Sodom und Gomorrah

Kurt Quadflieg

 

SODOM UND GOMORRAH HEUTE

 

  –  Im Vorfeld der Apokalypse  –  

 

INHALT

Welt ohne Gott
Verfälschung des Evangeliums
Im Sog geistlicher Prostitution
Vermählung mit dem Zeitgeist
Unter dem Fluch Gottes
Die Macht der Finsternis
Inkarnation der Welt
Quo vadis Deutschland?
In “Gottes eigenem Land“
Wie vor der Sintflut
Mahnung zur Umkehr

Es wird sein wie in den Tagen Lots: Sie aßen und tranken, sie kauften und verkauften, pflanzten und bauten, bis zu dem Tag, als Lot die Stadt Sodom verließ. Da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel, und alle kamen um. Genau so wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn erscheint.(Lukas 17,28 30)


Gott hat die Städte Sodom und Gomorrah zum Untergang verurteilt und sie in Schutt und Asche sinken lassen. Er hat an diesem Beispiel gezeigt, wie es den Gottlosen ergehen wird.
(2. Petrus 2,6)

 

VORWORT

Dieses Buch ist eine Herausforderung an alle wiedergeborenen Christen, in einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Verfallserscheinungen das Evangelium aggressiver und konsequenter zu präsentieren. Wir dürfen dem Zeitgeist nicht erliegen und einer falsch verstandenen Toleranz zu huldigen.

Wo staatliches Gesetz und Recht der Heiligen Schrift und den Geboten Gottes zuwiderlaufen, müssen wir unsere Stimme dagegen erheben   ist Verweigerung angesagt. Wir Christen wollen “der Stadt Bestes” (Jer. 29,7) und dasselbe auch für unser Land und Volk. Deshalb beten wir für alle Menschen, insbesondere für alle Regierenden, wie es uns die Schrift gebietet. Das heißt aber nicht, daß diese ihr Tun nicht auch messen und beurteilen lassen müssen an dem Wort der Wahrheit, der Heiligen Schrift.

In dem vorliegenden Buch werden Fakten angemahnt, die sicherlich nicht den Beifall eines jeden finden werden. Wer jedoch im glaubensgestärkten Aufblick zu seinem Herrn den Tod nicht fürchtet, ist nur schwer zu erschrecken. “Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht” (2. Tim. 1,7).

Gottlob Ling, Pforzheim, Verleger

 

ZUM GELEIT

Hesekiel, der dritte große Prophet des Alten Testaments, war von Gott dazu berufen, das Volk Israel zu warnen. “Sie sind ein widerspenstiges Volk, das sich gegen mich auflehnt … frech und trotzig … Sage die Botschaft von mir weiter, damit sie wissen, was auf sie zukommt”, lesen wir dazu im 3. Kapitel des Buches Hesekiel. Und im Vers 18 auferlegt Gott dem Propheten noch einmal ganz deutlich die persönliche Verantwortung für das Schicksal der Menschen seines Volkes: “Wenn ich dem Gottlosen sage: Du mußt des Todes sterben! und du warnst ihn nicht, damit er am Leben bleibe   so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern.”

Bei dieser eindringlichen Warnung Gottes geht es im Hintergrund um die Katastrophe, die Jerusalem kurz darauf treffen sollte, als Folge der Gottlosigkeit der Menschen. Auch in unseren Tagen gebietet uns die Bibel ein Wächteramt, das uns veranlassen soll, die Mißstände und das Unrecht in der Welt aufzudecken und die Menschen vor dem drohenden Absturz in die Katastrophe zu bewahren. Wir leben heute in ähnlichen Verhältnissen wie damals die Israeliten, bevor Gott sein Strafgericht über dieses Volk aussprach und es in die Gefangenschaft nach Babylon verschleppen ließ. Die Parallelität mit unserer heutigen Welt ist unübersehbar.

Die fast unbeschreibliche sittliche Verwahrlosung in unseren Tagen entspricht in zunehmendem Maße den erschreckenden Verhältnissen im damaligen Jerusalem, das in Hesekiel 16 mit einem treulosen Weib verglichen wird. Infolge der schändlichen Abtrünnigkeit von Gott seien dort die Zustände schlimmer als in Sodom gewesen. Dabei wird in der Bibel die Allegorie mit verblüffender Offenheit durchgeführt, weil wohl nur durch eine stellenweise schockierende Darstellung die damaligen Verhältnisse, die ganze Dekadenz der Gesellschaft, beschrieben werden konnte. Als wäre man aus dem Jerusalem vor zweieinhalbtausend Jahren in eine Großstadt unserer Tage versetzt, lesen wir im Buch des Propheten: “An jeder Straßenecke hast du deine Hurenlager aufgeschlagen und hast deine Schönheit in den Schmutz gezogen. Du warst unersättlich und … du hast deinen Ehemann mit fremden Männern betrogen, und während man eine Hure bezahlt, da hast du deine Liebhaber noch mit Geschenken angelockt,… Ich verfahre mit dir, wie es das Gesetz für eine Ehebrecherin und Mörderin vorschreibt. Weil du meinen Zorn gereizt und meine Eifersucht geweckt hast, verurteile ich dich zum Tod.”

Das angedrohte Gericht ist dann über diese entartete Generation auch unerbittlich hereingebrochen. Auch heute, in unseren Tagen, hat die totale Demontage moralischer Werte bereits Ausmaße erreicht, die an die Verhältnisse zur Zeit Hesekiels und die vor der Sintflut erinnern, wo Gott wegen des schamlosen Treibens der Menschen sagen mußte: “Ich will sie vertilgen von der Erde …” (1. Mose 6,7).

