die Menschen nicht frei; sie ist nicht in Gottes Wort enthalten; sie ist nicht durch den Geist der Wahrheit geoffenbart worden; sie wird auch vom natürlichen Menschen angenommen uvm.

Jesus sagte zu den Juden: »Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht« (Joh 8,45). Die Juden hätten anerkannt, dass 100 × 100 gleich 10.000 ist – doch Christus sagte, sie würden der Wahrheit nicht glauben. Selbstverständlich haben die Passantinos – genau wie die christlichen Psy¬chologen, die sie zu rechtfertigen versuchen – eine falsche Auffassung von Gottes Wahrheit. Die Passantinos schreiben:

»Die Bewegung Biblische Seelsorge (BCM) … hat kein umfassendes Programm [was wirklich durch die Bibel belegt werden kann!] … Hunt und einige andere BCM-Befürworter nehmen 1. [falsche Angabe] Pe¬trus 1,3 aus dem Zusammenhang … Der Vers lautet: »Da seine göttli¬che Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat …« [2Petr 1,3]. Der Vers steht mit der Errettung in Verbindung und bezieht sich nicht auf die Einzelheiten des täglichen menschlichen Lebens.«

Im Gegenteil, Petrus berichtet uns nicht, wie man errettet werden kann, sondern wie wir als Christen leben sollen. Sicherlich beinhaltet die »Gott¬seligkeit« unser Verhalten auf Erden. Der Kontext befasst sich mit diesem Leben. Petrus ermahnt zu Fleiß, Tugend, Erkenntnis, Enthaltsamkeit, Ausharren, Gottseligkeit und Bruderliebe, welche das »tägliche mensch¬liche Leben« auf der Erde kennzeichnen sollen. Die Passantinos behaup¬ten aber, dies sei eben nicht das Thema im Petrusbrief.

Da Gottes ganze Wahrheit in seinem Wort enthalten ist, hat die christ¬liche Psychologie nichts zu bieten und führt in einen gewaltigen Irrtum. Wenn christliche Psychologen im Geschäft bleiben wollen, ist es für sie unbedingt erforderlich, die Christen vom Glauben an die Hinlänglich¬keit der Schrift abzuhalten.

Paulus sagt sehr deutlich, dass seine Verkündigung »nicht Weisheit dieses Zeitalters … sondern … Gottes Weisheit« ist und dass er »nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist« (1Kor 2,5-13) spricht. Im Gegensatz zu Paulus halten die Passantinos (zusammen mit der ganzen Bewegung der christlichen Psychologie) wenigstens einige der »Worte, gelehrt durch menschliche Weisheit«, zur Ergänzung der Wahrheit in Gottes Wort für notwendig. Wir sollten lieber der Zusage Gottes glauben, dass »Liebe, Freude, Frie¬de, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit« wirklich die »Frucht des Geistes« (Gal 5,22-23) ist und nicht im Gerings¬ten die Frucht von Therapie.

Entnommen dem Buch DIE OKKULTE INVASION.

Die Hervorhebungen wurden von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im November 2007

www.horst-koch.de

Kontakt:  info@horst-koch.de

 




Reinkarnation (S.Leuenberger)

Dr. Samuel Leuenberger

 

REINKARNATION

 

 

GLIEDERUNG

I. Kurzer geschichtlicher Überblick über das Vorhandensein von Reinkarnationsideen im abendländischen und östlichen Kulturkreis

II. Die konstruktive Seite der Reinkarnationslehre in psychologischer und ethischer Hinsicht am Beispiel der Anthroposophie

1. Die psychologische Seite: plausible Möglichkeit zur Lösung der Sinnfrage

2. Ansporn zu positivem Handeln zum Abtragen karmischer Schuld

III. Spannung zwischen dem Erlösungsverständnis der Reinkarnationslehre und dem biblischen Heilsverständnis sowie die sich daraus ergebende Problematik

1. Das Menschenbild und Gottesbild im esoterischen Reinkarnationsverständnis in bezug auf Erlösung

2. Das biblische Menschenbild und Gottesbild im Kontext der Erlösung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen


 – Der folgende Beitrag wurde am 26. Oktober 1998 an der STH Basel als Vorlesung gehalten. –

 

I. Kurzer geschichtlicher Überblick über das Vorhandensein von Reinkarnationsideen im abendländischen und östlichen Kulturkreis

Es scheint mir wichtig, einen ganz knappen Überblick zu geben, auf welchen Kanälen uns die heutige Reinkarnationslehre erreicht hat. Meistens denken wir an die hinduistische Tradition, was Reinkarnationslehre betrifft. Der Einfluss der hinduistischen Tradition vermittels der Jugendreligionen ist aber relativ jung.

Die Wurzeln der ReinkarnationsLehre für den abendländischen Kulturkreis finden wir im antiken Griechenland in einer Sammlung von Dichtungen, in der eine sehr populäre mythologische Gestalt den Mittelpunkt bildet, nämlich die Gestalt des bekannten Sängers und Musikers Orpheus. Um die legendäre Gestalt des Orpheus haben sich bereits im 7. und 6. vorchristlichen Jahrhundert Anhängergemeinden gebildet. Die Verantwortlichen dieser Gemeinden waren häufig Personen mit einem priesterlichen Auftrag, die dichterische Werke verfasst hatten mit Orpheus als zentraler Figur. Später sind diese Werke in einer Sammlung von 24 Büchern in Umlauf gekommen und haben den Namen «Orphische Bibel» erhalten. Diese Sammlung ist von Otto Kern in einer wissenschaftlichen Ausgabe im Jahr 1922 in Berlin unter dem Titel «Orphicorum Fragmenta» veröffentlicht worden. Die meisten dieser Fragmente stammen aus dem 6. bis 4. vorchristlichen Jahrhundert. Verschiedene grosse Dichter und Philosophen haben die Reinkarnationslehre der sog. «Orphischen Bibel» entnommen. Unter den Dichtern müssen wir vor allem Pindar und Empedokles, von den Dramatikern Aischylos und Euripides hervorheben. Unter den Philosophen haben sich Pythagoras und Plato am meisten von den Orphikern befruchten lassen.

Gestützt auf die «Orphische Bibel» setzte sich eine Lehre durch, die ganz besonders Schule machte. Es handelt sich um die Lehre von der Dualität des Menschen in seiner widersprüchlichen Aufteilung in Körper und Geistseele. In den orphischen Schriften finden wir die Auffassung vom Leib des Menschen als einem Grab. Plato hat diese orphische Lehre in seinen Dialogen «Gorgias» und «Kratylos» aufgenommen. Im Leib drinnen toben tierische Kräfte, die als titanisch bezeichnet werden. Doch die Seele birgt in sich den lichthaften göttlichen und unsterblichen Funken. Orpheus bewerkstelligt mit seiner Gesangskunst die Kultivierung der chaotischen im Leib drinnen tobenden Kräfte. Ja, zu dieser Kultivierung des Titanischen im menschlichen Leib gehört, den unsterblichen Lichtfunken aus dem Körper zu befreien. Doch bis es zu dieser Befreiung des Lichtfunkens kommen darf, sind unzählige wiederholte Erdenleben notwendig. In den alten Mysterienkulten zu Eleusis musste dem einzuweihenden Mysten in einem dunklen Raum drinnen ein gewaltiges Lichterlebnis widerfahren. Der Sinn dieses Lichterlebnisses bestand darin, im vorwegnehmenden Sinn die Vereinigung des im Leib gefangenen Lichtfunkens mit dem göttlichen Urmeer zu erfahren. Der Myste war sich dessen bewusst, dass das Eintreffen dieser Wirklichkeit einer Vereinigung des Lichtfunkens mit dem göttlichen Urmeer unzählige Reinkarnationen in Anspruch nehmen würde. Pythagoras übernahm die Reinkarnationslehre aus der «Orphischen Bibel», und Plato wurde die orphische Lehre der wiederholten Erdenleben über Pythagoras vermittelt. In verschiedenen Dialogen verarbeitet Plato die Reinkarnationslehre. Eine besonders markante Stelle in bezug auf die Reinkarnationslehre finden wir im 10. Kapitel von Platos Staat. Plato stellt uns dort einen Mann namens «Er» vor. Dieser «Er» erzählt, was im Jenseits mit einem Verstorbenen passiert. Plato lässt «Er» erzählen, wie nach dem Tod der Verstorbene sich einem Gericht stellen muss, das seine Taten streng beurteilt. Die Seele muss eine tausendjährige Wanderung in der Unterwelt auf sich nehmen. Nachdem diese 1000 Jahre verstrichen sind, versammeln sich alle Verstorbenen auf der sog. Seelenwiese und lassen sich für die nächste Verkörperung zurüsten. Nach den Aussagen dieses «Er» wählen die Verstorbenen für ihre nächste Inkarnation Tiergestalten, um die Schuld eines vergangenen Lebens abzubüssen.’ Die Seelen erinnern sich aber nicht an ihre früheren Erdenleben, was damit zusammenhängt, dass sie vor ihrer nächsten Wiederverkörperung aus dem Fluss «Sorgelos» Wasser trinken müssen.

Plato lehrt, dass es eine Möglichkeit gäbe, aus dem Rad der Wiedergeburten auszubrechen. Die Voraussetzung dazu ist allerdings, sich philosophischen Studien zu widmen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Ausbrechen aus dem Rad der Wiedergeburten an Vegetarismus gebunden sei. Diese Auf¬fassung finden wir bei Orpheus in seiner Rolle, die er bei Aristophanes und Euripides spielt. Zum Vegetarismus gehört auch die Askese.

Interessant ist u.a., dass wir den Stufengedanken finden, der bereits in den orphischen Schriften vorhanden ist. Durch die asketisch vegetarische Lebensweise kommt man im nächsten Erdenleben auf eine höhere Stufe.

Von dieser Sicht liessen sich die Gnostiker stark beeinflussen. Die Gnosis weist viel orphisches Gedankengut auf in der Modifikation von Pythagoras und Plato. Die Einflüsse der Mysterienkulte sind ebenfalls sehr wichtig.

Das Stufendenken, wie wir es bei den Orphikern finden, taucht bei den Gnostikern in modifizierter Form auf in der Unterscheidung von Hyliker oder Sarkiker, Psychiker und Pneumatiker.’ Nur der pneumatische Mensch vermag mit seinem Lichtfunken zum göttlichen Urmeer aufzusteigen. Die Sarkiker bleiben in der Sinneniust befangen. Die Psychiker lassen sich von den Emotionen gefangen nehmen. Nur die Pneumatiker dienen wirklich dem Geist.

Interessant sind die verschiedenen Typen von Gnosis: So kennen wir die simonitische Gnosis mit ihren Anhängern von Simon Magus. Simon gehört ins 1. nachchristliche Jahrhundert. Wir vernehmen weniges über ihn im achten Kapitel der Apostelgeschichte. Er brüstete sich, er sei die grosse Kraft Gottes. Die Apologeten überliefern uns einiges über die simonitische Gnosis. Hippolytus aus dem 2. nachchristlichen Jahrhundert schreibt in seinen Büchern gegen die Irrlehrer über Simon Magus, er habe gelehrt, im Menschen gäbe es eine unermessliche Kraft, ein unendliches Potential.’ Diese Kraft kann aber erst zur Entfaltung gelangen, wenn die Seele in verschiedenen Erdenleben von Körper zu Körper wechselt.10 In der simonitischen Gnosis ist also der Reinkarnationsgedanke deutlich vorhanden.

Auch in der Gnosis des Basilides finden wir den Reinkarnationsgedanken. Basilides spricht der Sache nach bereits vom Karma, obschon er diesen indischen Begriff nicht braucht. Der bekannte spätantike Theologe Clemens v. Alexandrien schreibt in seinem Hauptwerk «Die Teppiche» folgendes über Basilides:

Basilides geht von der Annahme aus, dass die Seele zuvor in einem andern Leben gesündigt hat und hier die Strafe dafür erleidet, und zwar die auserwählte Seele ehrenvoll durch das Märtyrertum, die andere aber, indem sie durch die ihr angemessene Strafe gereinigt wird.”

Für Basilides gibt es kein Leiden von Unschuldigen. Der Sühnemechanismus von verschiedenen Reinkarnationen ist nötig. Das sind nur wenige Beispiele für die Reinkarnation aus der spätantiken Gnosis.

Basilides vertritt übrigens die Auffassung, dass Menschen in einer kommenden Reinkarnation in Tierleiber eingehen können.”

Der bedeutendste Kirchenvater, Augustinus, war eine zeitlang Anhänger der manichäischen Gnosis. Im Manichäismus finden wir auch jene Auffassung, ungeläuterte Seelen müssten in einen Tierleib hineinschlüpfen und so ihr negatives Karma abtragen.

Im Konglomerat der Gnosis finden wir die wichtigsten Elemente, die zu Wurzeln geworden sind für die Esoterik im Mittelalter und in der Neuzeit.

Eine interessante mystische Bewegung innerhalb des Judentums hat sich im 13. Jahrhundert in der Provence und in Spanien entwickelt. Es ist die mystische Richtung der «Kabbala». Die Kabbala kennt eine Art von Buchstabenmystik, die der Gnosis des Markos, einer Gestalt aus dem 2. Jahrhundert, ähnlich ist. Die wichtigste Schrift der Kabbala ist das Buch «Bahir». Dort finden wir die Seelenwanderung deutlich vertreten. Interessant sind in diesem geheimnisvollen Buch auch die Hinweise auf die verschiedenen Hüllen des Menschen zusätzlich zu seinem physischen Leib. Der Sache nach geht es um Astral  und Ätherleib.

Zur Zeit der Aufklärung haben vor allem der Theologe Joh. Gottfried Herder sowie die Dichter Lessing und Goethe mit dem Reinkarnationsgedanken sympathisiert.

In der spiritistischen Bewegung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgekommen ist, wird die Lehre der Reinkarnation allgemein vertreten; zu Beginn dieses Jahrhunderts insbesondere von der Theosophie der Helena Blavatzky und in der Anthroposophie Rudolf Steiners.

 

II. Die konstruktive Seite der Reinkarnationslehre in psychologischer und ethischer Hinsicht am Beispiel der Anthroposophie

1. Die psychologische Seite: plausible Möglichkeit zur Lösung der Sinnfrage

Die Reinkarnationslehre verstehen viele als Hilfe, mit den Schwierigkeiten fertig zu werden, die mit dem Fragekomplex der Gerechtigkeit zu tun haben. Denken wir beispielsweise an all jene Personen, die in ein Umfeld hineingeboren worden sind, wo ihnen keine Möglichkeiten offen standen, ihre Gaben zur Entfaltung zu bringen, weil es an guten Schulen und am Geld fehlte. Weshalb Startmöglichkeiten derart unterschiedlich sind, bleibt ein Rätsel. Aber wir müssen verstehen, dass diese Tatsache die Frage nach der Gerechtigkeit in besonderem Ausmass aufwirft.

Oder stellen wir uns Personen vor Augen, die ein anspruchsvolles Studium abgeschlossen haben und nun unversehens von einem betrunkenen Autofahrer angefahren werden und durch die schweren Verletzungen für den Rest dieses irdischen Lebens denkbehindert und invalid bleiben. Da stellt sich die Frage nach der Gerechtigkeit mit aller Vehemenz.

Die Reinkarnationslehre lässt sich als Bewältigungsstrategie in solch schweren Fragen gut einsetzen, wenn wir vom rein menschlichen Denken ausgehen. Viele unlösbare Probleme können bis zu einem gewissen Grad eingeordnet werden im Licht dieser Lehre. Anhänger der Reinkarnationslehre argumentieren folgendermassen: Sie meinen, dass Personen mit schlechtem Karma aus einem vorhergehenden Erdenleben durch vordergründig unerklärbare Schicksalsschläge eine Zeit der Busse durchgehen müssen. Das in früheren Erdenieben Versäumte können vom Schicksal schwer heimgesuchte Menschen nachholen und damit ihr Karma verbessern. In der nächsten Wiederverkörperung wird die Entwicklungsstufe dann höher sein.

2. Ansporn zu positivem Handeln zum Abtragen karmischer Schuld

In der Anthroposophie von Rudolf Steiner soll die Reinkarnationslehre enorme positive ethische Impulse bieten. Mit einer anthropologischen Sicht, bei der die Gleichwertigkeit aller Menschen im Blickfeld steht, will man in Waldorfschulen etwa dazu beitragen, dass Kinder ihre Gaben optimal entfalten können. Durch das Ausloten der eigenen Fähigkeiten in einem kreativen und auf den einzelnen eingehenden Unterricht bietet man den Schülern eine Hilfe an zum Abtragen karmischer Schuld. Dadurch soll für das kommende Erdenleben ein schnellerer Aufstieg ermöglicht werden. Es ist dann auch wirklich hervorragend, was Anthroposophen in ihren Heimen für schwer geistig behinderte Menschen leisten. Von der Geduld, die sie für solch benachteiligte Menschen aufbringen, können wir sehr viel lernen. Für anthroposophisch orientierte Menschen, denen der Trost des Evangeliums noch nicht aufgegangen ist, kann die Reinkarnationslehre bis zu einem gewissen Grad Motivation und Trost geben durch die Hoffnung, dass für diese schwer behinderten Personen einmal eine positive Wendung ihres Schicksals kommen wird.

Denken wir auch an die anthroposophische Medizin mit ihren Weleda-Produkten. Die Reinkarnationslehre motiviert dazu, ja nicht karmische Schuld zu vergrößern, sondern sie abzubauen, indem menschenfreundliche Medikamente verabreicht werden, nicht Produkte mit schädlichen Nebenwirkungen, mit denen man den Profit auf Kosten des Mitmenschen vorantreiben möchte. Aus anthroposophischer Sicht ist eine aggressive Medizin, die mit ihrem Medikamentenverkauf in die Hände großer machtgieriger Konzerne spielt, mitverantwortlich für negative Karmabildung bei all denen, die solche Medikamente in grossen Mengen nur um des Profites willen abzusetzen versuchen.

Das Gleiche gilt für die Demeterprodukte, Nahrungsmittel, bei denen gerade auch vom Karmagedanken her darauf geachtet wird, dass diese auf gar keinen Fall mit Giftstoffen gestreckt werden.

Für Anthroposophen ist es weiterhin eine Unmöglichkeit, ein Kind abzutreiben. Dadurch würde man einem Kind eine Inkarnation wegstehlen, die es zum Abtragen seiner karmischen Schuld nötig hätte. Es gäbe in dieser Hinsicht noch vieles aufzuzählen, was in engstem Zusammenhang mit dem Karmagedanken steht.

Gehen wir nur ganz kurz zu den Scientologen. Diese sind überaus aktiv in ihrer Werbung. Sie reden vom unermesslichen Potential im Menschen, das weitgehend brach liege und durch geeignete Psychotechniken zur Entfaltung gebracht werden müsse. Wir finden bei den Scientologen ebenfalls die Überzeugung von der Notwendigkeit wiederholter Erdenleben, die für das Ausloten des im Menschen liegenden Potentials vorausgesetzt werden müssten. Mit den richtigen Psychotechniken und dem Besuch vieler Kurse sollen Menschen mit der Zeit jene Stufe erklimmen, wo sie über Raum und Zeit, über Materie und Energie stehen werden. Der Mensch wird über die vielen wiederholten Erdenleben den Grad der Gott¬heit erreichen. Durch solche und ähnliche Versprechungen lassen sich viele, vor allem junge Erwachsene, bezaubern.

Sie kennen möglicherweise von Begegnungen auf der Strasse die Hare Krishna Mönche mit ihren kahl geschorenen Köpfen und den orangenen Gewändern. Sie tanzen in der Öffentlichkeit zu einem Zitterinstrument und rufen den Namen der Gottheit Krishna an. Bei den Hare Krishna Mönchen hat die Reinkarnationslehre einen sehr hohen Stellenwert. In dieser hinduistisch geprägten Jugendreligion, die in den 60er Jahren dieses Jahrhunderts in den Westen gekommen ist, spielt der Vegetarismus eine extreme Rolle. Wer Tierfleisch konsumiert, wird in der nächsten Inkarnation in eines der Tiere verwandelt werden, dessen Fleisch er konsumiert hat. Tiere massenhaft für die Gaumenlust des Menschen zu schlachten, ist ethisch unverantwortbar. Auch dem Tier gegenüber schuldet der Mensch eine grosse Ehrfurcht. Das Tier ist nicht Materie, über die man einfach verfügen dürfte.

 

III. Spannung zwischen dem Erlösungsverständnis der Reinkarnationslehre und dem biblischen Heilsverständnis sowie die sich daraus ergebende Problematik

1. Das Menschenbild und Gottesbild im esoterischen Reinkarnationsverständnis in bezug auf Erlösung

Verallgemeinernd können wir sagen, dass die Esoterik, also die Gnosis unseres Jahrhunderts, den Menschen grundsätzlich als von Natur her guten Wesens versteht. Der Mensch trägt den göttlichen Lichtfunken in sich, und durch wiederholte Erdenleben soll dieser Lichtfunke wieder zum Ursprungsort, zum göttlichen Lichtmeer zurückfinden. Allerdings sieht die Esoterik die Gottheit nicht als Person, sondern vielmehr als ein Energiefeld. Man spricht vielfach vom Göttlichen. Das Göttliche beinhaltet kein Du, das als Gegenüber ansprechbar wäre. Das Göttliche ist ein kaltes Prinzip, das von geradezu mechanischen Gesetzmässigkeiten bestimmt wird. Erlösung ist Befreiung von der Materie. Die Materie, nichts anderes als verdichteter Geist, muss sich wieder verdünnen und in reine Geistigkeit verwandeln. Auf Verdichtung muss Entdichtung folgen. Hiermit ist Materie und auch der menschliche Leib entwertet.

Die Bewusstseins  und Erkenntnisschulung, die in der Reinkarnationsideologie eine enorme Rolle spielt, führt zu einer Abstufung verschiedener Menschenklassen. Man teilt die Personen nach Bewusstseinsstufen ein. Das kann sehr leicht zu geistigem Hochmut führen.

2. Das biblische Menschen  und Gottesbild im Kontext der Erlösung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen

Nach dem biblischen Menschenbild hat Gott den Menschen ursprünglich gut geschaffen. Durch eine freiwillige Loslösung von Gott, durch den Sündenfall, kommt es dann zu degenerativen Prozessen im irdischen Leben wie Krankheit, Alter, Zerfall und Tod. Die Loslösung von Gott zeigt sich im Willen des Menschen, selber das Maß aller Dinge sein zu wollen, was sich wiederum in destruktiven Machenschaften zeigt, etwa in Form von Rücksichtslosigkeit und Menschenverachtung.

Das biblische Menschenbild steht in engstem Zusammenhang mit dem Gottesbild. Gott ist das grosse Du, das sich als Einheit in drei Personen zeigt, also in einer lebendigen, dynamischen, innergöttlichen Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist oder anders gesagt von Schöpfer, Erlöser und Paraklet. Die zweite Person löst sich aus der innergöttlichen Geborgenheit heraus und kommt um unseretwillen in unsere menschliche Dimension herab und opfert sich stellvertretend für uns Menschen, um die Schuld der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für alle die hinwegzunehmen, die sich Ihm in Dankbarkeit anvertrauen. Den Fluch, welchen die Menschen durch ihre Absonderung heraufbeschworen haben, nahm Jesus am Kreuz als für uns rettende Tat auf sich. Paulus beruft sich in Gal 3, 13 auf jene alttestamentliche Aussage aus Dtn 21, 23, in der jeder Gehängte als von Gott verflucht qualifiziert wird. Diesen Fluch hat Jesus bis zur scheußlichen Konsequenz der Gottverlassenheit durchstehen müssen. Was dieser Fluch für uns Menschen erwirkt hat, artikuliert Paulus folgendermaßen: Er hat den, der von keiner Sünde wusste, um unseretwillen zur Sünde gemacht, auf dass wir in Ihm jene Gerechtigkeit erlangen, die vor Gott gilt (2. Kor 5, 21).

Was uns an diesen zitierten Stellen so wichtig ist, ist die so klare zwischen den Zeilen steckende Absage an eine karmische Hypothek. Der Mensch kann nichts von seiner Schuld selber abtragen. Das ist in der Stellvertretung geschehen. Das Inkrafttreten für den einzelnen erfolgt aber nicht automatisch, sondern durch die persönliche Inanspruchnahme dieses Heilsgeschehens.

Von einer sehr interessanten Begebenheit hören wir in Joh 9. Dort begegnen wir einem von Geburt her blinden Mann. Die Jünger stellen eine seltsame Frage, die vielleicht darauf hinweist, dass von der vorchristlichen Gnosis her die Idee von Karma und Reinkarnation herumgegeistert ist. Die Jünger fragen also: «Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren worden ist?» Die Antwort von Jesus darf uns sehr zu denken geben: «Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden.»

Die Möglichkeit besteht allerdings auch, dass die Jünger vom jüdischen Verständnis der Erbsünde her diese Frage gestellt haben. Denken wir nur an jene Aussage von David im 51. Psalm: «Siehe, in Schuld bin ich geboren, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen.

Wenn ein wirkliches Abbüssen von karmischer Schuld nötig wäre, dann würden die plötzlichen Krankenheilungen, die durch Jesus geschehen sind, keinen Sinn ergeben. Die Heilungen wären dann so etwas wie eine Störung des karmischen Haushaltes. Jesus spricht auch immer wieder kranken Menschen die Vergebung der Sünden zu, ohne Vorbedingung im Sinne einer zu erbringenden Leistung. Man vergleiche als Beispiel Matthäus 9, 1  3!

Jesus heilt häufig Menschen aus einem niedrigen sozialen Umfeld: Aussätzige, Lahme, auch Kinder, Stumme, Epileptiker   alles Menschen, die sich in der Gesellschaft nicht nützlich machen konnten. Von Schuld, die zuerst bei den zu heilenden Menschen abgebüsst werden müsste, spricht Jesus nicht.

Wichtig ist auch, dass das Neue Testament für die christliche Gemeinde keine Abstufungen kennt in bezug auf niedrige oder hohe Erkenntnisgrade, so dass daraus Klassen gemacht würden. Prinzipiell sind alle, die sich an Jesus halten, Geschwister, die einander mit ihren mannigfachen Gaben dienen. Überhaupt gilt das Dienen als etwas Wichtiges. So sagt Jesus in Mt 23, 11 folgendes: «Wer unter Euch groß sein will, der sei Euer Diener.»

Auf karmischem Denken beruhende Abstufungen sind dem Neuen Testament fremd. So sagt Paulus in Gal 3, 28: «Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob Ihr Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seid: in Christus seid Ihr alle eins. Gehört Ihr aber zu Christus, dann seid auch Ihr Nachkommen Abrahams und habt Anspruch auf alles, was Gott ihm zugesagt hat.

Die Gnosis und mit ihr viele esoterische auf karmisches Denken gründende Ideologien machen den Aufstieg in höhere geistige Sphären von bestimmten Psychotechniken und den damit verbundenen übersinnlichen Erlebnissen abhängig. Paulus macht aber geltend, dass man in Christus auch als intellektuell bescheidene Person das Wesentliche hat. Das kommt besonders deutlich in 1. Kor 1, 2& 29 zum Ausdruck: «Sehet doch nur Eure Berufung an, Ihr Brüder; nicht viele Weise nach dem Fleische, nicht viele Mächtige, nicht viele Leute von vornehmer Geburt, sondern was vor der Welt töricht ist, hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache, und was vor der Welt schwach ist, hat Gott erwählt, damit er das Starke zuschanden mache, und was vor der Welt niedriggeboren und was verachtet ist, hat Gott erwählt, das, was nichts gilt, damit er das, was gilt, zunichte mache, auf dass sich kein Fleisch vor Gott rühme.» Was gleich auf diese Stelle folgt, ist so wichtig. Nach 1. Kor 1, 30 erhält man in Jesus alles. Es heisst dort, Jesus sei uns zur Weisheit gemacht von Gott, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung. Diese Stelle widerspricht radikal karmischem Denken. Die Gerechtigkeit ist also nicht etwas, das durch lange Arbeitsprozesse über riesige Zeiträume hinweg zustande kommt, sondern sie ist etwas in Christus durch den Glauben Geschenktes.

In diesem Zusammenhang scheint mir auch das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg in Mt 20, 1 15 sehr aufschlussreich zu sein. Diejenigen, die die Arbeitslast des ganzen Tages getragen haben, werden denen, die sich noch im letzten Moment anstellen ließen, lohnmässig gleichgestellt. Hier wird die Großzügigkeit, aber auch die Unberechenbarkeit Gottes deutlich herausgestellt.

Meines Erachtens stellt aber das dem bereuenden Schächer am Kreuz von Jesus zugesprochene Gnadenwort das überzeugendste biblische Argument gegen die Reinkarnationslehre dar. Was konnte schon der Schächer an gutem Karma aufweisen? Überhaupt nichts. Und ausgerechnet ihm wird von Jesus gesagt: «Heute noch wirst Du mit mir im Paradiese sein.»

Sehr wichtig scheint mir auch noch in den Reinkarnationsideologien zu sein, dass sich der Mensch beim Erlangen der Erlösungsstufe in seiner Individualität auflöst. Dem Erlösungsgedanken der Reinkarnationsideologie fehlt die Ganzheitlichkeit, weil von einer Erlösung der leibhaften Di¬mension nicht die Rede ist. Die Materie muss sich ja in reinen Geist zurückverwandeln, wobei die grosse Leere wie ein Abgrund gähnt: das grosse göttliche Du als persönliches Gegenüber fehlt. Die so viel gepriesene Holistik in der sich mit Reinkarnationsideen groß machenden Esoterik verrät damit, dass das eigentlich Wesentliche des holistischen Anliegens fehlt: die Wiederherstellung von Leib, Seele und Geist als Geschenk der unergründlichen Liebe Gottes, damit dem Menschen die wahre Anbetung in der himmlischen Liturgie möglich wird.

Der Autor.

Pfr. Dr. Samuel Leuenberger wurde 1942 als Sohn eines reformierten Pfarrers in Moutier geboren. Bereits in den Teenager Jahren machte sich bei ihm ein starkes Interesse am römischen Katholizismus bemerkbar. Dank seiner wertvollen Kontakte mit einem katholischen Jugendseelsorger erhielt er die Möglichkeit, mehrere Jahre in einem Benediktinerkollegium zu studieren und dort im Jahre 1964 die Matura zu absolvieren. Seine Auseinandersetzung mit dem Katholizismus fand eine notwendige Ergänzung durch die Studienjahre an der evangelisch reformierten Fakultät in Bem. Ein Auslandssemester in Oxford 1966/67 führte auch zur eingehenden Beschäftigung mit dem Anglikanismus. Nach dem Staatsexamen in Bern folgten zwei Studienjahre in den USA, in die auch ein einjähriges Gemeindepraktikum eingeschlossen war. In den USA entdeckte Samuel Leuenberger erweckliches Christentum, dessen Impulse er in seiner Tätigkeit als landeskirchlicher Pfarrer in der Schweiz weiterzugeben versucht. 1975 begann er mit seiner Doktorarbeit und promovierte im März 1984 in Stellenbosch / Südafrika. Während der Auseinandersetzung mit seiner Doktorarbeit wurde er von der Richtigkeit der reformatorischen Wahrheit überzeugt.

Pfr. Dr. Samuel Leuenberger ist seit 1986 Pfarrer an der reformierten Kirche in Schlossrued und lehrt seit 1985 an der STH Basel Kirchen , Sekten  und Weltanschauungskunde.

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Spiritistische Kommunikation (Hunt)

Dave Hunt

Spiritistische Kommunikation und Besessenheit

 

Jeglicher Versuch, irgendwie mit Geistern von Toten in Kontakt zu tre­ten, ist von Gott absolut untersagt (3Mo 19,31; 20,6.27; 5Mo 18,11).

Dennoch wurde dies seit Anbeginn der Zeit in allen Kulturkreisen prak­tiziert. Natürlich glaubte man auch, dass man sich zwecks Hilfesuche eben­falls an Götter und andere leitende Geister wenden könne.
Im Abendland zog der Spiritismus das Interesse vieler Prominenter auf sich; wie z. B. des Erzählers William Lloyd Garrison, der Autoren James Fenimore Cooper und William Cullen Bryant und des Journali­sten Horace Greeley. Für Königin Viktoria war es eine alltägliche Ge­wohnheit, Medien zu Rate zu ziehen. Thomas Edison verbrachte Jahre mit dem Versuch, ein elektrisches Mittel zur Kommunikation mit den Geistern Verstorbener zu entdecken. Das Ouijaboard wurde speziell für die Kommunikation mit den Geistern derer entwickelt, die im 1. Welt­krieg umgekommen waren.

Seancen und Medien

Im Weißen Haus wurden Seancen abgehalten, bei denen man Kontakt mit angeblichen körperlosen Wesen aufnahm, während Abraham Lin­coln – ein bekennender Christ – Präsident der Vereinigten Staaten war. Bei diesen Seancen sollen Lincoln und einige Kabinett-Mitglieder Zeu­gen machtvoller Manifestationen von Poltergeistern geworden sein, ein­schließlich der Levitation eines Konzertflügels.
MacKenzie King, Pre­mierminister von Kanada, praktizierte heimlich Totenbeschwörung und glaubte, er stünde in Kontakt mit seiner verstorbenen Mutter. Im Gegen­satz zu King sprachen der berühmte W. E. Gladstone und der erste Graf von Balfour, zwei englische Premierminister, ganz offen über ihre spiriti­stischen Auffassungen und wohnen häufig Seancen bei. Durch das Besu­chen spiritistischer Seancen mit seiner Frau Helen wurde Carl Rogers erst von der Realität der Geisterwelt überzeugt.

Viele angebliche Medien sind zweifellos Betrüger, wie bei Astrologen, Handlinien-Deutern, vermeintlich übersinnlich Begabten und Wahrsa­gerinnen der Fall. In dem Buch The Psychic Mafia (»Die Psycho-Mafia«) wurde nachgewiesen, dass es eine organisierte mediale Betrügerei gibt.
Der ehemalige Spiritist M. Lamar Keene bekannte, 13 Jahre lang Mit­glied eines US-weiten Netzes von 2000 falschen Medien gewesen zu sein, die mit Information über Klienten handelten und sich verschworen hat­ten, von unzähligen Menschen Millionen von Dollar zu erschwindeln. Er schreibt, dass in Camp Chesterfield im US-Bundesstaat Indiana umfang­reiche Karteien über »Gläubige« geführt werden, die als »Nabel des Welt­spiritismus« bekannt sind und von »Insider-Medien« herangezogen wer­den.

Es gibt jedoch unbestreitbares Beweismaterial dafür, dass Kommuni­kation mit Geistwesen tatsächlich stattfindet. Ruth Montgomery gehörte zu den bestbezahlten Journalistinnen ihrer Zeit, als sie von einem Her­ausgeber beauftragt wurde, das seltsame Phänomen der angeblichen Kommunikation mit Geistern von Verstorbenen zu untersuchen. Über­rascht sah sie sich mit mehr als genug Indizien konfrontiert, um ihre ge­schärfte journalistische Skepsis zu überwinden. Schließlich begannen »Geistwesen«, Bücher durch Montgomery zu schreiben und so wurde sie als »Heroldin des Neuen Zeitalters« bekannt.
Der Bischof der Episkopalkirche von Kalifornien, James Pike, ein ehemaliger Rechtsanwalt, hat die Bibel zum Großteil verworfen. Nach dem Selbstmord seines Sohnes war Pike überzeugt, dass er mittels des Londo­ner Mediums Enna Twigg Kontakt mit dem Geist seines Sohnes aufge­nommen habe. Pike überwand seine anfängliche Skepsis, als der Geist, der durch Twigg sprach, etliche Details aus dem Privatleben erwähnte, von denen nur er und sein Sohn wussten.

»Beweis« wofür?

Der bekannte Psychologe William James und der Professor James Hys­lop erlebten einen höchst ungewöhnlichen Fall. Hyslop befasste sich mit der Erforschung des Übersinnlichen und war ein Freund von Carl G.Jung. Hyslop und Jung waren gemeinsam zur Schlussfolgerung gekommen, dass »Geister« aus einer nichtphysischen Dimension der Realität zur Kom­munikation fähig seien. Hyslop und James kamen überein, dass derjeni­ge von ihnen, der als Erster sterben würde, versuchen solle, mit dem Überlebenden in Kontakt zu treten. James starb 1910. Hyslop lebte noch zehn weitere Jahre.

Einige Zeit nach James’ Tod erhielt Hyslop einen Brief von einem Ehepaar (von dem er zuvor nie gehört hatte) aus Irland (er war nie in diesem Land gewesen). Sie hatten mit einer Vorrichtung ähnlich einem Ouijaboard experimentiert und wurden von Botschaften vom Geist einer Person namens William James bombardiert, der sie aufforderte, einen Professor James Hyslop zu kontaktieren, von dem sie noch nie gehört hatten. Die übermittelte Botschaft lautete: »Erinnerst du dich an den roten Pyjama?« Das war ein offensichtlicher Hinweis auf eine gemeinsame Reise von Hyslop und James, bei der sie bei ihrer Ankunft in Paris ihr Gepäck vermißten. Sie gingen die notwendigsten Utensilien einkau­fen. Hyslop kaufte sich einen knallroten Schlafanzug, womit James ihn damals aufgezogen hatte.

Zunächst scheint es zwar so, dass nur der Geist von William James eine solche Botschaft übermittelt haben konnte, aber es gibt noch eine weitere Erklärungsmöglichkeit: Ein Dämon, der von dem Vorfall mit dem roten Pyjama wusste, konnte sehr wohl diese Nachricht senden, um den Glauben an die teuflische Lüge zu fördern, dass der Tod eine Illusion sei.

Bemerkenswerte Fälle wie diesen gibt es noch viele weitere.

Kontakt mit den Verstorbenen – oder mit Dämonen?

Der Theologe John Heaney fasst in seinem Buch eine Reihe überzeugen­der Fälle zusammen, zu denen auch die angebliche Kommunikation von Toten durch bekannte Medien zählen. Die Fälle, die auch nach ausführ­lichen wissenschaftlichen Untersuchungen nicht erklärt werden können, werden der so genannten »Super-ASW« zugeschrieben (ASW=Aussersinnliche Wahrnehmung). Diese erstaunli­che Begabung soll angeblich befähigen, jede mögliche Information von jedem Ort und zu jeder Zeit zu erhalten.

Als Katholik glaubt Heaney natürlich an die Kommunikation mit ver­storbenen »Heiligen« durch Gebet, und diese »Heiligen« (die römisch-­katholische Kirche spricht Menschen erst lange nach ihrem Tod »heilig«) erscheinen manchmal auf der Erde, um den Lebenden zu helfen. Heaney tut sein Bestes, um eine gewöhnliche Erklärung herauszufinden, aber er kann die Beteiligung von Geistwesen nicht ausschließen. Er schließt: »Außer echtem Kontakt mit den Toten gibt es keine konkurrierende Theo­rie [außer »Super-ASW«], die die Fakten erklären könnte.«

Kontakt mit Toten würde aber eigentlich nichts erklären – und gewiß nicht solche Fälle (und derer gibt es viele), bei denen von Geistern de­taillierte Informationen übermittelt wurden, die die intellektuelle Fähig­keit der verstorbenen Person bei weitem übersteigen. Doch gibt es einige Fälle derartiger scheinbarer Allwissenheit. Beim angeblichen Geist von »Tante Jane«, die eine einfältige Seele war, beweist die intelligente Be­schreibung quantenmechanischer Prozesse wohl kaum, dass es sich wirk­lich um Tante Jane handelte, die sich nach ihrem Abscheiden mitteilte, sondern vielmehr, dass es sich hier nicht um Tante Jane handeln konnte! Ebenso wenig ist es eine vernünftige Annahme, dass die Geister von To­ten nach dem Tod unbegrenztes Wissen haben sollten.

Die scheinbare Kommunikation mit angeblichen Totengeistern wird als Beweis für die Lüge der Schlange angesehen, dass der Tod nichts ist, wovor man sich zu fürchten braucht. Wenn ein angeblicher Totengeist seine Identität »bewiesen« hat, fährt er unweigerlich fort, in überzeugen­der Weise den Rest der Lügen zu präsentieren, mit der die Schlange einst Eva verführte.

Als Bischof Pike erst einmal davon überzeugt war, dass er wirklich mit dem Geist seines verstorbenen Sohnes Jim sprach, machte sich dieses Wesen daran, den christlichen Glauben zu entkräften. Der Geist sagte: »Glaube auf keinen Fall, dass Gott personifiziert werden könnte … er ist die zentrale Kraft.« Weiter erklärte er, dass Jesus nicht der Retter sei, sondern lediglich eines von vielen erleuchteten Wesen, die auf einer hö­heren Ebene existieren. Ganz ähnlich sagte das Wesen, das durch Helen Schucman das Buch Ein Kurs in Wundern diktierte: »Der Name Jesus Christus als solcher ist nur ein Symbol … für Liebe, die nicht von dieser Welt ist … ein Symbol, das man mit Sicherheit als Ersatz für die vielen Namen all der Götter verwenden kann, zu denen man betet … Dieser Kursus stammt von ihm.«

Wozu das biblische Verbot?

Damit ein Hereinfallen auf derartige Verführung verhindert wird, ver­bietet die Bibel jeglichen Versuch, mit Totengeistern Kontakt aufzuneh­men. Nicht weil ein solcher Kontakt möglich wäre, sondern weil er viel­mehr unmöglich ist – und Dämonen dieses menschliche Wunschdenken ausnutzen und sich als ein bestimmter Verstorbener ausgeben, um so ihre Lügen zu verbreiten. Der Fall vom Geist Samuels, der nach seinem Tod zurückkam (1Sam 28,7-20), scheint da eine Ausnahme zu sein, die Gott eingeräumt hat, um aufgrund seines Ungehorsams das endgültige Urteil über König Saul auszusprechen. (Der Schrecken der Hexe von En-Dor und ihr plötzliches Erkennen Sauls spricht anscheinend dafür, dass es tatsächlich Samuel war, der erschien.)

Obwohl Heaney katholischer Theologe ist, widerspricht er der Bibel und spricht von »einer verstorbenen Person, die ›erdgebunden‹ bleibt … in einem verwirrten oder bösartigen Zustand …« Aber das Gegenteil ist der Fall: Kein Verstorbener ist »erdgebunden« und schweift umher, um Lebende zu verfolgen oder ihnen zu helfen. Wer als Christ stirbt, ist sofort »ausheimisch vom Leib und einheimisch beim Herrn« (2Kor 5,8). Wer hingegen das Evangelium abgelehnt hat, erfährt das Schicksal des »reichen Mannes«, von dem Jesus sagte: »Als er im Hades seine Augen aufschlug [war er] in Qualen …« (Lk 16,23).

Heaney gibt offen zu, dass sowohl die Bibel wie auch seine Kirche das Befragen von Toten verurteilt (die Kirche erlaubt allerdings die Anru­fung sogenannter »Heiliger«). Dennoch versucht er, diese Praktik zu rechtfertigen und sagt: »Die biblischen Verbote richteten sich offensicht­lich auf Ziele und Motive, die sich deutlich von denen unterscheiden, die heutige Forscher verfolgen.« Er zitiert den protestantischen Kleriker Donald Bretherton, der mit ihm übereinstimmt:

»In der Antike war das »Suchen nach den Toten« dazu gedacht, Jahwe entweder als nicht vertrauenswürdig zu erwei­sen, wohingegen heutige Medien zu zeigen versuchen, dass die Be­hauptung »unter dir sind ewige Arme« [5Mo 33,27], Realität ist.«

In Wirklichkeit ist die Vorstellung, die Botschaften von Totengeistern würden den Glauben an den Gott der Bibel fördern, eine Illusion der liberalen Theologie. Vielmehr untergraben sie diesen Glauben, indem sie Gott als »Kraft« und Jesus Christus als »Aufgestiegenen Meister« be­zeichnen, der »auf einer höheren Ebene als die meisten körperlosen See­len existiert«. Alle gechannelten Botschaften plappern nur die Lügen der Schlange von Eden nach. Durch diese okkulte Invasion dämonischer Wesen, die sich als Verstorbene ausgeben, ist sogar ein ganzes Heer von Irrtümern in die Welt eingefallen und hat auch die Christenheit verseucht.

Die Kommunikation mit Toten impliziert, dass Seelen und Geister die Freiheit haben, auf der Astralebene umherzuhuschen und für die Mensch­heit die Rolle von Vermittlern einer »antiken Weisheit« einzunehmen. Man kann nicht an Kommunikation mit Toten einerseits und gleichzeitig an Gottes Wort andererseits glauben, welches sagt: »Es [ist] den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht …« (Hebr 9,27).

Waren die »Musen« der Antike Geister?

In der griechischen Mythologie unterstanden die Künste der Leitung der neun Töchter, die Zeus gemeinsam mit Mnemosyne hatte. Diese Nym­phen oder niederen Gottheiten, die auch als Musen bekannt sind, inspi­rierten Dichter und Künstler. Die Muse Euterpe inspirierte die lyrische Poesie, die Muse Terpsichore inspirierte Musik und Tanz. Johannes Brahms spürte, dass er beim Komponieren bisweilen »im Einklang mit dem Unendlichen« war. Obschon er glaubte, dass seine Inspiration von Gott stammte, wird doch eine andere Quelle dadurch verraten, dass sei­nen eigenen Angaben zufolge »sein bewußtes Denken in einer Halbtrance zeitweilig ausgeschaltet war«, wie es auch bei einem spiritistischen Me­dium der Fall ist. Gott inspiriert kein Medium in Trance. Tschaikowsky bekannte, dass er sich unter ähnlicher Inspiration befindend »wie ein Verrückter benahm«.

Richard Strauss war sicher, dass zumindest ein Teil seiner Komposi­tionen ihm »von allmächtigen Wesen« diktiert wurde, die nicht von die­ser Erde waren. Giacomo Puccinis großartige Oper Madame Butterfly wurde ihm, davon war er überzeugt, »von Gott« diktiert. Gustav Mah­ler behauptete, andere Mächte würden ihn nötigen, etwas zu komponie­ren, was er eigentlich gar nicht schreiben wollte. George Gershwin be­zeugte, die Rhapsodie in Blau sei plötzlich über ihn gekommen; er habe »die vollständige Konstruktion der Rhapsodie, von Anfang bis zum Ende«, gehört und wie auf Papier gesehen. Von seinem Hit »The Blizzard« sagt der Country-Musiker Harlan Howard, sein Stift habe unaufhörlich ge­schrieben und ihn fortlaufend überrascht. Er wunderte sich: »Benutzt ir­gendein großer Songschreiber im Himmel mich als Medium?«

Der Operetten-Komponist Rudolf Friml sagte: Ich setze mich ans Klavier und lege meine Hände auf die Tasten. Und ich lasse mich vom Geist führen! Nein, ich mache die Musik nie. Ich komponiere sie niemals, oh nein, nein! Ich bin ein Werkzeug. Ich bin nichts. Ich werde benutzt. Es stammt von jemand anderem, einem Geist vielleicht, der mich benutzt.

Wir können nur schließen, dass diese Komponisten tatsächlich, so wie sie es auch selber glauben, von Wesen geführt werden, die nicht dieser Welt angehören. Aber wer sind diese Wesen? Und was ist mit Benny Hinn, Kenneth Copeland und anderen führenden Charismatikern, die behaupten, der Heilige Geist inspiriere sie, sodass sie Prophezeiungen ausspre­chen, die sich als falsch erweisen? Und was ist mit den Behauptungen, dass einigen von ihnen sogar Christus erschienen sein soll?

Würde Jesus wirklich Yonggi Cho in einer roten Feuerwehruniform erscheinen, oder Oral Roberts in einer 300 Meter hohen Gestalt? Und könnten die unzähligen Erscheinungen rund um die Welt tatsächlich die Maria sein, die Jesus geboren hat, wenn diese Erscheinungen doch so viele falsche Aussagen von sich geben und beständig der Bibel widerspre­chen?
Wer oder was sind diese Wesen?  Welche Absicht verfolgen sie?
Die Frage nach der Identität und der Absicht dieser Wesen erfordert eine sorgfältige Beantwortung.

Die Identifikation der modernen »Muse«

Die Schlüsselrolle der Musik für das Okkulte läßt sich bis zum Anfang der Geschichtsschreibung zurück verfolgen. Für Voodoo und die meisten Formen des Schamanismus, dem die Rockmusik nahe verwandt ist, ist der schlagende Beat von Trommeln und Rasseln unverzichtbar. »Christ­liche Rockbands« imitieren den Beat, den Schamanen schon seit langem zur Beschwörung von Dämonen verwenden. Ray Manzarek, Keyboard­spieler der Rockband The Doors, erklärt die Beziehung zwischen Scha­manismus und Rockmusik:

Wenn sich der sibirische Schamane auf die Trance vorbereitet, kom­men alle Leute aus dem Dorf zusammen … und spielen auf allen In­strumenten, die sie haben, um ihn so auf die Reise zu schicken [in Trance und Besessenheit] …
Bei The Doors war es auf den Konzerten genauso … Ich denke, unsere Drogenerfahrungen haben uns geholfen, schneller dahin [in die Trance] zu kommen.
Es war, als ob Jim [Morrison] ein elektrischer Schamane war und wir seine elektrische Schamanen-Band, die hinter ihm dröhnte … wir hämmerten und stampften unaufhörlich, und Stück für Stück kam es über ihn …
Manchmal war er geradezu unglaublich. Geradezu faszinierend. Und das Publikum hat das auch gespürt!

Viele Rockstars haben Okkultismus praktiziert und gestehen eine geheim­nisvolle Inspirationsquelle. John Lennon sprach von okkulten Erfahrun­gen als Teenager:
»Ich war gewohnt, buchstäblich in Trance in den Alpha­zustand zu fallen … und diese halluzinatorischen Bilder meines sich ver­ändernden Gesichts zu sehen, das kosmisch und erfüllt wurde.« Von sei­nem Songschreiben sagte Lennon: »Es ist wie Besessensein: wie ein Hell­seher oder Medium.«
Den vielen Rockstars, von Elvis Presley angefan­gen, muss zu einem Großteil zugeschrieben werden, bei Millionen von Jugendlichen Rebellion geschürt und sie gegen Gott und die Bibel aufge­bracht zu haben. Derek Taylor, der Pressesprecher der Beatles, gab zu:

»Sie sind durch und durch antichristlich. Ich meine, ich bin auch anti­christlich, aber sie sind so antichristlich, dass es mich schockiert.«

Keith Richards von den Rolling Stones erklärte:
»Die Songs der Stones entstanden spontan wie eine Inspiration bei einer Seance. Die Melodien kamen ›en masse‹, so als ob die Stones als Songschreiber nur ein bereit­williges und offenes Medium wären.«

Yoko Ono sagte von den Beatles: »Sie waren wie Medien. Sie waren sich nicht über alles bewusst, was sie sagten, aber es kam über sie und aus ihnen heraus.«

Marc Storace, Sän­ger der Heavy-Metal-Band Krokus, sagte über den Inspirationsprozeß: »Man kann es nicht beschreiben, höchstens als geheimnisvolle Energie, die aus der metaphysischen Ebene in meinen Körper hinein dringt. Das ist fast so, als ob man ein Medium wäre«

»Little Richard« sagte: »Ich unterstand der Leitung und den Befehlen einer anderen Macht. Die Mächte der Finsternis … von denen viele mei­nen, sie würde nicht existieren. Die Macht des Teufels. Satan.«

Jim Morrison nannte die Geister, von denen er immer wieder besessen wur­de, »The Lords« – »die Herren«, und schrieb ein Buch mit Gedichten über sie.

Die Kreativität der Folkrock-Künstlerin Joni Mitchell stammt von ihrem Leitgeist »Art«. Wenn er »rief«, konnte nichts sie aufhalten.

Heutige Musiker geben dasselbe einstimmige Zeugnis über die Inspi­ration von außerweltlichen Wesenheiten, wie wir es auch bei den berühm­testen Komponisten der Vergangenheit vorgefunden haben. Die Musi­ker von heute geben jedoch zu, dass ein Großteil ihrer Inspiration aus einer bösen Quelle stammt. Weshalb sollten wir ihr Zeugnis anzweifeln?

David Lee Roth, der »Running with the Devil« schrieb und sich selbst als »Toastmaster für die unmoralische Mehrheit« bezeichnete, gab zu, dass das Ziel in der Rockwelt das Beschwören böser Geister und die Ausliefe­rung an diese sei: »Ich werde meinen Geist an sie ausliefern. Das habe ich tatsächlich bereits versucht. Man bringt sich selbst in diesen Zustand und verfällt in Flehen an die Dämonen-Götter … «

Superstar Jimi Hendrix war nicht so darauf aus, besessen zu werden, son­dern schien vielmehr ein Opfer zu sein. Als »größter Rock-Gitarrist« und »Voodoo-Kind des Wassermann-Zeitalters« bekannt, glaubte Hendrix, dass er »von irgendeinem Geist besessen ist«.

Seine frühere Freundin Fayne Pridgon sagte: »Er sprach ständig von irgendeinem Teufel oder irgendetwas, das in ihm sei … und er hatte keine Kontrolle darüber, er wusste nicht, was ihn dazu brachte, sich gerade so zu verhalten wie er es tat … und die Songs … kamen geradezu so aus ihm heraus … Er wurde so gequält und hin und her gerissen … und er sprach häu­fig von … irgend jemanden, der den Dämon aus ihm austreiben sollte.«

Steven Halpern, einer der bekanntesten New-Age-Komponisten, bezeugt: »Ich fing an, das aufzuzeichnen, was ich in Trance oder erweiterten Bewußtseinszuständen empfangen hatte … das führte schließlich dazu, dass ich geleitet wurde.«

Diese Art von Leitung durch einen Geist ist weit verbreitet.

In Kapi­tel 1 sprachen wir von dem Atomwissenschaftler, der von Geistwesen Ein­blicke in höhere Begrifflichkeiten erhielt. Wir stellten fest, dass Chester Carlson, der Erfinder des Xerox-Fotokopierprozesses, die Führung zu seiner Erfindung aus der Welt der Geister erhielt. Der Medizinwissen­schaftler Andrija Puharich, der über 50 Patente hat, nahm Stellung zu diesen seltsamen Inspirationen: »Ich persönlich bin davon überzeugt, dass höhere Wesen von anderen Welten und anderen Zeiten einen erneuten Dialog mit der Mensch­heit aufgenommen haben . . . Ich habe zwar keinen Zweifel [an ihrer Existenz] … aber ich weiß nicht … was im Hinblick auf die Menschheit ihre Ziele sind.«

Einführung in das Ouijaboard

Das Ouijaboard ist ein Beispiel für die Leichtigkeit, mit der jedermann in die Welt des Okkulten verstrickt werden kann. Wissenschaftliche Tests mit dem Ouijaboard haben zweifellos erwiesen, dass diese Methode von einer Intelligenz geleitet wird, die unabhängig ist von der Person, die das Brett benutzt. Sir William Barrett führte Experimente durch, bei denen den Benutzern die Augen verbunden waren und das Alphabet um das Brett ohne ihr Wissen vermischt war. Zusätzlich war zwischen dem Pro­banden und dem Ouijaboard ein undurchsichtiger Schirm angebracht, damit 100%ig sichergestellt ist, dass der Anwender des Brettes die Buch­staben nicht sehen konnte. Unter diesen rigoros kontrollierten Bedin­gungen bewegten sich die Buchstaben noch schneller als sonst. In seinem Bericht für die Amerikanische Gesellschaft für übersinnliche Forschung sagte Barrett:

»Außer der Tatsache, dass dem Anwender die Augen verbunden waren, haben wir hier eine erstaunliche Gewandtheit, Präzision und Sorgfalt der Bewegung des Indikators, der lange und sinnreiche Botschaften buchstabierte … ohne Pause oder Fehler …
Diese Botschaften wider­sprachen häufig dem Wissen des Anwenders oder überstiegen dieses . . . Im Rückblick auf die Gesamtheit der Ergebnisse bin ich von ihrem übernatürlichen Charakter überzeugt sowie davon, dass wir es hier mit der Darstellung eines intelligenten, körperlosen Vermittlers zu tun ha­ben … der die Muskelbewegung [des Anwenders] steuert.«

Durch ein Ouijaboard wurde Carl Rogers (damals noch völliger Skepti­ker) überzeugt, dass er Kontakt mit dem Geist seiner verstorbenen Frau Helen aufgenommen und eine tröstende Botschaft von ihr empfangen habe. Viele Channeling-Medien haben den ersten Kontakt mit ihrem Leitgeist durch ein Ouijaboard bekommen. Nachforschungen haben er­geben, dass das Ouijaboard an zahlreichen Fällen dämonischer Beses­senheit beteiligt war. Dessen ungeachtet erlangte es 1967 die Monopol­stellung als das beliebteste Gesellschaftsspiel in den USA.

Als Erstes brachte das Ouijaboard die Hausfrau Pearl Curran aus St. Louis in Kontakt mit einem Geistwesen, das sich selbst Patience Worth nannte. Patience hatte angeblich im 17. Jahrhundert in Dorsetshire in England gelebt. Im Lauf von 20 Jahren diktierte Patience über Pearl Curran, die nur acht Schuljahre absolviert hatte, »über anderthalb Mil­lionen Wörter in Gedichten und historischen Erzählungen«. Ein Litera­turstück aus 70.000 Worten wurde von Professor C. H. S. Schiller von der Universität London analysiert, der feststellte, dass es »kein einziges Wort enthielt, das nach 1600 entstanden ist.«
Er sagte: »Wenn wir bedenken, dass die King-James-Bibel nur 70 % Angelsäch­sisch enthält und es nötig ist, bis zu Lyomen im Jahr 1205 zurückzuge­hen, um auf Patiences Prozentsatz zu kommen … erkennen wir, dass wir es hier mit einem philologischen Wunder zu tun haben.«

Ein Wunder? Das hört sich nicht gerade wissenschaftlich an. Wie ver­nünftiger ist da das Eingeständnis, dass Curran in Wirklichkeit von ei­nem Geist besessen war, der über eine perfekte Kenntnis des mittelalter­lichen Englisch und der Ereignisse jener Zeit verfügte. Wir sehen uns einem Phänomen gegenüber, das nicht wegerklärt werden kann und das die Realität des Okkultismus aufzeigt.

Dr. Raymond Moody hat viele Jahre mit der Untersuchung angebli­cher Begegnungen Lebender mit mutmaßlichen Geistern von verstorbe­nen Angehörigen verbracht. Ihm zufolge »kann die Wissenschaft nicht unterscheiden … ob es sich um ein bloßes Phänomen des Bewußtseins handelt oder ob ein Wesen dahinter steht, das über das Bewußtsein hinausgeht«.

Die Beschäftigung mit Geistern übersteigt die Grenzen der Wissen­schaft. Wir brauchen auch nicht die Hilfe der Wissenschaft, um die Be­funde zu sichten. Der Mediziner Armand DiMele, der den meisten Channeling-Medien zwar skeptisch gegenübersteht, gibt offen zu, dass in eini­gen Fällen durch ein Medium präzise Informationen vermittelt wurden, die durch normale Mittel nicht hätten erlangt werden können: »Ich habe mit Geisterstimmen gesprochen, die … mir Dinge über meine Kindheit gesagt haben. Einzelheiten wie z. B. Gegenstände, die sich in seinem Elternhaus befanden [an das er seit Jahren nicht mehr gedacht hatte, sodass das Medium keineswegs »seine Gedanken las«]. Es liegen unbestreitbare Indizien dafür vor, dass irgendetwas geschieht, irgendetwas, was wir nicht verstehen und nicht messen können.

Sie »lehren uns etwas«

Eines der aussagekräftigsten Indizien, die wir für die Realität von Geist­wesen und ihrem ständigen Kontakt zur Menschheit haben, besteht in der Übereinstimmung der Botschaften, die sie durch diejenigen vermit­teln, die angeblich in Kontakt mit ihnen stehen. Verschiedene Personen, die rund um den Globus verteilt sind und niemals miteinander zu tun hatten, vermitteln unabhängig voneinander dieselbe Botschaft. Diese Tat­sache ist von allen festgestellt worden, die sich näher damit beschäftig­ten.

Der Parapsychologe D. Scott Rogo definiert Channeling als »Vermitt­lung einer Art von Intelligenz, deren Wesen nicht definiert ist und in de­ren Absicht steht, spirituelle Lehren und philosophische Diskussionen zu fördern«.
Terence McKenna, als amerikanischer Drogenguru an die Stel­le Timothy Learys getreten, bemerkt: Eine allen psychedelischen Trips gemeinsame Erfahrung ist der Kontakt mit Geistwesen, die eine Botschaft haben: »Wenn ich nicht völlig durchgedreht bin, versuchen sie uns etwas zu lehren.« Ihre Botschaft ist erstaunlich einstimmig und – wie Rogo sagt – umfaßt spirituelle Lehren.

Wie zu Beginn dieses Kapitels zitiert, erkennt auch die australische Zeitschrift New Age News die »bemerkenswerte Übereinstimmung, ja Einmütigkeit unter den verschiedenen gechannelten Wesenheiten«. Die­se Tatsache wird von Jon Klimo in seinem einschlägigen Buch zu diesem Thema immer wieder betont. Das Hauptthema ist, wie Klimo heraus­stellt, unser angebliches Einssein mit Gott, unsere Unkenntnis dieses Eins­seins, die Notwendigkeit, dieses Einssein mittels »Erleuchtung« zu er­kennen und unsere Wiederkehr zur Erde durch vielfache Reinkarnation in diesem Evolutionsprozeß, bei dem wir unser wahres oder höheres Selbst erstreben.

Das ist die religiöse Philosophie, mit der die Schlange Eva »erleuchtete«.

Als die Atheistin Helen Schucman eine Stimme zu hören begann, die sagte: »Dies ist ein Kursus in Wundern; schreibe ihn auf!«, war das für sie eine erschütternde Erfahrung. Schucman unterrichtete nicht nur medizi­nische Psychologie an der Universität von Columbia, sondern war zu­gleich stellvertretende Leiterin der Abteilung für Psychologie am Presby­terian Hospital in New York. Ihre gleichfalls atheistischen Kollegen wa­ren weit davon entfernt, sie als wahnsinnig zu diagnostizieren, sondern sagten ihr vielmehr, sie solle die Anweisungen befolgen. Als das Diktat schließlich fertig gestellt war, umfaßte der »Kurs« erstaunliche 1100 Sei­ten und wurde von Psychologen wie Theologen für seine brillanten Ein­blicke gepriesen.

Die Stimme, die den »Kurs in Wundern« diktierte, behauptete, Jesus Christus selbst zu sein, der beabsichtigte, Fehler in der Bibel zu korrigie­ren, an denen Ungläubige aufgrund der »Intoleranz« der betreffenden Passagen Anstoß nähmen. Der Kurs erklärt, dass »Vergebung« lediglich die Erkenntnis ist, dass Sünde gar nicht existiert und es deshalb nichts gibt, was zu vergeben wäre. Der Kurs ist unter solchen Leuten beliebt, die sich selbst als Christen bezeichnen, aber gleichzeitig klare biblische Leh­ren über Bord werfen. Er wurde in Robert Schullers Kristallkathedrale gelehrt.

Der diktierende »Jesus« widersprach nahezu allem, was die Bibel über ihn sagt. Diese Tatsache wird von Kenneth Wapnick zugestanden, dem Leiter der Stiftung, die den Kurs veröffentlichte. Nicht überraschend hingegen war es, dass die Aussagen dieses »Jesus« in völliger Überein­stimmung stehen mit den Botschaften, die von einer breiten Vielfalt von Wesen über Tausende von »Kanälen« rund um die Welt gechannelt wer­den. Doch Schucman wusste überhaupt nichts von Channeling, bis sie es selbst erlebte.
Als sich der Versicherungsvertreter Jach Pursel auf Geheiß seiner Frau in fernöstlicher Meditation versuchte, meinte er, ständig einzuschlafen. Seine Frau selbst befand sich jedoch währenddessen in einem Gespräch mit dem seltsam sprechenden »Lazaris«. Die Themen von »Lazaris« sind ein Echo auf den »Kurs in Wundern«, auf »Seth« (der von Jane Roberts im Lauf von 24 Jahren in zahlreichen Büchern aufgezeichnet wurde), auf »Ramtha« und vielen anderen gechannelten Wesenheiten: Alles ist eins und wir sind reinkarnierende, evolvierende unsterbliche Wesen, allesamt Teil von Gott, doch dieser großartigen Tatsache unbewußt und auf einer Reise der Erleuchtung, um zu erkennen, wer wir wirklich sind.

Das »höhere Selbst« von Meredith Lady Young, einer Autorin aus New Hampshire, channelte sich durch ihr Buch: Agartha: A Journey to the Stars (»Agartha: eine Reise zu den Sternen«). Wiederum lautete die Botschaft: positives Denken, evolutionäre Weiterentwicklung zur Vollkommenheit, die Einheit von allem, Gott ist eine »Energie« und der Mensch ist Gott: »Wir [die gechannelten Geister] sind multidimensionale Wesen aus einer anderen, spirituell höherentwickelten Ebene. Unser Ziel ist die positive Mobilisierung der Kräfte zur Förderung der Entwicklung des Menschen … Die Menschheit muss ihre tief vergrabene Verbindung mit der Universa­len Energie erkennen, ansonsten ist kein bedeutsames spirituelles Wachs­tum möglich.«

Das monotone Echo von Eden

Wenn echter Kontakt mit dem Bereich der Geister aufgenommen wird, erfolgt unausweichlich die Vermittlung antichristlicher Botschaften. Der »Gott« der gechannelten Botschaften widerspricht dem Wort Gottes und macht sich sogar darüber lustig. Eines der kühnsten, aktuellsten und be­kanntesten Beispiele ist das Buch Gespräche mit Gott – Ein ungewöhnli­cher Dialog, von dem Neale Donald Walsch behauptet, es sei geradezu »über ihn gekommen« und es sei »Gottes letztes Wort zu den Dingen«. In einer offensichtlichen Verunglimpfung Jesu sagt dieser »Gott«:

»Einst gab es … eine neue Seele … die gern Erfahrungen sammeln wollte. »Ich bin das Licht«, sagte sie. »Ich bin das Licht …« Jede Seele war edel … und jede Seele leuchtet mit dem Glanz meines majestätischen Lichts. Und so war die kleine fragliche Seele eine Kerze in der Sonne.«

Die Gotteslästerung fährt fort, indem diese »kleine Seele« auf die Erde kommt, um ihr wahres Selbst zu entdecken. Wie Buddha und viele ande­re erlangte Jesus schließlich »die Meisterhaftigkeit … Was Jesus tat … ist der Weg Buddhas, der Weg Krishnas, der Weg jedes Meisters, der auf diesem Planeten erschienen ist … Wer sagte also, dass Jesus vollkommen sei?«
Doch wir werden als Götter und Göttinnen geboren und es gibt weder Sünde noch ein Gericht . . . Es gibt keine moralischen Gebote; Gott hat keine Meinung und fällt kein Urteil; wir haben die Freiheit, alles zu tun, was uns gefällt (Neale D. Wasch).
Solches ist natürlich denjenigen äußerst willkom­men, die wie Phil Jackson ihre Ablehnung des biblischen Christus recht­fertigen und ihn durch einen »anderen Jesus« (2Kor 11,4) und »ein ande­res Evangelium« (Gal 1,6-7) ersetzen wollen.

Dieser »Gott« (der sich als Autor des »Kurses in Wundern« ausgibt) sagt außerdem zu Walsch, dass Satan und die Dämonen gar nicht existie­ren:
»In eurer Mythologie habt ihr das Wesen geschaffen, das ihr ›Teufel‹ nennt. Ihr habt euch sogar einen Gott vorgestellt, der Krieg gegen dieses Wesen führt … Einen wirklichen Teufel gibt es natürlich nicht.« Natür­lich sagt »Gott«, dass wir alle über viele Lebenszeiten immer höher evol­vieren, bis zur Einheit mit Gott. Walsch hat schon viele Leben auf der Erde gelebt und hat so viele Gelegenheiten, immer und immer wieder zu leben, sooft er möchte oder es nötig hat.

Walsch »Gott« sagt: »Dieses Unterfangen des »Sei-wer-du-wirklich-bist« … ist das Heraus­forderndste, was du jemals tun kannst … Vielleicht gelangst du nie­mals dorthin. Nur wenigen gelingt das. Nicht mit einem Leben. Nicht mit vielen …
Du bist unsterblich. Du wirst niemals sterben. Du veränderst nur deine Gestalt. [Über Adam und Eva:] es waren mehr als nur zwei. [Das Leben] entwickelte sich über Milliarden von Jahren … Die Evolutio­nisten haben Recht …!
Der Gebrauch übersinnlicher Fähigkeiten ist nichts weiteres als der Gebrauch deines sechsten Sinnes … und kein Einlassen mit dem Teu­fel … es gibt keinen Teufel … Jeder für sich selbst, ohne Verurteilung.«

Die erstaunliche Einstimmigkeit der gechannelten Informationen sowie die Tatsache, dass deren grundlegende Botschaft beständig die vier Lü­gen der Schlange aus Eden widerspiegelt, beweist sowohl die Realität des Channeling und identifiziert zugleich dessen Quelle. Erleuchtung bedeu­tet, die Illusion unserer alltäglichen verzückten Erfahrung zu erkennen und dann aufzuwachen für die wahre Realität, die sich dahinter befindet. Jean Houston erklärt:

»Diese [gechannelten] Wesen – wie wir sie nennen – sind im Grunde genommen »Gottheiten« aus der Tiefe der Psyche. Sie sind Personen des Selbst, die eine greifbare Gestalt annehmen, sodass wir eine Bezie­hung zu ihnen und somit einen Dialog mit ihnen haben können.«

Gottheiten aus der Tiefe der Seele, sodass wir einen Dialog mit uns selbst führen können? Jean kann uns noch nicht einmal erklären, was sie meint! Wie viel naheliegender ist es da, all die Bestätigungen dafür anzuneh­men, dass dämonische Wesen die Menschheit verführen.

So funktioniert Kommunikation mit Geistern

Wir hatten bereits den Nobelpreisträger Sir John Eccles zitiert, der sag­te, dass die Existenz von »Bewußtsein oder Geist … nicht in Einklang zu bringen ist mit den Naturgesetzen, wie wir sie derzeit verstehen«. Ec­cles faszinierenden Forschungsergebnissen zufolge kann der menschli­che Geist nicht Bestandteil des physischen Universums sein (einschließ­lich des Gehirns), sondern er ist vielmehr nichtphysisch bzw. spirituell und benutzt das Gehirn, um den Körper zu steuern. Eccles bezeichnet das Gehirn als »eine Maschine, die ein Geist steuern kann«. Normaler­weise ist der eigene Geist der Geist, der das Gehirn steuert – aber unter entsprechenden Umständen kann ein anderer »Geist« das Steuer über­nehmen. Diese Möglichkeit müssen wir bei unserer Auseinandersetzung mit dem Okkulten berücksichtigen.

Wenn unser Geist von unserem Körper unabhängig ist und deshalb den Tod des Körpers überleben kann, dann könnte es auch, wie Robert Jastrow meint, andere Geister geben, die ohne Körper existieren. Und wenn der Geist eines Hypnotiseurs jemand anderen beherrschen kann, dann kann das auch ein anderer Geist und vielleicht mit dem Prozess der Hypnose-Therapie zusammenwirken, die heute so viele Therapeuten an­wenden. Solche »Geister« könnten in dem Gehirn des Patienten falsche Erinnerungen oder Illusionen hervorrufen, sogar bis hin zur Vorstellung, in einem früheren Leben gelebt zu haben. Das immer wiederkehrende Thema dieser gechannelten Informationen ist ein überzeugender Hin­weis darauf, dass sie alle von denselben »Geistern« inspiriert werden.

Hier haben wir es mit einer Form von »Besessenheit« zu tun. Eine etwas weniger schlimme Form dieser »Besessenheit« könnte natürlich gerade die Inspiration sein, die in der Vergangenheit den Musen zuge­schrieben wurde und auch heute noch von Musikern, Künstlern, Wissen­schaftlern und anderen kreativen Menschen erfahren wird. In seinem Standardwerk über Channeling stellt Jon Klimo heraus:

»Das Argument lautet, dass der Geist das Gehirn (und den Rest des Körpers) stets auf eine im Wesentlichen psychokinetische Weise steu­ert … Doch – so geht das Argument weiter – wenn Ihr eigener Geist Ihr eigenes Gehirn beeinflußt, dann kann auch das gleiche nichtphysi­sche Wesen eines anderen Geistes imstande sein, Ihr Gehirn zu beein­flussen und bei Ihnen den Eindruck hervorrufen, eine Stimme zu hö­ren, eine Vision zu sehen, oder der andere Geist kann sprechen oder schreiben, indem er Ihren Körper auf dieselbe Weise benutzt, wie Sie ihn normalerweise lenken.«

Dass diese Wesen »das Steuer übernehmen« können, ist zahllose Male demonstriert worden. So hat auch Jesus Christus seine Macht erwiesen, die Besessenen befreien zu können. Eine TM-Lehrerin, die nach Süd­amerika ausgesandt worden war, um dort die Transzendentale Meditati­on zu verbreiten, fing an, jedesmal »Satan« zu sehen, wenn sie das Bild des TM-Gründers Maharishi Mahesh Yogi ansah. Nach einem Selbst­mordversuch wurde sie in ein Heim für Geisteskranke gesteckt, wo sie Christus als ihren Retter annahm.

Nachdem eine Hausfrau aus Chicago von Swami Rama (einer der preis­gekrönten Personen der Biofeedback-Forschung an der Menninger-Klinik) in das Yoga eingeführt worden war, wurde sie von übersinnlichen Erscheinungen Swamis gequält und in eine psychiatrische Anstalt einge­liefert.

Eine Lehrerin, die die Silva-Methode gelernt hatte, erzielte bei ihren geistig behinderten Kindern durch Visualisierung Erfolge. Für die be­merkenswerten Ergebnisse wurde sie ausgezeichnet. Eines Nachts dann erhielt ihr Bruder ungefähr um 2.00 Uhr morgens einen verzweifelten Anruf: »Mein Gott, George! Irgendetwas ist in meiner Wohnung – irgend­etwas Böses, und es verfolgt mich! Bitte komm und hilf mir!«

Diese und viele andere Fälle können nur als Überfälle von bösen We­sen auf diese Personen erklärt werden. In jedem dieser Fälle resultierte die Invasion aus dem Erlangen eines höheren Bewußtseinszustands durch Formen von Hypnose und fernöstliche Meditation. Trotz der Zeugnisse zahlloser Personen, die von diesen Wesen terrorisiert, in den Wahnsinn und sogar in den Selbstmord getrieben wurden, leugnet John Lilly deren Realität. Über die bösen Wesenheiten, denen man in höheren Bewußtseinszuständen begegnet, sagt er:
»Sie können dort auf Wesenheiten treffen, die Ihrem Gefühl nach Sie jeden Moment fressen oder aufsaugen könnten. Nun, das stellt sich als Unsinn heraus. Das ist unsere Projektion … das Böse in Ihnen. Das Böse ist das, was Sie projizieren.«

Trotz alles Beweismaterials weigern sich viele, die Existenz von Satan und Dämonen anzuerkennen. Der Parapsychologe Loyd Auerbach schreibt:
»Um Klartext zu reden, möchte ich sagen, dass die einzigen Dämonen, mit denen wir als Wissenschaftler zu tun haben, unsere eigenen ›Dämo­nen‹ sind, die vom Unterbewußtsein und der Vorstellungskraft herauf­beschwört werden können.«

Auerbach begeht einen Fehler, wenn er sich selbst und seine Mitpsy­chologen als »Wissenschaftler« bezeichnet. Psychologie ist keine Wissen­schaft. Außerdem kann die Wissenschaft keine Aussagen über Geister treffen. Dennoch glauben Heerscharen von Menschen an seine großspu­rigen Aussagen. Wenn die gesunde Furcht vor bösen Geistern von Psy­chologen geschickt entkräftet wird, dann werden okkulte Experimente äußerst verlockend. »Dämonen« sind dann nur noch Fragmente der ei­genen Persönlichkeit. Alles, was nötig ist, ist die Aneignung des neuen Verständnisses.

Dämonische Besessenheit

Dessen ungeachtet gestehen heute immer mehr Psychologen und Psychi­ater – frühere Skeptiker wie M. Scott Peck – wie einst Freud, Jung und James vor ihnen ihren Glauben an die Existenz von bösen Geistern zu. Ein ehemaliger Zweifler, der Psychiater Ralph B. Allison, sagt:
»Ich glaube mittlerweile an die Möglichkeit der Besessenheit … von dämonischen Geistern aus dem satanischen Reich und das ist ein Gebiet, bei dem ich es nicht wage, darüber zu diskutieren oder mich damit einzulassen.«

Ein ganzes Heer von Psychologen und Wissenschaftlern könnte ange­führt werden, die zur selben Schlussfolgerung gekommen sind. In dem Buch The Unquiet Dead (»Die unstillen Toten«) berichtet die Psycholo­gin Edith Fiore über das Versagen der Psychotherapien bei der Behand­lung und das Versagen psychologischer Theorien bei der Erklärung be­stimmter Verhaltensweisen. Das hat sie dazu veranlasst, sich auf eine Suche zu begeben, die darin resultierte, dass sie nunmehr an dämonische Besessenheit glaubt.

In Maya Derens Buch Der Tanz des Himmels mit der Erde: Die Götter des haitianischen Vaudou wird der nackte Terror von Be­sessenheit beschrieben:
»Ich habe die Besessenheit völlig aufgegeben, denn sie ist das Zentrum, auf das hin alle Wege des Voodoo zulaufen … Nie habe ich ein Gesicht von solcher Angst, Qual und blindem Ter­ror gesehen, wie in dem Augenblick, wenn der Loa [-Geist] kommt.«

Wade Davis ist ein junger Wissenschaftler mit Titeln von der Harvard-Universität in Anthropologie und Biologie. Er hat nicht nur die physische Welt, sondern auch die »Geisterwelt« einer Reihe von Naturreligionen untersucht. Er ist dorthin vorgedrungen, wohin sich bisher nur wenige Weiße gewagt haben: in das innere Heiligtum der Geheimgesellschaften der haitianischen Voodoo-Meister, die die Macht über Leben und Tod über diese gequälte Insel innehaben. Als Augenzeuge schreibt Davis in Serpent and Rainbow:

»Für den Ungläubigen gibt es etwas zutiefst Beunruhigendes an der Besessenheit. Ihre Macht ist roh, unmittelbar und unbestreitbar real, vernichtend … Die Psychologen, die versucht haben, Besessenheit aus wissenschaftlicher Sicht zu verstehen … warten mit einigen verwirren­den Schlußfolgerungen auf … Diese umständlichen Erklärungen klingen äußerst hohl, wenn man sie auf bestimmte unwiderlegbare körperliche Eigenschaften der Be­sessenen anwendet … [wie z. B.] die Fähigkeit des Gläubigen, seine Hände unbeschadet in siedendes Wasser zu tauchen …
Ich beobachtete eine Frau in einem offensichtlichen Trancezu­stand, die drei Minuten lang eine glühende Kohle in ihrem Mund trug … Das tat sie jeden Abend nach Plan. In anderen Kulturen bestä­tigen die Gläubigen ihren Glauben … indem sie über Kohlenfelder gehen, deren Temperatur mit 340° Celsius gemessen wurde …
Abendländische Wissenschaftler haben sich geradezu absurde Er­klärungen für solche Fähigkeiten erdacht … und führen den Effekt an, der Wassertropfen auf einer Bratpfanne tanzen läßt … Meiner Meinung nach geht das völlig an der eigentlichen Frage vorbei. Ein Wassertröpfchen, das in einer Bratpfanne hüpft, ist beim besten Wil­len weder ein Fuß auf einer rot glühenden Kohle, noch mit Lippen vergleichbar, die sich an Glut schmiegen. Ich verbrenne mir immer noch meine feuchte Zunge, wenn ich das glimmende Ende einer Ziga­rette in den Mund stecke …
Die Frau war sicherlich in eine Art Reich der Geister eingetreten. Was mich allerdings am meisten beeindruckte, war das Behagen, mit dem sie das tat. Ich verfüge über keine Erfahrung noch über eine Er­kenntnis, die mir erlauben würden, das Gesehene entweder rational zu erklären oder davor zu flüchten.«

Das Medium, das sich selbst der Wissenschaft hingab

Es liegt beträchtliches Faktenmaterial vor, das die Annahme bestätigt, dass zur »Besessenheit« die Invasion von anderen unabhängigen Wesen in die betreffende Person gehört. Eileen Garrett fühlte sich so unwohl mit ihrer Besessenheit von »Geistmächten«, die durch sie redeten, dass sie sich jedem möglichen wissenschaftlichen Test unterzog, um für sich selbst sicherzustellen, dass alles nur eine Einbildung ihrer Fantasie sei. Doch die Untersuchungen bestätigten vielmehr ihre schlimmsten Befürch­tungen: dass sie tatsächlich von Wesen besessen war, denen sie nicht ent­kommen konnte.

In New York wurde dann von Dr. Cornelium H. Traeger, einem Spe­zialisten für Arthritis und Herzkrankheiten, eine Reihe strenger medizi­nischer Tests durchgeführt. Als er mit den Untersuchungen begann, ver­trat Dr. Traeger entschieden die übliche Überzeugung der Psychologen: die Wesen, die angeblich durch Garrett sprachen, seien lediglich Bruch­stücke ihrer Psyche und keine eigenständigen Wesen mit eigenem Bewußtsein. Während Garrett von verschiedenen »Kontrollgeistern« be­sessen war, untersuchte Traeger ihr »Blutbild, die Blutsenkung, Blutge­rinnungsdauer, ihre Atmung, ihren Puls, Blutdruck und ihr EKG und verabreichte ihr dazu verschiedene Medikamente«.

Ein Kollege, Dr. Elmer Lindsay, sagte:
»Die Ergebnisse waren … derart überraschend, dass Dr. Traeger sie vor seinen Kollegen zurückhielt. Bei keinem menschlichen Herzen könnten Werte gemessen werden, die sich so diametral widersprechen und voneinander abweichen … Als die Blutsenkung … das Blutbild [usw.] geprüft wurden, ließen die Werte auf eine tatsächliche Änderung der physikalischen Zusam­mensetzung ihres Blutes gerade zu der Zeit schließen, als sie von ver­schiedenen Wesenheiten gesteuert wurde.«

Weitere ausführliche Untersuchungen wurden an Eileen Garrett von Hereward Carrington durchgeführt, dem Leiter des Amerikanischen In­stituts für Parapsychologie. Wiederum waren die Ergebnisse verblüffend. Als Carrington Frau Garrett und die verschiedenen Wesenheiten einem Lügendetektor-Test unterzog, bestätigte das Gerät, dass jedes einzelne Wesen sich grundlegend sowohl vom Medium als auch von den jeweils anderen Wesen unterschied. Willis Harman, leitender Wissenschaftler am Stanford Research Institute, spricht von Fällen, bei denen Verdacht auf »Besessenheit« besteht und stellt dabei heraus:

»Die physiologischen und biochemischen Veränderungen … können die Gehirnströme, die chemische Zusammensetzung der Körperflüssig­keiten, das Immunsystem, Allergien, die elektrische Reaktion der Haut und mehr umfassen [was je nach der steuernden »Persönlichkeit«, ver­schieden sein kann] … Diese Entwicklung läßt nur wenig Zweifel daran bestehen, dass in einem bedeutenden Sinne die wechselnde Persönlichkeit mit solcher Sicherheit »wirklich existiert«, wie dies für die normale Persönlichkeit gilt.«

Es überrascht nicht, dass die Wesen, die Eileen Garrett beherrschen, die­selben Lügen aus dem Mund der altbekannten Schlange vorbringen. Sie behaupten, Götter zu sein, die das »Gottesprinzip repräsentieren, das in uns allen ist«. Ihre Botschaft stimmte überein mit all den anderen ge­channelten Aussagen: dass es keinen Tod gibt und kein Gericht – nur Angenommensein, wenn die Verstorbenen von diesem Leben auf eine andere Existenzebene übergehen und weiter ihre Lektionen lernen und immer höher aufsteigen.

Ein überwältigender Befund von Fakten weist darauf hin, dass unab­hängig von der Menschheit intelligente Wesen existieren und dass diese imstande sind, den Körper eines Menschen für ihre eigenen Zwecke zu gebrauchen, wenn ihnen Einlaß gewährt wird. Ihre einstimmige Botschaft verrät wahre Identität und Absicht.

 

Aus Dave Hunt: DIE OKKULTE INVASION – Horst Koch, Herborn, im Mai 2006

www.horst-koch.deinfo@horst-koch.de

 




Krankheit oder Dämonie (A.Lechler)

Alfred Lechler

KRANKHEIT ODER DÄMONIE

 

Inhalt

I. Der Wert der Unterscheidung von Krankheit und Dämonie

II. Was verstehen wir unter Dämonie?

1. Die dämonische Gebundenheit – Ihre Ursachen – ihre Folgen – ihre Merkmale – die innere Zerrissenheit – das Verhalten gegenüber dem Seelsorger

2. Die Besessenheit – Ihre Merkmale – die Befreiung – Rückfälle

III. Die Unterscheidung von Krankheit und Dämonie

1. Schizophrenie oder Dämonie?  –  Der Besessenheitswahn – Schizophrenie bei Gläubigen – Zusammentreffen von Geisteskrankheit und Dämonie – Stimmenhören
2. Epilepsie oder Dämonie? –  Anfälle – Verstimmungszustände
3. Schwermut oder Dämonie? –  Lästergedanken – Selbstmordgedanken – Das Problem des Selbstmordes – Die Schwierigkeit der Unterscheidung
4. Neurose oder Dämonie? –  Visionen – Dämmerzustände – Eingebildete Besessenheit
5. Psychopathie oder Dämonie? –  Merkmale zur Unterscheidung
6. Alterserscheinungen oder Dämonie? – Verkalkung der Hirngefäße – Anfechtungen

IV. Christenglaube und Dämonie
Kann bei einem Christen eine Dämonie vorliegen? – Kann ein dämonisch Gebundener freiwerden und wie geschieht dies? – Kann der Umgang mit dämonischen Menschen, besonders die Fürbitte für sie, irgendwelchen Schaden oder gar eine Krankheit verursachen?

 

VORWORT
Über den Ursprung und das Wesen der Dämonie habe ich mich in meiner Schrift “Der Dämon im Menschen“ näher ausgelassen. In der vorliegenden Arbeit liegt es mir in erster Linie daran, eine Trennung zwischen Dämonie und Krankheit vorzunehmen. Eine solche Unterscheidung erscheint mir besonders nötig infolge der auf diesem Gebiet noch immer herrschenden großen Unklarheit.
Alfred Lechler

 

I. Der Wert der Unterscheidung von Krankheit und Dämonie
In unserer Umgebung begegnen wir häufig Menschen, die sich als seelisch abnorm erweisen und durch ihr ganzes Verhalten abstoßend wirken. Wir wissen vielfach nicht, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten sollen, und ringen um eine klare Beurteilung, damit wir ihnen nicht durch eine verkehrte Einstellung und Betreuung Schaden zufügen. Meist scheint uns eine krankhafte Störung bei ihnen vorzuliegen; in manchen Fällen aber stellen wir die berechtigte Frage, ob nicht eine Dämonie dahintersteckt. In der Tat   die Frage: Krankheit oder Dämonie? ist nicht nur vom medizinischen, sondern auch vom seelsorgerlichen und rein menschlichen Standpunkt aus äußerst dringend.

Die Unterscheidung des dämonischen Menschen von dem seelisch Kranken stößt jedoch häufig auf erhebliche Schwierigkeiten. Denn einerseits sind viele Seelsorger geneigt, hinter den meisten abnormen Erscheinungen des Seelenlebens dämonische Wirkungen zu sehen. Andererseits wird von zahlreichen Menschen, die mit seelisch Belasteten zu tun haben, das Vorliegen einer Dämonie grundsätzlich abgelehnt mit der Begründung, die fraglichen Erscheinungen seien rein tiefenpsychologisch oder psychopathologisch zu erklären. Doch übersieht der wissenschaftlich Orientierte zu leicht, daß es auch eine unsichtbare Wirklichkeit gibt. Es gilt daher eine möglichst klare Trennung von Seelenkrankheit und Dämonie vorzunehmen.

Ich glaube, daß der christliche Nervenarzt bei dieser Aufgabe einen wichtigen Beitrag zu leisten hat. Er befindet sich dabei jedoch in einer nicht leichten Lage. Denn auf der einen Seite ist es ihm nicht möglich, die Dämonie rundweg zu verneinen, wie es die psychiatrische Wissenschaft und die moderne Theologie tun, die nicht selten schon denjenigen, der das Wort “Dämonie” in den Mund nimmt, ohne weiteres als geistig abnorm bezeichnen. Auf der anderen Seite vermag der christliche Arzt der in gläubigen Kreisen meist verbreiteten Auffassung von der engen Beziehung der seelischen Erkrankungen zur Dämonie nicht uneingeschränkt zuzustimmen. Er hat sich daher von dem Bestreben leiten zu lassen, jeden einzelnen Fall von fraglicher Dämonie einer sachlichen, unvoreingenommenen Prüfung zu unterziehen.

Ist es denn überhaupt begründet, von Dämonie zu reden? Zweifellos. Erkennen wir heutzutage nicht mehr und mehr, daß die Dämonie keineswegs ein veralteter biblischer Begriff ist? Seit den Tagen Jesu hat die Dämonie durch die Jahrhunderte hindurch bis in die Gegenwart hinein eine nicht geringe Rolle gespielt. Die katholische Kirche zeigt auch heute noch eine bemerkenswerte Aufgeschlossenheit auf diesem Gebiet und hat eine besondere Lehre über die Besessenheit und den Exorzismus aufgestellt. Bei dem Wort “Dämonie”, das heutzutage in vieler Munde ist, denken allerdings die meisten Menschen nur an eine unheimliche, böse Macht, unter der sie sich nichts Genaueres vorstellen können. Sie pflegen über den, der hinter dieser Macht ein durchaus persönliches Wesen erkennt, zu lächeln. Und doch entpuppt sich dieses Wesen für diejenigen, die tiefer schauen als der Widersacher Gottes, der eine große Gewalt auszuüben vermag. Für sie ist die Dämonie nicht ein überlebter Begriff, sondern eine furchtbare Wirklichkeit, mit der wir, zumal in der heutigen Zeit, unbedingt zu rechnen haben. Traten nicht bei manchen Persönlichkeiten des Zweiten Weltkrieges sehr deutliche dämonische Kräfte zutage, und ist es nicht angesichts der sich auffallend häufenden Erscheinungen der Gegenwart zur Genüge ersichtlich, daß es ausgesprochen dämonische Wirkungen gibt in Form von Gewalttaten, Mord und Raub, von Zuchtlosigkeit auf den verschiedensten Gebieten, von Haß und Streit? Bestätigen diese Wirkungen nicht die Wahrheit der biblischen Berichte? Es erscheint daher in keiner Weise angebracht, eine Entmythologisierung dieser Berichte vorzunehmen, die der Wirklichkeit keineswegs gerecht wird. Es ist auch nicht so, daß Jesus sich dem jüdischen Volksglauben nur angepaßt und so getan habe, als ob Er Teufel austriebe. Wir dürfen vielmehr überzeugt sein, daß Jesus als der Sohn Gottes eine unfehlbare Menschenkenntnis besaß, und haben daher allen Grund, das Handeln Jesu gegenüber dämonischen Menschen völlig ernstzunehmen.

Die Bibel vermag uns in der Tat auf unsere Frage: Krankheit oder Dämonie? eine klare Antwort zu geben. So hat Jesus eine deutliche Trennung zwischen beiden Begriffen vorgenommen. Als Er Seine zwölf Jünger aussandte, waren die wichtigsten Anweisungen, die Er ihnen gab, neben der Predigt vom Reich Gottes: “Machet die Kranken gesund, treibt die Teufel aus” (Matth. 10, 1.8). Und in Markus 16, 17.18 führt Er die Zeichen an, die die an Ihn Glaubenden tun werden: In Meinem Namen werden sie Teufel austreiben. . ., auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird es besser mit ihnen werden.” Daß Jesus einen genauen Unterschied zwischen Kranken und Besessenen machte, zeigt die Heilung eines Taubstummen, indem Er die Finger in seine Ohren legte und seine Zunge berührte, betete und zu ihm sprach: “Tu dich auf!”, wonach der Kranke sofort wieder hören und sprechen konnte (Mark. 7, 32 bis 35). Andererseits trieb Er bei einem taubstummen Knaben einen Teufel aus mit den Worten: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir, daß du von ihm ausfahrest” (Mark. 9, 25). Und dem Herodes ließ Jesus sagen: “Ich treibe böse Geister aus und vollführe Heilungen” (Luk. 13, 32).

Ebenso unterschieden die Apostel zwischen Kranken und Besessenen. Markus berichtet z. B. (1, 32.34): “Sie brachten zu Jesus allerlei Kranke und Besessene und Er half vielen Kranken und trieb viele Teufel aus.” Und Markus 6, 13 lesen wir: “Sie trieben viele Teufel aus und salbten viele Sieche mit Öl und machten sie gesund” (vgl. Mark. 3, 10.11 und Luk. 7, 21). Aus diesen Gründen haben wir die Pflicht, gegenüber seelisch gestörten Menschen auf eine strenge Unterscheidung von Krankheit und Dämonie größten Wert zu legen.

 

II. Was verstehen wir unter Dämonie?

Doch zunächst haben wir die Frage zu klären, worin die Dämonie besteht. Wir verstehen unter dieser Bezeichnung eine Beeinflussung des Menschen durch Satan, der mitsamt seinen Untertanen, den Dämonen, alles darauf anlegt, den Menschen zur Sünde zu verführen und sein Seelenleben zu vergiften, um ihn dadurch in seine Gewalt zu bekommen. Diese Absicht erreicht Satan durch die dämonische Gebundenheit und die Besessenheit, in die er die Menschen geraten läßt, indem er ihnen besondere Merkmale aufdrückt und ihnen allerhand seelische Störungen beibringt.

Aus den biblischen Berichten über Saul und Hiob ersehen wir, daß die Tätigkeit der Dämonen von Gott zugelassen, ja von Ihm gewirkt ist. Ebenso wie Gott dem Menschen, der Ihm gehorsam ist, Seinen Geist gibt, kann Er denjenigen, der sich hartnäckig Seiner Stimme widersetzt und sich schwer versündigt, in die Hand eines bösen Geistes geben, der den Menschen an sich bindet und beherrscht. So schickte Gott dem König Saul einen bösen Geist, der ihn mit innerer Unruhe und Angst, mit Raserei und Mordabsichten erfüllte (1. Sam. 16, 14.15; 18, 9 12). Gott kann aber auch im Menschen vorübergehende satanische Anfechtungen zulassen, wie dies bei Hiob der Fall war, um ihn auf seine Standhaftigkeit zu prüfen (Hiob 1, 12; 2, 5.6). Gott besitzt die Macht und Kontrolle über die Geister, über die bösen ebenso wie über die guten (Matth. 8, 16). Die Dämonen vermögen nichts gegen den Willen Gottes zu unternehmen, ihrer Macht sind von Gott Grenzen gesetzt (Hiob 2,6).

Wenn von mancher Seite ein Beitrag der medizinischen Erfahrung gefordert wird, um der Frage einer Wirklichkeit der Dämonie näherzutreten, so glaube ich, im folgenden eine Reihe von typischen Merkmalen der Dämonie anführen zu können, die ein Licht auf den ganzen Fragenkomplex zu werfen geeignet sind. Im übrigen gilt das Wort von Bieneck: “Man erkennt die Dämonie nur, wenn man durch lebendigen Umgang mit der Bibel und durch die Nachfolge Jesu geübte Sinne dafür hat.”

 

1. Die dämonische Gebundenheit

Diese ist außerordentlich häufig anzutreffen und nimmt heutzutage rapide zu. Wir verstehen darunter einen Zustand der Bindung des Menschen an Satan, so daß dieser ihn in seiner Gewalt hat. So sagte Jesus zu Seinen Jüngern: “Einer von euch ist ein Teufel”, indem Er auf die Gebundenheit des Judas Ischarioth an Satan hinwies. Und Johannes schreibt von ihm (13, 2): Bei dem Abendessen, da schon der Teufel es dem Judas ins Herz gegeben hatte, daß er Ihn verriete . . .” Auch in Luk. 13,16 ist von einer Frau die Rede, die 18 Jahre lang von Satan mit Krankheitsfesseln gebunden war. Und von Ananias und Saphira wird erwähnt, daß der Teufel sie zur Geldliebe verführt hatte (Apg. 5, 3). Ebenso spricht Paulus 2. Tim. 2, 26 von Menschen, die sich von den Schlingen des Teufels haben einfangen lassen zur Ausführung seines Willens. Und Jesaja (61,1) spricht von der Befreiung der Gefangenen und der Entfesselung der Gebundenen. Aus diesen Stellen geht hervor, daß Satan einen Menschen an sich zu ketten vermag, indem er ihm seinen Willen aufzwingt oder ihn krank macht, so daß er zu einem Gefangenen Satans wird.

Was aber gibt Satan das Recht dazu, den Menschen an sich zu binden? Mit anderen Worten: was sind die U r s a c h e n der dämonischen Gebundenheit? Sie kommt zustande, wenn der Mensch in schweren, unvergebenen Sünden lebt und in völliger Verstocktheit dem Geiste Gottes andauernd widerstrebt, oder wenn er einen Mord, auch die Tötung des keimenden Lebens, auf dem Gewissen hat oder einen Meineid schwört. Besonders leicht gerät der Mensch in dämonische Gebundenheit, wenn er sich selbst bewußt in Berührung mit finsteren Mächten bringt, indem er sich mit okkulten Dingen abgibt. Dazu gehören Besuche bei einer Wahrsagerin, die mit dem Teufel im Bunde steht, spiritistisches Totenbefragen, aktive oder passive Besprecherei. Aber auch schon die Benützung eines Zauberbuches oder eines Horoskopes, abergläubische Gebräuche, wie das Tragen von Amuletten oder das Schreiben von sogenannten Schutzbriefen, ferner Pendeln und Rutengehen können zu einer dämonischen Bindung führen. Dasselbe geschieht, wenn der Mensch seine Feinde oder das Kreuz und Jesus oder Gott und den Heiligen Geist verflucht. Denn jeder Fluch ist ein Anruf an den Teufel und führt daher zu einer Bindung an ihn. Ebenso kann ein Mensch in dämonische Gebundenheit fallen, wenn er von einem dem Teufel hörigen Menschen verflucht wird.

Vor allem hat eine bewußte Verschreibung an Satan, zumal mit dem eigenen Blut, eine schwere Gebundenheit zur Folge. Solch ein förmlicher Vertrag mit dem Teufel ist häufiger als man denkt, aber meist unbekannt, weil der Betreffende auf keinen Fall darüber etwas auszusagen wagt. Eine solche Auslieferung an Satan mit Leib und Seele erfolgt meist zu dem Zweck, die Erfüllung besonderer Wünsche zu erreichen.

Aber nicht nur derjenige, der die genannten Sünden begeht, gerät in dämonische Bindung, sondern, wie Dr. Koch seinem Buch Seelsorge und Okkultismus schreibt, nicht selten auch der Mensch, dessen Eltern oder Vorfahren sich mit Zauberei und anderen okkulten Dingen abgegeben haben. Starke Zauberer oder Medien suchen nämlich vor ihrem Tode aus ihrer Verwandtschaft oder Umgebung einem ihnen geeignet erscheinenden Erwachsenen oder Kind ihre okkulten Fähigkeiten zu übertragen. Diese entdecken dann eines Tages ihre merkwürdigen Gaben.

Durch all die erwähnten Machenschaften beansprucht der Mensch die Dienste des Teufels. Er sucht entweder etwas zu erlangen, was ihm bisher versagt blieb, etwa Gesundheit und irdisches Glück, oder er sucht die Zukunft zu erfahren, die Gott ihm absichtlich verborgen hat. Satan aber gewährt ihm nur allzu gerne seine Hilfe. Doch diese Hilfe wirkt sich bald in verhängnisvollen F o l g e n aus. So werden die Menschen, die sich besprechen lassen, zwar meist gesund, und denen, die zur Wahrsagerin gehen, wird die Zukunft richtig vorausgesagt, wenn die Helfer sich dämonischer Kräfte bedienen. Auch der mit dem Teufel geschlossene Vertrag geht in Erfüllung, wie auch der gegen einen Menschen ausgesprochene Fluch, falls der Verfluchte nicht ein Jünger Jesu ist. Aber der Teufel leistet seine Dienste nicht umsonst. Er bindet die Menschen, die sich an ihn wenden, mit schweren Ketten an sich, so daß sie ihm hörig werden. Der Mensch ist nicht mehr imstande, sich in eigener Kraft aus diesen Banden zu lösen. Gott hat sich von ihm zurückgezogen, Er hat ihn “dahingegeben” (Römer 1, 24.26.28). Und meist zeigen sich alsbald schwere Folgen in seinem Seelenleben.

Damit kommen wir zu den M e r k m a l e n der dämonischen Gebundenheit, denen ich aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit immer wieder begegnet bin. Zwar vermag der Teufel auf die verschiedenste Weise seinen Einfluß auf den Menschen auszuüben, so daß es nicht leicht ist, eine erschöpfende und zuverlässige Beschreibung der Kennzeichen seiner Bindung zu geben. Und doch können wir in vielen Fällen ein ziemlich klar umrissenes Symptomenbild beobachten, das vor allem das Gebiet des Seelenlebens betrifft.

Zunächst gerät das ganze menschliche D e n k e n  u n d  F ü h l en unter den Einfluß des Teufels. Dementsprechend legt der Mensch eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber göttlichen Einwirkungen, ja oft eine direkte Ablehnung des Glaubens an Gott an den Tag. Das Wort Gottes hat ihm nichts zu sagen, die Verheißungen der Bibel lassen ihn kalt. Bei religiösen Beeinflussungsversuchen hat er nur Hohn und Spott übrig oder er läuft voller Wut weg. Er kann nur noch Böses, nur gottwidrige Dinge denken. Die Sucht zu unreinen Gedanken und zur Lüge erfüllt ihn, er ist geradezu besessen von der Lust, Unwahres zu sagen. Vielfach lügt er, ohne sich dessen bewußt zu sein. über seine Sünden empfindet er keinerlei Reue, und doch wird er von einer dauernden Unruhe, Friedelosigkeit und gedrückten Stimmung geplagt. Schon der Anblick eines Kruzifixes, eines Leuchtkreuzes oder eines Bildes von Jesus stört ihn. Nicht selten quält ihn eine furchtbare Angst, weil er sich Tag und Nacht verfolgt fühlt. Oft ist es ihm, als stehe jemand hinter ihm oder an seinem Bett.

Aber nicht nur das Denken und Fühlen, sondern auch das W o l l e n des dämonisch Gebundenen wird von Satan regiert. Er will Gott auf keinen Fall Gehorsam leisten und begeht bewußt Sünde, obwohl er meist genau weiß, daß sie ein Unrecht ist. Aber er wird innerlich gezwungen zu tun, was der Teufel ihm einredet oder befiehlt. So neigt er zur Auflehnung und Lästerung gegen Gott, zum Jähzorn und Trotz gegenüber seinen Nebenmenschen, zu Schikanen und Feindschaft, zu Erregtheit und Gewalttätigkeiten. Wenn er sich ärgert, verflucht er sich selbst; er verflucht und haßt die anderen, wenn sie ihm etwas angetan haben. Zu einer Aussöhnung ist er auf keinen Fall bereit. Selbst seine Angehörigen und Freunde kann er ohne besonderen Grund oder bei einer geringen Auseinandersetzung verwünschen und schlagen oder gar Mordgedanken gegen sie hegen. Eine übermäßige Stärke des Geschlechtstriebes, die Sucht zu abnormen sexuellen Handlungen, zu Alkohol und Nikotin und anderen groben Leidenschaften kann ihn völlig beherrschen. Auch verspürt er oft einen unwiderstehlichen Drang, Hand an sich zu legen, und setzt seine Selbstmordgedanken vielfach mit vollem Bewußtsein in die Tat um. Häufig begeht er auch unbedachte Taten, die sich gegen Gott wenden. So kann er seine Bibel vernichten oder er reißt Seiten, die ihn anklagen, aus ihr heraus, er verbrennt religiöse Schriften, wirft das Gesangbuch in die Ecke, entfernt fromme Wandsprüche. Gibt man ihm ein christliches Blatt, so kann es geschehen, daß er gemeine Reden führt, lästert und, ohne hineinzuschauen, das Blatt zerreißt und es in den Papierkorb wirft oder sogar mit dem Fuß darauf trampelt. Auch ruft er oft den Teufel an, damit dieser ihm helfe.

Ein sehr häufiges Merkmal der dämonischen Gebundenheit ist die Unfähigkeit, den Namen Jesu a u s z u s p r e c h e n oder zu schreiben. Nur mit größtem Widerstreben und nach innerer Überwindung vermag er dies schließlich, indem sich sein Gesicht entstellt oder wenn er den Namen mechanisch ausspricht. Satan will nicht an diesen Namen erinnert werden, denn es ist der Name dessen, der ihn am Kreuze besiegt hat.

Wenn daher der Gebundene ein Gebet oder einen Satz sagen soll, in dem das Wort “Jesus” vorkommt, so bleibt er gewöhnlich stumm. Schon wenn er diesen Namen hört, kann er in innere Erregung geraten, die Stirn runzeln, ja geradezu toben. Auch lehnt er es ab, ein Lied, das von Jesus handelt, zu singen oder ein Bild Jesu anzuschauen. Jedes Buch, in dem von Jesus die Rede ist, legt er beiseite. Eine Gebundene, die brieflich den Namen Jesu erwähnen wollte, schrieb mir: “Der, der am Kreuz hängt … Sie wissen, wen ich meine.“ Wird ein solcher Mensch aufgefordert, im Gebet sich an Jesus zu wenden, so wird ihm der Hals geradezu zugeschnürt oder es steigen ihm höhnische und lästerliche Gedanken auf, auch bringt er es nicht fertig, die Hände zu falten. Ebenso spürt er einen Widerwillen, wenn vom Teufel oder Satan, von Dämonen, von der Hölle die Rede ist. Bei jeglichem Versuch religiöser Beeinflussung wird er unruhig und abweisend.

Die Merkmale der dämonischen Gebundenheit, die mehr oder weniger den Eigenschaften des Bösen gleichen, können wie folgt zusammengefaßt werden:

1. Da Satan der Vater der Lüge ist (1. Mose 3,4.5; Joh. 8,44; 1. Joh. 2,22), zeigen sich bei dem von ihm Gebundenen Lüge und Falschheit, Hinterlist und Betrügerei, Verleumdung und Irrlehre (Spr. 12, 5; Jer. 9, 5; Röm. 1, 33; 1. Tim. 4, 2).

2. Da Satan ein Mörder von Anfang ist (Joh. 8, 44), flößt er den Menschen den Drang zum Selbst¬mord ein, dazu die Lust zum Töten, den Haß und Jähzorn, Zerstörungstrieb, Brutalität, Folterung, Rachsucht, Unversöhnlichkeit (l. Mose 4, 8; 1. Sam.18,11; Röm.1,29.31; Gal.5,20).

3. Da Satan der Fürst der unreinen Geister ist (Matth. 10,1; Apg. 5,16 u. a.), verführt er zur Sucht, zur Unkeuschheit, zu Hurerei und abnormen sexuellen Betätigungen (Röm. 1, 24; 1. Kor. 6,9; Gal. 6,19; 2. Tim. 3, 3).

4. Da Satan der Widersacher Gottes ist (Matth. 13,19.25.39; Eph.2,2; 1. Petr.5,8; 1.Joh.3,8 a), wirkt er in den “Kindern des Unglaubens” den Widerwillen und die Spottsucht gegenüber allem Göttlichen, Fluchen und Lästern, Auflehnung gegen Gottes Gebote, die Freude am Sündigen, das Unvermögen zu glauben und zu beten, bewußten Atheismus (Apg. 13, 8.10; 2. Kor. 4, 4; 2. Thess. 2, 4; 2. Tim. 3, 2).

5. Da Satan der Herr der friedelosen Geister ist (Luk. 11, 24), suchen diese auch im Menschen Unruhe, Friedelosigkeit, Unrast zu säen (l. Mos. 4, 12; Luk. 8, 29).

6. Da Satan der Fürst der Finsternis ist, weil er das Licht haßt, das die Sünde aufdeckt (Luk. 22, 53; Eph. 6,12; Kol. 1, 13), beobachten wir bei seinen Gebundenen oft ein finsteres, heimtückisches, undurchsichtiges, verschlossenes, unaufrichtiges, verräterisches Wesen sowie vielfach okkulte Betätigung (l. Mos. 4, 5; Spr. 2, 13; 1. Sam. 16, 14. 15; 18, 9; Matth. 6, 23; Joh. 3, 19.20; Apg. 8, 21.22).

7. Da Satan oft als getarnter “Engel des Lichts” auftritt (2. Kor. 11, 13.14; Offb. 13, 3.13), erweisen sich seine Anhänger häufig als falsche Propheten, die scheinheilig und heuchlerisch das Wort Gottes verfälschen, den Namen des Herrn im Munde führen, aber nicht Seinen Willen tun, die mit ihren Taten zu glänzen suchen und sich geradezu göttlich verehren lassen oder im Namen Gottes bewußt Falsches weissagen (Jer.14,14; 23,14; 29,8.9; Matth.7,15.21; Apg. 8, 9.10; 2. Kor. 2, 17; Kol. 2, 18.23; 2. Thess. 2, 9; 1. Tim. 4, 3; 2. Tim. 3, 5; Offb. 2, 2 b; 3, 9).

Eine besondere Art dämonischer Gebundenheit kann die m e d i a l e F ä h i g k e i t darstellen. Es gibt nämlich nach Dr. Kochs Erfahrungen Menschen, die von ihren okkult tätigen Vorfahren eine Medialität ererbt oder durch eigene okkulte Betätigung eine solche Fähigkeit erworben haben. Bei ihnen finden sich neben den erwähnten Merkmalen zuweilen Zustände von Bewußtlosigkeit (Selbsthypnose), Hellsehen, Telepathie, außergewöhnliche Memorierfähigkeit, Nachtwandeln, heilmagnetische Kräfte, Pendeln, Rutengehen. Hinzugefügt sei jedoch, daß diese Symptome in manchen Fällen nicht als dämonisch zu bezeichnen sind. Immerhin besteht auch hierbei die Gefahr der Einwirkung dämonischer Mächte.

Der Grad der dämonischen Gebundenheit ist sehr verschieden, er ist abhängig von der Schwere der Schuld, die der Mensch auf sich geladen hat. Die leichteren Formen der Dämonie sind oft nur nach eingehendem Befragen erkennbar.

Wenn nun ein Gebundener Satans religiös angefaßt ist, was durch anhaltende, vollmächtige Seelsorge geschehen kann, kommt es bei ihm zu einer typischen inneren Zerrissenheit. Zeitweise hat er den ehrlichen Wunsch, an Gott und Jesus zu glauben und Ihm nachzufolgen; und doch vermag er den Glauben nicht zu fassen, weil eine innere Stimme ihn davon abhält. “Ich möchte ein Eigentum Jesu sein, aber kann es nicht, weil eine Mauer dazwischensteht”, sagte mir solch ein Gebundener. Vor allem ist es ihm, auch wenn er das Verlangen dazu hat, zunächst nicht möglich, die Liebe Gottes und die Vergebung seiner Sünden für sich zu nehmen, auch wenn er theoretisch an das Sühnopfer Jesu glauben kann. Wie oft klagt er: “Es gibt für mich keine Erlösung und keinen Frieden. Könnte ich mich nur ausweinen! Aber mein Herz ist wie Stein.” Er empfindet einen starken Widerwillen, wenn er die Bibel lesen oder beten möchte. Und wenn er nach innerem Kampf es schließlich fertig bringt, Gottes Wort zu lesen und zu beten, ist er meist nicht imstande, sich zu konzentrieren, weil sofort andere Gedanken von ihm Besitz nehmen oder weil ihn eine auffallende Müdigkeit erfaßt. Hin und wieder vermag er seine Knie nicht zu beugen oder er steht während des Betens plötzlich auf und äußert voller Wut, alles Beten sei Lug und Trug. Unter seiner Zwiespältigkeit und Friedelosigkeit leidet er meist sehr. Er hört oft innere Stimmen und Eingebungen, ohne zu wissen, was sie zu bedeuten haben.

Seine vielfache Schuld erkennt der Gebundene, der innerlich zerrissen ist, meist, aber es fehlt ihm zunächst an der echten Reue. Zwar will er von seiner Gebundenheit loskommen, und doch muß er immer wieder seiner Lieblingssünde nachgehen, weil er die Kraft zu ernstem Widerstand nicht aufbringt. Bald fühlt er sich zum Guten hingezogen und ist entschlossen, sein Leben Gott auszuliefern; bald haßt er das Gute, hat Freude am Bösen und zweifelt an Gott und der Wahrheit der Bibel. Zu seinem Nebenmenschen kann er durchaus freundlich und hilfsbereit sein; doch unvermittelt gibt er ihm eine freche und gehässige Antwort, ja er kann ihn in unflätiger Weise beschimpfen. Einmal schreibt er dem anderen einen liebenswürdigen Brief, dann wieder sendet er ihm einen Wisch mit einem Inhalt voll von Unwahrheiten und Vorwürfen. Wenn er Gemeinschaft mit echten Christen aufsucht, fühlt er sich unter ihnen nicht wohl und kann sogar die “Frommen” verhöhnen. Wenn vom Teufel die Rede ist oder während des Gottesdienstes ist es ihm zuweilen kaum möglich, ein Lachen zu unterdrücken, er blättert gedankenlos im Gesangbuch oder er döst vor sich hin. Besucht er eine Evangelisationsversammlung, so gerät er nicht selten in starke Unruhe und Ablehnung oder in Anfechtungen und vermehrte Zweifel, so daß es ärger mit ihm wird, als es vorher war. Einmal ist er trotzig, verschlossen und verstockt, das andere Mal verzagt und reumütig und bittet Gott unter verzweifeltem Weinen, Er möge sich seiner erbarmen. Einmal verspricht er, das Trinken oder eine andere Leidenschaft aufzugeben, um kurz darauf sein Versprechen bewußt zu brechen. Einmal ist er von Selbstmordgedanken erfüllt, dann wieder plagt ihn die Furcht vor dem Tode und dem Gericht. An der Lüge hat er vielfach keine Lust mehr, doch wird er noch öfters von ihr überfallen. Auch vom Fluchen ist er noch nicht ganz frei. Die geheime Mordlust schwindet in manchen Fällen nur schwer. So schrieb mir eine Gebundene: “Vielleicht muß ich erst zur Mörderin werden, bevor ich auf Gott höre. Ich will nichts Böses, aber ich werde dazu getrieben.”

Besonders bezeichnend für das Vorliegen dämonischer Gebundenheit ist das Verhalten des Gebundenen gegenüber dem Seelsorger. Während er zeitweise für dessen Betreuung durchaus empfänglich ist und das Verlangen hat, seine Schuld zu bekennen, kann er plötzlich ein starkes Mißtrauen ihm gegenüber an den Tag legen, so daß er nicht zu bewegen ist, irgend etwas über seine bösen Gedanken und Taten auszusagen. Er vermag den Mund nicht zu öffnen oder es ist ihm plötzlich entfallen, wenn er etwas bekennen wollte. Und wenn er sich doch dazu aufschwingt, ein Sündenbekenntnis abzulegen, sucht er manche Sünde zu verheimlichen oder den Seelsorger bewußt zu belügen. So bat mich jemand: “Fragen Sie mich öfters, ob ich auch bestimmt die Wahrheit sage und ob ich alles bekannt habe.” In manchen Fällen sucht der Gebundene sich kurz vor der mit dem Seelsorger verabredeten Zeit zu drücken. Und wenn ihm seine Sünden vorgehalten werden, kann er dem Seelsorger einen bösen Blick zuwerfen und sich die Ohren zuhalten oder das Gespräch auf nebensächliche Dinge zu lenken suchen. Auch kann er dem Seelsorger den Vorwurf machen, was dieser sage, meine er gar nicht ernst, im Grunde seines Herzens verachte und hasse der Seelsorger ihn; er solle doch zu¬geben, daß er ihn als eine Last empfinde. Es sei viel richtiger, man bete nicht mehr für ihn und unterlasse das Reden und Schreiben, denn dies alles sei ja doch völlig zwecklos. Wenn er über seinen Zustand nicht reden wolle, schimpfe der Seelsorger; aber er lasse sich nicht erpressen, sonst würde er höchstens Unwahres aussagen. Die Mühe des Seelsorgers sei nur Kraft  und Zeitverschwendung, er könne ihm ja doch nicht helfen und solle sich daher lieber um andere Menschen kümmern. Auf solche und ähnliche Weise kann der Gebundene dem Seelsorger völlig unbegründete, geradezu aus der Luft gegriffene Vorwürfe machen. Auch äußert er des öfteren, es gebe für ihn keine Hoffnung mehr, weil sein Verlangen nach der Welt zu stark sei; es sei viel schöner, ein Leben der Freiheit zu führen, statt Gottes Gebote zu erfüllen. Dies führe nur zu einer seelischen Verkrampfung. Mit dem Teufel habe er keineswegs zu tun; es habe daher keinen Sinn, dem Teufel zu gebieten. Er stecke nicht in der Sünde, Gott habe ihn so, wie er sei, geschaffen. Aber er gebe zu, daß er oft Dinge tun müsse, die er gar nicht wolle. Wenn der Seelsorger ein Absagegebet mit dem Gebundenen spricht, kann dieser es entweder gar nicht oder erst nach innerem Kampf nachsprechen. Ja, schon ein einfaches Gebet, das der Seelsorger mit ihm sprechen will, lehnt er oft ab. Und wenn es dennoch zu einem Gebet kommt, steigen leicht unreine Gedanken in ihm auf. Auch wenn er den ehrlichen Willen hat, den Namen Jesu zu sagen, gelingt ihm dies häufig nicht. Bezeichnend ist es auch, daß der Zustand des Gebundenen sich meist zunächst um so mehr verschlimmert, je mehr er seine inneren Qualen offenbart oder den Namen Jesu aussprechen will.

All die erwähnten Angaben, die der Gebundene macht, sind nichts anderes als die “listigen Anläufe” des Teufels (Eph. 6, 11), der, ohne sich zu erkennen zu geben, seine Gedanken und Absichten dem Menschen eingibt und alle erdenklichen Lügen gebraucht in der Absicht, ihn von der Verbindung mit Gott und von der Vergebung seiner Schuld abzuhalten. Denn solange der Gebundene keine Vergebung erhält, bleibt er in der Hand des Teufels.

Ebenso ist es das Bestreben Satans, Zwietracht zwischen dem Gebundenen und dem Seelsorger zu säen. Es ist dem Teufel darum zu tun, auf jede Weise den Seelsorger in den Augen des Gebundenen herabzusetzen, damit dieser nicht auf die Stimme Gottes hört, sondern in der Gewalt des Teufels bleibt. Mancher Gebundene erklärt denn auch offen, es komme ihm so vor, als sei er selbst es gar nicht, der solche Gedanken und Absichten liege, vielmehr rede und handle ein ganz anderer aus ihm. Hinterher könne er nicht begreifen, daß er zu solchen Kurzschlußhandlungen und  äußerungen fähig war.

Die geschilderten Symptome, die besonders auf dem religiösen Gebiet sich zeigen, können psychologisch entweder gar nicht oder nur schwer und auf gekünstelte Weise erklärt werden. Es gibt in der Tat nur e i n e natürliche Deutung für das völlig widerspruchsvolle Wesen des Gebundenen, der innerlich hin  und hergerissen ist: die Stimme Gottes und die Stimme des Teufels stehen bei ihm dauernd im Kampf miteinander. Weil dem Feinde alles daran gelegen ist, den Gebundenen am Glauben, am Beten, am Bibellesen zu hindern, kommt es meist zu einem langwierigen Ringen des Seelsorgers um dessen Befreiung.

Zur Illustration sei einiges aus dem Brief einer dämonisch gebundenen Patientin angeführt, die nach längerer seelsorgerlicher Betreuung eine Zeitlang frei gewesen war, jedoch rückfällig wurde und sich nun im Stadium der inneren Zerrissenheit befindet:

„Ich kann die Sünde nicht hassen, ich kann dem Bösen nicht Widerstand leisten, ich bin wieder in schlechte Filme gegangen. Ich wollte Ihnen alles verheimlichen, denn ich habe Angst vor Ihnen, weil ich nicht auf Sie gehört habe. Bitte verstoßen Sie mich nicht. Es macht mich traurig, daß ich Ihnen so viel Kummer bereite. Obwohl Sie mich immer mahnen und ich auch hören will, tue ich doch wieder das Böse. Es lockt mich so. Mich zieht es in die Bars und in die Filme. Deshalb lassen Sie lieber das Beten für mich sein, es hat doch keinen Wert mehr. Der Böse redet mir ein, daß es doch gar nicht so schlimm ist. Da gehen so viele hin und ich darf nicht so eng denken. Gott hat uns doch in diese Welt gestellt, warum muß ich denn alles meiden? Aber gleichzeitig weiß ich, daß ich da nicht hingehöre. Ich werde doch nicht besser, es ist immer ein Hin und Her. Und doch habe ich davor Angst, daß ich einmal auf der Straße lande. Ich weiß, daß ich dazu zu schade bin. Aber der Mensch ist zu allem fähig, auf jeden Fall ich. Wenn ich meine innere Unruhe nicht mehr aushalte, trinke ich Wein und rauche. Und ich möchte dies so gerne lieber lassen. Was soll ich nur tun? Ich bete nicht mehr und fasse auch die Bibel nicht mehr an. Warum, weiß ich nicht. Ich komme auch so durch. Sagen Sie, hat Gott mich dahingegeben? Ich finde allein nicht mehr den Weg zurück. Gibt es keine Hilfe mehr für mich? Ich möchte doch im Grunde für Gott da sein und Ihm dienen. Aber immer versage ich. Bald gebe ich mich selbst auf, ich bin ja doch ein hoffnungsloser Fall. Weshalb mußte ich früher so viel Liebe entbehren, so daß ich zum Haß erzogen wurde? Helfen Sie mir doch bitte aus diesem Zustand wieder heraus!”

 

2. Die Besessenheit

Satan kann aber nicht nur eine Gebundenheit des Menschen an ihn hervorrufen, sondern auch wirklichen Besitz von ihm ergreifen. Die Besessenheit ist meist die Fortsetzung der Gebundenheit. Sie pflegt dann einzutreten, wenn der Gebundene in völliger Verstocktheit noch weitere Schuld auf sich lädt, indem er z. B. sich mit seinem eigenen Blut dem Teufel verschreibt. Doch kann es auch vorkommen, daß der Geist eines Besessenen nach dessen Tode auf einen seiner ungläubigen Nachkommen übergeht, wodurch eine sofortige Besessenheit erfolgt.

Viele Menschen, die eine dämonische Gebundenheit gelten lassen, leugnen die Tatsache der Besessenheit. Die Heilige Schrift kennt jedoch beide Arten von Dämonie und unterscheidet sie deutlich voneinander. So lesen wir Johannes 13, 2, daß der Teufel dem Judas Ischarioth den Verrat Jesu eingeredet hatte, und im gleichen Kapitel Vers 27 heißt es: “Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn.” Für den Bibelgläubigen besteht kein Zweifel, daß es zu Jesu und der Apostel Zeiten Besessene gab. Auch das Wort Jesu: “Die Zeichen, die denen zuteil werden, die da glauben, sind die: In Meinem Namen werden sie Teufel austreiben”, spricht dafür, daß die Besessenheit heutzutage nicht aufgehört hat. In der Tat gibt es auch in der Gegenwart Menschen, deren Zustand mit der in der Bibel beschriebenen Besessenheit manche Ähnlichkeit hat und weder psychiatrisch noch psychologisch befriedigend erklärt werden kann. Allerdings   das muß deutlich betont werden   wird die Besessenheit, wenigstens bei den Kulturvölkern, viel seltener beobachtet als die dämonische Gebundenheit. Zahlreiche Zustände von vermeintlicher Besessenheit sind entweder als dämonische Gebundenheit oder als eine seelische Krankheit anzusehen.

Welches sind nun die M e r k m a l e der Besessenheit? Da die dämonische Gebundenheit meist unmerklich in die Besessenheit übergeht, decken sich die Symptome der letzteren zum Teil mit den erwähnten Zeichen der dämonischen Gebundenheit oder sie finden sich in verstärktem Maße bei der Besessenheit wie die Abneigung gegen göttliche Dinge und die mediale Fähigkeit. Die Unterscheidung zwischen beiden Zuständen ist daher oft nicht leicht. Außer den Merkmalen der dämonischen Gebundenheit tritt jedoch bei der Besessenheit nicht selten eine ausgesprochene Tobsucht mit Schreien, Lästern, Zähneknirschen und der Neigung zu Gewalttaten und Verbrechen auf. In solchen Zuständen kann der Besessene Gegenstände beschädigen oder sich selbst Verletzungen beibringen, um sich das Leben zu nehmen. Auch fällt er beim Beten mit dem Seelsorger oder bei einer Predigt oft sofort in einen Dämmerzustand, so daß er nichts in sich aufnimmt. Ein “tauber Geist” sucht ihn vom Mitbeten und von religiöser Beeinflussung abzuhalten. Zuweilen wird ein höhnisches Lachen beobachtet, wenn in der Gegenwart des Besessenen vom Kreuz und Blut Jesu gesprochen wird. Vielfach hört er die laute oder flüsternde Stimme des Teufels, der ihm Dinge zu tun befiehlt oder verbietet. Manchmal sieht er auch dunkle Gestalten im Zimmer. Die Dämonen reden im allgemeinen nur wenig aus dem Besessenen, um möglichst unerkannt zu bleiben. Nur wenn der Zeitpunkt ihrer Austreibung gekommen ist, geben sie ihren Widerstand auf und können ihrer Verzweiflung und Angst vor dem Ausfahren Ausdruck geben.

Außer diesen Merkmalen gibt es noch einige bemerkenswerte, aber selten auftretende Phänomene bei der Besessenheit: einmal Trancezustände, in denen ein anderer mit veränderter Stimme oder in einer fremden Sprache, die dem Besessenen selbst nicht geläufig ist, aus ihm redet. Hinterher weiß er nichts von alledem. Sodann eine außergewöhnliche Körperkraft, die der Besessene in tobsüchtigem Zustand an den Tag legen kann, wenn er gebändigt werden muß (Mark. 5, 4; Apg. 19, 16). Ferner kann Hellsehen beobachtet werden, indem der Besessene von Dingen spricht, die er auf natürlichem Wege nicht erfahren haben konnte. Er sieht einem anderen an, wes Geistes Kind er ist, welche unvergebenen Sünden er begangen hat und welche Zukunft ihm bevorsteht. Es zeigt sich, daß seine Aussagen zutreffen, wie dies auch bei dem Mädchen in Philippi der Fall war (Apg. 16,16).

Bei diesen außergewöhnlichen Symptomen versagen alle Versuche einer medizinischen oder parapsychologischen Erklärung. Ausdrücklich muß jedoch bemerkt werden, daß das Hellsehen nicht nur bei Besessenen angetroffen wird, sondern auch von dazu veranlagten Menschen als eine besondere Gabe angesehen, aber öfters auch als eine schwere Last empfunden wird. Diese Art von Hellsehen ist wesentlich häufiger als die dämonisch bedingte. Beide Arten voneinander zu unterscheiden, ist ohne Schwierigkeit möglich.

Ferner werden in der Umgebung eines Besessenen bei Nacht nicht selten schwere Schritte, Klopfen, Poltern und andere Geräusche gehört und zwar nicht nur von den Menschen, die für den Besessenen beten – sie sollen durch die Geräusche in Angst versetzt und an der Fürbitte gehindert werden – , sondern auch von völlig unbeteiligten Personen.

Häufig fällt der Besessene durch einen finsteren, haßerfüllten Gesichtsausdruck auf. Dieser wird besonders dann offenbar, wenn in seiner Gegenwart geistliche Gespräche geführt werden oder wenn er auf dem Sterbebett liegt. Doch kann er bewußt eine Maske aufsetzen, so daß ihm von seinem inneren Zustand oft nichts anzumerken ist.

Auch körperliche Symptome finden wir bei der Besessenheit. Der Teufel sucht sein Opfer zu quälen, indem er vorübergehende Schmerzen aller Art an den verschiedensten Körperstellen verursacht. Sie treten mit größter Willkürlichkeit auf, wie wir sie bei echten Krankheiten nicht beobachten. Besonders bei Nacht können Besessene geplagt werden, so daß an Schlaf kaum zu denken ist.

Die B e f r e i u n g von der Besessenheit kann ohne besondere Zeichen vor sich gehen. Doch ist sie daran zu erkennen, daß der Befreite nach schwerem Gebetskampf plötzlich ein frohes und gelöstes Wesen an den Tag legt und den Namen Jesu freudig aussprechen kann. Er sagt sich auf Veranlassung des Seelsorgers oder auch spontan von allen finsteren Mächten los. Die krankhaften Störungen, auch die erwähnten, besonders auffallenden Zeichen schwinden nach der Befreiung schnell und völlig. So war die Wahrsagekunst des Mädchens in Philippi nach ihrer Befreiung schlagartig beseitigt (Apg. 16, 19).

R ü c k f ä l l e, auf die schon Jesus hingewiesen hatte (Matth. 12, 43   45), sind allerdings ziemlich häufig. Deshalb befahl Jesus dem Dämon in dem besessenen Knaben ausdrücklich: “Fahre aus und kehre nie mehr zurück!” Wenn der Befreite nicht weitere Seelsorge erfährt, wird sein Zustand entweder schlimmer als er zuvor gewesen war, oder er kann zum mindesten aufs neue in eine dämonische Gebundenheit geraten.

Als Beispiel einer wahrscheinlichen B e s e s s e n h e i t sei das Wesentliche aus einem Brief angeführt, den ich von einer verheirateten Frau erhielt:

“Meine Ehe ist keine glückliche. Mein Mann liebt mich nicht, und das, was ich ihm geben könnte, will er nicht. Er geht immer mehr seine eigenen Wege. Meine Ehe ist ein langer Leidensweg. Aber ich sehe ihn als eine Leidensgemeinschaft mit meinem Herrn an, so daß ich ihm auf diesem Wege näher sein darf, als wenn ich eine glückliche Ehe führen dürfte. Mein Mann ist fast immer von Unruhe und Friedelosigkeit erfüllt. jedes kleinste Mißgeschick bringt ihn außer sich. Unserem Kinde gegenüber ist er unbeherrscht, und nie ist dieses schwieriger, als wenn der Vater da ist. Oft ist mir seine Nähe eine Pein, da einfach etwas Böses von ihm ausgeht, während auch er meine Nähe nicht ertragen kann. Es scheint mir oft, daß das Böse sich bei jeder Gelegenheit in ihm bemerkbar machen will. Er muß streiten, wo gar kein Grund vorhanden ist. Er muß mit rauher Stimme bei jeder kleinsten Gelegenheit schreien, er muß die Türen zuschlagen, das Böse ständig in Schutz nehmen und sich über alles Gute lustig machen. Ich darf ihm kein Wort glauben, weil ich nie weiß, ob er die Wahrheit spricht. Oft ist sein Gesicht völlig kalt und finster, wenn er mich betrachtet, so finster, als wollte er mir etwas antun. Bei seinem Streiten widerspricht er sich ständig. Nach außen ist mein Mann von einer fast unnatürlichen Höflichkeit und Gefälligkeit. Er geht auch mit mir zur Kirche, aber er weiß hinterher nie, worüber gepredigt wurde. Und wenn er das Tischgebet spricht oder einen Choral mit uns singt, ist es, als ob ein Automat betete oder sänge; er selbst ist gar nicht dabei. Über die Gesangbuchlieder spottet er. Nie kann er bei sich eine Schuld finden, dagegen ist er voller Anklagen gegen seine Mitmenschen und unsere Lebensverhältnisse. Oft redet er bei anderen Schlechtes über mich. Ich bleibe aber dennoch im Frieden und schweige.

Seit einiger Zeit spukt es in unserem Hause. Auf dem Boden hört man nachts Schritte, Schleifen, Klopfen und andere Geräusche. Besonders wenn ich vor dem Schlafengehen zum Gebet niederknie, klopft es im Zimmer. Auch am Morgen während meiner stillen Zeit höre ich manchmal über mir Schritte und Klopfen. Unser Kind, das nichts von alledem weiß, wurde schon durch das Klopfen bei Nacht gestört. Als ich einmal mein Gebetsbuch holen wollte, spürte ich deutlich, wie auf dem Sofa etwas saß und mich mit demselben bösen Blick ansah, wie mein Mann es manchmal tut. Doch betete ich nach meiner Gewohnheit laut und rief Jesu Siegernamen an über meinen Mann und mein Kind, über mich und unser ganzes Haus, bis alle Furcht wich und eine große Freudigkeit über mich kam. Seitdem ist es ruhiger geworden. Der “Geist” ist zwar noch hörbar, besonders dann, wenn mein Mann seine unruhigen Zustände hat und schimpft. Aber das darf mich nicht mehr schrecken. Wenn ich Jesus, den Sieger über alle dunklen Mächte, rühme, wird es totenstill auf dem Boden und in der Wohnung. Auch wenn ich während des Klopfens laut bete, verstummen die Geräusche vorübergehend. Als mein Mann verreist war, hörte das Klopfen ganz auf und erst nach seiner Rückkehr machte es sich wieder bemerkbar. Als ich einmal gerade im Gebet versunken war, wurde von unsichtbarer Hand in der Bibel, die neben mir lag, geblättert und ein kalter Hauch traf mich. Fenster und Türen waren alle geschlossen. Meine Tochter, die im Nebenzimmer schläft, hörte kürzlich jemand bei Nacht in meinem Zimmer hin und her gehen, während ich fest schlief … Mein Mann tut mir in seiner dauernden Unruhe von Herzen leid, um so mehr als er auch von Selbstmordgedanken gequält wird…”

Einige Jahre später erhielt ich von dieser Frau folgende Nachricht:

“Einmal las ich ein Gebet von einem bekannten Evangelisten mit dem Hinweis, es vier Wochen lang zweimal täglich zu beten für den Menschen, der uns besonders am Herzen liegt. Ich betete dieses Gebet sehr ernstlich. Als ich es am zweiten Tag morgens betete, klopfte es zum ersten Mal seit langer Zeit wieder recht handfest. Es war das typische Klopfen zweimal hintereinander mit einem kurzen Abstand. Es kann auch immer noch vorkommen, daß ich nachts aufschrecke durch ein recht böses Klopfen an meine Tür. Zuerst meine ich immer, es sei mein Mann, aber draußen ist niemand. Sonst ist es ja Gottlob ruhig im Haus. Aber es geht immer noch etwas um. Kürzlich war ich einmal bis spät in die Nacht auf, da hörte ich über mir auf dem Boden deutliche Schritte ruhelos hin  und hergehen. Später hörte ich vom Wohnzimmer aus im Nebenzimmer, dem Zimmer meiner Tochter, jemand hin  und hergehen. Ich meinte zuerst, sie wäre es, aber sie lag in tiefem Schlaf im Bett. Ohne Zweifel ist im Haus immer noch ein ruheloser Geist, der keinen Frieden findet. . .”

Während hier angesichts des auffallenden Verhaltens des Ehemannes eine Besessenheit als durchaus möglich angesehen werden kann, besteht aufgrund der begleitenden Spukerscheinungen die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von wirklicher Besessenheit.

Zwar sucht die Parapsychologie mehrere Erklärungen für den Spuk zu geben. So stellt Professor Bender (Freiburg) die Hypothese auf, der Spuk sei als ein Aktivwerden unterbewußter seelischer Kräfte aufzufassen, die sich zu einer Masse verdichten. Indem diese psychischen Energien eine Sonderexistenz führen, verursachen sie den Spuk. Dabei handle es sich stets um psychisch kranke Menschen. Doch reichen sämtliche parapsychologischen Deutungsversuche zu einer befriedigenden Erklärung des Spukphänomens nicht aus, was auch von den Forschern zugegeben wird. Solange dies aber nicht der Fall ist, erhebt sich die Frage, ob die psychische Abnormität der Menschen, die den Spuk verursachen sollen, nicht mit einer dämonischen Bindung zusammenhängt, in die sie aus irgend welchen Gründen geraten sind. In solchem Falle würde der Spuk aus dem Bereich dämonischer Kräfte stammen, die die Fähigkeit zur Materialisierung besitzen. jedenfalls ist es auffallend, daß die meisten Spukfälle mit der Anwesenheit von Besessenen oder mit okkulter Betätigung von lebenden oder verstorbenen Bewohnern des betreffenden Hauses zusammenhängen. Auf eine metaphysische Ursache der Spukerscheinungen deutet auch die vom Seelsorger gemachte Erfahrung hin, daß der Spuk zu weichen pflegt, wenn die betreffenden Menschen zum Glauben an Christus kommen.

Zwei Fälle von Besessenheit sind auch in meiner Schrift “Der Dämon im Menschen” geschildert.

 

III. Die Unterscheidung von Krankheit und Dämonie

Nun aber erhebt sich die Frage: Worin besteht der Unterschied zwischen einer Dämonie und einer Krankheit? Decken sich die erwähnten Merkmale der dämonischen Gebundenheit und der Besessenheit mit den verschiedenen klassischen Krankheitssymptomen der Psychiatrie oder können sie  nicht bzw. nur teilweise in die üblichen psychiatrischen Krankheitsbilder eingereiht werden?

1. Schizophrenie oder Dämonie?

Sehen wir uns zunächst das Krankheitsbild der Schizophrenie an.
Bei dieser Krankheit ist es, besonders im Beginn, oft nicht leicht, die Unterscheidung zwischen ihr und einer Dämonie vorzunehmen, weil die Dämonie einer Schizophrenie und diese einer Dämonie in mancher Hinsicht ähnlich sehen kann. Es ist dal ier erklärlich, daß Verwechslungen recht häufig sind, zumal nicht wenige Seelsorger nur zu rasch fast jede Geisteskrankheit als eine Besessenheit ansehen und andererseits der Psychiater jeden Besessenen für einen Geisteskranken zu halten pflegt. Und doch gibt es manche Fälle, bei denen es dem Psychiater nicht gelingt, sie in die üblichen Symptomenbilder der Schizophrenie unterzubringen, so daß diese Diagnose nur mit einem Fragezeichen versehen werden kann.

Zunächst könnte der Unvoreingenommene bei der Schizophrenie eine Besessenheit vermuten, wenn ein bis dahin unauffälliger jugendlicher sich allmählich ohne besonderen Grund gegen seine Eltern auflehnt, störrisch, bösartig, erregt und unverträglich wird, gegen seine Umgebung tätlich vorgeht oder allerlei unberechenbare Handlungen ausführt. Auch liegt es nahe, eine Dämonie anzunehmen, wenn ein junger Mann ohne erkennbaren Anlaß von Angstzuständen und Depressionen überfallen wird, die nach seiner Aussage wie ein schwarzer Berg auf ihn zukommen, um ihn zu erdrücken; wenn er zeitweise meint, sich aufhängen zu müssen, oder wenn er bei unpassenden Gelegenheiten hinkniet und laut betet, um gegen den Feind, der ihn bedrohe, anzukämpfen. Oder muß man nicht geradezu an eine Besessenheit denken, wenn der Betreffende selbst von der Anwesenheit eines in ihm wohnenden Dämons felsenfest überzeugt ist und seine körperlichen Beschwerden mit einer Beeinflussung durch diesen Dämon in Verbindung bringt, sich von einem Dämon dauernd angesprochen, verhext, hypnotisiert fühlt und seiner Umgebung immer wieder erzählt, er werde von einer feindlichen Macht zu seinen Gedanken und Taten veranlaßt?

All diese Zeichen sind jedoch zumeist als typische Merkmale einer Schizophrenie anzusehen. So kann es nahezu als Regel gelten, daß derjenige, der fortgesetzt von vermeintlicher Besessenheit redet, nicht besessen, sondern krank ist. Eine Bestätigung für diese Auffassung bekommen wir, wenn in solchen Fällen häufig eine allmähliche Verschlimmerung mit zunehmenden Wahngedanken und einem langsamen Verfall der ganzen Persönlichkeit einsetzt. Dann liegt kein Zweifel mehr vor, daß die geschilderten Erscheinungen auf eine Schizophrenie und einen mit dieser verbundenen Besessenheitswahn zurückzuführen sind. Daß die Wahnideen dämonisch gefärbt sind, rührt meist daher, daß der Kranke vor oder zu Beginn seines Leidens manches über Dämonen und Besessenheit gehört oder gelesen hat. Selbst wenn ein solcher Mensch angibt, abnorme Geräusche zu hören und auffallende Erscheinungen zu sehen, muß man hierbei krankhafte Sinnestäuschungen annehmen, zumal wenn seine Umgebung nichts von solchen Erscheinungen wahrnimmt.

Der Besessenheitswahn kann bei der Geisteskrankheit völlig im Vordergrund stehen. Da dieser Zustand verhältnismäßig häufig anzutreffen ist, sei ein solcher Fall näher beschrieben:
>Eine dreißigjährige Kranke kam in meine Behandlung mit der Angabe, sie sei besessen. Sie führe dies auf die Behandlung durch einen Magnetopathen zurück, die vor vielen Jahren stattgefunden habe. Dieser Mann habe ihr einen unheimlichen Eindruck gemacht und ihr von spiritistischen Sitzungen erzählt. Sie habe von anderen gehört und auch in Büchern gelesen, welch schlimme Folgen eine solche Behandlung nach sich ziehen könne. Seit jener Zeit sei sie im Gemüt bedrückt und lebensüberdrüssig, auch habe sie bis vor einigen Jahren eine lähmende Schwere und Unruhe in sich verspürt. Vor drei Jahren sei sie in eine freikirchliche Gemeinde aufgenommen worden. Seitdem habe sie eigenartige Empfindungen an ihrem Körper. Als sie auf Veranlassung des Predigers das Absagegebet gesprochen habe, sei etwas rundherum um ihren Kopf gesaust wie ein Wirbelwind. Während sie bei der Taufe den Segen empfangen habe, sei ihr Leib vom Feind hin und her geworfen worden, so daß sie nicht still hinknien konnte. Bei dem Besuch eines auswärtigen Predigers habe sie während des Gottesdienstes hinauslaufen und schreien müssen. Deshalb habe dieser eine Teufelsaustreibung bei ihr vorgenommen. Sie habe dabei eine Befreiung im Leibe gespürt. Weil es aber im rechten Arm stark geklopft habe, habe sie gemerkt, daß der Teufel nicht ganz weggegangen sei. In der darauffolgenden Nacht habe sich etwas Großes und Schweres auf ihre Brust gelegt. Durch Gebet sei diese Empfindung geschwunden, doch sei sie bald wieder eingetreten. In der nächsten Nacht sei etwas wie ein Schwarm von wilden Raben auf sie zugeflogen, auch habe sie schwarze Eulen gesehen. Sie habe immer Püffe und Stöße im Bett bekommen. In einer anderen Nacht habe sie einen Druck im Kopf von hinten nach vorn bemerkt. Dabei habe sie in völlig wachem Zustand das Bild eines Mannes gesehen, der hemdsärmelig mit finsterem Gesicht vor dem Bett gestanden sei. Besonders oft werde sie von dem Dämon sexuell belästigt. Sie spüre dies deutlich an einem Kribbeln bei Nacht, so daß sie nicht wisse, wie sie sich hinlegen solle, um sich gegen die feindlichen Angriffe zu schützen. Auch am Tage spüre sie manchmal das Kribbeln, besonders wenn sie beten wolle. Der Feind habe zu ihr gesagt: Du hast den Heiligen Geist gelästert! Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Gib den Geist auf! Es sei eine innere Stimme gewesen, die sie gehört habe, so wie man auch mit dem geistigen Auge etwas sehen könne. Einmal sei etwas von ihrem Kopf heruntergeflogen, dann sei etwas wie ein Kampf in ihr durcheinandergegangen. Plötzlich habe sie wieder Verbindung mit Gott gehabt. Man könnte aus ihren Worten schließen, sie sei nicht ganz normal; aber das sei nicht der Fall. Ihre Freunde verstünden sie und wüßten, daß sie nicht geisteskrank sei. Eine Stimme habe ihr laut zugerufen: “Armes, gefesseltes Menschenkind!” Aber als sie daran dachte, daß Jesus bei ihr sei und für sie kämpfe, sei es ihr gewesen, als habe sie ein Lichtstrahl getroffen. Sie habe sofort gewußt, daß es ein Engel Gottes war, der mit dem Satan kämpfte. Als sie in der Bibel gelesen habe: Seine Barmherzigkeit hat kein Ende”, habe es warm und hell in ihr aufgeleuchtet. Das sei Jesus gewesen. Es sei ihr vorgekommen, als würde eine Hand an ihr Herz greifen. In einer Nacht habe sie mit ihren inneren Augen gesehen, wie Jesus in den Wolken saß und auf sie herunter sah. Auf einmal leuchteten seine Augen sie ganz lieb an. Da habe sie gewußt, daß sie keine Angst zu haben brauchte. Sie habe öfters solche herrlichen Erscheinungen gehabt. Bei einer zweiten Teufelsaustreibung, die eine gläubige Frau bei ihr vorgenommen habe, habe sie gemerkt, wie der Feind in ihr furchtbar gezappelt habe, wie wenn eine Hummel in ihr zappeln würde.
Obwohl die Frau ihr erklärt habe, sie sei freigeworden, habe das Zappeln nicht aufgehört und sie sei von neuem belästigt worden. Im letzten Jahr habe alles in ihr zwei Monate lang pestartig gerochen. jetzt verspüre sie noch oft ein Zappeln und intensive Ströme an verschiedenen Stellen des Körpers sowie bei Nacht das Kribbeln, so daß sie nur wenig schlafen könne. Da sie noch nicht frei sei, könne sie sich nur schwer zum Beten konzentrieren. Einen Beruf könne sie nicht ausüben, weil sie vieles vergesse und dauernd müde sei. Manchmal höre sie, wenn sie beten wolle, Lästerworte. Den Namen Jesu könne sie oft nicht aussprechen. Bei einer dritten Teufelsaustreibung habe sich der elektrische Strom in ihrem Körper gesenkt, doch sei er hernach wieder heraufgestiegen. Einmal habe sie bei der Morgenandacht plötzlich ein Zittern im Körper gespürt. Es sei ihr gewesen, als wenn der Dämon in ihr sich vorbeugte und gegen den Sprecher wütende Handbewegungen machte. Das seien alles nüchterne Tatsachen. Daß die Gemeinde, zu der sie gehöre, in letzter Zeit bei ihr keine Besessenheit mehr annahm, bedrücke sie sehr. Aber es sei die Absicht des Feindes, daß man sie als geisteskrank ansehe, damit er auf diese Weise in Ruhe gelassen werde.<

Diese Angaben der Patientin waren nur ein geringer Teil ihrer zahlreichen Beschwerden. Sie war unermüd¬lich im Erzählen ihrer abnormen Empfindungen. Wenn auch einige ihrer Äußerungen zunächst den Verdacht auf eine Dämonie erweckten, so bestand doch bald keinerlei Zweifel mehr daran, daß es sich um eine Schizophrenie handelte. Die unzusammenhängenden, absonderlichen und verschrobenen Vorstellungen und Empfindungen, die Gesichts  und Gehörstäuschungen, die ständigen Angaben über die Tätigkeit der in ihr wohnenden Dämonen waren ohne Zweifel krankhafter Natur. Eine wirkliche Besessenheit geht ohne die erwähnten Vorstellungen und Empfindungen einher. Nicht ein Dämon oder Engel mit ihren Botschaften redeten zu ihr, wie die Patientin meinte, sondern aus ihrem kranken Gehirn kommende Stimmen. Es wäre daher verkehrt, alles, was ein solcher Mensch über in ihm hausende Dämonen aussagt, für bare Münze zu halten. Dadurch würde er in seinen Wahnvorstellungen nur noch bestärkt werden.

Bei  G l ä u b i g e n  tritt die Schizophrenie meist in fast rein religiösem Gewande auf. Der Kranke ist der Auffassung, sein Glaubensleben sei durch satanische Beeinflussung krank geworden, weil oft eine furchtbare Unruhe über ihn komme, die ihm den Frieden mit Gott, und die Freude am Gebet nehme und dem Heiligen Geist aus seinem Herzen reiße. Alles sei dunkel in ihm, will Gott ihn verlassen und eine finstere Macht von ihm Besitz ergriffen habe, könne die Stimme Jesu nicht mehr vernehmen und Seinen Geist nicht mehr verspüren. Es sei ihm nicht mehr möglich, den Namen Jesu auszusprechen, so gerne er dies tun möchte. Er träumt unsinnige Dinge, aus denen er wichtige Schlüsse zieht.

Für kürzere Zeit kann er überglücklich im Glauben sein und überschwengliche Äußerungen tun; aber bald bricht er in lautes Weinen aus und ist völlig verzweifelt. Er ist nicht mehr imstande, sich zu den einfachsten Verrichtungen zu konzentrieren, und deshalb bald gezwungen, seine Arbeit aufzugeben. Gegen die immer wiederholte Auffassung seiner Umgebung, sein Zustand beruhe auf einer Krankheit, wehrt er sich mit Entschiedenheit.

So schrieb mir ein junger Mann:
>Vor einem Jahr hatte ich an einem Abend in der Bibel gelesen und gebetet und wollte einschlafen. Da kam mir ganz plötzlich ein furchtbares Fluchwort in den Sinn. Es fuhr etwas aus mir heraus, und ich glaubte sterben zu müssen. Ich sprang aus dem Bett und rannte durchs Zimmer, und noch einmal kam das Gefühl über mich, zu sterben. Ich fühlte, wie etwas, vielleicht der Heilige Geist, aus mir fuhr. Ich zitterte, nahm meine Bibel, ging auf die Knie und bat um Vergebung. Aber eine große innere Unruhe erfaßte mich, die bis heute nicht gewichen ist. Es ging mir von Tag zu Tag schlechter. Ich ging zum Hausarzt, von dort zum Nervenarzt und wurde von ihm in die Psychiatrische Klinik eingeliefert, wo ich viele Monate weilte und mit Medikamenten und Elektroschocks behandelt wurde. Ich bin überzeugt, daß ich verloren bin. Bitte, schreiben Sie mir, ob ich in die Hölle komme. Täglich, ja stündlich steigen die schlimmsten Fluchgedanken und Worte in mir hoch. (Er nannte mir über ein Dutzend von schweren Flüchen.) Ich habe an nichts mehr Freude, sondern nur noch Angst. Der leichten Arbeit, die ich tue, kann ich nur mit Mühe nachkommen. Mit okkulten Dingen haben weder ich noch meine Eltern zu tun gehabt. Ich war ein frohes Gotteskind. Nun habe ich allen Frieden und alle Heilsgewißheit verloren. Das Furchtbare ist, daß ich an allem schuld bin. Das Wort Hebräer 10, 26 31 trifft auf mich zu. Zwar haben mir viele erklärt, diese Stelle beziehe sich nicht auf mich; aber ich kann einfach nicht anders, ich muß sie für mich nehmen. In letzter Zeit habe ich auch Selbstmordgedanken. Kann ich wieder gesund werden? …<

Ein anderer Patient, der vor seiner Erkrankung in frohem Glauben an seinen Herrn gestanden hatte, war seit einiger Zeit öfters von entsetzlicher Furcht vor der ewigen Verdammnis erfüllt, dann wieder kam vorübergehend eine nie gekannte Freude über ihn. Einmal hörte er eine Stimme, die sich für Gott ausgab und ihm den Befehl erteilte, die Straßenbahn zu besteigen, um durch Gesang die frohe Botschaft zu verkünden. Ein anderes Mal sprang er bei Nacht aus dem Bett, warf sich auf die Knie und schrie voller Furcht zu Gott, weil er sich in die Hölle versetzt fühlte. Dann wieder hielt er sich für den Antichristen, bäumte sich gegen Gott auf und berief sich auf den Teufel. Oft fühlte er sich von bösen Geistern gequält. Auch im Leib spürte er die vermeintliche Einwirkung des Feindes: ein starkes Brennen sei der Beweis, daß die Dämonen in seinem Leibe sitzen. Harmlose Begebenheiten deutete er als dämonische Beeinflussungen und okkulte Machenschaften, die die Menschen mit ihm treiben. In völliger Uneinsichtigkeit lehnte er jede ärztliche Hilfe ab. Er erklärte sich lediglich bereit, den Rat eines Seelsorgers anzunehmen, wenn dieser auf seine Besessenheit eingehe. Ein Austreibungsversuch, den ein Seelsorger vornahm, verschlimmerte den Zustand. Aufgrund seines ganzen Verhaltens war auch für den Nichtarzt mehr und mehr zu erkennen, daß eine Geistesstörung vorlag.

In manchen Fällen beobachten wir ein gleichzeitiges Zusammentreffen von Geisteskrankheit und Dämonie. Auch hierfür sei ein Beispiel kurz erwähnt.

Die Vorfahren des Patienten waren Besprecher, seine Mutter war Trinkerin, seine Schwester war geisteskrank und starb in einer Heilanstalt. Er selbst leidet an Trunksucht mäßigen Grades. Er ist Heilpraktiker und gibt durch Pendeln treffsichere Auskunft über Vermißte und Verstorbene. Mehr und mehr entwickelte sich bei ihm ein Verfolgungswahn, der nicht beeinflußt werden konnte, obwohl er völlig unbegründet war. Ein bevollmächtigter Evangelist löste vorübergehend den Bann, die Wahngedanken ließen jedoch nicht nach. Sie machten auf seine Angehörigen durchaus den Eindruck einer echten Geistesstörung.

In diesem Falle handelt es sich offenbar um eine typische erblich bedingte Geisteskrankheit. Die daneben vorliegende dämonische Gebundenheit, die auf das Besprechen der Vorfahren zurückzuführen ist, zeigt sich in dem magischen Pendeln sowie in einem häufigen Fluchen und Schimpfen auf alles Fromme.
Aber nicht nur zahlreiche Fälle von Schizophrenie werden als Besessenheit angesehen, es muß auch mit der umgekehrten Möglichkeit gerechnet werden, daß nämlich ein wirklich Besessener für geisteskrank gehalten wird. Ein Mensch z. B., der die Symptome des in den Evangelien beschriebenen Gadareners aufweisen würde (Mark. 5,1 ff.), würde mit Bestimmtheit unter der Bezeichnung “geisteskrank” in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen werden. Sein Schreien und Toben, seine Nacktheit, seine Selbstbeschädigung, seine Gemeingefährlichkeit   das alles trifft man in der Tat auch bei einer schweren Geisteskrankheit an. Daß aber dennoch hinter diesem Zustand eine Besessenheit steckte, ersehen wir nicht nur aus der raschen und völligen Heilung nach der Austreibung durch Jesus, sondern auch aus der Tatsache, daß eine fremde Stimme sinnvolle Worte aus ihm sprach, wie: “Was habe ich mit dir zu schaffen, Jesu, du Sohn Gottes, ich beschwörei dich bei Gott, daß du mich nicht quälst!“  Ein unruhiger Geisteskranker dagegen redet unsinniges Zeug, kann stundenlang dieselben Worte oder Sätze sprechen und sich mit Gestalten unterhalten, die er zeitweise vor sich sieht. Er gebraucht vielfach eine absonderliche Ausdrucksweise und äußert ungereimte Ideen. All dieses widerspricht einer Besessenheit, bei der der Mensch völlig klar bleibt, auch wenn er zeitweise unruhig oder sogar tobsüchtig werden kann.

So kann man sagen: ein Geisteskranker ist wirklich krank, auch wenn er manche der Besessenheit ähnliche Züge aufweisen sollte. Ein Besessener dagegen ist geistig gesund, auch wenn ihm zeitweise seelisch abnorme Zeichen anhaften sollten. Ferner spricht der Geisteskranke meist in lebhafter Weise von seinen Ideen, der Besessene dagegen redet vielfach nur stockend und erst dann, wenn man ihn unermüdlich ausfragt. Während ein Geisteskranker in phantastischer Art von in ihm wohnenden Dämonen spricht, scheut sich der Besessene, solange er religiös noch nicht angefaßt ist, von Dämonen etwas auszusagen. Denn der Dämon sucht es zu verhindern, daß sein Opfer seine Existenz verrät.

Das Vorliegen einer Geisteskrankheit ist auch dann wahrscheinlich, wenn der Mensch bis zu seiner Erkrankung in lebendiger Verbindung mit Gott gestanden hatte, ebenso wenn okkulte Bindungen nicht nachzuweisen sind, dagegen andere geistige oder seelische Störungen in der Familie des Betreffenden vorliegen. Wenn ferner bei religiöser Beeinflussung ein solcher Mensch sich nicht wehrt oder gleichgültig zuhört und auch bei dem Versuch der Austreibung nicht unruhig wird, oder wenn er den Namen Jesu ohne Widerstand aussprechen kann, so spricht dies alles für eine Geisteskrankheit. Denn der Besessene sträubt sich gegen das Beten und gegen jede religiöse Einwirkung, weil der Dämon in ihm fürchtet, seine Behausung verlassen zu müssen. Ein ausgesprochener Widerstand bei seelsorgerlicher Beeinflussung legt daher von vornherein den Verdacht auf Dämonie nahe.

Ein besonderes Merkmal, das häufig zu verschiedenen Deutungen Anlaß gibt, ist das Stimmenhören. Dieses wird von Unkundigen meist in eine direkte Verbindung mit teuflischer Einwirkung gebracht. Es wird jedoch bei Schizophrenie wesentlich häufiger beobachtet als bei Besessenen. Krankhaft sind die Stimmen, wenn der Betreffende meint, diese rührten von fremden Menschen her, die über reden, ihn beobachten, belästigen, verfolgen. Oft befiehlt ihm die Stimme etwas, das seiner Natur völlig zuwider ist, wie etwa: wegzulaufen, nichts mehr zu essen, sich das Leben zu nehmen; und doch muß er der Stimme folgen. Wenn er aber seinem eigenen Willen entsprechend handeln möchte, verwehrt ihm dies die Stimme. Vielfach sind es auch ganz unsinnige Worte, die der Geisteskranke hört. Besonders wenn das Stimmenhören mit Wahnvorstellungen verbunden ist, besteht kein Zweifel daran, daß eine Geistesstörung vorliegt.

Ganz anders die satanischen Stimmen, die ein Besessener häufig hört. Sie sind psychologisch durchaus begreiflich, indem sie dem Menschen gottwidrige Dinge einreden. Er hört etwa eine Stimme, die ihm sagt: “Du bist zu Großem berufen. Glaube doch nicht, daß es einen Gott gibt! Was die Bibel und der Seelsorger sagen, ist Quatsch! Dein Beten hilft dir nichts, du kommst nicht frei von mir, du bist mein. Nimm dir doch das Leben!” Die Stimmen können von unheimlichen Gestalten herrühren, die der Besessene als anwesend empfindet oder gar sieht. Eine meiner Patientinnen, die sich früher okkult betätigt hatte, sah ihren Vater seit seinem Tode fast jede Nacht vor sich und hielt Zwiesprache mit ihm wie mit einem lebenden Menschen. Eine andere, die sich dem Teufel verschrieben hatte, hörte oft eine Stimme, welche ihr verbot, die Anweisungen des Seelsorgers zu befolgen, und ihr drohte, es würde ihr schlecht ergehen, wenn sie das Gehörte ihm weitersage. Auch sah sie oft den Teufel vor sich, der ihr gebot, sie solle ihm angehören; wenn sie sich Gott übergäbe, würde dieser sie ihres bisherigen Sündenlebens bestrafen. Im allgemeinen ist festzustellen: dämonische Stimmen sagen nur das, was den Menschen von Gott abbringen soll; krankhafte Stimmen dagegen reden unnatürliche und unsinnige Dinge.
Mit Vorsicht aufzunehmen sind die Angaben der Angehörigen von Schizophrenen, es sei früher mit dem Kranken Zauberei getrieben worden, weshalb mit Bestimmtheit eine Besessenheit vorliegen müsse, zumal er selbst sich von fremden Menschen beeinflußt fühle. Zweifellos kann durch eine früher ausgeübte Zauberei eine seelische Störung hervorgerufen worden sein. Aber wesentlich häufiger sind die Fälle, in denen eine typische anlagebedingte Schizophrenie nachzuweisen ist, die nichts mit okkulter Behaftung zu tun hat.

2. Epilepsie oder Dämonie?

Können wir bei der mit Anfällen von Bewußtlosigkeit einhergehenden E p i l e p s i e zu einem klaren Urteil hinsichtlich der Entstehungsweise gelangen? Manche Seelsorger neigen zu der Auffassung, die Epilepsie sei, wie überhaupt die meisten A n f ä l l e von Bewußtlosigkeit, ein Kennzeichen der Dämonie. Sie stützen sich dabei auf den biblischen Bericht von dem von Anfällen geplagten “mondsüchtigen” Knaben, aus dem Jesus einen Teufel austrieb. Wenn wir bei einem Epileptischen eine dämonische Einwirkung annehmen wollen, muß auch eine der eingangs erwähnten Ursachen vorliegen. Davon ist aber bei den meisten Epileptikern nichts nachzuweisen. Auch sind unter ihnen nicht wenige Gläubige, die in lebendiger Verbindung mit Gott stehen. Und ferner würde, wenn die Epilepsie dämonischen Ursprungs wäre, keine Besserung der Anfälle durch bestimmte Medikamente erfolgen, wie dies meist der Fall ist. Ich glaube vielmehr, daß der “mondsüchtige” Knabe von Jugend auf an einer Besessenheit litt, die in epilepsieähnlichen Erscheinungen sich äußerte. Seine Anfälle wurden von dem Dämon wohl zu dem Zweck verursacht, ihn aus dem Leben zu schaffen. Denn es ist stets das Endziel der Besitzergreifung finsterer Mächte, den Menschen zu töten, um ihn auf diese Weise an Satan auszuliefern. So sagte der Vater des Knaben zu Jesus: “Oft hat er ihn in Feuer und Wasser geworfen, daß er ihn umbrächte” (Mark. 9, 22). Noch im letzten Augenblick, ehe er ausfahren mußte, hatte der Dämon einen solchen Versuch unternommen.

Die Epilepsie ist aber nicht nur mit Anfällen von Bewußtlosigkeit verbunden, sondern sie kann statt ihrer auch unter dem Bilde von V e r s t i m m u n g e n verlaufen, die alle paar Wochen auftreten und ein bis zwei Tage dauern. Meist beginnt die psychische Veränderung beim Aufwachen am Morgen ohne erkennbare Ursache. Der Kranke ist mißmutig, finster, mürrisch, eigenwillig, abweisend, er nörgelt und schimpft leicht, ärgert sich über Kleinigkeiten, gebraucht unflätige Ausdrücke, ist reiz¬bar, streitsüchtig und neigt zu Gewalttätigkeiten. Oder er ist lebensüberdrüssig und äußert Selbstmordgedanken. Das Bewußtsein ist dabei im allgemeinen klar, doch kann es zeitweise getrübt sein, ja, es können ausgesprochene Dämmerzustände eintreten, so daß der Kranke sich hinterher an sein Verhalten nicht erinnert. In gesunden Tagen ist ein solcher Mensch durchaus empfänglich und offen für alles Religiöse.

Daß der beschriebene Zustand den Eindruck einer Dämonie erwecken kann, ist ohne weiteres begreiflich. Und doch wäre es in solchen Fällen unberechtigt, wollten wir eine Dämonie annehmen, zumal wenn die elektrische Hirnstromkurve auf das Vorliegen einer Epilepsie hinweist. Es ist daher verhängnisvoll und nicht zu verantworten, wenn manche Seelsorger nahezu jede Epilepsie und die meisten Zustände von Anfällen und Bewußtseinsstörungen als Folgen einer Dämonie ansehen.

3. Schwermut oder Dämonie?

Betrachten wir die S c h w e r m u t (Melancholie). Auch bei dieser Krankheit vertreten nicht wenige Seelsorger die Auffassung, daß ihre Merkmale für das Vorliegen einer dämonischen Gebundenheit oder einer Besessenheit sprechen. Eine solche scheint in der Tat besonders dann vorzuliegen, wenn der Schwermütige auf dem Höhepunkt seines Leidens nicht fähig ist, das Wort Gottes, die vergebende Gnade, die Gotteskindschaft, die Heilsgewißheit zu erfassen, wenn er sich für innerlich tot und verstockt hält, wenn er keine Liebe zu Gott empfindet oder sich des Mangels an Reue anklagt. Auch vermag er sich zum Beten und Bibellesen weder aufzuraffen noch zu konzentrieren, oder er sieht sich selbst als besessen an.

Alle diese Merkmale sind jedoch keinerlei Zeichen einer tatsächlichen Gottentfremdung, sondern typische, auf krankhaften Hemmungen beruhende und im religiösem Gewand auftretende Symptome der Schwermut. Es wäre daher verkehrt, wollten wir dem Kranken, der von der Echtheit seiner Besessenheit überzeugt ist, Glauben schenken. Eine solche Meinung ist vielmehr als ein ausgesprochen krankhafter Wahngedanke anzusehen. Dies geht schon daraus hervor, daß der Besessenheitsglaube oft mit anderen Wahnvorstellungen verbunden ist (Versündigungswahn, Verarmungswahn, Beziehungswahn, Unheilbarkeitswahn), Befürchtungen, die sich meist als völlig unbegründet erweisen. Auch lehrt, ebenso wie bei der Schizophrenie, die ärztlich seelsorgerliche Erfahrung, daß bei demjenigen, der immer wieder von Besessenheit redet, eine solche nicht vorliegt. Im Gegensatz dazu, denkt der wirklich Besessene gar nicht an eine Besessenheit,  selbst wenn sein Zustand ihm unbegreiflich sein sollte. Denn Satan ist alles daran gelegen, möglichst unerkannt zu bleiben. Ferner handelt es sich bei den Schwermütigen, selbst bei denen, die sich, etwa infolge früher begangener Zaubereisünden, besessen wähnen, oft um Menschen, deren Vergangenheit vor Gott völlig geordnet ist und die bis zu ihrer Erkrankung in wahrem Glauben an Gott und Christus standen. Es ist daher nicht anzunehmen, daß sie nun plötzlich einem Dämon zum Opfer gefallen sind. Schon deshalb kann man bei einem Schwermütigen nicht von Dämonie reden, weil in seiner Seele Traurigkeit und Verzagtheit herrschen, nicht aber Finsternis und Haß.
Nun wird aber von zahlreichen Seelsorgern der Standpunkt vertreten, das Vorhandensein von Lästergedanken sei bei der Schwermut das sichere Zeichen einer Dämonie. So ist in dem weitverbreiteten Buch eines bekannten Evangelisten zu lesen: Wer mit Lästergedanken zu tun hat, der kann daraus mit Sicherheit schließen, daß er, vielleicht in früher Jugend, besprochen worden und nun unter einen Bann des Teufels geraten ist.” Eine solche Schlußfolgerung ist jedoch bei Schwermütigen völlig unbegründet. Dies muß ausdrücklich betont werden, damit nicht all den Schwermütigen, die von Lästergedanken geplagt sind, ein großes Unrecht angetan wird. Lästergedanken finden sich nämlich gerade bei gläubigen Schwermütigen recht häufig. Sie sind bei ihnen als krankhafte Zwangsgedanken anzusehen. Besonders bei der übergewissenhaften und ängstlichen Form der Schwermut entstehen solche Gedanken aus der Befürchtung des Kranken heraus, er könnte sich zu einer Lästerung gegen das Heilige hinreißen lassen.

Hier gilt das psychologische Gesetz: was man befürchtet, tritt ein. Und weil eine solche Angst besonders leicht beim Bibellesen, beim Beten oder während des Gottesdienstes und Abendmahls einsetzt, drängen sich gerade bei diesen Gelegenheiten die Lästergedanken oft mit stärkster Macht auf. Mit einer teuflischen Beeinflussung haben sie jedoch nichts zu tun. Dies geht schon daraus hervor, daß sie gleichzeitig mit der Heilung der Schwermut schwinden. Auch wäre es bei der Annahme einer dämonischen Einwirkung unverständlich, daß die Lästergedanken oft allein durch eine fachärztliche Behandlung sich beseitigen lassen. Etwas anderes ist es dagegen, wenn bei einem gottfernen Menschen Lästergedanken zusammen mit häufigem Fluchen sich finden, wobei keine Anzeichen von Schwermut, wohl aber okkulte Machenschaften oder andere schwere Versündigungen vorliegen. Hier besteht kein Zweifel an einer dämonischen Ursache der Lästergedanken.
So läßt sich geradezu die Regel aufstellen: wenn Lästergedanken aus dem Herzen kommen, bewußt ausgesprochen und nicht bereut werden, sind sie satanischer Art. Wenn sie dagegen ohne den Willen des Menschen zwanghaft auftreten und nicht ausgesprochen, vielmehr verabscheut und aufrichtig bereut werden, sind sie krankhafter Natur. Der dämonische Mensch macht sich aus seinen Lästerungen gar nichts, während der Schwermütige es aufs tiefste beklagt, daß er solcher Gedanken fähig ist. Auch kann letzterer manchmal den Namen Jesu nicht aussprechen aus Angst, ihn lästern zu müssen oder seinen Namen zu beflecken. Bei Dämonie dagegen kann der Name Jesu nicht ausgesprochen werden, weil der Mensch diesen Namen verabscheut oder haßt.

Ebenso muß zwischen den S e l b s t m o r d g e d a n k e n bei Schwermut und bei Dämonie grundsätzlich unterschieden werden. Der dämonische Mensch will nicht mehr leben, weil er Satan gehorchen muß, der ihn in den Selbstmord hineintreibt. Die Tat begeht er, wie schon oben erwähnt, bei klarem Bewußtsein, weshalb er die volle Verantwortung dafür trägt. Bei Schwermütigen dagegen ist es zunächst der ihn beherrschende krankhafte Gedanke, er könne nicht mehr leben, weil er sich zu schwer versündigt habe. Diesen Lebensüberdruß benützt Satan, um ihn zur Selbstmordabsicht zu verführen. Geht er in den Tod, so deshalb, weil zuletzt die Klarheit der Gedanken völlig ausgeschaltet ist. Er ist daher für die Tat nicht verantwortlich zu machen.
Nur zwei Beispiele seien aus der Vielzahl von Krankengeschichten depressiver gläubiger Menschen herausgegriffen:
>Ein unverheiratetes Mädchen in den dreißiger Jahren gibt an, ihre verstorbene Mutter sei äußerst verschlossen gewesen, ihre vier Geschwister seien seelisch gesund. Die ganze Familie sei gläubig. Okkulte Belastungen seien ausgeschlossen. Sie selbst sei von jeher still und ernst gewesen und mit dem Leben nur schwer fertig geworden. Nach dem Tode der Mutter, mit der sie eng verbunden war, sei erstmals eine Schwermut über sie gekommen. Seitdem habe sie Angst vor dem Leben. Sie habe deshalb in ein Kloster gehen wollen, um sich geborgen zu fühlen und ganz für Gott leben zu können.
Mit zwanzig Jahren habe sie ein sehr schweres Erlebnis gehabt, über das sie sich niemals habe aussprechen können. Seitdem sei sie nie mehr ganz frei von depressiven Verstimmungen gewesen und habe in den Jahren darnach an starkem Lebensüberdruß gelitten, so daß sie mehrmals Selbstmordversuche unternommen habe. Mit 21 Jahren sei sie in ein Diakonissenmutterhaus eingetreten, doch habe sie infolge eines Lungenleidens bald wieder austreten müssen und habe seitdem nur leichtere Arbeiten tun können. Mehrere Versuche, eine ihren Kräften entsprechende Arbeit zu finden, seien gescheitert. Dies habe zu einer Verschlimmerung ihrer häufigen Depressionen geführt. Sie habe viel gegrübelt, doch sei eine Aussprache mit ihren Angehörigen nicht möglich gewesen, weil diese von ihrem Beruf zu sehr in Anspruch genommen waren.
Das Glaubensleben der Patientin ist durch die Angst vor der Zukunft beeinträchtigt. Auch empfindet sie wegen des früheren Erlebnisses zeitweise einen Groll gegen Gott und sieht auch keinen Sinn mehr hinter dem Leben, zumal sie auch von schweren körperlichen Nöten befallen ist. Vielfach ist sie nicht imstande, ihre Grübeleien wegzulegen. Zeitweise hat sie den Eindruck, ihr Zustand sei eine Strafe Gottes für eine ihr vielleicht nicht bewußte Schuld. Doch hat sie ehrliche Bestreben, ihr körperliches und seelisches Leiden im Blick auf Gott zu tragen. Besonders am Morgen ist es ganz dunkel in ihrer Seele, so daß sie kaum zu beten und in der Bibel zu lesen vermag. Von ihren Geschwistern fühlt sie sich nicht verstanden und nicht für vollwertig angesehen, weil sie kein lebendiges Glaubensleben führen kann. Besonders bedrückend empfindet sie die Unmöglichkeit einer Gebetsgemeinschaft. Es wird ihr vorgeworfen, sie gewähre dem Teufel noch zuviel Raum in ihrem Herzen, sonst müßte sie doch ihre Depressionen mehr und mehr überwinden können. Daß diese krankhafter Art sind, können ihre Angehörigen nicht begreifen. Sie sehen sie vielmehr als die Folge einer Bitterkeit gegen Gott oder einer anderen Schuld an. Falls eine gewisse Bitterkeit in ihr hochkommt, kann sie diese sofort Gott bekennen und sich vergeben lassen. Der innere Zwiespalt bringt sie oft in eine richtige Schwermut hinein, wobei sie viel weinen muß. Nur durch ihre Arbeit wird sie von ihren trüben Gedanken etwas abgelenkt.«

Aufgrund zahlreicher Unterredungen, die mit der Patientin geführt wurden, unterliegt es keinem Zweifel, daß die Gemütsverstimmungen auf einer depressiven, von ihrer Mutter ererbten Anlage beruhen. Abgesehen von den früheren Selbstmordabsichten und der zeitweiligen Bitterkeit haben die Zustände mit einer teuflischen Einwirkung oder gar einer dämonischen Gebundenheit nichts zu tun.

Das besondere Problem des Selbstmords schwermütiger Christen sei an einem weiteren Beispiel näher erörtert:
>Ein in den vierziger Jahren stehender Pfarrer stammte aus belasteter Familie: seine Mutter und zwei ihrer Brüder waren schwermütig wie auch einer seiner eigenen Brüder. Eine okkulte Vorgeschichte ist nicht nachweisbar. Der Patient selbst war von jeher schwernehmend, leicht gedrückt und viel allein. Er machte infolge strenger Erziehung eine freudlose Jugendzeit durch. Einen Fehltritt, den er mit 18 Jahren begangen hatte, konnte er nicht verwinden, obwohl er vor Gott und Menschen echte Buße getan hatte. Nach Abschluß seines Theologiestudiums befiel ihn erstmals eine richtige Depression, die mit großer Angst vor dem Predigen einherging, weil er sich nicht begabt genug und des Pfarrberufs nicht würdig fühlte. Er heiratete eine gesunde Frau, die seinem melancholischen Wesen liebevolles Verstehen entgegenbrachte und ihm zwei Kinder schenkte. Die Ausübung seines Berufes machte ihm große Not, er grübelte viel und hatte immer Schwierigkeiten bei der Vorbereitung seiner Predigten. Besonders wurde er von zahlreichen Selbstvorwürfen und Minderwertigkeitsgefühlen, von Apathie und Willenshemmungen wie auch von Selbstmordgedanken geplagt. Dazu kam die Sorge um seine schwer herzleidende Frau. Während einer Reihe von Jahren befand er sich mehrfach, monatelang wegen schwerer Depressionen in klinischer Behandlung. Er war überzeugt, diese furchtbare Krankheit niemals mehr zu verlieren, und geriet öfters in starke Anfechtungen. Dennoch wußte er sich als ein Kind Gottes und zweifelte nicht an der Macht seines Herrn, dessen Verheißungen er Ihm immer wieder vorhielt. Aber die Nichterhörung seiner Gebete rieb ihn nahezu auf. “Mein Schreien um Hilfe stößt auf verschlossene Türen; das ist ja auch so schwer, daß man sich in der Schwermut stundenlang mit Gottes Wort und Gebet befassen kann und daß nichts vorhält und Krafl gibt. Und doch hoffe ich, daß Gott mich nicht fahren läßt”, schrieb er einmal. Eines Abends befiel ihn, wie so oft eine große innere Unruhe und Angst. Er suchte einen Seelsorger auf, mit dem er eine lange Aussprache hatte. Danach schrieb er mehrere Briefe, in denen er seine Angelegenheiten regelte. Bald darauf vollführte er die Tat, die zu einem raschen Tode führte. In seinem Arbeitszimmer landen sich die Briefe samt dem Gesangbuch, in welchem das Lied “Jesus nimmt die Sünder an“ aufgeschlagen war.

Die Dorfbewohner konnten nicht verstehen, daß ein Pfarrer Selbstmord beging, und meinten, wenn man einen solchen Glauben habe, wie er ihn auf der Kanzel verkündigt hatte, müsse man doch aufsteigende Selbstmordgedanken abwehren können. Als nun vollends seine herzleidende Frau infolge ihres schweren Erlebens bald darauf ebenfalls vorübergehend gemütskrank wurde und Selbstmordgedanken äußerte, fragten sich die Gemeindeglieder, ob Schwermut denn ansteckend sei, ja sie erklärten zuallermeist rundweg, der böse Geist des Pfarrers sei in seine Frau gefahren; es könne nicht anders sein, als daß satanische Einflüsse den Selbstmord verursacht hätten. In ungläubigen Kreisen war zu hören, da könne man sehen, wie weit man komme, wenn man fromm sein wolle. Sowohl die Schwermut des Pfarrers als auch sein Tod wurden vom rein moralischen Standpunkt beurteilt. Besonders konnte man nicht begreifen, daß er noch kurz vor seinem Tode ausführliche Briefe schrieb; denn sie waren der Auffassung, dann müsse er doch bei klarem Bewußtsein die Tat begangen haben.<

Aus dem Verhalten der Dorfbewohner geht hervor, wie verbreitet die Unkenntnis über die Schwermut ist. Wir sahen oben, daß sie als eine Gemütskrankheit anzusehen ist, bei der in der Seele des Menschen sich oft ein furchtbares Ringen abspielt. Wenn die Krankheit stärkere Grade erreicht, wird der Mensch vielfach von lebhaften Wahngedanken befallen, die er sich in keiner Weise ausreden läßt. Sehr häufig sind es die Gedanken, Gott habe ihn wegen seiner Schuld, die er dauernd in krankhaft gesteigertem Maße vor sich sieht, verstoßen, so daß er ewig verloren sei. Er wird völlig von dem Gedanken beherrscht, nicht mehr leben zu können und nicht mehr leben zu dürfen, ja es sei Gottes Wille, daß er aus dem Leben gehe, um seine Schuld zu büßen. Alle vernünftigen Gedanken sind mehr und mehr ausgelöscht. Wenn er dann zur Tat schreitet, weiß er nicht mehr, was er tut. Er befindet sich in einem Zustand geistiger Verwirrtheit. Eine solche kann ganz plötzlich über ihn kommen, während er unter Umständen noch kurz vorher eine klare Unterhaltung hatte führen können. Ein Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung ist die Tatsache, daß der Kranke, falls ihm sein Vorhaben nicht gelang, oft keine Erklärung für sein Handeln geben kann, ja sich des Vorgangs nur dunkel zu erinnern weiß. Vor allem ist er sich dessen oft nicht bewußt, daß der Feind die Krankheit benützt, um ihn umzubringen. Wir müssen annehmen, daß Gott es dem Feinde erlaubt, den Kranken zu diesem Schritt zu veranlassen, diesem aber die Tat nicht als Schuld anrechnet. Gott urteilt und handelt oft ganz anders, als wir Menschen es tun und es begreifen können. Den Grund dafür wissen wir nicht und brauchen ihn auch nicht zu wissen, Seine Wege sind unerforschlich. Nur das wissen wir: “Von Ihm und durch Ihn und zu Ihm sind alle Dinge” (Röm.11,32ff). Auf keinen Fall steht es uns daher zu, einen Menschen zu richten, wenn wir dessen Handeln nicht verstehen.
Wenn aber der Feind der Meinung ist, er könne den gläubigen Schwermütigen, den er zum Selbstmord verführt hat, an seinen Herrn, den Satan, ausliefern, so täuscht er sich. Es ist für mich kein Zweifel, daß Gott eine solche Tat zuläßt, weil der Kranke nidit in Satans Hände, sondern in die offenen Arme Gottes fällt, zumal wenn er zuvor den Namen des Herrn anrief (Apg. 2, 21). Wir dürfen es dem barmherzigen Gott unbedingt zutrauen, daß Er einen verzweifelten Schwermütigen, der für seine Tat nicht verantwortlich gemacht werden kann, aufgrund seines Glaubens in Sein Reich aufnimmt, wo es weder Tränen noch Leid noch Geschrei noch Schmerzen gibt. Wenn der Kranke vor Beginn seines Gemütsleidens in lebendiger Verbindung mit seinem Herrn stand, wird er, auch wenn er seinem Leben ein Ende machen zu müssen glaubte, nicht verloren gehen. Denn er wird von Gott nach dem Glauben beurteilt, den er vor seiner Erkrankung gehabt hatte. Der Selbstmord ist in diesem Fall nur ein Scheinsieg des Bösen, der eigentliche Sieger ist Jesus.

Es sei ausdrücklich betont: das Gesagte gilt nur für die erblich bedingte Schwermut, nicht für die reaktiven und psychopathischen Depressionen, bei denen der Kranke zwar auch häufig mit Selbstmordgedanken zu tun hat, jedoch bei klarem Bewußtsein bleibt, wenn er zur Tat schreitet. Er ist daher für sie voll verantwortlich zu machen.
Nun kann das beschriebene Bild der reinen Melancholie vom Teufel als Einfallstor benutzt werden, weil die seelische Widerstandskraft des Schwermütigen naturgemäß stark herabgesetzt ist. In diesem Falle macht der Kranke nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Angehörigen schwere Vorwürfe und gerät in heftiges Klagen und Murren gegen Gott, oder er ist überzeugt, seinem Leben ein Ende machen zu müssen, weil der Feind ihm einredet, er sei auf alle Fälle verloren, und ihn unablässig mit Selbstmordabsichten plagt, die er oft auch in die Tat umsetzt.

Aber auch dieses Zustandsbild ist zu unterscheiden von dem Gemütsdruck des dämonischen Menschen. Ein solcher zeigt sich häufig, wenn der Mensch schwere Versündigungen begangen hat oder wenn okkulte Machenschaften seitens seiner Vorfahren erfolgt sind. Seine Depressionen gehen vor allem mit großer innerer Unruhe und Angst, mit Trotz und Jähzorn und dem Widerwillen gegen alles Göttliche einher. Sie unterscheiden sich daher deutlich von den typischen endogenen Depressionen gläubiger Menschen. Jede Art von Gemütsdruck erfordert daher eine genaue Erforschung der Vorgeschichte des Betreffenden, auch hinsichtlich okkulter Einflüsse, sowie eine eingehende Aufdeckung der Symptome, um eine richtige Beurtelluii  zu ermöglichen.

Zur Illustrierung diene ein Beispiel, bei dem die Frage: Schwermut oder Dämonie? schwierig zu beantworten ist.
>Der Urgroßvater einer älteren Patientin war zeitweise sehr depressiv und neigte zum Selbstmord. Der Großvater trank viel und erhängte sich im Rausch. Ihr Vater plagte die ganze Familie durch wochenlang anhaltende Verstimmungen, wobei er oft kein Wort sprach oder die Drohung ausstieß, er werde sich eine Kugel durch den Kopf schießen. Im Kreise von Gästen war er äußerst gesellig und liebenswürdig. Die fast immer übliche Unterhaltung der Gäste bestand in Tisch  und Gläserrücken, Pendeln, Kartenlegen und Befragen von Verstorbenen, die ihre Antwort durch verschiedenartiges Klopfen des Tisches kundgaben. An all diesen magischen Gebräuchen beteiligte sich auch die Patientin, ohne sich der Bedeutung ihres Tuns bewußt zu sein. Die Mutter ihres Vaters, eine Hebamme, besprach oft Tiere und Menschen. Die Patientin selbst wurde als Säugling bei einer schweren Hautkrankheit zuerst über ein Feuer, auf dem Kräuter verbrannten, gehalten; als dies nichts half, wurde sie von einer Frau mit bald einsetzendem Erfolg besprochen.

Die Patientin legte schon als kleines Kind ein scheues und gedrücktes Wesen an den Tag und fühlte sich von jeher einsam, wobei sie sich oft einschloß und mit sich selbst redete. Auch war sie sehr stark beeindruckbar. Als Halbwüchsige ging sie mit einer Kameradin zur Wahrsagerin. Diese erzählte ihr wahre Dinge, die sie auf natürlichem Wege nicht wissen konnte, und sagte ihr auch die Zukunfl richtig voraus. Sie machte eine strenge Erziehung durch mit viel Schlägen seitens ihres Vaters. Einmal erlebte sie, wie ihre Mutter, als diese dazwischentrat, von dem Vater geschlagen und, ohnmächtig geworden, von ihm an den Haaren die Treppe heruntergezogen wurde. So wuchs in ihrem Herzen schon frühzeitig die Furcht vor ihrem Vater und später auch der Haß gegen ihn, besonders als er ihre Mutter in der Ehe betrog. Auch später litt sie viel unter Vereinsamung und unter dem Mangel einer Aussprachemöglichkeit mit ihren Eltern.

Mit 25 Jahren versuchte sie das erste Mal, infolge beruflicher Schwierigkeiten aus dem Leben zu gehen, worauf sie in eine Nervenklinik verbracht wurde. Einige Jahre darauf erfolgte nach dem Tode ihrer Mutter der zweite ernsthafte Selbstmordversuch. Sie wurde in ein christliches Sanatorium aufgenommen, wo sie zum lebendigen Glauben an Jesus kam. Ihre Depressionen traten daraufhin, besonders auch durch den Umgang mit einer gläubigen Freundin, weniger häufig auf. Dennoch empfand sie auch in der Folgezeit oft viel Bitterkeit und Murren gegen Gott und hatte schwere Depressionen durchzumachen, in denen ihr das Bewußtsein der Wirklichkeit Gottes und die Gewißheit der Sündenvergebung abhanden gingen. Von dem Gedanken und dem ernsten Willen, ihrem Leben selbst eine Ende zu machen, kam sie nicht los. Auch jetzt noch befällt sie zuweilen ein überstarker Drang, aus dem Leben zu gehen. Sehr schwer ist ihr in den depressiven Zeiten die Unfähigkeit zum Bibellesen und Beten, da sie sich von Gott wie durch eine dicke Mauer getrennt fühlt. Sie klagt dann in völliger Verzagtheit und Verzweiflung Gott an. Auch der Abgrund, der sich in solchen Zeiten zwischen ihr und ihren Mitmenschen auftut, ist äußerst quälend für sie, weil sie das Gefühl hat, von allen mißverstanden und alleingelassen oder gar abgelehnt und verachtet zu werden, so daß sie ihnen ein starkes Mißtrauen entgegenbringt.

In den depressionsfreien Zeiten jedoch beseelt sie eine innige Liebe zu Gott. Sie ist überzeugt, daß all ihre Schuld vergeben ist, und kann dafür danken, daß Jesus sie rein und frei gemacht hat. Das Gebet und Bibellesen sowie die Teilnahme am Gottesdienst wie an jeglicher Wortverkündigung ist ihr ein tiefes Bedürfnis. Sie selbst hat dann, wenn auch nach Überwindung starker Anfechtungen, große Freudigkeit, für ihren Herrn zu wirken. Auffallend ist dabei: während sie in ihrem Beruf vor einer großen Schar von Anwesenden ohne jegliche Hemmung zu reden vermag, gerät sie, wenn sie von Gott den Auftrag zur Wortverkündigung bekommt, in das Gefühl völligen Unvermögens hinein, das nur auf seelsorgerlichen Zuspruch hin überwunden werden kann.

Hier handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Melancholie auf der Grundlage einer depressiven Veranlagung erheblichen Grades, die durch eine schwere okkulte Belastung eine besondere Färbung bekam. Im Glaubensleben bestand gleichzeitig jahrelang eine dämonische Gebundenheit. Diese ist jedoch infolge der Übergabe der Patientin an Jesus sowie der Lossagung von Satan und der Lösung von dem Bann der Vorfahren seitens des Seelsorgers als nahezu überwunden anzusehen. Daß ein Rest von Gebundenheit noch vorliegt, zeigt ihr Unvermögen zur Wortverkündigung. Sie deutet dieses, wohl mit Recht, als eine Absicht des Feindes, sie von der Ausführung des göttlichen Auftrages abzuhalten.

 

4. Neurose oder Dämonie?

Gehen wir zu den erlebnisbedingten Seelenstörungen, den Neurosen, über. Es gibt zahlreiche seelisch empfindsame Menschen, die infolge schwerer Erlebnisse ihre Fassungskraft völlig verlieren und dadurch mit allerlei krankhaften Erscheinungen reagieren können: mit großer Unruhe und Angst, mit Weinkrämpfen und Jammern, Schreien und Davonlaufen, Dämmerzuständen und Visionen wie auch mit körperlichen Beschwerden der verschiedensten Art. Auch hierbei wird nicht selten allzu rasch eine dämonisdie Einwirkung angenommen. Aber eine eingehende Erforschung des Seelenlebens führt meist zu dem Ergebnis, daß ein vorher unerklärlicher oder als dämonisch beurteilter Zustand eine natürliche, psychologisch erklärbare Ursache aufweist.