Die Boshaftigkeit der Menschen ist heute dieselbe wie in biblischen Zeiten und sie eskaliert augenscheinlich. Politisch, moralisch und auch religiös befindet sich diese Welt, die mit atemberaubendem Tempo ihrem Ende zugeht, in den Fängen antichristlicher Machenschaften. Es ist längst Mitternacht auf der Weltenuhr.

Als die Jünger Jesu auf dem Ölberg in Jerusalem ihren Herrn fragten, was das Zeichen sein wird für sein Kommen und für das Ende dieser Weltzeit, da verwies er auf eine Reihe von Drangsalen, die über all jene kommen werden, die den Sohn Gottes abgelehnt haben. Und weil auch die Gottlosigkeit überhand nehmen und die Liebe unter den Menschen verkümmern wird, wird es eine Zeit moralischer Verdorbenheit wie nie zuvor sein. In diesen Tagen leben wir bereits. Dies zeichnen auch die Bilder und Geschehnisse in den nachfolgenden Kapiteln dieses Buches.

Jesus hat uns nachdrücklich aufgefordert, auf die Zeichen der Zeit zu achten, und im Gleichnis vom Feigenbaum kleidet er seine Mahnung zur Wachsamkeit in die Worte: “Denn wie es in den Tagen Noahs war, so wird auch sein das Kommen des Menschensohnes” (Matth. 24, 36-40). Auch Paulus und andere Apostel haben die Mißstände und den Abfall vom Glauben angeprangert, der am Ende der Zeiten in nie zuvor dagewesenem Ausmaß vorherrschen wird. Sie haben unablässig gegen die Zersetzung und Auflösung der Gebote Gottes gepredigt. Dies verpflichtet auch uns, im Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber zu warnen und auf die Zustände hinzuweisen, die die prophetischen Aussagen der Schrift bereits überdeutlich kennzeichnen.

Den Charakter unserer Zeit kann nur derjenige richtig erkennen, der die Heilige Schrift kennt. Der natürliche Mensch versteht nichts vom Geist Gottes, sagt uns die Bibel. Er kann hinter dem vordergründigen Geschehen nicht die unheimlichen Entwicklungen im Hintergrund durchschauen. Allein der Heilige Geist führt in alle Wahrheit.

Christen wissen, die Bühne für das letzte große apokalyptische Szenarium ist vorbereitet und sämtliche Mitwirkenden haben bereits ihre Plätze eingenommen. Was wir heute erleben, ist die größte Manifestation von Gottlosigkeit, Ungerechtigkeit, Zügellosigkeit und moralischer Entartung, die die Welt je gesehen hat. Der Schriftsteller Wolfgang Borchert hat dies einmal auf den Punkt gebracht: “Wir sind die Generation ohne Grenze, ohne Hemmung und Behütung. Wir sind die Generation ohne Gott.”

Aus der Fülle der aktuellen Themen, in bezug auf den Zustand der völligen Degeneration unserer Gesellschaft, konnten in diesem Buch natürlich nur Fragmente zur Illustration angeführt werden. Das tatsächliche Ausmaß der Sündhaftigkeit und Gottabwendung kann bestenfalls erahnt werden.  –  Der Verfasser

 

Welt ohne Gott

Vor einiger Zeit las man in christlichen Zeitschriften Schlagzeilen wie: “Gott hat in Deutschland die Mehrheit verloren.” Oder: “Nur noch ein geringer Prozentsatz glaubt an Gott.” Die Gottlosigkeit schreitet in unserem Land immer weiter voran. Der Mensch hat sich von Gott emanzipiert. Er hat Gott ganz einfach abgeschrieben, will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er hat den lebendigen Gott durch die Götzen unserer Tage ersetzt. Heute wird nur noch der Lebensstandard angebetet.

Selbst vor den Kirchen macht der Atheismus nicht halt. Während nur 26 Prozent der Bundesbürger an Jesus Christus glauben, wird er lediglich noch von etwas mehr als der Hälfte der Kirchenmitglieder als Sohn Gottes anerkannt. Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, auch nur die Hälfte der Zehn Gebote anzugeben oder die vier Evangelien zu benennen. Sieben von zehn Deutschen wissen nicht, wer die Bergpredigt gehalten hat. Traditionelle christliche Wertvorstellungen und Glaubenssysteme bleiben zunehmend auf der Strecke.

Der ehemalige britische Missionar in Indien, Leslie Newbigin, sieht in der herausforderndsten missionarischen Aufgabe unserer Zeit die Mission in den westlichen Ländern. Er schreibt: “Der größte Teil Westeuropas ist im Bann eines aus der Ablehnung des Christentums entstandenen Heidentums. Dieses postchristliche Heidentum ist daher weitaus schwieriger zu durchdringen und resistenter gegenüber dem Evangelium als das prächristliche Heidentum, mit dem sich die Missionare der letzten 200 Jahre im Ausland zu befassen hatten.”

Zu dieser erschütternden Tatsache kommt, daß inzwischen auch die Geistlichkeit in zunehmendem Maß Abschied vom Christentum genommen hat. Humanismus und zerstörerische Bibelkritik unterhöhlen den Glauben unserer Väter. Die neutestamentliche Lehre wird von der liberalen Theologie verdrängt und macht immer stärker einem volkskirchlichen Pluralismus Platz. Immer mehr maßgebliche Kirchenführer verneinen neuerdings sogar den Absolutheitsanspruch Christi. So zum Beispiel die Generalsekretärin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK), die unter anderem aufforderte, die Lehrverurteilungen zwischen den Religionen aufzuheben und eine “Toleranzerziehung in den eigenen Reihen durchzuführen”. Zur ACK gehören sämtliche evangelische Landeskirchen und fast alle Freikirchen sowie die katholische und orthodoxe Kirche.