So entpuppen sich nicht selten V i s i o n e n des Teufels oder angebliche Erscheinungen von Jesus und von Engeln als psychisch bedingte Angst  oder Wunschvisionen.
Eine Patientin z. B., die sich immer den Tod wünschte, sah eines Nachts den Tod als skelettartige Gestalt an ihrem Bett stehen. Als sie infolge dieses Erlebnisses große Angst vor dem Teufel und dem jüngsten Gericht bekam, sah sie bei Nacht den Bösen vor sich, der sie holen wollte. Eine Dämonie lag hier nicht vor; denn als der Patientin diese Zusammenhänge aufgedeckt wurden, verschwanden die Visionen sofort und für immer.
Es gibt also nicht nur satanische oder durch Geisteskrankheit hervorgerufene, sondern auch seelisch bedingte Visionen, die streng voneinander unterschieden werden müssen.

Ein weiteres Beispiel seelisch bedingter Visionen:
Ein gläubiges Mädchen litt an Angstzuständen, innerer Unruhe und dem Unvermögen, zu beten und die Bibel zu lesen. Auch sah sie oft finstere Geister vor sich, die sie verklagten. Sie hielt sich daher für besessen und war innerlich völlig verzweifelt. Ein psychologisch nicht geschulter Seelsorger hätte mit größter Wahrscheinlichkeit eine Besessenheit angenommen und dementsprechend mit ihr verfahren. Die Aufdeckung des Unterbewußten ergab jedoch eindeutig, daß der Zustand von einem bestimmten Erlebnis herrührte. Das Mädchen hatte nämlich eine Frau kennengelernt, die ihr von bösen Geistern erzählt und ihr gesagt hatte, diese würden auf sie übergehen und ihr Unglück bringen. Sie wurde infolge ihrer abnormen Beeindruckbarkeit von diesen Worten tief betroffen und in Angst versetzt. Durch die Klärung der Zusammenhänge konnte sie jedoch völlig beruhigt werden und wurde frei von allen Beschwerden. Damit war zugleich erwiesen, daß ihre vermeintliche Besessenheit nur die Folge einer Angstidee gewesen war.

Des öfteren wandten sich Menschen mit Depressionen, innerer Unruhe und Angst an mich. Sie fühlten sich durch angeblich besessene Menschen, mit denen sie zusammenkamen, stark belastet und waren von lebhafter Furcht vor einem Überspringen der feindlichen Mächte erfüllt. Manche von ihnen glaubten sogar, bereits selbst besessen zu sein. Da in sämtlichen Fällen festgestellt werden konnte, daß es sich bei den “Besessenen” nur um Neurosen handelte, konnte ihnen mit Bestimmtheit gesagt werden, daß ihre Befürchtungen unbegründet seien. Als sie sich davon überzeugen ließen, schwanden ihre Beschwerden sehr rasch.

Auch Dämmerzustände sind in erster Linie auf seelische Ursachen zurückzuführen und als hysterisch anzusehen. Der Kranke versetzt sich hierbei bewußt oder unbewußt in eine Art Selbsthypnose zu dem Zweck, sich der rauhen Wirklichkeit zu entziehen und in eine Wunschwelt zu flüchten. Erfolgt die Aufdeckung des wahren Grundes, können solche Zustände rasch zum Schwinden gebracht werden. Es ist mir jedoch kein Zweifel, daß es auch dämonisch gewirkte Dämmerzustände gibt. So beobachtete ich bei mehreren Besessenen Dämmerzustände, in denen sie schrien und tobten, die Bibel zerrissen oder höhnisch lachten, wenn von dem Erlöser Jesus die Rede war. Wenn nach einiger Zeit das Erwachen erfolgte, wußten sie nichts oder nur wenig von dem, was vor sich gegangen war. Auch bei Gottliebin Dittus sowie bei dem philippinischen Besessenen, den Kurt Koch beschreibt, traten während der Gebetskämpfe immer wieder dämonische Dämmerzustände ein. Während also die psychogenen Dämmerzustände aus dem Unterbewußtsein stammen und durch Einwirkung von außen abgebrochen werden können, werden die dämonischen Dämmerzustände vom Teufel zu seinen Zwecken benützt. Sie sind meist so tief, daß ein Aufwecken nicht möglich ist. Bei den spiritistischen Medien handelt es sich zum Teil um seelisch bedingte, zum Teil um dämonische Dämmerzustände.

Sogar bei Klopfgeräuschen muß mit einem neurotischen Ursprung gerechnet werden, wenn sie von stark beeindruckbaren, ängstlichen Menschen gehört werden, denen von Spukerscheinungen erzählt wurde. So hörte eine neurotische Patientin immer dann Klopfgeräusche, wenn sie bei Nacht an ihren verstorbenen, ungläubigen Vater dachte; sie fürchtete nämlich, sein Geist könnte auf sie übergehen. Diese Furcht bewirkte in ihr das eingebildete Hören von allerlei Geräuschen. Von den anderen Hausbewohnern wurde das Klopfen nicht wahrgenommen.

Wenn nun einerseits zahlreiche dämonisch erscheinende Zustände sich als rein neurotisch erweisen, so müssen andererseits auch manche scheinbaren Neurosen auf eine Dämonie zurückgeführt werden. Hierfür diene das folgende Beispiel:

>Ein fünfundzwanzigjähriges Mädchen litt unter öfters auftretenden Zuständen von Gereiztheit, die sich zeitweise zu richtigen Erregungszuständen steigerten und auch mit Selbstmordgedanken einhergehen. Ihr Vater sei vor mehreren Jahren bei einem Unglücksfall tödlich verletzt worden. Von ihrer Mutter sei sie als kleines Kind wegen eines Hautausschlags besprochen worden. Als Ursache ihres Zustandes gab sie das schlechte Verhältnis zu ihrer Mutter an, die sie auch jetzt noch wie ein Kind behandle und beaufsichtige, so daß sie sich völlig unfrei fühle. Sie habe schon oft Mordgedanken gegen sie gehabt. Auch stoße sie die christliche Einstellung ihrer Mutter völlig ab, so daß sie sich vorgenommen habe, niemals ihren Glauben anzunehmen. Sie habe dadurch einen Abscheu vor allen entschiedenen Christen bekommen, die sie geradezu hasse. Durch ihren Beruf sei sie mit einem Mann bekannt geworden, der sie schon mehrmals zu spiritistischen Sitzungen mitgenommen habe. Sie konnte dies bisher ihrer Mutter gegenüber verheimlichen. Auch mit ihren Freundinnen habe sie sich infolge ihrer Gereiztheit verkracht. In dieser Lage habe sie Gott mehrmals gelästert und ihre Mutter verflucht.
Der Zustand der Patientin ging entschieden über eine neurotische Protesthaltung gegenüber ihrer Mutter hin¬aus. Auch hysterische Anzeichen waren nicht nachweisbar. Die Angaben wurden völlig sachlich und nüchtern vorgebracht. Eine kürzere therapeutische Behandlung wurde von ihr abgebrochen. Mit Wahrscheinlichkeit stand eine Dämonie leichten Grades im Vordergrund.<

Auch die eigenartigen Erscheinungen, die Johann Christoph Blumhardt bei Gottliebin Dittus beobachtete, werden zumeist für eine schwere Hysterie, genauer für eine eingebildete Besessenheit gehalten. Dennoch glaube ich an eine wirkliche Besessenheit bei diesem Mädchen, und zwar einmal deshalb, weil mehrmals fremde Stimmen in höhnischer und gotteslästerlicher Weise in verschiedenen Sprachen, die der Gottliebin selbst unbekannt waren, aus ihr redeten, und ferner, weil häufig Poltergeräusche von neutralen urteilsfähigen Personen festgestellt wurden. So hielten sich sowohl der behandelnde Arzt als auch mehrere Gemeinderäte von Möttlingen bei Nacht in der Wohnung auf, wobei sie Töne, Schläge, Klopfen der verschiedensten Art sowie Bewegungen des Tisches bemerkten. Alles wurde genau untersucht, ohne daß eine natürliche Erklärung dafür gefunden werden konnte. Gerade solche Spukerscheinungen trifft man, wie erwähnt, nicht selten in der Umgebung von Besessenen an.

Zu den hysterischen Neurosen zählt auch die eingebildete Besessenheit, deren Verwechslung mit echter Besessenheit schon zu folgenschweren Irrtümern geführt hat. Ein geradezu erschütterndes Bei¬spiel aus neuester Zeit könnte angeführt werden. Ich habe bereits an anderen Stellen kurze Ausführungen über diese Zustände gemacht. Doch sei in diesem Zusammenhang ebenfalls einiges über die Pseudobesessenheit erwähnt, die nach meiner Erfahrung die echte Besessenheit an Häufigkeit weit übertrifft. Sie hat auch in den Anfängen der Pfingstbewegung eine erhebliche Rolle gespielt, wenn auch damals wirkliche Besessenheitsfälle vorkamen. Auch im Raum der katholischen Kirche gibt es zahlreiche Fälle von hysterischer Besessenheit wohl aus dem Grunde, weil sie dem Besessenheits Phänomen eine große Bedeutung beilegt, während die evangelische Kirche der Frage der Besessenheit nahezu völlig interesselos gegenübersteht.

Wenn ein leicht beeindruckbarer Mensch besonders weiblichen Geschlechts in einer Umgebung lebt, in der viel über Teufel, Dämonen und Besessenheit gesprochen wird, oder gar wenn ein wirklich Besessener von sich reden macht, kann ein solcher Mensch von der Angst befallen werden, er könnte selbst vom Teufel besessen sein. Oder er kann in einem vermeintlichen Sendungsbewußtsein von dem unterbewußten Wunsch durchdrungen sein, sich besessen zu fühlen, um durch den Mund der “Dämonen” wichtige Aussagen machen zu können. Dabei vermag er infolge seines lebhaften Vorstellungsvermögens oder seiner Nachahmungsfähigkeit sich vollkommen in die Rolle eines Besessenen zu ver¬setzen, so daß seine Umgebung keinen Zweifel an wirklicher Besessenheit hat. Er windet sich auf dem Boden, tobt, schreit, spricht Schimpfworte, ja sogar Lästerungen aus und spricht verächtlich über den Christenglauben, als wenn der Teufel aus ihm spräche. Wird der “Dämon” vom Exorzisten gefragt, warum er in den Menschen gefahren sei, wie er heiße, ob noch andere Dämonen anwesend seien, wann er ausfahren werde u. a., fällt seine Antwort so aus, wie sie nach seiner Vorstellung der in ihm wohnende “Geist” geben würde. Dabei läßt er meist eine klare Absicht seiner Worte erkennen. So bittet er etwa den Exorzisten, auf die Austreibung zu verzichten, oder er sagt den Termin seines Ausfahrens voraus, oder er läßt den Teufel über seine Verdammnis und über seine Angst vor dem Gericht reden. All diese Aussagen erfolgen in dem Tonfall, der dem “Besessenen” im natürlichen Zustand eigen ist. Nach anhaltendem Gebet und Kampf der anwesenden Beter kann ein wiederholtes auffallendes Aushusten erfolgen, das das Ausfahren der “Dämonen” demonstrieren soll. Ein derartiges Gebaren wirkt in einer suggestiblen Umgebung hochgradig ansteckend. So ist es kein Wunder, wenn ein solcher Mensch eine richtige Besessenheitsepidemie auslösen kann.

Bei einer derartigen Verhaltensweise eines vermeintlich Besessenen sind deutliche Unterscheidungsmerkmale gegenüber der echten Besessenheit festzustellen. Zunächst sind die Aussagen bei hysterischer Besessenheit durchaus menschlich gefärbt. Es kann nachgewiesen werden, daß der “Teufel” aus dem “Besessenen” solche Worte redet, die dessen eigener Vorstellungswelt entsprechen oder durch bestimmte Eindrücke von außen in sein Unterbewußtsein gelangt sind. Auch die ausführlichen Selbstgespräche oder die lebhafte Unterhaltung mit dem Seelsorger sprechen für eine Pseudobesessenheit, zumal wenn der Betreffende nicht in einer fremden Sprache redet, die ihm nicht geläufig ist. Nicht zuletzt deutet auf unechte Besessenheit auch der Umstand hin, daß der Betreffende außerhalb der Gebetskämpfe den Eindruck eines seelisch ausgeglichenen, frohen Menschen macht.

>Eine abnorm beeindruckbare und sehr suggestible Patientin fiel beim Beten und bei Hausandachten in einen Trancezustand, in dem sie in theatralischer Weise Aussagen des vermeintlich in ihr wohnenden Dämons machte. Dabei konnte festgestellt werden, daß die Trancezustände auf Autohypnose beruhten. Die Stimme, die aus ihr sprach, glich in der Klangfarbe und Sprechweise völlig ihrer eigenen Stimme. Auch der Inhalt ihrer Äußerungen entsprach den unterbewußten Erlebnissen, die nach eingehender Erforschung ihres Seelenlebens aufgedeckt worden waren. Bei ihren Trancezuständen handelte es sich daher nicht um eine dämonische Bewußtseinsstörung, sondern um eine unbewußt erfolgte Vortäuschung. Als die Patientin zur Erkenntnis dieser Zusammenhänge kam, schwanden die Trancezustände samt den “Geisterreden” sehr rasch.<

 

5. Psychopathie oder Dämonie?

Was haben wir von den anomalen Charakterzügen seelisch abwegiger Menschen zu halten? Denken wir an die Erregungszustände und Wutausbrüche des reizbaren P s y c h o p a t h e n, die Roheiten des Gefühllosen, die Launen des Willensschwachen, die Intrigen und Gehässigkeiten des Hysterischen, die Unwahrheiten des Lügensüchtigen, die sexuellen Verirrungen des sittlich Belasteten, die Gewalttätigkeiten des Alkoholsüchtigen, die Prahlereien des Geltungssüchtigen. Handelt es sich bei diesen Menschen um psychopathische Merkmale, die einer Dämonie ähnlich sehen, oder um eine dämonische Gebundenheit, die im Gewand einer Psychopathie auftritt?

Zunächst kann angenommen werden, daß bei den erwähnten Zuständen mit Wahrscheinlichkeit erblich bedingte krankhafte Seelenstörungen vorliegen. Aber gerade seelisch labile und leicht versuchliche Menschen, wie es die Psychopathen sind, sucht der Teufel zu sündigen Handlungen zu verleiten und an sich zu ketten. Er benützt die krankhafte Anlage solcher Menschen als willkommenen Angriffspunkt. So kann ein Psychopath sich gewohnheitsmäßig solchen Sünden hingeben und dadurch in eine dämonische Bindung geraten. Aus diesem Grunde finden wir die Psychopathie häufig in Verbindung mit Dämonie, so daß sich beide Zustände vielfach kaum voneinander trennen lassen. Wir sollten uns daher beim Vorliegen psychopathischer Symptome nicht mit der Annahme einer erblichen Belastung begnügen, sondern uns fragen, wieweit dämonische Einflüsse, etwa infolge einer okkulten Belastung, vorliegen.

Wie schwierig die Frage: Psychopathie oder Dämonie? zu klären ist, soll das folgende Beispiel verdeutlichen:
>Ein Kriegsversehrter in den fünfziger Jahren war von jeher leicht erregbar und depressiv. Sein Großvater war gedrückt und nahm sich das Leben. Sein Vater war ebenfalls leicht depressiv, dazu oft sehr aufbrausend; er wurde in der Jugend wegen einer Krankheit besprochen. Der Patient selbst war ein unerwünschtes Kind und litt sehr unter der Verachtung seiner Eltern und der Ungerechtigkeit seiner Mitmenschen. Mit 22 Jahren bekam er seine erste Depression. Daraufhin ließ er sich durch eine Wahrsagerin die Zukunft deuten; die Voraussage traf ein. Eine zweite Depression erfolgte nach schwerem Erleben während des letzten Weltkrieges. Sobald er sich von seinen Nebenmenschen nicht verstanden oder ungerecht und lieblos behandelt fühlt, wird er laut und erregt und kann ihnen allerhand Unfreundlichkeiten an den Kopf werfen, so daß diese sich oft von ihm zurückziehen. Dadurch aber wird er noch empfindlicher, wobei er dazu neigt, den anderen die ganze Schuld an seiner Erregtheit zuzuschieben, und ihnen mißtraut, wenn sie sich versöhnlich zeigen. In erregungsfreien Zeiten ist der Patient dagegen ruhig und kontaktfähig, er erkennt, daß er selbst auch schuld hat, bereut ehrlich, den anderen wehegetan zu haben, und sucht sich mit ihnen auszusöhnen. Auch erweist er ihnen Liebe und Hilfsbereitschaft und legt ein echtes christ¬liches Verhalten an den Tag, ja er kann anderen gegenüber öfters ein Zeugnis von seinem Glauben ablegen. Über kurz oder lang gerät er jedoch schon bei einem geringfügigen Anlaß aufs neue in Erregtheit, Ärger, Verzweiflungsausbrüche und Lebensüberdruß. Ist die auslösende Ursache beseitigt oder erfährt er liebevollen Zuspruch, so beruhigt er sich rasch wieder.<

Ob es sich hier um eine rein krankhafte Erbanlage (reizbare und depressive Psychopathie) handelt oder ob die okkulte Vorgeschichte eine ursächliche oder auslösende Rolle spielt, ist nicht mit Sicherheit festzustellen.
Einige Merkmale zur Unterscheidung von Psychopathie und Dämonie seien jedoch angeführt:
Empfindet der Mensch immer wieder aufrichtige Reue über seine Erregungszustände, seine Unwahrheiten und Launenhaftigkeiten, kann von der Annahme einer Dämonie abgesehen werden. Ebensowenig sind Zwangsbefürchtungen und  handlungen des Zwangskranken, die ängstliche Selbstbeobachtung des Hypochonders, die Menschenscheu und die Minderwertigkeitsgefühle des Selbstunsicheren, das hemmungslose Benehmen des hypomanischen Psychopathen auf eine Dämonie zurückzuführen. Eine Gewalttat dagegen, die der Patient im Jähzorn unter Fluchen vollbringt, oder eine ausgesprochene Sucht, von der er sich weder lösen kann noch will, ist ein Zeichen dafür, daß der Teufel ihn an sich gebunden hat.

Wenn ferner trotz intensiver Seelsorge keine oder eine nur vorübergehende Befreiung eintritt, ist an eine psychopathische Erbanlage zu denken. Erreicht diese ei¬nen stärkeren Grad, so brechen ihre Merkmale trotz guten Willens des Betroffenen immer wieder durch. Beim Vorliegen einer Dämonie jedoch tritt meist allmählich oder rasch eine befreiende Wirkung ein, wenn der Mensch den Mut aufbringt, in voller Offenheit alles zu bekennen, das Absagegebet zu sprechen und sich von seinen Bindungen zu lösen.

6. Alterserscheinungen oder Dämonie?

Auch bei alten Menschen wird die Frage der Dämonie oft aufgeworfen. Da die Verkalkung der Ge¬hirngefäße meist eine Erschwerung der Konzentrationsfähigkeit zur Folge hat, macht sich diese auch beim Beten und Bibellesen bemerkbar. So fehlt dem alten Menschen häufig die Freudigkeit zum Beten, wie sie vorher bestanden hatte. Er muß sich zum Beten zwingen, ja er bringt ein richtiges Gebet oft kaum mehr zustande, obwohl er weiß, wie wichtig das Beten für ihn ist, um die Verbindung mit Gott aufrecht zu erhalten. Er macht sich daher leicht schwere Vorwürfe, daß er nicht mehr richtig im Glauben stehe. Und doch haben solche Erscheinungen nichts mit Dämonie zu tun, sie sind vielmehr ohne Zweifel als krankhaft zu bewerten.

Grundsätzlich zu unterscheiden von solchen krankhaften Erscheinungen sind die A n f e c h t u n g e n des Feindes, wie sie bei Gläubigen im Alter, zumal auf dem Kranken  und Sterbebett, nicht selten auftreten. Der Teufel weiß, daß der alte Mensch oft genug in beson¬derem Maße für Versuchungen anfällig ist. Um ihn aus der Verbindung mit Gott zu lösen, sucht er ihm einen ausgesprochenen Widerwillen gegen das Beten, wie auch den Zweifel am Wort Gottes und am Glauben einzugeben. So kann den Bibellesenden plötzlich der Gedanke befallen, es sei alles Unsinn, was die Bibel sage. Auch kann der Teufel ihm einreden, er sei verloren, weil Gott ihn verstoßen habe. Oder er wird zu sexuellen Gedanken und Handlungen verführt, deren er sich nur schwer zu erwehren vermag, so daß er oft in Depressionen gerät. Auch können ihm unschöne Erinnerungen aus seinem früheren Leben zu schaffen machen, die das Gefühl der Gottesferne in ihm erwecken. Er selbst hat den Eindruck, als suche der Feind ihn durch all diese Gedanken der Verzweiflung und dem Selbstmord auszuliefern. Doch handelt es sich in solchen Fällen weder um eine dämonische Gebundenheit noch um Besessenheit, da diese letzteren Zustände, wie eingangs besprochen, sich nur bei solchen Menschen finden, die sich bewußt von Gott entfernt haben. Deshalb darf der Gläubige sich im Alter durch solche Anfechtungen nicht bedrücken lassen. Wenn er immer wieder Gott um Hilfe anruft oder dem Feinde im Namen Jesu zu weichen gebietet, schwinden diese Versuchungen meist rasch.

7. Vorsicht bei fraglicher Dämonie !

Durch die bisherigen Ausführungen wurde zu zeigen versucht, wieviele Irrtümer uns unterlaufen können, wenn wir nicht größte Vorsicht bei der Beurteilung einer Dämonie walten lassen. Vorsicht ist daher auf diesem Gebiet ganz besonders erforderlich. Denn die Unterscheidung zwischen Krankheit und Dämonie ist vielfach nicht nur eine schwierige, sondern auch eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Wenn es einerseits nötig ist, der Frage der Dämonie unvoreingenommen und aufgeschlossen gegenüberzutreten, so ist es andererseits dringend geboten, mit der Annahme einer dämonischen Gebundenheit und besonders einer echten Besessenheit größte Zurückhaltung zu üben. Dennoch besteht bedauerlicherweise, wie schon eingangs erwähnt, bei nicht wenigen Gläubigen die Neigung, in unklaren Fällen von seelischen Störungen ohne nähere Erforschung eine Dämonie anzunehmen. Mit dem Wort “besessen” wird vielfach geradezu Mißbrauch getrieben. Bei jedem Vorliegen einer seelischen Belastung wird nur allzu rasch der Verdacht auf Dämonie geäußert. Eine solche ist aber von vornherein fraglich, wenn keine der eingangs angeführten Ursachen nachzuweisen ist. Und selbst wenn deutliche okkulte Machenschaften bei den Vorfahren oder erhebliche Versündigungen bei dem seelisch Gestörten vorliegen, darf dennoch nicht ohne genauere Prüfung eine Dämonie angenommen werden. Entscheidend für diese Diagnose ist nach Ausschluß einer krankhaften Störung allein das Vorhandensein von mehreren der in Abschnitt I angeführten Merkmalen der dämonischen Gebundenheit und der Besessenheit.

Vorsicht bei der Beurteilung ist schon deshalb erforderlich, weil es sich bei den Menschen, bei denen eine Dämonie in Frage kommt, häufig um seelisch sehr empfindsame Naturen handelt. Wenn einem solchen Belasteten ohne eingehende Untersuchung vorgehalten wird, er sei ein Gebundener Satans oder gar er sei besessen, kann dieser durch einen solchen Vorwurf derart stark beeindruckt werden, daß er in schwere innere Unruhe, Angst und Depression gerät. Besonders wenn einem Schwermütigen, dessen Glaubensleben infolge krankhafter Hemmungen erstarrt ist oder der von Lästergedanken geplagt ist, vom Seelsorger gesagt wird, es liege ein teuflischer Bann auf ihm, ist es verständlich, daß ein solcher Kranker nun erst recht sich ewig verloren glaubt, zumal wenn eine “Teufelsaustreibung” zu keinem Erfolg führte. Ich habe in zahlreichen Fällen erlebt, welch ungünstige Wirkungen auf einen seelisch kranken Menschen ausgehen können, wenn er fälschlicherweise als dämonisch gebunden bezeichnet wird. Es ist ein großes Unrecht, wenn ein unter seinem Zustand leidender Gemüts  oder Geisteskranker den Vorwurf hören muß, er sei in die Gewalt des Teufels geraten. Wer ohne Kenntnis des krankhaften Seelenlebens und dämonischer Zustände sich ein solches Urteil anmaßt, der handelt höchst voreilig, ja geradezu grausam. So berichtete mir eine Patientin, die in einem christlichen Erholungsheim geweilt hatte, daß während ihres dortigen Aufenthalts ein Gast mit den bekannten Zeichen der Schwermut aufgenommen wurde. Der Hausvater erklärte ihn nach kurzer Unterredung für dämonisch und schickte ihn, als die entsprechende Seelsorge keine Wirkung zeigte, nach wenigen Tagen nach Hause zu¬rück. Ich selbst mußte oft ähnliche Erfahrungen machen.

Während wir solchen Menschen, bei denen man eine Dämonie vermuten könnte, zunächst mit Zurückhaltung in der Beurteilung gegenüberzutreten haben, ist es erforderlich, einem einwandfrei dämonisch Belasteten mit aller Deutlichkeit, aber zugleich mit verständnisvoller Liebe zu sagen, daß Satan ihn an sich gekettet oder gar von ihm Besitz ergriffen hat. Selbst wenn er sich gegen eine solche Äußerung wehren oder darüber erschrecken sollte, ist es doch ein heilsames Erschrecken. Denn er muß nun den Feind seiner Seele klar erkennen lernen und gemeinsam mit dem Seelsorger und, wenn möglich, mit Hilfe eines Kreises von Betern ihm zu widerstehen suchen.

Weil die Unterscheidung einer krankhaften Störung von einer Dämonie eine hohe Verantwortung in sich schließt, ist in allen fraglichen Fällen die Zuziehung eines gläubigen Nervenarztes oder eines auf diesem Gebiet kundigen und erfahrenen Seelsorgers dringend anzuraten. Aber daneben gilt es, ernstlich um die Gabe der Geisterunterscheidung zu bitten, die eine Gabe des Heiligen Geistes ist (1. Kor. 12, 10). Denn letztlich vermag der Geist Gottes allein uns die rechte Erkenntnis über die uns anbefohlenen Menschen zu vermitteln und uns vor verkehrten Worten und unbedachten Schritten zu bewahren.

 

IV. Christenglaube und Dämonie

Drei Fragen, die viele Gläubige stark beschäftigen, seien zum Schluß besprochen.

1. Kann bei einem Christen eine Dämonie vorliegen?

Wenn vielfach die Auffassung geäußert wird, der Teufel könne auch einen Jünger des Herrn an sich ketten, so ist zu sagen, daß in der Bibel kein Beispiel einer Dämonie bei einem an Jesus glaubenden und Ihm im Gehorsam treu bleibenden Menschen sich findet. So zeigt uns Maria Magdalena, die von sieben Teufeln besessen war (Mark. 16,9; Luk. 8,2), daß ein besessener Mensch durch die Verbindung mit jesus freiwerden kann. So wie in Ägypten jedes Haus, dessen Oberschwelle und Türpfosten mit dem Blut des Lammes besprengt war, den Vernichtungsengel nicht zu fürchten brauchte (2. Mose 12,13), so ist jeder, der im Glauben das Blut des gekreuzigten Christus als Sühnopfer für seine Schuld in Anspruch nimmt, vor einer Bindung an Satan geschützt. Es ist kein Zweifel: der Feind kann den nicht antasten, der durch das Blut seines Herrn gedeckt ist. Wer unter der ständigen vergebenden Gnade Jesu lebt, kann nicht in die Macht Satans geraten (Kol. 1,13.14).

Andererseits macht das Schicksal des Ananias und der Saphira wie auch der Fall des Judas Ischarioth deutlich, daß selbst Christen, die der Gemeinde Jesu angehören, oder daß ein von jesus erwählter und zum Dienst berufener jünger, wenn sie dem Geist Gottes bewußt Widerstreben und sich versündigen, ohne die Vergebung zu begehren, immer mehr unter den Einfluß Satans gelangen können, so daß dieser sie schließlich an sich kettet oder gar Besitz von ihnen ergreift. Der Anlaß hiezu war bei Ananias und Saphira ihre Lüge gegen den Heiligen Geist und gegen Gott (Apg. 5,3.4), bei Judas seine Gebundenheit an das Geld und sein wiederholter Diebstahl (Joh. 12, 6; Luk. 12, 3). Solche Menschen können zwar Buße tun wie Judas, der seine Schuld erkannte, bekannte, bereute und wiedergutzumachen suchte. Aber der Feind, der Gewalt über ihn hatte, redete ihm ein, seine Schuld sei zu groß, als daß er noch Vergebung finden könnte; es bleibe ihm daher nichts anderes übrig, als seinem Leben ein Ende zu machen. So unterließ er es, sich mit der Bitte um Vergebung an Gott zu wenden, und vollzog an sich selbst das göttliche Gericht.

2. Kann ein dämonisch Gebundener frei werden und wie geschieht dies.?

Oft ist selbst von gläubigen Christen zu hören, Satan habe heutzutage eine solch große Gewalt über viele Menschen, daß sie für die Verkündigung des Evangeliums unempfänglich seien, weil er sie eingeschläfert oder gar zur Gegnerschaft gegen Gott verführt habe. Daher sei auch die Fürbitte für diese Menschen nahezu wertlos; sie seien von solch einer Menge von Dämonen umgeben, daß die Gebete der Christen kaum noch zu Gott empor dringen könnten. Diese Auffassung ist jedoch das Zeichen eines ausgesprochenen Glaubensmangels. Wer mit Vollmacht im Vertrauen auf Jesu Sieg dem Feind entgegentritt und in eindringlichem Ringen für die dämonisch Gebundenen verharrt, der darf mit der Erhörung seiner Gebete rechnen. Wenn der Mensch Jesus als seinen Erlöser und Herrn annimmt und ernstlich bemüht ist, Ihm nachzufolgen, kann er von jeglicher Dämonie gelöst werden. Bei noch nicht allzu starker Gebundenheit tritt die Befreiung oft schon nach einer einzigen oder nach wenigen seelsorgerlichen Unterredungen ein. Allerdings kann die Befreiung sich über eine längere Zeit hinziehen, wenn die Versündigung des Menschen besonders schwer ist oder wenn der Seelsorger sich nicht der ganzen geistlichen Waffenrüstung bedient und es an dem entschiedenen Glaubenskampf fehlen läßt. Ebenso kann eine vollständige Lösung aus den Ketten Satans zunächst ausbleiben, wenn der Gebundene es mit der Übergabe an jesus nicht ganz ernst nimmt und dem Feinde, vielleicht unter dem Einfluß einer ungünstigen Erbanlage, weiterhin einen bestimmten Raum in seinem Herzen gewährt. Ein solcher Mensch kann zwar den Eindruck machen, wiedergeboren zu sein, weil in der Tat eine gewisse Wesensände¬rung bei ihm beobachtet werden kann. Und doch befindet er sich noch in Unkenntnis über die listigen Angriffe und betrügerischen Einflüsterungen des Teufels und erliegt ihnen zeitweise ohne seinen Willen. Er liebt zwar die Sünde nicht mehr, tut aber noch das Böse, das er nicht will. (Röm. 7, 15.19). In diesem Falle bleibt eine R e s t   D ä m o n i e bestehen, d. h. der Mensch ist zwar nicht mehr an Satan gebunden, aber der Feind sucht ihn mit allen Mitteln aufs neue durch V e r f ü h r u n g e n an sich zu binden, was ihm noch manchmal gelingt. Die Verführung äußert sich darin, daß die Lieblingssünden des Gebundenen sich noch zeitweise bemerkbar machen. So können etwa Trotz oder Lüge, Unversöhnlichkeit und Bitterkeit, Groll gegen Gott und Menschen, unreine Gedanken und sinnliche Begierden, häufiges Fluchen oder eine abnorm starke Empfindlichkeit mit Kurzschlußhandlungen den Menschen befallen; auch mediale Fähigkeiten bleiben oft noch längere Zeit bestehen. Besonders häufig kommen, auch wenn er nicht depressiv veranlagt ist, Selbstmordgedanken und  absichten über ihn.
Solche Zustände von Rest Dämonie sind vielfach zu beobachten. Nur ein Beispiel sei angeführt:

Eine Patientin hatte von Jugend auf mit schweren sexuellen Verirrungen zu tun. Jahrelang litt sie, besonders unter dem Einfluß ihres dämonischen Vaters, unter eindeutiger teuflischer Gebundenheit. Sie brachte es nicht fertig, sich mit eigener Kraft aus ihr zu lösen, bis schließlich unter dem Einfluß eines Seelsorgers ihre Hingabe an Christus erfolgte und sie von ihren sünd¬lichen Neigungen frei wurde. Nach einiger Zeit jedoch band der Feind sie wiederum an sich, sie suchte bewußt die Sünde auf, an der sie Gefallen hatte. Dieser Zustand datierte mehrere Jahre. Endlich wurde sie durch die schriftliche Beeinflussung des Seelsorgers und das regelmäßige Hören des Evangeliums Rundfunks so stark beeindruckt, daß sie eine wesentliche Besserung erleben durfte, die seit Jahren anhält. Doch der Teufel läßt sie noch nicht völlig in Ruhe. Jeden Abend vor dem Einschlafen gaukelt er ihr sinnliche Bilder vor und redet ihr ohne besonderen Grund Selbstmordgedanken und Angst ein. Sie aber wendet sich im Gebet zu Gott und gibt dem Teufel zu verstehen, daß sie nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Die Sünde, die ihr jahrelang zum Fallstrick geworden war, verabscheut sie nun, und doch fällt sie ihr noch hin und wieder zum Opfer. Auch die Selbstmordgedanken und Ängste machen ihr immer wieder zu schaffen. Sie selbst ist der Überzeugung, daß der Teufel hinter diesen Gedanken und Rückfällen steht, um sie aufs neue in seine Gewalt zu bekommen.

Je mehr jedoch der Geist Gottes in dem Glaubenden Raum gewinnt, um so mehr Siege darf er erleben. Zwar kann der Teufel, wenn er merkt, daß er seinen Einfluß völlig aufgeben muß, letzte schwere Angriffe unternehmen, indem er sein bisheriges Opfer auf jede erdenkliche Weise von dem entscheidenden Glaubensschritt abzuhalten sucht. Er kann dadurch eine erhebliche seelische Krise in dem Betreffenden auslösen und so die Gefahr eines schweren Rückfalles heraufbeschwören. Aber wenn dieser im Verein mit dem Seelsorger die endgültige und völlige Hingabe an den Befreier vollzieht und wenn im Namen Jesu dein Feinde geboten wird zu weichen, trägt zuletzt Jesus den Endsieg davon.

Der Glaubende wird allerdings auch weiterhin von dem Feind seiner Seele in Versuchung geführt; aber er behält dabei seinen freien Willen und kann nicht mehr, wie der Gebundene, zur Sünde gezwungen werden. Vielmehr schenkt der Heilige Geist dem Jünger Jesu die Fähigkeit, Satan zu widerstehen und die Sünde zu hassen, so daß dieser schließlich seine ständigen Angriffe aufgeben und fliehen muß (Jak.4,7). Die “feurigen Pfeile des Bösewichtes” prallen an dem Glaubensschild des Wiedergeborenen ab. Denn dieser ist von dem Gesetz der Sünde freigemacht, weil seine aufsteigenden sündlichen Begierden immer wieder durch den Geist Gottes getötet werden (Röm. 8, 2.13). Und wenn er dennoch der Versuchung zum Opfer fällt, bedeutet dies nur eine Überrumpelung. Er hat kein Gefallen mehr an der Sünde, sondern bereut sofort von Herzen seine Schuld und darf der Vergebung gewiß sein, so daß keine unvergebenen Sünden mehr dem Feinde Macht über ihn einräumen können.
Weil die Worte “Gebundenheit”, “Verführung” und “Versuchung” häufig durcheinandergeworfen werden, ist eine klare Unterscheidung dieser Begriffe erforderlich. Während bei der Gebundenheit und in abgeschwächtem Maße bei der Verführung von Dämonie geredet werden muß, sollte bei der Versuchung das Wort “Dämonie” nicht gebraucht werden.

3. Kann der Umgang mit dämonischen Menschen, besonders die Fürbitte für sie, irgendwelchen Schaden oder gar eine Krankheit verursachen?

Diese Auffassung, die immer wieder geäußert wird, ist auf den Glauben an das überspringen finsterer Mächte zurückzuführen. Zum Beweis wird auf die Tatsache hingewiesen, daß manche Menschen bei der Fürbitte für dämonisch Belastete in Angstzustände und innere Unruhe oder in Depressionen und Anfechtungen geraten. In der Bibel wird jedoch an keiner Stelle von einem übergehen von Dämonen auf Gläubige berichtet. Bei der Geschichte von den Söhnen des Skevas (Apg. 19,13 ff.), die vielfach als Beleg für diese Auffassung herangezogen wird, handelt es sich zwar um eine schwere Schädigung dieser Menschen durch einen Dämon. Doch waren sie nicht an Jesus gläubig, sondern sie maßten sich als jüdische Teufelsbeschwörer an, im Namen Jesu die bösen Geister aus Besessenen auszutreiben um ihrer Ehr- und Gewinnsucht willen. Von ihnen gilt das ernste Wort Jesu Matth. 7, 22.23.

Ein echter Jünger Jesu braucht jedoch keine Schädigung durch den Teufel zu befürchten. Hiervon ist auch in der Heiligen Schrift nirgends die Rede. Vielmehr verheißt jesus ausdrücklich den Seinen, daß niemand sie aus Seiner und Seines Vaters Hand reißen werde (Joh. 10, 28.29), ferner, daß Er ihnen Macht gegeben habe über alle Gewalt des Feindes und daß nichts ihnen schaden könne (Luk. 10, 19). Auch Paulus schreibt, daß der treue Herr die an Ihn Glaubenden vor dem Bösen bewahren werde (2. Thess. 3, 3) und daß keine finsteren Mächte sie von der Liebe Gottes zu trennen vermögen (Röm. 8, 3 8.3 9).

Auch die vielfach gehörte Warnung vor dem Beten für dämonische Menschen kann biblisch nicht begründet werden. Paulus ermahnt im Gegenteil, daß man vor allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen (l. Tim. 2, 1). Nur eine Ausnahme gibt es, nämlich bei dem, der eine “Sünde zum Tode” begangen hat, indem er jesus in bewußter Verstocktheit ablehnt. Bei einem solchen Sünder rät Johannes von der Fürbitte ab (l. Joh. 5, 16), weil es für diesen keine Vergebung gibt (Hebr. 10, 26 30), nicht aber weil ein solcher Sünder dem Fürbittenden Schaden antun könnte. Daher braucht ein Christ, der mit einem dämonischen Menschen in Berührung kommt oder für ihn betet, nicht in Angst vor Schädigungen zu geraten, falls er in lebendiger Gemeinschaft mit seinem Herrn steht, sich durch das Sühnopfer Jesu frei von Schuld und Bindung weiß und in vollem Vertrauen die erwähnten Schriftworte für sich in Anspruch nimmt.
Immerhin ist es sehr wohl möglich, daß ein Christ, der okkult belastet ist oder sich in unvergebene Schuld verstrickt hat, vom Feind angegriffen und in seiner Arbeit für Gott gelähmt wird, wenn er sich in den Kampf um dämonisch gebundene Menschen einläßt. Dafür sei ein Beispiel erwähnt:

Ein Seelsorger, der von seinem Großvater her okkult belastet war und in seiner Jugend infolge Krankheit öfters besprochen wurde, war nach seiner Bekehrung nicht klar und vollständig von dämonischen Einflüssen gelöst worden. Als er sich nun an Gebundenen seelsorgerlich betätigte und dabei in Selbstsicherheit geriet, ließ er sich von dem Schmutz, dem er begegnete, beeinflussen, wodurch er in seinem Dienst beeinträchtigt wurde. Dadurch fand der Teufel Gelegenheit, sich an ihm zu rächen und ihn selbst in Gebundenheit zu versetzen. Diese äußerte sich darin, daß er in Groll und Bitterkeit, ja in unversöhnlichen Haß  und in Mordgedanken gegen einen Menschen geriet, der ihm beruflich geschadet hatte. Auch wurde er oft von Jähzorn und Rechthaberei befallen, so daß er manchen seiner Nebenmenschen zum Anstoß wurde. Seine Arbeit an den Gebundenen erfolgte ohne Vollmacht und wurde immer mehr gelähmt. Er bereute zwar seine Schuld und doch mußte er gegen seinen Willen dem Feind gehorchen. Jahrelang litt er stark unter dem Bewußtsein der klar erkannten dämonischen Bindung, Schließlich suchte er einen Seelsorger auf, vor dem er in echter Buße ein restloses Bekenntnis ablegte. Er erlangte alsbald die Gewißheit der Vergebung und konnte nach Lossprechung von seinen Bindungen befreit werden. Auch wurde ihm die Kraft geschenkt, den Groll gegen seinen Feind aufzugeben und ihn um Vergebung zu bitten, worauf dieser ihm alles verzieh. Seitdem darf er vollen Frieden und Freude in Gott erfahren und den Sieg Jesu rühmen. Auch wurde ihm neue Freudigkeit zur Arbeit für seinen Herrn geschenkt.

Aber auch einen seelisch labilen Jünger Jesu, der im Gebet gegen Satan ankämpft, vermag dieser durch Spukerscheinungen in einen kurzdauernden Schrecken zu versetzen oder ihm Anfechtungen im Glaubensleben einzuflößen oder Zwietracht zwischen ihm und seinem Nächsten zu säen. Jeder, der um dämonische Menschen ringt, muß sich darauf gefaßt machen, daß der Feind sich zu rächen versucht. Aber wer seine heimtückischen Pläne und Einflüsterungen sofort als satanisch erkennt, wird sie auch rasch im Glauben abwehren können. Es wäre für ihn ein Zeichen von mangelndem Gottvertrauen, würde er durch die teuflischen Angriffe sich ernsthaft einschüchtern lassen. Auf keinen Fall darf der Christ die Fürbitte für die Gebundenen fürchten. Dies wäre ein Beweis dafür, daß seine Sorge um das eigene Wohlbefinden größer ist als die Sorge um das Seelenheil des in Ketten Befindlichen. Es ist ihm vielmehr aufgetragen, angetan mit dem Schild des Glaubens, dem Helm des Heils und dein Schwert des Geistes den Kampf mit dem Feind aufzunehmen (Eph. 6,12 17).

Wie ist es aber zu erklären, daß tatsächlich manchen Jüngern des Herrn, die für dämonisch Belastete Fürbitte tun oder in nähere Berührung mit ihnen kommen, Schädigungen in Form von schweren und längerdauernden Angstzuständen und Anfechtungen zustoßen? Es handelt sich nach meiner Erfahrung in solchen Fällen um leicht beeindruckbare, ängstlich veranlagte Menschen. Wenn diese von einem Überspringen von Dämonen hören oder lesen und einen dämonischen Menschen vor sich zu haben glauben, oder wenn sie auf die angebliche Gefahr der Fürbitte für Gebundene hingewiesen werden, befällt sie leicht eine lebhafte Unruhe und Angst, ja sie können sogar körperlich nervöse Beschwerden verspüren, die sie auf dämonische Einflüsse zurückführen. Solche Beschwerden sind jedoch nur durch die Angst vor Schädigungen durch die Feindesmacht hervorgerufen. Dies läßt sich deutlich daran erkennen, daß die Beschwerden nach eingehender Aufklärung und Beruhigung schwinden. Nur wenn der andere auf seiner Meinung beharrt, halten die Beschwerden an. Ein nervlich und seelisch gesunder, mit seinem Herrn verbundener Christ bleibt beim Umgang mit dämonischen Menschen und bei der Fürbitte für sie von körperlichen und seelischen Störungen frei.

So konnte Johann Christoph Blumhardt am Schluß seines Gebetskampfes um Gottliebin Dittus seiner Behörde berichten: “So groß auch meine Anstrengung war, so fühlbar war mir ein göttlicher Schutz, indem ich nicht die geringste Ermüdung und Angegriffenheit fühlte, selbst nicht nach vierzigstündigem Wachen, Fasten und Ringen.” Ich selbst wie auch eine Anzahl von Mitkämpfern und Mitbetern durften dieselbe Bewahrung beim Kampf um Gebundene und Besessene erfahren. Es erweist sich als eine Tatsache, daß ein wahrhafter Jünger des Herrn, wie bereits erwähnt, vor den Angriffen des Bösen bewahrt bleibt (l. Joh. 5, 18.19). Jesus selbst bittet als der himmlische Hohepriester Seinen Vater, Er möge die Seinen vor dem Einfluß des Teufels bewahren (Joh. 17,15). Und Paulus war bis ins Alter hinein von dem zuversichtlichen Glauben erfüllt, daß der Herr ihn auch fernerhin allen Anschlägen des Bösen entreißen werde (2. Tim. 4, 18).

Deshalb hat der Christ, der auf die bewahrende Macht seines Herrn vertraut, keinerlei Anlaß, den Umgang mit dämonischen Menschen zu scheuen und von der Fürbitte für sie Abstand zu nehmen. Gegen einen glaubensstarken Beter kann Satan keine ernstlichen Angriffe unternehmen. Wenn auch der Fürst dieser Welt schwerstes Unheil anzurichten vermag, darf der Jünger des Herrn in freudiger Zuversicht mit Martin Luther singen:

Und wenn die Welt voll Teufel wär’
und wollt’ uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr,
es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt, wie sau’r er sich stellt,
tut er uns doch nicht;
Das macht: er ist gericht’,
ein Wörtlein kann ihn fällen.

Die Hervorhebungen sind von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, 4. November 2008
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info@horst-koch.de

Dr. med. ALFRED LECHLER

war viele Jahre lang ärztlicher Leiter einer Kuranstalt im Taunus. Durch seine zahlreichen Veröffentlichungen, in denen er akute Probleme und Nöte unserer Zeit aufzeigt und Mittel und Wege zu ihrer Meisterung weist, ist er einem sehr großen Kreis von Menschen aller Lebensbereiche bekanntgeworden.

Weitere Titel von Dr. med. Lechler  –  evtl. unter amazon.de oder booklooker.de

Leg deine Nerven in Gottes Hand, 21. Auf l., 48 S.
Frei von Angst, 6. Auflage, 32 Seiten.
Der Dämon im Menschen, 4. Auflage, 84 S.
Briefe an Angefochtene, 3. Auflage, 78 S.
Was sagt die Bibel über die Krankheit und ihre Heilung? 56 Seiten.
Belastung und Befreiung –Die seelsorgerliche Behandlung der okkult Belasteten

 

 




Leben nach dem Tode (K.Koch)

 

Kurt E. Koch

  

UNSER LEBEN NACH DEM TODE

 

Bei einer Evangelisation in Wildeshausen (Oldenburg) zeigte mir der dortige Pfarrer die Gräberfelder der jüngeren Steinzeit (5000‑2000 v. Chr.). Es handelt sich um die Kleinenkneter Steine. Findlinge sind in Rechteckform in den Boden gegraben und von flachen Findlingen über­deckt. In diesem großen Rechteck, das etwa 30 Meter lang ist, wurden die Toten in Reihen beigesetzt und mit Stein­waffen versorgt. Vermutlich dachten sich die Lebenden, daß die Toten im Jenseits sich durch die Jagd ernähren müßten. Wir stoßen hier also auf eine Jenseitshoffnung der frühzeitlichen Menschen.

Fünf Kilometer von diesen Steinzeitgräbern entfernt sind rund 270 Gräberhügel aus der Eisenzeit (ab 1000 v. Chr.), das sogenannte Pestruper Gräberfeld. Diese Gräber weisen als Funde eiserne Werkzeuge auf. Auch in dieser Epoche der vorchristlichen Zeit dachte man an das Fortleben der Menschen.

Bei verschiedenen Jugendfreizeiten in Obertraun und Hallstadt in Österreich ließ ich mir die Gräberfunde die­ser Gegend erklären. Es handelt sich hier um die so­genannte Hallstädter Kultur aus der Zeit 1000‑400 v. Chr. Die Toten dieser Epoche wurden in Hockerstellung bei­gesetzt. Die kleinen Gräber wiesen Tongefäße und Bronze ­und Eisenwaffen gemischt auf. Auch hier war der Ge­danke an ein Fortleben des Menschen die Ursache dieser Grabbeigaben.

Was wir hier auf europäischem Boden vorfinden, ent­decken wir in der gleichen Weise auch auf anderen Erdteilen. Die Pyramiden in Ägypten enthalten die Totenkammern der Pharaonen. Bei allen Bestattungen sowohl er Könige als auch der einfachen Leute legte man Geräte und Nahrungsmittel bei, um den Verstorbenen in der anderen Welt zu helfen.

Die Ruinen der Inkakultur zeigen wiederum einen ähn­lichen Sachverhalt im Blick auf den Totenkult. Man hat bis jetzt noch kein Volk entdeckt, das nicht in irgendeiner Form an ein Weiterleben nach dem Tode gedacht hat. Es ist den Menschen geradezu angeboren oder ins Herz gegeben, daß sie sich mit der Existenz des Menschen nach dem Tode befassen.

Wir nehmen daher das Problem auf und behandeln es aus der Sicht der Heiligen Schrift.

I. DIE EWIGKEITSHOFFNUNG IM ALTEN TESTAMENT

1. Die Jenseitsschau im Alten Testament ist zunächst noch unklar. Das Sterben ist eine düstere Angelegenheit. Der Leib wird zur Asche, die Seele fährt in das Toten­reich. Der Ausdruck dafür heißt im Hebräischen scheol, wörtlich übersetzt: Tiefe. In der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes, in der Septuaginta, wird das Wort Hades dafür gebraucht. Die Lutherübersetzung Hölle ist missverständlich. Das Totenreich ist nicht mit der Hölle gleichzusetzen.

Nach dem Weltbild des Alten Testamentes stellte man sich das Weltgebäude in drei Stockwerken vor. Die Erde schwimmt als Scheibe auf dem Urmeer. Darüber wölbt sich der Himmel, unter der Erde befindet sich die Unterwelt.

Für die Männer des Alten Bundes ist das Totenreich das Land der Finsternis und des Dunkels. Hiob (10, 20‑22) klagt darüber, daß er in das Land des Dunkels fahren soll. Die ganze Unheimlichkeit des Totenreiches wird in Psalm 88 deutlich. Es heißt dort: „Ich liege unter den Toten verlassen wie die Erschlagenen, die im Grabe liegen, deren du nicht mehr gedenkst und die von deiner Hand abgesondert sind. Wirst du unter den Toten Wunder tun? Mögen denn deine Wunder in der Finsternis erkannt wer­den?” Auch der König Hiskia trauert: „Nun muß ich zu der Hölle Pforten fahren in der Mitte meines Lebens” (Jes. 38,10).

2. Früh fällt ein Lichtstrahl in dieses Dunkel. Die Angst und Verzweiflung weicht der aufsteigenden Hoffnung, zu den Vätern versammelt zu werden. So heißt es von Isaak in 1. Mos. 35,29: „Er starb und ward versammelt zu seinem Volk.” In Richter 2,10 wird berichtet: „Da auch alle, die zu der Zeit gelebt hatten, zu ihren Vätern versammelt wurden.” Die Erwartung bricht sich Bahn, daß es nach dem Tode hinauf und nicht hinab geht. Auf dieser Linie liegen auch die Entrückungen von Henoch und Elia. Die Zuversicht wird lebendig, daß es empor und nicht hinunter geht im Gegensatz zur Rotte Korahs (4. Mos. 16, 33), die lebendig hinunterstürzte in das Totenreich.

3. Noch stärker tritt die Jenseitshoffnung bei den Pro­pheten hervor. Jesaja prophezeit (25, 8): „Er wird den Tod verschlingen ewiglich.” Hesekiel weissagt (37,12): „Siehe, ich will eure Gräber auftun und will euch aus denselben herausholen.” Daniel (12, 2) spricht endlich die Auferstehungshoffnung eindeutig aus: „Viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, etliche zum ewigen Leben, etliche zu ewiger Schmach und Schande.”

Wir haben damit im Alten Testament eine aufsteigende Linie der Ewigkeitshoffnung in drei Etappen. Zuerst besteht nur das Wissen um den düsteren Ort des Toten­reiches. Dann leuchtet die Morgenröte der Ewigkeitshoffnung auf. Die Gerechten werden zu den Vätern an einen himmlischen Ort geleitet. Die Gottlosen kommen in das dunkle Totenreich. Zuletzt erhebt sich das Alte Testament zu der vollen Höhe der Auferstehungshoffnung in den Schriften der Propheten. Das Neue Testament führt diese Linie zu immer größerer Klarheit weiter.

II. DIE EWIGKEITSHOFFNUNG IM NEUEN TESTAMENT

1. Bevor wir in das Gedankengut des Neuen Testamen­tes im Blick auf die Ewigkeitshoffnung eingehen, müssen wir uns zunächst von zwei Irrwegen distanzieren, die die Auferstehungshoffnung flankieren.

a) Der griechische Philosoph P l a t o (400 v. Chr.) lehrte, daß der Leib der Kerker der Seele darstelle. Beim Tod des Menschen wird der Leib in die Erde gesenkt und löst sich zur Erde auf. Die Seele trennt sich vom Leib und geht zurück in den Urgrund. Plato lehrte also die Unsterblich­keit der Seele und steht damit nicht allein.

Der I d e a l i s m u s hat in einer gewissen Abwandlung diese platonische Auffassung übernommen. Man glaubt an eine Unsterblichkeit der Seele auf Grund eines unendlichen Wertes der Menschenseele. Die katholische Kirche vertritt ebenfalls derartige Vorstellungen. Gegenüber dieser Unsterblichkeit der Seele spricht das Neue Testa­ment von der Auferstehung.

b) Das andere Extrem, das heute von vielen Theologen vertreten wird, ist die Seelenvernichtungslehre. In diesem Lager wird vom Ganzheitstod geredet. Der Mensch würde bei seinem Sterben nach Leib, Seele und Geist völ­lig vernichtet werden und müßte dann warten bis zur Auferstehung am Jüngsten Tag.

Das Neue Testament hat mit diesen beiden Irrwegen nichts zu tun. Seine Anschauungen sind viel reicher und vielseitiger als diese beiden Verkümmerungen. Den Pla­tonikern und den Idealisten ist zu sagen, daß die Menschenseele nicht ihren Wert aus sich selbst hat, sondern nur von Christus her und auch nur durch Christus ihre Weiterexistenz besitzt. Den Anhängern der Gesamttod­auffassung können viele Schriftbeweise entgegengestellt werden. Aus Raummangel werden nur einige angeführt.

Im Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus zeigt Jesus die weitere Existenz dieser beiden Männer. In Matth.10, 28 sagt der Herr: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht können töten.”
In Joh. 8, 56 sagt Jesus: „Abraham sah meinen Tag.” Dem Schächer zur Rechten verheißt Jesus (Luk. 23, 43): „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.” Im Blick auf diese Schächerstelle hat man verschiedene Klimm­züge unternommen, sie umzudeuten. Die einen sagen, das Komma müßte versetzt werden: „Wahrlich ich sage dir heute, du wirst mit mir im Paradiese sein.” Das ist eine Textverstümmelung, auf die wir nicht eingehen brauchen.

Der zweite Einwand hat schon viel mehr Ge­wicht. Man weist darauf hin, daß der menschliche Zeitbegriff abhängig ist von Raum und Zeit. In der Ewigkeit ist unser irdischer Zeitbegriff aufgehoben. Dort liegen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf einer Ebene. Es herrscht also Synchronizität. Wir Menschen würden alle gleichzeitig in der Ewigkeit ankommen. Dieser Ein­wand hat eine gewisse Berechtigung. Ohne Zweifel gibt es in der Ewigkeit andere Zeiteinheiten als auf der Erde. Wir denken dabei nicht nur an den Psalm 90, 4, wo es heißt: „Tausend Jahre sind vor dir wie ein Tag”, sondern auch an die noch deutlichere Stelle Offb.10, 6: „Es wird hinfort keine Zeit mehr sein.”
Die Frage ist nun aber, ob Jesus im irdischen Zeitbegriff oder im ewigkeitlichen Zeit­begriff das Wort zu dem Schächer gesagt hat. Diese Frage ist tatsächlich eindeutig zu klären. Jesus hat den Himmel und die Ewigkeit verlassen, ist Mensch geworden und da­mit in unsere Niedrigkeit hineingestiegen. Ein Zeichen seiner Niedrigkeit ist auch, daß er sich des irdischen und menschlichen Zeitbegriffes bedient. Dafür liegen viele Zeugnisse vor. In Matth.17, 23 sagt der Herr seinen Jüngern, daß er am dritten Tag auferstehen wird. Selbst seine Todfeinde bestätigen diese Aussage (Matth. 27, 63).

2. Wir müssen nach dem Befund des Neuen Testamen­tes an einer Weiterexistenz der menschlichen Person festhalten. Die Frage ist nur: welcher Teil des Menschen über­dauert das Sterben und wechselt in die Ewigkeit hinüber?
Stephanus (Apg. 7, 58) betete: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!” Bei der Auferweckung des Töchterlein von Jairus (Luk. 8,55) heißt es: „Und ihr Geist kam wieder.” Jesus ruft am Kreuz aus (Luk. 23, 46): „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.” Hier wird also in allen Fällen vom Geist geredet.
Bei der Wiederbelebung des Eutychus (Apg. 20,10) sagt Paulus: „Seine Seele ist in ihm.” Den Jüngern sagt der Herr in Matth. 10,28, die Seele kann nicht getötet werden. Das Neue Testament ist also in dieser Frage nicht einheitlich. Einmal wird gesagt, daß der Geist und dann die Seele eine weitere Existenz erlebt. Professor Thielicke sagt, das todüberdauernde Subjekt schwanke zwischen Psyche und Pneuma (Seele und Geist).

3. Wenn aber der Mensch in seinem Wesenskern oder seinem persönlichen Bewußtsein die Todesschranke über­schreitet, in welchen jenseitigen Behausungen oder Daseinsformen lebt er weiter? Das Neue Testament unterscheidet im wesentlichen vier Räume: Himmel, Paradies, Totenreich, Hölle.

Vorweg sei gesagt, daß es sich hier nicht um Räumlich­keiten irdischer oder kosmischer Art handelt, sondern um Zustandsformen. Bildlich gesprochen, wir haben Totenreich und Hölle also nicht etwa im Kern der Erde zu suchen und Himmel und Paradies vielleicht auf irgend­welchen Planeten oder Fixsternen, sondern es geht hier um die unsichtbare Welt, die mit der sichtbaren Welt ver­schlungen ist. Gottesmänner, die einen prophetischen Blick hatten, sagten manchesmal, das Totenreich mit all seinen Toten ist um uns. Wir sehen es nur nicht.

Was ist über diese vier jenseitigen, unsichtbaren Zu­standsformen zu sagen?

a) Der H i m m e l. Das menschliche Raumdenken läßt uns hier im Stich. Paulus spricht in 2. Kor. 12, 2 vom drit­ten Himmel, in den er entrückt war. Der Lufthimmel der Erde und der kosmische Himmel des Universums sind mit dem biblischen Himmel, dem Gotteshimmel nicht gleichzusetzen. Bei der Tempelweihe (1. Kor. 8, 27) sagt Salomo: „Siehe, alle Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen.”
Der biblische Himmel ist der Raum der göttlichen Majestät und Herrlichkeit. In diesen Gotteshimmel werden einst nach dem großen Weltgericht die vollendeten Gerechten aufgenommen werden. Dieser Himmel ist der zukünftige Raum der Seligen, wenn alle Gerichte zu Ende geführt sind.

b) Die H ö l l e. Dem Ort der Seligen entsprechend gibt es einen Ort der Unseligen, der Verlorenen, der Verdammten und der finsteren Geister. Wir Menschen der Gegenwart sind in unseren Anschauungen so verwässert, daß wir gar nicht mehr den Mut aufbringen, von der Hölle zu reden. Das hängt damit zusammen, daß wir vor dem heiligen Gott nicht mehr erschrecken. Lernen wir einmal hinhören, was das Neue Testament von der Hölle sagt:

Matth. 5, 22: „Wer zu seinem Bruder sagt: du Narr! der ist des höllischen Feuers schuldig.”
Matth. 25, 41: „Gehet hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer.”
Mark. 9, 44: „Da ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlöscht.”
2. Petr. 2, 4: „Gott hat sie mit Ketten der Finsternis zur Hölle verstoßen.”
Offb.19,20: Und das Tier und der falsche Prophet wurden in den feurigen Pfuhl geworfen, der mit Schwefel brannte.”
Offb. 21, 8: „Der Verzagten, Ungläubigen, Greulichen, Totschläger, Hurer, Zauberer, Abgöttischen und Lüg­ner Teil wird sein in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt.”

Sind das nicht Worte, die uns mit Schrecken erfüllen können? Wenn wir nur das zuletzt zitierte Bibelwort beachten, müssen wir uns da nicht fragen, wer noch durch­kommt? Wir haben es verlernt, was der Hebräerbrief (10, 31) sagt: „Schrecklich ist’s, in die Hände des leben­digen Gottes zu fallen.”

Die Christenheit ist in doppelter Weise schuldig ge­worden. Wir haben den Himmel und die Hölle entleert. Der protestantische Himmel ist seiner Herrlichkeit be­raubt, so daß es niemand mehr hinzieht. Die Hölle ist ihrer Furchtbarkeit entkleidet und bagatellisiert oder wegtheologisiert worden, so daß sich niemand mehr fürchtet. Manchmal ahnen die Seelsorger an Sterbebetten etwas von der Herrlichkeit des Himmels oder von der Furchtbarkeit der Hölle.

Ich möchte auf das Sterben eines gläubigen Mannes in der Kriegsgefangenschaft hinweisen. An seinem Todestag sagte er morgens zu seinen Kameraden: „Heute Mittag um 3 Uhr werde ich bei dem Herrn sein.” Seine Kameraden hielten abwechslungsweise Wache an seinem Lager. Mit­tags zur angegebenen Stunde richtete sich der Sterbende auf und sah mit überirdischen strahlenden Augen auf­wärts. Mit dem Ruf: „Er kommt” sank er zurück und war bei seinem Herrn.

Ein zweites Sterben soll uns, den anderen Hinweis geben. Seit Jahren verfolge ich in der Seelsorge in der Schweiz die dämonische Auswirkung eines berüchtigten Be­sprechers aus dem Toggenburg. Sein Sterben war ent­setzlich. Wochenlang kämpfte, tobte und schrie er. Zu­letzt lag er unter dem Bett und brüllte, daß die Nachbarn es hörten: „So helft mir doch! Die schwarzen Kerle kom­men und binden mich mit Ketten. Sie reißen mich in den Abgrund. So helft mir doch!” Er verkrampfte sich um die Füße seine Bettes und war nicht mehr unter dem Bett hervorzubringen. In dieser Verzweiflung ging er in die Ewigkeit.

Wir müssen uns jedoch darüber klar sein, daß der Mensch bei seinem Tode nicht sofort in den Himmel oder in die Hölle kommt, sondern erst in das Zwischenreich, die Warteräume, und zwar entweder in das Paradies oder Totenreich. Das Paradies ist der Warteraum der Gläu­bigen, das Totenreich ist der Warteraum der ungläubig Verstorbenen.

c) Das P a r a d i e s. Im Neuen Testament kommt das Wort Paradies dreimal vor: beim Schächer am Kreuz (Luk. 23, 43, dann in 2. Kor. 12, 4 ‑ dort sagt Paulus, daß er entrückt war bis ins Paradies ‑ und in Offb. 2, 7, wo berichtet wird, daß die Überwinder vom Baum des Lebens im Paradies essen.

In Luk.16 wird berichtet, daß Lazarus in Abrahams Schoß kam. Dieser Ausdruck bedeutet wohl das gleiche wie Paradies. Alle, die auf Erden in echter Weise gottes­fürchtig waren und Jesus nachfolgten, kommen nach dem Sterben in das Paradies.

d) Das T o t e n r e i c h. Der Warteraum der ungläubig Verstorbenen ist das Totenreich. Vom reichen Mann (Luk.16) wird ausgesagt, er war im Totenreich und in der Qual und litt große Pein.

Wir erhalten in dem schon mehrfach erwähnten Gleich­nis in Luk.16 eine großartige Illustration zum Paradies und zum Totenreich. Für Lazarus in Abrahams Schoß war die Zeit der Angst, der Schmerzen, des Darbens vorbei. Vergangen all die tausend Nöte und Sorgen seines be­schwerlichen Lebens! Eingebettet in den Frieden Gottes! Alles überwunden! Warum kam dieser arme Kerl ins Paradies? Weil er arm war und es auf Erden so schwer hatte? Nein! Er war mit seinem Namen Gott bekannt. Lazarus heißt Gotthilf. Er war ein Mann, der seine Hilfe in Gott suchte. Und darum gehörte er zu denen, die bei ihrem Namen gerufen waren. Wir erinnern uns an Jesaja 43,1: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.” Er gehörte zu denen, deren Name im Himmel angeschrieben war (Luk. 10, 20).

Warum kam der reiche Mann in das Totenreich? Weil er reich gewesen war? Nein! Weil er ein Verächter des Wortes Gottes war und sich dagegen auflehnte. Woher wissen wir das? Zunächst aus seiner Namenlosigkeit. Nie­mand weiß, wie er geheißen hat. Der Prophet Jeremia sagt (17,13): „Der Abtrünnigen Name müsse in den Sand geschrieben sein.” Der Name im Sand bedeutet: vom Wind verweht. Wir wissen von der Gottlosigkeit des reichen Mannes auch durch seine Verachtung der Heiligen Schrift. Als Abraham ihn auf Moses und die Propheten hinwies, machte er eine schnoddrige, abweisende Bemerkung: „Ach was, die Propheten, die sind doch nicht up to date – gegenwartsnah!” Es war also kein Wunder, daß dieser Verächter im Totenreich landete.

Unsere Theologen sagen, daß die Geschichte vom reichen Mann und armen Lazarus nur eine allegorische (sinnbildliche) Darstellung sei, bei der es nur auf den scopus (Blickpunkt, Ziel) ankäme. Daß es auf das Ziel des Textes ankommt, ist klar. Das heißt aber nicht, daß die Rahmenerzählung in ihren Einzelheiten falsch wäre. Das zeigen alle anderen Gleichnisse Jesu auch, daß sie völlig wirklichkeitsnah und ewigkeitstreu sind. Das Fazit dieser Rahmenerzählung sagt uns: wer seine Hilfe beim lebendigen Gott sucht und den Herrn fürchtet, wessen Name im Himmel angeschrieben ist, der kommt nach seinem Sterben ins Paradies. Wer Gott verachtet und sich gegen die Heilige Schrift auflehnt, kommt nach seinem Sterben in das dunkle Totenreich. Wir dürfen das nicht übersehen. Die Kinder Gottes gehen ihrer Geborgenheit im Paradies entgegen, die Gottesverächter enden in Qual und Pein, in Feuers‑ und Gewissensnot.

4. Wir sind damit bei der Ausdeutung des Gleichnisses noch lange nicht zu Ende. Eine Frage, die uns brennend interessiert, ist, ob es im Totenreich noch R e t t u n g s m ö g l i c h k e i t e n gibt. Wie bei allen biblischen Wahr­heiten müssen wir uns auch hier gegen zwei extreme Rich­tungen abgrenzen.

Zunächst ein Wort zur A l l v e r s ö h n u n g. Diese Lehre bedeutet, daß alle Menschen selig werden und zuletzt auch der Teufel.

Es wird in diesen Reihen gesagt: Gericht bedeutet nicht hinrichten, sondern herrichten, und Gott ist nicht der große Kaputtmacher, sondern der große Erhalter. Ferner sei die ewige Verdammnis nicht auszudenken. Die Seligkeit der Gläubigen wäre geschmä­lert bei dem Gedanken, daß der größere Teil der Mensch­heit verloren geht. Schon die Art dieser Formulierungen zeigt, daß hier menschliche Spekulationen im Vorder­grund stehen. Vor allem zeigt aber die Geschichte der Allversöhnungslehre, daß hier kein christliches Gedanken­gut, sondern ein heidnisches Gewächs vorliegt. Wenn man will, kann man die sog. Allversöhnungslehre schon in Spu­ren der indischen Philosophie der vorchristlichen Zeit entdecken. Wenn der verstorbene Mensch im Lauf von Jahrtausenden viele Reinkarnationen (Wiederverkörpe­rungen) erlebt und das Ziel dabei die sittliche Höherentwicklung ist, so finden wir damit schon Grundgedanken der Allversöhnung. Wenn im Parsismus, 300 v. Chr., der Gott des Lichtes gegen den Gott der Finsternis solange kämpft, bis das Licht alles überflutet, so finden wir wie­derum verborgene Anzeichen dieser Allerfüllung mit dem Licht und der sogenannten apokastasis hapanton (Wieder­herstellung des Alls). Dann taucht die Allversöhnungs­lehre in der Aeonenlehre der Gnosis auf (Sekte des ersten christlichen Jahrhunderts). Wir finden dann die Weiter­entwicklung der Allversöhnungslehre beim Kirchenvater Origines (354 n. Chr.). Dann nahm der Theologe Duns Scotus die Lehre wieder auf. In der nachreformatorischen Theologie finden wir Spuren bei Schleiermacher. Eine starke Ausprägung findet die Allversöhnungslehre bei unseren gemütvollen Schwaben Oetinger und Michel Hahn, im 20. Jahrhundert dann bei Pfarrer Böhmerle und seinen Nachfolgern, bei Adolf Heller u. a.

Bei einer Studentenfreizeit kam ich mit Professor Thie­licke über die Allversöhnungslehre ins Gespräch. Er meinte, durch diese Irrlehre würde dem Evangelium die Spitze abgebrochen werden. Die evangelistische Praxis zeigt, daß die Allversöhnungslehre gewöhnlich den Wil­len zur Mission, den Sinn für Evangelisation und die Freude an der Jugendarbeit abwürgt. Man hat das Ge­fühl, daß hier ein Schuß aus dem Hinterhalt erfolgt.

In unserem Gleichnis Luk. 16 sagt Abraham dem reichen Mann: zwischen euch und uns ist eine große Kluft befestigt. Einen Austausch und eine Überbrückung gibt es nicht. Dieses Wort aus dem Mund Jesu ist uns in der Frage der Allversöhnungslehre richtungweisend. Selbstverständ­lich wird zugegeben, daß bei Paulus kleine Ansätze zu solchen Vorstellungen vorliegen. Der große bayrische Theologe Hermann Bezzel mahnt uns aber: „Wo Gott uns einen kleinen Türspalt geöffnet hat, dürfen wir nicht Flügeltüren aufmachen.” Wie sich diese Gedankengänge in der Verkündigung auswirkten, erlebte ich an einem 17 jährigen Mädchen in Baden, die dem Wort Gottes gegenüber sehr widerstrebend war. Mit großer Mühe brachte sie ihre Mutter in den biblischen Vortrag eines Allversöhners, der prompt diese Gedankengänge dar­stellte. Das Mädchen erwiderte dann ihrer bekümmerten Mutter: „Da hast du es ja nun gehört, daß ich auch noch selig werde.” Es ist einfach verfrüht, wenn man in unserem Aeon, in dem es um die Rettung gottferner Menschen geht, durch derartige Spekulationen die Evan­gelisation von innen her aushöhlt.

b) Das andere Extrem ist die Meinung, daß es nach dem Tode im Totenreich keine Möglichkeiten mehr gäbe, daß Menschen gerettet werden. Wir können doch nicht ein­fach die Millionen und Milliarden von Menschen, die in ihrem Leben nichts von Christus gehört haben, abschrei­ben. Es wäre mit der Gerechtigkeit Gottes nicht zu ver­einbaren, daß auf der einen Seite alles Heil in Christus beschlossen liegt (Apg. 4,12), und auf der anderen Seite Millionen von Menschen, die nichts von Christus hören konnten, verlorengehen.

Diesen beiden Irrwegen gegenüber müssen wir uns vom Neuen Testament sagen lassen, daß auch den Toten das Evangelium verkündigt worden ist und wahrschein­lich auch dauernd verkündigt werden wird. Zunächst wissen wir davon, daß Jesus den Geistern im Gefängnis gepredigt hat (1. Petr. 3,19; 1. Petr. 4, 6). Die weitere Frage ist, ob Jesus diese ganze Verkündigung im Toten­reich selber wahrnimmt oder nicht auch seine Boten und Zeugen aller Zeiten dafür einsetzt. Ob wir nicht dafür auch den Missionsbefehl Mark. 16,15 in Anspruch neh­men dürfen: „Predigt das Evangelium aller Kreatur.” Dieser Auftrag ist offensichtlich nicht erfüllt. Die Missionsgesellschaften setzten ja erst im 19. Jahrhundert mit ihren Feldzügen in aller Welt ein, und vorher sind Mil­lionen von Menschen ohne Christus gestorben. Ob der Herr nicht seinen Boten nach ihrem Abscheiden auch den Auftrag im Totenreich erteilt, wie er es selber getan hat? Ich bin nicht der einzige, der mit dieser Möglichkeit rechnet.

Vielleicht ist es aufschlußreich, in diesem Zusammen­hang von einer Vision des bekannten Gottesmannes und Evangelisten Samuel Keller zu berichten. Nicht lange vor seinem Tod bat Samuel Keller den Herrn, er möchte ihm doch zeigen, wie es bei seinem Sterben und nach seinem Tod zugehen würde. Auf diese Bitte hin schenkte ihm der Herr eine Vision. Er erlebte sein eigenes Sterben. Er selbst war mit seinem Bewußtsein von seinem Leichnam distan­ziert. Er sah, wie seine Frau und Kinder sich weinend um seinen Sarg drängten. Er wollte sie vom Sarg wegschieben mit der Bemerkung: Trauert doch nicht um mich, ich lebe ja.” Er griff aber ins Leere, denn er hatte keine Masse mehr an sich. Fast zwei Tage war er in der Nähe seines Leichnams. Dann wurde er von einem weißen Boten ab­geholt. Mit einer großen Geschwindigkeit ging es durch weite Räume. Plötzlich waren sie in einem düsteren Schattenreich. Der Bote erklärte ihm, das wäre der Ein­gang zum Totenreich. Jeder Mann Gottes, der stirbt, dürfte mit Genehmigung des Herrn einen Fischzug im Totenreich halten und dort das Evangelium verkündigen. Samuel Keller wurde von seinem Führer in das Totenreich geleitet. Er verkündigte Tausenden von Menschen die frohe Botschaft. Einige drängten sich zu ihm, die meisten aber lehnten ab oder waren teilnahmslos. Als der Auftrag im Totenreich beendet war, sagte ihm sein Führer, er dürfte diejenigen, die sich fürs Evangelium entschieden hätten, mit herausnehmen. Einige schlossen sich Keller an. Dann geleitete ihn der Führer an ein großes, lichtes Tor und sagte: „Hier beginnt das Paradies.” Die Tore öffneten sich, und Christus nahm seinen Jünger in Emp­fang. Danach wachte Samuel Keller aus seiner Vision auf und dankte für dieses Erlebnis.

Samuel Keller war in seiner ganzen Verkündigung und in seinem Glaubensleben ein sehr nüchterner Mann, jeg­lichen Spekulationen abhold. Da diese Vision in den Rah­men biblischer Vorstellungen hineinpaßt, dürfen wir sie wohl als echt anerkennen. Vielleicht war es vor allem dieses Erlebnis, das Samuel Keller zu der Aussage ver­anlaßte: „Die Haupternte ist drüben! Hier ist die Kriegs­schule und Ausbildung der Soldaten, die größten Schlach­ten werden erst drüben geschlagen.”

Bekannt ist auch das Abschiedswort von Pfarrer Blum­hardt. In seiner Todesstunde war eines seiner letzten Worte: „Der Heiland wird mich auch drüben noch mit einem Dienst beauftragen.”

 

III. DIE AUFERSTEHUNG

Wenn das Paradies und das Totenreich Warteräume sind, ist die nächste Frage, wie lange der Aufenthalt hier dauert. Der Sinn der Warteräume ist, daß die Wartezeit einmal beendet wird. Welches Ereignis wird hier den Schlußpunkt setzen? Das Neue Testament sagt: die Auf­erstehung.

Vielleicht kommen wir nun bei unserem Denken in einen Konflikt. Ist die geist‑seelische Weiterexistenz des Menschen nach seinem Tod nicht ein Gegensatz zur Auf­erstehung? Nein. Paulus sagt 1. Kor. 15, 44: „Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.” Es war der schwäbische Theologe Oetinger, der einmal sagte: „Leiblichkeit ist das Ende der Wege Gottes.” Um diese neue Leiblichkeit geht es bei der Auferstehung.

Das Neue Testament unterscheidet verschiedene Etap­pen der Auferstehung. Wir betreten dabei heißumkämpften Boden. Der Pietismus hat an dieser Stelle vielfach anders gedacht, als es in den lutherischen Bekenntnis­schriften festgelegt ist. Es geht jetzt aber nicht um die Bewältigung theologischer Streitfragen, sondern um die Feststellung, was das Neue Testament in schlichter Weise aussagt. Es sind im wesentlichen drei Schriftstellen, die von der Auferstehungsordnung sprechen. Wer sich für diese Fragen interessiert, der sei auf die Bücher von dem gesegneten Bibellehrer Erich Sauer hingewiesen. Die meisten Theologen gehen diesen Fragen aus dem Weg, weil die reformatorischen Väter ihr damnant qui docent (Verdammungsurteil) ausgesprochen haben. Die Refor­matoren haben in der Abwehr schwarmgeistiger Strö­mungen sich auf das Wesentliche zurückgezogen und in manchen Stücken vielleicht zu scharf und zu hart geschos­sen. Die drei Schriftbelege stehen: 1. Kor. 15, 23; 1. Thess. 4,15 ff; Offb. 20, 4‑7.

1. In meiner Tübinger Studentenzeit hörte ich die Vor­lesungen von Prof. Karl Heim über den Korintherbrief. Die Stelle 1. Kor. 15, 23 war gegenüber der herkömm­lichen Exegese (Auslegung) in gewissem Sinn revolutionierend. Heim übersetzte den Vers in folgender Weise: „Ein jeglicher (wird lebendig gemacht werden) in seiner Ordnung: der Erstling Christus; danach, die Christo angehören, wenn er kommen wird, danach der Rest.” Heim erklärte, daß die Auferstehung in drei Etappen vor sich gehen würde: „Christus als der Erste, danach seine Gemeinde, danach der Rest der Menschheit.” Wir könn­ten hier sagen, die zweite Etappe ist die Auferstehung derer, die im Paradies warten, die dritte Etappe ist die Auferstehung derer, die im Totenreich warten.

2. Paulus schreibt in 1. Thess. 4,15 ff, daß bei der Wie­derkunft des Herrn die Toten in Christo zuerst auferstehen werden. Das ist die erste Auferstehung derer, die als Jünger Jesu im Paradies gewartet haben. Diese Auferstandenen werden mit den lebenden Gläubigen dem Herrn entgegengerückt werden in den Wolken. Das ist die Entrückung der Gemeinde.

Weil in diesem Abschnitt die Rede ist „von denen, die da schlafen”, muß das kurz erläutert werden. Das Neue Testament spricht manchesmal vom Schlaf. Gemeint ist dabei nicht, daß die Verstorbenen in einem bewußtlosen Zustand auf die Auferstehung warten müßten. Das Be­wußtsein und die Personenhaftigkeit ist ja mit dem Tod nicht ausgelöscht, wie wir bereits gehört haben. Daß es sich hier nur um einen bildhaften Ausdruck des Sterbens handelt, sehen wir am besten an dem Pauluswort 1. Kor. 15, 20, wo es heißt: „Christus, der Erstling unter denen, die da schlafen.”

3. Die umstrittenste Stelle ist Offb. 20, 4‑7. Es wird aus­gesagt, daß die Toten in Christus die erste Auferstehung erleben und danach mit Christus tausend Jahre regieren. Diese Mitregentschaft wird sowohl in Vers 4 als auch in Vers 6 erwähnt. Die anderen Toten, also die dritte Etappe nach Karl Heim, werden erst nach diesem 1000-jährigen Reich ihre Auferstehung erleben.

Es ist eine Verkürzung des Evangeliums, wenn man um schwarmgeistiger Exzesse willen diese drei klaren Schrift­belange einfach übersieht oder beiseite schiebt. Es war doch Luther, der beim Reichstag zu Worms im April 1521 den Vorwurf brachte, daß es erwiesen ist, daß auch die Konzilien sich geirrt haben. Wir haben auch heute noch die Tatsache, daß die katholische Kirche ihren Gläubigen vorschreibt, wie sie die Bibel zu verstehen haben. So will sie z. B. die Virginität (Jungfräulichkeit) der Maria vor und nach der Geburt Jesu damit beweisen, daß die Fa­milie des Joseph von Nazareth wegerklärt wird, obwohl Matth.13, 55 die Brüder Jesu mit Namen nennt. In der evangelischen Kirche verbieten es die Bekenntnisschriften, von der ersten und zweiten Auferstehung und vom Frie­densreich zu reden. Kaum ein Theologe wagt es, diese Schranken zu durchbrechen, obwohl wir die Heilige Schrift höher zu stellen haben als die Erklärungen unserer Väter. Paul le Seur hat den Mut aufgebracht, in seinem Buch „Nach dem Sterben” diese Schranken einmal zu über­springen. Man gibt damit allerdings seine theologische Salonfähigkeit auf.

IV. DER DREIFACHE TOD

Wir müssen uns nun über den biblischen Todesbegriff Gedanken machen. Es wird in der Heiligen Schrift ein dreifacher Todeszustand unterschieden.

1. Der  l e i b l i c h e  T o d. In diesem Stück sind wir uns am schnellsten einig. Daß alle Menschen dem leiblichen Tod unterworfen sind, haben wir täglich vor Augen. Bei unserer Geburt werden wir in Marsch gesetzt. Ohne daß wir es wissen, hält der unheimliche Begleiter mit dem Stundenglas mit uns Schritt. Unsere tägliche Existenz ist erfüllt vom Kampf gegen den leiblichen Tod. Essen und Trinken, Krankheit und Gesundung sind Abwehr gegen das unvermeidliche Los. Unser tägliches Bedrohtsein ist der Ausdruck dafür, daß der Mensch vom Schöpfer ab­gefallen ist. Paulus sagt (Röm. 6, 23): „Der Tod ist der Sünde Sold.” Weil wir alle gesündigt haben, ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen.

Hin geht die Zeit, her kommt der Tod!
Ach wie geschwinde und behände
kann kommen meine Todesnot.
Mein Gott, ich bitt’ durch Christi Blut:
Mach’s nur mit meinem Ende gut!

2. Die zweite Todesform ist der g e i s t l i c h e T o d. Wer ist geistlich tot? Etwa nur der Heide, der nichts von Christus weiß? Nein. Das wäre eine grobe Vereinfachung. Geistlich tot ist jeder, der keine Wiedergeburt durch den Heiligen Geist erlebt hat (Joh. 3, 3;  2. Kor. 5,17). Was verstehen wir unter der Wiedergeburt? Ist sie einfach mit der Kindertaufe gleichzusetzen? Das wäre wieder eine grobe Vereinfachung. Sind nicht 95 Prozent aller Deut­schen getauft? Sind nicht die meisten der Spötter und Lästerer getauft?

Geistlich leben­dig ist nur der, der eine geistliche Auferstehung erlebt hat. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn (Luk.15, 24) sagt der Vater: „Dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden.” Der verlorene Sohn hat durch seine Umkehr, durch sein Schuldbekenntnis und seine Wieder­annahme beim Vater den geistlichen Todeszustand über­winden dürfen.

Im Blick auf die geistliche Auferstehung oder die Wie­dergeburt des Menschen leben die meisten der Christen in einer großen Vernebelung. Für die geistliche Auf­erstehung gibt es keinen frommen Ersatz, nicht ein kirch­liches Amt, nicht die moralische An­ständigkeit, nicht die christliche Tradition, so wertvoll das alles ist. Die geistliche Auferstehung ist ein Schöp­fungsakt des Heiligen Geistes am Menschen. Adolf Schlat­ter sagte einmal: „Es gibt zwei sich scheidende Arten von Leben: das leibliche Leben, das in der Geburt seinen An­fang nimmt; und das geistliche Leben, das in der Wieder­geburt seinen Anfang nimmt.”

Das geistliche Leben mündet in das ewige Leben,
der geistliche Tod mündet in den ewigen Tod.

3. Damit sind wir bei der dritten Todesform, dem e w i g e n T o d. In Offb. 20, 6 wird er auch „der andere Tod” genannt. Dieser ewige Tod beginnt erst nach dem großen Weltgericht. Wer ohne Buße und in völliger Verhärtung gestorben ist, kommt ins Totenreich. Wenn er dort auch vom Evangelium nicht erreicht wird und da­nach beim großen Weltgericht nicht durchkommt, endet er im ewigen Tod. So wie ich als Mensch nicht in der Lage bin, die Herrlichkeit des Himmels zu schildern, so bin ich auch nicht imstande, die Schrecken des Feuersees darzu­stellen.

V. DIE GERICHTE GOTTES

1. Wir haben in der Bibel Strafgerichte. Die Sintflut war ein Gericht über die unbußfertige, alte Welt. Die Plagen in Ägypten waren ein Gericht über Pharao und sein Volk. Die kupferfarbenen Schlangen, deren giftigen Biß 23 000 Menschen erlagen, waren ein Strafgericht für das lüsterne Volk. Die Bibel und das Leben sind voll von derartigen Gerichten.

2. Die Opferung des Gottessohnes am Kreuz auf Golga­tha ist ein Gericht über die Sünde der Menschheit. Das Kreuz ist das doppelte Zeichen, das Symbol, daß Gott nein sagt zur Sünde des Menschen und ja sagt zum Menschen selbst.

3. Wer in seinem Leben eine Gottesbegegnung erlebt hat und Gott recht gibt über sich selbst, der erlebt das große Gericht der Gnade. Der Dichter spricht dieses Be­kenntnis aus:

Nun was du Herr erduldet,
Ist alles meine Last.
Ich hab’ es selbst verschuldet,
Was du getragen hast.
Schau her, hier steh’ ich Armer,
Der Zorn verdienet hat.
Gib mir, o mein Erbarmer
Den Anblick deiner Gnad’.

Solche Gottesbegegnungen hatten etwa David, wenn wir an seine Bußpsalmen denken, vor allem Psalm 32 und 51; Petrus im Boot (Luk. 5); Zachäus in Jericho (Luk.19) und Saul von Tarsus vor Damaskus (Apg. 9).

4. Diesem großen Gericht über unsere Person, bei dem wir unseren völligen Bankrott erleben und die Verzweiflung uns zu Boden wirft, folgt dann das tägliche Gericht in der Nachfolge Jesu. Luther sagt in der ersten These: „Wenn unser Herr und Meister spricht ’Tut Buße!’ so will er, daß unser ganzes Leben Buße sei.” Der treue Jünger Jesu wird täglich durch das Wort Gottes und durch den Heiligen Geist in das Gericht hineingezogen.

5. Diesen Gerichten in der Geschichte der Vergangen­heit und in unserer Lebensführung in der Gegenwart folgen dann zwei Gerichte in der Zukunft.

Erich Sauer, der begnadete Bibellehrer mit einem pro­phetischen Blick hat eine Bücherreihe geschrieben:
„Das Morgenrot der Welterlösung”,
„Der Triumph des Ge­kreuzigten”,
„Vom Adel des Menschen”.

Er schreibt, daß die Jünger Jesu nur ein Gemeindegericht zu erwarten haben. Sie kommen nicht in das letzte große Weltgericht, da es ja beim letzten großen Weltgericht nur um die An­nahme oder Verwerfung derer geht, die im Totenreich haben warten müssen. Die Frage der Errettung ist ja bei den Jüngern Jesu durch die Gnade Gottes bereits entschieden. Als Schriftbeleg wäre zu nennen Joh. 5, 24:
„Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat dass ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurch­gedrungen.”
Zum Gemeindegericht gehört auch die Stelle 1. Kor. 3,12‑15. Dieser Abschnitt spricht davon, daß unser Lebenswerk geprüft wird, welches Baumaterial wir auf den Grund Jesus Christus gebaut haben. Um die eigentliche Errettung geht es in diesem Abschnitt nicht, sondern nur um den Lohn. Das sagt der Vers 15 aus:
„Er selbst aber wird errettet werden als einer, der durchs Feuer gegangen ist.”
Die Stelle 2. Kor. 5,10:
„Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf daß ein jeglicher empfange nach dem er gehandelt hat bei Leibesleben, es sei gut oder böse” steht dieser Aussage vom Gemeindegericht und Weltgericht nicht entgegen, da dieser Vers die Aufgliederung ja nicht vornimmt und nur aussagt, daß wir alle einmal in das Gericht hinein müssen, um den Lohn unserer Taten zu erhalten. Diese Stelle kann sich sowohl auf das Gemeindegericht als auch auf das Weltgericht beziehen. Der stärkere Akzent liegt aber auch hier auf dem Gemeindegericht, weil Paulus in dem ganzen Abschnitt von den Gläubigen redet und sagt (V. 9): „Darum fleißigen wir uns auch, wir sind daheim oder wallen, daß wir ihm wohl gefallen.”

Zur Frage des Gemeindegerichts erhielt ich einmal von Wilhelm Busch ein ausgezeichnetes Gleichnis. Ich war bei ihm zu einer Evangelisation in der Essener Altstadt. Bei einer Rundfahrt durch Essen zeigte er mir die ausgebrannte Synagoge. Im November 1938 wurden im Zuge der Judenverfolgungen durch die Nationalsozialisten alle Synagogen angesteckt. Die Synagoge brannte aus. Ihre mächtigen Mauern und auch das aus Natursteinen gewölbte Dach blieben stehen. Während des Krieges erlebte nun Essen viele Fliegerangriffe. Einmal brannte der ganze Stadtteil, in der die Synagoge steht. Die Leute flüchteten sich zu Tausenden in das massive Gewölbe der ausgebrannten Synagoge und hatten dort Schutz. Wilhelm Busch sagte dazu: „So ist es mit den Christen. Wenn einmal das Feuer des Gerichtes Gottes über unser Leben hinweggegangen ist, dann bleibt uns das Feuer des letzten Weltgerichtes erspart.” Dieses Beispiel aus dem Mund von Wilhelm Busch werde ich wohl mein Lebtag nicht mehr vergessen. Es trifft den Kern der Sache.

6. Ein großes, umfassendes Gericht ist dann das Welt­gericht Offb. 20,11‑15. Die Erde und das Meer geben ihre Toten heraus. Weil in diesem Abschnitt im Zusammen­hang mit Erde und Meer auch das Totenreich genannt wird, ist wiederum der Schluß möglich, daß das Toten­reich um uns Lebende herum ist. Wir haben nur kein Organ dafür. In diesem letzten Weltgericht werden ohne Zweifel noch einmal Menschen gerettet werden.

Wir können nicht anders, als mit dem Lobgesang des Paulus zu schließen (Röm. 11, 33‑36):

O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber ge­wesen? Oder wer hat ihm etwas zuvor gegeben, daß ihm werde wiedervergolten? Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.

 

VI. FRAGEN UND ANTWORTEN

1. Dürfen wir für Tote beten?

Weder das Alte noch das Neue Testament enthält eine Stelle, die sich mit der Fürbitte für die Toten befaßt. Lediglich die Apokryphen (2. Makk.12, 44) sprechen davon.

Luther meinte, man dürfe einmal oder zweimal nach dem Abscheiden unserer Lieben für sie beten und solle dann die Fürbitte einstellen. Fast alle bekann­ten Seelsorger raten in ähnlicher Weise. Die Toten sind unserer Fürsorge entzogen. Intensives Beten für die Toten kann zur Schwermut führen.

2. Warum läßt die katholische Kirche Totenmessen lesen?

Luther weist in seiner Schrift vom Jahr 1522 „Wider den Mißbrauch der römischen Messe” nach, daß die Totenmesse spiritistischen Ursprungs ist. Auf Grund vieler Totenerscheinungen von verstorbenen Mön­chen, die um eine Messe baten, hätte Gregor der Große die Einführung der Totenmesse betrieben und durchgeführt.

3. Können Verstorbene für Lebende beten?

Das Beispiel des reichen Mannes in Luk. 16 zeigt uns, daß eine solche Fürbitte möglich ist. Wenn der gottlose Mann für seine Brüder bittet, wieviel mehr werden gläubig Verstorbene für ihre zurückgeblie­benen Angehörigen beten.

4. Können Verstorbene sich erkennen?

Nach dem Gleichnis vorn reichen Mann und dem armen Lazarus müssen wir das bejahen. Vor allem werden Menschen, die nach ihrem Tod in die gleichen Bereiche kommen, sich erkennen.

5. Können Menschen aus dem Totenreich noch gerettet werden?

Aus dem Gesamtzusammenhang der Heiligen Schrift muß diese Möglichkeit bestehen. In dem Totenreich sind ja auch Heiden, die nie etwas von Christus ge­hört haben. Christus ist auch hinuntergefahren in die „untersten Örter der Erde” (Eph. 4, 9) und hat den Toten das Evangelium verkündigt (1. Petr. 4, 6).

6. Gibt die Heilige Schrift Anhaltspunkte, daß alle Menschen gerettet werden?

Nein! Die Anhänger der Allversöhnungslehre, vor allem in den Kreisen des schwäbischen Pietismus, sind allerdings der Meinung, daß nach langen Gerichten in der Ewigkeit alle Menschen gerettet werden und zuletzt der Teufel auch. Jesus hat diese Gedanken nirgends geäußert.

7. Dürfen Gläubige in der Ewigkeit mit den Männern der Bibel sprechen?

Warum nicht? Sollte sich Lazarus nicht mit Abraham unterhalten haben? Sollte Jesus ohne ein Wort den Schächer zur Rechten in das Paradies eingeführt haben?

8. Wird es einer gläubigen Mutter nicht die Seligkeit belasten, wenn sie weiß, daß ihre Kinder verlorengegangen sind?

Gottes Barmherzigkeit wird dafür sorgen, daß die Freude am Herrn der Seligen nicht getrübt wird. Die fleischlichen Bande der Familie und der Ehe sind dort ohnehin gelöst. Es gibt nur noch die Bande der großen Gottesfamilie, die mit ihrem Herrn verbun­den ist.

9. Wird die irdische Liebe in der Ewigkeit ihr Ende finden?

Was an der irdischen Liebe aus der Sünde stammte und aus unserer irdischen Leiblichkeit, wird drüben weggenommen sein. Was an unserer Liebe aus dem Urgrund aller Liebe, aus Gott, stammt, wird drüben seine Vollendung finden. Menschen, die sich in echter Weise liebten, werden drüben auch eine besondere Stellung zueinander haben. Aber alle Liebe wird auf Christus zielen, der sein wird alles in allen.

10. Wird es in der Ewigkeit Unterschiede in der Herrlichkeit geben?

Ja! Zwei Männer sind von Gott ausersehen, zur Rechten und zur Linken Jesu zu sitzen (Matth. 20, 23). 24 Älteste sind bestimmt, ihren Platz um den Thron der Herrlichkeit zu haben (Offb. 5, 8). Es gibt Gläu­bige, die der ersten Auferstehung gewürdigt sind, und die mit Christus regieren (Offb. 20, 6).

11. Wird es im Himmel nicht langweilig sein?

Diese Frage stammt aus dem Unglauben und aus menschlicher Kurzsichtigkeit. Paulus sagt (1. Kor. 2,9): „Was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die ihn liebhaben.”

Ohne Zweifel wird in der Ewigkeit der Anbetung im Geist und in der Wahrheit die meiste Zeit ein­geräumt sein, darüber hinaus wird der Herr viele Aufgaben für uns haben und uns zu immer größerer Klarheit und Herrlichkeit führen.

12. Wird das Los der Verdammten nicht die Seligkeit stören?

Auch diese Frage stammt aus menschlichen Denk­maßstäben, die drüben ihre Gültigkeit und Kraft verloren haben. Was wir jetzt noch nicht verstehen, wollen wir alles getrost dem Herrn überlassen, der alles recht machen wird. Am Ende der Schöpfung wird es wie am Anfang heißen: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut” (1. Mos. 1, 31).

 

DER REICHE MANN UND DER ARME LAZARUS

Luk. 16, 19‑31

Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich mit Purpur und köstlicher Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden.
Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür vol­ler Schwären und begehrte sich zu sättigen von den Brosamen, die von des Reichen Tische fielen; doch kamen die Hunde und leckten ihm seine Schwären.
Es begab sich aber, daß der Arme starb und ward getragen von den Engeln in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und ward begraben.
Als er nun in der Hölle und in der Qual war, hob er seine Augen auf und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß.
Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich mein und sende Lazarus, daß er das Äußerste seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme.
Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, daß du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, und Lazarus dage­gen hat Böses empfangen; nun aber wird er getröstet und du wirst ge­peinigt.
Und über das alles ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, daß die da wollten von hinnen hinabfahren zu euch, könn­ten nicht, und auch nicht von dannen zu uns herüberfahren.
Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, daß du ihn sendest in meines Vaters Haus; denn ich habe noch fünf Brüder, daß er ihnen bezeuge, auf daß sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual.
Abraham sprach zu ihm: Sie haben Mose und die Propheten, laß sie dieselben hören.
Er aber sprach: Nein, Vater Abraham! sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun.
Er sprach zu ihm: Hö­ren sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glau­ben, wenn jemand von den Toten aufstünde.

Aus der Broschüre von Pfr. Dr. Kurt Koch UNSER LEBEN NACH DEM TODE

Die Hervorhebungen wurden von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im Juni 2005

www.horst-koch.de

info@horst-koch.de

 




Die Verführung d. Jugend (Hunt)

Dave Hunt

Die Verführung der Jugend

 

Robert Muller, früher stellvertretender UNO-Generalsekretär und be­kannt als »Philosoph der Vereinten Nationen und ihr Prophet der Hoffnung«, ist eine der heute führenden Gestalten des weltweiten Bil­dungswesens. Er ist Kanzler der Friedensuniversität in Costa Rica und Gründer der Rober-Muller-Schule in Arlington (Texas) sowie Autor ih­res World Core Curriulum Manual (Handbuch zum Weltlehrplan), das in vielen Ländern von Pädagogen in verbreitetem Gebrauch ist.
Muller betrachtet sich selbst als guten Katholiken – und seine Kirche ihn auch. Eine seiner Auszeichnungen ist ein »goldener Kruzifix, der ihm von Papst Johannes Paul II. verliehen wurde«.

Muller leistet bedeutende Beiträge zur okkulten Invasion. Sein »Gott« ist eine »geheimnisvolle Kraft, die das Universum regiert« und für alle Religionen annehmbar ist. Zur Rettung der Welt indoktriniert er die Jugend mit einer universalen Spiritualität (d.h. Okkultismus), wofür er den Lehrplan entwickelt hat. Der frühere Uno-Generalsekretär U Thant, ein hingegebener Buddhist und Atheist, ist einer der spirituellen Lehr­meister Mullers. In seiner Abschiedsansprache an die UNO im Dezem­ber 1971 gab U Thant zu verstehen, daß die globale Erziehung nicht re­ligiös, sondern spirituell sein muß:

Ich würde spirituellen Werten die allerhöchste Wichtigkeit zumessen . . .  Ich vermeide bewußt den Begriff »Religion«. Ich denke an den Glauben an sich selbst, die Reinheit des inneren Selbst, die für mich der höchste Wert überhaupt ist. Mit dieser Herangehensweise al­lein mit diesem Konzept, werden wir imstande sein, die Art von Ge­sellschaft zu gestalten, wie wir sie wünschen. Die Notwendigkeit glo­baler Erziehung muß über die intellektuellen Errungenschaften hinausgehen und sich bewußt auf die Sphären des Moralischen und Spirituellen erstrecken.

Wie funktioniert »Glauben an sich selbst, die Reinheit des inneren Selbst« bei denen, die nicht rein sind?
Bibel wie Alltagserfahrung stimmen darin überein, daß alle Menschen Sünder sind. Wie könnte irgendjemand, ge­schweige denn ein Weltführer, die Zukunft einer innewohnenden mensch­lichen Gottheit anvertrauen, welcher der Geschichte widerspricht? Den­noch sind die Leute an der Weltspitze sicher, dass die globale Erziehung der nächsten Jugendgeneration eine spirituelle Entwicklung des inneren Gottes verkörpert.

Dieses Thema stand beim zweiten jährlichen Weltforum im Oktober 1996 im Vordergrund. Dieses Forum wurde von der Gorbatschow-Stiftung organisiert und zog über 600 Führungspersonen aus aller Welt an, um die neue Weltordnung zu diskutieren.

Rabbi Arthur Hertzberg be­zeichnete in seiner Ansprache vor dem Plenum Religionen als »Anstifter des Hasses«.

Das Forum pries den Buddhismus an, während es das Chris­tentum verunglimpfte.
Ein Großteil der Aussagen gab nur die Behaup­tung des Autors Duane Elgin wieder, dass »die Erkenntnis unserer Ver­bindung mit dem Bewußtsein des lebendigen Kosmos … die Grundlage für die globale Kultur« bereitet. Als Sprecher der anwesenden Jugend­leiter sagte der Harvard-Student Bill Burke-White:

Diese Gemeinschaft [heutiger Schüler] … hat keine Toleranz gegen­über Dogmatismus und Fundamentalismus … wir wurden in eine er­wachende Erde hineingeboren … Stellen Sie sich eine Welt vor … die die Vision des Jugendgipfels vom Bau einer globalen Jugendverbin­dung verwirklicht hat … ein Netzwerk der vielen verschiedenen Ju­gendorganisationen, die diese ersehnte Vision für das neue Jahrtau­send teilen.

Globale Spiritualität in der Erziehung

Was können U Thant, Muller, Gorbatschow und andere Führungsperso­nen mit Spiritualität meinen? U Thants Spiritualität leugnet den Gott der Bibel und stammt von einer okkulten Kraft.

Muller erklärt:
Natürlich erhebt sich sogleich die Frage: Wie kann man von einer glo­balen Spiritualität sprechen in einer Welt so vieler Religionen und Atheisten sowie solchen Religionen wie Buddhismus, Jainismus und Sikhismus, die gar keinen Gott haben? Es gibt jedoch einen gemeinsa­men Nenner, wenn sich die Menschen als Teil eines äußerst geheim­nisvollen und schönen Universums sehen. Aus dieser Ehrfurcht er­wächst ein spirituelles Herangehen ans Leben. Alles wird heilig … und wundersam … im Blick auf die geheimnisvolle Kraft, die das Univer­sum regiert.

Keine Kraft kann, so geheimnisvoll sie auch sein mag, die Quelle irgend­welcher »spirituellen« Qualitäten sein. Wir haben nur deshalb spirituelle Fähigkeiten, weil wir nach dem Bild Gottes geschaffen sind.
»Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten« (Joh 4,24). Die verrückte Vorstellung – dass eine unpersönliche Kraft persön­liche Wesen hervorbringen könnte – wird als Wissenschaft aufgegriffen und verteidigt. So versucht der Mensch, der moralischen Verantwortung gegenüber seinem Schöpfer zu entfliehen.

Muller ist fest entschlossen, die Jugend der Welt mit seiner Spirituali­tät zu indoktrinieren, die mit der Spiritualität von Norman Vincent Peale und John Marks Templeton übereinstimmt. Er ist überzeugt, dass Glau­be – insbesondere wenn er visualisiert wird – zur »Materialisierung« des­sen führt, was wir so sehnlich wünschen.
Mullers Spiritualität stammt von einem verführerischen Geist, der behauptet, einem lange verstorbe­nen tibetischen Meister zu gehören, der im Okkultismus als Djwhal Khul bekannt ist. Im Vorwort von Mullers Weltlehrplan lesen wir:

Die zugrunde liegende Philosophie, auf der die Robert-Muller-Schule basiert, findet sich in den Lehren, die in den Büchern Alice A. Baileys vom tibetischen Lehrer Djwhal Khul dargelegt werden … und den Lehren von M. Morya, wie sie in der Agni-Yoga-Buchreihe beschrie­ben sind … Die Robert-Muller-Schule wurde 1985 voll anerkannt … Die Schu­le wird jetzt als offizielle den Vereinten Nationen angegliederte Schu­le bestätigt, die eine Erziehung zu internationaler Zusammenarbeit und Frieden bietet.

Muller wurde 1989 mit dem UNESCO-Friedenspreis für Erziehung aus­gezeichnet. 1990 trafen sich Abgeordnete aus 155 Ländern in Thailand zur »Weltkonferenz Bildung für alle«, um in Anknüpfung an Mullers Ide­en die Pläne für einen Weltlehrplan weiterzuführen. Weitere Konferen­zen folgten mit der Zusammenarbeit republikanischer und demokrati­scher Behörden: »America 2000« von US-Präsident Bush und Clintons »Goals 2000«, die in das Projekt »Global 2000« mündeten.

Dr. Dennis Laurence Cuddy, ehemals für das US-Bildungsministerium tätig, erklärt:

UNESCO und UNICEF, die Partner bei Global 2000 sind, setzten [welt­weit] die Initiativen in Gang, die bei der Weltkonferenz Bildung für alle [Thailand 1990] entwickelt wurden, der größten Bildungskonfe­renz aller Zeiten.

Erziehung zur Weltbürgerschaft

Ein hauptsächliches Ziel von America 2000 ist die Be­gründung von Schulbildungs- und Prüfungsmaßstäben für die ganze USA, die die gesamte Schulbildung unter die Kontrolle der US-Regierung stel­len. Dazu wurde die Einrichtung »Ergebnisbasierte Bildung« (OBE, Out­come Based Education) eingeführt.
OBE hat wenig mit den Erwartun­gen der Eltern an die Schulbildung zu tun und dafür umso mehr mit der Indoktrinierung der Kinder mit »politisch korrekten Reaktionen« in be­stimmten ethischen Situationen. Wie der Iowa Report es ausdrückt, sind OBE und ML = Mastery Learning (etwa: »Erlernen von Meisterhaftig­keit«) darauf ausgelegt, »Schüler durch Verhaltensmodifikation zu ma­nipulieren, basierend auf den Methoden von B. F. Skinner … [sie] öffnen die Tür zur Zerstörung ihrer traditionellen und religiösen Werte … In einem solchen Programm sind traditionelle christliche Werte unannehmbar …«

Dieses US-weite Programm wurde bereits gestartet, um die »Ergeb­nisse« zu beobachten, d. h. zu bestimmen, ob das Verhalten der Schüler annähernd der erwarteten Transformation entspricht. Die »Nationale Be­urteilung des Bildungsprozesses« (NAEP) wertet die Programme an staat­lichen Schulen aus. Wenn die »Ergebnisse« nicht den Maßstäben ent­sprechen, wird vom »Nationalen Distributions-Netzwerk« (NDN) ent­sprechendes Hilfsmaterial an die Schulen verteilt, damit die Defizite »be­hoben« werden.

Dieses Programm ist international.
Jean-Francois Revel weist auf das gleiche Programm in Frankreich hin.
Wir werden Zeugen der Anhäu­fung von gut vorgetragenen Plänen, die viele Jahre zurück reichen und sogar die Sowjetunion umfassen. 1934 finanzierte die Carnegie Corpora­tion eine Studie über Bildung, worin die Rede davon war, dass »die west­liche Zivilisation in eine Weltordnung übergeht … ein Neues Zeitalter des Kollektivismus [Sozialismus] bricht an«.

1958 unterzeichnete US-Präsident Eisenhower das erste Abkommen zwischen der USA und der Sowjetunion, das auch das Bildungswesen mit einbezog. Die Umgestal­tung des Bildungswesens beschleunigte sich mit dem historischen Gene­ralabkommen, das von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow im No­vember 1985 in Genf unterzeichnet wurde.

Dieses Abkommen »tauschte US-Technologie gegen psychosoziale Stra­tegien der UdSSR ein, die eingesetzt werden, um Kinder zu indoktrinie­ren, ihr Verhalten zu modifizieren und Menschen zu beobachten, um ihre Willfährigkeit sicherzustellen«. Es rief auf zu »gemeinsamen Überprü­fungen der Schulbücher«, was in einen gemeinsamen Lehrplan »für den Unterricht in allen Klassen der Grund- und weiterführenden Schulen so­wie auf Oberschulen und Universitäten« resultierte.

Malachi Martin warnte: Bald ist der Tag gekommen, so nimmt man an, dass Schulkinder in Gorbatschows Geburtsort Privolnoye und in Reagans Geburtsort Tampico in Illinois alle denselben Stoff lernen werden.

Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, wollten wir auf die vielen Organisationen eingehen, die zusammenarbeiten, um die Welt-Schulbildung zu vereinen, bzw. auf den Stand des Fortschritts bei diesem Unter­fangen.
Uns geht es um die okkulte und antichristliche Spiritualität und die damit einhergehende Unmoral, unter deren Einfluß die Jugend steht. Die okkulte Invasion an den öffentlichen Schulen, die unausweichlich den christlichen Glauben zerstört, vollzog sich nicht bei Nacht und Ne­bel.
1972 sagte der Harvard-Professor für Pädagogik und Psychiatrie Che­ster M. Pierce in seiner Ansprache vor der Internationalen Gesellschaft für Kindererziehung:

Jedes Kind in Amerika, das mit fünf Jahren auf die Schule kommt, ist geisteskrank, weil es auf die Schule kommt mit bestimmten Bindun­gen an unsere Gründerväter, an seine Eltern, an einen Glauben an ein übernatürliches Wesen …
Es ist nun Ihre Aufgabe, liebe Lehrer, aus all diesen kranken Kin­dern gesunde zu machen – indem Sie die internationalen Kinder der Zukunft erschaffen.

 

Eine kalkulierte Gehirnwäsche

Da die öffentlichen Schulen sich dem christlichen Glauben gegenüber als zu dogmatisch verschlossen, wurden sie zu Experimentierlabors für die neuesten psychologischen Theorien und alle Arten des Okkultismus, von Indianerspiritualität über Yoga bis zu Hexerei. Die Universitäten wurden zu den Versuchsfeldern der Revolution nicht allein gegen Demo­kratie sondern gegen die konventionelle Familie und alle christlichen Werte.

Phil Jacksons vier Jahre älterer Bruder Joe, der ebenfalls »seinen Glau­ben verloren« hatte, obwohl er eine Zeit lang »in Zungen sprach«, führte Phil in die Selbsthypnose und in den Zen-Buddhismus ein. Joe wiederum hatte Letzteren von einem Professor der Universität von Texas gelernt. Das College hatte auf Phil denselben Effekt. Sein Zimmergenosse, ein ehemaliger Lutheraner, ermutigte Phil, »einen unvoreingenommeneren Blick auf das [christliche] Glaubenssystem zu werfen … und das Leben etwas lockerer zu sehen. Das war ein begeisterndes Gefühl. Die 60er waren in vollem Gange und ich widmete mich ganz der Konterkultur... «

Während seinem letzten Hochschul-Jahr (1967) heiratete Phil und bekam mit seiner Frau zusammen eine Tochter. Er schreibt, die große Her­ausforderung der 60er war für ihn »die Betonung von Mitgefühl und Brü­derlichkeit, sich zusammenzutun und einander hier und jetzt zu lieben …«

Doch obwohl er und seine Frau sich die gegenseitige Liebe geschworen hatten, wurden sie geschieden. Jackson erklärt, dass die Jugendlichen »versuchen, aus den antiquierten Ansichten der Eltern auszubrechen und die Welt noch einmal neu zu erfinden«. Und die Schulen förderten die­sen »Ausbruch« bewußt, insbesondere aus dem christlichen Glauben.

Oberstes Ziel ist natürlich, das Denken der Weltbürger zu beherr­schen – und das Christentum steht dem im Weg. Die meisten Regierun­gen der Welt haben Experimente mit verdeckter Hypnose, geheimer Ver­abreichung von Drogen, Behandlung mit Elektroschocks und elektrischer Reizung des Gehirns betrieben. Damit wird versucht, das Verhalten des Menschen zu steuern. Bei diesen Experimenten wurden Tausende gefol­tert, und das nicht nur einst im Nazi-Deutschland und in der Sowjetuni­on, sondern auch heute in muslimischen Ländern und sogar im Abend­land. Die USA sind da keine Ausnahme. Bluebird und Mkultra sind zwei CIA-Programme, die der Öffentlichkeit ein wenig bekannt wurden. Zu ausführlicherer Dokumentation fehlt hier der Platz.

Pädagogen, Psychologen und Psychiater (angefangen von Dewey, Skin­ner, Pierce u.a.) sind fest entschlossen, das Denken unserer Jugend durch scheinbar legitime Mittel zu steuern. Die Regierung hat Gesetze erlas­sen, die eine Manipulation des Denkens an öffentlichen Schulen ermög­lichen. Dem evangelikalen Christentum (das der künftigen Weltreligion im Wege steht) muß der Garaus gemacht werden. An seiner Stelle wird die amerikanische Eingeborenen- Spiritualität eingeführt sowie okkulte Techniken des Schamanismus (wie Visualisierung von inneren Führern).

 

Holistische Pädagogik

Der neue Fahrplan für eine weltweite Pädagogik besteht aus denselben holistischen Konzepten, die auch im Gesundheitswesen um sich greifen. Jeffrey Kane, Herausgeber einer Zeitschrift für holistische Pädagogik, gesteht, dass »Holismus sich auf das Heilige bezieht«. Was aber bedeutet »heilig« für Humanisten? Und was hat »heilig« mit der staatlichen Pä­dagogik in den USA zu tun, wo Kirche und Staat angeblich getrennt sind? Wenn Kane sagt, das Ziel holistischer Pädagogik werde »das Kind zur Entfaltung seiner Spiritualität befähigen«, wissen wir, dass er damit nichts meint, was mit dem Christentum auch nur vergleichbar wäre.

Das Huma­nist Magazine schreibt sogar:
Das Klassenzimmer wird und muß zur Arena des Kampfes werden … zwischen dem faulenden Kadaver des Christentums … und dem neu­en Glauben des Humanismus.

Humanismus ist die Religion des Menschen als sein eigener Gott mit unendlicher Macht und seinen eigenen »Werten« in sich selbst. Er ist die Religion der »Human-Potential«-Bewegung der okkulten Religion von übersinnlichen Kräften, die der Mensch mittels »höherer Bewußtseinszustände« zu entwickeln hofft. Imagination ist die wichtigste Triebfeder holistischer Pädagogik und das Mittel, mit dem dieser Bewußtseinszustand am einfachsten erreicht wird und mit dem man den Wesenheiten der okkulten Sphäre begegnen kann. Donald A. Cowan, früherer Rektor der Universität von Dallas, sagte:

Was wird im kommenden Zeitalter den Platz von Logik, Fakten und Analyse einnehmen? In dieser Ära wird die Imagination der zentrale Weg des Denkens sein. Imagination wird das aktive, kreative Werk­zeug der Kultur sein und primitives Gedankengut in einen höheren, greifbaren Zustand verwandeln …

In ihrem Buch Growing Up Gifted (»Begabt aufwachsen«) spricht sich Barbara Clark für Yoga und Visualisierung und die Entwicklung über­sinnlicher Kräfte aus. »Transzendenz« soll erreicht werden, indem die Schüler einen Sinn für das Einheits-Bewußtsein entwickeln. Das soll mit­tels »transpersonaler Kommunikation« geschehen, die zu einem Vertrauen auf eine innere Reinheit führt, wie U Thant sie vertritt:

Transpersonale Kommunikation ist dazu konzipiert, Menschen zu hel­fen, dass sie Vertrauen auf die Gültigkeit ihrer persönlichen Erfah­rung entwickeln und das annehmen, was sie aus diesen Erfahrungen als ihre beste Quelle der Weisheit und Wahrheit lernen.

Als er noch Gouverneur von Arkansas war, gründete Bill Clinton mit seiner Frau Hillary die »Governor’s School« als »Umstrukturierung« der öffentlichen Schulen dieses US-Staates.

Als Bestandteil einer systemati­schen Gehirnwäsche wurde u.a. ein vulgärer Sprachgebrauch gefördert. Ziel war dabei, die Schüler aller biblischen Moralmaßstäbe zu entledi­gen. Homosexualität, freier Sex, New-Age-Gedankengut und -Praktiken (einschließlich der Anbetung des Selbst und des Universums als Gott), Auflehnung gegen Autorität und Entfremdung von den Eltern wurden als Vorbereitung auf die Führerschaft in einer Neuen Weltordnung in dreister Weise vorangetrieben. Die Clinton-Regierung zielt ab auf die Umstrukturierung des gesamten öffentlichen Schulsystems der USA nach diesem Muster.

In dieser Atmosphäre der offenen Feindseligkeit gegenüber dem christ­lichen Glauben müssen unsere Kinder und Enkel nun aufgezogen wer­den. Wer den Kompromiß eingeht und mitläuft, wird Stück um Stück zugrunde gehen.

Wenn »Werte« biblische »Tugenden« ersetzen

Die Ablehnung des Gottes, der uns zu einem bestimmten Zweck erschaf­fen und Moralmaßstäbe für unser Verhalten bestimmt hat, führte dazu, dass der Mensch haltlos im Universum treibt und seine Imagination sei­ne einzige Orientierung ist. Vor Jahren zerstörte in den USA die Aktion »Werte-Klarstellung« die Moral. Grundschulkindern wurde beigebracht, ihre eigenen »Werte« von sich selbst von innen heraus zu bestimmen. Heute ist es »Konsens-Bildung«, in deren Rahmen individuelle Werte – wie auch immer erlangt – durch »Gruppendenken« niedergerissen wer­den. Der neue globale Maßstab wird allmählich zu dem, worin alle über­einstimmen – »zum Nutzen der ganzen Erde«.

Die Gesellschaft achtet jetzt »homosexuelle Werte« genauso wie »fa­miliäre Werte«. Homosexuelle Werte hält man für tolerant und somit anerkennenswert; familiäre Werte hingegen werden als engstirnig und »negativ« gegenüber Homosexualität und anderen Arten von Unmoral angesehen und gelten somit als unvertretbar. Das ist die unmoralische Atmosphäre in den Schulen, in der unsere Jugend global »erzogen« wird.

Malachi Martin bringt es auf den Punkt:
»Gut« wird nicht länger mit einer moralischen oder religiösen Fär­bung belastet … [sondern] lediglich zu einem Synonym für »global« gemacht … Die Betonung liegt auf der Homogenität der Köpfe, auf der Schaffung und Förderung einer wahrhaft globalen Denkungsart«.

Bruce Logan, Leiter einer neuseeländischen Stiftung zur Förderung der Erziehung, beklagt das Verlassen der Sicherheit biblischer, von Gott be­stimmter Tugenden und deren Ersetzung durch ungewisse »Werte«. Bei Letzteren, so Logan, »kann es sich um Glaubenssätze … Gefühle … Vor­lieben handeln … wie es einer Person, Gruppe oder Gesellschaft gerade gefällt, zu jeder möglichen Zeit und aus jedem erdenklichen Grund … So haben Michael Jackson und [die verstorbene] Mutter Teresa beide ›Wer­te‹, an denen sie jeweils fest halten … wodurch eine Art moralischer Gleichwertigkeit nahegelegt wird …«

Der anglikanische Priester David Guthrie widerspricht Logan. Er schwärmt von der neuen Freiheit von biblischen Geboten und behauptet sogar, seine Unmoral sei christlich:

»Was immer es in der heutigen Welt heißen mag, Christ zu sein, die Annahme eines Gesetze erteilenden Gottes gehört gewiß nicht dazu … Die Welt der globalen Kultur schlägt eine neue Richtung ein, und da­mit wird es auch eine neue Reihe von »Tugenden« geben … Tugenden, die die menschliche Gemeinschaft in einem bestimmten Augenblick sich anzueignen entscheidet, nicht weil sie etwa durch göttliche Auto­rität erlassen wurden … sondern weil die Gesellschaft sie dazu erwählt«.

In Wirklichkeit ist es nicht »die Gesellschaft«, die diese Entscheidung trifft, sondern ein Teil dieser Gesellschaft entgegen den Einwänden der Übrigen. Reicht ein Wahlergebnis von 51 zu 49 % aus, um Recht und Unrecht zu bestimmen? Auch die Meinungen schwanken, so daß die heu­tigen Tugenden die Laster von morgen sein können. »Gut« und »Böse« haben dann keine Bedeutung. Was Homosexualität betrifft, hat eine klei­ne Minderheit durch Einschüchterungsmethoden ihren Willen der gan­zen Gesellschaft aufgedrückt.

Kalkulierte Zerstörung der Moralmaßstäbe

Eine aktuelle Umfrage in den USA zeigt, dass die Gerichte, Medien und öffentlichen Schulen den Kindern humanistische Werte aufzwingen, ge­gen die sich ihre Eltern und die überwältigende Mehrheit der Amerikaner aussprechen. Beispielsweise mißbilligen 80 % die Entscheidung des Ober­sten US-Gerichtshofs, dass es verfassungswidrig sei, bei einer Hochschul-Entlassungsfeier zu beten, wohingegen nur 18 % diesen Entschluß guthei­ßen. Was das (freiwillige und persönliche, nicht reglementierte) Gebet in öffentlichen Schulen betrifft, sprechen sich 75 % dafür und 19 % dagegen aus.

William J. Bennett, von 1985 bis 1988 US-Bildungsminister, erklärt:
»Die Gründerväter wollten, dass die [christliche] Religion als morali­scher Anker unserer Demokratie dient … Doch als US-Bildungsminister wurde ich immer wieder … als »Ayatollah« angegriffen, wenn ich das freiwillige Gebet – und das Aushängen der Zehn Gebote – in den Schulen unterstütze«.

In diesem Land ist ein Kampf im Gange um die Köpfe unserer Kinder.

Das öffentliche Schulsystem der USA hat sich leider der Zerstörung des christlichen Glaubens hingegeben und seiner Ersetzung durch Evoluti­on, Schamanismus, Hinduismus, Buddhismus und amerikanischer Ein­geborenenreligion. In den meisten Schulen der westlichen Welt wird In­doktrination mit Unterricht entschuldigt.

Jean-François Revel zeigt dies auch für sein Geburtsland Frankreich auf:
»Der Vertrauensmißbrauch und die Preisgabe der moralischen Ver­pflichtung der Lehrer zeichnet sich auch hier auf schändlichste Weise ab … Bereits vor 1967 boten französische Schulbücher ein idyllisches Bild der UdSSR, im Einklang mit den optimistischsten Propaganda-Klischees … Der Unterricht bereitete militanter Verkündigung den Weg. So wies ein Autor eines Handbuchs für Lehrer (Vincent, Bordas, 1980) seine Kollegen an: »In der Welt gibt es zwei Lager: ein imperia­listisches und antidemokratisches (die USA) und ein antiimperialisti­sches und demokratisches (die UdSSR) …«

[Noch 1987, als es keine Ausrede für die Unkenntnis der schreckli­chen Wahrheit gab], wurden die Errungenschaften der sowjetischen Wirtschaft in [glühenden] Worten beschrieben … nicht in Untergrund-Zeitungen … sondern in Schulbüchern als Pflichtlektüre der Kinder.

Wenn Eltern sich gegen diesen horrenden Vertrauensbruch auf Seiten des Schulsystems wehren und gegen die kalkulierte Zerstörung der Moral­maßstäbe ihrer Kinder, verwehrt man ihnen das Recht zur »Einmischung« in das Treiben der öffent­lichen Schulen mit ihren Kindern. Für ihre berechtigte Sorge werden sie als »fanatische fundamentalistische Christen« verschmäht, so der heute erniedrigendste Schimpfname.

Der Autor Tom Robbins beschreibt tref­fend die heutige Haltung der Verachtung von Gott und seinem Wort:
»Unser Ziel ist es, bewußt und vorsätzlich auf einen klügeren, emanzi­pierteren und brillanteren Zustand des Seins zuzustreben, nach Eden zurückzukehren, Freundschaft mit der Schlange zu schließen und un­sere Computer unter den wilden Apfelbäumen aufzustellen«.

Die Psychologisierung der Gesellschaft

Zum Zweck der Umgestaltung der Jugend in die Weltbürger der Zukunft gibt die Regierung ihre Sorge um das psychische Wohlergehen des Kin­des zum Besten. Martin L. Gross lamentiert in seinem Buch Die psycho­logische Gesellschaft:

»Das Schulgebäude ist zum pulsierenden Psychozentrum geworden, aus­gestattet nicht allein mit Lehrern, die in »pädagogischer Psychologie« trainiert sind, sondern zudem mit 60.000 Sozialarbeitern und 7.000 Schulpsychologen, deren »Sprechstunde« an Therapie grenzt«.

Was hat der dominante Einfluß der Psychologie in unseren öffentlichen Schulen erreicht? Vor 50 Jahren waren die schlimmsten Probleme, de­nen sich Lehrer und Schulverwalter gegenübersahen, folgende: 1.) Schwat­zen beim Unterricht, 2.) Kaugummi kauen, 3.) Krach machen, 4.) Ren­nen auf den Fluren, 5.) fortgesetztes Schwänzen, 6.) Verstöße gegen die Kleiderordnung, 7.) Verstreuen von Abfall.
Heute sind es: 1.) Drogenmißbrauch, 2.) Alkoholmißbrauch, 3.) Schwangerschaft, 4.) Selbstmord, 5.) Vergewaltigung, 6.) Raub, 7.) Körperverletzung.

Ein Artikel in Reader’s Digest kommentierte:
»Die Amerikaner lernten die Lektionen, dass Magic Johnson sich mit AIDS infiziert hat, dass die Schulen in New York City Kondome an Jugendliche verteilen und dass ein Neffe von Präsident John F. Ken­nedy Sex mit einer Frau hatte, die er in einer Bar aufgegabelt hatte. Jede Nachricht handelte von etwas, was der derzeitigen Kultur insge­samt fremd war: Sünde«.

In den vergangenen 25 Jahren war Sünde nichts, worüber sich viele lange Zeit den Kopf zerbrochen hätten. Aber … Sünde … bot zumin­dest einen Rahmen für das Verhalten. Als dieser Rahmen mit der se­xuellen Revolution abgeschafft wurde, haben wir die Richtschnur für die persönliche Verantwortung verloren … Die USA hat Probleme mit Drogen, Sex an Highschools, AIDS und Vergewaltigung. Keines die­ser Probleme wird verschwinden, solange nicht Verantwortungsträger auftreten und in offener moralischer Sprache erklären, dass einiges von dem, was Menschen heute tun, falsch ist.

Die neuen »Werte«, die auf den öffentlichen Schulen eingeflößt werden, spiegeln sich auch in den amoralischen, bösartigen Idolen und Drogen­abhängigen wider, die die heutige Jugend bewundert.
Marilyn Mansons Album Antichrist Superstar »war in der ersten Woche nach Erscheinen auf dem dritten Platz der Hitliste meistverkaufter CDs [im Herbst 1996]. Mit seinem Künstlernamen, der sich aus dem Sexsymbol Marilyn Mon­roe und dem Massenmörder Charles Manson zusammensetzt, spottet die­ser ordinierte Satanspriester mit seiner headbangenden Band offen je­dem moralischen Prinzip. Mit T-Shirts mit der Aufschrift ›Töte Gott, töte deine Eltern, töte dich selbst‹ feiert die Band Hass, Rassismus, sexuelle Perversion, Gewalt und Gotteslästerung … und verhöhnen Gott und be­schimpfen Jesus. Marilyn [Manson] sagte: ›Ich bin jetzt auf meinem Weg nach unten; ich möchte dich gern mitnehmen.‹«

Die Theologen der Psychologie konnten ihre okkulte Religion nur auf den Ruinen des christlichen Glaubens erbauen.

Carl Rogers gab zu: »Ja, es stimmt, Psychotherapie ist subversiv … Therapie, Theorien und Tech­niken fördern ein neues Menschenbild entgegen der traditionellen Auffassung.« In Psychology Today frohlockte Rollo May: »Wir haben uns von den Theologen verabschiedet, die im Kielwasser unseres toten Gottes treiben.« Schon 1969 erklärte PT: Wir müssen »unsere eigenen inneren Erfahrungen unabhängig von den traditionellen … Grundlagen der jüdisch-christlichen Erfahrung deuten … Wir sind gezwungen, unse­re eigene Moral aufzurichten, unseren eigenen Glauben zu erreichen …«

Der schuldlose Mensch von heute

Recht und Unrecht haben ihre Bedeutung verloren, weil der modernen Psychologie zufolge niemand für irgendetwas, was er tut, verantwortlich ist. Wir alle sind Opfer, durch Kindheitstraumen zu dem getrieben, was wir tun. Diese Traumen, die wir einst erlitten, haben verborgene Motive und Triebe erzeugt, die im Unterbewußtsein vergraben liegen und uns somit unbekannt und von uns nicht zu kontrollieren sind. Heute sind vie­le Eltern von solchen Lügen überzeugt und bestrafen ihre Kinder nicht mehr mit Zucht, weil sie fürchten, sie könnten ihnen seelischen Schaden zufügen.
Gross stellt heraus:

Vor Freud konnte kein gebildeter Erwachsener einen plausiblen Grund finden, die Verantwortlichkeit für sein Verhalten zu umgehen. Die Schaffung eines schuldlosen … Menschen war der Psychoanalyse und psychodynamischen Psychologie vorbehalten. Das ist nicht mit dem Vertuschen seiner Fehler getan, sondern diese Fehler müssen auf sei­ne Kindheit zurückgeführt werden – die Zeit, als er moralisch unschul­dig war … Freud erklärte diese Schuldlosigkeit einmal einem Patien­ten, der sich für seine Feigheit schämte. »Ich zeigte ihm auf, dass er sich selbst logischerweise als in keiner Weise für einen dieser seiner Charakterzüge verantwortlich betrachten solle … Diese verwerflichen Impulse … waren nichts als Abkömmlinge seines infantilen Charak­ters, die in seinem Unbewussten überlebt hatten; und … moralische Verantwortlichkeit kann auf Kinder nicht angewendet werden.«

Das ist die Theorie der fortdauernden Kindheit. Nicht nur Neurose, sondern auch Mißmut oder die Unfähigkeit, Liebe oder Freundschaft zu finden, sind uns von unseren erwachsenen Schultern genommen und zurückverwiesen worden auf die schlaffe Brust der Mutter …

Unglücklich verheiratete 45-Jährige suchen die Antwort nicht in ihrer eigenen Selbstsucht oder Unreife … »Meine Mutter (oder mein Vater) hat dies und jenes getan …«, lautet die Litanei der psychologi­schen Gesellschaft.

Sünde wurde neu definiert als Krankheit und die Liste »mentaler Krank­heiten« wird fast täglich länger. Anstatt zur Verantwortung gezogen und zur Reue aufgerufen zu werden, wird dem Sünder »Therapie« verabreicht. Alles, von Ungehorsam bis zum Mord, wird als irgendein Syndrom oder als Sucht entschuldigt. Ehebrecher sind jetzt »Sexsüchtige«, deren Kran­kenversicherung für langwierige »Behandlungen« in säkularen und sogar »christlichen« Psychiatrien aufkommt.

Die Explosion von Rebellion, Kriminalität und Unmoral unter Jugend­lichen läuft seit Anfang der 50er Jahre parallel zum exponentiellen Wachs­tum der Psychologie. In den Jahren 1980 bis 1987 nahm in den USA die Anzahl der 10- bis 19-Jährigen, die in psychiatrische Klinken eingeliefert wurden, um 43 % zu. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Plätze in privaten Psychiatrien pro 100.000 Personen innerhalb der fünf Jahre von 1983 bis 1988 mehr als verdoppelt. Was für eine Wachstumsbranche! Die Psycho­logie wurde zu Recht bezeichnet als der einzige Berufszweig, der »die Krankheiten erzeugt, die er angeblich heilen soll«.

Die konsequente Disziplin, die Kinder brauchen und die die Bibel an­ordnet (Spr 13,24; 22,15; Hebr 12,6 u.v.m.) wird jetzt »Kindesmißbrauch« genannt. Staatliche Einrichtungen nehmen christlichen Eltern ihre Kin­der weg, weil diese Eltern liebevoll von der korrigierenden Rute Gebrauch gemacht haben. Was einst als Faulheit, Gleichgültigkeit, Widerspenstig­keit oder Rebellion bestraft wurde, wird jetzt als mentale »Störung« ent­schuldigt. Die Zahl der Kinder, bei denen »Lernschwäche« diagnostiziert wird, hat sich von 1977 bis 1992 verdreifacht! Kinder werden auf Ritalin gesetzt, nachdem sie samt ihren Eltern von einem Therapeuten von ihrer Abnormalität überzeugt wurden – ein Stigma (und eine Ausrede), das sie wahrscheinlich fürs Leben behalten werden. Obwohl Ritalin süchtig macht und trotz der fehlender Belege für eine positive Wirkung und trotz der vielen Fälle von Gewalt und Selbstmord infolge des Absetzens wird Rita­lin etwa einer Million amerikanischer Kinder verabreicht.

 

Breiten sich psychische Krankheiten epidemieartig aus?

Zur Steigerung ihrer Macht über die Gesellschaft erfinden Psychiater und Psychologen ständen neue Arten »mentaler Krankheiten«. Die Ameri­kaner leiden jetzt zu Millionen an angeblichen Gebrechen, die vor ein paar Jahren noch unbekannt waren. Diese werden in der »Bibel der men­talen Krankheiten« definiert, dem Diagnostischen und Statistischen Ma­nual Psychischer Störungen (DSM). Als dieses Kompendium 1952 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, führte es 112 psychische Störungen auf, im Vergleich zu einem halben Dutzend bekannter Geistesstörungen 100 Jahre zuvor. Die zweite Ausgabe von DSM im Jahre 1968 umfaßte 163 Störungen; das 1980 herausgegebene DSM-III 224. DSM-IV erschien 1994 und die Liste der mentalen Störungen war auf 374 angewachsen! Ist das eine wütende Epidemie psychischer Krankheiten – oder werden wir an der Nase herumgeführt? Ein Redakteur schrieb sarkastisch:

Hat Ihre 10-jährige Tochter keine Lust auf ihre Mathe-Hausaufgaben? Beordern Sie sie besser auf die nächste Couch, denn sie hat Nr. 315.4, Entwicklungsmentale Arithmetische Störung. Oder vielleicht bist du ein Teenager, der Streit mit seinen Eltern hat. Oh, oh! Schleunigst Medi­zin besorgen, denn du hast Nr. 313.8, Oppositionelle Trotzstörung … Ich übertreibe nicht. (Das wäre nämlich das Fiktions-Störungs-Syndrom.) …

Ich weiß, dass es da draußen einige Zyniker gibt, die … sich im Leben nie auf die Couch eines Psychiaters herablassen würden … Ihr Widerwillen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist an sich ein Symptom für ein schweres psychisches Problem. Das steht hier in dem Buch: Nr. 15.81, Behandlungs-Verweigerungs-Störung.

Eine Sondersendung von CBS-TV berichtete, dass im Denken der inter­viewten Jugendlichen »nagende Zweifel an der eigenen psychischen Gesundheit« vorherrschen. Ein Autor versucht die Unsinnigkeit aufzuzei­gen, von der Amerika befallen wurde:

Seit eh und je waren manche Kinder, wie auch Erwachsene, etwas ak­tiver als andere Altersgenossen. Vielleicht spielen sie eifriger oder sind im Denken sprunghaft, weil sie eine kurze Phase der Aufmerksamkeit haben … die Eltern gingen damit einfach als Gegebenheit des Lebens um … Und kluge Eltern sahen, dass die Kinder, wie die Erwachsenen, ihr Verhalten zu verbessern lernen …

Die Psychologie meinte jedoch, dass etwas im Argen läge … Als sie die Praxis des Psychiaters betraten, dachten das Kind und seine El­tern, es sei normal. Wenn sie herauskommen, denken sie, es ist abnor­mal … Als normales Kind wäre es toleriert, ertragen und bestraft wor­den … wie Eltern es seit Tausenden von Jahren getan haben. Und aller Wahrscheinlichkeit nach wäre das Kind da ohne viel Aufhebens herausgewachsen.

Als abnormales Kind wird es jedoch von seinen Eltern, Lehrern und vielleicht auch seinen Klassenkameraden wesentlich anders be­handelt. Es ist ein »Sonderling« … über die Jahre der Behandlung … Das Kind selbst wird natürlich denken, irgendetwas in seinem Inneren stimme nicht … Dieses Gespür der »Abnormalität« wird es für den Rest seines Lebens begleiten.

 

Okkultismus an öffentlichen Schulen

Ein Artikel in der Zeitschrift Journal of Humanistic Psychology mit der Überschrift »Fantasiereisen in der Pädagogik« erklärt: »Von Delphis ›Er­kenne dich selbst‹ bis zum ›ihr werdet sein wie Gott!‹ der Schrift wird uns versichert, dass wir tatsächlich multidimensionale Wesen sind, die zu Werken imstande sind, die unsere Vorstellungskraft übersteigen, und dass unsere Phantasie und unser hauptsächlicher Lebenssinn ist, zu entdecken, wer wir sind und zu was wir werden können.« Anscheinend ist sich der Autor nicht darüber im Klaren, dass »ihr werdet sein wie Gott« die große Lüge Satans ist. Der Artikel stellt die transpersonale Pädagogik vor und sagt, dass »Meditation und Fantasiereisen der Kern des Lehrplans sind«.

Die Techniken, die den Kindern an öffentlichen Schulen beigebracht werden, sind die gleichen, wie sie von Hexenmeistern gebraucht werden, um Kontakt mit den »Leitgeistern« (Dämonen) aufzunehmen, von de­nen sie ihre Kraft beziehen. Schulkindern wird beigebracht, sich selbst unter Wasser zu visualisieren, den Delfin Duso auf sich zukommen zu sehen, sich auf ihn zu konzentrieren bis sein Bild deutlich wird und dann mit ihm zu sprechen. Er wird antworten. So wird Kontakt mit einem Geist­wesen aufgenommen. Danach braucht DUSO nur visualisiert zu werden und wird sogleich zu Hilfe kommen. Der US-weite Lehrplan für Sprach­kunst Read umfaßt die folgende Visualisierungs-Übung:

Schließe deine Augen und atme tief durch, um dich zu entspannen … Stelle dir in Gedanken einen Platz vor … mache dich mit der Umge­bung vertraut … bitte, einen Führer zu treffen. Ein Tier, eine Person oder ein Wesen wird dich begleiten und wird dir jede Kraft geben, die du brauchst …

Beobachte, was dieser neue Begleiter tut oder dir zeigt. Höre zu, was er dir sagt. Gehe überall hin, wohin dieser Betreuer dich führen möchte. Du bist in Sicherheit …

In Kalifornien bringt man Drittkläßlern bei, einen persönlichen Leit­geist in Form eines Tieres zu visualisieren und dann ihre okkulten Erfah­rungen mit diesem Wesen für eine Ausstellung am Schwarzen Brett auf­zuschreiben. In Oregon wurden Schüler bei einem Mittwinterfest aufge­fordert, sich in Anordnung ihrer Sternzeichen hinzusetzen. Dann sollte der »Sonnengott« und der »Mondgott« den Raum betreten, begleitet von Gesang und Trommelschlägen. »Die Feier des Mittwinterfestes mit ›Tanz um den Sonnenwendbaum‹ ist eine der Alternativen, den der Anti-Vorurteil-Lehrplan als Alternative zu Weihnachten vorschlägt.«

Denen, die den Okkultismus in die Schulbildung einbringen, wird hohe Ehre erwiesen. Die okkulte Psychologin Jean Houston wurde 1984/85 in den USA von Pädagogenvereinigungen zur »Pädagogin des Jahres« ge­kürt. Lamar Alexander, US-Bildungsminister unter Präsident Bush, gab zu, dass das Buch, das sein Denken in den letzten zehn Jahren am mei­sten beeinflußt hat, A God Within (»Ein innerer Gott«) von Rene Dubos war. Der Autor sagt darin, dass »unser Seelenheil von unserer Fähigkeit abhängt, eine Religion der Natur zu schaffen … die dem modernen Men­schen … angepaßt ist«.

Eine Mutter aus Montana entdeckte, dass ihr Kind aus der 4. Klasse behauptete, einem mythischen Indianerstamm anzugehören. Die Kinder sollten sich vorstellen, dass sie sich auf eine Suche »allein in die Wüste begeben … um ihrem Stamm zu beweisen, dass sie würdig sind, als Er­wachsene angesehen zu werden«. In der Sorge, dass diese Suche zur Be­gegnung mit Leitgeistern herangezogen würde, befaßte die Mutter sich näher mit den Lektionen. In einer Lektion begegneten die Kinder einem geheimnisvollen Jugendlichen »vom Modat-Stamm, ›der bekannt ist für seine großen Schamanen‹«. Sie sollten ihm (in Gedanken) »in eine tiefe Schlucht folgen … [wo] du spürst, dass viele Geister aufsteigen … die dich rufen, um diesen unglaublichen Ort aufzusuchen«. Das sind nur ei­nige wenige Beispiele von Okkultismus, der in öffentlichen Schulen klei­nen Kindern beigebracht wird.

 

Spielzeug, Spiele und Filme

Viele der Spiele, Spielzeuge, Videos und Kinofilme, die sich unter Kin­dern und Jugendlichen größter Beliebtheit erfreuen, haben mit dem Ok­kulten zu tun. Spiele wie »Dungeons and Dragons« (D+D) – von dem es sogar ein christliches Gegenstück namens »Dragon-Raid« gibt – ziehen die Spieler in ununterbrochenen Okkultismus. Diese »Fantasie-Rollenspiele« sind extrem gefährlich, weil sie auf Imagination beruhen, und das ist der schnellste Weg ins Okkulte. Hier würde es den Rahmen sprengen, wenn wir diese Spiele auflisten und analysieren wollten. Eltern sollten diese Spiele selbst unter die Lupe nehmen.

Zeichentrickfilme und -serien im Fernsehen und auf Video sind so­wohl eine Verlockung zum wie auch eine Einführung in den Okkultis­mus. Eltern sollten sorgsam auf das Ziel und die Bedeutung dahinter achten. Die Medien haben die Kinder der westlichen Welt in reinste Be­sessenheit mit dem Okkulten gebracht. Sowohl von der äußeren Erschei­nung her als auch was ihre Macht betrifft, besteht eine Parallele zwischen den Helden und Drogenidolen der heutigen Jugend und den antiken heid­nischen Göttern und Göttinnen.

Zu den populärsten Helden gehören die »Teenager Mutant Ninja Turt­les«, die ihre besondere Kraft durch fernöstliche Meditation erhalten, die sie von ihrem Guru »Splinter, die Ratte« lernten. She-Ra ist der An­führer einer Gruppe von Zauberern und Göttinnen, die das Universum von Crystal Castle aus regieren, dem Zentrum und die Quelle aller Macht.

Dann sind da die halb menschlichen, halb tierischen Donnerkatzen, de­ren Augen mit einer inneren okkulten Kraft aufleuchten. Viele weitere könnten angeführt werden.

Oft kommt es vor, dass ein Mitarbeiter einer Kinderbibelstunde oder einer christlichen Kinderfreizeit die Kinder fragt, was sie in Gefahr oder Bedrohung tun würden und als Antwort erhält, dass sie nicht zu Gott bzw. zum Herrn Jesus rufen würden, sondern zu She-Ra, der Fürstin der Macht, oder zu He-Man oder zu den Power-Rangers.

Die Filmreihe Krieg der Sterne setzte vor 20 Jahren einen Trend in Gang. George Lukas machte Werbung für Hexerei, indem er »die Macht« mit einer dunklen und einer hellen Seite vorstellte (schwarze und weiße Ma­gie). Die Jedi-Ritter waren die Anhänger der »alten Religion«, eine an­dere Bezeichnung für Wicca bzw. Hexerei. Das Laserschwert war keine Waffe, sondern ein Weissagungs-Instrument, das nur die benutzen konn­ten, die in seine Kräfte eingeweiht waren. Luke Skywalker konnte es nicht anwenden, bis er gelernt hatte, wie man einen erweiterten Bewußtseinszustand erlangt und so »der Macht die Kontrolle überläßt«. Obi Wan Kenobi wurde Lukes Leitgeist und kommunizierte mit ihm von der ande­ren Seite. Bei Darth Vader, scheinbar die Verkörperung des Bösen, stellt sich heraus, dass er U Thants innere Perfektion hat und er schließt sich Obi Wan jenseits des Todes an. So offenbart er die universale Einheit. Yoda ist ein Yogi, der Luke die Macht des positiven Denkens beibringt. Für Millionen junger Menschen trat die okkulte »Kraft« an die Stelle von Gott.

Auf Krieg der Sterne folgten weitere Filme, die offen Okkultismus ver­breiteten. Da gab es Die unheimliche Begegnung der dritten Art, Poltergeist, Ghost und eine Fülle anderer. Durch Filme und Videos wird die heutige Jugend zu der unheiligen Dreifaltigkeit von sexueller Unmoral, Rebelli­on und Okkultismus verführt. Einer der heißesten Filme des Jahres 1996 war Der Hexenclub. Diese Geschichte von vier Mädchen, die sich in He­xerei verstrickten, war für Teenager konzipiert.

»Wizards« ist ein Spiel, das in den öffentlichen Schulen Südkaliforni­ens eingesetzt wurde, angeblich um Rechtschreibung zu lehren. Es för­dert jedoch Dämonie und Zauberei und stellt Satan auf witzige Weise als großen Macher und Anführer dar. Ein weiteres okkultes Buch ist Medita­tion für Kinder von Deborah Rozman, das viel Anerkennung und Lob gefunden hat. Mit Verweis auf die Wirkung dieses Buches erklärte die Zeitung San Jose Mercury begeistert: »Erzieher, die bei hyperaktiven Kin­dern einst zu Ritalin und anderen Drogen griffen … setzen nun tägliche Meditationsübungen ein – mit positiven Ergebnissen.«

Ein Buch, das den christlichen Glauben darstellt, wäre in den USA an öffentlichen Schulen nicht erlaubt, weil die Trennung von Kirche und Staat in diesem Fall geltend gemacht würde. Aber Rozmans Buch wird allgemein gut geheißen, obwohl es grundlegende religiöse Praktiken des Hinduismus lehrt und Paramahansa Yogananda gewidmet ist, »da einige der Übungen und ein großer Teil der Inspiration zu diesem Buch von ihm stammt«. Seine grundlegende Prämisse ist »die göttliche Natur der Kind­heit«, und sein ausdrücklicher Zweck ist, »Kindern von überall … zu ei­ner Entwicklung zu ihrer spirituellen Bestimmung« zu verhelfen. Das Buch ist ein Kompendium von unverhohlenen Symbolen und Praktiken des Hin­duismus, vom Singen des »Om« und Yogaübungen bis hin zur Selbstver­wirklichung. Doch das East-West-Journal sagt: »Das Fehlen eines religiö­sen Standpunktes macht dieses Buch zu einem exzellenten Lerninstrument.«

 

Ein todbringendes Übel, eine zerstörerische Verschwörung

Okkultismus ist stets mit Unmoral und sexueller Perversion verbunden. Gegen den Willen der Eltern werden an Schulen Kondome verteilt und die Kindern im »Safer Sex« unterwiesen. Die Empfehlung von Verzicht auf vorehelichen Verkehr als bester Schutz wird als religiöse Vorstellung abgewiesen. Doch sogar säkulare Studien haben gezeigt, dass voreheli­cher Verkehr die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine spätere Ehe in der Scheidung enden wird. Das ist genau das Gegenteil dessen, was heute propagiert wird und was jene meinen, die vorehelichen Sex praktizieren.

Eine der todbringendsten Sexualpraktiken ist die Homosexualität. Wer in ausschließlich homosexuellen Kreisen verkehrt, wird sich mit einer 1000­fach höheren Wahrscheinlichkeit AIDS zuziehen als ein Heterosexueller. Homosexuelle Praktiken umfassen die übelsten Ausgeburten pervertier­ter animalischer Fantasie. 37 % der Homosexuellen praktizieren Sado­masochismus.

Wer sich gegen Homosexualität ausspricht, wird als borniert denun­ziert. Doch allein die Statistiken sollten bei jedem zu einer ablehnenden Einstellung führen. Der Volksprotest gegen diese tödliche Gewohnheit sollte weit lauter sein als der Protest gegen Rauchen. Das mittlere Ster­bealter ist bei verheirateten heterosexuellen Männern fast doppelt so hoch wie bei Homosexuellen: 75 Jahre im Vergleich zu 39. Nur 1 % der Homo­sexuellen wird älter als 65. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei verheirateten Frauen ist 79 Jahre, im Vergleich zu 45 Jahre bei Lesben. Die Selbstmordgefahr ist bei Homosexuellen um 87 % höher als bei He­terosexuellen und sie sterben mit einer um 23 % höheren Wahrschein­lichkeit an Herzinfarkt. Aufgrund dieser Fakten ist es allgemein verwerf­lich, für Homosexualität einzutreten.

Diese Zahlen werden jedoch von der Öffentlichkeit ferngehalten. Die Politiker sind eingeschüchtert und müssen sich unter die Wählermacht der Schwulen und Lesben beugen. Das gilt insbesondere für die Clinton-Regierung. Immer mehr religiöse Führungspersonen, Katholiken wie Protestanten, lassen Homosexualität als rechtmäßig gelten. Billy Graham hat sie als Sünde bezeichnet, doch andererseits schweigt er praktisch zu diesem Thema. Während seiner Evangelisation in Portland (Oregon) vom 23. – 27. September 1992 forderte Graham zu Neutralität in politischen Streitfragen auf. Er weigerte sich, zum staatlichen Gesetzesvorschlag 9 Stellung zu nehmen, der die Regierung davon abhalten würde, »Homo­sexualität zu fördern, zu verbreiten oder zu erleichtern«.

Besorgte Konservative rufen zu einer »Rückkehr zu traditionellen ethi­schen Werten« auf. Ja sicher, aber welche »Tradition« soll das sein, und aufgrund welcher Autorität? Im gegenseitigen Einvernehmen mit einer anständigen Gesellschaft? Wer definiert diese Begriffe? Wir haben es dringend nötig, auf den Rat Gottes zu achten! Christus sagte: »Ich über­führe und züchtige alle, die ich liebe. Sei nun eifrig und tue Buße!« (Offb 3,19). Man erweist Homosexuellen einen weit größeren Liebesdienst, wenn man sie korrigiert, als wenn man sie »akzeptiert«. Wer diese irrege­leiteten Seelen wirklich liebt, wird sie auf die Bibel hinweisen, die ihr Verhalten als sündiges Greuel für Gott brandmarkt. Wer sie liebt, wird sie flehentlich bitten, mit dieser Sünde zu brechen, die ihnen und ihren »Partnern« nur einen vorzeitigen und schmerzlichen Tod und letztlich die Hölle einbringen wird.

AIDS erfreut sich eines Status, wie er nie zuvor einer hochgradig an­steckenden und tödlichen Krankheit zugebilligt wurde. Anstatt dass sie als todbringende Plage behandelt wird, hat AIDS sich zu einem bürgerli­chen Recht etabliert. Wer AIDS hat, hat damit einen privilegierten Sta­tus und sogar das Vorrecht, seine Infektion geheim zu halten. Die Hygie­negesetze verbieten jedem, der an Krankheiten wie Hepatitis leidet, die Arbeit in einem Restaurant, doch viele AIDS-Kranke üben eine solche Beschäftigung aus. Die Identifikation von AIDS-Kranken, die der gesun­de Menschenverstand eigentlich fordert, ist als »Diskriminierung« unter­sagt, obwohl es das sichere Todesurteil für jemanden ist, der sich infolge dieser unvernünftigen Rücksichtnahme mit dem HIV-Virus infiziert.

Solche kriminelle Dummheit bedroht uns mit einer beispiellosen Ka­tastrophe. Die Verseuchung von Blutkonserven aufgrund von Ignoranz und Fahrlässigkeit führte zu einer großen Zahl von an AIDS gestorbenen Bluterkranken. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen haben sich auch solche mit AIDS angesteckt, die im medizinischen Bereich arbeiten und mit HIV-Patienten zu tun hatten. Kürzlich wurde eine ganze Familie (Eltern und Kinder) von AIDS ausgelöscht. Wie sie sich den HIV-Virus zugezogen haben, bleibt rätselhaft.

Bei den neuesten, Ende November 1997 veröffentlichten Studien wur­den neue Arten des HIV-Virus entdeckt, die weit schwieriger zu identifi­zieren sind, sowie eine epidemieartige Ausbreitung, die schneller voran­schreitet, als zuvor geschätzt, mit mittlerweile 30 Millionen (1 % aller se­xuell aktiven Erwachsenen) Infizierten. Hilfe erhofft man immer noch von einem Impfstoff, obwohl wissenschaftlich erwiesen ist, dass ein sol­cher niemals gefunden werden wird.

 

Homosexuelle: die neue privilegierte Klasse

Sowohl die Medien als auch die öffentlichen Schulen werden von der kleinen, aber militanten Minderheit von Homosexuellen (Umfragen zu­folge ca. 2 bis 3 %) unter Druck gesetzt und stellen so Homosexualität als natürlich und vertretbar dar. Die Türen der Schulen, die christlichen Rednern verschlossen sind, öffnen sich weit für solche, die sich durch Verdrehung der Tatsachen und offensichtliche Lügen für Homosexuali­tät aussprechen. »Project 10« ist nur eines der öffentlichen Schulprogram­me, das darauf ausgelegt ist, Amerikas Kinder für Homosexualität zu öff­nen. Die Kinder werden aufgefordert zu experimentieren, um ihre sexu­elle »Orientierung« oder »Vorliebe« in Erfahrung zu bringen.

In den gesamten USA werden Lesebücher für das erste Schuljahr zur Förderung von Homosexualität eingesetzt (z. B. Papas Freund, das Ho­mosexualität als normal hinstellt, und Heather Has Two Mommies – »Hea­ther hat zwei Muttis« –, die Geschichte eines Kindes eines lesbischen Paares, das durch künstliche Befruchtung zur Welt kam). Eine Schwulen­zeitung prahlte:

Wenn der religiöse rechte Flügel sich schon über Papas Freund auf­regt, Michael Willhoites bahnbrechendes Kinderbuch über einen Jun­gen, der mit seinem schwulen Vater und dessen Liebhaber zusammen­lebt, dann geht Willhoite davon aus, dass sie erst recht in die Luft ge­hen, wenn er den Nachfolgeband Daddy’s Wedding (»Papas Hochzeit«) fertig gestellt hat. Er spricht bereits von sich selbst und seiner Kollegin Leslea Newman, die das gleichfalls umstrittene Kinderbuch Heather Has Two Mommies schrieb, als »antichristliches Zwillingspaar«.

Sich selbst als »antichristliches Zwillingspaar« zu bezeichnen, ist ein Ein­geständnis des antichristlichen Wesens dieser Perversion. Es wird einge­standen, dass die homosexuelle Gesellschaft fest entschlossen ist, die Ju­gend zu pervertieren. Willhoite sagt: »Ihr Denken [das der Eltern] können wir vielleicht nicht ändern, aber wir können zumindest einen Schuss auf sie abfeuern, indem wir das Denken ihrer Kinder ändern.«  Das ist ein unab­sichtliches Eingeständnis, dass entgegen ihren Behauptungen niemand homosexuell geboren wird, sondern dass man zu dieser Sünde verführt wird.

Die homosexuelle Propaganda verbreitet zahlreiche Lügen. Der Ho­mosexuelle wird als weit liebevoller und freundlicher dargestellt als der Durchschnittsbürger. Wenn das stimmt, warum beharren dann Homose­xuelle in einem Verhalten, das sowohl für ihre »Partner« wie auch für die ganze Bevölkerung lebensbedrohlich ist? Eine weitere Lüge ist die Be­hauptung, AIDS sei nicht wirklich ansteckend. Warum gibt es dann eine AIDS-Epidemie? Dr. John G. Barlett, Leiter der Abteilung für Infekti­onskrankheiten am John Hopkins Hospital, hat AIDS in Wirklichkeit als »die tödlichste Epidemie der Geschichte«
bezeichnet. Dann gibt es den cleveren Missbrauch von Statistiken, dass sich mehr Hetero- als Homo­sexuelle an Kindern vergehen. Ja, auf die 98 % der heterosexuellen Be­völkerung fallen mehr Sexualvergehen als auf die 2 % der Homosexuel­len. Diese Minderheit von 2 % ist jedoch stets für ein Drittel bis die Hälfte allen sexuellen Kindesmißbrauchs verantwortlich und sieht diesen auch noch als normales Verhalten an. Die bis heute ausführlichste Studie über männ­lichen Kindesmißbrauch zeigt, dass Homosexuelle durchschnittlich 7,5-mal so viele Sexualdelikte an Jungen verüben wie Heterosexuelle an Mädchen.

Ein hauptsächliches Ziel einer Schwulenvereinigung (National Gay Task Force) ist die Aufhebung aller Gesetze zur Einschränkung von Min­derjährigen. Schockierende Tatsache ist, dass NAMBLA (die »Nordame­rikanische Liebesvereinigung für Beziehungen zwischen Männern und Jungen«), die ausdrücklich für Pädophilie eintritt, in einer Kirche ge­gründet wurde. Daran war eine Reihe von katholischen wie protestanti­schen »christlichen« Führungspersonen beteiligt, die ihre Stimme zuguns­ten dieser Perversion abgaben. Traurigerweise ist ein bedeutender Pro­zentsatz der Pädophilen römisch-katholische Priester.

Vom 29. Mai bis 1. Juni 1997 fand in Disney World in Orlando der siebte Jahrestag der Schwulen und Lesben statt. In Werbeanzeigen wa­ren Mickey Mouse und Donald Duck Hand in Hand abgebildet, die an einem Schild mit der Aufschrift »Schwulentag in Disney« vorbeispazier­ten. Die Veranstaltung zog 60.000 »Schwule, Lesben, Bisexuelle und ihre Familien« an, im Vergleich zu 30.000 im Vorjahr. Wie böse ist es doch, Kindern eine sexuelle Perversion zu empfehlen, die die Lebenserwartung voraussichtlich halbiert!

Im Rahmen der Festivitäten zur Begrüßung der Clinton-Regierung in Washington DC. im Januar 1993 fungierte die US-Hauptstadt als Gast­geber eines »Homosexuellen-Einführungsballs«, der vom Einführungs­komitee des Präsidenten finanziert wurde und dessen Einladungen das offizielle Siegel des Präsidenten trugen. Über den Köpfen der tanzenden und feiernden Homosexuellen zeigte ein riesiger Videoschirm – unter dem Beifall der Schwulen – Clips aller positiven Aussagen aus Clintons Reden über Homosexuelle. Clinton hat zahlreiche Schwulen und Lesben in Schlüsselpositionen seiner Regierung eingesetzt.

 

Um Ihrer Kinder willen

Nicht lange nachdem Bush und Quayle die Wahl verloren und Clinton und Gore gewonnen hatten, erschien eine Ausgabe des Atlantic Monthly mit einer Titelstory unter der Überschrift »Dan Quayle hatte Recht«. Sie stellte heraus, was jetzt, nach zwei Jahrzehnten Forschung, sogar die So­ziologen zugeben: dass die Auswirkungen von der Zerstörung der Fami­lie katastrophal und verheerend sind. Der zunehmende Spott, der sich gegen heile Familien mit Müttern und Vätern richtet, die um jeden Preis ihre Verbindung der Liebe und Treue erhalten wollen, hat Chaos und Unheil angerichtet. Die Mißachtung biblischer Sexualmoral führt nicht nur zu Scheidungen, allein erziehenden Müttern und Vätern und unehe­lichen Kindern, sondern ist der tiefe Grund der meisten gesellschaftli­chen Probleme, die uns heute große Sorgen bereiten. Auch ein noch so hoher Etat kann weder die von Kriminalität geplagten Städte noch die zerbrochenen Familien heilen, und die »neue Moral« und »alternative Lebensstile«, die von der liberalen Regierung befürwortet werden, ma­chen alles nur noch schlimmer.

Viele christliche Eltern haben den Lügen der Psychologie geglaubt und somit versäumt, ihre Kinder auf liebevolle und biblische Weise mit der nötigen Zucht zu erziehen. Ohne dieses Schutzschild ist dem gefährli­chen Einfluß der Welt nur umso mehr Tür und Tor geöffnet. In vielen Fällen wird der Glaube der Eltern nicht mehr an die Kinder weiterver­mittelt.

Jemand, der in Drogen und Rebellion verstrickt war, aber das Übel erkannte und floh, schreibt:

Ich war ein Kind der 60er, gehörte zur Blumenkinder-Bewegung. Ich erinnere mich, wie aufregend es mir vorkam … zum weltweiten Bünd­nis der Jugend zu gehören, mit einer neuen Vision des Friedens, der Liebe und der Brüderlichkeit, verbunden durch Drogen und Musik.

Anfänglich schien mir alles neu und wunderbar. Am Ende kam et­was ganz anderes dabei heraus. Ich habe Glück gehabt, dass ich da mit intaktem Verstand herausgekommen bin, wenngleich ich Jahre ge­braucht habe, um wieder durchzublicken und von der geistlichen Ge­bundenheit befreit zu werden, in die ich geraten war. Andere Freunde hatten dieses Glück nicht. Tod und Verlust von Verstand und Geist waren an der Tagesordnung. Ich war noch nicht mal ein richtiger Hip­pie – nur ein normales Baptistenkind, das Spaß hatte an Drogen und Spielarten des Satanismus, die ich damals nicht durchschaute …

Ich … staune darüber, wie ich verführt wurde … Ich habe mit Freun­den geredet … und wir haben über diese Zeit nachgedacht … ungläu­big zurückgeblickt, als wären wir eine Zeit lang hypnotisiert gewesen … [Außer den] Drogen … gab es noch eine andere mächtige Kraft … Die Rockbands waren unsere Idole, unsere Gurus … Musik hat sicherlich zur Hinwendung zu Mystizismus, Drogen und dem Geist des Antichristen … beigetragen. Unsere geliebten Beatles wandten sich den östlichen Religionen und den Drogen zu – und wir folgten ihrem Beispiel.

Trotz allen Protests seitens der Eltern sind die Verfechter des Umschwungs fest entschlossen, fortzufahren und ihren spirituellen Fahrplan durchzu­ziehen.
Eltern sollten

1.) tägliche Familienandachten halten und sicher­stellen, dass ihre Kinder Christus persönlich kennen und ihm ihr Leben übergeben und geweiht haben;
2.) darauf achten, dass ihre Kinder dem Herrn aus freier Entscheidung glauben und nachfolgen und dies nicht aufgrund elterlichen oder gemeindlichen Drucks tun;
3.) darauf achten, dass die aufrichtigen Fragen der Kinder beantwortet werden und dass sie auf der Grundlage des Wortes Gottes wissen, was sie und warum sie glau­ben;
4.) wissen, was ihren Kindern auf der Schule beigebracht wird (sei es eine staatliche oder christliche Schule), die Kinder wappnen, um Falschem widerstehen zu können und ggf. die Kinder aus Klassen oder Program­men herausnehmen, die darauf konzipiert sind, ihren Glauben und ihre Moralmaßstäbe zu untergraben;
5.) sorgsam Freundschaften, Aktivitä­ten und andere Einflüsse auf ihr Leben beobachten, die genauso todbrin­gend sein können wie der Einfluß der öffentlichen Schule; und
6.) ernst­lich Gott um Weisheit bitten, die Kinder inbrünstig lieben und alle Zeit zu biblischen Ratschlägen bereit sein, die sie ihnen in Geduld und Liebe mit auf den Weg geben.

Jugendliche sollten vollkommen überzeugt davon sein, dass es aus­schließlich darauf ankommt, was Gott von ihnen denkt und was er ihnen sagen wird, wenn sie eines Tages vor ihm stehen werden. So wie Jim Elli­ot sagte, einer der Märtyrer von Ecuador, der sich als junger Mann auf Kosten einer einträglichen Karriere für das Missionsfeld entschied: »Der ist kein Tor, der hingibt, was er nicht behalten kann, auf dass er gewinne, was er nicht verlieren kann.«

Dem Buch OKKULTE INVASION entnommen von Horst Koch, Herborn, im März 2006

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Die FM und Jesus Christus (Hohl-Wirz)

Dr.  Martin  Hohl  – Wirz

Die Freimaurerei und der Absolutheitsanspruch des Herrn Jesus Christus

(Biographische Angaben finden sich am Ende dieses Artikels)

Die Literatur zum Thema Freimaurerei ist außerordentlich umfangreich. Die 1911 vom deutschen Gelehrten August Wolfstieg begründete »Bibliographie der freimaurerischen Literatur« umfasst heute über 50’000 Titel. Nach Zendralli wird die gesamte Literatur zum Thema Freimaurerei von Fachleuten auf rund 100’000 Bücher  und Schriften Titel geschätzt. Ein Teil dieser Literatur ist im Verzeichnis der Deutschen Freimaurer Bibliothek, die dem Deutschen Freimaurer Museum in Bayreuth angeschlossen ist, enthalten (Schneider, 1977).

Trotz dieser Literaturflut ignoriert nach Mellor (Alec Mellor, Logen, Rituale, Hochgrade. Handbuch der Freimaurerei, 1985) »die grosse Mehrheit des Publikums die Freimaurerei«, und von den Historikern werde sie kaum und erst spät zur Kenntnis genommen. »Sie ist ein Tabu, über das man gleichsam verabredungsgemäß nicht spricht« (S.33) »Seit etwa 10 Jahren erst ist die Freimaurerei zum Gegenstand intensiverer wissenschaftlicher Forschung geworden.« (Ulrich Im Hof, Zur Geschichte der Freimaurer im 18. Und 19. Jahrhunderts – aus der Sicht eines Historikers, Basel, 1984). Schenkel schreibt: »Die Lehrbücher der Kirchengeschichte enthalten zwar kurze Hinweise auf die Freimaurerei, behandeln sie aber nebensächlicher als irgendwelche belanglosen Erscheinungen auf kirchlichem Gebiet und verraten in nichts ein Bewusstsein um die teilweise geradezu entscheidende Bedeutung der Freimaurerei in der Kulturpolitik einiger europäischer Staaten.« Diese Aussage gilt m.E. auch heute noch.

Warum diese Unwissenheit, Ignoranz, Vorsicht? Der Grund dafür liegt sicher nicht zuletzt in der Freimaurerei selbst, für die Öffentlichkeitsarbeit nicht wesensgemäß ist. Die Freimaurerei versteht sich zwar heute nicht mehr als eine Geheimgesellschaft, immer noch aber als eine geschlossene Gesellschaft: »not secret but privat«.

Bis vor kurzem waren zuverlässige, autorisierte Informationen nur schwer zugänglich. Zudem war die Freimaurerei seit ihrer Gründung im Jahre 1717 heftig umstritten und von den vielfältigsten Gerüchten begleitet. Je nach Standort und Interessenlage waren die Aussagen unterschiedlich und widersprüchlich. Dazu kommt, »dass es nicht einmal im Innersten des Ordens Übereinstimmung über das Wesen und über die wesentlichen Ziele der Freimaurerei gibt.« (Mellor) Die Freimaurerei ist nicht nur umstritten, sondern auch zerstritten. Es gibt verschiedene Spielarten und Abarten, die sich zum Teil die Anerkennung versagen. In dieser Situation ist es schwierig und für Außenstehende fast unmöglich, sich ein objektives Bild zu machen.

Kann es aber ein solch ‘objektives’ Bild überhaupt geben? Ein Freimaurer wird diese Frage möglicherweise verneinen. Jeder erlebt Freimaurerei anders. Wahrheit ist relativ, subjektiv. Das Wesentliche der Freimaurerei lässt sich zudem nach freimaurerischer Auffassung nicht durch Worte und Bücher mitteilen. »Der Geist des freimaurerischen Rituals… beruht auf dem Glauben, dass es gewisse Wahrheiten gebe, die zu tief sind, als dass Worte oder Begriffe sie ausdrücken könnten. Allein Symbole können eine stumme Andeutung davon geben.« (Alec Mellor, Logen, Rituale, Hochgrade. Handbuch der Freimaurerei, S. 304)

Dies ist meines Erachtens der Kern und der gemeinsame Nenner aller Freimaurerei, dass sie dem Wort im weitesten Sinn, d. h. auch der Sprache, als gestaltende, ordnende, verbindende und rettende Kraft misstraut und an seine Stelle das Symbol setzt.

Dieser Sachverhalt war mir mit seinen weitreichenden Konsequenzen nicht bewusst, als ich am 5. Juni 1988 in die »Freimaurerloge Libertas et Fraternitas im Orient von Zürich« aufgenommen wurde. Ich erwartete eine offene, faire und anregende geistige Auseinandersetzung, ohne die ich buchstäblich nicht atmen kann. In der Loge hingegen wird jede politische, theologische oder andere ‘hitzige’ Diskussion bewusst und konsequent vermieden. Auch mir sind leere Wortgefechte, bloße Wortklaubereien und gewalttätige geistige Auseinandersetzungen zuwider, und ebenso lehne ich jedes Missionieren mit Schwert, Zwang und Aufdringlichkeit ab. Doch sollen und können wir an die Stelle der blutigen Religions- und Konfessionskriege das Schweigen setzen? »Hear, see and silence«, so lautet die Devise der englischen Freimaurer.

In dieser Arbeit gehe ich von einer Auffassung aus, die der freimaurerischen diametral entgegengesetzt ist: Die Sprache ist die wichtigste Kommunikationsform. Sie konstituiert alles Sein, alles Leben. Gerade die wichtigsten Wahrheiten können nur durch die Sprache vermittelt werden, und wirkliche, dauerhafte Gemeinschaft entsteht nur durch das Wort. Es geht mir im folgenden nicht darum, die freimaurerische Auffassung zu widerlegen und zu bekämpfen, vielmehr geht es darum, die beiden Auffassungen einander gegenüber zu stellen und einer möglichst unvoreingenommenen Beurteilung und einer möglichst freien persönlichen Entscheidung zugänglich zu machen.

Welche Sprache sollen wir nun aber sprechen, um nicht in einer dauernden Sprachverwirrung zu leben? Ich gehe im folgenden von der Annahme aus, dass Jesus Christus die höchste, die absolute Autorität in Sachen verbaler Kommunikation ist. Er ist uns bezeugt als das ‘fleischgewordene Wort’. Er ist mit seinem Leben dafür eingestanden, dass Gottes Wort gilt; Er hat uns den Zugang zu demjenigen Gott wieder ermöglicht, der kommuniziert, der mit uns spricht und sich uns gegenüber ausdrücklich verpflichtet; Er hat uns das Vertrauen auf das Wort, den Sinn für die Bedeutung der gegenseitigen Verständigung und damit die Sprache wiedergegeben. Mit anderen Worten: Ich nehme im folgenden an, dass der Absolutheitsanspruch des in der Bibel bezeugten Jesus Christus gerechtfertigt ist, und ich werde versuchen, die Freimaurerei im Lichte dieses Jesus Christus zu beleuchten. Er ist derjenige, der auferstanden ist, der also lebt, und dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden übertragen ist. Ich nehme diese Herrschaftssituation als durchaus wirklich an, auch wenn ich den obersten Machthaber nicht sehe, nicht immer spüre und von dieser ganzen Wirklichkeit und Wahrheit nur aufgrund des uns überlieferten Evangeliums etwas weiß. Die Annahme dieser Realität bedeutete eine Umkehr, die es mir ermöglichte, wieder aus der Freimaurerloge auszutreten. Das geschah am 28. September 1988.

Die Freimaurer wenden sich – mit Erfolg, wie wir sehen werden – gegen alle Absolutheitsansprüche einzelner Religionen, Konfessionen, Parteien, Rassen, Klassen, Institutionen, Nationen usw. und wollen alle Gegensätze miteinander versöhnen. Ist der Absolutheitsanspruch Christi gerechtfertigt, so hat dieser Kampf der Freimaurer auch aus unserer Sicht eine gewisse Berechtigung: Wir finden ja unser Heil nicht in einer bestimmten Institution, Partei, Klasse, Nation usw., sondern wirklich nur und ausschließlich in der Person Christi. Darum soll mit dieser Arbeit keinesfalls irgend eine absolutistische, totalitäre, rassistische, religiöse, konfessionelle oder andere Partei unterstützt werden, welche die Freimaurerei bekämpft. Mit diesen Auseinandersetzungen zwischen ‘Anti Absolutisten’ einerseits und den Verfechtern unserer Sicht andererseits, die zum Teil ‘falschen’ Absolutheitsansprüchen mit äußerster Verbitterung und Gehässigkeit geführt werden, wollen wir nichts zu tun haben. Die entsprechende Literatur bleibt in dieser Arbeit unberücksichtigt. Ebenso wenig will ich mich auf die unzähligen Gerüchte um die Freimaurerei und auf die ganze Gerüchteliteratur einlassen. Es kommt auf möglichst zuverlässige Informationen an. Es sollen bei der Darstellung der Freimaurerei möglichst Freimaurer selbst sowie Wissenschaftler zu Wort kommen, denen ein Einblick gewährt wurde. Bei der Beurteilung sollen sich die gemachten Aussagen niemals gegen die Freimaurer als menschliche Personen richten, sondern allenfalls gegen den Geist, der hinter der Freimaurerei steckt.

In den letzten Jahren sind einige größere Werke von Freimaurern und von Wissenschaftlern erschienen, die einen vertieften Einblick in die Freimaurerei und ihre ‘Geheimnisse’ ermöglichen. (Binder, 1988, Mellor,1985, Oslo, 1988, Valmy, 1988). Zudem wurden im Fernsehen Dokumentarfilme gezeigt (z.B. ORF 1990), und die Zeitschrift GEO veröffentlichte eine Bildreportage (Nr. 2/1988) mit Aufnahmen von wichtigen ‘Tempelarbeiten’. Diese letztgenannten Resultate freimaurerischer Öffentlichkeitsarbeit stießen allerdings bei Freimaurern auf äußerst harte Kritik (Alpina Nr. 8 9 1988, S. 205: ‘weitreichendster und unverantwortlichster Verstoß gegen die Arkan Disziplin’). Nicht zuletzt dank dieser Veröffentlichungen können wir die Freimaurerei selbst beim Wort (und Bild) nehmen und müssen nur noch in Ausnahmefällen auf sogenannte ‘Verräterliteratur’ zurückgreifen.

Es geht mir in dieser Arbeit darum, einen Überblick mit möglichst allen wichtigen Aspekten zu vermitteln, um das Phänomen der Freimaurerei in seiner ganzen Gestalt sichtbar werden zu lassen. Einzelne Aspekte könnten vertieft werden. Am Schluss der Darstellungen sollen, wo sinnvoll und möglich, die einzelnen Aspekte mit der Sicht der Bibel gemäß unserem Verständnis verglichen werden. Eine Beurteilung der Freimaurerei erfolgt in Kapitel 7.

 

1. Geistige Wurzeln

Die Freimaurerei im heutigen Sinn besteht seit 1717. Über die Entstehungsgeschichte besteht kein sicheres Wissen. Es gibt aber verschiedene Entstehungstheorien. (Dazu Dieter A. Binder, Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer, Wien, 1988). Auf die verschiedenen Entstehungstheorien soll im folgenden nicht eingegangen werden. Uns interessieren aber die verschiedenen geistigen Wurzeln, von denen sich die Freimaurerei herleitet. (C. Zendralli, Freimaurerei heute, S.4) nennt die folgenden Ansatzpunkte: die Bauhüttenüberlieferung, die frühchristlichen Gesellschaften, das Rosenkreuzertum, die jüdische Kabbala-Tradition, die Tempelritterlegende und die Mysterienbünde. Unter Berücksichtigung des Werkes von Allan Oslo (Freimaurer. Humanisten? Häretiker? Hochverräter? Umschau-Verlag, Frankfurt/Main ,1988), der die geistigen Wurzeln der Freimaurerei ausführlich untersucht, teile ich diese in die folgenden Hauptstränge ein, die sich allerdings teilweise überlappen und durchdringen:

1. Die Bauhüttentradition
2. Verehrung menschlichen Schaffens aller Zeiten und Völker
3. Mönchtum und Ritterorden
4. Geheimgesellschaften und Mysterienbünde
5. Jüdische und christliche Tradition
6. Humanismus, Aufklärung, Liberalismus
7. Reformation und Protestantismus

 

1.1. Die Bauhüttentradition

»FREIMAUREREI, MAUREREI, MASONEY, MASONNERIE, KÖNIGLICHE KUNST, weltbürgerliche Bewegung mit dem humanitären Ideal des vollkommenen Menschentums. Der Name rührt her von den freien (im Gegensatz zu den zunftgebundenen) Steinmetzen an den mittelalterlichen Bauhütten.» (Neuer Brockhaus, 5. Aufl. 1974, Bd. 2, S. 259, zit. in Oslo 1988, S.12)

Eine andere Auffassung über die Entstehung des Namens ‘Freimaurer’, die ebenfalls mit den Bauhütten zu tun hat, vertritt G. A. Schiffmann (Das Verhältnis der FM zum Christentum und zur Kirche, Stettin, 1857-1883, 28f.): »Der Name Freemasons ist eine Abkürzung der Bezeichnung Free-stone-masons. So wurden die Steinmetzen genannt, weil sie die Steine bearbeiteten, welche an der Außenseite der Mauern freistanden, so dass sie von jedermann gesehen werden konnten. Im Gegensatz dazu hießen diejenigen Bauarbeiter, welche die Steine unbehauen vermauerten, so wie sie aus den Steinbrüchen kommen, rough-stone-masons. Nun kürzte man die Namen so ab, dass man das Wort stone ganz wegließ. Auf diese Weise entstand das Wort Free masons, Freimaurer. Es sind mit dieser Bezeichnung deshalb nicht eigentlich die Arbeiter gemeint, die man jetzt Maurer nennt, sondern die Steinmetzen. Daher auch die Bezeichnung Loge oder Bauhütte. Die eigentlichen Maurer bedurften keiner besonderen Hütten. Sie verrichteten ihre Arbeiten unmittelbar am Gebäude selbst. Die Steinmetzen dagegen mussten die aus den Steinbrüchen herbeigeführten rohen Steine erst kunstgemäß bearbeiten, ehe diese dem Bau eingefügt werden konnten. Sie hatten also einen Arbeitsraum in der Nähe des Baues nötig, wo sie die Steine behauen konnten. Dies waren die Bauhütten.«

In diesen Bauhütten, die im Mittelalter zu den Klöstern gehörten und mit der Zeit verweltlicht wurden, pflegten die klerikalen und die weltlichen Steinmetzen ihre eigene, besondere Tradition. Sie »trachteten danach, ihre Konstruktionsgeheimnisse vor den Augen Uneingeweihter zu verbergen, sie waren einem strengen Zunftsystem unterworfen, gegliedert in Lehrling, Geselle und Meister, mit einer Menge innerer und äußerer Regeln. Auch betrachteten sie ihre Arbeit als eine ‘göttliche Kunst’.« (Jürg von Ins, Zur Frage nach den Quellen der freimaurerischen Symbolik, 1974)

Die Steinmetzen waren in der Regel nicht lokal, sondern überregional organisiert und entwickelten bald ein internationales, kosmopolitisches Bewusstsein. Steinbauwerke waren selten, und die Auftraggeber waren vielfach die höchsten kirchlichen und weltlichen Autoritäten. War ein Bauwerk beendet, so musste der Steinmetz oft weiterziehen. Er war nicht in einer lokalen Kirche, Gemeinde oder Zunft zuhause. »Seine Heimat war die Bauhütte am Arbeitsort, die darum von den fürstlichen Protektoren ihre überlokale Organisation und ihre Freiheiten empfing.« (Rudolf Spitzbarth, Die Freimaurerei, ihr Herkommen und Wirken. 1968)

Dank dieser Freiheiten wurden die Bauhütten zu Zufluchtsorten für Verfolgte, Verfemte und Freidenker aller Art. (Spitzbarth) Diese zugelassenen Nicht Steinmetzen wurden ‘angenommene’ Maurer genannt. Mit der Zeit trat die bauhandwerkliche Tradition in den Hintergrund, und es wurden vermehrt esoterische, philosophische, sittliche und gesellschaftliche Traditionen gepflegt.

1717 gründeten vier Bauhütten in London die erste Grossloge. Dieses Jahr gilt als das Gründungsjahr der Freimaurerei im heutigen Sinn. Die 1717 gegründete Freimaurerei hat mit dem ursprünglichen Bauhandwerk, das als ‘operative Maurerei’ bezeichnet wird, nichts mehr zu tun. Es geht nicht mehr um den Bau von Steinbauwerken, sondern um den Bau am ‘Tempel der Humanität’. Die heutige Freimaurerei wird gegenüber der ‘operativen Mauerei’ als ‘spekulative Maurerei’ bezeichnet. (A. Oslo, S. 55).

Von der Bauhüttentradition sind aber verschiedene Elemente übernommen: der Name ‘Freimaurer’, ‘Freimaurerei’, die Bezeichnung Loge (lodge) für die Arbeitsstätte, die Einteilung der ersten drei Grade in Lehrling, Geselle und Meister sowie »eine an Steinmetzen  und Bauhandwerk anknüpfende Deutung der Stellung des arbeitenden Menschen im christlichen Kosmos und ein daraus abgeleiteter Sittenkodex«. (Spitzbarth) Dazu kommen verschiedene Symbole wie: Winkelmass, Wasserwaage, Zirkel, Senkblei, Maßstab, Reißbrett, Schurz, rauher Stein u.a.m. In der Johannismaurerei (Grade 1 3) sowie in der ‘jüdisch architektonischen Etappe’ der schottischen Hochgradmaurerei (Grade 1 14) lehnen sich zudem die Arbeiten und die symbolischen Handlungen an die Bauhüttentradition an. Nach Lerich (Konrad Lerich, Der Tempel der Freimaurer. Der 1. Bis 33. Grad. Vom Suchenden zum Wissenden, Bern, 1937) «erreichen Bausymbolik und Bausage der Freimaurerei im 13. Grad ihren esoterischen Höhepunkt«. (S. dazu Kapitel 3)

 

1.2. Verehrung menschlichen Schaffens aller Zeiten und Völker

1.2. 1. Diesseitigkeit

»Die wahren Taten der Freimäurer sind so groß, so weit aussehend, dass ganze Jahrhunderte vergehen können, ehe man sagen kann: das haben sie getan! Gleichwohl haben sie alles Gute getan, was noch in der Welt ist, merke wohl: in der Welt!   Und fahren fort, an all dem Guten zu arbeiten, was noch in der Welt werden wird,   merke wohl, in der Welt.« (Aus: G. E. Lessing, Ernst und Falk, Gespräche für Freimäurer.)

Dass die Freimaurerei hauptsächlich diesseitig orientiert ist, geht auch aus den Aussagen vieler anderer FM hervor.

So schreibt zum Beispiel Seydel (Rudolf Seydel, Katholicismus und Freimaurerei, Leipzig, 1862), das höchste Ideal sei die ‘Darstellung des Reiches Gottes auf Erden’, und auch ImHof meint: «Es geht um das ‘Reich Gottes auf Erden’.»

Bei Lagutt (Jan K. Lagutt, Der Grundstein der Freimaurerei, Erkenntnis und Verkennung, Zürich, 1958) lesen wir: »Wollen die Religionen den Menschen vor allem auf das Leben nach dem Tod vorbereiten, so die Maurerei in erster Linie für das Erdenleben… Ist das Streben der Religionen himmelwärts gerichtet, so dasjenige der Maurerei erdenwärts … Das Wahre, Gute und Schöne ist der Erde und des Menschen wegen zu tun.«

Die Freimaurerei ist nach Valmy (Marcel Valmy, Die Freimaurer. Arbeit am Rauhen Stein. Mit Hammer, Zirkel und Winkelmass. München, 1988) durch die Glaubensform des Deismus beeinflusst, «auch Freidenkertum oder Vernunftreligion genannt, die eine Anleitung zum sittlichen Leben im Diesseits, nicht zum Übergang in die Transzendenz, sein will.»

Bei diesem Diesseits handelt es sich um die ganze dem Menschen zugängliche und wahrnehmbare Welt, um das ganze Universum. Es interessieren nicht nur die Vorgänge auf dieser Erde, sondern auch die ‘Gesetzmässigkeiten des Universums’. (Oslo). »Der Ort freimaurerischer Arbeit ist die Loge. Sie hat die Form eines ‘länglichen Vierecks’ und ist als Sinnbild des Weltalls, als Wohnstätte der ganzen Menschheit gedacht.« (Heinz Günter Deiters, Die Freimaurer. Geheimnis und Enthüllung, München, 1963). Im Tempel ist symbolisch dargestellt, woran sich der diesseitige Mensch orientiert: die Himmelsrichtungen Nord, Süd, Ost und West; Sonne, Mond und Sterne; der andere Mensch. Die Zeitrechnung der alten Maurer begann nach Oslo mit Adam, mit dem Beginn der Welt: Der Anfang der Welt war demnach unweigerlich auch der Beginn der Maurerei. Deshalb datierten sie statt ‘im Jahre der Welt’ (anno mundi) einfach ‘im Jahre der Maurerei’ (anno maconii), und beide trugen die Abkürzung AM.»

1.2.2. Taten statt Worte

»Geschrieben steht: ‘Im Anfang war das Wort!’ Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort? Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen, Ich muss es anders übersetzen, Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin. … Mir hilft der Geist! auf einmal seh ich Rat, Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat! (Aus: J.W. von Goethe, Faust, 1225 -1238)

Die Freimaurer bedienten sich nach Schiffmann Symbolen aus dem Bereich des Handwerks, um deutlich zu machen, »dass nicht theoretische Untersuchung, sondern praktische Tätigkeit der eigentliche Zweck des neu gestifteten Bundes war.«

Das Reich Gottes soll durch die menschliche Tat auf Erden verwirklicht werden. »Arbeit ist Gottesdienst, weil in ihr und durch sie die höheren Lebenswerte zur Verwirklichung kommen« (Schenkel, 1926). In den Logen der Freimaurer wird ‘gearbeitet’ . »Alle Feiern werden ‘Arbeit’ genannt, und zwar je nach den Graden am rauhen Stein, am kubischen Stein, am Reißbrett.» (S. 66)

Die Freimaurer nehmen an einem ‘Kultus der Arbeits- und Berufsethik’ teil. (S. 67) »Dem Theologisch- Dogmatischen kommt von Anfang an kein Gewicht zu, sondern alles ist ethisch praktisch gemeint. Es ist aber nicht nur die Tätigkeit als solche, welche gefeiert wird, sondern dass sie mit Weisheit, in Schönheit, durch Kraft geschieht. Der Wert der Arbeit ist unabhängig vom Erfolg« (S. 67). »Die ganze Arbeitssymbolik erhält ihre Krönung in dem Gedanken der Pflicht. ‘Tue deine Pflicht!’ ist der ernste männliche Klang, der durch das Ritual der Johannis-Maurerei hindurchklingt« (S. 69) Der Arbeitsgedanke findet seine Ergänzung in dem Gedanken der Erholung. Auch sie ist geweiht … Auf jede Arbeit folgt eine Tafelloge mit rituellen Formen oder wenigstens ein geselliges Beisammensein.« (S. 69) In der Freimaurerei geht es also um eine Betonung der Aktivität gegenüber der Passivität. »Die Erlösung wird nicht im Mystischen gesucht, sondern in der tapferen Bejahung des Schicksals und in der Betätigung des freien Willens (S. 85) Oft wird das Reden, das ‘bloße’ Aussprechen von Worten nicht als Tat betrachtet und dem ‘Tun’ gegenübergestellt: »Das Tun ist viel mehr wert als das bloße Diskutieren« (Ernst Moser, Die Freimaurerei und die Satzungen der Vereinten Nationen, in: Alpina Nr. 5/1964).

Wir werden sehen, dass zwischen Freimaurerei und liberalem Protestantismus eine enge geistige Verwandtschaft besteht und dass zwischen beiden enge Beziehungen bestanden haben und bestehen. Vielleicht müsste Max Webers berühmtes Werk ’die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus’ ergänzt oder vertieft werden durch eine Untersuchung über die Bedeutung der freimaurerischen Arbeits  und Berufsethik für die Wirtschaftswelt der neusten Zeit.

1.2.3. Ein Herz für Kain

Aus der Parteinahme für die Tat und die Tatmenschen ergibt sich auch eine Parteinahme für Kain und seine Nachkommenschaft. Die Hiramslegende, die in der Freimaurerei eine außerordentlich grosse Rolle spielt, »schildert die Kains-Kinder als den vorwärtsstürmenden, erfindungsreichen, schöpferischen Menschentypus, während Abel jenen Typus darstellt, der sich mit dem natürlich Gewordenen, dem ‘Gott-Gegebenen’ zufrieden gibt (Lagutt). Hiram Abif, der legendäre Architekt und Baumeister des Salomonischen Tempels, wird als Nachkomme Kains betrachtet. »Der Tradition nach gilt Hiram als Kainit.« (Ebd. S. 45) »Hiram errichtete den wunderbaren Tempel Salomonis, er schuf den herrlich goldenen Königsthron und führte viele prachtvolle Werke und Bauten auf.» (S. 52) Aus der Sicht dieser Legende erscheint es ungerecht und willkürlich zu sein, dass der Gott der Bibel das Opfer Abels annahm und ausgerechnet dasjenige des Kain ablehnte. »Und Kain erschlug Abel. Doch nun verfolgte Adonai die Söhne Kains und machte sie den Kindern Abels untertan. Das Geschlecht Kains aber war schöpferisch und erfand die Wissenschaften und Künste.» (S. 51 ff.)