Ein weiterer prominenter Vertreter der Kirchenhierarchie, der mit dem Absolutheitsanspruch Christi Schwierigkeiten hat, ist der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD Klaus Engelhardt. Als er in einem Interview gefragt wurde, was im innerreligiösen Dialog der Absolutheitsanspruch des Christentums, wie er im Neuen Testament zum Ausdruck kommt, überhaupt noch bedeute, da meinte der Kirchenobere, daß dies unter keinen Umständen bedeuten würde, “den anderen zu vereinnahmen”. Mit einer solchen Feststellung wird der Missionsbefehl Jesu, der in der Bibel als betont vordringlich gilt, offen sabotiert.

Bei den ökumenischen Einheitsbestrebungen für eine antichristliche Weltreligion wird Jesus Christus, der von sich sagte, daß nur er die Wahrheit ist, natürlich immer mehr zum Störfaktor Wenn aber an die Stelle der Heiligen Schrift und ihrer von Gott gegebenen Aussagen ein anderes Evangelium tritt, dann gerät die Kirche unweigerlich in Gefahr, zu einer Institution Satans zu werden.

Engelhardt, der sich als einen “modernen Menschen” bezeichnete, sagte in dem genannten Interview weiter: “Ich selbst bin dankbar, daß ich in meinen Studien die historisch-kritische Auslegung der Bibel kennengelernt habe . ..” Es verwundert somit auch keineswegs, daß gerade unter seiner Amtszeit der christliche Grundkonsens, auf dem unsere Gesellschaft jahrhundertelang aufgebaut war, immer mehr abgebröckelt ist.

Bei der weiteren Frage: “Wenn Sie jetzt ein Moslem fragt, ob er auch in seinem Glauben selig werden kann, oder ob er dazu unbedingt Christ werden müsse, was würden Sie ihm antworten?” wand sich Engelhardt mit den bezeichnenden Worten: “Ich werde hier nicht einfach mit ja oder nein antworten …” Also auf jeden Fall kein Ja, was natürlich auch eine unmißverständliche Antwort ist. Es ist angebracht, sich an dieser Stelle daran zu erinnern, daß Jesus einmal gesagt hat: “Wer nicht für mich ist, ist gegen mich . ..”

Das gilt übrigens auch für die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen, die nicht nur als schriftverachtende Feministin und für ihr Engagement für die “gesellschaftlichen Randgruppen” der Schwulen und Lesben bekannt ist. Darüber hinaus lehnt sie den Absolutheitsanspruch des Christentums mit der Bemerkung ab, das sei “Glaubensarroganz”.

Einer der mit ihr sympathisierenden Pfarrer und Synodale der Nordelbischen Kirche hat ein Buch geschrieben, in dem auch er die Christen auffordert, ihren Absolutheitsanspruch aufzugeben. Jesus Christus sei nur “einer von vielen. … Im Rahmen eines spirituellen Supermarktes wird Christus gleichgestellt mit Religionsstifter und Idolen wie Buddha, Mohammed, dem Dalai Lama und Prinzessin Diana.

Ich las dieser Tage in einer christlichen Zeitschrift von einem Mann, der sich nicht damit abfinden konnte, daß in zunehmendem Maß behauptet wird, alle Religionen seien legitime Heilswege und göttliche Offenbarungen. Um diesen fundamentalen Irrtum beispielsweise an den Aussagen des Islam aufzuzeigen, gab er in seiner Heimatzeitung ein Inserat auf, in dem er lediglich zwei Suren aus dem Koran anführte: “Darum haut ihnen die Köpfe ab und haut ihnen alle Enden ihrer Finger ab (8,13 )” und “Schlagt sie tot (die Juden und Christen), Sure 2,187”. Dazu gab er bewußt seine Telefonnummer an.

“Das Echo war riesig”, schreibt er später. “Das Telefon klingelte noch nach zehn Tagen. Ich wurde meistens beschimpft. Als ich versuchte, noch einmal ähnliche Annoncen aufzugeben, wurde mir von der Zeitungsredaktion mitgeteilt, daß man ab sofort keine religiösen Anzeigen mehr annehmen würde … Im August fand im Rathaus von Lennestadt eine als Islamausstellung getarnte Islammission statt, die ich auch besuchte. Als Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen den Islam in den Himmel lobten, griff ich Mohammed, Allah und den Koran an, worauf ich mit heftiger Kritik bedacht wurde. Als zum Schluß der Moderator der Diskussion mit einem Gebet zu Allah endete, fragte ich, ob ich denn nun auch zu Jesus Christus beten dürfte. Daß man mich nicht gesteinigt hat, lag wohl an dem Mangel an Steinen im Rathaus …”

Und das mitten im Land der Reformation. Auch hier haben wir ein typisches Spiegelbild unserer geistlichen Landschaft und davon, wie versucht wird, die biblische Lehre immer mehr zu unterhöhlen. “Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen”, ermahnt uns Jesus in Matthäus 4,10, und im Buch der Offenbarung lesen wir: Fremde Religionen sind “Wohnstätten der Dämonen, Schlupfwinkel für unreine Geister” (18,2).

Gegen Jesus und seine göttliche Autorität stellte sich auch die Evangelische Familienhilfe in Bremen, die genau am 26. November 1996 den Namen Jesu Christi aus ihrer Satzung gestrichen hat. Begründet wurde dies damit, daß sich “aus dem Namen Christus ein männlicher Herrschaftsbegriff” ableiten lasse. “Bremer Richterspruch über Jesus Christus” betitelte eine Zeitung diesen Abschied einer sich Christen nennenden Gemeinschaft vom Sohn Gottes.