«Enoch, ein Sohn Kains, lehrte die Menschen die Kunst, Steine zu behauen, Häuser zu bauen und in Gemeinschaften zu leben. Enochs Sohn Irad und sein Enkel Mehujahel errichteten Dämme und machten Zedernstämme zu Balken, Methusael, ein anderer Sprosse Kains, ersann die heiligen Buchstaben, die Tau Bücher und das sinnbildliche T (Tau), an dem die vom Feuer stammenden Arbeiter sich erkannten. Lamech, dessen Weissagungen den Profanen verschlossen sind, hatte vier Kinder: Jabal, der als erster Felle zu gerben verstand, Jubal, den Erfinder der Harfe, Naamah, die Mutter der Spinnerei und Weberei, und Tubalkain, der den ersten Schmelzofen baute. Tubalkain trieb auch tiefe Schächte in die Berge, um sein Geschlecht vor der kommenden Flut zu schützen. Allein nur er und sein Sohn entgingen den Wassern.« (S. 51f.) Nach der Hiramslegende soll Hiram, nachdem er von drei seiner Gesellen erschlagen worden war, von Tubalkain »in den Mittelpunkt der Erde, in die Seele der Welt, ins Reich des großen Kain« (S. 54) geführt worden sein. Dort »sah Hiram seinen Urvater Kain… Und Kain erzählte seine Leiden, die Jehovas Grausamkeit über ihn verhängte.« S. 55) »Und Tubalkain übergab ihm den Hammer, mit dem er selbst so Großes geschaffen hatte und sprach: ‘Diesen Hammer nimm!’ Die Feuergeister werden dir helfen, das Werk zu beenden.« (S. 55)

Es ist wohl selbstverständlich, »dass eine Legende nie als Darstellung geschichtlicher Vorgänge betrachtet werden darf» (S. 57), doch sollten diese Ausschnitte, die den meisten Freimaurern möglicherweise unbekannt sind, deutlich machen, für wen hier Partei ergriffen wird: für Kain und seine Nachkommenschaft. »Gewisse Namen aus dem Geschlechte der Kains Söhne sind zu Passworten geworden.« (S. 45) Die einzelnen Passworte sind im Werk von Binder, (164, 167, 203) enthalten. So lautet das Passwort der Lehrlinge und der Meister: ‘Tubalkain’. Wiederum ist wohl den meisten Freimaurern nicht bewusst, was das für ein Wort ist, und was es bedeutet   Worte sind ja scheinbar nicht so wichtig.

1.2.4. Grosse Leistungen, Werke, Persönlichkeiten

Die Verehrung menschlicher Leistungen, Werke und Persönlichkeiten in der Freimaurerei geht nun über Kain und sein Geschlecht weit hinaus und umfasst die gesamte Menschheit, alle Völker und Zeiten. Dabei «ist das Bauen, der Bau der sichtbare Ausdruck schöpferischen Tuns schlechthin». (Lagutt, S.106) Solch schöpferisches Tun findet natürlich nicht nur im Baugewerbe statt, sondern in allen Lebensbereichen des Menschen: Wirtschaft, Wissenschaft, Technik, Kunst, Literatur. Überall braucht es Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die erworben, entwickelt und weitergegeben werden müssen. Die menschliche Geschichte erscheint als eine Geschichte des seine Leistungen und Werke und damit auch sich selbst stets weiter und (evolutiv) höher entwickelnden Menschen. »Es ist nur ein Bau, der fortgeführt werden soll, der simpelste, der größte; er erstreckt sich über alle Jahrhunderte und Nationen. Wie physisch, so ist auch moralisch und politisch die Menschheit in ewigem Fortgang und Streben.« (J.G.v. Herder zitiert in J. N. J. Schmidt, Wurzeln der Freimaurerischen Gemeinschaft, Zürich, 1961) Für Herder ist die Freimaurerei ein ‘Areopag des Verdienstes, der Sitten und der Talente’. (Imhof, S. 294)

In der seit 1723 geltenden Konstitution der Freimaurerei, die von James Anderson, einem Prediger der Kirche der schottischen Presbyterianer in London, verfasst wurde, ist eine Weltgeschichte menschlichen Schaffens enthalten. Sie wird zwar oft als ‘geschichtlich wertlos’ betrachtet (Schenkel, 1926, Lagutt, 1958) und selten abgedruckt. Im Anhang des Buches von Oslo (1988, 366ff.) ist dieser ‘geschichtliche Teil’ allerdings enthalten. Uns scheint dieser Teil der Anderson’schen Verfassung wichtig zu sein, nicht weil darin eine wirkliche Geschichte, sondern eine ‘Möchtegern-Geschichte’, eine Geisteshaltung, zum Ausdruck kommt. Immerhin besteht «das Gemeinsame der Freimaurer in aller Welt … darin, dass sie sich an die sogenannten ‘Alten Pflichten’ von 1723 (Andersonsche Konstitution) halten.« (Von Ins, S.29)

In Andersons ‘Geschichte’ der menschlichen Künste von Adam bis zur damaligen Zeit erscheinen die erwähnten ‘Grossen’ der Vergangenheit als ‘Großmeister’ und ‘Großbeamte’. Neben Kain und seiner Nachkommenschaft – Abel wird hier nicht erwähnt – kommen auch die Erbauer des babylonischen Tempels zu Ehren, denn trotz ihrer ‘Eitelkeit’ werde ‘ihre Fertigkeit in der Maurerei … gerühmt’ (zit. in Oslo, S.366). Bewundert wird in diesem Zusammenhang auch die ‘Fertigkeit der Maurer’, ‘ungeachtet der Verwirrung der Sprachen’, ‘miteinander ohne Sprechen zu verkehren und einander von weitem zu erkennen’. (S. 367) Nach den ‘herrschaftlichen Städten’ und den anderen ‘großartigen Bauwerken’ (Pyramiden etc.) Ägyptens wird auch ‘Gross-Meister Moses’ erwähnt. (S. 367f.)

Gerühmt wird nach dem ‘Tempel des Dagon in Gaza der Philister’ natürlich besonders der Tempel Salomos und sein Architekt und ‘Meister des Baus’ Hiram Abif. Schließlich werden in dieser Geschichte menschlichen Schaffens unter anderem erwähnt: der ‘Gross-Meister-Maurer’ Nebukadnezar, die ‘Künste und Wissenschaften mit den bedeutendsten Gelehrten und Handwerkern’ in Griechenland und Rom, die Entwicklung der ‘königlichen Kunst’ im Abendland, besonders in England und in Schottland. (Der Name Jesus Christus fehlt in dieser ‘Geschichte der Grossen’.)

1.2.5. Vergleich

Ein kurzer Vergleich zeigt an dieser Stelle bereits deutlich, dass die Weltanschauung der Freimaurerei sich wesentlich von derjenigen unterscheidet, die uns in der Bibel bezeugt ist: Das Reich Jesu ist nicht von dieser Welt. Die diesseitige Welt ist nicht bedeutungslos, hat aber nur eine begrenzte, relative Bedeutung. Selbst das Tausendjährige Reich ist vergänglich. Wichtig und ursprünglich ist eine unsichtbare, dem Menschen unzugängliche Welt, aus der alles Diesseitige, Irdische entstanden ist, und aus der alles seinen Sinn und Wert erhält. Ebenso ist auch in der Freimaurerei die jenseitige Welt nicht bedeutungslos, sie wird nun aber ihrerseits relativiert: Selbstverständlich darf jeder Freimaurer an ein Jenseits glauben, doch dieser Glaube ist subjektiv dem Belieben des einzelnen unterstellt und darf in der Loge keine absolute Geltung beanspruchen. Der Unterschied liegt also in der Priorität, in der Vorrangigkeit: absolutes Jenseits und relatives Diesseits in der Bibel, relatives Jenseits und absolutes Diesseits in der Freimaurerei.

Das Gleiche gilt für die Gegenüberstellung von Taten und Worten. Das Wort hat in der Bibel eine absolute Bedeutung, und was ‘geschrieben steht’ dient selbst Jesus als höchste Autorität, der sich sein Widersacher beugen muss. »Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen«, spricht Jesus. (Mt. 24,35) Die menschlichen Taten kommen in der Bibel auch vor, haben aber eine untergeordnete Bedeutung. In der Freimaurerei ist auch dieses ‘Herrschaftsverhältnis’ umgekehrt: Taten haben absolute Bedeutung, Worte relative Bedeutung. Auch Freimaurer sprechen und verwenden Worte. Die höchsten Einsichten sind für sie aber nicht mit Worten kommunizierbar. Wichtiger ist ihnen, dass »sie einander kennen und lieben, sogar ohne das Hilfsmittel der Sprache oder in unterschiedlichen Sprachen«. (Anderson zitiert in Oslo, 1988, S.378)

Die biblische Heilsgeschichte ist mit dem Namen Abel verbunden, Kain hat eine ‘undankbare’ Nebenrolle. In den freimaurerischen Legenden wird Kain sozusagen rehabilitiert und Abel in den Hintergrund gedrängt. Die Bibel segnet nicht alle menschlichen Leistungen, Werke und Personen. Wichtig, vorrangig ist das Gottvertrauen, die Gottesbeziehung, aufgrund der der Mensch opfert, arbeitet und aufbaut. Für diese Gottesbeziehung trägt auch der Mensch einen Teil der Verantwortung: Er muss zum biblischen Gott und zu seinem Sohn ja sagen. Wer den biblischen Gott verneint, wer undankbar und selbstgerecht Gottes Gaben zu eigenen, menschlichen Leistungen erklärt, dem wird der Segen entzogen.’ Die Freimaurerei hingegen will alle Menschen, unabhängig von ihrer Gottesbeziehung ‘gerecht’ sein lassen. Der Wert des einzelnen hängt von seinem Beitrag für die Menschheit ab. Statt um Gnadenannahme und Gottvertrauen geht es um »eine Schule des Wettlaufs zur Erreichung des schönsten Kranzes der Humanität und Menschenwürde.« (Böni 1944, 290) Das Wichtigste: Die Subjekte und Objekte der freimaurerischen Verehrung sind vergänglich, tot. Bei Jesus Christus hingegen können wir annehmen, dass er ewig lebt.

1.3. Mönchtum und Ritterorden

Die Beziehungen zwischen Mönchtum und Ritterorden einerseits sowie Freimaurerei andererseits sind ausführlich in Oslo (FM 1988) dargestellt. Die Freimaurerei wird selbst vielfach als Orden bezeichnet sowie als geistige Nachfolgerin und Erbin alten Priester  und Mönchtums betrachtet. Dabei scheinen mir die folgenden Parallelen am wichtigsten zu sein: die Bewahrung und Pflege von Wissen und Können, das Streben nach persönlicher Vervollkommnung, das Anliegen, Zufluchtsort für Verfolgte und Verfemte zu sein. Eine besondere Rolle spielt in der Freimaurerei der Templerorden. Die Templer gelten als vorbildliche, erste Verfechter des Toleranzgedankens.

 

1.3.1. Bewahrung und Pflege von Wissen und Können

»Die ausführliche Darstellung der Entwicklung des Klosterwesens und des Templerordens zeigt eindeutig, wo das Wissen gepflegt und gehütet wurde, wo die Beschäftigung mit den Hermetischen und Freien Künsten und der Königlichen Kunst möglich gewesen war. Die Anziehungskraft der Klöster und Ritterorden auf den Adel und den Klerus lag nicht im Gebet, noch im Handwerk, sondern im Wissen begründet. Und um zu diesem Wissen zu gelangen, musste man sich Probezeit und Prüfungen unterziehen. All dem begegnen wir später in der Freimaurerei wieder.» (Oslo, 1988, 51) »Dieses Wissen teilte sich in drei Hauptgruppen:

1. die Hermetischen Künste: die okkulten Weisheiten Gottes aus Religion, Astrologie, Magie, Zaubertrank bzw. Heilkunde, Mystik, Esoterik, Alchimie   das Wesen aller Mysterien;

2. die Freien Künste: Schreibkunst, Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Verskunst, Geometrie, Arithmetik, Astronomie, Harmonie;

3. die Königliche Kunst: nicht das Handwerk des Bauwesens, vielmehr Planentwurf, Architektur, Statik, Materiallehre, Harmoniegesetze und Bauleitung – kurz: die Baukunst.« (Ebd. S. 99)

Nach Oslo wurde dieses Wissen in der Menschheitsgeschichte früher hauptsächlich von den Priestern bewahrt und gepflegt: «Priester schrieben die Chronik ihrer Zeit, trieben Studien in der Philosophie und Theologie, machten Experimente in der Alchimie und Naturwissenschaft, ergänzten die Kenntnis der Heilkunde und der heilenden Kraft der Kräuter, operierten Kranke und balsamierten Mumien ein, entwickelten das Handwerk, brauten Bier, kelterten Wein und pflegten die Freien Künste einschließlich der Baukunst.« (S. 14)

1.3.2. Streben nach persönlicher Vervollkommnung

In den Klöstern ging es nach Oslo immer auch um die ‘innere Vervollkommnung des Mönches’. »Die Meditation in der Einsamkeit der Zelle förderte das Entstehen eines esoterischen Christentums, das sich im Laufe der Jahrhunderte in eigenartigen Aufnahmeritualen manifestierte, die an die Denkformen frühchristlicher Gnostiker erinnern. Eine Symbolik besonderer Art beeinflusste die Gedankenwelt des Ordens. Ziel aller Bestrebungen des Mönches sollte die Erlangung der persönlichen Vervollkommnung sein.« (S. 24) Die Freimaurerei will diese Tradition fortsetzen. Sie bietet sich als ein «Mittel zur ‘inneren Ganzwerdung’» an. (Von Ins, S. 29).

1.3.3. Zufluchtorte für Verfolgte und Verfemte

Wie die Bauhütten so waren nach Oslo auch die Klöster früher vielfach Zufluchtsorte für Verfolgte und Verfemte. Also ergibt sich auch aus diesem Gesichtspunkt eine gewisse Verwandtschaft und eine Tradition, die die Freimaurerei weiterzupflegen bemüht ist. (Oslo,1988, 16ff.)

1.3.4. Die Templer als Verfechter des Toleranzgedankens

Die Templer werden von Oslo als Verfechter, wenn nicht gar als Begründer des für die Freimaurerei zentralen Toleranzgedankens angesehen: «Das wirklich neue an diesem Ritterorden war jedoch die Toleranz. Die Ritter waren verschiedener Nationalität und mussten im Heiligen Land zusammenstehen und zusammen kämpfen, was zur Verwischung der nationalen Eigenarten führen musste. Die Kleriker des Ordens studierten den Feind und dessen Kultur und Sprache, fungierten als Dolmetscher bei den zahlreichen Verhandlungen… Von daher rührt der Respekt der Templer gegenüber den Errungenschaften ihrer Feinde.« (Oslo, 1988, S.45)

Oslo sieht eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Templern und Freimaurern in der besonderen Initiation sowie in der Verwendung von Symbolen: «Der höchste Rang, der innere Kreis der Templer, war der geistliche Ritter.

Dieser wurde durch besondere Initiation (Einweihung) in den Kreis berufen. Jetzt war er würdig, sich in den Geheimzeichen der Kabbala auszukennen… Die Mitglieder dieses Kreises verständigten sich untereinander in bildhaften Symbolen, durch phonetische Wortspielereien und musikalische Harmonien.« (Ebd. 100)

1.3.5. Die Templer und der ‘Rachegrad’

»Die Geschichte der Tempelherren, des Tempelordens (1118 bis 1314) hatte im 18. Jahrhundert auf eine Reihe freimaurerischer Lehrarten starken Einfluss, obwohl auch zwischen Freimaurerei und Templertum kein direkter historischer Zusammenhang nachweisbar ist.» (Lerich, 1937, 41) Gross ist dieser Einfluss hauptsächlich in dem heute am weitesten verbreiteten schottischen Hochgradsystem.« An die Stelle Hiram Abifs, des Erbauers des salomonischen Tempels, dessen Ermordung in der Johannisfreimaurerei als rituelle Legende eine grosse Rolle spielt, tritt in den Areopagen, in den Werkstätten vom 19. bis zum 30. Grad, der letzte Templergroßmeister Jakob de Molay, der auf Befehl König Philipps des Schönen von Frankreich und Papst Clemens V. am 3. März 1314 am Scheiterhaufen den Tod fand… Die Hinrichtung des Molays findet in der Kulthandlung des 30. Grades, im Initiationsritus, eine realistische Darstellung. Der Lehrgehalt des Ritter Kadosch Grades symbolisiert den Untergang des Templertums durch die geistliche und weltliche Gewalt, an deren Stelle der Sieg der Gewissensfreiheit gesetzt wird.» (Ebd. S. 41) Im 30. Grad, der auch ‘Rachegrad’ genannt wird (siehe Kapitel 3), rächt sich also die Gewissensfreiheit, der Gedanke der Toleranz gewissermassen symbolisch an den dogmatischen kirchlichen und intoleranten weltlichen Autoritäten. (S. a. Kapitel 3)

Die freimaurerische Jugendorganisation trägt den Namen des letzten Großmeisters der Templer, den wir auch als ‘freimaurerischen Märtyrer’ bezeichnen können. Der ‘De Molay Orden’ ist »den Vierzehn  bis Einundzwanzigjährigen vorbehalten«. »Die Aufgabe des Ordens ist die Heranbildung einer zukünftigen Elite der Freimaurerei.» (Mellor,1985, 91)

1.3.6. Vergleich

Ein kurzer Vergleich zeigt wiederum wesentliche Unterschiede zur Lehre Christi. Während die Freimaurer jede Art von Wissen bewahren und pflegen wollen, unterscheidet die Bibel zwischen Wissen, das von oben und Wissen, das von unten inspiriert ist. Gerade die Öffnung des Menschen für das ‘Wissen von unten’ hat zur Trennung von Gott geführt. Die ‘hermetischen’ Künste sind höchst gefährlich und dem biblischen Gott ein Greuel. In der Heiligung soll ein Christ lernen, sich davon zu distanzieren, bewusst und entschieden ‘nein danke’ zu diesem Erkenntnisangebot zu sagen. Aus bib¬lischer Sicht kann zudem der Mensch niemals aus eigener Anstrengung Vollkommenheit erreichen. Er ist stets auf die Gnade Gottes angewiesen und erreicht Vollkommenheit niemals allein, sondern erst in der Gemeinschaft Christi und seiner Gemeinde. Christus gleicht unsere Schwächen aus, und unsere relativen Stärken werden erst durch die Kommunikation und Kooperation fruchtbringend. Das Heilswissen Christi wird nicht gehütet und selektiv weitergegeben, sondern soll möglichst in aller Öffentlichkeit aller Welt verkündigt, vervielfältigt werden. Christen sollten sich zudem natürlich der Rache enthalten. Sie steht allein Gott zu.

1.4. Geheimgesellschaften und Mysterienbünde

»Die Freimaurerei versteht sich als geistiges Erbe der antiken Mysterientdünde.» (Valmy, S. 19) «Aus Brauchtum und Werklehren der Freimaurerei geht … mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit hervor, dass diese ihre Hauptimpulse aus den Mysterienschulen vor allem ägyptischer und griechischer Prägung bezog.« (Von Ins, S. 29) »Der Freimaurerbund ist der einzige echte Mysterienbund, der in der Gegenwart noch lebendig ist.« (Schenkel, S. 65) Ebenso äussert sich Spitzbarth und er meint, dass es gerade diese Komponente der Freimaurerei sei, «der wir ihre Anziehungskraft zuschreiben dürfen». Nach Schenkel versucht die Freimaurerei, einen humanistischen Inhalt mit Formen der alten Mysterien zu vermitteln: «Das Eigentümlichste an diesem Bund ist, dass er in seinen Formen ein Mysterienbund ist, seinem Inhalt nach aber ein reiner Humanitätsbund.« (Ebd. S. 63) Welches sind die wesentlichen Merkmale der von den antiken Mysterien übernommenen Formen? »Die Bestandteile dieser Mysterienform sind neben dem Geheimnis des Bundes der Initiationsritus, die Wanderungen, die mit den vier alten Elementen der Erde, des Wassers, des Feuers und der Luft in Berührung bringen und durch Furcht und Hoffnung zum Licht führen, die stufenweise Erleuchtung, die teilweise Entkleidung und kultische Bekleidung, die Reinheit, der Spiegel. die Bruderschaft, das kultische Mahl, Tod und Auferstehung. Ich führe ,iier nur diejenigen Punkte an, die so gut wie in allen Logen der Welt vorhanden sind. Sie könnten ergänzt werden durch weitere zahlreiche Einzelheiten aus verschiedenen Systemen der Vergangenheit und der Gegenwart.« (Ebd. S.71f.) Im folgenden sollen die wichtigsten Bestandteile kurz beleuchtet werden.

 

1.4.1. Geheimhaltung und Abgeschlossenheit

Wir haben gesehen, dass die Freimaurerei sich heute nicht mehr als eine ,geheime’ sondern nur noch als eine ‘geschlossene’ Gesellschaft versteht. (Valmy) Dennoch spielt die Geheimhaltung eine wichtige Rolle, und Geheimgesellschaften verschiedenster Art haben die Freimaurerei be¬einflusst, am meisten wohl die Rosenkreuzer. Zudem mag der Erfolg der Freimaurerei dazu beigetragen haben, dass gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts Geheimgesellschaften in Europa Mode wurden. Im folgenden soll auf den Aspekt der Geheimgesellschaften nicht näher eingegangen werden, denn in ihnen verschwimmen die Grenzen zwischen Ernst und Spiel, zwischen Wirklichkeit und Täuschung, Verkleidung, Schwindel. Im Werk von Kaltenbrunner sind verschiedene Beiträge zur Geschichte der (wirklichen und erdichteten) Geheimgesellschaften enthalten. Es enthält zudem eine »Zusammenstellung einer Bibliographie über Geheimbünde».

»Das charakteristische Kennzeichen des Mysterienkultes ist das Geheimnis, in das derselbe gehüllt ist… Es ist gerade das kultische Element, dem der Charakter des Geheimen eignet.» (Schenkel) «Nicht der Inhalt, sondern die Symbole und rituellen Formen seiner Darstellung sind geheim. Gerade das ist typisch für die Mysterienform.« (Ebd. 74) »Der Verschwiegenheit unterliegen die Erkennungszeichen, das Ritual der einzelnen Grade und bis zu einem gewissen Grad die Namen der Mitglieder.» (Ebd. 73) Die Geheimhaltung gilt nicht nur gegen aussen, sondern auch gegen innen: Die unteren Grade sollen (noch) nicht wissen, was die oberen tun: »Diese Verschwiegenheit wird auch innerhalb des Bundes selbst geübt, insofern es verboten ist, Erkennungszeichen und Ritual höherer Grade den Brüdern niederer Grade mitzuteilen.» (Ebd. 76) »Die Geheimhaltung gibt dem Bunde auch das Gefühl einer viel stärkeren Gemeinschaft und brüderlichen Verbundenheit.« (Ebd. 74) Wir haben gesehen, dass heute viele Informationen über Symbole, Rituale, Erkennungszeichen usw. der Freimaurerei in Wort und Bild öffentlich zugänglich sind. Damit ist aber das ‘Geheimnis’ nach freimaurerischer Auffassung noch gar nicht gelüftet. Denn es sei gar nicht in Worten mitteilbar, sondern müsse von jedem persönlich erlebt werden. Der Zugang zu diesen freimaurerischen Erlebnissen untersteht nun allerdings strenger menschlicher Kontrolle. Schenkel spricht von einer ‘strengen Auswahl der Mitglieder’. «Die Freimaurerei wollte nie Massenbewegung sein.« (Ebd.75) Zudem finden die Veranstaltungen hinter verschlossenen Türen statt, und die Zutrittsberechtigung wird für jeden Grad überwacht. Das wird unter anderem damit begründet, «dass der Kultus, soll er wirklich ein höchstes Mass von Wirkung erzielen, der Abgeschlossenheit bedarf.« (Ebd. 75)

1.4.2. Kultische Handlungen, Riten und Symbole

Die Freimaurerei will die scheinbar allgemein menschliche’Sehnsucht nach einem echten Kult’ befriedigen. (Lagutt FM 1958, 132) «Es liegt im Wesen des Kultischen begründet, dass es den Menschen tiefer und stärker erfasst als beispielsweise das belehrende Wort… Der Kultus wendet sich in erster Linie nicht an das intellektuelle Verständnis, sondern an die Gemütskräfte… Es liegt im Wesen des Kultischen, dass es bindet.» (Ebd. 131) »Man darf nicht vergessen, dass in längst abgeklungenen Zeiten Riten und Kulte das Mittel bildeten, die Menschen zu führen.» (Ebd. 132)

Der Zweck von Kulten liegt nach Schenkel in der ‘Menschwerdung’ und in der ‘Gemeinschaft’. Auch er betont besonders das Gemeinschaftsfördernde: «Der Kultus ist von ganz ungeheurer Bedeutung für den Bestand menschlicher Kultur. Er ist das stärkste Gemeinschaftsband, fesselnder und umfassender als das Band gemeinsamen Blutes, gleicher Sprache, gleicher Wirtschaftsinteressen. Kultverbände überdauern nicht nur Jahrhunderte, sondern Jahrtausende.» Schenkel meint, dass es ohne Kult nicht gehe: »Auch der Mensch der Gegenwart braucht einen Kultus.» ‘Alles kultische Handeln’ ist nach Schenkel ‘Erleben und Handeln in Symbolen’. (S. 59) Das Wort wird also durch die Tat einerseits und durch das Erlebnis andererseits relativiert; Erlebnisse, Gefühle sind vorrangig, Worte sind zweitrangig.

Der freimaurerische Kult unterscheidet sich nicht nach der Form, wohl aber nach seinem Inhalt wesentlich von den antiken Mysterienkulten. »Die Mitglieder der antiken Mysterienbünde denken sich die Wirkung ihres Ritus mystisch vermittelt und magisch.« (Ebd. 81) »Die antiken Mysterien wollten Offenbarung, Erlösung und Unsterblichkeit vermitteln. Sie versprachen die Erkenntnis höherer Weiten, wie heute die Theosophie. Dem gegenüber will die Loge bei ihren Mitgliedern ethische Erkenntnis fördern.«, (Ebd. 80) Wir werden sehen, dass sich aber auch manche Freimaurer von ihren Kulten ‘höhere Erkenntnis’ erhoffen. Der Inhalt des kultischen Handelns sowie des ethischen Strebens der Freimaurer ist wesentlich durch den Humanismus, aber auch durch jüdisch christliche Tradition und Aufklärung geprägt.

Symbolische Handlungen (Riten) und Zeichen (Symbole im engeren Sinn) dienen im freimaurerischen Kultus, wie auch in den Mysterienkulten dazu, die gewünschte Erkenntnis zu vermitteln. »Seit altersher haben sich die Völker… der Rituale und Symbole bedient, um geistige Erkenntnisse erfahrbar zu machen, die durch das blosse Wort nicht vermittelt werden können« (Valmy). Die Quellen der freimaurerischen Symbolik liegen nun nicht nur in der Bauhüttentradition, sondern sie verwenden auch andere, uralte Symbole. Sie beschäftigen sich mit Studien zum Thema Symbolik und betreiben ‘vergleichenden Symbolismus’ (Mellor Wiss. 1985, 307, siehe auch von Ins, FM 1984, 78ff. ‘zur Frage nach den Quellen der freimaurerischen Symbolik’; Endres FM 1977) Kurz zusammengefasst schätzen die Freimaurer die Symbole aus den folgenden Gründen: Symbole dienen der Vermittlung von Erkenntnissen, von ‘Realitäten’ (Valmy FM 1988, 12, Lagutt FM 1958, 139).

– Symbole sind undogmatisch, antidogmatisch und lassen eine ‘freie’, individuelle Interpretation zu. (Valmy, S. 15, Schenkel, S.78)

 – Symbole sind vielfältig, vielseitig verwendbar und anschaulich. (Zendralli, S.13)

 – Symbole sind dauerhaft, unveränderlich, wiederholbar und reproduzierbar. (Imhof)

 – Symbole ermöglichen es, die Wirklichkeit so ‘ambivalent’ darzustellen, wie sie nach freimaurerischer Auffassung ist (Deiters, 140).

 – Symbole erlauben es, die gegenseitige Durchdringung und die Vereinigung von Gegensätzen aufzuzeigen. (Von Ins FM 1984, 78ff.) Kultus, Riten und Symbole ersetzen also die Sprache, sie schaffen und sind eingefügt in eine ‘aussersprachliche Ordnung’. (Ebd. 82) »Schau alle Wirkenskraft und Samen und tu nicht mehr in Worten kramen.» (Goethes Faust, 534)

1.4.3. Stufenweise Einweihung und ‘höhere’ Erkenntnis

Wie in den alten Mysterienbünden gibt es in der Freimaurerei Initiationsriten. Vor allem die Aufnahme in den Freimaurerbund sowie die ‘Erhebung’ zum Meister sind nicht nur in ihrer Form, sondern auch im Inhalt mit den alten Mysterien verwandt.

Die entsprechenden Rituale, die in Kapitel 3 kurz beschrieben sind, zeigen »Analogien bis in die Einzelheiten dessen, was uns von den Mysterien bekannt ist.« (Schenkel,1926, 84, s.a. Deiters,1963, 123ff.) In der ‘Tempelarbeit’ geht es vielen Freimaurern nicht nur um ethische, sondern auch um esotorische Belehrung und Erkenntnis. Esoterik gilt als ‘Kunst, die Dinge von innen zu sehen’ (Mellor,1985, S.308), und die Erkenntnisse werden nicht einfach von aussen herangetragen, sondern müssen auch selbst ‘erarbeitet’ werden: »Allo esoterischen Schulen sprechen davon, dass es höhere Bewusstseinsebenen gibt als jene zwei, die wir im gewöhnlichen Sprachgebrauch Schlaf und Wachsein nennen. Die mögliche Bekanntschaft mit höheren Stufen des Bewusstseins ist es, was wir Freimaurer Streben nach Vervollkommnung und Lichtsuche nennen. Licht, Tag, Sonne, Gold usw. sind in der Esoterik Symbole für ein mögliches neues Bewusstsein. Der Dämmerzustand des natürlichen Menschen, das sogenannte Wachsein, wird in der Regel durch den Mond dargestellt. So auch im Freimaurertempel. Was da im Osten über dem Meister vom Stuhl aufleuchtet, das Nachtgestirn des Mondes und die golden strahlende Sonne, sind in Wahrheit eine Offenbarung von erschütternder Grösse. Der Mensch, dargestellt durch den Meister vom Stuhl, kann aus dem Schlaf (Mond) erwachen und sich hinwenden zu neuen Bewußtseinsebenen, die in der Sonne gipfeln.   Doch dies muss gehört und wohlverstanden werden: Bewusstsein entsteht nicht automatisch wie eine Pflanze, wenn sie nur genug Licht, Luft, Wasser und Erde hat. Zunehmendes Bewusstsein ist von organisierter, zielgerichteter Arbeit an sich selbst abhängig.« (Hochreutener, 1981, S. 12) Freimaurer übernehmen also von den alten Mysterien auch den Glauben an ‘höhere’ Erkenntnis, die stufenweise Einweihung sowie einzelne Initiationsriten, fügen dem aber noch den Aspekt der ‘Arbeit an sich selbst’ hinzu.

1.4.4. Vergleich

Wiederum ergeben sich im Vergleich zur Lehre des biblischen Jesus Christus wesentliche Unterschiede: Seine Wahrheit soll nicht geheim gehalten, sondern aller Welt verkündet werden; seine Apostel und Jünger arbeiten und wirken nicht anonym, sondern treten trotz grösster Verfolgung offen und mit vollem Namen auf. Nicht ein Kult ist es, der die Christen verbindet, sondern Jesus Christus selbst. Selbst Schenkel schreibt, »dass Jesus dem Kultus nicht die geringste Rolle beilegt». (Ebd. 58) Er ersetzt jede Art von Kultus, denn er führt seine Gemeinde persönlich. Alle menschengemachte religiöse Anstrengung und kultische Handlung wird überflüssig. Sein Kommunikationsmittel ist in erster Linie das Wort, nicht das Symbol. Sein Wort versöhnt nicht die Gegensätze, sondern trennt Spreu und Weizen, Mark und Bein. Es ist nicht vieldeutig, sondern eindeutig. Es ist nicht beliebig reproduzierbar, sondern an die Person Jesu gebunden und ohne ihn und seinen Geist nicht verständlich. Nicht menschliche Anstrengung, sondern der Heilige Geist weiht uns schrittweise in die biblischen Wahrheiten ein. Die Bibel warnt uns ausdrücklich vor’höherer’ Erkenntnis und vor Leuten, die vorgeben, solche zu besitzen. Er ist das Licht, andere Leuchtkörper leuchten nur in seinem Schein, sind Irrlichter. Er lehrt uns, uns ausschliesslich auf unsere natürlichen Sinne zu verlassen. Was an ‘Übernatürlichem’ mit der Person, dem Leben und den Taten Jesu in Zusammenhang steht, ist einmalig, einzigartig und durch keine menschlichen Praktiken reproduzierbar.

1.5. Jüdische und christliche Tradition

Im letzten Abschnitt ging es um die geistigen Wurzeln der Form, in diesem und im nächsten Abschnitt geht es um die geistigen Wurzeln des Inhaltes der freimaurerischen ‘Tempelarbeit’.

»Was das Verhältnis zur Bibel, die auf dem Altar jedes Logentempels liegt, betrifft, so ist es ein Leichtes, nachzuweisen, dass fast alle Symbole, deren die Freimaurerei sich zur geistigen Förderung ihrer Mitglieder bedient, ihre Parallelen in der biblischen, zumal auch in der neutestamentlichen Überlieferung haben.« (Schenkel,150) »Bei Betrachtung der englischen Hochgrade fällt auf, dass sie sich immer wieder an die Bibel klammern, um die Freimaurerei zu rechtfertigen … Die Zeremonien der Hochgrade sind durch lange Gebete und Bibelzitate gekennzeichnet, deren Ausführlichkeit manchmal ermüdend ist.   Die Freimaurerei wurde schon in den blauen Graden mit der Geschichte des jüdischen Volkes als Hintergrunddekoration geschmückt. In den Ergänzungsgraden wird daraus eine Symbiose.« (Mellor, 387) Im folgenden soll wiederum derschottische Ritus etwas näher betrachtet werden, in dem die ‘blaue’ Johannismaurerei enthalten ist. (S. a. Kapitel 3)

Der Schottische Ritus will mit seinen verschiedenen Erkenntnisstufen symbolisch die geistige und kulturelle Entwicklung der Menschheit durchwandern. Seine 33 Grade, in welchen die drei Stufen der Johannis Freimaurerei, die des Lehrlings, Gesellen und Meisters mitgezählt sind, teilt er in drei Perioden, denen die grossen Kulturabschnitte der Menschheitsgeschichte, die jüdisch architektonische, die religiös christliche und die freiheitlich aufgeklärte Zeit entsprechen sollen.» (Lerich,1937, S.27)

 

1.5.1. Jüdische Tradition

«Die Werkstätten vom 4. bis zum 14. Grad, die sogenannten Perfektions- oder Vervollkommnungslogen, kennzeichnen zusammen mit den drei Graden der blauen Loge die jüdisch architektonische Periode, denn ihre Rituale wurzeln ausschliesslich in biblischen Überlieferungen, spielen im jüdischen Milieu des Alten Testamentes, und in ihrem Mittelpunkte stehen das Bausymbol des salomonischen Tempels und dessen Erbauer Hiram Abif.« Lerich, 1937, S. 7) Dabei ist der in der Bibel erwähnte Hiram von Tyrus (1. Kön. 7,13) nicht mit dem freimaurerischen Hiram Abif identisch. Die Herkunft der freimaurerischen Hiram Legende ist unbekannt. Nach Lagutt, S 46ff.) kennt die Sagenwelt der Juden die Tempellegende nicht, doch steht sie in einem engen inneren Zusammenhang zum jüdischen Mythos, der sich um Kain rankt. Hiram Abif soll ein Nachfahre Kains gewesen sein, und in der Legende wird, in Abweichung von der biblischen Darstellung, Kain und seine Nachkommenschaft sozusagen rehabilitiert.

Der Legende nach soll Hiram Abif von seinen Gesellen erschlagen worden und nach einer Reise ins Innere der Erde wieder auferweckt worden sein. Es geht hier also um eine symbolische Darstellung von Leben, Tod und Auferstehung   unabhängig von Jesus Christus. Lagutt zitiert den deutschen Philosophen und Freimaurer Friedrich Schlegel (1772-1829): »Der erschlagene Meister Hiram (hic Jesus est resurgens a mortuis = Hier ersteht Jesus von den Toten auf) ist aller Wahrscheinlichkeit nach der in den alten Mysterien bekannte und verehrte Todesgott des neuen Lebens Dionysos oder Osiris. Es ist Christus als Idee vor und außer dem Christentum.« Die jüdische Tradition dient also nur als Hintergrunddekoration zur Darstellung eines anderen Inhalts. Jüdisch kabbalistische Quellen haben aber nach von Ins  die freimaurerische Symbolik beeinflusst.

1.5.2. Christliche Tradition

Wir fahren fort mit den weiteren Stufen des schottischen Ritus: »Die Werkstätten des 15. bis 18. Grades sind die Kapitel Logen, deren Rituale die christlich religiöse Periode der Menschheitsgeschichte, die Zeit der Kreuzzüge versinnbildlichen.» (Lerich, S.32) In den ‘Kapiteln’ tritt die Innenarbeit in den Hintergrund, und die Hauptaktivitäten verlagern sich auf konkrete, hauptsächlich kulturpolitische Aktionen. (Ebd. 32f.) Der wichtigste, rituell bearbeitete Grad ist der 18., der ‘Ritter vom Rosenkreuz’, wobei historische Einflüsse der Rosenkreuzer nicht nachweisbar sind. (Ebd. S. 34). In der Initiation zu diesem Grad spielen viele christliche Motive eine Rolle, die aber umgedeutet werden. Die Buchstaben INRI erhalten «eine zweite Bedeutung, nämlich ‘Igne natura renovatur integra’ (Durch das Feuer erneuert sich die Natur zur Gänze).« (Mellor, 1985 400, s.a. Lerich obd. 35). Das ‘Symbol der Aufopferung bis zum Letzten’ ist ein goldener Pelikan, «der sich mit seinem Schnabel die Brust aufreißt, um mit seinem Herzblut die hungernden Jungen zu nähren«. (Lerich, ebd. 35) Ein Bruder legt einem anderen symbolisch ein Kreuz auf, und schließlich wird mit einem Kelch Wein, einer Schüssel mit Brot und einer ‘schwelenden Räucherpfanne’ eine Art Abendmahl gefeiert. (Ebd. S. 35f.) »Das Zeichen des Grades ist dasjenige des ‘Guten Hirten’ und das Kennwort ’Emmanuel’« (Mellor). »Die Ritter vom Rosenkreuz erhalten lange, übermannshohe Stöcke, die Stäbe des ‘guten Hirten’«, und am Schluss des Rituals wird ihnen erklärt, »dass die Rosenkreuzer die guten Hirten des Volkes sein wollen, die Kämpfer für die Freiheit der Völker und deren Versöhnung untereinander. Die Johannisfreimaurerei schlage Brücken von Mensch zu Mensch, die Hochgradfreimaurer des 18. Grades Brücken Volk zu Volk« (Lerich ). »Dieser Kult ist das Agape, das Liebesmahl der Kapitelbrüder, die freimaurerische Wiedergabe des christlichen Abendmahles. In seiner Zeremonie haben die christlich religiösen Kapitelrituale ihren Höhepunkt erreicht.« (Ebd. 36)

In Schweden besteht eine besondere, ‘christlich’ genannte Lehrart der Freimaurerei, in der Christus als ‘oberster Meister’ verehrt wird. Sie ist innerhalb der Freimaurerei umstritten (z.B. Schiffmann, 1883) und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt werden. Eingehend hat sich der dänische Kirchengeschichtsprofessor Nielsen (1882 und 1883) damit auseinander gesetzt. Vom biblischen Christentum unterscheidet sie sich nach seiner Auffassung grundlegend.

1.5.3. Vergleich

Die Legenden und Handlungen der Johannismaurerei wie auch der schottischen Hochgradfreimaurerei erwecken den Eindruck, als beruhten sie auf jüdisch christlichen Traditionen, als habe ihr Inhalt etwas mit dem Geist der Bibel zu tun. Dieser Eindruck ist meines Erachtens falsch, wenn sich auch die meisten Freimaurer selbst als ‘gute Christen’ bezeichnen mögen. Mellor schreibt dazu: «Bei der Lektüre der alten Schottischen Rituale kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eben dieser Grad voll christlicher Emotionen ist. Ohne Zweifel haben die Ritter vom Rosenkreuz in ihrer Mehrheit ihn immer so aufgefasst, jedoch ist dieses Christentum nicht mehr das der Kirche… Im 18. Jahrhundert wurde eine Schicht Christlichkeit darüber gestrichen, ähnlich wie ein Bild übermalt wird« (S.399). Die echte Heilige Schrift wird hier unentwirrbar mit einem von Menschen erfundenen Ritual verflochten und das Wort Gottes … an Legenden geknüpft. Es hat allerdings nicht den Anschein, dass dieser Cocktail den anglikanischen Episkopat oder die zahllosen Geistlichen, welche das Kaplanamt der Logen innehaben, abgeschreckt oder gar am Beitritt gehindert hat. Diese predigen sonntags das Wort der Heiligen Schrift von der Kanzel und zelebrieren wochentags das Ritual in der Loge, indem sie die Heilige Schrift zu Erzählungen verwandeln« (S. 388).

Gehen wir wiederum davon aus, dass der Absolutheitsanspruch von Jesus Christus, wie er in der Bibel bezeugt wird, gerechtfertigt ist, so lässt sich folgendes sagen: In den Tempeln der Freimaurer dienen biblische Erzählungen und christliche Geschichte als Kulisse für einen Inhalt, in dem nicht der biblische Jesus Christus die Hauptrolle spielt. Christus wird vielmehr die Einzigartigkeit, die Einmaligkeit, die Absolutheit genommen. Er wird sozusagen entmachtet und mit seinem ganzen Leben relativiert, vermenschlicht. Die wichtigen Ereignisse seines Lebens werden zu allgemeinmenschlichen Erlebnissen gemacht, die durch Menschen wiederholt und reproduziert werden können. Die freimaurerischen Motive haben zwar vielfach ihre biblischen Parallelen, sie sind der Bibel entnommen, doch Christus ist nicht mehr das Zentrum allen Geschehens. In den Gebeten der Freimaurer wird niemals Christus angesprochen (s.z.B. die in Schenkel veröffentlichten freimaurerischen Gebete, S.151). Die Auferstehung erscheint als eine urmenschliche, vorchristliche Idee; Golgatha wird zu einem Mythos. Auch gewöhnliche Menschen können ihr Leben für andere hingeben, jeder ‘Ritter vom Rosenkreuz’ darf sich als ‘guter Hirte’ fühlen. Während in der Bibel die Führer, Erlöser  und Herrscherrolle allein Christus zukommt, versucht in der Freimaurerei der Mensch, alle diese Rollen selbst zu übernehmen. Menschen und Völker regieren, versöhnen und verbinden sich selbst; das Abendmahl findet ohne Christus statt. Die Freimaurerei relativiert die jüdische und die christliche Tradition selbst, indem sie diesen ‘Etappen der Menschheitsentwicklung’ eine ‘höhere’ Stufe folgen lässt: In der ‘freiheitlich aufgeklärten’ Zeit sind diese Traditionen offenbar überwunden. Der Inhalt, der Gehalt des freimaurerischen Lehrgebäudes ist weder jüdisch noch christlich. In der Freimaurerei finden wir also nur eine Schein Christlichkeit. Das Christliche dient als Lieferant von Motiven sowie als Kulisse.

1.6. Humanismus und Aufklärung

»Im Mittelpunkt unseres Denkens steht der Mensch.« (Zendralli, S. 10) Die Freimaurerei versteht sich als ‘Weltbruderschaft der wahrhaft Aufgeklärten’. (Im Hof, S. 167)

1. 6. 1. Humanismus

Die Ideale der Freimaurerei entstammen dem Humanismus und der Aufklärung. Die Lehrinhalte sind auch bei jüdischer und christlicher Kulisse humanistisch aufklärerisch. »Es ist die Meinung der Maurerei der ganzen Welt, ein Kultus der Humanität zu sein.« (Schenkel, S.93) Über die humanistischen Wurzeln und das ‘Humanitätsideal der Freimaurerei’ finden sich interessante Ausführungen bei Schenkel und Oslo). In dieser Arbeit sollen die Anliegen und die Ideale der Freimaurer in Kapitel 2 dargestellt werden.

Im Hof zeigt Verbindungen der Freimaurerei zur humanistischen ‘Sozietäts  oder Gesellschaftsbewegung’ auf, besonders auch zur ‘Akademiebewegung’ mit ihrem Doppelaspekt humanistischer Gelehrsamkeit und humanistischer Geselligkeit. »Die Freimaurer sind … Meister eines neuen festlichen Stils geworden« S. 11). (Die französischsprechenden Brüder nennen die Loge augenzwinkernd ‘une église avec un restaurant’ = Eine Kirche mit einem Restaurant (Hochreutener).

1.6.2. Aufklärung

«Die Freimaurerei entsteht in einer besonderen Krisensituation Europas. Sie ist Ausdruck der frühaufklärerischen Reaktion auf Orthodoxie und Absolutismus.« (Im Hof 1984, S. 10) »Im 18. Jahrhundert versammelten sich in den Logen die fortschrittlichsten Geister ihrer Zeit: Lessing, Goethe. Herder, Fichte   fast die ganze Prominenz der Aufklärung findet man in den alten Mitgliederverzeichnissen aufgelistet. Offenbar waren die Logenhäuser der einzige Ort, wo Oppositionelle sicher sein konnten vor dem Zugriff absolutistischer Staats  und Kirchenmacht. Bei solchen Zusammenkünften genossen Andersdenkende gleichsam diplomatische Immunität.

Draußen geltende Standesprivilegien waren in den Logen eingeebnet, Meinungs  und Gedankenfreiheit Teil des Vereinsstatuts. Nur unter diesen Voraussetzungen konnten die Gedanken der Aufklärung formuliert werden.« (Rohländer GEO 1988) Zum Thema ‘Freimaurerei und Aufklärung’ äußert sich auch Binder. In der Freimaurerei ist das Rationale und das untergründig Mystische der Aufklärung vereinigt. Die ‘wirklich’ Aufgeklärten sind nicht nur Rationalisten. Sie wissen. »Vertreibt das Mystische, es kommt im Galopp zurück«. (Im Hof, S. 168)

Die Ideen der Aufklärung werden in den obersten Graden des schottischen Ritus gelehrt. »Mit der Aufnahme in das Atelier des 19. Grades beginnt für den Hochgradfreimaurer der Weg zur ‘vollen Einweihung’, die sich im 30. Grad vollzieht. Die maurerischen Werkstätten vom 19. bis zum 30. Grad heißen Areopage, benannt nach dem altgriechischen Gerichtshof zu Athen. Sie bilden zusammen die dritte Periode der Erkenntnisstufen des Schottischen Ritus, der in der Menschheitsgeschichte das Zeitalter der Aufklärung und Gewissensfreiheit und die Zukunft der Menschheit, die durch den Sieg der Freimaurerei beherrscht werden soll, entsprechen.» (Lerich, 1937, S. 36) Der 19. Grad «lehrt den Kampf gegen ‘Unwissenheit’, ‘Aberglaube’, ‘Dogmatik’ und ‘Fanatismus’ in jeder Form« (Ebd. S. 37). In den nächsten Graden geht es darum, für eine ‘gelenkte Volksherrschaft’ einzustehen. Die ‘Despotie der Massen’, die auf eine völlige Anarchie hinausläuft, wird verworfen. Dabei gilt es, ‘die Volksrechte zu erkennen und nach aussen hin zu vertreten’. Die einzelnen Religionen sind zu überwinden, die in allen Religionen enthaltenen Wahrheiten sollen in einer ‘Überreligion’ zusammengefasst werden. Die obersten Grade schließlich wollen alle Stadien der religiösen Zweifel hinter sich gelassen haben und auf der Stufe einer über alle Dogmatik und ‘Vorurteile’ erhabenen Ethik und Weltanschauung stehen. (Ebd. 37) Im Aufnahmeritual in den 30. Grad (‘Rachegrad’) muss der Aufnahmebewerber drei »symbolische Degenstiche führen: Gegen die Tiara (Dreifache Papstkrone) als Sinnbild des Papsttums und überhaupt der geistlichen Gewalt, gegen die Königskrone als Sinnbild jeder weltlichen Macht und gegen eine dritte Krone, die Bürgerkrone, als Sinnbild der Despotie der Massen und Willkür überhaupt!» (S. 42) Zudem muss er die drei Säulen der Maurerei (Weisheit, Stärke, Schönheit) »mit eigener Hand umstürzen! Die Worte des Rituals deuten diesen Akt dahin, dass der nunmehr in die letzten Geheimnisse der Loge eingeweihte Ritter Kadosch  die völlige Vorurteilslosigkeit erlangt habe, die unbedingte geistige Freiheit.» (S. 42)

1.6.3. Vergleich

Auf die freimaurerischen Ideale wird im nächsten Kapitel näher eingegangen. Ihre Beurteilung aus der Sicht Christi erfolgt in Kapitel 7. Die humanistische, völlig menschenzentrierte Sicht ist diejenige des ‘alten Menschen’ der Bibel, desjenigen, der (noch) nicht erkannt und angenommen hat, dass Christus der oberste Machthaber aller Himmel und aller Welten ist.

Die Freimaurer lehnen jeden Absolutheitsanspruch von Kirche, Staat, Massen oder einzelnen Personen ab, denn es gibt aus ihrer rein menschlichen Sicht keine absolute Wahrheit. Die obigen Ausführungen zeigen, dass diese Auffassung nun (nicht nur gegen innen, sondern auch gegen aussen) mit einer Energie und einer Verbissenheit vertreten wird, die darauf schliessen lassen, dass sich dahinter ihrerseits ein Absolutheitsanspruch verbirgt: die Auffassung nämlich, dass es keine absolute Gewissheit gibt. Demgegenüber gibt es nach unserer Auffassung nur einen einzigen Menschen, der von sich zu Recht sagen konnte: »Ich bin die Wahrheit!«, Jesus Christus, der Sohn Gottes.

1.7. Reformation und Protestantismus

Nach Schenkel besteht eine enge wesenhafte und schicksalhafte Verbundenheit von Freimaurerei und Protestantismus. Während in der Öffentlichkeit und in den protestantischen Kirchen dies kaum empfunden werde, sei das Bewusstsein um diese Zusammenhänge stark lebendig in der deutschen Freimaurerei selbst, aber auch, was besonders bezeichnend ist, bei dem grossen gemeinsamen Gegner beider, bei der römisch-katholischen Kirche. Konservative Katholiken sehen in der Freimaurerei eine Waffe des Protestantismus, um ihre Kirche zu zerstören. Für sie ist klar: Ohne 1517 kein 1717! »In einem protestantischen Lande wurde sie geboren, und die meisten Logen finden sich in protestantischen Ländern. Protestantischer Geist zeigt sich in der Freimaurerei nicht nur bei protestantischen, sondern auch bei anderen Völkern. Er durchdringt das Kulturleben aller Staaten.« (Schenkel, S. 4) Welches ist nun die schicksalhafte, welches die wesenhafte Verbundenheit zwischen Freimaurerei und Protestantismus?

1.7.1. Reformation

Auf die konkreten historischen Zusammenhänge zwischen Reformation und Freimaurerei geht Oslo ausführlich ein. Dabei behandelt er auch die Vorläufer der Reformatoren: die Katharer, die Waldenser, John Wycliffe, Jan Hus u.a.m. An dieser Stelle können nur einige Aspekte herausgegriffen werden. Der schottische Reformator John Knox habe, im Gegensatz zu anderen Reformatoren, das Recht auf ‘bewaffneten Widerstand’ einem Herrscher gegenüber gefordert, ‘der die Sicherheit der wahren Religion bedrohte’. (Ebd. S. 95) Zudem: »Der Protestantismus bot dem Adel und den Gutsbesitzern von Schottland nicht nur eine geistlich lebendige Kirche mit Laienbeteiligung, sondern auch die Möglichkeit, das belohnte Kirchengut nicht mehr zurückgeben zu müssen. So wurden in kürzester Zeit Hunderte von Klöstern überfallen, geplündert und aufgelöst. Die Folge war, dass Tausende von Mönchen zu Flüchtlingen und Vertriebenen wurden, ohne Obidienz im Lande, womit wir bei der Geburt der Freimaurerei angelangt sind.« (Ebd. S. 99) Die Mönche waren im Besitz des nötigen Wissens und Könnens. Dazu kommt nach Oslo eine ‘dynastiepolitische Komponente’: »Die Geschichte der Freimaurerei ist mit den Stuarts in England eng verknüpft.« (Ebd. S. 104)

Zusammengefasst: »Die Entstehung bzw. Entwicklung der Freimaurerei beruht auf drei wesentlichen Komponenten: die geheimwissenschaftliche, die religiös-politische und die dynastiepolitische. Wir haben gesehen, dass die Auflösung der Klöster in Schottland ab August 1560 die Hermetischen Künste und die Königliche Kunst mit dem Kreis der Auserwählten, die sie pflegten, in die Korporationen und Logen des Bauhandwerks trieb. Der religiöspolitische Aspekt hing zwar mit dem Kampf der Reformation gegen die etablierte Lehre der christlichen Kirche zusammen, doch erst im Laufe des 17. Jahrhunderts spielte er für die Freimaurerei eine entscheidende Rolle. Hingegen sind die Verhältnisse um das Haus Stuart bis 1813 aus dem Orden nicht wegzudenken. Seit 1688 wurde die Loge zum geheimen Treffpunkt der Anhänger des abgesetzten Stuart Königs« (Ebd. S. 121). Man kann also nicht sagen, dass die Freimaurerei eine notwendige oder gar beabsichtigte Folge der Reformation war. Durch die Reformation wurden aber Kräfte frei, die zusammen mit geeigneten religiöspolitischen und dynastiepolitischen Voraussetzungen schließlich zur Begründung der Freimaurerei führten. Dazu kommt, dass die Glaubenskriege im Zuge der Reformation ein tiefes Bedürfnis nach wirklich gelebter Liebe, nach Friede und Toleranz weckten. Zusammen mit der Aufhebung des Ediktes von Nantes (1685) erschütterten diese Kriege das Vertrauen weiter Kreise der Bevölkerung in die Integrität und Zuverlässigkeit der weltlichen und kirchlichen Instanzen. Nicht das Christentum, sondern eine gewisse Verzweiflung am damals gelebten Christentum hat die Gründung der Freimaurerei begünstigt.

1.7.2. Protestantismus

Bei den in dieser Arbeit berücksichtigten Autoren herrscht weitgehend Übereinstimmung in der Auffassung, dass die in der Freimaurerei zentralen Ideen der Glaubens  und Gewissensfreiheit sowie der Toleranz ihren Ursprung im Protestantismus haben. (Boller, S. 42, Oslo, S. 65, Schenkel, S.6) Das Anliegen, die menschliche Subjektivität und Individualität zu befreien, zu würdigen und zu fördern, ist Protestantismus und Freimaurerei gemeinsam und nach Schenkel (Ebd. 6f.) der katholischen Kirche suspekt: «In Rom weiss man, dass Protestantismus und Freimaurerei im letzten Grund der gleichen geistigen Quelle entspringen, nämlich dem freien Gewissen und der frommen Innerlichkeit der selbständigen Persönlichkeit. Beiden gemeinsam ist die Tendenz der Ethisierung in der Säkularisation weiter Lebensgebiete, und beide sind in jenem höchsten Sinne liberal, dass sie der Gewissensentscheidung, welcher sich der Gehorsam gegen die unmittelbar erlebte höchste Wirklichkeit kundgibt, Lebensrecht einräumen.«

Eine weitgehende geistige Einheit und auch praktische gegenseitige Durchdringung, auf die wir noch zu sprechen kommen, besteht nun aber nur zwischen liberalem Protestantismus und Freimaurerei. »Dagegen wird die Freimaurerei in den pietistischen und orthodoxen Kreisen bekämpft.« (Ebd. 34) Besonders die anglikanische Kirche wurde zum Nährboden für die Freimaurerei: «Die anglikanische Kirche hatte eine Theologie der Toleranz mit Akzentverlegung auf die christliche Tat der Nächstenliebe entwickelt. In dieser Atmosphäre bot die Freimaurerei eine neue Art von Gemeinschaft an.» (Im Hof, 1984, S. 10) Der liberale Protestantismus birgt nach Schenkel in sich die Gefahr der Vereinzelung, der Vereinsamung. Gegen diese ‘innere Not’ des liberalen Protestanten bietet sich nun die Freimaurerei als feste Gemeinschaft an. (Ebd. S. 11) «In dieser Verknüpfung von Liberalismus mit einem Geistesleben und Zusammengehörigkeitsbewusstsein, wie es der heutige protestantische Mensch sonst nirgends kennt, liegt die soziologische Bedeutung der Freimaurerei aber auch ihre religionsgeschichtliche Vorbildlichkeit.» (Ebd.)10

 

2. Anliegen und Ideale

Der folgende Überblick über die Anliegen und Ideale der Freimaurer soll kurz gehalten werden, denn sie sind wohl allgemein bekannt. Zudem werden sie in der Literatur ausführlich behandelt. Die Anliegen und Ideale sind das Vordergründige, das auf den Fahnen geschrieben steht; mit ihnen wird um Vertrauen und Sympathie geworben. Darum soll in diesem Kapitel auch kurz auf die Beitrittsmotive eingegangen werden. Die Beurteilung der Ideale und ihrer Verwirklichung erfolgt in Kapitel 7.

2.1. Friede auf Erden

Die Freimaurerei entstand nach den Konfessionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts in Europa. Jedermann sehnte sich nach Frieden. Viele trauten es den Christen nicht mehr zu, den versprochenen ‘Frieden auf Erden’ herzustellen, und auch das Vertrauen in den ‘Friedefürst’ Jesus Christus war offenbar in weiten Kreisen der Bevölkerung geschwunden. In dieser Situation lag es nahe, dass sich vernünftige Männer zusammenschlossen und die Herrschenden der Welt dafür zu gewinnen suchten, den Frieden auf Erden herzustellen. Der Friede ist die Voraussetzung für die Verwirklichung des Hauptanliegens der Freimaurerei: das ‘Reich Gottes auf Erden’ (Seydel, 1862, S. 24). Friede ist auch notwendig dafür, dass die Wirtschaft gedeihen kann, dass durch internationale Arbeitsteilung der Wohlstand aller wachsen kann und auch, dass ein ‘Aufbau’ in den gesellschaftlichen Bereichen erfolgen kann. Unter den Konfessionskriegen hatte nicht zuletzt auch das Baugewerbe, der Stein  und Sakralbau, gelitten.

2.2. Humanität, Toleranz, Brüderlichkeit

Der Friede auf Erden soll erreicht werden durch die Relativierung der Absolutheitsansprüche der Religionen und Konfessionen. In der ‘Ringparabel’ von Lessings ‘Nathan der Weise’ wird das auf eindrückliche aber auch aufschlussreiche Art und Weise dargestellt. Anstelle Menschen trennender Religionen, Konfessionen, Stände, Nationen, Rassen, Klassen usw. tritt die ‘Menschheit’ als Objekt der Verehrung und Grundlage der Orientierung. »Das Wesen der Freimaurerei ist nichts anderes als das Wesen der Menschheit selbst.« (Böni, 1954) Herder bezeichnet die Freimaurerei als ‘Auge und Herz der Menschheit’. (zit. in Imhof, 1944, S.,294)

»Die weltweite Devise ‘Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit’, die zuerst in französischen Freimaurerlogen geprägt wurde, ist das unmittelbare politische Destillat aus der ethischen Grundsatzformel ‘Humanität, Toleranz, Brüderlichkeit’.» (Valmy, 1988, S, 10) Zur Humanität: «Für den Freimaurer bedeutet Humanität schlicht die Lehre und das Streben nach menschlicher Würde. Der nach den freimaurerischen Ritualen stattfindende symbolische Bau des Tempels der Humanität soll in jedem Beteiligten dessen beste Anlagen und Kräfte erwecken, veredeln und vervollkommnen, um diese in der Bewährung des Alltags bei der Begegnung mit seinen Mitmenschen anzuwenden. Dies bedeutet Achtung von allen Menschen, unabhängig von Geburt, Stand, Konfession, Nationalität und Hautfarbe; bedingungslose Anerkennung der Menschenrechte, als da sind: das Recht auf persönliche Freiheit und auf Eigentum, Gedankenfreiheit, Gewissensfreiheit, Glaubensfreiheit und auch das Recht, sich notfalls persönlich für die Durchsetzung dieser Forderungen engagieren zu können.« (Valmy,1988, S. 10). Zur Toleranz. »Die zweite Maxime ‘Toleranz’ stellt sich gleichfalls gegen ein mittelalterliches Schattenbild, als der Mensch, dogmen  und religionsmüde, gegen Fanatismus und Absolutismus weltlicher und geistlicher Herrschaft aufzubegehren begann… Das Geltenlassen fremder Anschauungen und Überzeugungen, Sitten und Gewohnheiten sollte längst zur Grundhaltung eines kultivierten Menschen gehören als Zeichen für Selbstvertrauen und Weltoffenheit eines gefestigten Charakters, der auch für den Verfechter gegensätzlicher Meinungen ein offenes Ohr behält… Das unermüdliche Bemühen, Intoleranz abzubauen, bleibt eines der vornehmsten Ziele der Maurerei.» (S.10) Zur Brüderlichkeit: »Wenigstens im Logenleben versucht man dem Ruf nach Brüderlichkeit gerecht zu werden; der schwerste Vorwurf, den Freimaurer gegeneinander erheben können, ist unbrüderliches Verhalten und Handeln. Brüderlichkeit vermittelt ihnen dieses stärkende Bewusstsein, in eine internationale Kette Gleichgesinnter integriert zu sein, in allen Ländern der freien Welt, wo sie eine Loge besuchen, wozu jeder von ihnen ein Recht hat, als willkommener Gast aufgenommen zu werden und in eventuellen Notlagen Hilfe zu erfahren. Dieses Bestreben brüderlicher Gesinnung ist universell und nicht nur auf den internen Kreis der Logenmitglieder beschränkt, es bezieht sich auch auf die profane Öffentlichkeit, ohne sich aufdrängen zu wollen. Bewusst unauffällig praktiziert, lebt es in der Spendenfreudigkeit für karitative Zwecke.« (Ebd. S. 11)

2.3. Erziehung des Menschengeschlechts

Weil der Mensch offenbar nicht immer von Natur aus den Idealen gemäß handelt, wird die ‘Erziehung des Menschengeschlechts’ (Lessing) zu einem vordringlichen Anliegen. »Die Freimaurerei will einen neuen, einen besseren Menschen schaffen, doch das wollen die Religionen auch. Das Ergebnis ist am Verlauf der Weltgeschichte abzulesen.» (Valmy FM 1988 7) Die Freimaurer wollen es besser machen als die Religionen, und zwar hauptsächlich durch a) ‘Selbsterziehung’, ‘Selbstvervollkommnung’, ‘Selbstverwirklichung’ und b) durch die ‘Übung und Förderung des sittlichen Lebens’. (Schiffmann, 1883)

2.3.1. Selbsterkenntnis und Selbsterziehung

»Zutiefst ist die Freimaurerei eine Kunst. Ihr Ziel ist die Ausreifung des einzelnen Bundesgliedes zur harmonischen, sittlichen Persönlichkeit«. (Böni, 1954, S. 9) Und nun die Freimaurerei, was will sie?   Uns zum wahren Menschen, wie er sein soll, erziehen. Unabhängig von jedem Religionsbekenntnis, wobei sie jedoch jedes achtet. Der flammende Stern im Osten, als Symbol des allmächtigen Baumeisters aller Welten, gibt die Blickrichtung; die drei grossen Lichter zeigen den Weg: Notwendigkeit der göttlichen Führung, Rechtschaffenheit, Aufrichtigkeit und Pflichterfüllung. Maßhalten und weit gespannte, alles umfassende Liebe. Unermüdliches Arbeiten am rohen Stein, unermüdliches Emporschreiten, trotz aller Rückschritte, Freisein von jeder Leidenschaft und Sucht, offenes Herz und offene Hand für jede Not, Selbsterkenntnis und Selbsterziehung und Verlässlichkeit bis in den Tod. Das sind kurz gefasst die Lehren und Bestrebungen der Freimaurerei.» (Bender, 1942, S. 217)

2.3.2. ‘Übung und Förderung des sittlichen Lebens’:

Nach englischer Definition ist die Freimaurerei ein besonderes, in Allegorien gekleidetes und durch Symbole dargestelltes Moralsystem.« (v. Merhart zit. in von Ins, 1874, S. 29).  Schiffmann, S. 47) bezeichnet die ‘Übung und Förderung des sittlichen Lebens’ als die ‘einzige Aufgabe’ des Ordens. Dies soll nun nicht durch die Freimaurerei als Organisation oder Institution geschehen, sondern durch das Wirken jedes einzelnen Freimaurers in seinem persönlichen Alltag. Wir werden sehen, dass auch durch diese Methode durchaus wesentlicher Einfluss ausgeübt werden konnte und werden kann.

2.4. Weitere Ideale und Anliegen

Es könnten an dieser Stelle viele weitere freimaurerische Ideale genannt werden, die mit obigen in Zusammenhang stehen. Die Orientierung und Ausrichtung nach Idealen birgt meines Erachtens die Gefahr einer besonderen Art von Vielgötterei. In den Tempeln symbolisieren drei Säulen die Ideale Weisheit, Schönheit und Kraft oder Stärke. Das Bild einer Leiter mit drei Sprossen soll an Glaube, Liebe, Hoffnung erinnern. (Lurker, 1984, S. 200) Die zwei Säulen ‘Jachin’ und’ Boas’ werden auch als Sinnbild für die Beständigkeit der freimaurerischen Lehre oder auch als Grundpfeiler der Humanität (Gerechtigkeit und Wohlwollen) ausgelegt. (Ebd. S. 201) Der Schlüssel gilt als Symbol der Verschwiegenheit, der Schurz ist ein Zeichen der Unschuld. Das Senkblei soll auf Geradheit und Wahrhaftigkeit hinweisen. Das Winkelmass ist Symbol der Gewissenhaftigkeit, der Zirkel soll allumfassende Menschenliebe versinnbildlichen. (Ebd. S. 200) Nach Schenkel befriedigt die Freimaurerei neben dem Bedürfnis nach Gemeinschaft vor allem auch das ‘Bedürfnis nach kultischem Erleben und Handeln’. Sie vermittle religiöse Erlebnisse ohne Priester und Dogma.

2.5. Beitrittsmotive

Freimaurer selbst kennen von der Freimaurerei oft nicht viel mehr als die erwähnten Anliegen und Ideale. Sie sind denn auch nach Schenkel das Hauptmotiv zum Beitritt. »Diese ethische Grundeinstellung humaner Art war der geheimnisvolle Magnet, der die Menschen anzog. Selbstverständlich ging nebenher auch mancherlei Unterethisches, das bloße Geselligkeitsbedürfnis, der Wunsch vertrauten Verkehrs mit hochgestellten Persönlichkeiten, Neugierde, persönliche Eitelkeit und anderes mehr.» (Schenkel, 1926, S. 24) »Dadurch, dass in diesem Sammelpunkt politische und religiöse Diskussion ausgeschlossen wurde, trat in den Mittelpunkt… die Bewertung des Menschen nach seinen rein menschlichen Eigenschaften.« (Ebd. 24) Mellor nennt als die wichtigsten Beitrittsgründe heute das Gemeinschaftsbedürfnis, die ‘Vervollständigung einer politischen Färbung’ , womit auch die Hoffnung auf wirtschaftliche, politische und Karriere Vorteile gemeint sein kann. Zudem: »Bei vielen ist es Familientradition, und schon die Väter waren Freimaurer.« (Mellor, S. 327) Früher war auch die Suche nach sozialer Sicherheit durch die Solidarität der Brüder ein wichtiger Beitrittsgrund.

2.6. Vergleich

In Kapitel 7 soll versucht werden, die freimaurerischen Ideale aufgrund der Annahme zu beurteilen, dass in Wirklichkeit Jesus Christus alle Macht im Himmel und auf Erden übertragen ist. Die Ideale der Freimaurer sind wohl keineswegs unchristlich, und für die Anliegen dürften auch Christen grosses Verständnis haben. Man kann vielleicht sogar sagen, dass die Freimaurer eigentlich genau das wollen, was Christus auch wollte. Sie haben seine Anliegen übernommen, und wollen sie nun endlich verwirklichen. Nur: Sie wollen sie ohne ihn verwirklichen. Die Freimaurer wollen christliche Anliegen ohne Christus verwirklichen. Nicht Christus und sein Reich, sondern der Mensch und die Welt stehen im Mittelpunkt allen Strebens. Sie ‘arbeiten’ nicht mit Christus und nicht für Christus, sondern mit Menschen und für Menschen.

Freimaurer verehren Ideale, Christen in unserem Sinn verehren eine lebende Person. Zwischen einer Verehrung von Idealen und der Verehrung einer Person bestehen natürlich wesentliche Unterschiede. Ideale sind abstrakt, eine Person   auch wenn sie unsichtbar ist  ist konkret. Ideale sind stumm, mit einer Person können wir sprechen. So ist den Freimaurern auch die ‘Verschwiegenheit’ eine Tugend, nicht das Gespräch. Ideale sind unfassbar, offen für unendliche Auslegungen und Definitionen, eine Person kann sich verbindlich äussern, festlegen und verpflichten. Ideale sind anonym, Personen haben einen Namen. Ideale werfen uns immer wieder auf unsere Subjektivität zurück, eine Person kann Anlass sein, uns selbst zu ‘entäussern’ und eine Beziehung einzugehen. Mit Idealen können wir wohl keine sinnvolle Beziehung haben, durch die Beziehung mit Christus nehmen wir an seiner ganzen Fülle teil. Ideale sind und bleiben menschlich. Christus verbindet uns mit dem biblischen Gott und seiner Herrlichkeit. Die Verheissungen des biblischen Gottes und seines Sohnes übertreffen diejenigen der Freimaurerei um Dimensionen.

 

3. Veranstaltungen und ‘Tempelarbeit’

In diesem Kapitel wollen wir einen Blick in die Logen werfen, um zu sehen, was dort geschieht. Dabei stützen wir uns wiederum hauptsächlich auf freimaurerische Publikationen ab sowie auf Veröffentlichungen, die von Freimaurern autorisiert oder zugelassen wurden. Einzige Ausnahme ist die ‘Verräterschrift’ von Lerich, der zehn Jahre lang Hochgradfreimaurer des 33. Grades war, und in der Zeit des Nationalsozialismus aus der Loge austrat. Seine Ausführungen stimmen bis in die Einzelheiten mit dem überein, was später von Freimaurern selbst publiziert wurde. Darum nehmen wir an, dass auch diejenigen Aussagen zutreffen, über die wir bis heute keine Bestätigung von Seiten der Freimaurer haben. Die Darstellung soll kurz gehalten werden, manches ist schon im Kapitel über die ‘geistigen Wurzeln’ beschrieben worden. Es geht hier um einen zusammenhängenden Überblick.

3.1. Die Aufnahme

1723 verfasste der Presbyterianer J. Anderson das freimaurerische ‘Konstitutionsbuch’ 14 , das auch die ‘Alten Pflichten’ enthält, an die sich Freimaurer heute noch in aller Welt halten. (Vollständig abgedruckt in Oslo, 364). Dieses Konstitutionsbuch enthält auch Ausführungen über die Aufnahmevoraussetzungen: 311 Aufnahmevoraussetzungen. Es werden nur erwachsene Männer, keine Frauen und Kinder aufgenommen. Der Kandidat soll nicht unter 25 Jahren alt und ‘sein eigener Herr’ sein. (zit. in Oslo, S. 384) Damit ist gemeint, dass er finanziell unabhängig sein soll. Es soll ein freier Mann von ‘gutem Ruf’ sein, der umgänglich ist. Keiner Loge soll ein ‘störrisches Mitglied’ aufgezwungen werden, das die ‘Harmonie sprengen’ könnte. (Ebd.) »Die in den Alten Pflichten angesprochene körperliche Unversehrtheit erinnert an jene Vorstellungen, wie sie häufig in unserem Kulturkreis als Voraussetzung für Priesterberufe formuliert worden sind.« (Binder, S. 138) Als geistige Voraussetzung für die Aufnahme gilt, dass der Kandidat ein ‘Suchender’ sein sollte. «Um Freimaurer zu werden, muss man das Licht suchen. (Mellor, S. 327) Neben diesen Bestimmungen gibt es bezüglich der Aufnahmevoraussetzungen verschiedene regionale Eigenheiten. »Das krasseste Beispiel ist in den Vereinigten Staaten die Ausschliessung von Schwarzen, was in Europa an sich unvorstellbar wäre«, (Ebd. 138f.)

3.1.2. Das Prüfungsvefahren

Um diese Aufnahmevoraussetzungen zu überprüfen, ist ein Prüfungsverfahren notwendig. Es braucht ‘eine gebührende Untersuchung über den Ruf und die Fähigkeit des Kandidaten’. (Alte Pflichten zit. in Oslo S. 384) Dieses Prüfungsverfahren ist von den Logen bis in die Einzelheiten ‘gesetzlich’ geregelt. In Binder sind die entsprechenden Paragraphen aus dem ‘Hausgesetz einer Wiener Loge’ abgedruckt. (Binder Wiss. 1985, S. 139f.) ‘Auszüge aus dem Strafregister’ genügen dabei oft nicht. So »haben etwa die Logen in Frankreich ihre Vertrauensleute in den Gerichten und Polizeidienststellen, um sich Informationen aus erster Hand beschaffen zu können. Drei Informatoren treten mit dem Suchenden in Verbindung und erstatten ihre Berichte.« (Mellor, 331)

3.1.3. Die Initiation

Das Aufnahmeverfahren, der Initiationsritus, ist bei vielen Autoren genau beschrieben, so zum Beispiel bei Binder, 140), Deiters, 1963, S. 11 8ff.), Mellor, S. 334). In der Zeitschrift GEO (Nr. 2, 1988) ist ein Bildbericht dazu erschienen. Der Ritus ist auch schon in der Literatur beschrieben worden, so in Tolstois ‘Krieg und Frieden’ (Deiters, S. 118). Vor der eigentlichen Aufnahme erhält der Neophyt’ (Neophyt = ein neues Mitglied vor dem Gelöbnis) in einer Dunkelkammer, bei Kerzenlicht mit Bibel und Totenkopf, noch einmal die ‘Gelegenheit, seinen Schritt zu überdenken’. Anschliessend wird er mit verbundenen Augen, teilweise entkleidet und ohne jede persönliche Habe (‘blind’, ‘nackt’ und ‘arm’) vor die Tempeltüre geführt. Nachdem der Zeremonienmeister dreimal für ihn angeklopft hat, wird ihm geöffnet. Nun tritt er in diesem Zustand drei symbolische Reisen im Tempel (‘auf Erden’) an, wobei er mit den Elementen Erde, Luft, Wasser und Feuer in Berührung kommt. Schliesslich legt der Kandidat sein ‘Gelöbnis’ ab, und die Augenbinde wird ihm abgenommen. So hat der Suchende symbolisch durch das Dunkel zum ‘Licht’ gefunden. »Der zum Lehrling Aufgenommene wird mit den Symbolen bekannt gemacht, mit Zeichen, Erkennungsworten und besonderen Handgriffen. Er empfängt den weissen Schurz als Symbol sittlicher Reinheit und weisse Handschuhe, die ausdrücken sollen . wie die Hände, so sollen auch die Gesinnung und die Handlungen immer unbefleckt bleiben.« (Deiters, S. 127)

3.2. Die Veranstaltungen

Der neu Aufgenommene kann nun an allen freimaurerischen Veranstaltungen teilnehmen, zu denen Lehrlinge zugelassen sind. Es werden folgende Veranstaltungen unterschieden:

1. Rituelle Arbeiten. »Sie werden im freimaurerischen Tempel abgehalten. Bei diesen Arbeiten muss die maurerische Bekleidung getragen werden.» (Deiters S. 161)

2. Instruktionsabende, bei denen Fragen des Rituals und Symbolwesens besprochen werden.

3. Vorträge, zu denen gelegentlich auch Nichtmitglieder zugelassen werden.

4. Diskussionsabende.

5. Tafellogen. Sie finden nach wichtigen Tempelarbeiten statt. Dabei geht es um ein »Festessen, das nach einem bestimmten Ritual durchgeführt wird.« (Ebd. S. 162)

6. Das Brudermahl findet im Anschluss an einfache Tempelarbeiten statt und dient ‘der körperlichen Stärkung’ und der ‘Vertiefung der brüderlichen Beziehungen’. (Ebd. S. 163)

7. Die Trauerlogen. Sie werden jährlich im November abgehalten. «Daneben gibt es gesellige Veranstaltungen, die sich nicht wesentlich von denen anderer Vereinigungen unterscheiden: das Stiftungsfest, Veranstaltungen mit ‘Schwestern’ und Gästen… Am 24. Juni wird das Johannisfest zu Ehren des Schutzpatrons der Freimaurer, Johannes des Täufers, gefeiert.» (Deiters, 163) Eine Umfrage unter 1500 amerikanischen Freimaurern ergab, dass 89 % nicht regelmässig an den Veranstaltungen teilnehmen, obwohl die Teilnahme eigentlich ‘Pflicht’ ist. (Ebd. 161, 164f.)

3.3. Die Johannis Maurerei

Die Johannis Maurerei, auch ‘blaue’ Maurerei genannt, hat Johannes den Täufer zum ‘Schutzpatron’. Sie ist den ‘regulären’ Logen der ganzen Welt gemeinsam und enthält die drei ‘Johannisgrade’ Lehrling, Geselle und Meister, die nach Valmy (S. 245) den ‘Inhalt der maurerischen Lehre voll ausschöpfen’. Wohl die meisten Freimaurer lernen nur diese Art der Freimaurerei kennen. Im Werk von Binder sind die Logenarbeiten dieser drei Grade ausführlich dargestellt, und ihre symbolische Bedeutung wird diskutiert. Zudem sind die Katechismen, die Lehrgespräche, die Zeichen und Worte enthalten, sowie die Griffe beschrieben.

3.3.1. Der Lehrling: vom Dunkel zum Licht

Der Lehrling wird unter anderem in die freimaurerische Symbolik eingeführt. Er lernt sich als ‘rauhen Stein’ kennen, den er zu behauen lernen muss, damit er als kubischer Stein in den ‘Tempel der Humanität’ eingefügt werden kann. Die Bibel lernt er als Symbol für die allgemein verpflichtende Sittenlehre betrachten. Das für den Lehrlingsgrad kennzeichnende Symbol ist dasjenige des Lichtes. Es hat schon bei der Aufnahme eine wichtige Rolle gespielt. »Der Kultus des Lichtes bzw. das Symbol des Lichtes und der Erleuchtung spielt eine grosse Rolle. Das Licht ist wohl das grösste, umfassendste, allgemeinste und verbreitetste Symbol der Menschheit überhaupt. Seine Beziehungen sind unerschöpflich. Seine Wirkungen auf das menschliche Gemüt sind machtvoll, erhebend und läuternd« (Schenkel, S.77).

3.3.2. Der Geselle: reifender Geist

Anlässlich der Beförderung des Lehrlings zum Gesellen sagt der freimaurerische Redner: »Der Lehrlingsgrad hebt an mit unserer Geburt zum sittlichen Leben, das uns Maurern heilige Pflicht ist. Der Gesellengrad verkörpert den Fortschritt in unserer maurerischen Bildung… Sie wurden heute mit offenen Augen in die Loge eingeführt und haben Ihre neue Wanderung unverhüllten Blickes vollzogen.» (zit. in Deiters, 1963, S. 130) Bei den Reisen begegnete der Geselle den drei ‘Versuchungen’ Geld, Ruhm und Macht, die durch Gold, Lorbeer und Schwert symbolisiert sind. Die von der Maurerei angebotene Weisheitslehre soll es den Gesellen ermöglichen, die Versuchungen des Lebens souverän vorübergehen zu las¬sen (Binder, 182). Im Osten der Gesellenloge hängt »der Flammende Stern, in dessen Zentrum der Buchstabe G steht, als umfassendes Symbol des Gesellengrades und des Maurertums schlechthin« (Ebd. 180). Der ‘Flammende Stern’ ist ein Fünfeck (Pentagramm, Drudenfuss) von dem Strahlen ausgehen, Die symbolische Bedeutung wird sehr vielfältig interpretiert. Einigen gilt der ‘Flammende Stern’ als ‘Symbol des erwachenden und reifenden Geistes’, für andere versinnbildlicht er Gott. (Binder, S.188) Gott erscheint als das «ewige Licht, das in den Herzen der Menschen widerstrahlt». (Schenkel, S.78)

3.3.3. Der Meister: Leben, Tod und Auferstehung

Bei der Erhebung des Gesellen zum Meister wird die Legende um Hiram Abif, den sagenhaften Baumeister des salomonischen Tempels, sinnbildlich dargestellt. Nachdem der Geselle das Vorbereitungsverfahren, die Reisen mit einem Totenschädel um und über einen Sarg sowie das Gelöbnis hinter sich gebracht hat, wird er symbolisch mit drei Hammerschlägen ‘getötet’, zu Boden geworfen und mit einem Tuch bedeckt. »Der Geselle erlebt die Identifikation mit dem ‘Meister Hiram’, dem vorbildlichen Menschen. Im Grabe erfolgt die Läuterung; er wird vorbereitet auf die grosse Wandlung. Abstreifen des alten Adam und Geburt des neuen Menschen« (Binder, S. 204). Nachdem das neue Meisterwort gesucht, gefunden und dem Liegenden ins Ohr geflüstert wurde, wird der Geselle ‘erhoben’, d.h. von einem Bruder ‘Fuss gegen Fuss’, ‘Knie gegen Knie’, ‘Brust gegen Brust’ aufgezogen und auf die Beine gestellt. Für Schenkel ist »die Darstellung der Hiram Legende wohl das Wirkungsvollste und Ergreifendste… im gesamten Umfang des maurerischen Kultus«. Diese ganze ‘Meister Erhebung’ ist voll von symbolischen Zeichen und Handlungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Unter anderem wird in der Meisterloge der fünfzackige Stern durch einen sechseckigen ersetzt. In diesem dritten und letzten Grad der Johannis Maurerei werden Themen wie ‘Angst vor dem Tod’, ‘Überwindung des Todes’, ‘Wiedergeburt’ und ‘Auferstehung’ auf die freimaurerische Art und Weise behandelt.

 

3. 4. Die Hochgradmaurerei

Die Hochgradmaurerei baut auf den drei Graden der Johannis Maurerei auf. Sie ist ein ‘Geheimnis’ innerhalb des Ordens und darum entsprechend umstritten. (Dazu Mellor, 392, Valmy, S. 35). Im folgenden sollen die Grade des ‘Schottischen Ritus’ (mit vollem Namen: ‘Alter und Angenommener Schottischer Ritus’) kurz vorgestellt werden. Dieser Ritus ist weltweit am weitesten verbreitet und gilt als ‘Aristokratie der Freimaurerei’ (Mellor, S. 256).

«Den Hochgraden des Schottischen Ritus ist traditionell der Apostel Andreas heilig, sie sind die Andreasmaurerei. Hier herrscht die rote Farbe. Die Logen der Hochgradfreimaurerei werden Ateliers genannt und bearbeiten die Grade vom 4. bis zum 33. Sie unterstehen nicht der Verwaltung und Leitung, der ‘Jurisdiktion’ der Grossloge, sondern haben in jedem Staate ihre eigene, selbständige ‘souveräne’ Oberbehörde… Die Mitglieder des Schottischen Ritus… dürfen keinem Bruder, Lehrling, Gesellen oder Meister davon Mitteilung machen, dass sie den Hochgraden angehören. Nicht nur die Lehren und Riten der Schottischen Maurerei, sondern sogar die Namen der Hochgradbrüder bleiben demnach dem Durchschnittsfreimaurer unbekannt.

»Die Hochgrade sind ein Geheimnis innerhalb des Geheimbundes, ein doppeltes für die ‘profane’ Aussenwelt« (Lerich, S. 24).

Wie bereits erwähnt will der Schottische Ritus mit seinen 33 Graden (die drei Grade der Johannis Maurerei mitgezählt) symbolisch die Entwicklung der Menschheit durchwandern, wobei diese ganze Entwicklung in drei Perioden eingeteilt wird: die ‘jüdisch architektonische’, die ‘religiös christliche’ und die ‘freiheitlich aufgeklärte’ Periode. Dabei werden nicht alle diese Grade ‘rituell bearbeitet’, sondern der Lehrgehalt wird oft auch nur mündlich mitgeteilt. Nach Mellor (S. 393) werden heute in Deutschland nur die Grade 4, 18, 30, 32 und 33 wirklich praktiziert. Es ist möglich, dass eine wichtige Persönlichkeit bereits in einen hohen Grad aufgenommen wird. In diesem Fall werden die unteren Grade durch Mitteilung verliehen. In anderen Ländern sind die tatsächlich praktizierten Grade zahlreicher. Die bei Lerich und Mellor angegebenen Namen der Grade sind weitgehend identisch.

3.4.1. Die jüdisch architektonischen Grade

Die jüdisch architektonischen Grade werden auch ‘Perfektionsgrade’, ‘Vervollkommnungsgrade’ genannt. (Mellor, S. 292, 296, Lerich, S. 27) Diese Erkenntnisperiode umfasst die Grade 4 bis 14. Ausser in den USA werden nach Lerich in den meisten Ländern nur die Grade 4 und 13 ‘rituell bearbeitet’.  Die Gradfolge lautet:

4. °: Geheimer Meister. Nach Schenkel geht es hier wiederum um das The¬ma Tod als ‘Übergang von Traum zu Erwachen’.

5. °: Vollkommener Meister. Hier soll das Thema ‘Sünde und Gnade’ zur Darstellung kommen. (Schenkel S. 91)

6. °: Geheimer Sekretär. In diesem Grad geht es nach Schenkel um das Thema der ‘Hoffnung auf Unsterblichkeit’. (Ebd. 92)

7. °: Vorsteher und Richter.

8. °: Intendant der Gebäude.

9. °: Auserwählter Meister der Neun.

10.°: Erlauchter Auserwählter der Fünfzehn.

11.°: Erhabener Auserwählter Ritter.

12.°: Gross Architekt.

13.°: Meister des königlichen Gewölbes (Royal Arch).

14.°: Grosser Auserwählter Vollkommener und Erhabener Maurer.

«Der wichtigste Grad der Vervollkommnungslogen ist die Erkenntnisstufe des Königlichen Gewölbes, jenes Ateliers des 13. Grades, das dem Bau eines Idealtempels dient, des zweiten Tempelbaues, der an Stelle des salomonischen den der freimaurerischen Humanität setzt. Über allen Wassern der Sintflut soll er stehen, welche die Erde vernichten können: deshalb ruht sein Gewölbe auf neun hohen Strebepfeilern. Bausymbolik und Bausage der Freimaurerei erreichen im 13. Grad ihren esoterischen Höhepunkt… Es gibt keinen zeitlichen Anspruch auf die Einweihung in die verschiedenen Erkenntnisstufen der Vervollkommnung, die in ihren Lehren und Zeremonien, in ihrer Symbolik und Ritualistik in verschiedenfältigster Weise, farbenprächtig in der Ausschmückung der Logenräumlichkeiten, phantastisch in den Legenden, prunkvoll in den Schürzen und Bändern, immer wieder das Thema vom symbolischen Bau der Freimaurerei abwickeln« (Lerich S. 31 f.).

3.4.2. Die religiös christlichen Grade

Die religiös christlichen Grade umfassen die Grade 15 bis 18 und werden auch ‘Kapitelgrade’ genannt. (Mellor, S. 393, Lerich, S. 32). Die Rituale sollen die christliche Periode der Menschheitsgeschichte versinnbildlichen, wobei die Kreuzzüge als Kulisse dienen. Nach Lerich tritt hier nun die Aussenarbeit an die Stelle der Innenarbeit. Rituelle, kultische Handlungen finden in der Regel nur noch einmal jährlich statt. Der Inhalt der Arbeiten sind Debatten und Beschlussfassungen über ganz reale Aktionen, Zielsetzungen und Pläne. Vorzüglich in der romanischen Freimaurerei sind bereits die Kapitel politische Klubs. (Lerich S. 32) In den übrigen Ländern geht es hauptsächlich um Kulturpolitik.

Die Gradfolge lautet:

15.°: Ritter des Ostens oder des Schwertes.

16.°: Meister (oder Prinz) von Jerusalem.

17.° Ritter vom Osten und Westen.

18.° Ritter vom Rosenkreuz.

Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass hauptsächlich die Themen, Motive und Symbole der Kapitellogen auf biblische, christliche Tradition zurückgehen. Statt Christus steht nun aber der Mensch im Mittelpunkt. In den meisten Ländern wird nur der 18. Grad ‘rituell bearbeitet’. Für Lerich ist der »Initiationsritus des Kapitels der Rosenkreuzer… einer der schönsten der Freimaurerei« und eine der ‘stärksten Kulthandlungen’. (S. 34) Erinnert sei an Motive wie: ‘vollkommene Hingabe’, ‘INRI’ (was statt ‘Jesus Nazarenus Rex Judaeorum’ ‘Igne Natura Renovatur Integra’, ‘durch das Feuer erneuert sich die Natur zur Gänze’ bedeutet), das ‘Kreuz’, das ‘Abendmahl’, der ‘gute Hirte’ . (Dazu Lerich 34ff., Mellor 398ff.) Der ‘christlichen’ folgt im Entwicklungsschema der Schottischen Hochgrade eine weitere und offenbar ‘höchste’ Periode der Menschheitsgeschichte: die freiheitlich aufgeklärte Periode.

3.4.3. Die freiheitlich aufgeklärten Grade

Mit den freiheitlich aufgeklärten Graden, die auch ‘philosophische Grade’ genannt werden und die Grade 19 bis 30 umfassen, finden die kultisch rituellen ‘Arbeiten’ der Freimaurerei ihren Abschluss. (Lerich 36, Mellor 393, 401) Die höheren Grade 31 bis 33 sind reine ‘Verwaltungsgrade’.

Die Gradfolge lautet:

19.°: Hoher Priester oder Erhabener Schotte (auch: Gross Pontifex).

20.°: Obermeister aller regulären (auch: symbolischen) Logen.

21.°: Noachit oder Preussischer Ritter.

22.°: Ritter der Königlichen Axt oder Prinz von Libanon.

23.°: Meister des Tabernakels oder des Allerheiligsten.

24.°: Obermeister oder Prinz des Tabernakels bzw. des Allerheiligsten.

25.°: Ritter der Ehernen Schlange.

26.°: Schottischer Trinitarier oder Prinz der Gnade.

27.°: Ritterkommandant oder Obermeister des Tempels.

28.°: Ritter der Sonne.

29.°: Grossschotte des heiligen Andreas.

30.°: Ritter Kadosch. (qadosch = hebr.: ‘heilig’)

Die meisten dieser Grade (vom 28. und vor allem vom 30. abgesehen) weden nur ‘historisch’, durch mündliche Mitteilung und Ausdeutung verliehen. Den Inhalt stellt Lerich wie folgt dar: »Schon der 19. Grad, der des ‘Gross Pontifex’, der erste Areopag, lehrt… den Kampf gegen alle völkischen und religiösen Werte, Gesetze, Ordnungen und Autoritäten. Er lehrt den Kampf gegen ‘Unwissenheit’, ‘Aberglaube’, ‘Dogmatik’ und ‘Fanatismus’ in jeder Form. Der ‘Grossmeister aller symbolischen Logen’, der 20. Grad, bedeutet esoterisch das Streben des Hochgradfreimaurers zur höchsten ‘Meisterschaft’. Exoterisch bedeutet er, dass bereits diese Erkenntnisstufe über die ganze Johannisfreimaurerei souverän ist. Der 21. Grad gibt die Würde des ‘Noachiten oder preussischen Ritters’. Seine Lehre preist die von den Ideen der Freimaurer gelenkte Volksherrschaft, verwirft die Despotie der Massen, die auf völlige Anarchie ausgeht. Der ‘Ritter der königlichen Axt’… verpflichtet sich, für das Los der arbeitenden Klassen zu kämpfen… Der 23. und 24. Grad, der ‘Chef des Tabernakels’ und der ‘Prinz des Tabernakels’ müssen die Volksrechte zu erkennen und nach aussen hin zu vertreten trachten. Der ‘Ritter der ehernen Schlange’… übernimmt die Verpflichtung zur Heilung der sozialen Schäden in der menschlichen Gemeinschaft. Ihm folgt der ‘Prinz der Gnade’, der jede einzelne Religion zu überwinden hat, indem er die in allen Religionen enthaltenen Wahrheiten zu einer Überreligion zusammenfasst. Der ‘Ritterkommandeur des Tempels’ und der ‘Ritter der Sonne’… haben bereits alle Stadien religiöser Zweifel hinter sich und stehen auf der Stufe einer über alle ‘Dogmatik’, alle ‘Vorurteile’ erhabenen Ethik und Weltanschauung. Der Würdenträger des 29. Grades, des letzten Areopages vor der völligen Einweihung, der ‘Großschotte des heiligen Andreas’, gelobt, alle freimaurerischen Grundsätze und Pflichten zum Wohl der Menschheit im kulturellen und sozialen Sinne zu verwirklichen.«

Auf den 30. Grad, den ‘Vergeltungsgrad’, in dessen Initiationsritus unter anderem die drei Degenstiche gegen Papstkrone, Königkrone und Bürgerkrone zu führen sowie die drei Säulen des Tempels (Weisheit, Schönheit, Stärke) umzuwerfen sind, sind wir bereits zu sprechen gekommen. (Pkt. 1.3.5 und 1.6.2) Diese Ausführungen seien durch ein Zitat aus Mellor (S. 404) ergänzt: «Der Kadosch Ritter ist der 30. Grad innerhalb der Schottischen Reihe und praktisch der höchsterreichbare, denn die Folgegrade sind ‘administrativer’ Art. Sein Studium ist daher von besonderer Bedeutung. Der philosophische Symbolismus des Grades besteht wesentlich im Ritual des Ersteigens einer geheimnisvollen Leiter, deren sieben Stufen die sieben freien Künste bezeichnen. Nec plus ultra (Und nichts darüber hinaus). Die oberste Stufe zeigt an, dass der Kandidat die Höhe der freimaurerischen Einweihung erreicht hat. Dieser Ritus und einige andere Teile des Rituals… beinhalten jedoch nicht das Wesen des Grades. Dieses besteht vielmehr in seinem Charakter als Vergeltungsgrad. Die Ehrsucht, die Unwissenheit und der Fanatismus, das sind die drei infamen Feinde des Ordens, die es ohne Unterlass zu bekämpfen gilt   so wird der Kandidat unterrichtet. Das Zeichen des Grades ist ein Dolch, und das Heilige Wort lautet ‘Nekam’ (hebr.: Vergeltung). Die Vergeltung, um die es sich hier handelt, ist symbolisch die des Templerordens auf Grund der Ermordung seines Grossmeisters Jacques de Molay durch ‘zwei Verächtliche’. Damit sind Papst Clemens V. und König Philipp der Schöne gemeint«.