Gottes Gebote gelten heute im christlichen Abendland kaum noch etwas und sind keinen Pfifferling mehr wert. Der Mensch hat sie längst abgeschafft und durch seine eigenen ersetzt. Pastor A. Dächsel hat vor fast genau hundert Jahren geweissagt: “Christus wird wie ein Sturmlauf aus dem Staate, aus dem Hause, aus der Schule und selbst aus der Kirche hinausgedrängt werden, damit der materialistische, von Gott sich lossagende Zeitgeist alle diese Gebiete in Besitz nehme.“ Nur ein Blinder nimmt diese Zeichen heute nicht wahr.

Die Bibel sagt, daß ein Volk ohne Gott in die Irre geht. Christian Morgenstern hat einmal geschrieben: “Es gibt für Unzählige nur ein Heilmittel – die Katastrophe.” Die Menschen bereiten sich ihre Hölle selbst. Es war Dostojewski, der gesagt hat: “Die Hölle ist da, wo Gott nicht mehr hinsieht …” Die eigentliche Krise hat eine geistige und geistliche Dimension. Es ist der Säkularismus und die Permissität der Gesellschaft. Die Bibel unterstreicht dies unter anderem auch im Buch des Propheten Jeremia, im 2. Kapitel, über das untreue Volk, wo Gott sagt: “Deine Bosheit ist schuld, daß du so geschlagen wirst, und dein Ungehorsam, daß du so gestraft wirst. Und du mußt innewerden und erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott, zu verlassen und ihn nicht zu fürchten“.

Mit ungeheurer Wucht überrollt eine gewaltige Lawine der Gesetzlosigkeit und Sittenlosigkeit unser Land und reißt das Volk immer mehr in den Abgrund des Verderbens. Zuerst wurde die Gotteslästerung freigegeben. Später bildhafte Darstellung von Unzucht. Alsbald Abtreibung als Mord im Mutterleib. Ihm folgten perverse Geschlechtlichkeit wie Homosexualität und Lesbianismus. Und sexueller Umgang mit Tieren und Verwandten ruft schon nach Legalität. Diese Reihe ist zwangsläufig. Wenn es soweit ist, hat die Welt den gleichen Zustand erreicht wie die Menschheit vor der Sintflut und die Städte Sodom und Gomorrah vor ihrem Untergang. Es gibt nur noch eine Steigerung nach unten in offener Anbetung Satans und des Antichristen.

Es ist für den Durchschnittsbürger in unserem Land ein kaum zu ertragender Schock, wenn in den Massenmedien, wie zum Beispiel im Fernsehen, immer offensichtlicher und in zunehmendem Maß lesbische und homosexuelle Lebensweisen als völlig normal und gesellschaftsfähig dargestellt werden, und zwar mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit, die gleichzeitig ein Höchstmaß an abscheulichen und widerwärtigen Details körperlicher Perversion schamlos und ungeniert demonstriert.

Vor nunmehr über 20 Jahren wurden unter dem damaligen Bundesjustizminister Gustav Heinemann (SPD) die Schleusen zur “Entrümpelung des Sexualstrafrechts” geöffnet. Er meinte, man könne einer modernen Gesellschaft keine christlichen Lebensnormen mehr zumuten. Und dann verloren nach und nach noch viele weitere christliche Normen ihre Bedeutung.

Es war einer der ranghöchsten katholischen Theologen, Joseph Kardinal Ratzinger, der den Satz prägte: “Ein Staat, der von Gott nichts mehr wissen will und nur auf Mehrheitsmeinungen aufbaut, sinkt zur Räuberbande ab.”

Man spürt es heute überall, wie der Hauch der Hölle bereits über diese Erde streift, wie die dämonische Welt sich zum Endspurt rüstet. Wir stehen im “Krieg”. Alle Lebensgebiete des Menschen sind einbezogen. Die Erde ist das gewaltige Operationsgebiet dieses Endkampfes zwischen Satan einerseits und dem Nazarener und den Heiligen andererseits.

Es gibt kaum noch Tabus in jüngster Zeit. Immer nachhaltiger wird die Frage aufgeworfen, ob die Nennung Gottes im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch berechtigt sei. Man müsse ernstlich darüber nachdenken. In der Präambel des deutschen Grundgesetzes von 1949 heißt es unter anderem, daß sich das deutsche Volk dieses Gesetz “im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott” gegeben hat. Angesichts der auffallend zunehmenden Gottabwendung der verantwortlichen Politiker muß man sich heute ernstlich fragen: Wie würde wohl heute die Präambel des Grundgesetzes einleitend formuliert werden? Vor über vier Jahrzehnten haben sich die Deutschen noch auf ihren christlichen Ursprung besonnen und die Verfassung mit der “Verantwortung vor Gott” beginnen lassen. Aber inwieweit betrachten sich Politiker und Staatsdiener in Deutschland heute noch daran gebunden?

Der ehemalige Generalsekretär der FDP, Günter Verheugen, schreibt: “Für mich ist ganz klar, daß es in der Verfassung … keine Berufung auf Gott geben darf.” Derselben Meinung sind auch die Grünen, die außer der Streichung des Gottesbezuges aus dem Grundgesetz auch den Paragraphen 166 StGB abschaffen wollen. Nach dieser Gesetzesvorschrift macht sich strafbar, wer das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Man sagt heute, der § 166 beschneide die “Meinungs- und Kunstfreiheit”. Er gehöre längst in die Mottenkiste. Es ist offensichtlich die Absicht dieser Leute, christlich abendländische Werte systematisch zu zersetzen.