Der Wortlaut des Gelöbnisses macht deutlich, dass es um den bedingungslosen Kampf um individuelle Glaubens  und Gewissensfreiheit geht.

»(Man zeigt auf den Totenschädel mit der Königskrone): ‘Unter keinem wie immer gearteten Vorwand werde ich jemals einen Kompromiss irgendwelcher Art mit einer Regierung eingehen, welche der Despotismus die Rechte des Individuums missachten lässt.’

(Man zeigt auf den Totenkopf, welcher die Tiara trägt): ‘Unter keinem wie auch immer gearteten Vorwand werde ich jemals einen Kompromiss irgendwelcher Art mit einer geistlichen Gewalt eingehen, welche das Gewissen und die Freiheit des Denkens in Fesseln legt und welche den aufrichtigen Zweifel und den ehrlichen Glauben als Verbrechen brandmarkt .. …. Ich gelobe, niemals einer zivilen oder religiösen Gesellschaft anzugehören, welche die Freimaurerei bekämpft’« (zit. in Mellor, S. 411).

3.4.4. Die administrativen Grade

Die Gradfolge der Verwaltunsgrade lautet:

31.°: Grossrichter oder Grossinspektor Inquisitor Kommandeur.

32.°: Meister des königlichen Geheimnisses.

33.°: Souveräner General Grossinspekteur.

«In den obersten Räten hat die Aktivistik der Freimaurerei ihre reinste und restlose Verkörperung gefunden, ist Exoterik vollständig an die Stelle der Esoterik, die Außenarbeit vollständig an die Stelle der Innenarbeit getreten. Sie sind die eigentlichen und innersten Aktionszentren des Weltlogentums. (Lerich, 1937, S. 50)

3.5. Vergleich

Im Gegensatz zur Freimaurerei gibt es zur Aufnahme in die Gemeinde Christi, so wie wir sie verstehen, keine besonderen Aufnahmevoraussetzungen und kein menschliches Prüfungsverfahren. Jeder ist willkommen   wirklich unabhängig von allen menschlichen Kriterien. Die Aufnahme ist Sache einer persönlichen Beziehung zwischen der Person und Christus, der Umkehr und der Annahme des Absolutheitsanspruches Christi. Die Freimaurerei hingegen lehnt den Absolutheitsanspruch Christi ab und setzt an seine Stelle die kompromisslose Glaubens  und Gewissensfreiheit des Menschen. Ich bin davon überzeugt, dass auch Christus jedem diese Glaubens  und Gewissensfreiheit lässt. Nur hat sie ihrerseits eine höchst relative Bedeutung. Durch sie finden wir nicht zum ‘Licht’, zum ‘Heil’ etc. Die Freimaurerei hingegen erweckt den Eindruck, als könne der Mensch allein zum Licht finden, als könne der Mensch den Menschen ‘auferwecken’ und ‘erheben’, als könne der Mensch selbst der ‘gute Hirte’ des Menschen und der ganzen Menschheit sein.

 

4. Auseinandersetzungen, Kämpfe

Die Freimaurerei war seit ihrer Gründung von einer Vielfalt von Auseinandersetzungen begleitet, von denen nur die externen allgemein bekannt sind. Mit grosser Wahrscheinlichkeit hatten aber auch die internen Auseinandersetzungen zumindest zeitweise einen grossen Einfluss auf den Gang der Weltgeschichte. Ich denke zum Beispiel an die Napoleonischen Kriege, in denen die Heere aller Beteiligten fast ausschliesslich von Freimaurern geführt wurden. (Die Generale Napoleons sowie Wellington, Blücher und Gneisenau waren Freimaurer.) Es ist meines Wissens kaum erforscht, inwieweit unterschiedliche Auffassungen über die ‘richtige’ Art von Maurerei ‘profane’ Auseinandersetzungen beeinflussten. Im folgenden sollen die Ergebnisse der internen Auseinandersetzungen kurz dargestellt werden , auf die externen Auseinandersetzungen wollen wir etwas genauer eingehen.

4.1. Interne Auseinandersetzungen

Im Werk von Mellor (Wiss. 1985) sind die wichtigsten internen Auseinandersetzungen ausführlich und exakt dargestellt. Sie sind ausserordentlich verwirrend und für Aussenstehende kaum verständlich. Jedenfalls haben sich die heute weltweit am weitesten verbreiteten und einflussreichsten Formen (Johannismaurerei und Schottische Hochgradmaurerei, die kurz vorgestellt wurden) nur nach zum Teil harten Kämpfen intern durchsetzen können. Demokraten standen gegen Royalisten, Rationalisten gegen Esoteriker und Mystiker, Rosenkreuzer gegen ‘Anti Rosenkreuzer’, Christliche gegen Humanitäre, Theisten gegen Atheisten, Kirchentreue gegen Antiklerikale

Am grössten ist heute noch der Gegensatz zwischen angelsächsischer und romanischer Freimaurerei. Während in England Kirche und Krone für die Freimaurerei gewonnen werden konnten, hat sich in Frankreich die Freimaurerei antiklerikal und republikanisch entwickelt. Im Jahre 1877 strichen die französischen Freimaurer unter Leitung des ehemaligen Pastors F. Desmons den Artikel 1 der Konstitution, der den Glauben an die Existenz Gottes und die Unsterblichkeit der Seele fordert. So wurde der ‘Grand Orient de France’ zur ‘irregulären’ Freimaurerei.

4.1.1. Reguläre und irreguläre Freimaurereien

Mellor schreibt zum Thema der ‘Regularität’: »Der Begriff der Regularität kann zweierlei bedeuten: Regularität des Ursprungs und Regularität der Prinzipien.   Regulären Ursprungs ist eine Obödienz, oder innerhalb einer Obödienz eine Loge, die legal konstituiert worden ist. Nach dem englischen Grundsatz ist eine neu konstituierte Grossloge dann regulären Ursprungs, wenn sie entweder durch eine andere reguläre Grossloge oder aber durch drei reguläre Logen gegründet worden ist.   Dennoch kann eine Obödienz irregulär werden. Wenn sie eine oder mehrere der wesentlichen freimaurerischen Voraussetzungen nicht erfüllt, verfällt sie der Profanation. Sie verliert ihre freimaurerische Qualität. Als Beispiel wird hier häufig auf den Grand Orient de France hingewiesen, der 1877 den Begriff des ‘Allmächtigen Baumeisters aller Welten’ aus seinen Konstitutionen gestrichen hat und damit durch Preisgabe der wichtigsten Landmarke in der Perspektive der gesamten regulären Freimaurerei zu einer Pseudo Maurerei geworden ist, die mit der regulären Kunst nur den Namen gemein hat. Die Regularität im Grundsätzlichen ist also der juristische Status, der durch die Anerkennung eben dieser Grundsätze erworben und bewahrt wird» (Mellor, S. 67).

Mellor unterscheidet sieben reguläre Freimaurereien: die englische, die amerikanische, die französische Freimaurerei (Grande Loge Nationale Francaise), die deutsche, österreichische, skandinavische und die holländische Freimaurerei. Dabei bestehen zwischen diesen Freimaurereien zum Teil grosse Unterschiede in der Lehrart, und es ist keineswegs so, dass sich alle wechselseitig anerkennen und ‘brüderliche Beziehungen’ aufrechterhalten. So gibt es zum Beispiel ‘Obödienzien’, die von der Vereinigten Grossloge Englands (UGL) nicht anerkannt, von der Grossloge des Staates New York anerkannt sind. Andere werden von der Grossloge des Staates New York nicht anerkannt, von der UGL Englands aber anerkannt. (Mellor S.68ff.) Als reguläre Maurereien gelten in der Regel auch die in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiten besonders blühenden ‘Sonderlogen’: Akademikerlogen, Feld-, Forschungs-, Kaufmanns-, Kriegsgefangenen-, Militär-, Regiments-, Residenz-, Seelsorger-, Universitätslogen u.a.m. (S. dazu Binder, S. 220)

4.1.2. Lehrarten und Hochgradsysteme

Im Verlauf der Geschichte der Freimaurerei kam es oft zu schwärmerischen Gründungen und phantastischen Lehren (Valmy, 35ff.).

Das Werk von Brodbeck gibt einen Überblick über die heute noch bestehenden freimaurerischen Systeme und ähnlichen Organisationen. In den USA von nicht unerheblicher Bedeutung und jüngst auch im deutschsprechenden Raum Europas ist der »Alte Arabische Orden der Edlen vom Mystischen Schrein» (= »Shriners«). Sämtliche Zugehörige verstehen sich als Hochgradmaurer (Prantner Kath. 1989 16).

4.1.3. Freimaurerähnliche Organisationen und ‘Sekten’

Von Brodbeck sind die folgenden ‘freimaurerähnlichen Organisationen’ dargestellt: Die Ritterorden (die Johanniter, die Tempelritter, der deutsche Ritterorden), die heilige Feme, das Haberfeldtreiben, der Odd Fellow Orden. der Rosenkreuzorden, der Illuminatenorden, der Martinsorden, der orientalische Templerorden, der Gralsorden, der Druidenorden, der Guttemplerorden, der Rechabiterorden, die asiatischen Brüder, der Alchemistenorden, Les Compagnons. Daneben gibt es nach Mellor freimaurerische ‘Sekten’, die sich zum Teil bewusst dem Okkulten zuwenden, und vor denen die Freimaurerei selbst warnt: »Jede Hinwendung zum Okkulten führt tiefer hinein in den Okkultismus. Dies ist ein Lebensgesetz aller geheimen Gesellschaften, ebenso wie auch der initiatorischen Vereinigungen, die sich nicht als geheim bezeichnen. Es ist durch nur zu gut bekannte Gründe zu erklären: enttäuschte Neugier, Eitelkeit, Verlangen nach dem Mysterium, Stolz darauf, den Eingeweihten spielen zu können. Diejenigen, die heute diese menschlichen Schwächen missbrauchen, erfinden zwar keine neuen Hochgrade mehr, fahren aber fort, Vereinigungen freimaurerischer Art ausserhalb der Freimaurerei ins Leben zu rufen, indem sie sich dieser als eines Auswahlzentrums bedienen und häufig von den Adepten (Adept = in eine geheime Lehre Eingeweihter) verlangen, dass sie Eingeweihte in freimaurerischen Hochgraden sein müssen« (Mellor, 451).

4.2. Externe Auseinandersetzungen

«Die Freimaurerei vertrug sich nie und nirgendwo mit Absolutismen und Totalitarismen. Überall dort, wo jemand die letzte Wahrheit zu besitzen wähnte und beanspruchte, kam es zu Konfliktsituationen, weil diesem jemand der maurerische Toleranzgedanke grundsätzlich unerträglich scheinen musste.» (Zendralli, S. 8) In der Geschichte dieser externen Auseinandersetzungen stellen sich die Freimaurer gern als die Märtyrer für Freiheit und Fortschritt hin, den Gegnern erscheinen sie als Verschwörer und Zerstörer jeder Ordnung. Über diese ‘Verschwörungstheorien’ siehe Rogalla von Bieberstein.

4.2. 1. Der Absolutismus

Die Ereignisse der Französischen Revolution können wohl kaum als das bewusste oder gar geplante Werk der Freimaurer bezeichnet werden. Die Revolution hat vielmehr eine völlig unkontrollierte Eigendynamik entfaltet, die zeitweise für alle Beteiligten gefährlich wurde. Dennoch haben Freimaurer bei der Bekämpfung des (französischen) Absolutismus eine bedeutende, wenn nicht massgebende Rolle gespielt. Das sollen einige Auszüge aus einem Artikel von Hess in der Zeitschrift ‘Alpina’ (1989 Nr. 6/7 S. 162ff.) verdeutlichen.

»Frankreich besass am Vorabend der Revolution 70’000 Freimaurer, fast doppelt so viele wie heute bei halb so grosser Bevölkerung (26 Millionen). Die über 600 Logen hatten einen bedeutenden Einfluss. Von den drei grossen Aufklärern war zwar nur einer, Montesquieu, der Vordenker der Gewaltentrennung, früh Freimaurer geworden. Rousseau, der Prophet der Gleichheit, hat nie dem Bund angehört, und Voltaire, der Kämpfer gegen Unrecht und Willkür, wurde erst im Jahre seines Todes in die Loge ‘Les neuf Soeurs’ aufgenommen. Auch die Enzyklopädisten Diderot und Dalembert waren keine Maurer, wohl aber zahlreiche Aufklärer der zweiten Garnitur: Helvetius, Marmontel, Chamfort, Condorcet, Beaumarchais, der Baron Holbach.« (Hess,1989, S. 162). Im Frühjahr 1789 versammelten sich die drei Generalstände Adel, Klerus und dritter Stand. »Von den 578 Abgeordneten des dritten Standes sind 477 Freimaurer. Die grosse Mehrheit von ihnen will Reformen, will eine konstitutionelle Monarchie.» (S.163) Nach dem Sturm auf die Bastille legen Adel und Klerus auf Antrag der Freimaurer Duc d’Aiguillon und Vicomte de Noailles ‘freiwillig’ sämtliche Privilegien nieder. (164) Am 26. August verabschiedet die Versammlung auf Antrag der Freimaurer Lafayette, Mirabeau und Sieyès die berühmte ‘Erklärung der Rechte eines Menschen und Bürgers’. «Sie setzt die uns heute selbstverständlichen Menschenrechte fest: ‘Jeder Mensch ist frei geboren und bleibt frei. Keine Autorität kann ausgeübt werden, die nicht vom Volk ausgeht.’ 26 kurze Artikel verkünden die Sicherheit der Person, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Pressefreiheit, Schutz vor behördlicher Willkür und vor Festnahme.« (164) «Erstmals spielt eine neue Macht in der Politik mit, die öffentliche Meinung.» (165) Die weitere Entwicklung spaltet die Freimaurer: »Einige Freimaurer wie Desmoulins, Danton, Marat trieben die Radikalisierung immer weiter; anderen wie Lafayette, Bailly, Mirabeau ging die Revolution bald zu weit.« (165) Robespierre war nie Freimaurer, wohl aber noch verschiedene andere Persönlichkeiten der Revolution, wie zum Beispiel Rouget de Lisle, der Komponist der Marseillaise und der Arzt Guillotin, der »eine humanere Exekutionsmethode und die ‘Gleichheit vor dem Schafott’» forderte. (168) Nach ihm wurde die Guillotine benannt. »Nur noch wenige Freimaurer sind unter den ‘Königsmördern’: Fouchä, Cauthon, Danton, Marat und der Vetter des Königs, Philippe d’Orléans, Grossmeister des Grand Orient, der sich jetzt Citoyen Philippe Egalité nennt.« (167) Unter den Anführern royalistischer Aufstände finden sich Freimaurer: Stofflet, Savare, Charette, Scepetaux. Von den drei Führern des ‘Wohlfahrtsausschusses’ des Revolutionstribunals (Robespierre, St. Just und Couthon) ist nur Couthon Freimaurer. (168) »Eine zunehmende Dechristianisation (Entchristlichung) findet statt, bei welcher sich Bruder Chaumette auszeichnet; der christliche Kalender wird abgeschafft, der ‘Kult des höchsten Wesens’ inauguriert (eingeführt) , der Altar der Vernunft errichtet.« (168)

Zusammenfassend kann gesagt werden: Freimaurer haben die Revolution inszeniert und angeführt. Aber die Revolution hat ‘die Brüder getrennt’ und schliesslich fast alle Freimaurer vernichtet. Die Freimaurer sind nicht die Sieger, sondern die Opfer der Revolution. Dennoch ist wohl eindeutig, dass der Geist der Freimaurerei den Absolutismus besiegt hat.

4.2.2. Die Katholische Kirche

Die Auseinandersetzung zwischen Freimaurerei und Katholizismus hat das kulturelle und politische Leben Europas vor allem im letzten Jahrhundert (‘Kulturkampf’) wesentlich geprägt. Sie ist schon mehrfach ausführlich dargestellt worden. (Siehe zum Beispiel Binder (Wissenschaftler,1988 56ff.), Conzemius (Kath. 1984 30ff.), Seydel (FM 1862), Valmy (FM 1988 64ff.) und die bei diesen Autoren angegebene Literatur.)

«Was die Freimaurerei ablehnt, ist die politische Herrschaft des Klerikalismus und den Anspruch der Päpste auf beherrschenden Einfluss auch in allen kulturellen Fragen, weil sich daraus schwere Hemmungen für den menschlichen Fortschritt und die freie Geistesentwicklung ergeben haben.» (Schenkel, 1926, S.171) Die Freimaurer bekämpfen nicht die Katholiken, sondern den Absolutheitsanspruch der römisch katholischen Kirche , »weil Rom behauptet, die alleinseligmachende Kirche zu sein, die über Wahrheit und Vergebung autonom verfügt und sich als sichtbare Stellvertretung Gottes betrachtet.« (Böni, S. 68)

Die Antwort der katholischen Kirche auf die Herausforderung durch die Freimaurerei liess nicht lange auf sich warten. »Die erste Verurteilung wurde 1738 von Papst Clemens XII. ausgesprochen in der Bulle ‘In eminenti’. Benedikt X. bestätigte dieses Verdikt in der Bulle ‘Providas’ (1751). Zwischen 1738 und 1918 wurden über 12 Verbote in päpstlichen Bullen gegen die Freimaurerei gefällt.« (Conzemius, Kath., 1984, 30) Schenkel kommentiert die Bestimmungen gegen die Freimaurer im kirchlichen Gesetzbuch von 1917 (Codex juris canonici) wie folgt: »Nicht nur ist den Maurern der Eintritt in kirchliche Orden und religiöse Vereinigungen verschlossen…. sondern die Freimaurer werden als solche exkommuniziert, Geistliche und Ordensleute, die Freimaurer wären, verlieren ihre Stellung und werden in besondere Strafe genommen. Dem Freimaurer ist die kirchliche Trauung versagt. Selbst der Tod löscht die Feindschaft nicht aus. Noch der Leichnam des Freimaurers ist ein Gegenstand des Hasses und Abscheus. Er darf nicht kirchlich beerdigt werden, und wenn dies versehentlich doch geschehen ist, so soll sein Leichnam… wieder ausgegraben und an ungeweihter Stätte vergraben werden. Der treue Sohn der Kirche aber darf sich nicht einmal sachlich über Ziel und Zweck der Freimaurerei… unterrichten; auch das ist ihm ausdrücklich untersagt« (Schenkel, S. 171).

Die katholischen Gegenmaßnahmen hatten nur eine beschränkte Wirkung: «Päpstliche Bullen kamen in jener Zeit nur dann zur rechtlichen Geltung, wenn sie von staatlicher Seite registriert wurden. Das war in den protestantischen Ländern von vornherein ausgeschlossen; außer in Spanien, Portugal und Polen wurde die staatliche Genehmigung der päpstlichen Bulle in manchen katholischen Ländern (z. B. Frankreich) verweigert. So kam es, dass hier Katholiken. Laien und Kleriker, ungeachtet päpstlicher Bestimmungen, der Freimaurerei beitraten. Unter den prominentesten Laien seien Mozart und Haydn erwähnt, die Liste geistlicher Würdenträger ist lang.« (Conzemius Kath. 1984 32) Im Werk von Taute (FM 1909) über ’die katholische Geistlichkeit und die Freimaurerei’ ist eine Liste mit den Namen von über 500 katholischen Geistlichen und Würdenträgern enthalten, die nachgewiesenermaßen Freimaurer waren. »1772 wird mit Lord Robert Edward Petre ein Katholik Großmeister der englischen Grossloge… Gerade katholische Länder sind zu starken Freimaurerzentren geworden.» (Im Hof, Wiss. 1982, S. 1 66f.) In Italien rührten im letzten Jahrhundert die revolutionären Umtriebe von geheimen Gesellschaften, die zum Teil von Freimaurern gegründet wurden (z.B. die ‘Carbonari’), an die politische Existenz des Kirchenstaates. «Auf katholischer Seite brach nach der Jahrhundertmitte eine antifreimaurerische Hysterie aus. Es entstanden Zeitschriften und Verbände, um die Freimaurer zu entlarven… Ihren Höhepunkt erreichte diese Hysterie im berüchtigten Leo Taxil Schwindel (Deckname für Gabriel Jogand Pagès). Angeregt durch die Antifreimaurerenzyklika Leos XIII. ‘Humanum genus’ von 1884, hielt Taxil die katholische Öffentlichkeit als angeblich bekehrter Freimaurer durch seine Enthüllungen in Aufregung… 1887 empfing Leo XIII. Taxil… Kurze Zeit darauf hat Taxil in Paris den Schwindel öffentlich gestanden.» (Conzemius Kath. 1984, S. 33)

«Erst das 2. Vatikanische Konzil brachte Bewegung in die erstarrten Fronten. Die Erklärung des Konzils zur Religionsfreiheit und die sachliche Auseinandersetzung des französischen Juristen Alec Mellor mit der Geschichte der Freimaurerei schufen die Voraussetzungen für ein neues Verhältnis… Im neuen kirchlichen Strafrecht wird der Kirchenstrafen androhende Kanon 2335 nicht mehr erwähnt» (Conzemius Kath. 1984, S. 34). Die Streichung dieses Strafen Kanons hat aber keine Klärung gebracht, sondern eine Situation der Unsicherheit geschaffen: Die Position der katholischen Kirche dem Geist des Relativismus und der Oekumene gegenüber wurde unklar und widersprüchlich. So erklärte einerseits Josef Kardinal Ratzinger in einer ‘Erklärung der Glaubenskongregation zur Freimaurerei’ vom 26.11.1983: «Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt also unverändert.» Andererseits wird dieses Urteil von wichtigen katholischen Persönlichkeiten in Frage gestellt. So erklärte zum Beispiel Herbert Vorgrimler, Dekan der katholischen theologischen Fakultät der Universität Münster, in einem Interview mit dem Österreichischen Fernsehen (ORF 1990), Ratzinger äussere in seinem Urteil über die Freimaurerei bloss seine persönlichen Vorbehalte und Ängste in einer Materie, in der er offenkundig nicht genug Bescheid wisse.

Wie dem auch sei: Die Streichung des Strafartikels hat die Situation für die katholische Kirche nicht erleichtert, sondern erschwert. Die Auseinandersetzung zwischen ‘katholischem Absolutismus’ und ‘freimaurerischem Relativismus’ findet nun nicht mehr zwischen Katholizismus und Freimaurerei, sondern in der katholischen Kirche selbst statt! Dieser Kampf, der in der Schweiz heute bei der umstrittenen Bischofswahl in Chur zum Ausdruck kommt, ist wohl für alle katholischen Beteiligten ausserordentlich schmerzhaft. Bei konservativen katholischen Autoren wie Adler (Kath. 1975, 1982, 1983), Baum (1975, 1976, 1977), Feuling (1975), Rothkranz (1990) herrscht Panikstimmung. Für sie steht ‘die Kirche im Endkampf’ (Baum). Dabei brauchen sie nicht nach ‘Verschwörern’ im Vatikan selbst zu suchen, »weil die Neu-‘Theologie’ das Gedankengut der Freimaurerei freiwillig übernommen hat und es nun aus dem Innersten der Kirche heraus zur Geltung bringt.« (Feuling, Kath. 1975, S. 72)

4.2.3. Andere Kirchen Ablehnung

Die Freimaurerei wird nicht nur von der katholischen, sondern auch von den orthodoxen Kirchen abgelehnt. »Die Bischöfe der griechisch-orthodoxen Kirche untersuchten am 12. Oktober 1933 das Verhältnis der Freimaurerei zum Christentum und kamen zum vernichtenden Urteil: “Die Freimaurerei ist eine Mysterienreligion, sie ist vom christlichen Glauben völlig verschieden, ihm entgegengesetzt und fremd.” Sie kann mit dem Christentum nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Den Geistlichen und Laien ist die Mitgliedschaft in Logen verboten. Tritt ein Geistlicher einer Loge bei, wird er aus dem Klerus entlassen.» (Bauhofer FM 1975, S. 22f.)

»Ferner haben sich gegen die Freimaurerei formell ausgesprochen: die kalvinistische Kirche in den USA, die reformierte niederländische Kirche in Südafrika (1940 und 1967), die Adventisten und die Zeugen Jehovas» (Bauhofer FM 1975). In protestantischen Ländern wurde die Freimaurerei anfänglich zum Teil verboten, die meisten protestantischen Kirchen kamen aber mit der Zeit zu einer neutralen oder positiven Haltung. So verboten die Regierung von Holland 1735, die Regierung von Schweden 1736, diejenige von Hamburg und Genf ebenfalls 1736 die Freimaurerei. (Hammer Prot. 1984, S. 26) »Drei Jahre später erreichten die zwinglianischen Pfarrer Zürichs dasselbe Verbot.« (Bauhofer FM 1975, S. 22) »König Friedrich von Schweden aus dem Hause Hessen Kassel verbot die Freimaurerei zunächst sogar bei Todesstrafe, stellte sich freilich später, dem preussischen Beispiel des grossen Friedrich II. folgend, an deren Spitze.» (Hammer Prot. 1984, S. 26) Nach Binder gibt es auch heute noch – vor allem in den Vereinigten Staaten – Gemeinden calvinistischen und lutheranischen Ursprungs, die sich gegen Mitgliedschaften aussprechen und ihren Mitgliedern mit Sanktionen im Falle einer Logenzugehörigkeit drohen. Ähnliche Beschlüsse weisen auch presbyterianische Gemeinden in Schottland und Irland auf«. Zudem wird die Freimaurerei nach Schenkel «in den pietistischen und orthodoxen Kreisen bekämpft«. Gesamthaft lässt sich sagen, «dass die Beziehungen der evangelischen Kirchen zur Freimaurerei ebenso vielfältig wechselnd wie gespalten waren und noch sind.» (Hammer, 1984, S.26)

Übrigens: Auch im Einzugsbereich anderer Religionen, besonders im Islam, wurde die Freimaurerei verboten. »Im ausserchristlichen Raum wurde der Sultan durch eifrige Muselmanen zu einem Verbot der ‘neuen Sekte’ überredet.« (Bauhofer, 1975, S. 22). Zu einem Erfolg der Freimaurerei gegenüber dem islamischen Fundamentalismus kam es 1923 in der Türkei. Kemal Atatürk, der ‘Vater der modernen Türkei’, war Freimaurer. (Oslo,1988, S.404)

Neutralität

»Die Methodisten, Baptisten, Presbyterianer und Episkopale haben nie Einwände gegen die Freimaurerei erhoben… Die altkatholischen Nationalkirchen haben weder in der Konvention von Utrecht 1889, noch anlässlich der Interkommunion mit der anglikanischen Kirche 1932, noch in ihrer Literatur sich mit der Freimaurerei auseinandergesetzt.» (Bauhofer, 1975, S. 23) In letzter Zeit ist auch die Haltung der Anglikanischen Kirche wieder etwas zurückhaltender. Denn: »1984 häuften sich – im Zuge einer breit angelegten Freimaurerdebatte in Grossbritannien – negative Stimmen, wobei auch seitens der Church of England und der Unitarischen Kirche gewisse Bedenken gegenüber der Bruderschaft erhoben wurden.« (Binder, 1988, S. 103).

Zustimmung

»In England, Schweden, Preussen und den meisten überwiegend protestantischen deutschen Bundesstaaten hat schon die Teilnahme der Fürsten am Logenleben ein friedliches Verhältnis nahegelegt. Von seiten der Freimaurerei ist dieses friedliche Verhältnis nie und nirgends gestört worden… Immer haben in Deutschland zahlreiche evangelische Geistliche der Loge angehört. Viele Freimaurer waren und sind Mitglieder kirchlicher Kollegien. Evangelische Geistliche nehmen als Redner, Meister vom Stuhl, ja auch als Grossbeamte und selbst als Grossmeister wichtige Stellen im deutschen Logenleben ein. Auf der Jahresversammlung des Vereins deutscher Freimaurer 1925 wurden einige der wichtigsten Beratungsgegenstände von Pfarrern vorgetragen. Die Gedankenwelt der meisten deutschen Logen ist weithin dadurch bestimmt, dass die meisten Mitglieder gebildete Protestanten sind.« (Schenkel, 1926,  S. 33f.) Ähnliches kann von der evangelischen Kirche in Schweden sowie von der Anglikanischen Kirche gesagt werden. Rund 100’000 Anglikaner sind Mitglieder der Logen. Es gehören den Logen auch mehr als 17 Bischöfe und über 500 Geistliche an. Selbst das ehemalige Kirchenoberhaupt, Erzbischof Fisher von Canterbury, war Logenmitglied. (Bauhofer, 1975, S. 23) In Deutschland und England war es unter Umständen sogar möglich, dass Logen praktisch identisch waren mit einem Bund der Theologen! In der Schweiz war meines Wissens die Freimaurerei nie einem solchen Ausmass geistiger Beeinflussung ausgesetzt, wenngleich es nie an Pfarrern als Mitglieder von Bauhütten fehlte. So war zum Beispiel der langjährige Grossmeister der ‘Alpina’, J. Böni, Pfarrer. Zudem waren beispielsweise Liederdichter wie Matthias Claudius, Friedrich Gottlob Klopstock und Friedrich Rückert, deren Lieder heute noch in der Landeskirche gesungen werden, Freimaurer. (Schenkel, S. 33)

Trotz der grundsätzlichen Zustimmung kam es auch in den erwähnten Landeskirchen zu Auseinandersetzungen über die Freimaurerei und ihre enge Verflechtung mit der Kirche. Die schwerste dieser Auseinandersetzungen wurde vom Berliner Theologieprofessor und Begründer der ‘Evangelischen Kirchenzeitung’ Ernst Wilhelm Hengstenberg initiiert. In seinem dreiteiligen Werk ‘Die Freimaurerei und das evangelische Pfarramt’ (Berlin 1854 und 1855) forderte er, evangelischen Geistlichen sei die Mitgliedschaft in den Logen zu verunmöglichen. (S. dazu Schenkel S. 34f.) Den freimaurerischen Standpunkt vertrat in dieser Auseinandersetzung hauptsächlich der evangelische Geistliche G.A. Schiffmann, ‘Archidiaconus’ an St. Jacobi in Stettin sowie freimaurerischer ‘Provinzial Grossmeister’ für Posen und ‘Unterarchitekt’ des Ordens. (Stettin 1857) Der Streit wurde schliesslich weniger durch Argumente entschieden, als durch den Umstand, dass der damalige Prinz Wilhelm, der spätere deutsche Kaiser Wilhelm I., Freimaurer war. (Schenkel, S. 35)

Schenkel (Ebd. 170) fasst die kirchengeschichtliche Bedeutung der Freimaurerei aus seiner Sicht wie folgt zusammen: »Die kirchengeschichtliche Bedeutung der Freimaurerei liegt in ihrem Gegensatz gegen den römischen Klerikalismus, in der Ablehnung des materialistischen Atheismus und dem Festhalten an dem theistischen Idealismus, endlich aber darin, dass sie die einzige grosse und festgefügte Organisation ist, deren Geist im allgemeinen der liberal protestantischen Lebensauffassung entspricht.«

4.2.4. Totalitarismus

Zum Thema ‘Freimaurerei im Zeitalter des Totalitarismus’ siehe besonders den Aufsatz von Kreis (1984, S. 19ff.) und die darin angegebene Literatur. Die Freimaurerei wurde verboten: 1917 in Russland, 1919 in Ungarn, 1925 in Italien, 1934/35 in Deutschland, 1938 in Österreich und 1940 im besiegten Frankreich, zudem in Portugal unter Salazar und in Spanien unter Franco. In der Schweiz lancierten 1934 Frontisten eine Volksinitiative zum Verbot der Freimaurerei. Diese Volksinitiative wurde vom Nationalrat mit 107:2, vom Ständerat mit 22:0 und vom Volk am 28.11.1937 mit 68,7% der Stimmen abgelehnt. (S. dazu Kreis, 1984,20ff. sowie Herren,1981, S. 215ff.)

Kommunismus

»1922 wurde auf dem vierten Kongress der Kommunistischen Internationale die Freimaurerei als politische Organisation der Bourgeoisie gebrandmarkt und gleichzeitig eine Mitgliedschaft für Kommunisten als unvereinbar deklariert, während die Freimaurerei Fidel Castros Revolution auf Cuba überlebte.» (Binder) Das Urteil der orthodoxen Kommunisten und Marxisten Leninisten über die Freimaurerei kommt im folgenden Zitat Leo Trotzkis (1923 im Moskauer Regierungsorgan ‘Iswestija’ wohl treffend zum Ausdruck: »Sie ist die kapitalistische Feindin des Kommunismus; sie ist rückständig wie die Kirche, der Katholizismus. Sie stumpft die Schärfe des Klassenkampfes durch Mystizismus, Sentimentalität und moralischen Formenkram ab… Mit glühenden Eisen müsste sie mit ihrer Gefolgschaft ausgerottet werden, denn sie schwächt die Lehren des Kommunismus durch ihre bürgerlichen Journalisten ab.» (Trotzki zit. in Oslo, S. 349)

Mit den Umwälzungen im Ostblock erleben auch die Logen eine ‘stille Renaissance’   Ende Januar 1990 wurde zum Beispiel in Ungarn, nach vierzigjährigem Verbot, eine Loge wiederbelebt. (Ulmer Journ. 1990) Der Absolutheitsanspruch einer einzigen Partei ist natürlich mit dem freimaurerischen Credo ebensowenig vereinbar wie der Absolutheitsanspruch einer einzelnen Rasse oder gar eines einzelnen Volkes.

Nationalsozialismus

Das folgende Urteil Hitlers über die Freimaurerei scheint mir sehr aufschlussreich zu sein: «Ich glaube natürlich nicht im Ernst an die abgrundtiefe Bosheit und Schädlichkeit dieser in Deutschland immer harmlos gewesenen Vereinigung. Ich habe mir sehr genau Bericht erstatten lassen. Nun, was da von angeblichen Greueln zutage kam, von Skeletten, Totenköpfen, Särgen und geheimnisvollen Zeremonien, das ist alles Kinderschreck. Aber eins ist das Gefährliche, und ist auch dasjenige, was ich von den Freimaurern übernommen habe. Sie haben eine Lehre gebildet, die in Symbolen und Riten stufenweise höhere Einsicht gewährt. Die Erziehung durch Symbole und Riten ist das Gefährliche und Grosse und von mir Übernommene. Sehen Sie nicht, dass unsere Partei etwas ganz ähnliches sein muss? Aber das bedeutet natürlich, dass es nicht etwas Ähnliches von anderer Seite geben darf. Entweder wir oder die Freimaurer oder die Kirche. Aber niemals zwei nebeneinander. (Hitler zit. in Itor,1987, S. 64f.)

In der Auseinandersetzung der Alliierten mit dem Nationalsozialismus spielten nicht nur Worte und Panzer, sondern auch Symbole eine Rolle. Der Handmagie Hitlers zum Beispiel (‘deutscher Gruss’) setzte der Freimaurer Winston Churchill die brennende Zigarre und das V Zeichen entgegen. Das V Zeichen (Victory) soll Churchill von seinem Mentor in Sachen Magie, dem Satanisten Aleister Crowley, übernommen haben. (Dazu Memopress Nr. 2, S. 1982) Neben Winston Churchill waren noch andere prominente Führer der Alliierten Freimaurer, so die amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt und Harry S. Truman. (Itor FM 1987 69) Von den deutschen Freimaurern nahmen viele am aktiven und passiven Widerstand teil; viele wurden ermordet. (Binder Wiss. 1988 79f.)

4.2.5. Zusammenfassung

Zusammenfassend kann zum Thema ‘externe Auseinandersetzungen’ gesagt werden: Der Geist der Freimaurerei hat nicht nur den Absolutismus besiegt, sondern auch den Nationalsozialismus und den Kommunismus. Die evangelischen Kirchen hat er gespalten und zum Teil ganz beschlagnahmt, wobei der Hauptangriff gegen die Waffe gerichtet ist, die die Reformatoren dem Katholizismus entgegenhielten: das Wort. Seit dem zweiten vatikanischen Konzil wirkt er innerhalb der katholischen Kirche.

 

5. Einfluss auf Staat, Wirtschaft und Gesellschaft

Die Freimaurerei tritt gegen aussen nicht durch ihre Institutionen, Logen, Grosslogen oder internationalen Vereinigungen in Erscheinung, sondern will hauptsächlich über die einzelnen Mitglieder als individuelle Persönlichkeiten Einfluss auf Staat, Wirtschaft und Gesellschaft nehmen. Darum geht es in diesem Kapitel in erster Linie um eine Zusammenstellung der Namen von Personen, die nachgewiesenermassen Freimaurer waren. Dabei werden wohl einige Lücken offen bleiben, vor allem was die Mitgliedschaft der heute noch lebenden Freimaurer angeht. Jeder Freimaurer kann sich über seine eigene Mitgliedschaft offen äussern, gleichzeitig hat er sich aber verpflichtet, nichts über die Mitgliedschaft anderer auszusagen. So mag aber dennoch ein Mosaik entstehen, das ein mehr oder weniger deutliches Bild über das Wirken der Freimaurer und die Wirkung der Freimaurerei sichtbar macht.

Natürlich sind auch die internationalen freimaurerischen Vereinigungen nicht ohne Einfluss, von denen die drei wichtigsten ihren Sitz in der Schweiz haben:   Die Internationale Maurerische Vereinigung (AMI) mit Sitz in Genf hat die Grosslogen der Johannismaurerei als Mitglied.   In der Allgemeinen Freimaurer Liga mit Sitz in Basel können alle Freimaurer als Einzelpersonen Mitglied werden.   Die Lausanner Konföderation der Hochgradfreimaurer gilt als das Aktionszentrum der sogenannten ‘Weltfreimaurerei’. (S. dazu auch: Blaubuch FM 1934, Lerich FM 1937 28f.) Auf die Aktionen dieser Vereinigungen kann in dieser Arbeit nicht eingegangen werden, da wir über zuwenig zuverlässige Informationen verfügen.

5. 1. Einfluss auf den Staat

Der Einfluss der Freimaurerei auf den Staat hat sich vorerst in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich gestaltet, bedingt durch «den verschiedenen Volkscharakter, die Verschiedenheit der politischen Zustände und vor allem durch die Verschiedenheit der kirchlichen und kulturellen Verhältnisse.» (Schenkel, S. 30) Auf die einzelnen Länder soll im folgenden kurz eingegangen werden. Im allgemeinen können wir sagen, dass die Freimaurerei in den angelsächsischen sowie in anderen protestantischen Ländern sehr bald zu einer staatsfreundlichen, staatsbildenden und staatstragenden Macht wurde, während in den romanischen und anderen katholischen Ländern bis zum Zeitpunkt der allfälligen Machtübernahme ein antiklerikaler, kritisch bis revolutionärer Einfluss ausgeübt wurde.

Seit ihrer Gründung hat die Freimaurerei versucht, in den einzelnen Staaten ‘von oben’ Einfluss auszuüben und die obersten Machthaber für sich zu gewinnen. Das ist ihr in manchen Ländern sehr bald gelungen.

5.1.1. Die konstitutionelle Monarchie

Zur Zeit der Gründung waren die obersten Machthaber Monarchen. Im umfassenden und aufschlussreichen Werk von Riegelmann (1943, Neudruck 1985) über ‘die europäischen Dynastien in ihrem Verhältnis zur Freimaurerei’ sind unter anderem übersichtliche ‘genealogische Tafeln’ enthalten, wobei von jeder Person angegeben ist, in welchem Verhältnis sie zur Freimaurerei stand (Mitglied, Freund, Gegner) und wie sich das Verhältnis entwickelte. In England kam es schon früh zu einer ‘Identität zwischen Dynastie und Freimaurerei’. Riegelmann findet »in 225 Jahren zwanzig Angehörige des englischen Königshauses als Mitglieder der Freimaurerei vor und z.T. sogar mit höchsten maurerischen Würden ausgestattet, darunter fünf britische Könige… Zugleich finden wir keinen einzigen Gegner der Freimaurerei im englischen Königshause.» (Ebd. 402f.) Hauptsächlich in England und durch England, später auch durch die USA, machte die Freimaurerei Politik. Zeitweise war der Einfluss über die Monarchen auch in Deutschland stark, und besonders auch »die nordischen Dynastien sind mit sehr zahlreichen Angehörigen aktiv der Freimaurerei verbunden.» (Ebd. 408)

Die Monarchen versuchten in der Regel, sich der Freimaurerei als machtpolitisches Instrument zu bedienen: Die Dynastie schafft sich in der Freimaurerei ein politisches Instrument. Riegelmann zeigt, dass diese Rechnung im Rückblick nicht aufgegangen ist. Umgekehrt: Die Freimaurerei hat sich der Dynastien bedient. Manchen Monarchen war ‘die grundsätzlich antimonarchische Einstellung der Freimaurerei’ von Anfang an bewusst. Daher »die so zahlreichen Verbote der Freimaurerei in den verschiedensten monarchischen Staaten Europas im Wandel der Zeiten.« (Ebd. 41.) In Deutschland und Dänemark entstanden ‘Antimassonianische Sozietäten’. «Hier bildet sich sozusagen erstmalig eine antifreimaurerische Organisation rein aristokratischen Charakters bzw. eine regelrechte Dynasten Bewegung gegen die als staatsfeindlich erkannte Freimaurerei.« (Ebd. 411) Manche Freimaurer Monarchen haben sich mit der Zeit selbst wieder von der Freimaurerei distanziert, so auch Friedrich der Grosse, dessen Vater, Friedrich Wilhelm I., ein ausgesprochener Feind der Freimaurerei war.

Der Rückblick zeigt also, dass sich die Freimaurerei der monarchischen Dynastien nur bedient hat, um ihr eigenes Programm durchzusetzen, das nicht monarchistisch ist. Auf monarchistischem Boden ist die konstitutionelle Monarchie das Ziel der Freimaurerei. Das war auch, wie wir gesehen haben, am Anfang der Französischen Revolution so. (Hess FM 1989 163) Diejenigen Monarchien und Dynastien aber, die sich nicht mit einer weitgehenden und grundsätzlichen Relativierung ihres Herrschaftsbereiches haben abfinden können, sind von der politischen Landkarte verschwunden. «Im Grunde widerspricht die Existenz jeder Monarchie jeglicher freimaurerischen Lehre, Haltung, Zielsetzung: der universal überstaatlich, inter  und antinational gemeinte, empfundene und angewandte Satz von ‘Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit’ bestreitet von vornherein jeder Dynastie, jeder nationalen Monarchie wie überhaupt jedem eigenständigen und ‘autoritären’ Führertum das Daseinsrecht.« (Riegelmann, S.412).

5.1.2. Gewaltentrennung, demokratischer Rechtsstaat

Den freimaurerischen Idealen entspricht auf politischer Ebene die Idee der Gewaltentrennung und der Versuch, national und international einen demokratischen Rechtsstaat zu bilden. Wenn es keine absolute Wahrheit gibt, dann kann es auch niemanden geben, der ‘rechtmässig’ uneingeschränkt Macht ausüben kann. Jeder menschlichen Machtausübung ist zu misstrauen, und jede Gewalt muss durch eine andere Gewalt kontrolliert werden und notfalls in die Schranken gewiesen werden können. Charles Louis de Secondant, Baron de la Brède et de Montesquieu (1689 1755) war Freimaurer und «Mitbegründer einer der ersten französischen Logen». (Oslo, S.406) Montesquieu gilt bekanntlich als Vordenker der Gewaltentrennung und als einer der Begründer des demokratischen Rechtsstaates. Nach seiner Vorstellung der Gewaltentrennung in Legislative, Exekutive und Judikative sind die USA, die Schweiz und andere Länder politisch organisiert. Heute spielen die Medien als sog. 4. politische Kraft eine immer wichtigere Rolle.

Das Wesen des demokratischen Rechtsstaates besteht darin, dass alles staatliche Handeln nur innerhalb und aufgrund von Gesetzen erfolgen soll, die in einem demokratischen Verfahren zustande gekommen sind. Nicht Gott stiftet jetzt mehr die Gesetze, und es geht nun auch nicht mehr nur um ein Volk. Der Mensch gibt sich die eigenen Gesetze selbst. Jedes Volk soll sich seine eigenen Gesetze selbst geben. Es kommt nun zu einer neuen Art von Gesetzlichkeit’: der Mensch erwartet Ruhe, Ordnung, Sicherheit etc. aufgrund der selbst gegebenen Gesetze, und er verzichtet auf Selbstjustiz zugunsten der gemeinsamen Justiz. Die Einübung in diese rechtsstaatliche Art sittlichen Verhaltens wird heute noch oft in den ‘Western’ dargestellt: Der ‘Wilde Westen’ wird zivilisiert, indem der wirklich ‘Gute’ den Bösewicht nicht umbringt, sondern einem ordentlichen Gericht übergibt.

5.1.3. Einzelne Länder

Im folgenden sollen die wichtigsten Staatsmänner der einzelnen Länder, die Freimaurer waren, genannt werden. Die Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft werden in den nächsten Abschnitten aufgeführt.

Grossbritannien:

«Der Einfluss der Freimaurerei in England ist kaum abzuschätzen. Wenn man alle berühmten Freimaurer Englands, Schottlands und Irlands aufzählen wollte, hiesse das, eine Geschichte dieser Länder seit bald dreihundert Jahren in ihrem Verlauf auf allen Gebieten darzulegen. Darunter sind fünf Könige und viele ihrer Brüder und nächsten Verwandten, die Politiker von Lord Chesterfield bis Winston Churchill; das Heer und die Flotte sind durch Männer wie Wellington, Kitchener, Haig und viele andere vertreten.» (Naudon,1982, S. 58) Zu nennen wäre noch der Seeheld Admiral Nelson sowie der einflussreiche Staatsmann und Schriftsteller Benjamin Disraeli (1804  1881). Die folgenden Könige von England waren Freimaurer: Georg IV., Wilhelm IV., Eduard VII., Eduard VIII., und Georg Vl. Die Zahl der Freimaurer in Grossbritannien wird heute auf 600’000 geschätzt.

Deutschland und Österreich:

Auf englisches Betreiben konnte Friedrich der Grosse während seiner Kronprinzenzeit zum Eintritt in eine Loge gewonnen werden. (Riegelmann, 406) »Freimaurer waren im übrigen König Friedrich Wilhelm II., der aber zunehmend immer mehr der Rosenkreuzerei in die Hände geriet, Wilhelm I., der spätere Kaiser, der auch Protektor der Altpreussischen Grosslogen war, wie sein Sohn, der spätere Kaiser Friedrich III. … Der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., war nicht Freimaurer, ebensowenig sein Bruder… und die sechs Söhne des Kaisers. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass es Bismarck gewesen ist, der einen etwaigen Eintritt Wilhelms II. noch als Prinz von Preussen zu verhindern gewusst hat.» (Riegelmann S. 406) Berühmte Freimaurer Militärs waren die Generäle Gebhard von Blücher, Neidhardt von Gneisenau und G.J.D von Scharnhorst. (Oslo, S. 401) Nur wenige wichtige Angehörige des Hauses Habsburg Lothringen waren Freimaurer. «Der erste von ihnen war der spätere Kaiser Franz I. und Gemahl der Kaiserin Maria Theresia… Als letzter Angehöriger dieser Dynastie galt Kronprinz Rudolf von Österreich in Hofkreisen als Freimaurer… Demgegenüber hat die Freimaurerei in Österreich seit der Zeit Maria Theresias über Joseph II., Leopold II., Franz II. (Metternich) bis zum Zusammenbruch des Habsburgerreiches beständig unter schärfsten Verboten der kaiserlichen Regierung gestanden.» (Ebd. 405) Heute gilt die FDP in Deutschland als die Partei der Freimaurer. Im übrigen beschäftigen sich laut Valmy die deutschen Freimaurer hauptsächlich mit der Interpretation von Symbol und Ritual sowie mit Forschung und Philosophie. Ihre Zahl wird auf 20’000 geschätzt. Von den Nachkriegspolitikern in Österreich ist Fred Sinowatz sicher Freimaurer (Binder,107). Bruno Kreisky soll angefragt worden sein, aber den Beitritt abgelehnt haben. (Memopress, Nr.2, 1982, S.4 »Ich wollte keinem geheimen Verein angehören.»)

Schweiz:

«Der seit 1830/48 politisch herrschende Freisinn war teils von Freimaurern durchsetzt. Zumindest sprach man davon, dass, wenn man Helveter, Freisinniger und Freimaurer sei, man den Aufstieg zum Regimentskommandanten und Nationalrat nicht verhindern könne. Nachweislich waren die Freimaurer zwischen 1881 und 1919 mit gut zehn Prozent in beiden Kammern vertreten… Es gehörten allerdings nur fünf Bundesräte   darunter hervorragende wie Furrer und Ruchonnet   der Freimaurerei an. Der Einfluss war in den Kantonen Waadt, Genf und Neuenburg, wo die Logen seit jeher zahlreich waren, besonders stark, später auch in anderen Kantonen.» (Im Hof, 1984, 14) Jonas Furrer war der erste Schweizer Bundespräsident, die Namen der anderen Bundesräte, die mit Sicherheit Freimaurer waren, sind: Borel, Lachenal, Ruchet, Ruchonnet. (Itor S. 68) Während des zweiten Weltkrieges betrieb der Freimaurer Hans Hausamann (1897 1974) mit seinem ‘Büro Ha’ einen erfolgreichen ‘privaten’ Geheimdienst. (Alpina Nr. 10/1984 235) Heute gibt es in der Schweiz rund 4’000 Freimaurer in 59 Logen.

Frankreich:

Der Einfluss der Freimaurer zur Zeit der Französischen Revolution wurde bereits kurz dargestellt. Die Mitgliedschaft Napoleons I. in einer Loge ist nicht nachgewiesen. Hingegen behandelte er die Freimaurerei als eine offiziöse Einrichtung und unter seiner Protektion stehend. Die Mehrheit der Offiziere in Napoleons Heeren waren Maurer, die überall, wo sie hinkamen, Logen gründeten, und es gab kaum einen Marschall von Frankreich, der nicht dem Bunde angehörte. (Naudon,1982, 91) «Der ‘Bürgerkönig’ Louis Philippe von Orléans, der Sohn des Renegaten und einstigen Grossmeisters des ‘Grand Orient de France’, Philippe Egalité , war der einzige französische König, der selber Freimaurer war… Napoleon III. war mit Hilfe der schärfsten Gegnerin aller Freimaurerei, der klerikal jesuitischen Partei, ’Präsident der Republik’ und schliesslich ‘Kaiser der Franzosen’ geworden… Zuletzt aber triumphierte in der ‘dritten Republik’ jenes radikal demokratische System, das seine freimaurerische Herkunft und Beschaffenheit nie verleugnet hat.» (Riegelmann, S.404) Die Trennung von Kirche und Staat, die ausschliesslich von Laien geleitete Volksschule, die Aufhebung der religiösen Orden   all dies war kurz nach der Jahrhundertwende im wesentlichen das Werk freimaurerischer Politiker, wobei freimaurerische Gesichtspunkte die entscheidende Rolle gespielt haben. (Valmy, S. 27) Valmy bezeichnet die französische Freimaurerei als ein ‘schillerndes Gebilde’, aufgespalten in ‘sieben Obedienzen mit teilweisen Kontakthürden’ und insgesamt rund 35’000 Mitgliedern. Sie stehen heute meist der sozialistischen Partei nahe. Der heutige Staatspräsident Francois Mitterrand soll einer Loge angehören.

Italien:

Die italienische Freimaurerei des 19. Jahrhunderts hat stets «in heftigster Weise gegen das Papsttum frondiert«. (Frondieren = Widerstand zeigen) (Mellor Wiss. 1985, 177) Wichtigste Mitglieder waren der Freiheitskämpfer und Staatsmann Giuseppe Garibaldi (1807 1882), der geistige Führer der radikalen Richtung des italienischen Risorgimento (Risorgimento = ital. Einigungsbestrebungen im 19. Jh.), Giuseppe Mazzini (1805-1872) sowie der liberale Staatsmann Camilio Benso Graf v. Cavour (1810-1861). Der Offizier und Dichter Gabriele D’Annunzio (1863-1938) war ebenfalls Freimaurer. (Naudon, S. 162) Im 20. Jahrhundert hat die italienische Freimaurerei unter anderem durch die unrühmliche ‘Geheimloge P2’ von sich reden gemacht.

Skandinavien:

Der schwedische Mystiker Emanuel Swedenborg (1688-1772) war nie Freimaurer, hat jedoch die Schwedische Lehrart beeinflusst. (Naudon, S. 157) Diese entwickelte sich «um 1760 aufgrund französischer und anderer Hochgradmaterialien zu einem hierarchisch eingerichteten, gnostisch kabbalistischen System mit neun Graden, das im alleinigen Bewahrer des Geheimnisses, dem Ordensmeister gipfelt, der auch Vicarius Salomonis oder ‘Stellvertreter Christi’ heissen konnte» (Hammer Prot. 1984 26, s.a. Nielsen Prot, FMG 1882, 1883). Mitglied waren die meisten schwedischen Könige, nämlich: Oskar I., Oskar II., Gustav III., Gustav IV., Karl XIII., Karl XIV., Karl XV., Gustav V., Gustav VI. (Itor S. 68). Auch viele dänische Könige waren Freimaurer: Friedrich V., Friedrich VI., Friedrich VIII., Christian VIII., Christian X. (Itor S. 69) Christian VIII. führte die Schwedische Lehrart in Dänemark ein. (Nielsen 1882 S.2) Bekannte norwegische Freimaurer waren König Haakon VII. (1872 1957) und der als Kollaborant mit Hitler hingerichtete Vidkun Quisling (1887 1945). (Itor S.59, Naudon S. 157) Freimaurer war auch der erste isländische Staatspräsident Sveinn Björnsson (18811952). (Itor S.68)

Niederlande und Belgien:

«Die Königshäuser der Niederlande und Belgiens haben zwar der Freimaurerei einige Angehörige gestellt, ohne jedoch politisch hiermit irgendwie hervorzutreten. Selbst Leopold I. von Belgien z.B. hielt sich im Gegenteil aus politischer Klugheit… von der Freimaurerei, der er selber angehörte, sehr distanziert.« (Riegelmann S. 409) Itor nennt die holländischen Könige Louis Bonaparte und Wilhelm II. als Logenmitglieder.

Andere westeuropäische Länder.

Die Dynastien in Spanien und Portugal sind »fast gar nicht mit Mitgliedern in der Freimaurerei vertreten.» (Riegelmann S. 409) Einzig die spanischen Könige Karl III. und Amadeus Ferdinand von Savoyen sollen einer Loge angehört haben. (Itor S. 69) Die Monarchien und Herrscher dieser Länder werden oft von der Freimaurerei bekämpft. «Nirgends hat sich der Kampf zwischen der revolutionären Freimaurerei und der streng katholischen Monarchie in so radikalen Formen abgespielt wie hier.» (Riegelmann S. 409) Freimaurer waren die griechischen Könige Konstantin I. (1868-1923) und Georg II. (1890 1947). (Oslo S. 401, 404) Der irische Katholikenführer Daniel O’Connell (1775-1847) gehörte ebenfalls einer Loge an. (Oslo S. 407)

Osteuropa:

Die folgenden russischen Zaren sollen Freimaurer gewesen sein: Alexander I., Peter III., Paul I., Alexander II. (Itor S. 68) Zwischen Zarentum und Freimaurerei kam es auch zu schweren Auseinandersetzungen. »Die Führer des Dekabristen Aufstandes vom 14.12.1825 waren fast ausnahmslos Freimaurer: an ihrer Spitze P.I. Pestel (1792-1825), der geistige Urheber der ersten organisierten Erhebung gegen das Zarenreich.« (Itor S. 49) Später waren die Freimaurer in der liberalrevolutionären ‘Kadettenpartei’ vertreten und versuchten, die Aufklärung in Russland voranzutreiben. Freimaurer war auch der russische Politiker A.F. Kerenskij (1881-1970). (Lerich S.43) «Die Fürsten Lwow und Nolde waren eifrige Freimaurer, und bis zur Revolution wahren die russischen Logen ihren Mystizismus, der sich vor allem in der Wertschätzung des Grades vom Rosenkreuz kundtut. Das politische Leitbild der Logen war eine parlamentarische Demokratie des westlichen Typs.» (Mellor S. 471) Die bekannten tschechischen Politiker Eduard Benesch (1884-1948) und Jan G. Masaryk (1886-1948) waren Freimaurer. (Oslo S. 395, Itor S. 59f.) Die polnischen Könige Stanislaus I. und Stanislaus II. waren Logenmitglieder. (Itor S. 69) Wie erwähnt erfahren die Logen jetzt im Osten eine Renaissance.

Vereinigte Staaten von Amerika:

In den USA hat die Freimaurerei eine staatsbegründende und staatstragende Bedeutung. »50 von den 55 Mitgliedern der konstituierenden Nationalversammlung, sämtliche Gouverneure der 13 Gründerstaaten, 20 von 29 Generälen George Washingtons und 104 seiner 106 Offiziere waren aktive Freimaurer. Der Verfasser der Unabhängigkeitserklärung, Thomas Jefferson, gehörte ebenso einer Loge an… Die Grundsteinlegung zum Kapitol in Washington, die nach freimaurerischem Ritus vor sich ging, vollzog George Washington bekleidet mit einem von der Marquise Lafayette für ihn angefertigten Freimaurerschurz» (Itor,1987, S.11). Auch der Diplomat, Erfinder und Schriftsteller Benjamin Franklin (1706-1790) war Freimaurer; 1734 wurde er Provinzialgrossmeister für Pennsylvania. Ein grosser Teil der amerikanischen Präsidenten gehörte einer Freimaurerloge an, so unter anderen nach George Washington: James Monroe, Andrew Jackson, James K. Polk, James Buchanan, Abraham Lincoln, Andrew Jackson, James A. Garfield, William McKinley, Theodore Roosevelt, William Howard Taft, Warren G. Harding, Franklin D. Roosevelt, Harry S. Truman, Lyndon B. Johnson, Gerald Ford. (Itor S.69, Naudon S. 194, Oslo S. 400ff.) Auch viele Generäle machten in der Freimaurerei mit, so zum Beispiel: John J. Pershing, Charles P. Summerall, Douglas Mac Arthur, Malin Craig, Henry H. Arnold. (Itor S. 69, Naudon S. 194) Auch John Edgar Hoover, langjähriger Direktor des FBI, war Freimaurer. (Oslo S. 403) Neben England sind die USA wohl das ‘freimaurerischste’ Land der Welt. Von den weltweit 6 Millionen Freimaurern leben 4 Millionen in den USA. Es bestehen in den USA rund 15’700 Logen, weltweit gibt es etwa 33’600 Logen. (Von Ins,1974 S. 29) Wie wir sehen werden, haben Freimaurer auch das amerikanische Kulturleben entscheidend mitgeprägt.

Südamerika:

Bekannte Freimaurer waren:

 – Simon Bolivar (1783 1830), Führer der lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung und Freiheitsheld des ganzen Kontinents. (Oslo S.397)
 – Miguel Hidalgo y Costilla (1753 1811), katholischer Priester und ‘Vater der mexikanischen Unabhängigkeit’. (Oslo S. 403)
 – José Maria Marti (1853 1895), ‘Apostel und Märtyrer der kubanischen Unabhängigkeit’. (Itor S. 60)
 – Tomas Cipriano de Mosquera (1798 1878), kolumbianischer Patriot und General. (Naudon S. 204)
 – Anastasio Somoza Gareia (1896 1956), von 1937 bis 1947 Präsident von Nicaragua. (Oslo S. 409)
 – Salvadore Gossens Allende (1908 1973), Arzt, Marxist, 1970 1973 chilenischer Staatspräsident. (Oslo S. 409)

Andere Länder.

Ausserhalb der westlichen Welt gelang der Freimaurerei der bisher wohl grösste politische Erfolg in der Türkei. 1923 setzte der Freimaurer Kemal Atatürk (1881-1938), der ‘Vater der Türken’, den Sultan ab und rief die Republik aus. Die Auseinandersetzung zwischen westlicher Orientierung und islamischem Fundamentalismus prägt noch heute die politische Landschaft dieses Landes. In China war der grosse Politiker Sun Yat sen (1866-1925), der Begründer und Führer der ‘Kou min tang’ (KMT), Freimaurer. Logenmitglied war auch der chinesische General und Politiker Tschiang Kai-schek (1887-1975), der Begründer des heutigen Staates Taiwan. (Itor S. 68, Lerich S. 48) Freimaurer waren zudem der philippinische Nationalheld José Rizal sowie der Präsident der kurzlebigen philippinischen Republik nach dem spanisch amerikanischen Krieg, Aninaldo. (Lerich S. 48) Der indische Jurist und Politiker Pandit Motilal Nehru (1861-1931), der Vater von Jawaharlal Nehru, war Mitglied einer Loge. (Oslo S. 407) Schliesslich war der südafrikanische Verwaltungsexperte und Finanzier John Cecil Rhodes (1853-1902) Freimaurer. Nach ihm war der Staat ‘Rhodesien’ benannt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die westlich demokratische Staatsauffassung wesentliche Impulse durch freimaurerischen Geist empfangen hat. Manche Staaten bauen buchstäblich auf dem Fundament der Freimaurerei auf. Freimaurerischer Geist wird vor allem in den angelsächsischen Ländern und durch die angelsächsischen Länder in der ganzen Welt wirksam. Der ideale freimaurerische Staat ist derjenige, in dem die Gewalten getrennt sind, sich wechselseitig begrenzen und kontrollieren, so dass niemand absolute Macht ausüben kann. Jede Machtausübung soll innerhalb und aufgrund von Gesetzen erfolgen, die in einem demokratischen Verfahren zustande gekommen sind.

Wenn wir uns auch heute auf staatspolitischem Gebiet nichts besseres vorstellen können als einen demokratischen Rechtsstaat, so wissen wir aus unserer christlichen Sicht eines gewiss: auch er hat nur eine relative, beschränkte Bedeutung. Ob und wie diese – wie auch jede andere – Staatsform funktioniert, hängt vom Geist ab, der durch sie zur Geltung gebracht wird oder gebracht werden kann. Ohne den Geist Christi ist meines Erachtens gerade diese Staatsform nicht dauerhaft lebbar, sie wird zur Farce und oft bald wieder abgeschafft. Die Beter erhalten den Staat, nicht die Gesetze. Rein menschliche Gesetze, Gesetze, die nicht aus dem Geist des Lebens geboren sind, blockieren das Leben, wirken ungerecht, werden umgangen und übertreten, untergraben letztlich das Vertrauen in den Staat. Aufgrund von Gesetzen allein kann niemand leben. Gesetze sind notwendig zur Disziplinierung von Menschen.

 

5.1.4. Überstaatliche Vereinigungen, Weltpolitik

Freimaurer haben sich nicht nur für nationalstaatliche Unabhängigkeit und Rechtsstaatlichkeit, sondern schon bald auch für überstaatliche Vereinigungen eingesetzt. Der deutsche Philosoph und Freimaurer Karl C. F. Krause (1781 1832) zum Beispiel konzipierte die «frühzeitige Form eines Völkerbundes in föderativer Form». (Valmy, S. 55) Auch der französische Publizist Maurice Monier (1877-1931) gilt als ein ‘Vorkämpfer für Völkerversöhnung’. (Oslo, 406) »Der Völkerbund ist keine direkte freimaurerische Gründung, er ist aber eine Institution, die naturnotwendig aus dem Geiste der Loge heraus geboren wurde« (Lerich, S. 39). Der deutsche Staatsmann und Freimaurer Gustav Stresemann (1878-1929) »erregte weltweites grosses Aufsehen mit der unverkennbar freimaurerisch geprägten Antrittsrede vor dem Völkerbund.» (Oslo S. 409) Der erste Vorsitzende des Völkerbundrates war der damalige französische Ministerpräsident und Freimaurer Léon Victor Auguste Bourgeois (1851-1925). (Oslo, S. 397)

Der Völkerverständigung   unabhängig und trotz jeder Sprachverwirrung sollte auch die Schaffung einer neuen, künstlichen Weltsprache dienen.

Der Erfinder des Esperanto, der Deutsche Ludwig Lazarus Zamenhof (1859 1917) war Freimaurer. Der im Jahre 1913 unter anderen vom Schweizer Theologieprofessor Quartier la Tente mitgegründete freimaurerische ‘Weltbund’ erklärte das Esperanto zur ‘Weltsprache’. (Wichtl, 1919, S.6)

Von freimaurerischem Ursprung und Geist ist auch die Paneuropa Bewegung. Der Begründer der Paneuropa Bewegung, der Freimaurer Richard Niklaus Graf v. Coudenhove   Kalerghi (1894 1972), vertrat das Ziel eines europäischen Staatenbundes. Er war auch Generalsekretär der von ihm begründeten ‘Europäischen Parlamentarier Union’. Zur Zeit des Nationalsozialismus trat er aus der Loge aus, «um den deutschnationalen Angriffen gegen die Paneuropa Bewegung nicht noch zusätzliches Material zu liefern.« (Binder, S. 90)

Moser schreibt unter anderem in seinem Aufsatz über ‘die Freimaurerei und die Satzungen der Vereinten Nationen’: Der Gedanke der Vereinten Nationen (UNO) ist eine freimaurerische Schöpfung und stammt in erster Linie aus den USA. (S. 148) Freimaurer sind vor allem der ‘Charta der Vereinten Nationen’ und der ‘Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte’ zu Gevatter gestanden. Sie atmen ‘freimaurerischen Geist’. «Darüber, dass viele Freimaurer an diesem Werk gearbeitet und sich eingesetzt haben, sind die meisten Freimaurer gar nicht aufgeklärt.« (S.144)

Weltpolitik:

Verschiedene Gruppen und Gesellschaften einflussreicher Persönlichkeiten, die auf höchster Ebene Einfluss auf die Weltpolitik nehmen, sollen mit der Freimaurerei in Verbindung stehen. So unter anderen der Club of Rome, die Trilaterale Kommission, der Council on Foreign Relations (CFR), die ‘Bilderberger’, die Round table Gruppen, die B’nai B’rith sowie engere Kreise um die Familien Rothschild und Rockefeller. Diese informellen Gruppen sollen hierarchisch, wie eine Pyramide, geordnet sein. Eine solche Pyramide ist, zusammen mit dem ‘allsehenden Auge Gottes’ und anderen FM Symbolen, auf der US 1 $ Note abgebildet. Zur Weltfreimaurerei sollen rund 100 Organisationen gehören. Im Zusammenhang mit dem Bestreben nach Völkerverständigung steht auch der Einsatz für den Frieden. Die Zeitschrift ‘Alpina’ (Nr. 12 1986 S. 298) nennt die folgenden Freimaurer, die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden: 1902 Elie Ducommun (1833-1906), 1906 Theodore Roosevelt (1858-1919), 1911 Alfred Hermann Fried (1864-1921), 1913 Henri de la Fontaine (1854-1943), 1920 Léon Victor Auguste Bourgeois (1851-1925), 1926 Gustav Stresemann (1878-1929), 1929 Frank B. Kellogg (1856-1937), 1935 Carl von Ossietzky (1889-1938), 1953 George C. Marshall (1880 1959). Der ‘Marshall Plan’ hat nach dem zweiten Weltkrieg bekanntlich wesentlich zur wirtschaftlichen Erholung Deutschlands und damit Europas beigetragen. In der FM Literatur nicht genannt ist, möglicherweise weil er der Schwedischen Lehrart angehörte: 1930 Nathan Söderblom (1866-1931), Mitbegründer der ökumenischen Bewegung.

5.2. Einfluss in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik

Der Einfluss der Freimaurerei auf die Arbeitsethik in den westlichen, protestantischen Ländern scheint mir ausserordentlich gross aber unabschätzbar zu sein. Die Konzentration auf das Diesseits, auf ‘Taten statt Worte’, und die Pflege eines ‘Kultes der Arbeit’ haben sicher den ‘Geist des Kapitalismus’ stark geprägt. Wirtschaft, Wissenschaft und Technik werden dem Herrschaftsbereich der Kirchen entzogen, verselbständigt und von jeglicher religiösen Auseinandersetzung ‘befreit’, ‘neutralisiert’. Sie sollten ihrerseits Massstab für Sinn, Wahrheit und Erfolg werden. Das Kirchliche, Religiöse wird stark relativiert, aus der Alltagswirklichkeit verbannt, und bekommt seine Geltung höchstens noch am Sonntag Vormittag. Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sind scheinbar ‘wertfrei’, über jede geistige Auseinandersetzung erhaben. Die Hauptaufmerksamkeit gilt nicht nur dem diesseitigen Tun, sondern auch dem Erleben aller Art, dem Beschaffen und Konsumieren von Erlebnissen. Diese heutige Realität atmet wohl eindeutig und deutlich auch den Geist der Freimaurerei.

Die Freimaurerei erhebt denn auch den Anspruch, in dieser Welt der Wirtschaft, Wissenschaft und Technik Orientierung zu ermöglichen. «Die Freimaurerei entwickelt die ethischen Normen, die Wissenschaft und Technik erst zu Werkzeugen des Menschen statt zur Gefahr der Menschlichkeit machen.« (Dazu Ulmer Journ. 1990)

5.2.1. Die Eroberung der Welt

Wir haben gesehen, dass der freimaurerische Arbeitsraum eine diesseitige, dem Menschen zugängliche Welt (bzw. Welten) symbolisiert, in der sich der Mensch nach seinen Massstäben orientiert: Nach Osten und Westen, Norden und Süden, nach Sonne, Mond und Sternen sowie nach anderen Menschen (Meister vom Stuhl) richtet sich der Blick, die Aufmerksamkeit, die Orientierung.

Die folgenden Namen zeigen, dass erstaunlich viele derjenigen, die das Diesseits erobern wollten, Freimaurer waren. Dazu sollen auch die Abenteurer aller Art gezählt werden. Freimaurer waren die Arktisforscher Ronald Amundsen und Robert F. Scott. Der Antarktisforscher Admiral Richard E. Byrd gründete zusammen mit 60 von 85 Teilnehmern einer Expedition 1935 die ‘Antarctic Loge No. 777’ (Itor S. 51). Der Erfinder des Heissluftballons, Jacques Etienne Mongolfier, sowie der Flugpionier Charles August Lindbergh besuchten eine Loge. Von den amerikanischen Astronauten waren die folgenden sicher Freimaurer: L.G. Cooper jun., John H. Glenn, Grissom, Eisele, Aldrin, Stafford, Schirra. (Oslo, S. 401, 405f., Zendralli, S. 22) Eroberer von altertümlichen Schätzen war der bekannte deutsche Altertumsforscher und Kaufmann Heinrich Schliemann (1822-1890), der u.a. Troja entdeckte.

Wesentlich wichtiger und einflussreicher als die realen Abenteurer sind die phantastischen Abenteuer der Helden freimaurerischer Schriftsteller und Filmemacher, auf die wir noch zu sprechen kommen werden (von Goethes Faust und Peter Schlemihl bis z.B. zu Gullivers Reisen, Tom Sawyer und Huckleberry Finn, Sherlock Holmes, Ben Hur, Kipling’s Dschungelkind Mowgly, Micky Maus & Co., die Filmhelden von Charlie Chaplin und viele andere mehr).

5.2.2. Wer steuert die Wirtschaft?

In Verschwörungstheorien erscheinen die Freimaurer oft als die geheimen Drahtzieher des wirtschaftlichen Geschehens. Hitler pflegte in diesem Zusammenhang die Freimaurer in einem Atemzug mit den Juden zu nennen. Aus unserer Sicht sind es natürlich sicher nicht die Freimaurer, die die Welt regieren. Hinter allem Geschehen stehen geistige Mächte, und der Mensch meint höchstens, die wirtschaftlichen Verhältnisse selbst gestalten und kontrollieren zu können.

Ein solcher Versuch, die wirtschaftlichen Beziehungen selbst zu gestalten, sind die sogenannten ‘Service Clubs’ (Rotary, Lions, Kiwanis u.a.m.), von denen die meisten erwiesenermassen mit der Freimaurerei in einem direkten Zusammenhang stehen. Sie gelten auch als ein Missionsfeld der Freimaurerei, indem bei Leuten, die in diesen Klubs noch nicht die wichtigen und richtigen Kontakte haben anknüpfen können, inoffiziell die Erwartung geweckt wird, bei den Freimaurern seien die wirklich einflussreichen ‘Freunde’ zu finden. (S.a. Rothkranz Kath. 1990 49ff.) »1905 rief der Hochgradfreimaurer Paul Harris in Chicago ‘Rotary International’ ins Leben, 1917 folgte in derselben Stadt Melvin Jones mit den ‘Lions International’.« (Ebd. 49).

Böni verteidigt in seinem Artikel ‘Rom und die Rotarier’ die Rotarier vehement gegen einen ‘Erlass der katholischen Kirche gegen die Rotarier’. Er schreibt: «Freimaurer standen an der Wiege des Rotary-Klubs.» (S. 66) Und es gibt «eine grosse Zahl von Rotariern, die zugleich Freimaurer sind.» (S. 67) Die Rotarier haben ähnliche Ideale wie die Freimaurer. Im Gegensatz zu den Freimaurern ist aber die ‘Erweiterung des Bekanntenkreises’ ausdrückliches Ziel. Beiden gemeinsam ist das Bekenntnis zu einem allgemeinen Menschentum   unabhängig von Konfession, Religion und Parteizugehörigkeit sowie das Bestreben ‘hitzige’ geistige Auseinandersetzungen zu vermeiden. »Politische und religiöse Gespräche von Partei gegen Partei oder Religion gegen Religion werden bei ihnen ebensowenig wie in unseren Logen gehalten.« (S. 66) Ähnliches kann von den Mitgliedern des Lions Club (Liberty Intelligence Our Nations Safety) gesagt werden: Viele Lions sind zugleich Freimaurer (Rothkrantz S. 51). Melvin Jones (1880 1961), der Gründer des Lions Club, »war Mitglied der ‘Garden City Lodge No. 141’ in Chicago« (Oslo, 404). Älter und heute wohl weniger einflussreich ist der 1803 in London gegründete Odd Fellow Orden, der noch direkter und offizieller mit der Freimaurerei verbunden ist. Dieser wollte (und will) eine ‘Pflanzstätte der Menschlichkeit und der Wohltätigkeit’ sein (Brodbeck, 79).

Von den in der Wirtschaft wirklich massgebenden Personen und Firmengründern scheinen mir relativ wenige Freimaurer gewesen zu sein, bzw. zu sein. In der freimaurerischen Literatur werden die folgenden Firmengründer und Unternehmer genannt (S. Oslo, S. 393ff., Zendralli S. 22, Itor S. 67ff.): Henry Ford (Autos), Charles C. Hilton (Hotels), John Jacob Astor (Hotels), Frank G. Hoover (Staubsauger), George Mortimer Pullman (Eisenbahn-Schlafwagen), Samuel Colt (Feuerwaffen), Pierre Samuel du Pont de Nemours (Chemie u.a.m.), Eberhard Faber (Schreibmaterial), King Camp Gillette (Rasierapparate), Anton Philipp Reclam (Verleger). Die Rothschilds sollen seit 1809 den deutschen, französischen und englischen Logen angehören. (Wichtl,1909, 61) In der Schweiz sind Jakob Rieter (Spinnereimaschinen) und Philippe Suchard (Schokolade) zu nennen.

Auch unter den wissenschaftlichen Ökonomen scheint es relativ wenige Freimaurer zu geben. Bekannt ist, dass der deutsche Volkswirt Friedrich List (1789-1846) Freimaurer war. (Deiters S. 202)

5.2.3. ‘Humane’ Wissenschaft und Technik

In der freimaurerischen Literatur werden auch sehr wenige Wissenschaftler und Techniker genannt, die Freimaurer waren oder sind. Erwähnenswert sind: Alexander Fleming, der Entdecker des Penicillins, der Zoologe Alfred Edmund Brehm (‘Brehms Tierleben’), der Physiker Albert Abraham Michelson sowie verschiedene Ärzte. Der grösste Teil der von Itor in dieser Rubrik genannten Personen sind Ärzte. (Itor S. 68) Von den Ärzten seien erwähnt: Christoph Wilhelm von Hufeland (1762-1836), Charles Richet (1850-1935), der 1913 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Auffallend ist der relativ grosse Anteil der ‘Alternativ Mediziner’: Freimaurer war der Arzt und Magnetiseur Anton Mesmer (1734-1815), «der Begründer des Mesmerismus, des animalischen Magnetismus und anderer Heilmethoden jenseits der Schulmedizin.« (Itor S. 41) Der Begründer der Homöopathie, Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755-1843) war ebenfalls Freimaurer. (Oslo S. 402) Zu den Freimaurern gehörte auch der englische Arzt Bach, der die heute in esoterischen Kreisen berühmte und beliebte ‘Bach Blüten-Therapie’ entwickelte. Der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung war Sohn und Enkel führender schweizerischer Freimaurer». (Spitzbarth FM 1968 11)

5.3. Einfluss auf die Gesellschaft

Seit der Aufklärung entwickelt sich ein gesellschaftlicher Bereich als eine von Kirche und Staat unabhängige Lebenssphäre. Der Mensch ’emanzipiert’ sich von kirchlicher und staatlicher Bevormundung und organisiert sich sein Gesellschafts  und Privatleben selbst. Er schafft sich seine eigenen Beziehungen und Vereine, wählt sich seine eigene Kirche und Religion aus, er erzieht und bildet sich selbst, er erdenkt und erdichtet sich seine eigenen Welten, und er sorgt für die eigene Unterhaltung. Nicht zuletzt versichert er sich selbst und hilft er sich selbst bei allen Wechselfällen des Lebens. Freimaurer haben bei der Verselbständigung und Ausgestaltung dieses gesellschaftlichen Lebensbereiches wesentlich mitgewirkt. Der Mensch schafft sich die Regeln des Zusammenlebens selbst: Der Verfasser des Werkes ‘Über den Umgang mit Menschen’, Adolph Freiherr von Knigge (1752-1796) war Freimaurer. (Itor FM 1987 20, Oslo FM 1988 404)

5.3.1. Sozietäten und Vereine

Nach Im Hof ist die Freimaurerei ein Teil der ‘umfassenden Sozietäts  oder Gesellschaftsbewegung’, die im 18. Jahrhundert entstand und bis heute nachwirkt. Die wissenschaftlichen Akademien und gelehrten Gesellschaften, die literarischen Gesellschaften und Lesegesellschaften, die gemeinnützigen Gesellschaften, die ökonomisch landwirtschaftlichen Gesellschaften sowie die patriotisch politischen Gesellschaften wirkten als ‘Beförderer von Reform und Aufklärung’. In ihnen wirkte ein humanitär liberal aufgeklärter Geist, der mit dem freimaurerischen Geist eng verwandt war. (Im Hof 1982 168f.) »Ähnlich wie in vielen Sozietäten wurde der internationale Zusammenhang gepflegt. Schliesslich war die Freimaurerei den Sozietäten gleich in der Betonung der Gleichheit innerhalb der Gesellschaft. Adelige und Bürgerschaft fanden sich hier auf gleichem Fuss als ‘Brüder’ einem höheren Ideal, dem Tempelbau, unterstellt.« (Ebd. 169) Sozietäten wie Freimaurer pflegten zudem die Geselligkeit und die Gemeinschaft, was auch für die heute blühenden Vereine gilt, die ebenfalls eine gemeinsame menschliche Aktivität (Turnen, Schiessen, Wandern, Kegeln, Singen etc.) verbindet. (S.11) Die Gesellschaften standen miteinander in Beziehung, und es gab stets viele Doppel- und Mehrfachmitglieder. »Darum finden wir Freimaurer stets und oft führend in verschiedenen Sozietäten. Man war oft nicht nur Mitglied einer Loge, sondern auch der lokalen gemeinnützigen, literarischen oder wissenschaftlichen Gesellschaft.» (S. 13) »Zum Beispiel sind in der Helvetischen Gesellschaft mindestens 22 Freimaurer nachweisbar, darunter drei Präsidenten der Gesellschaft.« (S. 168)

5.3.2. Schule, Erziehung, Pfadfinderbewegung

Wir haben bereits gesehen, dass die ‘Selbsterziehung’ und die ‘Beförderung des sittlichen Lebens’ zu den Hauptanliegen der Freimaurer gehören. Die ‘Erziehung des Menschengeschlechtes’ (Lessing) soll vor keiner Kategorie von Menschen Halt machen. Stets waren wohl viele Erzieher und Lehrer Freimaurer. Der Schweizer Pädagoge Heinrich Pestalozzi war nicht Freimaurer, aber Illuminat. Der Orden der Illuminaten war mit der Freimaurerei geistig und personell eng verbunden (Im Hof, 1982 169). Sie wollten politisch aktiver … und «klarer als die Freimaurerei, für Aufklärung und Moral wirksam sein … Pestalozzi – eines der wenigen Schweizer Mitglieder – hatte den Namen ‘Alfred’.« (Ebd. 170)

Die internationale Pfadfinderbewegung ist eindeutig auf freimaurerischem Boden entstanden und gewachsen. «Das Pfadfindertum ist freimaurerischen Ursprungs. Sein Gründer, Sir Baden Powell, war ein bedeutender Freimaurer.» (Mellor,1985, 513) Für Rothkrantz ist die «internationale Pfadfinderkonföderation nachweislich ein Logeninstrument.« (S.a. Zendralli, S. 22)

5.3.3. Wohltätigkeit und Religion

Wir haben gesehen, dass die Freimaurerei eine sittliche Bewegung sein will, die Nächstenliebe nicht nur predigt, sondern auch praktiziert. Ihre ‘Religion’ ist die sittliche Tat   nicht nur den Brüdern, sondern auch den ‘Profanen’ gegenüber. «Da alle Freimaurer Brüder sind, müssen sie einander helfen und sich gegenseitig Beistand leisten, wenn dies notwendig ist. Das ist ein Grundsatz, den fast sämtliche Obödienzien mit fast den gleichen Worten in ihren Statuten und Gelöbnissen formulieren. Die elementarste Form der Anwendung diese Prinzips ist die freimaurerische Wohltätigkeit. Jede Loge der französischen Obödienzien besitzt ihren Bruder Almosenier, dessen Kasse getrennt von jener des Bruders Kassiers geführt wird, und jede Obödienz hat ihren Gross Almosenier… Es gibt darüberhinaus Waisenhäuser und Spitäler, die von Freimaurern unterhalten werden, und das Wohltätigkeitsbudget vor allem der angelsächsischen Freimaurerei ist gewaltig.» (Mellor, Wiss., 1985, 442) Die Freimaurerei bot eine Form von Sozialversicherung an, was besonders zu Zeiten, als es noch keine staatliche Sozialversicherung gab, ein wichtiger Grund für ihre Attraktivität gewesen sein mochte. Der Freimaurer fühlte sich durch die Solidarität der Brüder gegen die Wechselfälle des Lebens wie Krankheit, Unfall etc. versichert. (S.a. Im Hof, 165, 168) In der Schweiz «ist z.B. der ‘Verein zur Verbreitung guter Schriften’ eine Freimaurer Gründung. Ebenso sind es verschiedene Brockenhäuser, Wohltätigkeitsvereinigungen, Altersheime, Armen  und Krankenkassen usw.« (Von Ins FM 1974, S. 29)

Freimaurerischer Geist weht wohl durch weitere, auch internationale, Wohltätigkeits  und Hilforganisationen der verschiedensten Art. So zum Beispiel entstand das ‘erste Pestalozzi Kinderdorf Europas’ in Trogen zur Zeit, als der Trogener Pfarrer J. Böni Grossmeister der Schweizer Grossloge ‘Alpina’ war (1942 1947). (S. dazu einen Bericht in: Alpina Nr. 5, 1946, S. 137ff.) Nach Deiters (Wiss. 1963 202) und Naudon (Wiss. 1982 146, 234) war der Gründer des Roten Kreuzes Henri Dunant (1828 1910) ein Freimaurer. In der freimaurerischen Literatur selbst wird er jedoch nicht aufgeführt. (Nach Dr. Gabriel Mützenberg hat man bis heute kein Dokument gefunden, das die Zugehörigkeit Dunants zu einer Freimaurerloge beweisen würde).

 Böni empfiehlt in seinem Aufsatz ‘Moralische Aufrüstung und Freimaurerei’ seinen Brüdern, bei der Moralischen Aufrüstung mitzumachen. Es bestünde eine ‘Geistesverwandtschaft’, und es gebe viele Berührungspunkte. »Beide verfolgen das Ziel einer besseren Menschheit, und beide stehen ausserhalb des konfessionellen Streites. Wir können viele weitere Berührungspunkte finden, wenn wir auf die Grundsätze schauen.» (S. 9)

Oekumene: Der Geist der Oekumene steht dem der Freimaurerei sehr nahe. Der Mitbegründer der ökumenischen Bewegung Nathan Söderblom (1866-1931) soll Hochgradfreimaurer gewesen sein, ebenso Willem Adolph Visser’t Hooft, der 1948-1966 Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen war. Carl Friedrich von Weizsäcker soll Hochgradfreimaurer des 33. Grades sein. (Fundamentum 3/88 S. 99.)

Noch eine Bemerkung zum Thema Religion: Eine Zeitschrift der amerikanischen Freimaurer trägt den Titel ‘The New Age’. (Mellor, 1985, 93) Die zum ‘Lucis Trust’ in Genf gehörende ‘Arkanschule’ soll von Freimaurern geleitet sein und sich als ‘magnetisches Zentrum’ der Freimaurerei betrachten. (Rothkrantz, Kath. 1990, 55)

5.3.4. Philosophen, Dichter, Schriftsteller

Auffallend viele bekannte Philosophen, Schriftsteller und Dichter waren Freimaurer. Bekannt ist die Mitgliedschaft bei den deutschen Idealisten und Klassikern wie J.W. Goethe, G.E. Lessing, J.G. Herder, J.G. Fichte, C.M. Wieland, E.v. Kleist, F.G. Klopstock, Matthias Claudius. Dazu kommen Autoren wie Adalbert von Chamisso, Heinrich Heine, Georg Büchner, G.A. Bürger, Friedrich Rückert, Johann Heinrich Voss, Ferdinand Freiligrath, Felix Salten, Kurt Tucholsky. (Deiters S. 201f., Naudon 124ff., Oslo S. 393ff., Valmy S. 58, 183, Zendralli S. 22) Im französischen Sprachbereich sind neben den genannten Montesquieu und Voltaire zu erwähnen: Alexandre Dumas, Stendhal (Henry Beyle), Victor Hugo. (Oslo S. 399, Deiters S. 202) Freimaurer war auch der russische Dichter A.S. Puschkin. (Oslo S. 407) Aus dem angelsächsischen Kulturbereich sind zu nennen: Sir Arthur Conan Doyle, Robert Burns, Walter L. Scott, Jonathan Swift, Oscar Wilde, Laurence Sterne, Rudyard Kipling, Mark Twain, Lewis Wallace. (Oslo S. 399ff., Zendralli S. 22)

5.3.5. Unterhalter; Musiker und andere Künstler

Sehr viele bekannte Musiker, nicht nur Klassiker, sondern zum Beispiel auch Jazz Musiker, waren Freimaurer. Folgende Namen sind bekannt: Johann Nepomuk Hummel, Leopold Mozart, Wolfgang Amadeus Mozart (Die ‘Zauberflöte’ gilt als das klassische Werk der Freimaurerei.), Franz Joseph Haydn, Jean Sibelius, Giacomo Puccini, Jean Philippe Rameau, Johann Christian Bach, Gustav Albert Lorzing. Louis Spohr, Giacomo Meyerbeer, Franz Liszt, George Gershwin, Duke Ellington. (Oslo S. 399ff., Naudon S. 136, Zendralli S. 22)

In der amerikanischen Film  und Unterhaltungsbranche sind die Freimaurer auffallend stark vertreten. So gehörten zu den ersten und bedeutendsten amerikanischen Filmproduzenten die Freimaurer Cecil B. de Mille und Jack M. Warner. Logenmitglieder waren auch die folgenden US Filmschauspieler und Komiker: Oliver Hardy, Harold Lloyd, Red Skelton, Clark Gable. Einen unschätzbar grossen, weltweiten Einfluss übten die Filmproduzenten und Künstler Walt Disney (1901 1966) und Charles S. Chaplin (1889-1977) aus. (Itor S. 68, Oslo 401 ff.)

Die amerikanischen Zirkuskönige ‘The Ringling Brothers’ waren Freimaurer, ebenso der zu seiner Zeit bekannte Schweizer Clown Adrian Wettach (‘Grock’).

5.3.6. Zusammenfassung

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Wirkung der Freimaurerei im gesellschaftlichen und durch den gesellschaftlichen Bereich aussergewöhnlich gross war und ist. Dabei geht es nicht nur um die vielen berühmten Namen, sondern auch um die unzählbaren ‘Maurer ohne Schurz’, die in Kunst, Literatur, Film und Medien für das Wohl der Menschheit zu wirken suchen. Die Helden dieser Werke sind oftmals Suchende, Heimatlose, Abenteurer, Einzelgänger, Kinder oder auch Tiere, denen die wirkliche Welt der ‘Etablierten’, scheinbar ‘Wissenden’, der ‘Erwachsenen’ bzw. der ‘Menschen’ ‘unmenschlich’, ‘borniert’ und ‘einfältig’ vorkommt. Die tatsächliche Welt entspricht nie den humanistischen Idealen, darum gibt es scheinbar noch viel an sich zu arbeiten und noch vieles in der Welt zu verbessern. Demgegenüber können wir in der Annahme der Absolutheit Jesu Christi die Relativität von allem Menschlichen erkennen und akzeptieren. Wir brauchen uns damit nicht mehr an Menschen zu orientieren und Hilfe primär von Menschen zu erwarten, deren sämtliche Vermögen in jeder Beziehung beschränkt sind. Durch die Annahme unserer Grenzen erfahren wir seine Kraft und Führung und müssen das Gute nicht mehr aus eigener Kraft vollbringen.

 

6. Christus aus freimaurerischer Sicht

In diesem Kapitel soll kurz dargestellt werden, wie aus freimaurerischer Sicht das Christentum, Gott und Jesus Christus betrachtet und behandelt werden. Anschliessend folgen Bemerkungen über Zusammenhänge zwischen Freimaurerei und liberaler protestantischer Theologie.

6.1. Das Christentum aus FM Sicht

Wir haben gesehen, dass eine wesentliche geistige Wurzel der Freimaurerei die Enttäuschung über das Christentum ist. Wegen der »schweren Glaubenskämpfe, welche ganz Europa erschütterten, … war innerhalb der Logenmauern jedes Gespräch über religiöse Themen nicht nur verpönt, sondern verboten.« (Lagutt. S. 120) Für manchen Freimaurer ist die Freimaurerei ein «Ersatz für seinen verlorengegangenen christlichen Glauben und Kult« (Keller FM 1941 262) Die Freimaurerei versucht also, die geistigen Auseinandersetzungen, die im Verlauf der abendländischen Geschichte zweifellos nicht immer im Sinne Christi ausgetragen wurden, zu vermeiden und an deren Stelle das Schweigen zu setzen. Die Diskussionen vor allem über den Absolutheitsanspruch Christi werden abgestellt; dem Wort wird die Spitze, dem Schwert die Schärfe, dem Salz die Würze genommen. Somit erhebt sich die Freimaurerei über das Christentum, erklärt das Christentum zu einer ~Religion~, zu einer Religion unter anderen, die ebenfalls ihre Existenzberechtigung haben. Die Freimaurerei erhebt sich über alle Religionen, erklärt sich zum Richter über die Religionen und erklärt alle als gleichwertig. Keiner kommt absolute Wahrheit zu, ihr relativer Wert soll anhand der praktischen Früchte für die Welt und den Menschen gemessen werden. (vgl. Lessings Ringparabel) Aus der Sicht der Freimaurerei hat das Christentum nur eine bedingte, relative Bedeutung. Die Freimaurerei stellt sich darüber. Sie hat das Christentum vermeintlicherweise überwunden. Im Schottischen Ritus, in dem symbolisch die Menschheitsgeschichte durchwandert wird, erscheint das Christentum als eine vorübergehende Entwicklungsperiode, die durch die aufgeklärt freiheitliche Zeit abgelöst und überholt wird.

Gleichzeitig wollen die Freimaurer das Beste des Christentums erhalten, schützen und der Nachwelt weitergeben. (Keller FM 1941 262f) Dabei geht es nicht nur um die religiösen Schriften, Liturgien und Gesänge, sondern auch um die «wundervollen Kirchenbauten», den «unermesslichen Reichtum des künstlerischen Schmuckes«. Das christliche Erbe wird also gewissermassen unter menschlichen Denkmalschutz gestellt. Die Freimaurerei sieht sich als Verwalterin des Erbes.

Im übrigen wird meines Erachtens der Eindruck erweckt, als stehe dieses Erbe jedem Menschen frei zur Verfügung, wie wenn der Mensch das Verfügungsrecht über dieses Erbe hätte. Die Schrift und alles andere, was früher Christen heilig war, wird zum »Selbstbedienungsladen», zum «Ausbeutungsobjekt». Jedes Individuum kann sich scheinbar »frei« bedienen und das Gefundene für seine persönlichen Interessen gebrauchen. Das Christentum wird also von der Freimaurerei beschlagnahmt, integriert und von »oben herab« behandelt. Sie spielt sich zum Hüter aller Religionen auf und legt es ihren Mitgliedern nahe, ihren «religiösen Pflichten» nachzukommen.