Zur verheerenden Entwicklung in unserer Gesellschaft und deren fatalen Folgen schreibt L. Ravenshill in “Sodom hatte keine Bibel”: “Welche Verpflichtungen sollte Gott eigentlich einem Volk gegenüber haben, dessen vielfältige Sünden eines einzigen Tages größer sind als alle, die in Sodom und Gomorrah in einem Jahr begangen wurden? Wenn wir dann außerdem noch bedenken, welches Vorrecht wir genießen, weil bei uns seit Jahrhunderten das Evangelium von Jesus Christus gepredigt wird, das Sodom nie zu hören bekam. Sodom hatte keine christlichen Gemeinden und Kirchen. Wir haben viele Tausende. Sodom hatte keine Bibeln. Wir haben Millionen davon. Sodom hatte keine Pastoren und Verkündiger des Evangeliums. Wir haben Zehntausende. Sodom hatte keine Universitäten mit theologischen Fakultäten, keine theologischen Seminare und Bibelschulen. Wir haben davon eine ganze Anzahl. Sodom hatte keine Möglichkeit, die christliche Botschaft in gedruckter Form oder im Radio oder über das Fernsehen zu empfangen. Wir haben alle diese Möglichkeiten. Sodom konnte nicht aus der Erfahrung jahrtausendealter Geschichte schöpfen, die uns den Zorn und das Gericht, aber auch die Gnade und Barmherzigkeit Gottes zeigt. Obwohl Sodom so im Nachteil war, mußte es zugrunde gehen.”

Und dann fragt der Verfasser mit Recht danach: “Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, von dem sonntags ein minimaler Prozentsatz eine Stunde in die Kirche geht, die weitaus größere Anzahl aber am gleichen Tag absolut nicht nach Gott fragt, sondern Gottes heiligen Namen verunehrt? Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, an dessen Zeitungskiosken man kaum einmal ein christliches Blatt sieht, dafür aber genügend Magazine mit sexuell frivoler Zurschaustellung nackter Körper? Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, das immer kinderfeindlicher wird, dafür aber Geldmittel in Millionenhöhe aus öffentlichen Krankenkassen dafür ausgibt, die Kosten für Abtreibungen zu bezahlen? Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, dem er in seiner Gnade geholfen hat, eines der reichsten Länder der Erde zu werden, das aber für Missionsarbeit in den Ländern der Dritten Welt nur einen winzigen Bruchteil dieses Reichtums übrig hat? Eigentlich haben Völker, die in einem solchen Zustand sind, nichts anderes verdient, als daß Gott die Gerichte, die er im Alten Testament wegen Mißachtung seiner Gesetze androhte, über sie kommen läßt.“

 

Verfälschung des Evangeliums

Unsere Zeit ist geprägt von einer Fülle widergöttlicher Ereignisse. Wir befinden uns bereits mitten im großen Abfall von Gott. Betroffen sind von diesem Werteverfall längst auch eine Reihe kirchlicher Institutionen. Das Heidentum ist in Deutschland bis weit in die Kirchen vorgedrungen. Landessynoden votieren für Abtreibung; Bischöfin toleriert Homosexualität; Horoskopkurse in Württemberg; Verbrüderung mit dem Islam; Tiergottesdienste; Verteilung von Präservativen auf Kirchentagen; Yoga-Abende als “Passionsandachten”; Homosexuellen Gottesdienst im Ulmer Münster (innerhalb der EKD soll es 300 homosexuelle Geistliche geben); lesbische Frauen leiten EKD Bildungsstätte. Man könnte die Reihe dieser Skandale innerhalb der evangelischen Kirche noch beliebig fortsetzen. An Schlagzeilen der vorgenannten Art fehlt es nicht. Die Kirche hat sich dem gesellschaftlichen Zeitgeist in erschreckender Weise angepasst.

Der Informationsdienst der Evangelischen Allianz zitierte unlängst den Theologen Ernst Panzer, der seinen Kirchenaustritt unter anderem mit der Feststellung begründet: “Mit großer Erschütterung mußten wir jüngst zur Kenntnis nehmen, daß Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt nun öffentlich die Sünde Sodoms und Gomorrahs für gesellschaftstüchtig befand. Ferner eröffnete Engelhardt am 9. Juli 1994 in Gelnhausen das Frauenstudien- und Bildungszentrum im Rahmen einer gottesdienstlichen Feierstunde und führte dabei die beiden Feministinnen Herta Leistner und Renate Jost in ihr Amt ein.

Beide Studienleiterinnen stellen sich bewußt gegen den in Jesus Christus geoffenbarten Gott. Lästerhaft äußern sie sich über das Sühneblut Christi, wenden sich gegen Normen und Wertsetzungen der Bibel, ja setzen sich für die Anerkennung lesbischer bzw. homosexueller Lebensbeziehungen in Kirche und Staat ein und leben zum Teil selbst bereits in solch widernatürlichen Lebensbeziehungen. Damit ist nun in der evangelischen Kirche Deutschlands grundsätzlich Tür und Tor für solche antichristliche Lehre geöffnet worden.”

In der von zahlreichen bibelgläubigen protestantischen Theologen unterzeichneten “Hirzenhainer Erklärung” der Konferenz bekennender Gemeinschaften heißt es zu dem vorgenannten skandalösen Vorgang in Gelnhausen: “H. Leistner und R. Jost vertreten einen radikalen Feminismus. Der Dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, ist für sie keine geoffenbarte Realität, sondern Ausdruck einer historisch bedingten patriarchalisch geprägten Denkweise von Menschen. Den Offenbarungsgehalt der Bibel verändern, ergänzen oder ersetzen sie durch feministisches Gedankengut. Der Begriff ’Göttin’ wird von ihnen selbstverständlich benutzt, bis in die Liturgie hinein.

Der stellvertretende Sühnetod Jesu Christi am Kreuz ist für diese Feministinnen nicht die Heilstat Gottes, sondern eine ’sadomasochistische Auslegung’ des Todes Jesu. Damit richten sie ihren Angriff gegen das Herzstück der Offenbarung Gottes, gegen die Versöhnung und Erlösung der Menschheit mit Gott und gegen die Entmachtung Satans. So erkennen sie die Bedeutung des Blutes Christi in der Feier des heiligen Abendmahls für sich als Frauen nicht an. Gotteslästerlich fragen sie: ’Wieso brauchen die Männer eigentlich das Blut aus einer Wunde, auch das Blut aus der Kreuzeswunde, und nicht das Blut, das die Frau ständig vergießt … ?’“

Im 3. Kapitel der Offenbarung warnt der erhöhte Herr die Gemeinde in Thyatira. Dort hat man das Weib Isebel, eine selbsternannte ’Prophetin’, geduldet, mit der Folge, daß Unzucht und Götzendienst in der Gemeinde Einlaß fanden und selbst die Diener Gottes zur Sünde verführt wurden. Ab dem Vers 20 droht Jesus all denen Gericht an, die der Hurerei Isebels anhangen: “Aber ich habe gegen dich, daß du Isebel duldest, diese Frau, die sagt, sie sei eine Prophetin, und lehrt und verführt meine Knechte, Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen. Und ich habe ihr Zeit gegeben, Buße zu tun, und sie will sich nicht bekehren von ihrer Hurerei. Siehe, ich werfe sie auf’s Bett, und die mit ihr die Ehe gebrochen haben in große Trübsal, wenn sie sich nicht bekehren von ihren Werken.”

Wenn wir solche Worte aus dem Mund Jesu hören, dann entspricht dies im großen und ganzen auch dem, was wir heute auf religiösem Gebiet um uns her sehen und erleben. Zwar wird in unserem Land noch jedes Stadtbild geprägt von den Türmen jener alten Gebäude, die man Kirchen nennt, sie sind aber nur noch geisterhafte Denkmäler einer längst erloschenen Epoche des Glaubenslebens. Da wo heute noch volles Evangelium gepredigt wird, das sind lediglich Oasen inmitten einer gottlosen Welt.

Nach neuesten demoskopischen Umfragen predigt und lehrt die große Mehrheit der landeskirchlichen Pfarrer nicht mehr schriftgemäß. Sie kommen weitgehend aus einer bibelkritischen Ausbildung und bringen damit in die Gemeinden geistliche Selbstzerstörung. Die Unterwanderung durch Irrlehren nimmt rapide zu. Die biblische Aussage “Das Jüngste Gericht wird kommen”, wird nur von 34 Prozent der Pfarrer akzeptiert. Mit der Überzeugung, daß die Menschen die Erlösung von der Sünde brauchen, ist es ähnlich, da sind es 52 Prozent. Allgemein werde das Christentum zwar noch als ethische Vorgabe verstanden, es dürfe aber die persönliche Freiheit nicht einschränken. Daß Gott allmächtig ist, sagen nur noch 42 Prozent der Pastoren.

Wenn ferner nur jeder fünfte Pfarrer Jesus Christus, den Sohn Gottes, als sein Vorbild betrachtet, dann wundert es auch nicht, wenn immer mehr Theologen offen bekunden, daß die Bibel nicht Gottes Wort ist. Sie sei vielmehr das “Ergebnis von Machtkämpfen der frühen Christengemeinschaften”, so einer der maßgeblichen Repräsentanten liberaler Theologie, Professor Gerd Lüdemann von der Universität Göttingen. Nachdem in den letzten Jahren grundlegende biblische Wahrheiten wie Auferstehung und Himmelfahrt immer mehr ins Zwielicht geraten sind   Lüdemann schrieb, der Leichnam Jesu sei verwest  , gerät nun neuerdings auch der Apostel Paulus zunehmend in die Schußlinie. Seine Briefe seien zum großen Teil fingiert oder gefälscht, sagt man. Der Berliner Theologe Hermann Detering hat dazu ein Buch geschrieben, dessen Titel “Der gefälschte Paulus” lautet. Für den Verfasser ist Paulus lediglich eine “literarische Erfindung”. Er spricht von einer “Paulus Legende”. Zur Charakteristik der Person von Hermann Detering muß noch gesagt werden, daß er an der Kirchlichen Hochschule Berlin bei Walter Schmithals promoviert hat, der ein überzeugter Schüler Rudolf Bultmanns ist.

Viele Theologen die heute auf der Kanzel stehen sind während ihres Studiums in die anrüchige Schule von Rudolf Bultmann gegangen. Wer dieser Mann war, das demonstriert am besten eine Presseerklärung aus dem damaligen Leningrad. In den achtziger Jahren wollte dort das Museum für Atheismus “beweisen, daß die Bibel nicht recht hat”. An entsprechenden Stellen aufgeschlagen, lagen dann dort Bücher von Bultmann zur Einsicht aus. Kein Wunder, daß die Kommunisten dann freudig erklären konnten: “Dieser deutsche Gelehrte ist der gleichen Meinung wie wir: die Bibel ist ein Märchenbuch.”

Die moderne Bibelkritik findet, das kann man wohl sagen, ihre radikalste Vollendung im Entmythologisierungsprozeß Bultmanns und seiner Schüler. Sie führt zu dem Ergebnis, daß ein großer Teil der neutestamentlichen Berichte keine zuverlässige Wiedergabe der Worte Jesu und der von ihm gewirkten Wunder seien, sondern auf “literarische Fiktionen späterer Redaktoren zurückgehen”. Auch wird die leibliche Auferstehung des Herrn als “Mythos” bezeichnet: “…weil die Rückkehr eines Gestorbenen in das Leben der diesseitigen Welt unglaubhaft ist.”