6.2. Gott aus FM Sicht

6.2. 1. Individuell verschiedene Gottesvorstellungen:

Die Freimaurerei will sich nicht auf ein eindeutig fixiertes Gottesbild festlegen lassen und wehrt sich gegen jede Art von Dogmatik. »Bekenner jeder Religion ohne Unterschie« werden aufgenommen. (Seydel FM 1862 11) Nicht das Finden und Kennen, sondern das Suchen Gottes ist wichtig. »Wer immer strebend sich bemüht … » «Dem Freimaurerbunde gehört eine grosse Zahl von Menschen an, die dem Heere der Zweifler und der Sucher zuzuzählen sind.« (Lagutt FM 1958 115)

Die Freimaurerei verlangt einen Gottesglauben (mit Ausnahme des »Grand Orient de France«), aber kein Glaubensbekenntnis. «Einer der fundamentalen Grundsätze der Maurerei sagt eindeutig, dass ein Mann ohne Gottesglauben nie ein echter Maurer werden könne … Irgend ein Credo, ein Glaubensbekenntnis im Sinne der Kirchen wird nicht verlangt … Wie der Einzelne sein Verhältnis zur Gottheit gestaltet, ist und bleibt ureigenste, persönliche Angelegenheit. Ob er als frommer Christ dem Weltganzen eine dreifaltige Gottheit zugrunde legt, ob einer im Sinne des Judentums in der Gottheit den alttestamentlichen ‘Herrn der Welt’ erkennt, ob er als Moslim Allah seine Verehrung zollt, als Hindu seinen Gottheiten, bleibt jedem unbenommen.» (Lagutt S. 105)

Also kann gesagt werden, dass die Freimaurerei Gott relativiert, individuellem Belieben unterstellt. Nicht Gott erschafft und erwählt sich die Menschen, sondern der Mensch wählt sich seine Götter aus. Jeder kann seinen persönlichen Gott haben. Es ist nicht ein gemeinsames Gottesbild, das die Freimaurer vereinigt, sondern das Fehlen eines gemeinsamen Gottesbildes. »Damit jeder genügend ‘Raum’ hat, musste das Bild der Gottheit … eine solche Ausweitung erfahren.« (Lagutt S. 108)

6.2.2. Gott als Geheimnis und individuelles Erlebnis:

Das inhaltliche Offenlassen des Gottesbildes entspreche dem biblischen Bilderverbot, meint Lagutt (S. 108), und schaffe die Basis, »die es erlaubt, sich rein menschlich gegenüberzustehen,« (S. 109) Wer und was Gott ist, das kann der Mensch niemals ergründen. Gott ist und bleibt ein Geheimnis, das nicht intellektuell erfasst, wohl aber individuell erfahren werden kann. «Der Gott der Theologen ist ein ersonnener und erklügelter, eine gedankliche Abstraktion, ohne die lebendige Kraft des Erlebnisses. Mit dem Intellekt, mit einer Wissenschaft ist Gottjedoch nicht zu fassen. Er wird auf diese Weise verkleinert und in ein Schema, eben in ein Dogma gepresst … Gott als das grosse Geheimnis kann mit der unzureichenden und unvollkommenen menschlichen Sprache nicht beschrieben, er kann nur in Bildern und Symbolen dargestellt werden. Da Gott der grossen Menge nicht fassbar ist, sind die meisten Mystiker Einsame und Schweiger. Sie schweigen über ihr Gotteserleben und teilen sich esoterisch nur einigen wenigen auserwählten Schülern mit.» (Zuber FM 1975 181) (Also: Worte scheinen gegen das Bilderverbot zu verstossen, eigentliche Bilder und Symbole aber nicht.   Mehr zum Thema «Gotteserfahrung und Innerlichkeit« in Pt.6.2.4.) Es ist hier also wiederum deutlich, dass das Erleben über das Wort gestellt wird, entsprechend auch der Tradition der Mysterienkulte (Pt.1.4.2.). Die Priorität, die Vorrangigkeit macht den Unterschied aus: Christen, die dem Wort vertrauen, haben auch Erlebnisse. Aber sie orientieren sich nicht anhand von Erlebnissen. Demgegenüber sind Gespräche für denjenigen, der Erlebnisse sucht, zweitrangig, ja oft störend.

6.2.3. Gott als Person:

Obwohl Gott in der Freimaurerei »das grosse Geheimnis« ist, und sich jeder sein eigenes Gottesbild machen und seine individuellen Gotteserfahrungen haben kann, besteht meines Erachtens in der freimaurerischen Literatur weitgehend immerhin über eines Einigkeit: Gott ist eine Person. Und es gibt diese Person. «In der freimaurerischen Formel: ‘Im Namen des allmächtigen Baumeisters der Welten, der unendlichen Schöpfer  und Erhalterkraft des Alls …’ kommt die Auffassung eines persönlichen Gottes zum Ausdruck … Die Meinung, die Freimaurerei vertrete Pantheismus, Deismus, Agnostizismus, Atheismus, Materialismus usw., ist falsch.« (Lagutt FM 1958 109) Der einzelne Freimaurer mag zwar für sich eine solche Auffassung vertreten (Ebd. 109), doch der allen gemeinsame Nenner kann als theistisch bezeichnet werden. «Der Theismus ist die religiöse oder philosophische Lehre von der Existenz eines überweltlichen, allmächtigen und persönlichen Gottwesens, welches die Welt erschaffen hat, regiert und erhält. Er tritt als Monotheismus und als Polytheismus auf.« (Ebd. 109) Schenkel, 1926, 170) bezeichnet die Freimaurerei als »theistischen Idealismus». In den Gebeten der Zürcher Loge »Modestia cum Libertate« kommt »die theistische Gottesidee« zum Ausdruck. (Zuber FM 1975 184)

6.2.4. Gotteserfahrung durch Innerlichkeit:

Gott kann nach freimaurerischer Auffassung prinzipiell immer und durch jedermann »erfahren« werden. «Es hat aber zu jeder Zeit Menschen gegeben, die in diesem innigen Kontakt mit Gott gestanden haben. Sie haben Gott gesehen; sie werden deshalb ‘Seher’ genannt … Wie diese Propheten in Visionen und Auditionen erfahren die Mystiker Gott als lebendige Realität in geistiger Schau und letztlich das Erlebnis der Einheit des eigenen Seelengrundes mit dem unendlichen Gott, die ‘unio mystica’. Dieses Gotteserlebnis ist bei allen Völkern und zu allen Zeiten gleich.« (Zuber, FM 1975 181) Auch durch das Gewissen können wir nach freimaurerischer Auffassung Gott erfahren: »Das Gewissen ist unser einziges Wissen. Es weiss und ist die Wahrheit. Eine andere Wahrheit ist nirgends zu finden … Das Gewissen ist nie ein fertiger Besitz, sondern eine Aufgabe, an der wir zu arbeiten haben … Das Gewissen, gleichsam eingebaut in die menschliche Seele, ermöglicht uns, Gott im eigenen Innern zu erleben.« (Ebd. 182)

»Wir sind nicht bereit, an einen Gott zu glauben, der irgendwo in einem fernen Himmel weilt, von wo aus er die Menschen leitet, prüft, belohnt oder bestraft, ihre Bitten erhört   oder auch nicht. Wir sind auch nicht gern bereit, uns als Sünder vorzukommen, die durch eine vor zweitausend Jahren geschehene, uns schwer verständliche Erlösertat errettel worden sind. Wir wären aber bereit, uns einen Weg zeigen zu lassen, der ohne die Zuhilfenahme künstlicher Mittel zum Erfahren Gottes im eigenen Inneren führt. Dieser Weg ist das Gebet, oder eher das, was man Meditation nennt. Es ist nicht ein Bitten um Dinge, sondern vielmehr ein Lauschen, ein Erfühlen der Gegenwart Gottes im Inneren.« (Ebd. 183)

Noch ein letztes Zitat zur Verdeutlichung: »Es wäre gut, wenn die Vorstellung von ‘Gott im Himmel’ einer neuen Platz machen würde. Gott würde nicht ferner gerückt, sondern näher, wenn der Mensch ihn als das Leben oder den Geist begreift, der das ganze Universum durchströmt und erhält und der auch im eigenen Inneren erlebt werden kann als Liebe und Kraft. So erlebt der Mensch nicht nur Gott in seiner Fülle und Unendlichkeit, sondern er fühlt sich auch durchdrungen von der Ewigkeit des Kosmischen. Er empfindet sich als Teil des Ganzen, in welchem er aufgeht.« (Ebd. 183)

6.2.5. Wer ist der «Allmächtige Baumeister aller Welten» ?

Die obigen kurzen Ausführungen zum freimaurerischen Gottesverständnis zeigen, dass es wesentliche Unterschiede zu demjenigen Gott gibt, der uns in der Bibel als »Vater« bezeugt ist:

Der biblische Vater Gott will uns auf Schritt und Tritt klar machen, dass es nicht völlig egal ist, an welchen Gott wir glauben. Aus biblischer Sicht gibt es «richtige» und »falsche« Gottesvorstellungen. Es gibt unendlich viele falsche «Götter« und einen wahren Gott. Die falschen Götter bzw. Gottesbilder führen uns ins Verderben, in die Dunkelheit, in den Tod. Der biblische Gott verspricht uns das Leben, wenn wir die anderen Götter aufgeben und zu ihm zurückkehren. Und er warnt uns davor, ihn nicht ernst zu nehmen. Natürlich sind diese Warnungen nicht bequem, sie klingen nicht immer »human«, und sie kränken unsere Eitelkeit. Aber wenn sie dennoch ernst zu nehmen sind, wenn sie letztlich dennoch gut gemeint sind? Aus biblischer Sicht ist auch das Böse eine personale geistige Macht, und das irdische Geschehen ist Ausdruck von Auseinandersetzungen in der geistigen Welt. Als »Aufgeklärte» haben wir gelernt, dass nur Vorgestrige an die Existenz eines Satans glauben. Wenn es nun aber trotz aller Aufklärung doch einen gibt, wenn gut und böse nicht bloss zwei ewig «widerstreitende Naturen innerhalb des Menschen« (Schenkel S. 163) sind? In der Freimaurerei ist dies ausgeschlossen. Alle Gottesvorstellungen sind gleich, jeder kann sich seinen Gott frei wählen, es kommt nicht so darauf an, woran wir glauben. Aus biblischer Sicht kommt es darauf an. Es sind nicht alle Götter und Gottesvorstellungen gleich, wir sollen lernen, gute und schlechte nicht miteinander zu vermengen, sondern voneinander zu unterscheiden. Zur Entwicklung des geistigen Beurteilungsvermögens nicht zuletzt bezüglich der Götter und Gottesvorstellungen braucht es eine geistige Auseinandersetzung. Diese ist in den Logen verboten. Sie findet nicht statt.

Aus biblischer Sicht ist Gott auch kein «Geheimnis», sondern er gibt sich uns zu erkennen. Der biblische Gott ergreift seinerseits die Initiative und offenbart sich uns in seinem Wort. Der biblische Gott ist wie der freimaurerische eine Person, aber keine beliebige Person, sondern eine identifizierbare Person, eine Person mit Namen. Der freimaurerische Allmächtige Baumeister aller Welten (,»ABaW») ist nicht identifizierbar. Er hat keinen konkreten Namen.

Der biblische Gott kann nicht in erster Linie durch Innerlichkeit und Gewissensbildung wahrgenommen und kennengelernt werden, sondern hauptsächlich durch sein Wort. Die verbale Kommunikation ist zentral. Den biblischen Gott erreicht, wer ihn und sein Wort ernst nimmt, ihm vertraut. Sein Wort gilt ewig. Wort gläubige Christen sind nicht untätig, haben auch Erlebnisse und Gefühle, doch sie orientieren sich nicht daran. Taten, Erlebnisse und Gefühle sind zweitrangig. Zwischen dem ABAW und den Freimaurern besteht ein Arbeitsverhältnis, zwischen dem biblischen Gott und denen, die ihm vertrauen, ein Familienverhältnis. Der Freimaurer »geht in den ewigen Osten ein, wofern der dreifach grosse Weltbaumeister, Gott der Allgütige, mit seiner Arbeit zufrieden gewesen ist.« (Bloch Suhr FM zit. in Nielsen Prot.bibl. 1882 64) Demgegenüber ist nicht unsere Leistung, sondern Jesus Christus der Weg zum biblischen Gott, nicht Werke, sondern Glaube und Gnade.

Aufgrund solcher und anderer Unterschiede kommen hauptsächlich konservativ katholische Autoren zum Schluss: Der ABAW ist in Wirklichkeit der Teufel. Die Freimaurerei ist nichts anderes als die »Synagoge Satans«. (Baum Kath. 1975 2) Das Werk von Baum (1975) trägt den Titel: »Freimaurerischer Satanismus heute«. Adler betitelt die Freimaurer als «die Söhne der Finsternis« (1975, 1982, 1983). Aber auch nach van Dam (Prot.bibl.) entpuppt sich die Freimaurerei letztlich als Satanismus. Die zwei Säulen »J« und »B« (Jachin und Boas) würden auch als Jahwe und Baal gedeutet; die »Weisheit« des (späten) Salomo hätte darin bestanden, dass er beide vereinen wollte. In den obersten Hochgraden werde der ABAW »Jabulon« genannt, was eine Art Antitrinität bedeute, die aus den Namen Jahwe, Baal und Osiris gebildet worden sei.

Wie dem auch sei: Ich wäre vorsichtig mit der Aussage, dass der ABAW der Teufel ist, denn tatsächlich wissen wir es ja nicht. Der Geist der Freimaurerei hat sich der Menschheit (noch) nicht persönlich und mit Namen vorgestellt. Somit wissen wir nicht, ob es ihn gibt und ob er mehr ist, als bloss ein synkretistisches Hirngespinst. Sicher gehört er nicht zum Reich des biblischen Gottes. Aber es könnte statt des Teufels auch einer seiner »Fürsten« sein, der die Freimaurerei inszeniert hat. Zudem sind meines Erachtens sicher die allerwenigsten Freimaurer wirkliche Satanisten im eigentlichen Sinn. Sie sind nicht die (bewussten) Täter, sondern die Opfer. So schreibt auch Baum (Kath. 1975, 27): «Die Freimaurer sind … keine Satanisten, sie sind lediglich die zuerst Hereingefallenen des raffiniert getarnten Satanismus.« Sie sind die Opfer des sie am Narrenseil führenden Riesenbetrugs.

Ganz sicher ist eines: Der «Allnlächtige Baumeister aller Welten» ist nicht der gleiche Gott Vater, der sich uns in der Bibel offenbart. Darüber sind sich alle einig: Freimaurer (z. B. Lagutt FM 1958 60) und Christen: »Wer die Schriften der Freimaurer durchliest, dem wird es klar, dass dieser ‘dreifach grosse Baumeister’ wesentlich von dem dreieinigen Gott verschieden ist, an welchen wir Christen glauben.« (Nielsen Prot.bibl. 1882 60)

6.3. Christus aus FM Sicht

Wie das Gottesbild, so wird auch das Jesus Bild in der Freimaurerei auf verschiedene Art relativiert, hauptsächlich subjektiv und historisch: Es gibt über ihn scheinbar kein absolut sicheres Wissen. Jede Person und jede Geschichtsperiode sieht ihn wieder anders.

6.3. 1. Individuelle Christus  Vorstellungen:

»Nun ist freilich gerade das sehr umstritten, was Jesus eigentlich war und was er eigentlich wollte. Bücher … zeigen selbst den Uneingeweihten die ungeheure Schwierigkeit eines objektiven Jesusbildes. Innerhalb der evangelischen Theologie ist die Auffassung der wesentlichen Bedeutung Jesu kaum weniger mannigfaltig, als in den anderen grossen Lebenskreisen. Jeder sieht seine Ideale oder seine Sehnsucht in ihn hinein. Den Liberalen erscheint er liberal, den Orthodoxen erscheint er orthodox, den Kommunisten ist er ein Kommunist und den Anthroposophen erscheint er in anthroposophischem Licht. Aber auch innerhalb des liberal protestantischen Kreises wird sein Bild verschieden gesehen.« (Schenkel Prot.Iib. 1926 154)

Was aus unserer Sicht dieses Zitat kennzeichnet, das ist, dass von Jesus in der Vergangenheitsform gesprochen wird. Die «Freiheit« der Interpretationen basiert auf der stillschweigenden Annahme, dass er tot ist, dass er bloss eine geschichtliche Erscheinung war.

6.3.2. Christus als geschichtlicher Mensch:

Für Lessing (FM 1793, 1976 634) ist es «unstreitig», dass die frühen Christen «keinen solchen Sohn Gottes meinten, welcher mit Gott von gleichem Wesen sei.»

Auch für Bender (FM 1942 214ff) ist Jesus kein Sohn Gottes im biblischen Sinn. Dazu wurde er erst später gemacht. Er schreibt: «Er beanspruchte nicht etwa die Gottessohnschaft allein für sich, wie es später ausgelegt wurde, sondern nannte Söhne Gottes, Kinder Gottes alle, die Gottes Willen aufrichtig zu erfüllen sich bemühen … Vielmehr nannte er sich viel öfter ausdrücklich des Menschen Sohn , wohl eben, weil das Volk ihn immer wieder als Gott verehren wollte, wobei er dann aber immer in die Einöde entwich.» (S. 214f) «Bald wurde die einfache Lehre der Liebe mit einem Glaubensbekenntnis vertauscht, das Christus zu einem Gott statt Menschensohn machte.«

Der Inhalt der Auffassung über Christus und Gott ist nach Schenkel abhängig »von der Stufe der erreichten Menschlichkeit». (S. 159)

6.3.3. Christus als Humanist und Vorbild:

Die meisten Freimaurer sind wohl der Überzeugung, «keinen anderen Geist zu pflegen, als den des grossen Meisters Jesus von Nazareth«. (Schenkel, Bauhofer FM 1975 22)

Christus wird nicht als Gott gesehen, sondern als Humanist und als entsprechendes Vorbild: »Für Jesus handelte es sich ganz wesentlich um den Menschen und die Menschlichkeit. Er hat den Menschen rein als solchen in seinem Verhältnis zu Gott genommen. Er suchte den Menschen hinzuführen auf das Problem seiner Seele, oder, für unser Bewusstsein ausgedrückt, auf das Problem seiner sittlichen Eigenpersönlichkeit. Er hat die Menschen beurteilt nur nach ihrem persönlichen Wert oder Unwert, aber nicht nach Kategorien der Rasse und des Volkstums, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft oder nach ihrer dogmatischen Einstellung … Wer also im Sinne Jesu leben will, muss vorurteilslos jedem Menschen als solchem gegenübertreten und muss bei aller Verankerung im Nationalen und Kirchlichen doch auch über diese Schranken hinwegzusehen vermögen.« (Schenkel S. 157f)

«Dass es Jesus um die Menschlichkeit geht, zeigt das unerreichte Gleichnis vom barmherzigen Samariter … Bei der Frömmigkeit Jesu ist das Charakteristische das unbedingte Vorwiegen der ethischen Gesichtspunkte und damit des humanen Sinnes.« (Ebd. 158) Schenkel will «die innere Verwandtschaft des humanitären Geistes der Freimaurerei mit Jesus auch noch in vielfacher anderer Weise aufzeigen.« (S. 160) Jesus habe in erster Linie Liebe, Nächstenliebe, Menschenliebe gepredigt und vorgelebt, er habe sein »Leben restlos in den Dienst der Menschen» gestellt. Das sei auch das Anliegen der Freimaurerei. «Treue bis in den Tod, wie sie das Lebensende Jesu krönt, ist der Inhalt des Meistergrades.» (S. 1 60f)

Aus dieser Sicht erscheint der Gott des Alten Testamentes als »inhuman», und Jesus habe ihn sozusagen humanisiert, «indem er dem inhumanen Gottesbegriff der pharisäischen Tradition Beispiele aus der Welt edlen Menschentums als Beweis für seine humanere Gottesauffassung entgegenstellte.« (S. 158)

Anstössig ist für Schenkel hauptsächlich die Auffassung, dass der Mensch ein Sünder sein soll, dass die Menschen in Sünder und Gerechte eingeteilt werden, angesichts »der Tatsache, dass Gott Sonne und Regen allen gleichermassen zuteil werden lässt.» (S. 158) Die »pietistische Sündenangst«, die «jede edlere Regung« verspotte, sei »Jesus gänzlich fremd«. (S. 158) Menschenunwürdig ist für Schenkel auch die Vorstellung, dass die ja so »edlen« Menschen eines Tages gerichtet werden sollen. Die »eschatologische Auffassung« sei «praktisch wertlos und inhaltlich anstössig«, meint er. (Ebd. 162) Wer die biblische Sicht Jesu und nicht die humanistische Sicht vertritt, der wird nun seinerseits abgewertet, auf eine niedrigere «Stufe der erreichten Menschlichkeit« versetzt: »Der kirchliche Volksglaube enthält in seiner Gottesvorstellung inhumane Züge als Erbe jüdischen und vorreformatorischen Denkens.» (S. 159)

Schenkels Jesus steht im Gegensatz zur angeblichen »Phantastik der eschatologischen Erlösungsreligion … Er ist die Verkörperung der sittlichen Erlösungsreligion … Da es ihm ganz auf die Echtheit und Lebenswirklichkeit ankam, formulierte er keine abstrakten Begriffe, sondern versuchte, seine geistige Welt in Bildern zu übermitteln … Die Freimaurerei geht den gleichen Weg bewusst, indem sie grundsätzlich auf jede begriffliche Formulierung der eigentlichen Lebensgeheimnisse verzichtet und die Bildersprache für genügend, ja für geeigneter hält.« (S. 155)

Der Abgrund, der zwischen dieser humanistischen und der biblischen Jesus Auffassung besteht, scheint Schenkel nicht bewusst zu sein. Jesus als das »Wort», das «fleischgewordene Wort«, hat zur Verkündigung und eben auch zur Darstellung seiner »Bilder« das Wort gebraucht. Niemals hat er das Schweigen propagiert und das stumme »Erleben» gefördert, sondern stets ein ausgesprochenes Bekenntnis erwartet – nicht für die »Menschlichkeit«, das ist ein abstrakter Begriff, – sondern für sich.

6.3.4. Jesus als «Eingeweihter», «Priester», «Meister»:

Hauptsächlich in der Schwedischen Lehrart der Freimaurerei, aber auch bei anderen freimaurerischen Autoren, erscheint Jesus auch in einem gnostischen Licht. Jesus ist »ganz Mensch» und als solcher »Christusträger«. Dank des «Christusgeistes« wird er »göttlicher Eingeweihter und Priester». (Lagutt FM 1958 44) Bei der Auferweckung des Lazarus werde dies aller Welt deutlich. Jesus vollziehe «öffentlich an Lazarus, was sonst verborgenstes Tempelgeheimnis war.« (Ebd. 44) «Im Johannes Evangelium tritt Jesus in Deutlichkeit als der grosse Initiator, als Eingeweihter im höchsten Sinne auf … In aller Offenheit tritt Jesus als der grosse Eingeweihte, als Hierophant im Sinne der alten Mysterien auf, als er die Auferweckung des Lazarus vollzieht … In Lazarus bricht das Ewige durch … Wo immer im Menschen der Geist, das Ewige, das höhere Selbst durchbricht, oder anders ausgedrückt, der Mensch in seinem strebenden Bemühen sich dem Quell seines wahren Wesens nähert, erlebt er die grosse Auferweckung.   Ist es nun verwunderlich, dass das Johannes Evangelium in der esoterischchristlichen Strömung eine solch zentrale Stellung einnimmt?« (S. 143)

In der schwedischen Lehrart erscheint Jesus als »erster Grossmeister« der Loge. »Der erste Grossmeister der Loge war Jesus; nach Jesus kam Jakobus, und nach dessen Tod traten die Jünger und Verwandten Jesu zusammen und wählten Simeon … Christus trat als Philosoph und Lehrer einer reinen Naturreligion auf.« (Nielsen Prot.bibl. 1882 88 über die Schwedische Lehrart) Nielsen zitiert einen schwedischen Freimaurer Text über das «exoterische» und das »esoterische« Auftreten Christi: «Bei dem exoterischen Vortrage liess er daher manche Vorurteile stehen … Aber bei dem esoterischen Vortrage   im Innern seiner Meisterlogen   um jedoch bloss einen Wink zu geben   trat Jesus z.B. niemals als wahrer und eigentlicher Gott auf, sondern allein als der Grossmeister im Osten, welcher die Menschheit erleuchten, wahre moralische Begriffe verbreiten und uns dereinst die Unsterblichkeit zusichern wollte.« (Ebd. 89) Im schwedischen Lehrsystem wird auch die Ansicht verbreitet, Johannes der Täufer und Jesus seien »Vorsteher des Essäerbundes« gewesen. (Nielsen 1883 22ff) Dieses kurze Stimmungsbild soll hier genügen. Die schwedische Lehrart ist auch unter Freimaurern umstritten (z.B. Schiffmann, 1883 23). Nielsen (1882, 1883) hat die »Pseudo Christlichkeit des schwedischen Systems» (1883 27) ausführlich dargestellt.

6.3.5. Zusammenfassung und Vergleich

Zusammenfassend kann eindeutig gesagt werden: Das Jesus Bild, das die Freimaurerei vermittelt, entspricht nicht dem Jesus Bild der Bibel.

In der Freimaurerei wird Jesus als geschichtlicher Mensch betrachtet, über den sich jeder beliebige Vorstellungen machen kann. Aus biblischer Sicht steht Jesus nicht nur in der Geschichte, sondern auch über der Geschichte. Und die biblischen Aussagen über ihn sind nicht mehrdeutig, sondern eindeutig. Das geht auch aus den Ergebnissen der Bibeiforschung hervor. Sie »zeigen, dass alle Schichten der Evangelienschriften durchdrungen sind von dem einen, übereinstimmenden Bild Jesu: Er ist der Messias und der Sohn Gottes.» (Bruce Prot.bibl. 1976)

Nicht erfüllt haben sich die humanistischen Erwartungen, »dass man durch immer weiteres Zurückgehen auf die ursprünglichsten Schichten der Evangeliumsüberlieferung auf einen rein menschlichen Jesus stossen würde, der nichts weiter lehrte als die Vaterschaft Gottes und die Bruderschaft aller Menschen. Aber das findet sich gerade nicht.« (Ebd. 39)

Freimaurer haben das Gefühl, der Mensch sei von sich aus gerecht und bedürfe der Erlösertat Christi nicht (Zuber FM 1975 183). Aus biblischer Sicht ist wirkliche »Selbsterkenntnis» Einsicht in die eigene Sündhaftigkeit und Verlorenheit. Der Glaube an »das Gute im Menschen« beruht meines Erachtens auf einem Mangel an Lebenserfahrung und Menschenkenntnis.

Freimaurer lehnen die Vorstellung von einem Gott ab, der über Menschen zu Gericht sitzt. Aus biblischer Sicht ist es gerade Jesus Christus, dem die Rolle des Richters über alle vom Vater übertragen wurde. Er ist der Herr aller Welten und Zeiten. Erlösung und Befreiung erfolgt durch die Annahme dieser (biblischen) Tatsache.

Aus freimaurerischer Sicht hingegen ist Jesus Christus tot und lebt nur durch seine Lehre, den symbolischen Gehalt seiner Taten und als ethisches Vorbild weiter. Der biblische Jesus hat keine Lehre angeboten, sondern sich selbst hingegeben; Er hat keine religiösen Erlebnisse vermittelt, sondern «Worte des Lebens« gesprochen; Er hat die Menschen nicht mit ethischen Geboten und Richtlinien belastet, sondern Frieden mit dem lebendigen Gott gestiftet, die Beziehungen zwischen den Lebenden befreit und damit alle Gesetzlichkeit »aufgehoben«.

Der gnostische Jesus Christus ist gespalten in Jesus und Christus, in Mensch und Gott, in Körper, Seele und Geist. Der biblische Jesus Christus ist eine lebendige Einheit von dem allem, die jede bloss menschliche Vorstellungskraft übersteigt.

6.4. Freimaurerei und liberale Theologie

Nach Schenkel besteht zwar kein »bewusstes Bündnis zwischen Freimaurerei und liberaler protestantischer Theologie». Aber es gibt eine »wesenhafte und schicksalhafte Verbundenheit« (S. 3), eine «innere Verwandtschaft« (S. 163) sowie dichte personelle Verflechtungen. (S. 40f.)

6.4. 1. Enge Geistesverwandtschaft zwischen Freimaurerei und liberalem Protestantismus

Schenkel stellt eine weitgehende geistige Übereinstimmung zwischen Freimaurerei und liberalem Protestantismus fest:

»Man wird sagen können, dass im ganzen genommen in der Freimaurerei die Auffassung Jesu, wie sie sich aus der liberalen protestantischen Forschung von den Anfängen der Aufklärung an ergeben hat, schon immer praktisch verwertet ist, allerdings unter selbstverständlicher Ausschaltung der zeitweise hervorgehobenen eschatologischen Auffassung, die praktisch wertlos und inhaltlich anstössig ist. Diese inhaltliche Übereinstimmung hätte die Möglichkeit einer viel stärkeren Verankerung des protestantischen

Liberalismus geboten, wenn nicht die meisten führenden Persönlichkeiten des liberalen Protestantismus des Sinnes für Kultus wie des Sinnes für die Bedeutung festgefügter Organisationen ermangelt hätten. Der liberale Protestantismus hat aus sich selbst heraus feste kirchliche Gemeinschaften kaum zu schaffen vermocht. Besonders stark empfindet man die innere Verwandtschaft, wenn man die freimaurerische Gedankenwelt in Beziehung setzt nicht zum christlichen Dogma, sondern zur protestantischen Ethik. Hier treten die verwandten Züge am deutlichsten hervor. Ich wüsste nicht, welche Unterschiede zwischen dem Pflichtgedanken, dem Berufsgedanken, dem Arbeitsgedanken in der Auffassung der Freimaurerei und diesen Gedanken in einer modernen protestantischen Ethik nachzuweisen wären. Vor allem aber ist es die gleiche Grundeinstellung, nämlich die Ablehnung aller Heteronomie und aller Kasuistik und die zentrale Bedeutung des freien, vor dem ewigen Gott verantwortlichen Gewissens …« (Schenkel S. 162ff)

Hammer (Prot. 1984) meint, die heutige protestantische Theologie sei über die Freimaurerei hinausgewachsen: »Das Gedankengut der Freimaurerei, das im Kontext des 18. Jahrhunderts eindeutig »Fortschritt« bedeutete, aber beim damals behaupteten und erreichten Deismus im wesentlichen stehenblieb, darf für die heutige protestantische Theologie, ganz gleich, wo sie angesiedelt ist, als überwunden gelten.« (S. 27) Eine humanistische, allgemein menschliche Religion »kann ebensowenig befriedigen wie ein von der Botschaft von Sünde und Gnade absehendes freies, edles Menschentum, das sich gnostisch mystisch aus eigener Kraft von Stufe zu Stufe selbst vervollkommnet und dabei doch nur den im engen, für die Aussenstehenden verborgenen Bruderbund vereinigten Brüdern zugute kommt.   Die Einwände der evangelischen Theologie gegen das Gedankengut der Freimaurerei sind im wesentlichen dieselben wie gegen die Aufklärung eines Voltaire und seines Schülers auf dem Preußenthron und gegen den Idealismus der Freimaurer Lessing, Herder, Fichte, Goethe, von Humboldt und von Knigge. Bedeutendere Geister als die genannte Prominenz sind aus dem protestantischen Bereich seither in der Freimaurerei nicht mehr wahrzunehmen. Ihre geheimnisvolle Arbeit im geschlosssenen Tempel wirkt sowohl in der modernen Demokratie wie in einem modernen freien Protestantismus, in denen alle ethischen Postulate und Probleme diskutiert und alle liturgischen Anlässe öffentlich sind, anachronistisch.« (Hammer Prot. 1984 27)

6.4.2. Freimaurerei und Bibelkritik:

Möglicherweise prägt der Geist der Freimaurerei auch die moderne protestantische Theologie doch noch tiefer als Hammer annimmt.

Wir haben gesehen, dass das Wesen der Freimaurerei darin liegt, dass sie dem Wort im weitesten Sinne misstraut und an seine Stelle das Symbol setzt, dass sie alles Jenseitige relativiert und das Diesseitige, dem Menschen durch eigene Anstrengungen Zugängliche, verabsolutiert. Wir haben zudem gesehen, dass Weltbild, Menschenbild, Gottesbild und Jesusbild der Freimaurerei radikal den entsprechenden Aussagen der Bibel entgegenstehen. Die beiden »Realitäten« widersprechen sich, sie schliessen sich aus, sie können nicht beide gleichzeitig wahr sein. Aus freimaurerischer Sicht liegt natürlich der Grund für diese Widersprüche nicht in der Freimaurerei, sondern in der Bibel. Freimaurerei ist darum ihrem Wesen gemäss Bibelkritik. Es kommt mir hier nicht in erster Linie darauf an, festzustellen, wie viele und welche bibelkritischen Theologen Freimaurer waren, Eine solche Untersuchung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und hätte, nicht zuletzt wegen dem geheimen bzw. »diskreten» Charakter der Freimaurerei, eine äusserst relative Bedeutung. Neben den unbekannten Maurern gibt es zudem auch die ungezählten »Maurer ohne Schurz». Darum kommt es in erster Linie auf den Geist an. Und bezüglich des Geistes kann eindeutig gesagt werden: Der Geist der Freimaurerei ist bibelkritisch. Er akzeptiert keine über ihm stehende, absolute Geltung beanspruchende Wahrheit, Person oder Aussage, selbst wenn sie in der Bibel steht. Die Freimaurerei stellt sich über die Bibel, beschlagnahmt die Bibel und unterwirft sie. Die Bibel wird nicht abgelehnt, sondern relativiert, konserviert, in »Schutz« genommen und menschlicher, »wissenschaftlicher» Untersuchung zugänglich gemacht. Plumpe Ablehnung wäre primitiv: In Andersons Konstitution wird der Atheist als »einfältig« bezeichnet. (Zit. in Oslo, S. 379) Die Relativierung ist Ausdruck einer viel raffinierteren, tieferen, dafür äusserst abgründigen Feindschaft.«

Die Reformatoren konnten das in der Bibel bezeugte Wort Gottes als wichtigste, »heiligste» Waffe der geballten Macht des etablierten Katholizismus entgegensetzen. Ab 1717 beginnen protestantische Theologen, diese «heilige Kuh« der eigenen Herkunft zu zerlegen, in einen rein menschlichen Zusammenhang zu stellen und allenfalls auch auf ein menschliches Podest zu heben. Im folgenden sei kurz auf die Freimaurer und protestantischen Theologen Gotthold Ephraim Lessing (1729 1781) und Johann Gottfried von Herder(1744 1803) eingegangen, die einen wesentlichen Einfluss auf die protestantische Theologie ausübten. Dabei geht es vor allem um ihre Stellung zur Bibel.

Aus Lessings »Theologiekritischen Schriften» 1778 geht eindeutig hervor, dass er die Bibel nicht als von Gott inspiriertes Wort, sondern als rein menschliches Machwerk ansah. Die Ausführungen über die Entstehung der Evangelien tragen den Titel: »Neue Hypothese über die Evangelisten als bloss menschliche Geschichtsschreiber betrachtet«. Auch bei der Zusammenstellung des Kanons hat nach Lessing keine höhere Macht mitgewirkt. Die »Offenbarung Johannis« ist ihm »ein Beweis, wie planlos sich der Kanon des neuen Testaments gebildet« hat. Nach seiner Meinung waren Redaktoren am Werk, die »mit aller Freiheit abgeschrieben« haben. Inspiration ist höchstens Einbildung der scheinbar Inspirierten. Vermutlich zuckte man auch damals schon die Achseln über Leute, die etwas Historisches aus Inspiration zu wissen vorgaben. Ein Evangelium braucht es nach Lessing nicht für alle Leute, sondern es wird nur so lange eines geben, »als es Menschen gibt, die eines Mittlers zwischen ihnen und der Gottheit zu bedürfen glauben.« (1976 635) Lessing hat mit dem gläubigen Hauptpastor Johann Melchior Goeze eine harte theologische Auseinandersetzung geführt, die einen grossen Teil seiner »Theologiekritischen Schriften» ausmacht (»Anti-Goeze«, I XII.)

Die folgenden Herder Zitate sind dem Artikel von J. Böni, Pfarrer und Grossmeister der »Alpina», über den »Theologen Johann Gottfried Herder« (1944) entnommen. Herder hat nach Böni die Denkart des »christlichen Humanismus« geprägt und auch als «erster Geistlicher der protestantischen Landeskirche« in Deutschland einen nachhaltigen Einfluss ausgeübt. Er lehnte es ab, die Bibel als «sakrosankte Schriften» zu betrachten und wandte sich gegen »theologische Engherzigkeit». Die Bibel ist nicht übermenschlicher und allgemeinmenschlicher Maßstab, sondern in die Menschheitsgeschichte eingebettet. »Die Bibel ist aus der Vorstellungswelt der Antike zu verstehen.» (Böni, S. 288) Das Christentum ist eine Religion unter vielen, die ebenfalls ihre Bedeutung und ihre Wahrheiten haben. «Ebenso unbefangen wie das Christentum würdigt der protestantische Geistliche die nichtchristlichen Religionen, von denen insbesondere auf die Religion der Griechen ein verklärendes Licht fällt.» (S. 286). Herder relativiert das Wort auch insofern, als er ihm gegenüber das Gefühl, das Erlebnis, die «Leidenschaft» aufwerten möchte. (S. 291) Bei Herder hören wir »nichts von Erlösung, Sündenvergebung, Rechtfertigung» (S. 290).

Diesem liberal kritischen, freimaurerischen Einfluss haben sich nach Schenkel auch die scheinbar etwas unterbelichteten bibeltreuen Protestan¬ten nicht entziehen können. »Selbst die positiven und orthodoxen Kreise, soweit sie sich einer gewissen Allgemeinbildung erfreuen, sind von liberalen Gedanken, wenn auch langsam und vielfach unbewußt, durchsetzt worden.« (Schenkel). Nach W. Neuer waren unter anderen folgende Begründer der modernen Bibelkritik Freimaurer: Hermann Samuel Reimarus (1694-1768), Ernst Renan (1823- 1892), Christian Wolff (1679- 1754), David Friedrich Strauss (1808- 1874).  

6.4.3. Personelle Verflechtungen zwischen Freimaurerei und liberalem Protestantismus

Zu diesem Thema müssen wir uns hier mit einigen Zitaten aus Schenkel begnügen.

»Wohl aber sind durch einzelne Persönlichkeiten starke Verbindungsfäden zwischen Loge und freien protestantischen Organisationen vorhanden. Es sei nur erinnert an den bekannten Heidelberger Juristen Bluntschli, den ersten Vorsitzenden des Protestantenvereins, der zugleich ein sehr eifriger Freimaurer war und die Würde eines Grossmeisters in der Grossloge ‘Zur Sonne’ (Bayreuther System) bekleidete. Über die gegenwärtigen Beziehungen ist es aus begreiflichen Gründen nicht ratsam, Einzelheiten anzuführen. Es genügt, auf die Tatsache zu verweisen, dass sowohl Geistliche hervorragende Stellen in den Logen und Grosslogen einnehmen, wie umgekehrt Freimaurer in beachtenswertem Umfang in kirchlichen Vertretungen vorhanden sind. Jedenfalls betrachten gerade in Deutschland die meisten Freimaurer die Freimaurerei als in der Geistesrichtung des freien Protestantismus liegend.« (S. 41) Der aus der Schweiz stammende Johann Kaspar Bluntschli (1808  1881) war liberaler Staatsrechtler und Politiker. Er gilt »als Stifter des deutschen Protestantenvereins, der im Gegensatz zu der damals vorherrschenden protestantischen Orthodoxie für grössere Freiheit in den theologischen Wissenschaften eintrat.« (Valmy, 62)

»In der Schweiz zeigt sich die Verbindung von Freimaurerei und Protestantismus in Männern wie Quartier la Tente, der im Januar 1925 als ein in der ganzen Welt bekannter Freimaurer gestorben ist. In Neuenburg geboren, wurde er später Pfarrer, bekleidete eine theologische Professur, und war ein halbes Jahrzehnt Grossmeister der Schweizer Grossloge Alpina. Bekannt wurde er vor allem durch sein eifriges Streben nach Ausbau der übernationalen Fühlungnahme der Freimaurerei.« (Schenkel S. 40) Zu erwähnen ist an dieser Stelle nochmals der liberale protestantische Theologe und Pfarrer J. Böni. 1942  1947 war er Grossmeister der «Alpina« und Pfarrer in Trogen. In dieser Zeit entstand in Trogen das Pestalozzi Kinderdorf.

 

7. Die Freimaurerei aus der Sicht Christi

Im letzten Kapitel haben wir versucht, das Christentum, Gott, Christus und die protestantische Theologie aus dem Blickwinkel der Freimaurerei zu betrachten. In diesem Kapitel soll die Blickrichtung umgedreht werden. Es soll der Versuch gewagt werden, die Freimaurerei aus der Sicht Christi zu beurteilen, wobei wir annehmen, dass er wirklich »leibhaftig auferstanden» ist, und dass ihm alle Macht im Himmel und auf Erden übertragen wurde. Bei den Aussagen Christi verlassen wir uns hauptsächlich auf die in der Bibel von ihm und über ihn bezeugten Worte. Also: Gott hat Jesus Christus «eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen.« (Eph. 1, 20f)

7.1. Die Freimaurerei als Gegner Christi

Wir haben gesehen, dass die Freimaurerei jeden Absolutheitsanspruch (ausser dem eigenen natürlich) ablehnt. Der Geist der Freimaurerei bekämpft jeden Anspruch auf absolute Wahrheit und hat bisher bereits den Absolutismus, den Faschismus, die kommunistische Einparteienherrschaft besiegt. In der katholischen Kirche und in den protestantischen Kirchen sind die Auseinandersetzungen noch im Gange. Es ist wohl möglich, dass am Schluss nur noch ein Gegner übrig bleibt: Jesus Christus.

7.1.1. Ablehnung des Absolutheitsanspruches Christi

Der Absolutheitsanspruch Christi ist der «Stein des Anstosses» für die Freimaurer: »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich« (Joh. 14, 6). Oder: »Ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen …« (Joh. 15, 5f). Für einen Humanisten sind das unglaubliche, ungeheure, unerhörte Worte. Warum soll es nicht auch andere Wege geben? Gibt es nicht auch in anderen Religionen »Erkenntnis« und schöne Erlebnisse? Ist es nicht unfair und ungerecht, die Menschen derart ungleich zu behandeln und zu verurteilen? Die Freimaurerei nimmt diese Worte Jesu nicht ernst, sondern relativiert sie und damit den, mit dem sie zu tun haben. Der Absolutheitsanspruch Christi wird abgelehnt. Damit ist aus freimaurerischer Sicht noch keine Gegnerschaft verbunden, sondern es sieht so aus, als ob erst der «moderne», «aufgeklärte» Mensch die Zusammenhänge richtig erkennen und Jesus Christus ins richtige Licht rücken könne. Aus der Sicht Christi ist nun aber gerade das eine ungeheure Anmassung und totale Verkennung der wirklichen Herrschaftsverhältnisse. Die Relativierung ist in Wahrheit Ablehnung, und hinter den zum Teil schönen »christlichen« Worten verbirgt sich äusserste Feindschaft. Der Geist der Freimaurerei macht dem auferstandenen Jesus Christus die Herrschaft streitig. Er wird auf ein rein menschliches Maß reduziert, abgewertet, verniedlicht und in ein theoretisches Schema der menschlichen Entwicklungsgeschichte integriert. Seine Worte, besonders die, die Anstoss erregen, sind in der Loge Tabu. Wer Christus als den Herrn verkündet, der wird zum Schweigen gebracht und auf den Sonntagvormittag verwiesen.

Ist Christus wirklich auferstanden, so ist eindeutig: Die Freimaurerei ist nicht für, sondern gegen ihn. Auf die Freimaurerei trifft also das folgende Wort Jesu zu: »Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut« (Lk. 11, 23).

7.1.2. Die Freimaurer als die «Bauleute» der Bibel

In der Bibel kommt das Wort »Freimaurer» natürlich nicht vor. Dagegen gibt es den Ausdruck »Bauleute«, der zur Bezeichnung derjenigen Menschen und Menschengruppen (Pharisäer, Schriftgelehrte vor allem) verwendet wird, die nicht auf Jesus Christus bauen, sondern auf eigene, menschliche Weisheit, Kraft und Schönheit. Wesen und Inhalt, Bauhüttentradition und Tempelbausymbolik der Freimaurerei legen nun nahe, dass dieser Ausdruck auch auf die Freimaurerei zutrifft, so dass gesagt werden kann: Die Freimaurer sind die Bauleute der Bibel.

Diese Bauleute sind in der Bibel dadurch charakterisiert, dass sie den tragenden Stein, den «Eckstein» des Baues Gottes verworfen haben. (Ps. 118, 22f; Mt. 21, 42; Mk. 12, 10; Lk. 20, 17; Apg. 4, 11; 1. Petr. 2, 7) Der Eckstein des Baues Gottes ist Jesus Christus. »Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.» (Apg. 4, 11 f).

7.1.3. Der «Tempel der Humanität» ist nicht der «Tempel Gottes»

Der Bau des Gottes der Bibel wird ebenfalls als »Tempel» bezeichnet. Die folgende Aussage gilt für diejenigen, die den Absolutheitsanspruch Christi ernst genommen haben und nun an seinem Bau mitwirken: »Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Jesus Christus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut« (Eph. 2, 19 22).

Dieser Bau Gottes ist nun gewiss nicht mit dem freimaurerischen «Tempel der Humanität» identisch. Es handelt sich um zwei grundsätzlich verschie¬dene Bauwerke: Beim Bau Gottes ist Jesus der Eck  oder Schlussstein, der alles zusammenhält. Er wird, um einen anderen Bau Ausdruck zu verwenden, auch als «Grund« oder «Fundament« bezeichnet: «Das Fundament ist gelegt: Jesus Christus. Niemand kann ein anderes legen.« (l. Kor. 3, 11) Beim «Tempel der Humanität» hingegen ist Jesus ein gewöhnlicher Stein, vielleicht ein besonders schöner Stein, aber ganz bestimmt nicht der Eckstein, Schlussstein oder das Fundament. Da der freimaurerische Bau nicht der Bau des in der Bibel bezeugten Gottes und seines Sohnes ist, gilt für ihn aus biblischer Sicht: Er ist nicht stabil, nicht dauerhaft; er hält nicht, was er verspricht. Wer dort arbeitet, der wird nicht belohnt, hat falsch investiert und sollte so rasch wie möglich innerlich »umstrukturieren», die Stelle wechseln. »Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran arbeiten.» (Ps. 127, 1)

Alles hängt von der Einstellung zu Jesus Christus ab: »Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar… Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist ‘der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, ein Stein des Anstosses und ein Fels des Ärgernisses’ (Ps. 118, 22; Jes. 8, 14); sie stossen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben.« (l. Petr. 2, 4.7f) Die Ablehnung bleibt nicht ohne Folgen. Die Bibel droht meines Erachtens nicht, sondern sie warnt und stellt fest: »Jeder, der auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.» (Lk. 20, 18) Jesus Christus ist also aus biblischer Sicht derjenige, an dem sich alles entscheidet. «Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.« (Joh. 3, 17f) Aus biblischer Sicht ist alles ganz einfach und eindeutig: »wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn nicht hat, der hat das Leben nicht.» (l. Joh. 5, 12) »Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.» (Joh. 17, 3)

7.2. Falscher Absolutheitsanspruch der FM

Die Freimaurerei lehnt den Absolutheitsanspruch Christi ab und stellt sich damit in Opposition zu ihm. Sie stellt sich über ihn. Damit erhebt sie selbst einen Absolutheitsanspruch, was den meisten Freimaurern wohl gar nicht bewusst ist. Die beiden Absolutheitsansprüche schliessen sich gegenseitig aus, sie sind unvereinbar. Nur einer kann richtig, gerechtfertigt, wahr sein. Der andere ist falsch, angemasst, eingebildet, erschwindelt. Aus freimaurerischer Sicht ist der Absolutheitsanspruch Christi falsch. Die entsprechenden Aussagen in der Bibel sind unwahr. Wenn nicht Christus selbst ein Hochstapler, Verrückter oder Lügner war, so haben die ersten Gemeinden und/oder irgendwelche Redaktoren »in aller Freiheit» die Göttlichkeit Christi erdichtet und die Schriften entsprechend »frisiert«. Wenn wir annehmen, dass dies nicht so ist, dann ist aber der Absolutheitsanspruch der Freimaurerei falsch. Aus biblischer Sicht steht der «Tempel der Humanität» auf sumpfigem Boden. Die paradigmatischen, weltanschaulichen Grundüberzeugungen der Freimaurerei sind unrealistisch, verkennen die wirkliche Realität und die wahren Herrschaftsverhältnisse. Nicht die Bibelleser, sondern die Freimaurer wurden getäuscht, in die Irre geführt.

Es ist nicht ein anonymer »Allmächtiger Baumeister aller Welten«, der oberster Herrscher, Ursprung und Maß aller Dinge wäre. Vielmehr ist es Jesus Christus, der sagt: »Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde« (Mt. 28, 18).

Es trifft nicht zu, dass es keine dem Menschen zugängliche absolute Wahrheit gibt. Zwar kann niemand diese Wahrheit besitzen, weil sie eine Person ist. Aber diese Person, ganz Gott, ganz Mensch, sagt von sich: «Ich bin die Wahrheit«. (Joh. 14, 6)

Es ist nicht wahr, dass erlöst wird, «wer immer strebend sich bemüht«. Jesus Christus schenkt allen seine Gnade, sein Leben, seine Fülle, die seine Herrschaft akzeptieren. Die Annahme dieser Herrschaft soll nicht erzwungen werden, sondern sie ist ganz freiwillig. Nicht Streberei, Leistungen und Werke, sondern Vertrauen, Glaube und Gnade bringen Sicherheit und Heil. Nicht die Arbeit und die Arbeitsverhältnisse, sondern die Liebe, Liebesbeziehungen sind die Grundlage allen Lebens, sind die Voraussetzung für unseren »Lebensunterhalt» in jeder Beziehung.

Es ist nicht so, dass Christus unterschiedslos allen Menschen das Leben schenkt. Denjenigen, die ihn ablehnen, kann er es nicht schenken, denn nur er ist das Leben, hat den Tod überwunden. «Ich bin die Auferstehung und das Leben …« (Joh. 11, 25) Gerade die Freiheit der Entscheidung hat zur Folge, dass letztlich nicht alle leben werden. Aus dieser Sicht ist es nutzlos und lächerlich, dass Menschen »symbolisch« Särge überschreiten und sich selbst »erheben».

Es ist nicht so, dass es unser bestes und »edelstes« Los ist, ein Licht-Suchender zu sein, denn Jesus Christus sagt: «Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben« (Joh. 8, 12). So lange wir Christus nicht nachfolgen, tappen wir aus biblischer Sicht im Dunkeln. Wir kommen ganz grundsätzlich nicht draus, auch wenn wir uns noch so klug vorkommen. Zur Erleuchtung dieser Finsternis helfen keine Lichtkulte, keine angezündeten Kerzen, keine asketischen und meditativen Exerzitien. Wer hingegen den Gott der Bibel sucht, der wird ihn finden!

Es ist auch nicht so, dass das Diesseits, die dem Menschen zugängliche Welt, wichtiger ist als das Jenseits. Die Bibel lehrt, dass die sichtbare Welt vergänglich ist, dass sie aus einer unsichtbaren Welt hervorgegangen ist und aus dieser unsichtbaren Welt gesteuert wird. Wer diesen Sachverhalt nicht berücksichtigt, der baut sein Leben auf Vergängliches, setzt auf den Tod. »Der Himmel wird wie ein Rauch vergehen und die Erde wie ein Kleid zerfallen, und die darauf wohnen, werden wie Mücken dahinsterben. Aber mein Heil bleibt ewiglich und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen.» (Jes. 51, 6)

Es ist nicht wahr, dass Symbole für die Verständigung und die Erkenntnis wichtiger sind als Worte. Aus biblischer Sicht hat das Wort absoluten Vorrang. »Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen«, spricht der Jesus der Bibel. (Mt. 24, 35) »Wer das Wort verachtet, muss dafür büssen.« (Spr. 13, 13) Der Mensch lebt von einem jeden Wort Gottes (Dtn. 8, 3; Mt. 4, 4; Lk. 4, 4). Hingegen erstickt gerade die «Sorge der Welt« das Wort. (Mt. 13, 22)

Nicht die Tat, sondern das Wort war am Anfang. Und alle Dinge sind durch das Wort gemacht, »und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.» (Joh. 1, 1 3) Jesus Christus ist dieses Wort, das «Fleisch ward«. (Joh. 1, 14) Durch die Beziehung mit ihm erhalten auch unsere Worte Wert, Sinn, Bestand. Ohne ihn ist unsere Sprache wertlos, sinnlos, Geschwätz. «Niemand täusche euch mit leeren Worten.» (Eph. 5, 6) Natürlich soll das nicht Tatenlosigkeit bedeuten: »Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein.» (Jak. 1, 22) Es geht hier nicht um Alternativen, sondern um Prioritäten. «Täter des Worts», nicht «Täter des Schweigens», sollen Christen sein. Worte schaffen andere Beziehungen zwischen Menschen als bloße Handgriffe. Es ist darum nicht egal, ob wir sprechen und was wir reden. Dazu noch eine Aussage Jesu: «Ich sage euch: Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen; denn aufgrund deiner Worte wirst du freigesprochen, und aufgrund deiner Worte wirst du verurteilt werden.» (Mt. 12, 36f) Und: «Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn richten am Letzten Tag.« (Joh. 12, 48)

Gemäß der Bibel ist es nichtwahr, dass der Mensch durch eine Evolution aus dem Nichts entstanden ist, und es trifft nicht zu, dass er das am höchsten entwickelte Lebewesen ist. Der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge. Er ist Geschöpf, Kreatur, nicht Schöpfer, Die Verehrung von Geschöpfen, Geschaffenem anstelle des Schöpfers, wird in der Bibel als »Götzendienst« bezeichnet. Humanisten aller Schattierung können als Götzendiener bezeichnet werden. »Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge, sie beteten das Geschöpf an und verehrten es anstelle des Schöpfers.« (Röm. 1, 25) Obwohl die Schöpfung und die Geschöpfe vom Schöpfer zeugen, haben sie ihn nicht geehrt und ihm nicht gedankt. «Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Sie behaupteten, weise zu sein, und wurden zu Toren.« (Röm. 1, 21f)

Die maßlose Unterschätzung Gottes und die entsprechend ungeheure Überschätzung des Menschen führt zu wahnhaft übersteigerten Anforderungen und Erwartungen an den Menschen, die letztlich niemand erfüllen kann. Die Enttäuschung, die Gefangenheit in Gedanken der scheinbaren Minderwertigkeit, sind darum die notwendige Konsequenz aller Menschenvergötzung. «Ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten.« (Lk. 11, 46)

Die freimaurerische Verehrung menschlicher Leistungen und Werke ist aus biblischer Sicht natürlich ebenfalls maßlos übertrieben und angesichts der Tatsache, dass Gott alles Können und Vollbringen ermöglicht, völlig ungerechtfertigt. Der Tanz um die menschlichen «Künste« und ihre Resultate kann als »doppelter Götzendienst» bezeichnet werden. «Alle Menschen aber sind Toren mit ihrer Kunst, und alle Goldschmiede stehen beschämt da mit ihren Bildern; denn ihre Götzen sind Trug und haben kein Leben, sie sind nichts, ein Spottgebilde; sie müssen zugrunde gehen, wenn sie heimgesucht werden.» (Jer. 10, 14f)

Unseres Erachtens ist es also eindeutig, dass das Welt  und Menschenbild der Freimaurerei demjenigen, das uns durch die Bibel vermittelt wird, radikal entgegengesetzt ist. Der Absolutheitsanspruch der Freimaurerei ist aus biblischer Sicht falsch   eine ungeheure Anmaßung.

7.3. Dunkle Herkunft

Wir haben gesehen, dass es über Ursprung und Entwicklung der Freimaurerei bis 1717 kein gesichertes Wissen, dafür aber vielfältige Sagen, Mythen und Legenden gibt. Wir kennen keinen Namen des Erfinders, die Legenden wollen aber den Eindruck erwecken, als habe die Freimaurerei eine lange Tradition, als sei sie uralt, als gehe sie auf Adam und Eva zurück (s. Andersons Verfassung in Oslo). »Die Freimaurerei war immer», meint sogar Falk in Lessings »Gesprächen für Freimäurer».

Die Bibel lehrt uns, solchen Aussagen und Behauptungen ebenso wie Mythen, Sagen und Märchen nicht zuviel Bedeutung zuzumessen. Wir sollen uns auf die sinnlich wahrnehmbaren Tatsachen, auf die Aussagen von namentlich bekannten Zeugen verlassen. In der Bibel spielt die Namengebung eine entscheidende Rolle. Es sollte jede Person als Individuum identifiziert werden können. Ebenso wichtig sind Stammbäume. Der Stammbaum Jesu ist zweifach, lückenlos zurück über David bis Abraham aufgeführt. Es ist nicht egal, woher etwas oder jemand kommt.

Die Freimaurerei wird auch hinsichtlich der Herkunft den biblischen Maßstäben nicht gerecht: Sie basiert auf Legenden, nicht Tatsachen; Sagen, nicht Aussagen; Gerüchten, nicht Zeugen; Anonymität, nicht Namengebung; historischen Phantasien, nicht Stammbäumen. Wir können darum nicht anders, als ihre Herkunft als unsicher, ungeklärt, dunkel zu bezeichnen.

Aus biblischer Sicht sind natürlich auch die geistigen Wurzeln der Freimaurerei zum Teil mehr als dubios. Die von Priestern und Mönchen, in Geheimgesellschaften, Mysterienbünden, Klöstern und Bauhütten gepflegten »hermetischen Künste» sind aus biblischer Sicht verabscheuungswürdig, und wir sollten lernen, uns ihrer zu enthalten. »Dass nicht jemand unter dir gefunden werde, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt oder Wahrsagerei, Hellseherei, geheime Künste oder Zauberei treibt oder Bannungen oder Geisterbeschwörungen oder Zeichendeuterei vornimmt oder die Toten befragt. Denn wer das tut, der ist dem Herrn ein Greuel.» (Dtn. 18. 10-12)

Wir haben gesehen, dass auch die Inhalte der Legenden zum Teil einen deutlichen Protest gegen die Darstellungen der Bibel und gegen den Gott der Bibel zum Ausdruck bringen. Erinnert sei an die Parteinahme für Kain in der Hiramslegende, an die Vorstellung, die Maurer hätten im Erdinneren die Sintflut überlebt, an die Phantasie weltweiter außersprachlicher Kommunikation der Menschen trotz aller Sprachverwirrung. Aus biblischer Sicht sind solche «Möchtegern Geschichten» mit Sicherheit nicht vom Heiligen Geist inspiriert.

7.4. Unerreichte Ideale

Die Freimaurer werfen dem Christentum vor, es hätte seine Verheißungen nicht erfüllt, wobei sie sich an den Christen orientieren, nicht an Jesus Christus. In diesem Kapitel wollen wir versuchen, zu beurteilen, ob denn die Freimaurerei in ihrer Geschichte ihre Ideale erreicht hat.

7.4.1. Untaugliche Orientierung anhand von Idealen

Dabei sei nochmals darauf hingewiesen, dass sich unser Glaube nicht an Idealen, sondern an einer Person orientiert. Mit Idealen können wir nicht sprechen. Sie haben keine reale Macht. Sie übernehmen keine Verantwortung und setzen sich nicht für uns ein. Ideale lassen sich trotz endloser Definitionsversuche und Streitereien nicht eindeutig festlegen. Sie sind ambivalent und können in unbestimmbarer Vielzahl auftreten. Die Orientierung anhand von Idealen kann als moderne Form von Vielgötterei bezeichnet werden, was deutlich wird, wenn sie «personifiziert«, in Stein gehauen und auf einen Sockel gestellt sind.

7.4.2. Enttäuschung

Die Freimaurerei weckt äusserst hohe Erwartungen, die wohl enttäuscht werden müssen. Enttäuschung gehört zum Freimaurerdasein und wird in der Literatur auch behandelt. »Dieses Phänomen der Enttäuschung über die Kluft zwischen idealer Vorstellung und Realität wird sowohl in der freimaurerischen Literatur als auch in der antimaurerischen angezogen und interpretiert.« (Binder, Wiss. 1988 130) Aus freimaurerischer Sicht können alle erdenklichen Gründe für diese Enttäuschung in Betracht gezogen werden, nicht aber die Freimaurerei selbst. Vielleicht ist man selbst oder vielleicht ist der »Bruder« noch zu wenig «wirklicher« Freimaurer. Vielleicht erfüllt der nächst höhere Grad die Erwartungen. Dem Enttäuschten wird auch deutlich gemacht, dass die Freimaurerei nicht mehr geben könne als man selbst zu geben bereit ist. Schuld an der Enttäuschung ist letztlich scheinbar jeder einzelne selbst.

7.4.3. Friede auf Erden?

Wir haben gesehen, dass der angehende «Ritter Kadosch» des «Rachegrades» lernt, die Ideale der Freimaurerei mit allen Mitteln durchzusetzen. Niemand kann wohl behaupten, dass die Auseinandersetzungen im Zuge von Humanismus, Aufklärung und Französischer Revolution friedlich, «gewaltfrei« verlaufen sind. Die innerhumanistischen Abgrenzungen, welche Form des Humanismus, welche Rasse, Klasse, Nation, welches Individuum den Weltfrieden wirklich garantieren kann, haben wohl kaum weniger Opfer gefordert und Greuel verursacht als die vorangegangenen Konfessionskriege. Dabei soll natürlich nicht gesagt werden, dass die Freimaurer an all diesen Streiten und Kriegen »schuld« sind, und auch aus unserer Sicht hat ihr Kampf gegen all die falschen humanistischen Absolutismen eine gewisse Berechtigung. Meines Erachtens ist aber der Geist des Humanismus, auf dem auch die Freimaurerei beruht, von Natur aus nicht friedlich. Homo homini lupus, der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Diese Einsicht liegt auch der Forderung nach Gewaltentrennung zugrunde: Dem Menschen ist in Wahrheit ganz grundsätzlich nicht zu trauen, und um Machtmissbrauch zu verhindern, soll jede Gewalt die andere relativieren, kontrollieren. Jeder soll jedem auf die Finger schauen, niemandes Bäume sollen in den Himmel wachsen. Divide et impera, teile und herrsche!

Der Humanismus schafft nicht Friede, sondern Konkurrenz, Kampf um die Güter der Welt, Stress der Selbsterlösung, »Selbstverwirklichung«. Es ist dies nicht nur eine Konkurrenz der Rassen, Klassen und Nationen, sondern auch der Individuen, der Streber, der Schaffer und der Friedensstifter. Ist in dieser Situation wirklicher, dauerhafter Friede überhaupt möglich? Reicht es, wenn wir die gegenseitigen Ansprüche und Differenzen einfach verschweigen und uns «symbolisch« die Hand zum Bund reichen? Glaubt heute noch jemand, dass die Bruderküsse (auch eine symbolische Handlung) der kommunistischen Brüder echt waren? Durch Schweigen und symbolische Friedenshandlungen entsteht meines Erachtens kein echter Friede. Die Feindseligkeiten, die Konkurrenz, die Aggressionen werden bloss verdeckt und können sich schliesslich zu ungeheuren Spannungen aufstauen. Menschen selbst können keinen dauerhaften Frieden, höchstens einen Scheinfrieden schaffen. Sie heilen den Schaden meines Volks nur oberflächlich, indem sie sagen: »Friede! Friede! und ist doch nicht Friede« (Jer. 6, 14).

Auch die Freimaurerei stiftet keinen wirklichen Frieden. Nicht einmal unter den Freimaurern selbst. Das zeigen die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Systemen und Logen, die sich zum Teil heute noch gegenseitig die Anerkennung versagen. Ihr »Friede« ist ein Waffenstillstand bei Abbruch der Beziehungen und des Gesprächs.

Gegen solchen falschen Frieden bringt Christus das Schwert (Mt. 10, 34). Dafür garantiert der biblische »Friedefürst», sofern wir ihn annehmen, Friede mit Gott. »Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus» (Röm. 5, 1). Sein Friede eröffnet uns ganz neue Welten und Dimensionen. Das Gerangel und Gezänk der Welt wird klein, relativiert. Und der innere Friede gibt uns die Kraft, auch in einer humanistischen Welt friedlich zu bleiben. (Joh. 14, 27; Röm. 12, 18)

7.4.4. Menschliche Menschlichkeit?

Wie steht es nun mit dem hohen Ideal der Humanität und der »Menschenwürde»? Die Leistungen des Roten Kreuzes und anderer humanitärer Organisationen sollen hier nicht verachtet werden. Christi Geist kann auch in Lebenden wirken, die ihn noch nicht erkannt haben. Dennoch hat aus biblischer Sicht rein menschliche Hilfe und Wohltätigkeit eine relative, untergeordnete, nebensächliche Bedeutung. Die Bibel sagt es deutlicher: «Menschenhilfe ist nichts nütze.» (Ps. 60, 13) Mehr noch: Es ist schädlich, sich auf Menschen und Menschenhilfe zu verlassen. Das schafft Abhängigkeiten, die die Existenzangst vergrößern, denn Menschen sind unzuverlässig, krankheitsanfällig und sterblich. Es entstehen Beziehungen, die niemals halten, was sie versprechen, und Abhängigkeiten, die sich als Gebundenheiten erweisen. «Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und sich auf schwaches Fleisch stützt, und dessen Herz sich abwendet vom Herrn.« (Jer. 17, 5) Wer sich nur auf Menschen verlässt, der nimmt Gott, Jesus Christus, die Chance, einzugreifen. Er verbaut sich durch seine enge, diesseitige Sicht den Weg zum umfassenden Hilfsangebot Gottes. Unzählige Christen haben erfahren, dass durch die Annahme eines wirklich lebendigen Gottes ausserhalb der diesseitigen Welt und unserer eigenen Subjektivität Kräfte sich entfalten konnten und Lösungen möglich wurden, die alle ursprünglichen Vorstellungen weit übertrafen. Natürlich spielen auch bei christlicher Hilfe menschliche Anstrengungen und Spenden eine Rolle. Aber sie stehen nicht am Anfang und nicht im Mittelpunkt. Es ist nicht egal, aus welcher Einstellung heraus die Hilfstätigkeit erfolgt.

Ähnliches ist zum Thema »Menschenwürde« und »Menschenrechte« zu sagen. Kann sich der Mensch selbst Würde geben, sich selbst Recht verschaffen? Wer garantiert die Einhaltung der Menschenrechte? Wieviel wert sind die Orden und Ehrenpreise, die Menschen Menschen verleihen? Natürlich wollen auch die von Menschen verliehenen Würden, Namen und Titel beachtet und ernst genommen werden. Ohne göttliche Perspektive werden meines Erachtens diese Dinge viel zu ernst genommen, und es kann nicht gesehen werden, dass wir letztlich unsere wirkliche Würde niemals uns selbst verdanken. Von Menschen erwartete und angenommene »Menschenwürde» schafft künstliche Barrieren und Hierarchien. Der freimaurerische »Meister« fühlt sich dem «Profanen« voraus. Der «Grosse Auserwählte Vollkommene und Erhabene Maurer» (14. Grad) ist offenbar über den bloß »Erlauchten Auserwählten der Fünfzehn« (10. Grad) erhaben. Die Künstlichkeit und Lächerlichkeit dieser »Würden» ist meines Erachtens für Aussenstehende offensichtlich. Die nach menschlichen Kriterien verteilten Würden schaffen Ungleichheit. Freimaurer sehen das, meinen aber, nur die Hochgrade seien mit dem Ideal der Gleichheit unvereinbar: »Nicht von der Hand zu weisen ist der kritische Vorwurf, dass die Schaffung der Hochgradsysteme die ursprüngliche demokratische Tendenz der Freimaurerei aufgehoben habe, zugunsten einer streng gegliederten Hierarchie, die dem persönlichen Geltungsbedürfnis des einzelnen entgegenkommt und dem maurerischen Gleichheitsprinzip widerspricht« (Valmy FM 1988 36).

Die Beharrung auf falschen Würden ist wohl der Grund aller Menschenverachtung. Menschen können sich von sich aus keine echten Würden verleihen, höchstens die Würden streitig machen. Das Streben nach menschlichem Ansehen absorbiert so viel Aufmerksamkeit, Zeit und Energie, dass wir unsere wahre Würde, die nur vom lebendigen Gott kommt, nicht mehr erkennen und das Ziel verfehlen. »Wie könnt ihr zum Glauben kommen, wenn ihr eure Ehre voneinander empfangt, nicht aber die Ehre sucht, die von dem einen Gott kommt?» (Joh. 5, 44)

Menschen können Menschenrechte proklamieren, Transparente durch die Strassen tragen und vielfältige Forderungen aufstellen. Doch können sie diese Rechte auch durchsetzen und die Forderungen erfüllen? Niemand wird heute noch bestreiten, dass auch die kommunistische Internationale das «Menschenrecht» nicht »erkämpft« hat. Der Fluch des Humanismus ist, dass, wenn etwas schief läuft oder etwas als »unmenschlich« empfunden wird, Proklamationen, Resolutionen und Forderungen nur an Menschen gerichtet werden können. Es fehlt ein anderes mögliches Objekt oder Subjekt der Aggressionen als der Mensch. Der »Aufgeklärte« glaubt nicht mehr an böse Geister. So ist, wenn es Unannehmlichkeiten gibt, der Mensch der Unmensch. Der Humanismus löst seine Probleme durch das Rollen der Köpfe: Die »bösen« Menschen (auch Klassen, Völker etc.) müssen weg, die scheinbar »guten« ans Ruder! Es ist sicher kein Zufall, dass kurz nach der erstmaligen Proklamation der Menschenrechte die Guillotine aufgestellt wurde. Die menschliche Menschlichkeit entpuppt sich als humane Hinrichtung, als »Gleichheit vor dem Schafott«. Auch Ereignisse wie Auschwitz und Hiroschima in diesem Jahrhundert sollten wohl mehr als deutlich machen, dass es eine menschliche Evolution, eine »Entwicklung zu höherem Menschentum« nicht gibt.

Im Gegensatz zu den Humanisten kämpfen Christusgläubige nicht gegen Menschen, sondern gegen die unsichtbaren Mächte der Finsternis. (Eph. 6, 12) Gerade die (anfangs sicher ungemütliche) Annahme, dass es solche Mächte gibt, schafft die Voraussetzung dafür, dass wir auch diejenigen Menschen lieben können, die uns als ihre Feinde betrachten. Die Vergötzung des Menschen bringt ständige Unzufriedenheit mit sich. Jeder muss mehr scheinen, als er ist. Auch die Freimaurerei nimmt nicht jeden auf, ihre Mitglieder sind erlesen, »erwählt», möglichst einflussreich. Der »Wettlauf um den Kranz der Humanität« erweist sich als gnadenlos, unbarmherzig, »unmenschlich». Wir wissen, dass im völligen Gegensatz dazu bei Christus alle willkommen sind, auch diejenigen, die nach menschlichen Maßstäben nicht genügen. (Mt. 11, 28)

Gegen den humanistischen Terror hilft meines Erachtens nur die Annahme eines liebenden, wirklich »menschenfreundlichen« Gottes. Bei einem solchen sind Menschlichkeit, Menschenwürde, Menschenrechte und all die andern Ideale viel besser aufgehoben. Die Bibel spricht davon, dass es einen solchen Gott gibt: »Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.« (Joh. 3, 16) Also: »So lasset nun ab von dem Menschen, der nur ein Hauch ist; denn für was ist er zu achten?« (Jes. 2,22)

7.4.5. Freiheit durch»Emanzipation« vom Wort?

Wir haben gesehen, dass sich die Freimaurer für die Emanzipation des Menschen von allen Absolutheit beanspruchenden Autoritäten und Mächten einsetzen. Unter anderem fällt darunter auch das Wort im weitesten Sinn. Aus biblischer Sicht erfahren wir Befreiung gerade durch das Wort, das Blut, die Wahrheit, die Person Christi. (Lk. 4, 18; Joh. 8, 31 f.36; Gal. 5, 1 u.a.m.) Er hat die Glaubenden befreit von dunklen Mächten, von Süchten, Ängsten und Sorgen, von Schuld und Isolation; er befreit die »Produktivkräfte» wirklich, er befreit das Leben. Die Botschaft von dieser Befreiung wird von der Freimaurerei relativiert und damit unwirksam gemacht. Dafür bietet sie die Befreiung von Autoritäten aller Art an.

Aus biblischer Sicht ist eine solche Freiheit nicht möglich. Der Mensch ist immer einer geistigen Macht untertan und wird von ihr geführt. Ist diese Macht nicht Christus, so ist es sein Feind. »Freiheit versprechen sie ihnen und sind doch selbst Sklaven des Verderbens; denn von wem jemand überwältigt worden ist, dessen Sklave ist er.« (2. Petr. 2, 19) Die Freimaurerei ist bestrebt, die Botschaft vom Befreiungswerk Jesu zu zerstören und dafür eine Scheinfreiheit anzubieten. Das ist wohl den meisten Freimaurern nicht bewusst, und von den wenigsten beabsichtigt. Dennoch ist es aus biblischer Sicht eindeutig so.

Wir haben gesehen, dass es nicht ungefährlich ist, die absolut lebenswichtige Bedeutung des Wortes, der sprachlichen Kommunikation, zu verneinen. Indem die Freimaurer dies tun und dafür das Schweigen, das rituelle Erleben fördern und trainieren, befinden sie sich auf dem Weg zur Sprachlosigkeit, zur kommunikativen Isolation. Die Pflege des persönlichen, individuellen Erlebnisses und die Vernachlässigung der sprachlichen Verständigung, besonders auch außerhalb der Loge   der Familie darf ja nicht mitgeteilt werden, was dort geschieht   muss letztlich zur Vereinsamung führen. Einsamkeit aber ist Gefangenheit.

Aus biblischer Sicht spielen Gedanken für die geistige Gesundheit eine wichtige Rolle. Für die gedankliche «Hygiene» und »Disziplin« sind Aussprachen, letztlich vor Jesus Christus, entscheidend wichtig. Sind solche Aussprachen erschwert oder unmöglich, so können Gedanken, Grübeleien, eine zerstörerische Eigendynamik entfalten. Die Gedanken »klagen einander an» (Röm. 2, 15), werden zu immer unentwirrbareren Gespinsten, zu »Festungen« des Gegners (2. Kor. 10, 4f). Die wortlose »Gedankenfreiheit» entpuppt sich als Blockierung, Gefangennahme des wirklichen Lebens.

Auch das sich Verlassen auf menschliche Weisheit, Brüderlichkeit und Hilfe etc. führt zu Bindungen, die aus biblischer Sicht nicht gesund sind.

Während die Hilfe Christi gratis ist, eine Gnade, ein Geschenk, hat Menschenhilfe ihren Preis. Aus menschlicher Sicht sollte Nehmen und Geben zumindest langfristig im Gleichgewicht sein. Einem Gefallen oder einer Leistung sollte mit der Zeit eine Gegenleistung folgen. So entsteht langsam aber sicher ein immer dichter werdendes Netz von gegenseitigen Verpflichtungen und Rücksichtnahmen, das zum Gefängnis werden kann.

Zudem werden wir sehen, dass katholische wie protestantische Autoren der Auffassung sind, dass die Kulte, Riten und Zeremonien der Freimaurer zu okkulter Gebundenheit führen.

Ganz allgemein aber ist die Konzentration auf Erlebnisse, statt auf das Wort, problematisch. Während uns Jesus Christus durch seinen Geist überall und jederzeit zur Verfügung steht, benötigen Erlebnisse stets bestimmte Rahmenbedingungen, die immer wieder reproduziert werden müssen. Der Erlebnishunger kann zur Sucht werden, die uns an konkrete Personen, Räume und Zeiten bindet: «fesselnde» Erlebnisse!

7.4.6. Gleichheit der Menschen?

Bei diesem Ideal kommt die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit am krassesten zum Ausdruck. Die Freimaurerei selbst erzeugt in ihrem Bereich vielfältige und aus biblischer Sicht völlig unnötige, eingebildete, kontakthemmende und «Würde Neid» fördernde Ungleichheiten und Abstufungen zwischen Menschen. Valmy meint zwar, dass nur die Hochgrade dem «maurerischen Gleichheitsprinzip widersprechen. Doch meines Erachtens liegt die Förderung von Ungleichheit im Wesen der Freimaurerei selbst, in ihren mystischen, bauhandwerklichen, esoterischen Wurzeln begründet. Die Auswahl der Mitglieder schafft Ungleichheit: Warum werden Frauen, Kinder, Behinderte und Farbige (in den USA) nicht aufgenommen? Die Abstufung von Wissens  und Erleuchtungsstufen schafft künstliche Ungleichheit, die mit dem hinduistischen Kastensystem letztlich wohl verwandt ist. Die Beurteilung der Menschen nach ihren Werken und Leistungen fördert Ungleichheit. Die Menschen Würden begünstigen Ehrsucht, Neid, Kampf ums Ansehen. Die Relativierung des Wortes und Verabsolutierung des Erlebens schafft Ungleichheit. Niemand hat die gleichen Erlebnisse wie ein anderer, und die Möglichkeit des Erlebnis  und Erfahrungsaustausches sind, besonders ohne sprachliche Kommunikation, höchst begrenzt.

Demgegenüber betont die Bibel immer wieder, dass es »kein Ansehen der Person vor Gott« gibt. (Röm. 2, 11) »Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.« (Apg. 10, 34) Bei Jesus Christus sind wirklich alle willkommen. (Mt. 11, 28) Natürlich gibt es auch in der (unsichtbaren) Gemeinde Christi Ungleichheit. Doch diese Ungleichheit ist gottgewollt und unabänderlich. Da nützt alles menschliche «Streben« nichts. Allen Neidereien und allen Eifersüchteleien ist damit der Boden entzogen, und es wird möglich, sich gerade an der gegenseitigen Ungleichheit zu freuen. Die Ungleichheit im «Leib Christi» ist eine Folge davon, dass bei ihm, im Gegensatz zu den Religionen, der einzelne überhaupt nicht vollkommen sein muss, um gerettet zu werden. Er muss nur seine eigene, begrenzte Bestimmung erfüllen   nicht mehr und nicht weniger. Die Gemeinde Christi wird als lebendiger Organismus geschildert, als arbeitsteiliges System (l. Kor. 12, 12ff), in dem die Stärken der einen die Schwächen der anderen ausgleichen. Das Ganze wird durch Christus und seinen Geist zusammengehalten. Dieser Geist also verbindet Ungleichheiten. In der Welt und in den Religionen hingegen wirkt Ungleichheit trennend.

7.4.7. Brüderlichkeit?

Wir haben gesehen, dass den freimaurerischen Legenden, vor allem der Hiramslegende, eine »Parteinahme für Kain» zugrunde liegt. Dieser ist aus unserer Sicht natürlich nicht gerade das größte Vorbild für Brüderlichkeit. Zudem wurde bereits erwähnt, dass das »Elend des Humanismus» unseres Erachtens darin liegt, dass er, sobald etwas schief geht, wiederum nur Menschen beschuldigen kann. Der Vergötzung des Menschen folgt die Anklage, die Bitterkeit gegen Menschen auf dem Fuß. Der »Bruder«, der dem hohen Ideal der Brüderlichkeit nicht entspricht, wird   sogar öffentlich und in der Literatur   des »unbrüderlichen Verhaltens« bezichtigt. Diese Vorwürfe fördern nun ihrerseits sicher nicht gerade eine brüderliche Atmosphäre. »Dann gibt es leider auch den schlechten Freimaurer, der das Nest beschmutzt, wie in allen Vereinigungen von Menschen. Dieser ist es, der der ganzen Bewegung schadet, dem Idealbild, das strahlend human ist.» (Boitel, 22) In einer freimaurerischen Ritualkunde steht geschrieben, wie sich der «schlechte Bruder« verhalten sollte: »So wie wir häufig im profanen Leben dem ‘Freimaurer ohne Schurz’ begegnen, so gibt es auch in jeder Loge den Fremden mit Schurz, der innerlich ein Profaner geblieben ist. Wem das widerfährt, der sollte ehrlich genug sein, sich still wieder zu entfernen, statt jahrelang … die Harmonie der Gemeinschaft zu stören.« (zit. in Binder, S.130) Also: »Bruderkette»? Bruder: nein! Kette: ja! Die eben genannten Faktoren, die Ungleichheit schaffen und fördern, tragen zudem mit Sicherheit auch nicht zu größerer Brüderlichkeit bei. In der Freimaurerei darf sich mit der Zeit jeder «Meister» nennen. Wer ist denn aber wirklich der Meister? Wer zeigt wem den Meister? Die humanistischen Vorstellungen erzeugen Konkurrenz und Rivalität   auch unter «Brüdern». Demgegenüber warnt uns die Bibel eindeutig davor, uns »Meister» nennen zu lassen. Wirkliche Brüder werden wir erst, wenn nur einer unser Meister ist. »Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr aber seid Brüder.« (Mt. 23, 8) Jesus Christus wird in der Bibel auch bezeichnet als der »Erstgeborene von vielen Brüdern«. (Röm. 8, 29) Meines Erachtens kann aufgrund von rein menschlichen Kriterien keine wirkliche Brüderlichkeit entstehen, höchstens eine kurzfristige Gemeinschaftlichkeit, eine eingebildete, geheuchelte Brüderlichkeit. Demgegenüber bezeichnet Christus als seine Brüder diejenigen, die die gleiche Beziehung zum lebendigen, biblischen Gott haben. »Und er streckte die Hand über seine Jünger aus und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.« (Mt. 12, 49f)

Das obige Zitat zeigt auch, dass bei Jesus die Frauen nicht ausgeschlossen sind. Bloße Männerbünde aller Art pflegen eine Art von Gemeinschaft, die in der Bibel nicht vorgesehen ist. Sie ziehen zudem Aufmerksamkeit, Zeit, Energie und Geld von den biblisch erwünschten Formen des Zusammenlebens in Familie und Gesellschaft ab. Es sollte doch wohl darum gehen, dass Männer und Frauen, Erwachsene und Kinder, Gesunde und Kranke usw. lernen, «brüderlich« zusammenzuleben.

7.4.8. Toleranz?

Die Auseinandersetzungen, die im Verlauf der Geschichte seit der Gründung der Freimaurerei innerhalb der Bewegung und gegen außen geführt wurden, zeigen meines Erachtens mehr als deutlich, dass die Freimaurerei nur dort wirklich tolerant ist, wo der eigene Absolutheitsanspruch nicht in Frage gestellt wird. Gegen die aus ihrer Sicht «falschen« Absolutheitsansprüche von Absolutismus, Totalitarismus, Katholischer Kirche usw., die auch aus unserer Sicht »falsch« sind, geht der Geist der Freimaurerei mit allen Waffen vor. Nicht Feindesliebe, sondern Vergeltung mit allen Mitteln, gemäß den rituellen Handlungen des Ritter Kadosch Grades, ist der Weg. Die Freimaurerei ist also tolerant mit den in ihrem Sinn Toleranten, aber selbst intolerant mit ihren Gegnern, die sie als «intolerant» verurteilt. Das soll kurz anhand eines Nebenkriegsschauplatzes illustriert werden.

Die »intoleranten«, bibeltreuen, «orthodoxen», »fundamentalistischen« Protestanten werden keineswegs mit liebendem Verständnis behandelt, was bei wirklicher Überlegenheit angebracht wäre.

Der erwähnte Kirchengeschichtsprofessor Hengstenberg, dessen Argumente gegen die Freimaurerei durch das Eingreifen des späteren Kaisers Wilhelm I. autoritativ «erledigt» wurden, gilt als «intolerant»: «Seine Ablehnung der Freimaurerei wurzelt in seiner Antipathie gegen die Toleranz, deren Wesen ihm fremd war, und gegen die liberal protestantische Auffassung des Christentums, die ihm verhasst war.» (Schenkel, S. 35) Die »positiven« Protestanten werden als unterentwickelt, ungebildet, unfair und abergläubisch hingestellt. (Ebd. S. 34, 40f., 158f., 164f.) Es «wird die Freimaurerei in den pietistischen und orthodoxen Kreisen bekämpft. Doch wird dieser Kampf mehr im stillen geführt mit Verdächtigungen und Verleumdungen, denen ähnliche abergläubische Vorstellungen zugrunde liegen, wie bei der populären katholischen Gegnerschaft.« (Ebd. S. 34) Aus unserer Sicht ist es natürlich die Freimaurerei selbst, die durch ihre fehlende Öffentlichkeitsarbeit den Informationsnotstand produziert. Und das Gebot des Schweigens ist in einer Welt, in der sprachliche Kommunikation lebensnotwendig ist, niemals absolut einzuhalten. Darum kommt es zu all den vielfältigen Gerüchten über die Freimaurerei.

In den humanistischen Universitäten kann scheinbar naiver Christusglaube nicht die Grundlage des Forschens und Lehrens sein, und auch in vielen Landeskirchen wurden die »positiven« Pfarrer systematisch und gründlichlich aus Amt und Würden verdrängt. So gibt es in Europa weite Landstriche, in denen das biblische Evangelium seit Jahrzehnten nicht mehr verkündet wurde und aus unserer Sicht von einem «neuen Heidentum» gesprochen werden muss.

Das Toleranzideal der Freimaurerei beruht auf der Annahme, dass die Götter aller Religionen, besonders der monotheistischen Religionen, letztlich gleich seien. Jesus Christus wird die Göttlichkeit und damit die Einzigartigkeit versagt. Ist der Absolutheitsanspruch Christi aber gerechtfertigt, so beruhen obige freimaurerische Annahme und auch das Toleranzideal auf einem Schwindel. Es ist interessant zu sehen, dass auch die Ringparabel in Lessings »Nathan der Weise«, dem freimaurerischen Lieblingsstück zum Thema «Toleranz», bei genauer Betrachtung nichts anderes darstellt als einen Schwindel: Aus einem einzigen Ring werden drei hervorgezaubert, wobei das Kunststück Lessings darin besteht, zu vertuschen, dass es sich hier eigentlich um einen Taschenspielertrick handelt. Die Freimaurerei lässt also den einen wahren Ring, Jesus Christus, verschwinden und präsentiert der Menschheit stattdessen drei falsche. Die Toleranz ist die gebotene Umgangsform zwischen denen, die die Herrschaft und Gottessohnschaft Christi ablehnen.

Christusgläubigen wird von denen, deren Herz voll von allen Religionen und Nicht Religionen ist, vorgeworfen, sie seien einseitig, «eng», «stur» und liessen andere Glaubensformen nicht leben. Insofern seien sie »intolerant«. Meines Erachtens können und sollen wir es niemandem verbieten, Freimaurer zu sein oder das Glück in anderem humanistischem, religiösem oder sonstigem Erleben zu suchen. Druck, Zwang und Ungeduld sollten un¬bedingt vermieden werden. Sie sind auch nicht nötig, wenn Jesus Christus wirklich auferstanden und der Herr der Welt ist. Der erzieherische Zwang, die »Gesetzlichkeit« mancher Christen mag zur Abwendung vieler Zöglinge beigetragen haben. »Der Zwang des Gewissens ist das Gemeinste und Unwürdigste, was man einem Menschen antun kann.« (Schenkel,164) Dieses Anliegen der Toleranz im Sinne des Vermeidens von Zwang, im Sinn der Glaubens , Gewissens  und Entscheidungsfreiheit sollten wir unbedingt ernst nehmen.

Auf der anderen Seite brauchen wir uns aber auch die freimaurerischen und liberalprotestantischen Zwänge, Intoleranzen und Diffamierungen nicht länger gefallen zu lassen. Wir brauchen nicht mehr unbedingt dort mitzubauen, wo nicht Jesus Christus der Eckstein ist. Die Zuwendung zum biblischen Jesus Christus bedeutet die Abwendung von allen anderen Göttern und Gurus. Diese Konzentration bedeutet nicht Armut und Engstirnigkeit, sondern Reichtum und Öffnung von unermesslichen Horizonten. Wirklicher Reichtum ist nicht von der grossen Zahl abhängig. Wenn Jesus Christus wirklich grundsätzlich überlegen ist, wenn er wirklich als einziger lebt, während alle anderen tot sind, dann kann er auch z. B. von, den 350 Millionen Hindugöttern nicht geschlagen werden. Alle andern können nicht gegen den Hauch seines Atems bestehen. Es sind Scheingötter, Götzen, und es wäre dumm, ihnen weiterhin Referenz zu erweisen. Wir lehnen die Vielfalt des Todes ab, und wenden uns der Vielfalt, dem Reichtum des Lebens zu. Eng ist nun allerdings der Weg, die Tür zu diesem Reichtum. «Schmal ist der Weg, der zum Leben führt …« (Mt. 7, 14) Der biblische Christus sagt bekanntlich: »Ich bin der Weg … » (Joh. 14, 6) «Ich bin die Tür … « (Joh. 10, 9) Zum Reichtum des Gottes der Bibel gelangen wir also nur, wenn wir Jesus Christus samt seinem Absolutheitsanspruch ernst nehmen. Der Absolutheitsanspruch ist der Kern, das Wesen, die Spitze, der Sinn seines Lebens. Ohne den Absolutheitsanspruch Christi betreiben wir Totenverehrung, setzen uns bewusst oder unbewusst sogar selbst an seine Stelle. Es ist wohl verständlich und sogar zu begrüssen, wenn ein grosser Teil der Bevölkerung solchen »Gottesdienste« fern bleibt. In Jesus Christus «wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, und an dieser Fülle habt ihr teil in ihm, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist.» (Kol. 9, 9f) Es soll jedem frei stehen, sich mit weniger zu begnügen. Doch die Glaubenden werden sich diese Fülle niemals mehr wegzaubern lassen. Der echte Ring ist nicht verloren, wir brauchen keine künstlichen Ringe.

7.4.9. Weisheit?

Es ist bereits zur Sprache gekommen, dass aus biblischer Sicht »die Weisheit der Welt Torheit vor Gott» ist (1. Kor. 3, 19). In Jesus Christus «sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. Das sage ich, damit euch niemand durch Überredungskünstetäuscht.« (Kol. 2, 3f) Wirbrauchen uns also nie mehr vom Gerede von Leuten täuschen zu lassen, die behaupten, »höhere» Erkenntnis zu besitzen, oder sich auf ihre »Gelehrtheit» etwas einbilden. Wir brauchen auch nie mehr solche Erkenntnis zu suchen. Täuschung führt zur Enttäuschung. Als Christusgläubige versuchen wir nicht mehr, unsere Weisheit selbst zu produzieren. Das würde zu lächerlichen Resultaten führen. Der Heilige Geist, der »Geist der Wahrheit», wird uns in alle Wahrheit leiten. (Joh. 16, 13)

An dieser Stelle sei noch eine Bibelstelle angeführt, die mir wichtig und deutlich zu sein scheint (l. Kor. 1, 20 31):

»Wo ist ein Weiser? Wo ein Schriftgelehrter? Wo ein Wortführer in dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt als Torheit entlarvt? Denn da die Welt angesichts der Weisheit Gottes auf dem Weg ihrer Weisheit Gott nicht erkannte, beschloss Gott, alle, die glauben, durch die Torheit der Verkündigung zu retten. Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen, und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen. Seht doch auf eure Berufung, Brüder! Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt; das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott. Von ihm her seid ihr in Christus Jesus, den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat, zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung. Wer sich also rühmen will, der rühme sich des Herrn.»

Zusammenfassung: Die freimaurerischen Ideale wie Friede, Humanität, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz, Weisheit usw. sind wohl der biblischen Tradition entnommen, doch die Freimaurer versuchen nun, diese ohne den Absolutheit beanspruchenden Jesus Christus zu verwirklichen. Aus biblischer Sicht muss dieses Unterfangen scheitern, weil es von falschen Voraussetzungen und einer völligen Verkennung der wirklichen, «wahren» Herrschaftsverhältnisse ausgeht. So werden denn diese Ideale nicht nur nicht erreicht, sondern es entsteht sogar das pure Gegenteil: statt Friede Auseinandersetzungen bisher ungeahnten Ausmasses und mit völlig neuen Waffen; statt Humanität Rollen der Köpfe; statt Freiheit Einsamkeit, Sprachlosigkeit, Isolation, Gebundenheit; statt Gleichheit künstliche, unnötige, menschengemachte Ungleichheit; statt Brüderlichkeit Enttäuschung gegen und Bitterkeit über Menschen; statt Weisheit Torheit.

7.5. Gefährlicher Kult

Wir haben gesehen, dass die kultischen Handlungen der Freimaurer hinter geschlossenen Türen, in »gedeckter Loge« stattfinden. Zudem meinen sie, die »wirklichen«, «tiefsten» Wahrheiten seien sprachlich nicht kommunizierbar. So setzen sie an die Stelle des Wortes das kultische Erleben. In der Loge werden symbolische Handlungen vollzogen, die insofern ein »Geheimnis« darstellen, als sie nicht intersubjektiv gleich erlebt und darum scheinbar anderen nicht mitgeteilt werden können.

Die biblische Sicht der Dinge ist dem völlig entgegengesetzt. Die biblischen Wahrheiten sollen nicht «privatisiert», wie ein Schatz gehütet und verborgen, sondern aller Welt in aller Öffentlichkeit mitgeteilt werden: »Gehet hin in alle Welt. . .« (Mt. 28, 18ff) Am Anfang war zudem nicht die Tat oder das Erleben, sondern das Wort. Natürlich sind auch für Christen Erlebnisse nicht ohne Bedeutung, doch Erlebnisse sind Folgeerscheinungen, wir orientieren uns nicht in erster Linie am Erleben. Aus biblischer Sicht gibt es zudem keine «Geheimnisse», die nicht ans Licht kommen können und sollen. «Wir meiden schändliche Heimlichkeit und gehen nicht mit List um, fälschen auch nicht Gottes Wort, sondern durch Offenbarung der Wahrheit empfehlen wir uns dem Gewissen aller Menschen vor Gott.» (2. Kor. 4, 2)

Aus biblischer Sicht ist alles verdächtig und für die Menschen gefährlich, was sich verbirgt, was sich mit »Geheimnissen« umgibt und mit »höherer Erkenntnis» brüstet. Das Verborgenene, Heimliche liegt in der »Finsternis«, und es soll ans «Licht» kommen, es soll schliesslich alles «offenbar» werden. «Prüft, was dem Herrn gefällt, und habt nichts gemein mit den Werken der Finsternis, die keine Frucht bringen, sondern deckt sie auf!« (Eph. 5, 1; 1. Tim. 6, 20)

»Es ist aber nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird. Darum, was ihr in der Finsternis sagt, das wird man im Licht hören; und was ihr flüstert in der Kammer, das wird man auf den Dächern predigen.« (Lk. 12, 2f; 8, 17; Mt. 10, 26f; Mk. 4, 22) Über die heimlichen Taten heisst es: »Was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn’s vom Licht aufgedeckt wird.« (Eph. 5, 1 2f) Jesus Christus ist dieses Licht. (Joh. 8, 12; Eph. 5, 14)

Natürlich würden Freimaurer energisch dagegen protestieren, ihre kultischen Handlungen als »Werke der Finsternis» zu bezeichnen. Es werden ja schliesslich keine Verbrechen und keine Vergehen begangen. Die meisten Freimaurer wollen im Gegenteil sicher ehrlich und aufrichtig das Beste für die Menschheit. Sie sind sich keiner »bösen Taten» bewusst. Nach Schenkel sind nur die Formen der freimaurerischen Kulthandlungen den antiken Mysterienkulten entnommen, die Inhalte dagegen seien »aufgeklärt» und rein humanistisch, hätten mit Mystik, Magie und Okkultismus nichts zu tun. Unseres Erachtens lassen sich Formen und Inhalte niemals derart trennen. Alle Formen vermitteln auch Inhalte, und Inhalte können ohne ihnen gemässe Form gar nicht vermittelt werden. Zudem haben wir gesehen, dass im Schottischen Ritus erst die obersten Grade einen aufklärerischen Inhalt haben. Die Tore zum Okkultismus sind sperrangelweit offen. Mehr noch: Wenn Christus das Licht ist und seine Aussagen absolute Geltung haben, dann befindet sich schon (oder noch) jeder im Bereich der Finsternis, der diese geistige Tatsache ablehnt. Zudem ist es unmöglich, mit dem Okkulten nur ein bisschen zu spielen und trotz allem den Kopf oben zu behalten. »Jede Hinwendung zum Okkulten führt tiefer hinein in den Okkultismus. Dies ist ein Lebensgesetz aller geheimen Gesellschaften, ebenso wie auch der initiatorischen Vereinigungen, die sich nicht als geheim bezeichnen. Es ist durch nur zu gut bekannte Gründe zu erklären: enttäuschte Neugier, Eitelkeit, Verlangen nach dem Mysterium, Stolz darauf, die Eingeweihten spielen zu können.« (Mellor, 451). Nach Mellor treiben die Logen mit grosser Selbstverständlichkeit Magie   meist ohne es zu wissen. (Ebd. S. 312)

Nach unserer Auffassung kann nur Jesus Christus Licht in diese Zusammenhänge bringen. In der Bibel steht, was das Passwort der Lehrlinge und Meister »Tubalkain« bedeutet. Den meisten Freimaurern ist dies wohl nicht bekannt, und es käme ihnen nie in den Sinn, dass es gefährlich sein könnte, immer wieder ausgerechnet dieses Wort auszusprechen. Worte sind scheinbar nebensächlich. Bewusst oder unbewusst lernen Freimaurer laufend und immer gründlicher, am Wort Gottes und am biblischen Jesus zu zweifeln, seine Worte zu relativieren. Das Wort »Tubalkain» ist nur ein Beispiel. Tatsächlich führt jedes Wort, jedes Symbol und alles Handeln schrittweise weiter weg vom biblischen Gott und seinem Sohn. Baum stellt das besonders fest bei: der »Magie der Bruderkette«, den Hals-, Brust- und Bauchzeichen, den «Gebeten», der »Magie des freimaurerischen Symbolismus«, den Ritualen der Hochgradfreimaurerei sowie der Magie des Würfels, der Würfelkreuze, des Merkursiegels, der Amulette, Abzeichen und anderen Kleinodien, die den Freimaurern wichtig sind.

Manche Freimaurer spüren, dass ihnen das kultische Erleben und Handeln nicht gut tut. Die »Ritualfähigkeit« ist ein Problem, das auch in der Freimaurerei selbst wahrgenommen wird. «Ein weiteres Problem im Bereich der Enttäuschung stellt die Gewöhnung an das Ritual dar, da sichtlich die Ritualfähigkeit im Zuge des gruppendynamischen Formungsprozesses und der persönlichen Rezeption des Dargebotenen erst allmählich steigt.« (Binder,132)

In Kurt Koch’s «Okkultem ABC« ist die Freimaurerei m. E. zu Recht aufgeführt. Er berichtet von einem Freimaurer in seiner Seelsorge, der »regelrecht unter einer geistlichen Blockade stand. Er war nicht in der Lage, die Heilstatsachen des Neuen Testamentes zu verstehen, geschweige denn, sie anzunehmen.» (Koch, 1988, S.144) »Es ist die Erfahrung vieler geistlich lebendiger Pfarrer in Nord Amerika, dass die Gemeinden, deren Pastor Freimaurer ist, geistlich tot sind. Es ist auch schwer, solchen Gemeinden das Evangelium zu verkündigen. Man hat den Eindruck, dass irgendwie ein Bann über der ganzen Kirche liegt.« (Ebd. 144)

7.6. Relativierender Einfluss

Die Freimaurerei hat durch ihre Mitglieder einen relativierenden Einfluss in allen Bereichen des staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. Mit den Worten der Bibel ausgedrückt: Sie sammelt nicht, sondern sie zerstreut. (Lk. 11 , 23)

Die Freimaurerei relativiert jeden menschlichen Glauben und jede Lebensäusserung als subjektiv, geschichtlich, kulturell, familiär, ökonomisch oder vielfältig anders bedingt. Sie relativiert jeden Aspekt menschlichen Seins durch sein Gegenteil und vermischt alle lebendigen Gegensätze, so zum Beispiel: Leben und Tod, Licht und Schatten, Wissen und Glauben, die Rationalität der Aufklärung und die mystische Form des Kultus, die Freiheit der Person und die starre, «rechtwinklige» Haltung in und ausserhalb der Loge usw.

Die Freimaurerei hebt alle Herrschaftsformen auf, indem sie sie gegeneinander ausspielt. Die Monarchien sollen durch demokratische Elemente ergänzt, relativiert werden. In den Demokratien soll die Gewaltentrennung Machtmissbrauch verhindern. Gesetze sollen das staatliche Handeln kalkulierbar machen, der Willkür entziehen und die individuelle Freiheit begrenzen. Die Gesetze gelten nicht absolut, sondern müssen in einem bestimmten Verfahren geändert werden können. Heute treten immer mehr auch die Medien als neue politische Macht in Erscheinung.

Gefördert werden überstaatliche Vereinigungen, doch sollen diese nicht zu stark werden. Einem Übermass an staatlicher oder wirtschaftlicher Zentralisierung wird mit Dezentralisierung und Föderalismus begegnet. Das Ideal ist die ideelle aber auch die politische und die religiöse Vereinigung aller Menschen bei gleichzeitiger Wahrung der »Freiheit« der einzelnen Individuen, Staaten und Kirchen.

Die Herrschaftsbereiche von Kirche und Staat sollen begrenzt werden durch die Trennung beider voneinander sowie durch die Schaffung eines neuen, dritten Bereiches der »freien« gesellschaftlichen Betätigung.

Die Freimaurerei fördert die Konzentration auf alles konkrete, diesseitige Schaffen und verrichtet gleichzeitig in den Logen »spekulative« Arbeiten. Dabei relativiert sie auch sich selbst: Dem »Allmächtigen Baumeister aller Welten» wird durch die Existenz atheistischer Logen absolute Anerkennung versagt. Im Gegensatz zu den humanistischen Systemen wird in deer christlichen Lehrart ein gnostischer Christus verehrt, der sich vom biblischen Jesus Christus grundsätzlich unterscheidet.

Alle freimaurerischen Lehrarten relativieren die Bedeutung des Wortes, der sprachlichen Kommunikation im weitesten Sinn. Die Freimaurerei erzieht zum Schweigen und fördert aussersprachliche Kommunikations  und Erlebnisformen. Gleichzeitig relativiert sie die Geltung und Bedeutung der eigenen Symbole, Riten und Kulte, indem sie auf allgemein verbindliche Symbolinterpretationen verzichtet.

Man kann den Geist der Freimaurerei als einen Geist des «absoluten Relativismus» bezeichnen. Es liegt ihm sozusagen die absolute Gewissheit zugrunde, dass es keine absolute Gewissheit gibt.

Aus biblischer Sicht ist diese absolute Gewissheit   zum grossen Glück für uns alle   falsch. Die absolute «Emanzipation» von allen Absolutheit beanspruchenden Autoritäten wird heute noch als «Freiheit« gefeiert und als »Mündigkeit« gepriesen. Doch wenn der Erlebnisrausch ausgeschlafen ist, könnte deutlich werden, wohin dieser Weg führt: in die Irre, in die totale Verwirrung, in den Wahnsinn, in die Trennung aller von allen. Das könnte nichts anderes sein als der Vorhof zur Hölle, an deren Existenz »aufgeklärte» und »gebildete« Geister natürlich nicht glauben.

7.7. Herausforderung

Die Freimaurerei ist erst seit kurzem Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Lange konnte sich dieses bedeutende geistige Gebilde mit Erfolg verbergen. Noch in den heute gebräuchlichen Lehrbüchern der Kirchengeschichte wird sie kaum in Fussnoten erwähnt, dabei ist sie für die Entstehung, die Entwicklung und das Verständnis der heutigen Zeit von ausserordentlicher Bedeutung.

Der hinter der Freimaurerei steckende Geist strebt eindeutig Weltherrschaft an. Aber die tatsächliche Herrschaft übt gemäss biblischer Wirklichkeit nicht er aus. Er scheint zu herrschen, indem er erfolgreich auch aus unserer Sicht »falsche« Herrschaft bekämpft. Er kann aber die von ihm geförderten Staats , Wirtschafts  und Gesellschaftsformen nicht mit Leben füllen. Er erlaubt keine allgemeine Orientierung in der Welt der von ihm entthronten Absolutismen. Er sammelt nicht, sondern zerstreut. Seine zersetzende »Arbeit» mag aber zum Bewusstsein der Verlorenheit der Menschheit führen, zur Einsicht, dass wir alle verloren sind, sofern wir nicht annehmen, dass es einen einzigen, einmaligen, göttlichen Menschen gibt, der den Geist des absoluten Relativismus längst besiegt hat und der allen Relativierungsangriffen widersteht. Dank dieser Annahme brauchen wir uns vor der »freimaurerischen Herrschaft« nicht zu fürchten. Wir wissen: Alles was mit diesem freimaurerischen Geist zusammenhängt, ist seinerseits höchst relativ, vergänglich, Schall und Rauch, dem Tod geweiht.

Freimaurern kann aus unserer Sicht nur eines geraten werden: Umkehren, das Leben dem biblischen Jesus Christus anvertrauen, aus der Loge austreten, zur besseren Bewältigung der wahrscheinlich folgenden geistigen Kämpfe einen gläubigen Seelsorger beiziehen. Das alles so rasch wie möglich, besser heute als morgen.

Den Freimaurern sollten wir mit Verständnis, nicht mit Verteufelung begegnen. Sie sind die Getäuschten, nicht die Täuscher, die Opfer, nicht die Täter. Wir kämpfen nicht gegen Menschen. Dem Geist des Humanismus liegt es daran, unter dem Deckmantel der Humanität, der Menschenrechte und der Menschenwürde Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Wir werden dann zur lebenden Menschheit, wenn wir diesem Geist widerstehen und nicht mehr auf seine Tricks hereinfallen. Das ist nur mit dem Schutz, der Kraft und der Führung dessen möglich, der vor zweitausend Jahren sein Leben für uns hingegeben hat.

 

Literaturverzeichnis

Abkürzungen:

FM = Freimaurer; FM? = Freimaurer Freund, möglicherweise Freimaurer; FMG = Freimaurer-Gegner; Wiss. = Wissenschaftler; Kath. = Katholik; Prot. = Protestant (lib. = liberal, bibl. = biblisch positiv»); Journ. = Journalist; SA = Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich; ZB = Schweizerische Zentralbibliothek, Zürich.

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G. A. Schiffmann, Das Verhältnis der Freimaurerei zum Christentum und zur Kirche. Stettin 1857. [FM, Prot. lib.] ZB BBN 6266. 1; Gal XVI 1061   Ders., Offener Brief an Herrn Dr. Nielsen, Professor der Kirchengeschichte in Copenhagen, als Antwort auf seine Schrift Freimaurerthum und Christenthum, Leipzig: Verlag Bruno Zechel, 1883. (Schiffmann war einer der wichtigsten Wortführer der Freimaurerei in der Auseinandersetzung mit den positiven Theologen Hengstenberg und Nielsen. Er war evangelischer Geistlicher, Archidiaconus an St. Jacobi in Stettin, Mitglied des »Protestantenvereins» sowie als Freimaurer Provinzial Grossmeister für Posen und Unterarchitekt des Ordens).

J. N. J. Schmidt, Wurzeln der Freimaurerischen Gemeinschaft. Rückblick und Ausblick, Zürich: Origo Verlag, Reihe Lehre und Symbol Bd. 14, 1961. [FMI SA 28 120

Herbert Schneider, Deutsche Freimaurer Bibliothek. Verzeichnis der Bi¬bliothek des Deutschen Freimaurer Museums Bayreuth, Hamburg 1977. [FM] ZB Bibliogr. 111 B 206

Hermann und Georg Schreiber, Mysten, Maurer und Mormonen. Geheimbünde in vier Jahrtausenden, Wien/Berlin/Stuttgart: Paul Neff Verlag, 1956. (Wiss.) SA 22 777

Rudolf Spitzbarth, Die Freimaurerei, ihr Herkommen und Wirken. Neue Zürcher Zeitung Nr. 283, 9.5.1968. (FMJ)

Reinhold Taute, Die katholische Geistlichkeit und die Freimaurerei. Ein kulturgeschichtlicher Rückblick, Berlin: Verlag von Franz Wunder, 1909, 3. Aufl. [FM] ZB BBN 6266.4

Brigitte Ulmer, Freimaurer Logen: Die stille Renaissance, in: Sonntags¬-Zeitung, 11.2.1990. [Journ.]

Marcel Valmy, Die Freimaurer. Arbeit am Rauhen Stein. Mit Hammer, Zirkel und Winkelmass. München: Callwey Verlag, 1988. [FM]

Karl Theodor August Wernicke, Beleuchtung der Angriffe der Evangelischen Kirchenzeitung gegen den Freimaurer Orden und den Eintritt evangelischer Geistlicher in denselben von einem Freimaurer. Berlin 1854. [FM] ZB AB 57512

Friedrich Wichtl, Weltfreimaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik. Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkrieges, München: J. F. Lehmanns Verlag, 1919. [Nat., FMG] SA 5815

August Wolfstieg, Bibliographie der freimaurerischen Literatur. Leipzig/ Burg/Hildesheim 1911, 1926 und 1964. [Wiss.]

C. Zendralli, Freimaurerei heute. Typoskript der Schweizerischen Grossloge Alpina, o. Jg. [FM]

Otto Zuber, Der maurerische Gottesbegriff, in: Alpina, Nr. 11/1975. [FM]

 

Der Autor:

Martin Hohl Wirz wurde 1949 in Herisau/AR geboren und studierte in den Jahren 1968 bis 1973 Ökonomie an der Hochschule St. Gallen für Wirtschafts  und Sozialwissenschaften. Mit der Dissertation zum Thema «Die wirtschaftstheoretische Bedeutung von Entfremdungstheorien» promovierte er zum Doktor der Ökonomie. 1978 bis 1980 erteilte er Unterricht an der Kantonsschule Hottingen in Zürich. Anschliessend war er während fünf Jahren (1981-1985) für ausserbetriebliche Information bei der BBC AG Brown, Boveri & Cie. in Baden zuständig. 1986 bis 1989 arbeitete er als Sekretär und Redaktor beim Verband schweizerischer Angestelltenvereine der Maschinen- und Elektroindustrie (VSAM). Seit 1989 studiert er Theologie an der Freien Evangelisch Theologischen Akademie Basel (FETA).

Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen der kirchengeschichtlichen Seminare an der FETA unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. E. Grossmann.

Weiter Artikel zum Thema Freimaurerei aus biblischer Sicht:

Die Freimaurerei – von Pfr. Dr. Kurt E. Koch

Freimaurerei und Evangelische Allianz – Erich Brüning

Charta Oecumenica – Ulrich Skambraks

Gleichheit – Freiheit – Brüderlichkeit – Dr. Samuel Külling

Die antichristliche Revolution der Freimaurerei – Manfred Adler

Die Verschwörung des Antichristus – Norbert Homuth

Christus und die Welt des Antichristen – Pfr. Wolfgang Borowsky

Weltmacht Zionismus  – Manfred Adler

Die geplante Weltregierung – Manfred Adler

www.horst-koch.de

info@horst-koch.de

 




Triumph d. Gekreuzigten Teil I

Erich Sauer

Der Triumph des Gekreuzigten

– Ein Gang durch die neutestamentliche Offenbarungsgeschichte-

Hier Teil 1

Teil 1: Der Aufgang aus der Höhe
Teil 2: Die Gemeinde der Erstgeborenen
Teil 3: Das kommende Gottesreich
Teil 4: Weltvollendung

Hier Teil 1; näheres siehe letzte Seite. Leichte Kürzungen und die Hervorhebungen sind von mir. Horst Koch, Herborn, 2003

Vorwort

»Triumph des Gekreuzigten« -, das ist der Sinn der neutesta­mentlichen Offenbarungsgeschichte. In immer helleren Lichtkreisen läßt Christus, der Triumphator, seinen Himmelsglanz erstrahlen. Die Gewinnung der Gemeinde, die Bekehrung der Völkerwelt, die Verklärung des Universums – das sind die drei Hauptstufen in dem Triumphzug seiner Erlösung.

Christus selbst ist der »Erstling«, der Anfang einer neuen Mensch­heit. In har­monischem Rhythmus von Äonen und Perioden geht der Gesamt­haushalt Gottes seinem Ewigkeitsziel entgegen. Das Ende des Gan­zen ist, wie der Anfang, Gott selbst (1. Kor. 15, 28).

Diesen Zusammenhang zu schauen, ist die Aufgabe der Heilsge­schichte. Sie zeigt uns den göttlichen Weltplan als Einheit in der Vielheit, als Stufengang, der nach oben führt, als Erdengeschichte, die das Weltall umspannt. Sie zeigt uns die Bedeutung der einzelnen Heilsereignisse, die Gottesordnung der Zeitalter, das Ziel des geschöpflichen Gesamtwerdens. …

Auf Vollständigkeit ist es nirgends im folgenden abgesehen. Worum es sich nur handeln kann, ist lediglich die Her­ausstellung gewisser Grundzüge der neutestamentlichen Haushal­tungen, und auch dies nur überblickartig und in bewußter Be­schränkung auf das Allerwichtigste, sondern überall Vorherrschaft der geschichtlichen Gesichtspunkte, keine »Neutestamentliche Theologie«, sondern einfache Beschreibung der neutestamentlichen Heilsentfaltung, vor allem des »Sinnes« der Heilsereignisse.

Erich Sauer, Bibelschule Wiedenest, im Januar 1937

 

Erster Teil: Der Aufgang aus der Höhe

1. Das Erscheinen des Welterlösers
2. Der Name »Jesus Christus«. Das dreifache Amt
3. Die Himmelreichsbotschaft
4. Der Entscheidungskampf von Golgatha
5. Der Triumph der Auferstehung
6. Die Auffahrt des Siegers
7. Die Eröffnung des Gottesreiches

1. Kapitel. Das Erscheinen des Welterlösers

Mit jubelndem Frohlocken himmlischer Heerscharen trat das Evangelium auf den Schauplatz der irdischen Welt. „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!” So klang es zur nächtlichen Stunde auf Bethlehems Fluren (Luk. 2, 14).

Er, auf den die Väter längst geharrt, trat in die Mitte seines Volkes als die Hoffnung« und der Trost« Israels (Luk. 2, 25). Gott geoffenbart im Fleisch!« Welch Geheimnis der Gottseligkeit! (1. Tim. 3, 16). Zwar kam er in Knechtsgestalt (Phil. 2, 7) und bettelarmer Niedrigkeit; aber dies Äußere war nur das Zelt« seiner innewohnenden Göttlichkeit. Auch im Lande des Todes blieb er der Fürst des Lebens« (Apg. 3, 15); denn in ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen« (Joh. 1, 4).

I. Die Gottesbotschaft der Zeitenwende

Ein dreifaches Zeugnis himmlischer Boten hatte das große Ereignis angesagt.

1. Christus – der Gottessohn. Die erste Ankündigung ge­schah im Tempel an Zacharias den Priester (Luk.1, 8-13). Sie schloß sich sofort an die letzte und höchste der alttesta­mentlichen Weissagungen an (Mal. 3, 23). Sie handelte zunächst von der Geburt des Wegbereiters, des zweiten »Elias«, und sagte, daß er, dessen Vorläufer dieser »Elias« werden sollte, kein Geringerer sein würde als der HErr, der Gott Israels selbst. »Viele von den Kindern Israels wird er zu dem HErrп, ihrem Gott, zurückführen. Gerade diesen nahenden HErrп und Gott hatte Maleachi im Geiste geschaut und ihn als den »HErrn der Heerscharen« bezeichnet, »der da unversehens zu seinem Tempel kommt« (Mal. 3,1). Wie passend war es darum, daß gerade in einem Tempel diese Prophe­tenbotschaft ver­kündigt wurde.

2. Christus – der Davidssohn. Die zweite Ankündigung ward Maria, der frommen Jungfrau aus Davids Hause, zuteil (Luk. 1, 26-38). Hier knüpfte der Engel an die davidischen Verheißungen an, und zwar sofort an die älteste und erste, die dem David selbst durch Nathan den Propheten gegeben wor­den war und die den Messias als Gottes- und Davidssohn bezeichnet hatte (1. Chron. 17, 13; Luk. 1, 32). »Der wird groß sein und ein Sohn des Höchsten genannt werden, und Gott der HErr wird ihm den Thron seines Vaters David geben (Luk. 1, 32). Auch hier ist also die Engelbotschaft wun­dersam fein auf die Person des empfangenden Menschen ab­gestimmt.

3. Christus – der Heiland. Die dritte Ankündigung ward schließlich dem Joseph gegeben. Er kam, trotz seiner davidi­schen Abstammung, nicht als Vater, sondern nur als Pflege­vater in Betracht, also lediglich als gläubiger, bußfertiger Israelit, nur dazu bestimmt, den Erlöser in sein Haus aufzu­nehmen. Ihm wurde darum gesagt, was der Messias für das erlösungsbedürftige, glaubende Israel sein würde. Er ist der »Immanuel, der von Jesaja geweissagte »Gott mit uns« (Jes. 7, 14; Matth.1, 23). »Des Namen sollst du >Jesus< heißen; denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sün­den« (Matth. 1, 21). Hier war von dem Amt und dem Werk des Erlösers als solchem die Rede. Und gerade dies ist das Wichtigste; denn Christus ward nicht Erlöser, um Gottes- und Davidssohn zu sein, sondern er trat als Gottes- und Davids­sohn auf, um Erlöser zu sein. »Jesus« – »Der HErr ist Ret­tung« – ist darum sein eigentlicher Name, und das Erlösersein ist so ganz sein eigenstes, innerstes Wesen, daß er den Namen »Erretter« direkt als menschlichen Personennamen trägt.

Alle drei Engelankündigungen aber wurden zusammenge­faßt in der nächtlichen Botschaft der himmlischen Heerscharen auf dem Hirtenfelde von Bethlehem:

»Euch ist heute der Heiland geboren« – das ist die Er­füllung der Immanuelsweissagung Jesajas und der Anord­nung des Jesusnamens an Joseph -,
»welcher ist Christus der HErr – das ist die Erfüllung dei Maleachibotschaft von dem kommenden »HErrn« und »Gott« an Zacharias -,
»in der Stadt Davids« – das ist die Erfüllung der Nathans­botschaft vom Davidssohn an Maria.

Mit diesem vierfachen Zeugnis direkter Himmelsbotschaften durch Engelmund klang noch harmonisch zusammen ein sie­benfaches, indirektes Geisteszeugnis durch den Mund gläu­biger Menschen:
Zacharias, die Hirten, Simeon und die Wei­sen aus dem Morgenlande, ferner Elisabeth, Maria und Hanna standen da wie leuchtende Fackeln am Eingang der Zeiten­wende, welche hinwiesen auf den, der da kommen sollte, den »Aufgang aus der Höhe« (Luk. 1, 78), den großen Erretter aus Davids Geschlecht. Und zwar priesen

Zacharias – den Besuch Gottes (Luk. 1, 68),
die Hirten – den Heiland (Luk. 2, 20 vgl. 11),
die Weisen – den König (Matth. 2, 11 vgl. 2),
Simeon – das Licht der Welt (Luk. 2, 31).E
Elisabeth – die Glückseligkeit (Luk. 1, 41-45)
Maria – die Barmherzigkeit (Luk. 1, 54)
Hanna – die Erlösung (Luk.2, 38).

II. Die Menschwerdung als geschichtliche Tat

Gewaltige Bewegungen in der oberen Welt müssen dem Erscheinen des Gottessohnes auf Erden vorangegangen sein. Nur wenig lüftet die Schrift den Schleier. Doch teilt sie uns, gleichsam aus einem innergöttlichen Zwiegespräch, ein Wort mit, das der Sohn gerade »bei seinem Eintritt in die Welt« zum Vater sprach: »Schlachtopfer und Speisopfer hast du nicht gewollt, wohl aber hast du mir einen Leib bereitet; an Brandopfern und Sündopfern hast du kein Wohlgefallen ge­funden. Da sprach ich: Siehe, ich komme, in der Rolle des Buches ist von mir geschrieben, daß ich tue, o Gott, deinen Willen« (Hebr. 10, 5-7).

Und dann geschah das Unbegreifliche. Der Sohn verließ des Himmels Pracht und ward ein Mensch wie wir. Aus der Ewigkeitsform göttlicher Überweltlichkeit begab er sich freiwillig in das Verhältnis menschlicher Innenweltlichkeit. Aus der freien Unbedingtheit und weltregierenden Absolutheit der göttlichen Gestalt trat er ein in die raumzeitliche Begrenztheit dei Kreatur. Das ewige »Worte ward menschliche Seele und entäußerte sich seiner weltumspannenden Herrschergewalt. Mag die Gesinnung der Selbstsucht sogar fremdes, unrecht­mäßiges Gut als willkommenen »Raub« (Phil. 2, 6) mit Zähigkeit festhalten: er, der Urquell der Liebe, sah nicht einmal seinen ureigenen, rechtmäßigen Besitz, seine göttliche Gestalt und gottgleiche Stellung, als unbedingt zu behauptendes Gut an, sondern gab ihn dahin, um uns zu erretten. Er stieg hinab »in die niederen Gegenden der Erde (Eph. 4, 9), um uns, die Erlösten, dann mit sich und in sich emporzuheben in die Hö­hen des Himmels. Gott wurde Mensch, auf daß die Menschen göttlich würden. Er ward arm um unsertwillen, auf daß wir durch seine Armut reich würden (2. Kor. 8, 9).

Für die Heilsgeschichte der Menschheit aber ist Christi Er­scheinen die innerste »Sinnmitte«. Was vor ihm geschah, kam lediglich im Hinblick auf ihn zustande; was nach ihm ge­schieht, wird nur in seinem Namen vollbracht. Wie die buntschillernden Farben eines Prismas, trotz aller Verschiedenheit, dennoch nur Ausstrahlungen eines und desselben Lichtes sind, so wird auch die Offenbarungsgeschichte mit all ihren Haus­haltungen von einem einheitlichen Lebensprinzip getragen. Christus der Mittler ist der Eckstein des Ganzen. Sein Wirken auf Erden ist der Wendepunkt alles Werdens, und die Ge­schichte seiner Person ist der wesenhafte Inhalt aller Ge­schichte. Damit aber wird die Menschwerdung Christi das In-Erscheinung-Treten des göttlichen Weltfundaments, der Eintritt des HErrn der Geschichte in die Geschichte selbst, und die Krippe von Bethlehem, in Verbindung mit Golgatha, wird auf ewig

Aller Zeiten Wendepunkt,
aller Liebe Höhepunkt,
alles Heiles Ausgangspunkt,
aller Anbetung Mittelpunkt.

Wie sich aber in Christo diese beiden, seine Gottheit und seine Menschheit, in einem vereinen, das vermag niemand zu erklären. Das Geheimnis seiner Selbsterniedrigung ist ewig un­ergründlich. Christus tat nicht nur Wunder, sondern war selber ein Wunder. Begreifen wir doch schon die Zeit nicht; sie ist uns ein Rätsel. Noch viel weniger begreifen wir die Ewigkeit; sie ist uns erst recht ein Rätsel. Wie können wir da das Rätsel der Rätsel begreifen, die Vereinigung dieser beiden, entgegenge­setzten Geheimnisse, den »Schnittpunkt« dieser zwei »Paralle­len« in der Zeit, die organisch-harmonische Verbindung von Unendlichkeit und Endlichkeit, von Gottheit und Mensch­heit in einer Person, in Jesus von Nazareth.

III. Menschwerdung und Auferstehung

Um aber die Heilsbedeutung der Menschwerdung noch le­bendiger zu schauen, müssen wir sie im Zusammenhang mit der Auferstehung des HErrn betrachten, und zwar hier unter einem dreifachen Gegensatz:

1. Erniedrigung und Erhöhung,
2. Heilserwerbung und Heilsvollendung,
3. Geschichtliche Form und ewige Idee.

1. Denn in der Tat! Trotz alles Herabsteigens aus Himmels­höhen war es nicht eigentlich das Menschwerden an sich, was für den Sohn des Höchsten jene unendliche Erniedrigung be­deutete, sondern das Eingehen in die Form der unverklärten, unter den Folgen der Sünde stehenden Menschheit (Röm. 8,3); denn wenn schon das Menschsein als solches eine Erniedri­gung des Sohnes Gottes gewesen wäre, dann hätte ja seine Erhöhung nicht etwa in einer Verklärung, sondern in der völ­ligen Ablegung seines ganzen menschlichen Wesens bestehen müssen! Und doch ist es die klare Lehre der Heiligen Schrift, daß Jesus in seiner Erhöhung die Form der Menschheit behal­ten habe, daß also seine Auferstehung und Himmelfahrt nichts Geringeres in sich schlössen als die Verewigung seines Menschseins in verklärter, verherrlichter Form, wenn auch in einer uns völlig unvorstellbaren Weise!
Er ging zwar ein in die »Knechtsgestalt« (Phil. 2, 7) der erniedrigten Mensch­heit; doch durch sein Erlösungswerk erhöhte und verklärte er sie so, daß sie selbst zu seiner eigenen Herrlichkeit als des zur Rechten des Vaters Sitzenden keinen Ge­gensatz mehr bilden kann. Denn die Herrlichkeit des ver­klärten Menschen Christus Jesus im Himmel ist gewiß keine geringere als die, welche das ewige »Wort« vor seiner Menschwerdung gehabt hat. Sagt er doch selbst: »Verherrliche du mich, Vater, bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich schon bei dir besessen habe, ehe die Welt ward (Joh. 17, 5).

2. Aber noch mehr. Dies ewige Menschbleiben des Sohnes Gottes ist sogar unerläßliche Bedingung für die Vollendung seines Werkes. Denn nur als verherrlichter Mensch konnte er der »letzte Adam« (Röm. 5, 12-21; 1. Kor. 15,21) und das erhöhte »Haupt« (Eph. 4, 15; Kol. 2, 19) des »neuen Menschen« (Eph. 2, 15), des von ihm erlösten Menschheitsorganismus, seiner Gemeinde, sein. Nur so konnte das »In-Christo-Sein« der Geretteten, die organische Lebens­gemeinschaft der »Glieder« seines »Lei­bes« (Eph. 1,23) mit ihm, dem Haupte, er­möglicht werden. Darum ist das Menschbleiben Christi ein wesenhaft notwendiges Stück seiner Erhöhung, und erst durch die Auferstehung und Himmelfahrt wird das Wunder von Bethlehem in das rechte, biblische Licht gestellt.

3. Christus ward Mensch, um »letzter Adam« sein zu können. Das ist die ewige Grundidee seines Erscheinens in der Kreatur, und insofern ist dieses eine Verklärung seiner Person als des Erlösers; doch er ward erniedrigter Mensch, um auf dem Wege der Stellvertretung für die Sünder die Herrlichkeiten dieses letzten Аdam durch Leiden zu erlangen. Das war die geschicht­liche Form seines Kommens in die Welt.
Aber die geschichtliche Form war nur der Weg zur Verwirk­lichung der ewigen Idee. Er kam, um zu dienen und sein Leben zu geben als ein Lösegeld für viele (Matth. 20, 28) und um so, durch seine »Stunde« von Golgatha, die für die Ewigkeit zu erretten, die sich von ihm zur Buße rufen suchen und finden lassen würden (Luk. 19, 10). In uns aber gewinnt, durch unser Eingegliedertsein in ihn, un­ser Leben (Kol. 3, 4), der himmlische Christus immer sieg­hafter Gestalt.

2.  Der Name »Jesus Christus«.  Das dreifache Amt

»Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden« (Apg. 4, 12). Was ist mit diesem Namen ge­meint? Warum heißt der Erlöser gerade »Jesus Christus«

I. Der Name »Jesus«

Dieser ist ein Dreifaches: zunächst ganz einfach sein

1. Personenname. »Du sollst seinen Namen Jesus heißen« (Matth. 1 21). Indem er aber gerade bei der Menschwerdung dem Sohne Gottes gegeben wurde, ist er zugleich auch sein

2. Niedrigkeitsname. Ja, so sehr ist dieser Name mit der Erniedrigung des HErrn verbunden, daß ihn dieser geradezu mit anderen, mit sterblichen Menschen, gemeinsam hat. Von hier aus wird auch klar, warum die Evangelien meistens von »Jesus« reden, während in den Briefen der »Christus«titel durchaus im Vordergrund steht. Denn die Evangelien handeln von der Zeit seiner Niedrigkeit, während die Briefe von ihm, dem Erhöhten und Verherrlichten, zeugen, und in dem Jesusnamen wiegt das Heil, in dem Christustitel die Herrlichkeit vor.Erst in der Auferstehung und Himmelfahrt ist »Jesus«, wie Petrus am Pfingsttage sagt, recht eigentlich zum »Christus« im Vollsinn des Wortes geworden. »Das ganze Haus Israel wisse nun zuverlässig, daß Gott ihn sowohl zum HErrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr ge­kreuzigt habt« (Apg. 2, 36). Insofern also der Weg des HErrn von Selbstentäußerung zu Herrlichkeit voranging, geht auch das Neue Testament denselben Weg: den Weg von »Jesus« zu »Christus«.Die Hauptbedeutung des Jesusnamens aber liegt in seinem eigentlichen Wortsinn: »Jehoschua«, »Der HErr ist Rettung«. Darum ist er der besondere

3. Heilsname des Welterlösers. »Er wird sein Volk erretten von ihren Sünden« (Matth. 1, 21). Als solcher aber offenbart er dreierlei:
die Ausschließlichkeit seines Heils; denn er und nur er kann erretten (Apg. 4,12)
die Grenze seines Heils; denn nur »sein Volk« (d. h. seine Erlösten aus allen Völkern) wird er retten (vgl. 1. Petr. 2,9; Apg. 15,14) und
die Tiefe und Weite seines Heils; denn nicht nur von den Folgen der Sünde – von Verdammung und Gericht – will er erlösen, sondern von den Sünden selber, von ihrer Knech­tung, Herrschaft und Macht. Er ist nicht nur Rechtferti­gungs-, sondern auch Heiligungsquell (1. Kor. 1,30). Dies alles liegt in dem Jesusnamen.
Aber welches ist der Weg und die Weise, auf welche der HErr diese Schätze seines Jesusnamens offenbart? Die Ant­wort liegt in dem Christustitel. 

II. Der Name »Christus«

Hier sind es vor allem vier dreieinheitliche Tatsachen, die uns den Inhalt dieses Namens erschließen:

1. die dreifache Amtssalbung im Alten Testament,
2. die dreifache Entfaltung im Neuen Testament,
3. die dreifache Bindung des Menschen durch die Sünde,
4. das dreifache Christuswerk des Erlösers.

1. In der alttestamentlichen Heilszeit hatte es drei theokra­tische Hauptsalbungsämter gegeben, eine Salbung des Hohenpriesters (3. Mose 8,12; Ps. 133, 2), des Königs (1. Sam. 10,1) und des Propheten (1.Könige 19,16).
Wenn also der Mittler des Heils als »Christus«, »Messias«, d. h. »Gesalbter« bezeichnet wird, so heißt dies, daß die höchsten Ämter und Würden des ganzen Alten Bundes in seiner Person vereint sind, daß in ihm alle Gedanken der Weissagung auf ewig zur Erfüllung gelangen. Er bringt, nach der Weissagung Jeremias vom Neuen Bunde (Jer. 31, 31-34: vgl. Hebr. 8, 8-12),

eine Verinnerlichung des Königtums (2. Kor. 3, 3)
eine Verallgemeinerung des Prophetentums (Jer. 31, 34a) und
eine Ewig-vollkommen-Machung des Priestertums (Jer. 31, 34b).

Er legt sein Wesen in die Seinen hinein und macht sie des­gleichen zu Königen, Priestern und Zeugen seiner propheti­schen Wahrheit (1. Petr. 2, 9; Off. 1, 6).

2. Nicht auf einmal, sondern in drei großen Stufen entfaltet der HErr den Herrlichkeitsinhalt seines Christustitels. Er kommt zuerst als Prophet (5.Mose 18, 15-19), als »Sohn«, in dem Gott »am Ende der Tage« geredet hat (Hebr. 1,1-3) und der, als der »Abglanz der Herrlichkeit« Gottes, das Wesen seines Vaters unvergleichlich vollkommener offenbar macht als alle Propheten von alters (Joh. 1, 18; 3,13).
Und dann geht dieser Prophet an das Kreuz. Er läßt sich beladen mit den Sünden der Welt (Joh. 1, 29; 1. Joh. 2, 2), wird Opferlamm und Priester zugleich (Hebr. 9,12; 14; 25) und bewirkt durch sich selbst die Reinigung der Sünden (Hebr. 1, 3).
Zuletzt aber wird er erhöht und setzt sich zur Rechten der Majestät in der Höhe, und nun sehen wir ihn, der »ein wenig unter die Engel erniedrigt« gewesen war, gerade »um seines Todesleidens willen« als König »mit Herrlichkeit und Ehre ge­krönt« (Hebr. 2,9).3.

3. Aber warum gerade ein dreifaches Amt? – Weil ein dreifaches Heilsbedürfnis der Menschheit vorliegt! Weil die gefallene Nach­kommenschaft Adams dreifach gebunden ist und darum auch nach drei Beziehungen hin erlöst werden muß!

Gott hat die Menschen zu einem geschöpflichen Abglanz sei­nes geistigen, heiligen und seligen Wesens geschaffen. Damit sie ein Spiegel seiner Geistigkeit sein könnten, gab er ihnen den Verstand, damit sie ein Abbild seiner Heiligkeit und Lie­be sein könnten, den Willen, und damit sie ein Gefäß seiner Seligkeit würden, das Gefühl.

Doch dann kam die Sünde. Der ganze Mensch fiel: sein Verstand wurde verfinstert (Eph. 4, 18), sein Wille wurde bö­se (Joh. 3, 19), und sein Gefühl wurde unselig (Röm. 7, 24).4.

4. Aus diesem totalen, dreifachen Verderben errettet ihn nun das Werk Christi.

Als Prophet bringt er die Erkenntnis, das Licht, erlöst den Verstand aus seiner Sündenverfinsterung und richtet das Reich der Wahrheit auf.
Als Priester bringt er das Opfer, tilgt die Schuld und damit das Bewußtsein der Schuld, erlöst also das Gefühl von dem lähmenden Druck der Unseligkeit und des anklagenden Ge­wissens und richtet das Reich des Friedens und der Freude auf.
Als König beherrscht er den Willen, lenkt ihn in den Bahnen der Heiligkeit und richtet das Reich der Liebe und der Gerechtigkeit auf.

So wird sein Christustitel mit seinem dreifachen Heilsinhalt zur Entfaltung und Auslegung seines Jesusnamens. Der Erlö­ser ist dadurch der »Jesus«, der »Retter«, daß er der »Chri­stus«, der dreifach Gesalbte, ist. Sein dreifaches Amt befreit den Menschen nach seinen drei Seelenkräften, nach Verstand, Gefühl und Wille. Ein volles, freies und ganzes Heil ist eingeführt, so daß die Erlösung nicht vollständiger sein kann, als sie ist.

3. Kapitel. Die Himmelreichsbotschaft

»Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbei­gekommen.« Matth. 3,2.

I. Der Herold
Am Jordan, in der Wüste, predigte Johannes die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden (Markus 1, 4). Er war der »Elias« (Mal. 4, 5; Luk. 1, 17), der »Wegbereiter (Jes. 40,3), gewaltiger als alle Propheten (Matth. 11, 9-10), der Zeuge vom Licht und vom Lamm (Joh. 1, 7- 8; 29; 36), der Herold des unmittelbar kom­menden Königs (Mal. 3,1; Joh. 1, 26). Er war die »Stimme« eines Rufenden in der Wüste, die da hinwies auf das »Wort« aus der Ewigkeit (Joh. 1, 1-3; 14).
So sagt auch Johannes: »Nach mir kommt ein Mann, der vor mir ge­wesen ist; denn er war eher denn ich« (Joh. 1, 30).

Ist aber schließlich das Wort gesprochen, so verschwindet die Stimme, verhallt und existiert nicht mehr. Das Wort aber bleibt; denn es ist in das Herz des Hörenden eingepflanzt. So auch bei Jesus und Johannes. »Er muß wachsen; ich aber muß abnehmen« (Joh. 3, 30). Sobald der Täufer seine Sendung er­füllt hat, wird er hinweggenommen; Jesus aber bleibt.

II. Der König
An die Botschaft des Herolds knüpfte der König an (Matth. 4, 17 vgl. 3, 2). In seiner Person war das Gottesreich mitten unter die Menschen getreten. Er selber war das personhaft anwesende Reich. Dies drückte er, verhül­lend und enthüllend zugleich, durch seine Selbstbezeichnung »Menschensohn« aus.

1. Der Ursprung des Menschensohn -Titels.
Diese in den Evangelien über 80 mal vorkommende Redeweise Jesu hat ihre Wurzel im Buche Daniel. Dort war das Messianische Reich, im Gegensatz zu der Raubtiernatur der Weltreiche – Löwe-Adler, Bär, Panther und Schreckenstier – als das Reich des »Men­schensohnes« bezeichnet worden, das heißt, als das erste und einzige Reich der Geschichte, in dem wahres Menschentum im Sinne der Heiligen Schrift auf der Erde regiert. »Ich schaute in Gesichten der Nacht: und siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie eines Menschen Sohn, und er kam zu dem Al­ten an Tagen, … und ihm wurde Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben« (Dan. 7, 13).
Diese Weissagung von dem Menschensohn in den Wolken des Himmels, der als Messiaskönig das Reich errichtet, deutet Christus in seiner Ölbergrede vor seinen Jüngern (Matth. 24,30) und in seinem Eidschwur vor dem Hohen Rat unverkennbar auf sich: »Von nun an wird’s geschehen, daß ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen in den Wol­ken des Himmels« (Matth. 26, 64).

2. Der Sinn des Menschensohn -Titels.
Mit der Selbstbe­zeichnung »Menschensohn« will Christus also nicht etwa im Hinblick auf seine himmlische Vergangenheit seine Selbsterniedrigung zum Ausdruck bringen, daß er, der Gottessohn, nun Menschensohn geworden war, sondern, daß er, als verherrlichter Mensch, auf den Wolken des Himmels einst wiederkommend, der Bringer des Gottesreichs sei und somit in seiner göttlichen Person die Verwirklichung der Idee wahrer Menschheit auf den Thron der Völkergeschichte erhebe. Der Ausdruck »Men­schensohn« ist also ein göttlicher Messias- und Königstitel, gleichwie schon David, der Psalmist, gerade vom »Menschen­sohn« gesagt hatte: »Mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrscher gemacht über das Werk deiner Hände. Alles hast du ihm unter die Füße gestellt« (Ps. 8, 6; Hebr. 2, 6-9). Und weil in dem Menschensohntitel zugleich auch das verhüllte Geheimnis seiner Gottessohnschaft enthalten ist, sagt Christus in seiner Antwort auf die Frage des Hohenpriesters, ob er der »Gottessohn« sei: »Von nun an werdet ihr den Menschensohn sitzen sehen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels« (Matth. 26, 63).
Immer wieder tritt diese Gotteskönigsbeziehung des Men­schensohntitels hervor. »Der »Menschensohn« wird kommen in der Herrlichkeit seines Vaters (Matth, 16, 27), »mit großer Kraft und Herrlichkeit«. Des »Menschen­sohnes« Ankunft wird sein, »wie der Blitz ausgeht vom Auf­gang und scheint bis zum Niedergang« (Matth. 24, 27) . . .
Allerdings ist es eine verhüllte Gottes- und Königsbezeich­nung Joh. 12, 16; 34); denn nur von dem Glauben wollte Christus, bei seinem ersten Erscheinen, als Gottkönig anerkannt sein. Daher auch sein oftmaliges Verbot, ihn als Messias offenbar zu machen. Der Öffentlichkeit hat er sich erst unmittelbar vor seinem Kreuzestode als Messias kundgetan, und auch da nur in der Form einer sinnbildlichen Handlung, dem Einzug in Jerusalem (Luk. 19,29-40; Sach. 9, 9). Nur im Kreise der Sei­nen hat er sich, gleich von Anfang an, mit immer wachsender Klarheit, als Messias geoffenbart (Joh. 1, 41; 49; 4,25), bis schließlich der Felsenapostel, erleuchtet durch die Offenbarung des Vaters, das sieghafte Bekenntnis aussprach: »Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Got­tes« (Matth. 11, 16).

III. Das Reich

1. Der Ausdruck »Himmelreich«.
Vom Himmelreich hatten die Juden schon vor Johannes dem Täufer gesprochen. Sie nannten es »Malekut Schamajim« (»Königreich der Himmel«) und verstanden darunter die Herrschaft Gottes über alle Geschöpfe schlechthin, die Königsherrschaft Gottes über Israel insonderheit und namentlich das endgeschichtliche Herrlichkeitsreich des Messias. …

2. Die Erscheinungsformen des Himmelreiches.
Die Verkündigung des Himmelreiches war darum auch das eigentliche Thema seiner irdischen Botschaft, und alle seine Gleichnisse sind Himmelreichsgleichnisse. Hierbei ist das »Him­melreich« nicht einfach »der Himmel«, das »himmlische Reich« (vgl. 2. Tim. 4, 18), auch nicht nur das zukünftige Reich des Messias (Off. 20, 4) oder die Gemeinde des gegenwärtigen Zeitalters (vgl. Kol. 1, 13; Röm. 14, 17), sondern ganz all­gemein die Königsherrschaft Gottes schlechthin, wie sie, vom Himmel her kommend, auf dem Wege der Erlösung, auf der alten Erde errichtet und auf der neuen in Ewigkeit fortgesetzt werden soll. …

3. Das Evangelium vom Reich.
Dies alles gehört mit zum »Evangelium des Reichs« (Markus 1,14). Es ist das eigentliche Grundthema der Botschaft Christi. Es redet bald von dem gegenwärtigen, bald von dem nahen, fernen oder fernsten Reich. Daher auch bei dem HErrn die vorherrschende Bezeichnung »Himmelreich« für »Reich Gottes« Das Gottesreich ist eben »Himmelreich, weil es seinem Ursprung nach – vom Himmel her kommt, seinem Wesen nach – den Himmel in sich trägt und seinem Mittelpunkt nach – den HErrn zum König hat, durch den der Himmel recht eigentlich erst »Himmel« wird (Ps. 73, 25).

Aber immer ist es das eine Reich, das aus dem Himmel und der Ewigkeit stammt und, durch die Zeiten hindurch, in die Ewigkeit Gottes wieder einmündet. Dies eine (Gal. 1, 6-9) Evangelium aber ist:

»Evangelium Gottes« – dein Gott ist sein Ursprung (Röm. 1, 1; 2. Kor. 11,7),
»Evangelium Christi« – denn Christus ist sein Mittler (Röm. 15, 19; Gal. 1,7),
»Evangelium der Gnade« – denn Gnade ist seine Seele (Apg. 20, 24),
»Evangelium des Heils« – denn Heil ist seine Gabe (Eph. 1, 13)
»Evangelium des Reichs« – denn Gottes Reich ist sein Endziel (Matth. 6,10),
»Evangelium der Herrlichkeit« – denn Herrlichkeit ist seine Gesamtwirkung (1. Tim. 1, 11).

Und Paulus sagt von sich und seinen Mitarbeitern »mein Evangelium« (Röm, 16,25) oder »un­ser Evangelium« (2. Kor. 4,3) – denn sie waren die Boten (Gal. 1,11).

IV. Der Weg zum Reich
Aber der Weg zur Krone ging über das Kreuz. Nachdem darum der König zuerst das Ergebnis seines Werkes, das Reich, in den Mittelpunkt seiner Botschaft gestellt hatte, ließ er hernach immer mehr das Mittel zur Erreichung dieses Zieles – das Leiden – hervortreten.

Er sprach von der Tatsache seines Todes in der Hinwegnah­me des Bräutigams, dem Trinken des Kelches und dem Getauftwerden mit der Leidenstaufe (Matth. 20, 22).
Er sprach von der Notwendigkeit seines Todes, von dem göttlichen »Muß« seines Erhöhtwerdens wie die Schlange in der Wüste und seines Sterbens wie ein Weizen­korn, um durch Fruchtbringen verherrlicht zu werden (Joh. 12, 23).
Er sprach von der Freiwilligkeit seines Todes: Niemand nimmt es (mein Leben) von mir, sondern ich lasse es von mir selbst« (Joh. 10,18), und
Er sprach von der Bedeutung seines Todes als Grundlage völligen weltweiten (Joh. 12, 32) Heils durch stellver­tretendes Sterben (Matth. 20, 28) für verlorene Sünder, zwecks Aufrichtung eines Neuen Bundes durch Vergebung der Sünden, und als Grundlage praktischer Heiligung in echter Jünger­schaft in Selbstverleugnung und Kreuznachtragen (Matth. 10, 38; Joh. 12, 24-26).

Und in dem allen schaute er sein Sterben stets im Zusam­menhang mit seiner Auferstehung und Verherrlichung (Joh. 10, 17). Dies beweisen seine Worte vom Tempelabbruch (Joh. 2, 18-20), Jonaszeichen, Eckstein und Weizenkorn (Joh. 12, 23). Und auf diesem Bo­den der Auferstehung, in der Mitteilung seines Lebens an das Leben der Glaubenden sah er den einzigen Weg zum Teilha­ben der Sünder an der Heilsbedeutung seines Werkes; daher seine Worte vom Essen und Trinken seines Fleisches und Blu­tes, ohne das niemand Leben hat in sich selbst (Joh. 6,53). »Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt« (Joh. 6, 51; 58). »Wer dies Brot ißt, der wird leben in Ewigkeit«.

V. Die Reichsbotschaft

Unmöglich ist es, das sittliche Wesen der Himmelreichsbot­schaft erschöpfend zu schildern. »Die Welt würde die Bücher nicht fassen« (Joh. 21, 25). Die Reichsbotschaft ist

1. Heilig erhaben in ihrer Autorität. »Er lehrte, wie einer, der Gewalt hat, und nicht wie die Schriftgelehrten« (Joh. 7, 46), bestätigt durch Zeichen und Wunder (Joh. 5, 36; Hebr. 2, 4). Seine Worte waren Taten. Seine Taten waren Wunder, und Er Selber der göttlich gebietende Lebens­fürst (Apg. 3, 15). Ferner: Die Reichsbotschaft war

2. Wunderbar weise in ihrer Belehrung. Den Alten Bund deutete er als Vorstufe des Neuen, als Wahrheitsbeweis (Joh. 10, 34) und als Weis­sagung seiner eigenen Botschaft (Luk. 24, 27), also: erklärend.
Die Natur vergeistigte er zu Bildern und Gleichnissen des Himmelreichs, desgleichen das Menschen­leben und die Geschichte (Luk. 19, 12), also: verklärend.
Die fragenden Feinde bringt er durch Gegenfragen zum Ver­stummen (Joh. 10, 34), also: abwehrend.
Die lernbegierigen Jünger weiht er noch besonders in seine Geheimnisse ein (Matth. 13, 18), also: belehrend.

Von besonderer Bedeutung ist hierbei Jesu Stellung zum Alten Testament. Für Christus, das personhaft lebendige »Wort« (Joh. 1,14; Off. 19,13), ist das alttestamentliche, geschriebene Wort eine unauflösbare Einheit, ein Organismus, »die Schrift« (Joh. 10, 35).
Und im einzelnen ist es für ihn:

die Autorität, unter die er sich stellt (Gal. 4, 4),
die Speise, von der er sich nährt (Matth. 4.4)
die Waffe, mit der er sich weht (Matth. 12,3),
das Lehrbuch, das er erklärt (Luk. 24,27),
die Weissagung, die er erfüllt (Joh. 5,39),

Bei dem allen aber war seine Verkündigung

3. unheimlich hart in ihrem Urteil. Arg« ist der Mensch von Natur (Matth. 7, 11), »ein ehebrecherisches Geschlecht« (Mark. 8, 38), ein »Greuel vor Gott« alle Frömmigkeit des Fleisches (Luk. 16,15).
Mit »verzehrendem Eifer« (Joh. 2, 17) kämpft Christus gegen die Pharisäer, seine »Feinde« (Luk. 19, 27), diese Hauptvertreter der Scheinreligion. Er nennt sie Blinde, Lügner und Heuchler, (Joh, 10,8) und »Mörder« (Matth. 22,7), »reißende Wölfe« (Matth. 7,15) und Kinder des Teufels (Joh. 8, 44).
Den Tempel nennt er eine »Räuberhöhle« (Mark. 11, 17), Herodes einen »Fuchs« (Luk. 13, 32), seine falschen Bekenner »Übeltäter« (Matth. 7, 23) und alle, die ihn ablehnen: ärger als Sodom und Gomorrha (Matth. 10, 15).
Sie alle, die so bleiben, sind »Verlorene« und ihr Los ist »Heulen und Zähneknirschen«, ihr Ort das »unaus­löschliche Feuer« (Mark. 9, 44; Matth. 25, 41).

Und doch ist die Himmelreichsbotschaft zugleich

4. Unendlich erbarmend in ihrem Evangelium  Der Freund der Sünder, der Arzt der Kranken, der Erquicker der Mühseligen und Beladenen, die Kinder segnend, den Armen gute Botschaft verkündend und noch dem sterbenden Mörder das Paradies verheißend (Luk. 23, 43).

So wird er, der König, der Diener seiner Knechte (Markus 10, 42-45; Luk. 12,37).Und doch leibt er der König und verlangt restlosen Gehor­sam. Seine Botschaft ist Befehl, ja

5. Rückhaltlos total in ihren Forderungen.Er verlangt rest­losen Gehorsam. Seine Himmelreichsbotschaft ist Geschenk und Gebot, Gabe und Aufgabe zugleich. Wenn je ein Reich Totalitätsanspruch erhebt, so das Reich Gottes. Autorität und Gehorsam, Befehls­gewalt und Unterwerfung – das ist seine Ordnung. Ein tota­ler König, ein totales Reich, eine totale Gemeinde! Alles Halbe und Laue ist dem König ein Greuel. Der ganze Mensch gehört ihm, nach Geist, Seele und Leib, das Kreuz auf sich nehmen (Matth. 16, 24), nur ihm allein dienen (Luk. 16, 13), sein eigenes Ich hassen (Luk. 14, 26), sein Leben ver­lieren, um es auf ewig zu gewinnen (Joh. 12, 25) : das ist die Gesinnung, die der König verlangt.Das alles aber herausgeboren aus dem Leben von oben, aus dem königlichen Standesbewußtsein der Adelskinder aus göttlichem Samen. Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist« (Matth. 5, 48).Zuletzt aber wird das Ende kommen und mit ihm der Sieg; denn des Himmelreichs Botschaft ist

6. Weltweit erlösend in ihrem Ziel. »Der Acker ist die Welt« (Matth. 13, 38). Predigt das Evangelium aller Krea­tur« (Mark. 16, 15). Denn »in seinem Na­men muß Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden unter allen Völkern« (Luk. 24, 47), »in Jerusalem, ganz Judäa, Samaria und bis an das Ende der Welt« (Apg. 1, 8).Und wenn dann der König erscheint, wird sein Reich offen­bar. Die Gesegneten des Vaters werden die Herrschaft ererben, und die Gerechten werden leuchten wie die Sonne immer und ewiglich (Matth. 13, 43). Das ist die Hoff­nung der Himmelreichsbotschaft.

VI. Die Hörer
Aber alle diese Worte waren auf jüdischem Volksboden ge­sprochen. In den Tagen seines Fleisches war der Herr durchaus »Diener der Beschneidung« (Röm. 15,8), für seine Person so­gar selber »unter Gesetz« (Gal. 4, 4). Ich bin nicht gesandt als nur zu den ver­lorenen Schafen des Hauses Israel« (Matth. 15, 24).
Die in der Bergpredigt (Matth. 5-7), Seepredigt (Matth. 13), Ölbergsrede (Matth. 24 und 25) und allen Gleichnissen Ange­redeten waren zunächst Söhne des Volkes Israel. Erst seit der Hinwegnahme der »Umzäunung durch das Kreuz (Eph. 2, 13-16) und der Öffnung des Himmelreichs auch für die Vollhei­den bei der Bekehrung des Kornelius (Apg. 10) hatten auch die Nationen das Recht, den wesentlichen Lehr­inhalt der Evangelien in gleicher Weise wie die Juden direkt auf sich zu beziehen (Joh. 12, 32). Erst diese beiden, nach dem Erdenleben Jesu vollzogenen Ereignisse eröffneten hinterher auch den Nichtisraeliten die Tür in den Lehrsaal des Herrn.

Nun aber besteht auch »kein Unterschied« mehr (Apg. 15, 8-9); denn beide haben das »gleiches Heil (Apg. 28, 38; 11,17). Nun gibt es nicht zwei Evangelien – ein judenchristliches und ein heidenchristliches -, sondern nur ein Evangelium und eine Gemeinde (Gal. 1, 6-9; Eph.2, 11-22; 3,6).1] Und den »Anfang« seiner Verkündigung hat das »Heil« des Gemeinde­zeitalters in der Erdenbotschaft Jesu genommen (Hebr. 2,3). »Heil« und »Errettung« ist also die inspirierte Überschrift der irdischen Verkündigung des HErrn. Und wenn Paulus »sein« Evangelium, im Gegensatz zu dem »Buchsta­ben« und »Tod« des Gesetzes, als »Geist« und »Lebens be­zeichnet – »der >Geist< macht >lebendig<~ (2. Kor. 3, 6) -, so steht der Charakter der Jesusworte auf derselben Haushal­tungslinie: »Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben« (Joh. 6, 63)

So ist die Zeit der Evangelien eine Übergangszeit. Der Um­fang, die Umwelt und oft auch die Lehrform der Himmelreichsbotschaft waren alttestamentlich und national begrenzt; aber ihr Wesen und Geist waren neutestamentliche Freiheit. Die Haushaltungen des Gesetzes und der Gnade sind also nicht durch ein einziges Einzelereignis scharf voneinander ge­schieden, sondern gehen ineinander über wie die Farben des Regenbogens, beginnend mit der Geburtsankündigung des Wegbereiters und abschließend mit der Öffnung des Himmel­reiches für die Heiden durch Petrus in Cäsarea und dem Auf­treten und den Offenbarungen des Paulus (Eph. 2 und 3). Erst von da an war das Zeitalter der Gnade in vollem Umfange angebrochen.

4. Kapitel. DER ENTSCHEIDUNGSKAMPF VON GOLGATHA

Der Haß der Pharisäer brachte Christus ans Kreuz. Die Hin­richtung Jesu war der größte Justizmord der Weltgeschichte. Sie war der feigste Gesandtenmord, das schmutzigste Atten­tat, das jemals Rebellen gegen einen gütigen Vater ihres Va­terlandes begangen haben.

Was aber tat Gott?
Er hat diesen teuflisch gemeinen Aufruhr gegen seine Per­son in das Sühnopfer zur Errettung dieser Rebellen verwan­delt! Er hat auf den Faustschlag in sein heiliges Angesicht mit dem Kuß versöhnender Liebe geantwortet! Wir taten das Äu­ßerste an Bosheit gegen ihn; er aber tat das Äußerste an Güte gegen uns, und zwar beides zur selben Stunde, und so wurde die Schandtat am Kreuz noch im selben Augenblick zum erlö­senden Wendepunkt der Menschheitsgeschichte und zum Umbruch des gesamten Dramas der Weltall-Übergeschichte.

I. Die Bedeutung des Kreuzes für Gott

Das Kreuz ist das größte Ereignis der Heilsgeschichte, noch größer als die Auferstehung. Denn das Kreuz ist der Sieg, die Auferstehung der Triumph; aber der Sieg ist noch wichtiger als der Triumph, obwohl sich dieser mit Notwendigkeit aus ihm ergibt. Die Auferstehung ist das Offenbarwerden des Sie­ges, der Triumph des Gekreuzigten. Der Sieg selber war vollkommen. Es ist vollbrachte (Joh. 19, 30; Hebr. 2, 14).

Für Gott ist das Kreuz
1. Die höchste Erweisung der Liebe Gottes.
Denn dort gab der Allherr des Lebens sein Liebstes in den Tod, seinen eingeborenen Sohn, den Mittler und Erben der Schöpfung (Hebr. 1, 2;3). Christus der HErr starb am Kreuz, er, für den im Äther die Sterne kreisen und für den jedes Mücklein im Sonnenschein tanzt (Hebr. 2,10). Wahrlich: »Darin be­weist Gott seine Liebe gegen uns, daß Christus für uns ge­storben ist, da wir noch Sünder waren« (Röm. 5, 8). Zugleich aber ist das Kreuz

2. Der größte Beweis der Gerechtigkeit Gottes. Denn dort hat der Richter der Welt »zur Erweisung seiner Gerechtigkeit« nicht einmal seines eigenen Sohnes geschont (Röm. 8, 32). In all den Jahrhunderten vor Golgatha hatte Gott, trotz vieler Gerichte im einzelnen, die Sünde doch niemals hundertprozentig bestraft (Apg. 17, 30), so daß schließlich seine Heiligkeit durch seine Geduld in Frage gestellt zu sein schien »wegen des Dahingehenlassens der vor­her geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes« (Röm. 3,25). Da hat erst der Sühntod des Erlösers, als göttliche Selbst­rechtfertigung der vergangenen Menschheitsgeschichte, die un­umstößliche Gerechtigkeit des obersten Weltenrichters erwie­sen. Alle Geduld der Vergangenheit war nur möglich im Hin­blick auf das Kreuz, und alle Vergebung der Zu­kunft ist nur »gerecht« durch den Rückblick auf das Kreuz (Röm. 3, 23; 1. Joh. 1,9). Und gerade dadurch ist das Kreuz

3. Die wunderbarste Vermehrung des Reichtums Gottes. »Du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft durch dein Blut aus jedem Stamm und Sprache und Volk und Nation und hast sie unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht (Off. 5, 9). Sie sind nun erworben für Gott, das »Volk zum Besitztum« (1. Petr. 2, 9), das »Eigentumsvolk« (Tit. 2, 14).

II. Die Bedeutung des Kreuzes für Christus

Für Christus und Gott ist das Kreuz
1. Die höchste Anerkennung der Herrschaft Gottes; denn der Sohn »ward gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze (Phil. 2, 8; Röm. 5,19).

2. Die höchste Vollendung des Glaubens an Gott; denn er hat »an dem, was er litt, den Gehorsam gelernt (Hebr. 5, 8; 9) und ist also der »Anführer« und »vollkommenste Ausge­staltung des Glaubens geworden (Hebr. 12, 2).

3. Die entscheidendste Erwerbung des Wohlgefallens Got­tes, denn er gab sich als Opfer dahin, »Gott zu einem duftenden Wohlgeruch« (Eph. 5), und

4. Die endgültige Verewigung der Liehe Gottes. »Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf daß ich es wiedernehme« (Joh. 10, 17). Und was Christus persönlich be­trifft, so ist das Kreuz für ihn:

5. Der Weg zur Verklärung seiner Liebes- und Machtstel­lung zur Siegerstellung, vom Sein »in dem Schoße des Vaters« bis hin zum Sitzen »zur Rechten der Majestät in der Höhe« (Phil. 2, 9; Hebr. 2, 9; 8, 1), und ferner

6. Der Weg zum Besitz einer erlösten Gemeinde, vom »Al­leinsein« des Weizenkorns, durch Sterben hindurch, zum sieghaften »Verherrlichtwerden« und »Fruchtbringen« (Joh. 12, 24).

 III. Die Heilsbedeutung des Kreuzes für uns

A. Das Einzelheil

Für den einzelnen ist das Kreuz ein doppeltes: die Grund­lage seiner Rechtfertigung, juristisch seine Vergangenheit ord­nend, und die Grundlage seiner Heiligung, sittlich seine Ge­genwart beherrschend.

1. Die Grundlage der Rechtfertigung.
Auf den Bürgen muß all unsere Sünde gelegt werden (Jes. 53, 5), er muß sie tragen an Stelle der andern (Hebr. 9, 28), damit sie, der Sünde gestorben, nunmehr der Gerechtigkeit leben; und wie das Verderben der Mensch­heit durch den Fall – also ein geschichtliches Einzelereignis – hervorgerufen worden war (1. Mose 3; Röm. 5,12), so muß nun auch seine Aufhebung durch den Bürgen desgleichen durch ein Einzelereignis – eben die einzigartige »Rechtstat« von Golgatha – bewirkt werden (Röm. 5,18). Und da das Wesen der Sünde in der Trennung des Geschöpfes vom Schöp­fer besteht, also in der Trennung vom Urquell des Lebens und Folglich im Tode, so muß nun auch der Erlöser, wegen der not­wendigen Entsprechung von Sünde und Sühne, das Urteil die­ses Todes erdulden und so durch sein Sterben die Wiederher­stellung des Lebens bewirken. »Ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung« (Hebr. 9, 22). Nur so kann er, durch den Tod, dem die Macht nehmen, der die Gewalt des Todes hat, dem Teufel (Hebr. 2,14; 1. Kor. 15, 21).

Dies ist die Logik des Heils. Festgewurzelt und unantastbar steht sie im Erlösungsplan Gottes da. An ihrer zwingenden Beweisführung zerschellen alle hochmütigen Angriffe des Un­glaubens. Die verhaßte »Bluttheologie« der Bibel (Hebr. 9, 22), mit dеm gekreuzigten Christus als ihrem Zentrum, bleibt dennoch der Felsen des Heils, zwar vielen ein Stein des Anstoßes, den Erlösten aber der lebendige Eckstein.

Für die Erretteten ist dann das Kreuz

2. Die Grundlage der Heiligung.
Christus der HErr starb am Kreuz, damit wir nicht an das Kreuz brauchten. Das ist die uns ausschließende, rechtliche Seite seines Sterbens, das »Er­lösende« von Golgatha. Und dennoch: Er starb dort am Kreuz, damit wir, zusammen mit ihm trotzdem an das Kreuz kämen. Das ist die uns einschließende, sittliche Seite seines Sterbens, das »Bindende« von Golgatha. Wir sind mit dem Gekreuzigten »zusammengepflanzt« (Röm. 6, 5) und zur »Gleichheit seines Todes« organisch verbunden. Wir sind Nachfolger, Kreuzträ­ger (Matth. 10, 38), »Weizenkörner« wie er, die nur durch Sterben zum Leben gelangen (Joh. 12,24). Wir sind beru­fen zum Teilhaben an dem Charakter der zwar dunklen, aber nichtsdestoweniger kostbaren Grundlage unserer eigenen Er­lösung. Wir sind »mit Christo gekreuzigt« (Gal. 2, 19).

a) Die Welt um uns ist durch den Gekreuzigten für uns tot. Sie ist durch das Kreuz uns »gekreuzigt« und wir der Welt (Gal. 6, 14).

b) Die Welt in uns ist gleichfalls mit am Kreuz. »Indem wir dies wissen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt wor­den ist, … daß wir der Sünde nicht mehr dienen« (Röm. 6, 6; 11).

c) Die Welt unter uns ist durch das Kreuz völlig besiegt. Denn »nachdem Christus die Mächte und Gewalten entwaffnet hatte, hat er sie öffentlich an den Pranger gestellt und durch das Kreuz über sie triumphiert« (Kol. 2, 15; 1. Mose 3,15), und schließlich

d) Die Welt über uns ist durch das Kreuz für uns Gnade und Segen; denn der Fluch des Gesetzes ist abgetan (Gal. 3, 13). Die in ihren Geboten wider uns zeugende Schuldhand­schrift ist ausgelöscht und ans Kreuz geheftet (Kol. 2,14). Gottes Blick kann nun nicht mehr auf sie fallen, ohne zugleich auf das Kreuz zu fallen; sie ist gleichsam mitgetötet, mitge­kreuzigt. »Ich bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, auf daß ich Gott lebe« (Gal. 2,19).

Das Gesetz Gottes hatte den Tod über den Sünder verhängt (Gal. 3,10), und diesen hat Christus an seiner Statt getragen. Also ist Christus »durch« das Gesetz gestorben. Damit aber hat das Gesetz seine weiteren Geltungsansprüche an ihn verloren, gleichwie ein zum Tode Verurteilter durch die Hinrich­tung aus dem Untertanenverhältnis gegen die hinrichtende Obrigkeit ausscheidet. So ist nun auch Christus »dem« Gesetz gestorben. Was aber Christus erfuhr, hat der Gläubige in ihm miterlebt (Röm. 6,5-11). Also ist auch er dem Gesetz gegen­über tot und lebt nun in der Freiheit des Auferstandenen (Röm. 7, 4)

B. Das Gesamtheil

Auch für die Gesamtheit ist durch das Kreuz eine vollstän­dige Neuordnung eingetreten, und zwar

nach innen hin – als Aufhebung des Gesetzes,
nach außen hin – als Heilszulassung der Völkerwelt,
nach allen Seiten hin – als Weltall-Triumph des Gekreu­zigten.

1. Die Aufhebung des Gesetzes.
Nach innen hin bedeutet das Kreuz die Erfüllung und Abschaffung aller mosaischen Opfer (Hebr. 10, 10-14) und damit die »Aufhebung« des Ge­setzes überhaupt (Hebr. 7,18). So aber ist Christus durch das Kreuz »des Gesetzes Ende« (Röm. 10, 4) und also der »Bürge eines besseren Bundes« geworden (Hebr. 7, 22).

2. Die Heilszulassung der Völkerwelt.
Ist aber das Gesetz abgeschafft, so auch nach außen hin. Bis zum Kreuz war das Gesetz der »Zaun«, der das jüdische Volk von den Weltvölkern trenn­te (Eph.2, 14.). Die Nationen waren »ohne Gesetz« (Röm. 2, 12) und »Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung« (Eph. 2, 12). Zwischen beiden bestand eine Spannung. Nun aber ist Christus »unser Friede«. Mit der Erfüllung des Gesetzes hat er die »Zwischenwand der Umzäunung« hinweg­getan und die beiden, die Juden und die Heiden, in dem einen Leibe seiner Gemeinde, durch das Kreuz, miteinander wie auch mit Gott versöhnt (Eph. 2, 13-16). …

3. Der Weltall -Triumph des Gekreuzigten.
»Jetzt ist das Gericht dieser Welt! Jetzt wird der Fürst dieser Welt hinaus­geworfen werden« (Joh, 12,31). Gerade durch das Kreuz hat der Sterbende triumphiert. Gerade »durch den Tod« hat er »dem die Macht ge­nommen, der die Gewalt des Todes hat«, dem Teufel (Hebr. 2, 14). Daher sein Siegesruf: »Es ist vollbracht!« (Joh. 19, 30.) Das Ausgestoßenwerden Satans ist seiner Kraft nach begründet auf Golgatha (Joh. 12, 31), seiner Auswirkung nach geschieht es allmählich (Matth. 12, 29), seiner Vollendung nach wird es einst völlig sein (Off. 20, 10).

4. Christus – das Weizenkorn.
Durch dies alles wurde »Christus das Weizenkorn, welches welterlösende Liebe am Karfreitag in die Erde gesenkt hat, das Weizenkorn, das Ostersonntag die Erde durchbricht und himmelan zu wachsen beginnt, das Weizenkorn, dessen goldner Halm am Himmelfahrts­tage zum Himmel emporsteigt, das Weizenkorn, dessen myriadenreiche Ähre sich am Pfingsttage zur Erde herabneigt und die Samenkörner aus­streut, aus denen die Gemeinde geboren wird« (Joh. 12, 24).

5. Das Kreuz von Ewigkeit zu Ewigkeit.
So sehen wir das Kreuz überall:
das Kreuz in der Ewigkeit – das Lamm, zuvorerkannt vor Grundlegung der Welt (1. Petr. 1, 19),
das Kreuz in der Vergangenheit der Zeit – Gethsemane, Gabbatha, Golgatha;
das Kreuz in der Gegenwart – der gekreuzigte Christus als das lebendige Grundthema unserer eigenen Verkündi­gung (1. Kor. 2, 2);
das Kreuz in der Zukunft – der früher einst erniedrigte Heiland dann als König des geoffenbarten Messiasreiches (Phil. 2,8-11) und
das Kreuz in der Herrlichkeit – die Botschaft vom Lamm, als das Edelsteinfundament der himmlischen Stadt (Off. 21, 14).

5. Kapitel. DER TRIUMPH DER AUFERSTEHUNG

Christus ist auferstanden!« Mit diesem Siegesruf ist das Evangelium durch die Lande gedrungen. Die Botschaft vom Kreuz ist zugleich Botschaft der Auferstehung (Apg. 1, 22). Darin besteht ihre Unüberwindbarkeit (Off. 5, 5-6).

An sich wäre eine Rückkehr des Erlösers in den Himmel auch ohne leibliche Auferstehung denkbar gewesen. Ein Lebendiger wäre Christus ja auch dann geblieben, wenn er, un­mittelbar nach dem Tode, als Geist in die Herrlichkeit seines Vaters zurückgekehrt wäre! Als Geist ohne menschlichen Leib hatte er, vor seiner Menschwerdung, ja schon immer in allen Äonen der Ewigkeit im Himmel existiert und war dennoch der Brunnquell und Fürst alles Lebens gewesen (Apg. 3, 15). Nein, Fortexistenz nach dem Tode und Aufstieg zum himmlischen Thron war durchaus noch nicht notwendig dasselbe wie Auferstehung des Leibes!

Und doch war gerade sie die Voraussetzung für die Durch­führung der Erlösung. Denn nur sie war

I. Die volle Auswirkung des Sieges des Erlösers über den Tod
Bei einer Rückkehr in den Himmel ohne leibliche Auferste­hung wäre Christus nicht als voller Todesüberwinder offen­bar geworden. Er hätte nur geistig und sittlich über den Tod triumphiert; aber sein Sieg über den materiel­len Tod wäre nicht königlich hervorgetreten. Sein Triumph wäre nur gleichsam ein »Zwei-Drittel«-Triumph, nicht aber ein vollständiger Triumph gewesen; denn von der dreiteiligen menschlichen Persönlichkeit wären nur zwei Teile – Seele und Geist -, nicht aber auch der Leib in den Triumph seiner Erlösung mit eingeschlossen gewesen.

Ja, noch mehr. Ohne leibliche Auferstehung wäre Christus im Vollsinn des Wortes überhaupt nicht als Todesüberwinder offenbar geworden. Denn »Тоd« ist doch nicht Aufhören der Existenz, sondern Auflösung der menschlichen Persönlichkeit, nicht Auslöschung des Daseins, sondern Auseinanderreißung des Zusammenhangs von Geist, Seele und Leib. Überwindung des Todes muß darum in der Wiedereinsetzung dieser Einheit, in der Wiederherstellung des organischen Zusammenhangs von Geist, Seele und Leib offenbar werden, das aber heißt – vom Leibe aus gesehen – in der Wiedervereinigung des Lei­bes mit der Seele und dem Geist. Ohne leibliche Auferstehung darum überhaupt kein Triumph des Lebens (1. Kor. 15, 54­-57). Als überwunden erwiesen wird das Sterben nur in der Form der leiblichen Auferstehung.

Weiterhin war die Auferstehung notwendig als

II. Die Voraussetzung für die Entstehung des Glaubens in den zu Erlösenden
»Denn der Glaube kommt aus der Predigt« (Röm. 10, 14-17), und diese geht zurück auf den Glauben der ersten Zeit. Der einzelne glaubt durch das Zeugnis des Glaubens der Ge­meinde (Kol. 3, 15), und der Glaube der Gemeinde ist undenkbar ohne den Glauben der ersten Generation (Eph. 2, 20). Aber gerade dieser war nach dem Kreuzestode Christi zusammengebrochen (Joh. 20, 19; 25; Luk. 24, 21). Da waren es erst die leibliche Auferstehung des HErrn und die sich daran anschließenden Erscheinungen des Aufer­standenen, durch welche er wieder neu aufgerichtet wurde (1. Petr. 1, 21). Ohne leibliche Auferstehung hätte niemals ein denkender Mensch je an den Gekreuzigten geglaubt; denn sein Ende hätte seine eigenen Voraussagun­gen von seiner Auferstehung und seinem Triumph widerlegt (Matth. 16,21; 17,23; Joh. 2,19). Die Auferstehung des HErrn ist darum das Siegel des Vaters auf die Person und das Werk seines Sohnes (Apg. 2, 32). Durch Totenauferstehung ist Christus als Prophet und Sohn Gottes in Kraft »erwiesen« (Röm. 1, 4).
Die Auferstehung ist das Siegel auf

1. das Zeugnis der Propheten,
2. das Selbstzeugnis Jesu
3. das Zeugnis seiner Apostel. Sie beweist
4. die Gottessohnschaft Jesu,
5. die Königsherrschaft Jesu,
6. die Weltrichtervollmacht Jesu, und sie gewährleistet
7. unsere eigene, zukünftige Auferstehung und Verklä­rung.

Darum ist sie auch das urkundlich verbürgteste Ereignis der Heilsgeschichte. Gerade in dem selbst von der radikalsten Bibelkritik als echt anerkannten ersten Korintherbrief gibt Pau­lus vor kritischen Lesern unter Hinweisung auf Hunderte noch lebender Augenzeugen (1. Kor. 15, 6) folgende vier Hauptbeweise:

1. Den Erfahrungsbeweis: Ihr Korinther seid selbst durch die Botschaft vom leiblich Auferstandenen gerettet worden(1. Kor. 15, 1);
2. den Schriftbeweis: Nicht nur gestorben, sondern auch auferstanden ist Christus »nach den Schriften« (1. Kor. 15,3-4)
3. dеn Zeugenbeweis: Über ein Halbtausend Männer haben ihn bei den verschiedensten Gelegenheiten nach seiner Auferstehung persönlich gesehen (1. Kor. 15, 5-12):
4. dеn heilsgeschichtlichen Notwendigkeitsbeweis: »Ist Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich und euer Glaube eitel; so sind die, die in Christo entschlafen sind, verloren; so sind wir die elendsten unter allen Men­schen« (1.Kor. 15, 13-19).

Das Kreuz und die Auferstehung gehören folglich zusam­men. Der Gekreuzigte starb, um aufzuerstehen (Joh. 10, 17), und der Auferstandene lebt ewig als der “Gekreuzigte« (1. Kor. 2, 2; Off. 5, 6). Darum werden auch die Heilswirkun­gen der Erlősung immer wieder mit diesen beiden Tatsachen zusammen in Verbindung gebracht.

Damit ist aber auch zugleich schon gesagt: Die Auferste­hung ist – in Verbindung mit dеm Kreuz –

III. Die Grundlage des neues Lebens für die Gläubigen

Erst dann nämlich kann das Sühnopfer Christi dem schuldi­gen Sünder zugutekommen, wenn dieser an ihn glaubt als an das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinweggetragen hat (Joh. 1, 29). Zur Ermöglichung des Glaubens aber war die Auferstehung notwendig. Denn ohne das Offenbarwerden des vollkommenen Sieges von Golgatha im Tri­umph der Auferstehung wäre der Glaube an das Lamm Got­tes nicht möglich geworden.

Darum wird erst in dеm aufer­standenen und erhöhten Mittler das am Kreuz für uns erwor­bene Heil flüssig. Erst in dem zur Herrlichkeit erhöhten Lamm steht die Gnade für alle offen. Und deshalb, weil wir so durch den Glauben die Vergebung der Sünden empfangen haben und damit im Urteil Gottes gerecht und seine Kinder gewor­den sind, hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt (Gal. 4, 6), wodurch es zur Wiedergeburt gekommen ist. So ergibt sich als selige Frucht der im Opfertod Christi geschehenen und in der Auferstehung besiegelten Versöhnung eine organische Verbindung des Glaubenden mit Christus, eine Todes- und Lebensgemeinschaft der Erlösten mit dem Er­löser (Röm. 6,5; Gal. 2,19; Kol. 3,3), gleichsam ein Es­sen und Trinken seines Fleisches und seines Blutes (Joh. 6, 53), und der »Christus für uns« wird »Christus in uns«, die Hoffnung der Herrlichkeit (Kol. 1, 27).

Die leibliche Auferstehung des HErrn bedeutet darum die Rückkehr des Erlösers zur Menschennatur, die Verewigung seiner Menschheit in verklärter, verherrlichter Form. Sie be­deutet, daß Christus der »letzte Adam« ist (Röm. 5, 12-21; 1. Kor. 15, 45) und im Himmel zur Rechten Gottes (Apg. 1,11; Dan. 7,13; Phil. 3,21), der schöpferische Anfänger und das organische »Haupt« einer erlösten Geistes­menschheit.

Zugleich aber stehen wir hier vor einer ungeheuren Span­nung unseres Denkens. Denn wie kann der Erlöser noch nach seiner Erhöhung in der Herrlichkeit »Mensch« sein, noch dazu in der Form eines verklärten »Leibes«? Sagt er doch selbst zu den Seinen: »Siehe, ich bin bei euch alle Tage!«, und ist er doch vor allem die zweite Person in der Gottheit! Hier zeigt sich von neuem der Abgrund des Ewigen. Das Überräumliche und Überzeitliche ist uns restlos unerklärbar. Wenn wir darum hier – mit der Bibel – von »Stofflichkeit« und »Leiblich­keit« reden, so hat dies alles für uns einen unbegreiflichen Sinn. Christus aber ist gerade in die »Ewigkeit« eingegangen. Dennoch lehrt die Heilige Schrift dieses ewige Menschbleiben des Erlösers. Gerade dies verbürgt die Inkraftsetzung und Erhaltung seines Werkes. Sein Sieg über den Tod muß die endlose Fortsetzung seiner Menschwerdung in sich einschlie­ßen. Nur als der »Erstgeborene unter vielen Brüdern« (Röm. 8, 29; Kol. 1,18) kann er der »Urheber ewigen Heils sein (Hebr. 2,10; 5,9).

Zuletzt aber ist die Auferstehung

IV. Das Fundament für die Verklärung der Welt

Als solches entfaltet sie sich in drei stets größeren Kreisen. Sie gewährleistet
im Leben des einzelnen – die Auferstehung des Fleisches,
im Leben der Erdwelt – die Erscheinung des Herrlich­keitsreiches,
im Leben des Weltalls – das verklärte Universum.

1. Die Auferstehung des Fleisches ist nur möglich auf der Grundlage der Auferstehung des HErrn Jesu. Die Auferweckung Jesu ist die Verklärung der Menschheit in Christo als ihrem »Erstling« (Kol. 1,18). Die Aufer­stehung beweist: Der Weg zur Auferstehung der Erlösten ist frei. Sein Triumph über den Tod ge­währleistet uns unsere eigene Auferweckung (Röm. 8, 11). Sein Herrlichkeitsleib ist das Muster und Urbild unseres eigenen, zukünftigen Leibes (Phil. 3, 20; 1. Kor. 15, 49). Die Auferstehung des »Erstlings« ist die Grundlage aller Auferstehung (Joh. 5,26-29).

2. Das Tausendjährige Reich ist durchaus auf der Aufer­stehung des HErrn Jesu gegründet. Denn die dem David gegebenen Verheißungen sprachen von einem ewigen, verklär­ten Menschheitsreich (2. Sam. 7, 13). Dazu ist aber ein ewiger Menschheitskönig erforderlich, eben der Menschensohn, der dereinst auf den Wolken des Himmels erscheint (Dan. 7,13; Matth. 26, 64; Off. 1, 13).
Das Menschbleiben Christi in der Auferstehung ist also die grundsätzliche Erfüllung der davidischen Reichsprophetie. Die Auferstehung des »Königs« ist die Grundlage der messianischen Welt»wiedergeburt« (Matth. 19, 28); und was bei der Wiederkunft Christi geschieht, ist nur die geschichtliche Offenbarung und Durchführung dieser schon längst bei seinem ersten Kommen gegebenen »Erfüllung«. Darum sagt auch Paulus: »Daß Gott ihn (Jesum) aus den To­ten auferweckt hat, … hat er in den Worten ausgesprochen: Ich will euch die dеm David verheißenen, unverbrüchlichen Gnadengüter geben (Apg. 13, 34).

Geistliche »Auferstehung« Israels! (Hes. 37,1-14).
Geist­liche Wiedergeburt der Nationen! (Ps. 87, 4-6; Jes. 25, 7).
Neubelebung der Natur! (Jes. 41,18).

So werden dereinst die Lebens­kräfte des Auferstandenen die ganze Erde erfüllen, und die sichtbare Herrschaft des Messias wird für die irdische Schöp­fung neues Leben sein (Matth. 19,28).

Aber auch das Tausendjährige Reich ist nur Einleitung und Vorspiel. Das Endziel ist
3. Der neue Himmel und die neue Erde nach dem Großen Weißen Thron. Dann werden nicht nur Seele und Geist, sondern auch Stoff und Natur in Voll­endung verklärt sein. Im himmlischen Jerusalem wird es gleichsam Gold geben, »durchsichtig wie Glas« (Off. 21,18). Nicht Geistigkeit, sondern Geistleiblichkeit ist das Ende der Wege Gottes mit seiner Kreatur.
Aber auch hier ist das Osterereignis das schöpferische Fun­dament. Die Auferstehung des »Erben aller Dinge« ist die Gewähr des neuen Himmels und der neuen Erde.
An Jesu Lei­be wurde in der Auferstehung zum erstenmal Materie ver­klärt (Joh. 20, 27 und bes. Luk. 24, 39-43), und damit der Grundsatz der Verklärbarkeit des Stoffes in der Heilsgeschichte geoffenbart und gewährleistet. Auch in dieser Hinsicht ist Christus »der Erstling«. Fortan beruht alle Verklärung des Himmels und der Erde auf der Auferste­hung des Leibes des Erlösers, und nach dem Großen Weißen Thron werden die Lebenswirkungen des Auferstandenen in weltumspannendster Weise offenbar. Darum ist dies der letz­te und umfassendste Sinn seiner Auferstehung: »Siehe, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde« (Jes. 65,17; 2. Petr. 3,13).

6. Kapitel. DIE AUFFAHRT DES SIEGERS

Der siegreich Auferstandene ist gen Himmel gefahren. Der von den Menschen ans Kreuz »Erhöhte« (Joh. 12,32) wurde von Gott in die Herrlichkeit »erhöht« (Phil. 2,9). »Setze dich zu meiner Rechten, bis daß ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße« (Ps. 110,1).

Für alle drei Ämter des Erlösers ist die Himmelfahrt von entscheidendster Bedeutung. Sie ist
für das prophetische Amt – der Übergang aus der un­mittelbaren Prophetie in die Geistprophetie,
für das priesterliche Amt – der Übergang in das Hohepriestertum »nach der Ordnung Melchisedeks«,
für das königliche Amt – die Erweiterung der könig­lichen Vollmacht zur königlichen Herrschaft.

I. Das prophetische Amt
war zunächst vornehmlich:

1. Zeugendienst durch Wandel. Von der Menschwerdung des Erlösers bis zu seinem öffentlichen Auftreten war die Kundmachung Gottes, wie Christus sie vollzog, durchaus ein Prophetentum der Persönlichkeit. Das Leben des Kindes, des Jünglings, des werdenden Mannes offenbarte die Heiligkeit Gottes – »Wer mich sieht, der sieht den Vater« – und zeigte das göttliche Ideal für die normale Lebensentwicklung der Menschen (vgl. Luk. 2, 40; 52). Das »Themas dieses Prophetentums lautete gleichsam: »Der Mensch Gottes«. Seit der Taufe trat noch die

2. Wortprophetie hinzu, zu dem Prophetentums des Lebens das Prophetentum der Lehre. Christus »lehrte wie einer, der Gewalt hat, und nicht wie die Schriftgelehrten« (Matth. 7, 29). Sein Thema war jetzt: »Das Reich Gottes. Seine Himmelfahrt aber bedeutete den Übergang dieses direkten Prophetentums in ein indirek­tes, und – in Verbindung mit Pfingsten – den Beginn einer vom Himmеl her wirkenden

3. Geistprophetie. Nun gibt es ein »Kommen« des erhöhten Propheten in Wort und in Geist zu uns, den zu Belehrenden (Joh, 14, 18; 28). Nicht nur seine Sendboten »kommen« – die Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer (Eph. 4, 11) und überhaupt seine »Zeugen« allzumal (Apg. 1, 8) -, sondern in ihnen und ihrer Botschaft »kommt« Christus sel­ber (Matth. 10, 40) und setzt sein Prophetentum durch den Geist von der Herrlichkeit aus fort; wie Paulus von dem Gekreuzigten und Auferstandenen bezeugt: »Er kam und ver­kündigte Frieden, euch, den Fernen (den Nichtjuden) und Frieden den Nahen (den Juden)« (Eph. 2, 17). Sein Thema ist jetzt: »Die vollbrachte Erlösung«, der »Friede«, das »Licht« (Apg. 26, 23).

Von noch größerer Bedeutung ist die Himmelfahrt für

II. Das hohepriesterliche Amt

Auf Erden brachte Christus die wesenhafte Erfüllung des aaronitischen Priestertums (Hebr. 5, 1-4; 9, 6-23), das Sühnopfer stellend zur Errettung der Sünder; doch, von der Erde erhöht und in die Himmelswelt eingegan­gen ist er nun »von Gott begrüßt als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks« (Hebr. 5, 10). Seine Himmelfahrt ist also nicht nur der Wendepunkt zwi­schen seinem Stande der Niedrigkeit und seinem Stande der Hoheit, sondern zugleich auch der Wendepunkt zwischen zwei Formen der Ausübung seines hohenpriesterlichen Wir­kens.
In der Himmelfahrt ist Christus in das obere Allerhei­ligste eingegangen, »nicht mit fremdem Blut«, wie die alt­testamentlichen Hohenpriester am Großen Versöhnungstage in das irdische Allerheiligste eingingen (3. Mose 16, 15-19), sondern »mit seinem eigenen Blut«, d. h. mit seinem Selbstopfer auf Golgatha, um so, auf dieser Grundlage, nunmehr vor dem Angesicht Gottes für uns zu er­scheinen (Hebr. 9, 11-14; Röm. 8, 34).

Damit aber wird die Himmelfahrt Christi zugleich die Rechtfertigung des Gekreuzigten (Phil. 2, 9),
die An­nahme des Werkes des Sohnes durch den Vater (Hebr. 5, 10),
die Gültigerklärung seines irdischen Hohenpriestertums durch die höchste Majestät in der Himmelswelt (Apg. 2, 34-36),
der wesenhafte Sinn und die zentralste Erfüllung der feierlichsten Hohenpriesterhandlung des größten aller israelitischen Feste (Hebr.9,7).

III. Das königliche Amt
Sie ist die »Thronbesteigung« des »Königs der Ehren« (Ps. 24, 8) . . .
Vom Himmel her offenbart Christus sein Königtum in vielfacher Weise:
als Gründung seiner Gemeinde – durch die Ausgießung des Geistes,
als Ausbreitung seines Reiches – durch Bekräftigung der Heilsbotschaft,
als Verteidigung seines Reiches – durch Überwindung der Hindernisse
als Vollendung seines Reiches – durch seine Ankunft in Herrlichkeit (1. Tim. 6, 14) . . .

7. Kapitel. DIE ERÖFFNUNG DES GOTTESREICHES
                     (Die Ausgießung des Heiligen Geistes).

Mit Pfingsten beginnt eine neue Zeit, das Zeitalter des heiligen Geistes. Der Unterschied zur alttestamentlichen Zeit ist ein dreifacher:

I. Der Umfang. Im Alten Bunde kam der Geist nur auf einzelne (4. Mose 11, 29), im Neuen Bunde kommt er auf alle Gläubigen (Apg. 2, 4; 17; Röm. 8, 9).

II. Die Dauer. Im Alten Bunde wirkte der Geist immer nur für eine Zeitlang (4. Mose 11, 25), im Neuen Bunde »wohnt« er in den Gläubigen (Joh. 14, 17; 23; 1. Kor. 3, 16)

III. Der Inhalt und Zweck. Im Alten Bunde wirkte der Geist nur erziehend und dienstbefähigend; im Neuen wirkt er in der mannigfaltigsten Weise, nämlich

zur Weckung des Glaubens – heilswerbend, als »Geist der Wahrheit;
zur Bewirkung der Wiedergeburt – lebensspendend, als Geist der Sohnschaft;
zur Lenkung der Heiligung – erziehend, als »Geist der Heiligkeit« (Ps. 51, 11);
zur Belebung des Dienstes – ausrüstend, als »Geist der Kraft« (2. Tim. 1, 7);
zur Herbeiführung der Verherrlichung – erklärend, als »Geist der Herrlichkeit« (1. Petr. 4, 14)

1. Heilswerbend. Die Aufgabe des Geistes ist es, Christum zu verklären. Als »Zeuge« des HErrn an die Welt (Joh. 15, 26) ist er der große Evangelist des Sohnes (Off. 22,17). Er redet zur Welt von Sünde, Gerechtig­keit und Gericht (Joh. 16, 8-11), von Sünde der Welt, Gerech­tigkeit Christi und Gericht über Satan.

Die Sünde der Welt deckt er auf durch den Hinweis auf ih­ren Unglauben, mit dem sie den HErrn, den einzig wahren Guten, verworfen haben (Apg. 2, 22)

Die Gerechtigkeit Christi stellt er fest durch den Hinweis auf die Himmelfahrt; denn gerade in der Erhöhung ist der von den Sündern als »ungerecht« Verworfene von Gott als der »Heilige« und »Gerechte« anerkannt worden (Joh. 16, 10; Apg. 2, 25; 1. Tim. 3,16)

Das Gerichtetsein Satans macht er klar durch den Hinweis auf Jesu Kreuzessieg (Joh. 19, 30); denn gerade durch das Kreuz ist der Fürst dieser Welt gerichtet worden (Kol. 2, 15), und darum kann nunmehr die Welt aufgefordert werden, einem anderen, dem eigentlichen Fürsten, zu huldigen.

So wird die in ihren eigenen Augen gerechte Welt durch das Zeugnis des Geistes sündig gesprochen; der von dеп Men­schen als Sünder Gekreuzigte wird durch den Geist als der Heilige und Gerechte erwiesen, und Satan, der Urheber des Mordes von Golgatha, wird als der Besiegte und Gerichtete bloßgestellt. Dies ist das dreifache Zeugnis des Geistes an die Welt …

Gerade dies ist die eigentliche Hauptbedeutung des Pfingstereignisses: Der von dem Himmel herniedergesandte »Geist des Sohnes«(Gal. 4, 6) verbindet die Erlösten mit dem Erlöser, und eignet dem Glaubenden die volle Frucht des Opfers Christi zu. Das in der Menschwerdung und Auferstehung Christi erst  göttlicherseits  begründete, organische Verhältnis wird nun durch die Ausgießung des Geistes auch menschlicherseits er­fahrene Wirklichkeit. »Der HErr ist der Geist« (2. Kor. 3, 17), und »wer dem HErrn anhängt, ist ein Geist mit ihm« (1. Kor. 6, 17).

So ragt die Bedeutung von Pfingsten in die Ewigkeit hinein. Durch den Geist sind wir Söhne (Röm. 8, 14), als Söhne sind wir Erben (Gal. 4, 7), und als Erben Teilhaber seiner kommenden Herrlichkeit (Römer 8, 17) . . .

Zusammengestellt und die Hervorhebungen von Horst Koch, Herborn, im Februar 2006

Das komplette Buch ist nur noch antiquar erhältlich, evtl unter  – www.amazon.de

 

Erich Sauer

Der Triumph des Gekreuzigten
Erster Teil:    Der Aufgang aus der Höhe (hier)
Zweiter Teil: Die Gemeinde der Erstgeborenen (unter Gemeinde Jesu)
Dritter Teil:  Das kommende Gottesreich  (unter Antichrist)
Vierter Teil: Weltvollendung und Himmlisches Jerusalem (unter Antichrist)

 

info@horst-koch.de