Auch die Wiederkunft Jesu ist für Bultmann kein ernsthaftes Thema. Ferner bestreitet Bultmann ausdrücklich, daß die Schuld der Menschen “durch den Tod eines Sündlosen getilgt werden kann”, also den Sühneakt von Golgatha, dazu die Jungfrauengeburt, und so geht es Punkt für Punkt weiter, bis das Evangelium total zerfetzt und ruhmlos zu Grabe getragen ist.

Nun muß man wissen: Wer solche theologische Lehrmeister hat wie Bultmann, bei dem braucht man sich nicht zu wundem, wenn er ebenfalls aus der Art schlägt. Die Bibel sagt: “Wer mit Weisen umgeht, der wird weise; wer aber der Toren Geselle ist, der wird Unglück haben” (Sprüche 13,20).

 

Im Sog geistlicher Prostitution

Es sind nun schon einige Jahrzehnte, seit sich die Kirche in einer rapiden Auflösung biblischer Werte befindet. Der Teufel versucht auf vielerlei Weise, christliches Bekenntnis, Ethik und Ordnung zu untergraben. Und der Unkrautsamen, den er ausgesät hat, ist inzwischen längst aufgegangen. Das zeigen zum Beispiel auch die verschiedensten Arten “neuer Gottesdienstformen”, die zum Teil derart widerlich sind, daß selbst dem abgebrühtesten Betrachter dabei stellenweise die Haare zu Berge stehen.

So wurde im Februar 1996 in der Hamburger Katharinen-Kirche eine sogenannte Techno Party veranstaltet, bei der im wahrsten Sinne des Wortes “die Sau herausgelassen” wurde. Ein christliches Blatt beschrieb diese Show: “Die Kirche wurde zu einer Tanzkneipe umfunktioniert. Bänke kamen heraus. Dafür wurden eine Bühne und Musikcomputer hineingestellt. Bei ohrenbetäubender Techno Musik (monoton hämmernde Computermusik) tanzten etwa 2000 Menschen bis zu zwei Stunden. Wo sonst Abendmahlswein ausgeschenkt wird, standen nun Schnaps , Wein  und Bierflaschen, wovon reichlich konsumiert wurde.

Das greulichste an diesem Höllenspektakel (bei 100 Dezibel Phonstärke), das sogar 60 Mark Eintritt kostete, war der Auftritt des Pyro Space Ballets, einer Gruppe, die so gut wie nackt tanzte (nur mit hautengem, hauchdünnem Stoff bekleidet). Die gotische Hallenkirche in Hamburg wurde so zu einem Tanztempel und einem tiefen Kniefall vor Satan. Auf diese Weise will man die Jugend für die Kirche gewinnen. Der nordelbische Synodale O. Löwa verteidigte das Teufelsfest so: Mit Techno fängt man Mäuse.“

Der Vollständigkeit halber wäre diesem Bericht noch hinzuzufügen: Während die Bar mit Grabsteinen (!) dekoriert wurde, heizte ein Discjockey aus Frankfurt den ausgerasteten Besuchern in hämmerndem Rhythmus mächtig ein. Das Wochenmagazin “Der Spiegel” nannte ihn einen “Barbarenfürsten” und sein Pult mit den Plattentellern ironisch “Altar”.

Sehr erfreut über diesen trivialen Massenkult, der von der Nordelbischen Evangelisch Lutherischen Kirche mitveranstaltet wurde, war der Manager der Party, Pastor Stefan Wolfschütz, der diesen “Gottesdienst” begeistert als “einmalig auf der Welt” bezeichnete. Auch der Hauptpastor von St. Katharinen verteidigte in der EKD Wochenzeitung “Das Sonntagsblatt” die Veranstaltung, die er als “musikalische Begegnung zwischen altkirchlicher Gregorianik und der säkularen Technokultur” pries.

Die Tageszeitung “Die Welt” (Hamburg) schrieb: “Man kann es drehen und wenden wie man will: Mit der Lehre vom Evangelium und der Liebe Christi hat das, was Luthers Erben in der Hansestadt veranstalteten, nichts zu tun. Aber es ist konsequent. Es reiht sich nahtlos in die vielen Versuche, mit denen ein Teil der Pfarrer seit 30 Jahren versucht, eine ’zeitgemäße’ Kirche zu zimmern. Weil sie sich von Luthers Weg entfernten, leerten sich die Kirchen.”

Nicht zuletzt ist die St. Katharinen Kirche in Hamburg unrühmlich dafür bekannt, daß sich in ihren Mauern immer wieder Dinge abspielen, die nicht gerade zur Ehre Gottes gereichen. So hatte dort vor kurzem der Altbundeskanzler Helmut Schmidt Gelegenheit, eine ganz besondere Tirade loszulassen, indem er öffentlich bekannte, daß er die Auferstehung Jesu Christi nicht akzeptieren könne. Wörtlich sagte er: “Ich glaube nicht an die Wunder und an das leere Grab … Auch mit der Lehre von der Dreifaltigkeit habe ich ganz große Schwierigkeiten.” Außerdem   und das paßt haargenau zu seinen verschwommenen religiös humanistischen Ansichten   sprach er sich für eine intensivere Zusammenarbeit der Weltreligionen aus.

In einmalig gotteslästerlicher Weise mißbraucht wurde auch ein Gotteshaus in Köln. In der dortigen Luther Kirche wurde am 1. Februar 1997 eine Modenschau veranstaltet, bei der auf dem Laufsteg, der mitten durch das Kirchenschiff ging, auch weibliche Unterwäsche präsentiert wurde. Der Gemeindepfarrer Hans Mörtler hatte die freizügige Mode Party damit begründet, daß die Gemeinde pleite sei und dringend Geld brauche. Mörtler ist übrigens bereits 1994 schon ins Zwielicht geraten, als er zwei Homosexuelle in einer trauungsähnlichen Zeremonie segnete.

Aus “Diakrisis” (Sept./96) ist zu entnehmen, daß am 1. Juni 1996 in der Petri Kirche in Braunschweig mit Transparenten in den Seitenschiffen für einen Huren Kongreß geworden wurde. Während des Gottesdienstes wurden etwa 70 Huren und Strichjungen von einer evangelischen Diakonin sehr herzlich begrüßt. Der Pfarrer der Petri Kirche meinte anschließend in einer Predigt, man müsse den Huren und Strichern “Abbitte tun”. Danach griff er zur Gitarre und sang mittelalterliche Balladen von unkeuschen Mönchen und einer Nonne, “die nicht gerne allein schläft“…

Die Reihe der sittlichen Verwahrlosungen ist endlos. Vor der evangelischen Nikolai Kirche in Potsdam wurde im Rahmen einer Werbeaktion für eine Aids Austellung in der brandenburgischen Landeshauptstadt ein 13 Meter hoher Obelisk mit einem rosa Kondom aus Segeltuch umhüllt. Wenn dies alles so weitergeht, dann könnte es eines Tages möglicherweise sogar einmal einen “christlichen” FKK Strand geben.

Der Gemeindeausschuß der Evangelisch Lutherischen Landeskirche in Braunschweig hat in einer Beschlußvorlage für das Kirchenparlament vorgeschlagen, Homosexualität nicht mehr als “Sünde” zu bezeichnen. In dem Papier heißt es unter anderem, daß Homosexualität lediglich “eine angeborene Ausprägung menschlicher Sexualität” und “eine Variante der Natur” sei.

Im Jahre 1995 war in der Reformierten Kirche in Wuppertal ein “Gottesdienst zum Hurentag” anberaumt worden. Damals berichtete das rheinische Kirchenblatt “Der Weg” (26/95), daß in dieser illustren Versammlung die Forderung erhoben wurde, Prostitution als normalen Frauenberuf gesellschaftlich anzuerkennen. Die predigende Pfarrerin erhielt darob viel Beifall.

 

Vermählung mit dem Zeitgeist

Die Vermählung mit dem Zeitgeist seitens der Kirchen macht vor keiner sich bietenden Gelegenheit halt. Jede Gelegenheit, und sei sie noch so lapidar und niveaulos, wird eifrig wahrgenommen. Bei der Fußball Europameisterschaft, dem Kontinentalwettbewerb der kickenden Millionäre, im Sommer 1996 in England, wurden die Spiele auf Großleinwand in die Säle von insgesamt 250 Gemeinden in ganz Deutschland übertragen. Darunter befanden sich auch als konservativ evangelikal bekannte Gemeinden, die damit Kirchenfremde in die Gemeindehäuser zu locken versuchten. Diese Fußball Party in der Kirche nannte man auch fälschlicherweise “Die missionarische Chance für die Gemeinde”. Bei der Übertragung der Spiele befanden sich die Zuschauer in einem wahren Fußballfieber, zum Teil mit Fahnen behängt und in den Trikots bekannter Bundesligavereine.

Auch “idea” berichtete seinerzeit über dieses Spektakel unter anderem: “Grenzenloser Jubel … in ganz Deutschland von Dresden bis nach Mönchen Gladbach und von Cuxhaven bis nach Freiburg im Breisgau … Mit einer Polonaise tanzten die Fans durch den Saal und starteten nach der Überreichung des Cups durch Königin Elisabeth zu einem Autocorso durch Wetzlars Innenstadt.”

Ferner war zu erfahren, daß nach Beendigung des Endspiels im Londoner Wembley Stadion neben Grillfest und Disco noch ausführliche Gespräche über “Gott und den Fußball” geführt wurden. “Fußball als Einstieg in das Christsein.”

Während der “Mannheimer Morgen” vom “König Fußball auf dem Altar” berichtete, schrieb der “Reutlinger Generalanzeiger”: “Fußballfest im Gotteshaus und Sierra Madre statt Ave Maria. 300 Jünger des runden Leders pilgerten zum Gebetssaal der Christlichen Gemeinde … Statt Psalmen gab’s Pizza und statt des üblichen Predigttextes gab’s die gesammelte Vielfalt der Stadionssprechchöre   eine denkbar weltliche Szenerie. Die Kollekte für Mozambique konnte der gläubige Anheizer Johannes Kadel über die Versteigerung eines Fußballs aufbessern, den die deutsche Nationalmannschaft signiert hatte. Die La Ola Welle klappte links wie rechts herum. Gerstensaft floß in Strömen, und das Gemeindehaus glich einem Vereinsheim.” …

Beim Christival Kongreß im Herbst 1996 in Dresden hing über der Ruine der Trinitatis Kirche ein Transparent mit der Aufschrift “Gott ist geil”, und in der Festzeitschrift stand unter anderem zu lesen: “Jesus läßt euch nicht in der Scheiße sitzen. Er hat keinen Bock darauf, euch zu verarschen.” Ein Missionar aus Rumänien, der an diesem von 30.000 Teilnehmern besuchten Kongreß ebenfalls teilgenommen hatte, bemerkte anschließend: “Statt im Geist und in der Wahrheit betet man jetzt immer mehr im Gefühl und frommer Berauschung an. Das ist stimulierte Psyche und geistliche Selbstbefriedigung. Es ist die Ausdrucksform einer Generation, für die biblische Wahrheit Nebensache, die religiöse Wohlfühlatmosphäre und seelisch manipulierte Einheit Hauptsache geworden ist … Manches erinnert uns an Karneval, und das ist beklagenswert. Die Verführung ist zum Teil so weit gediehen, daß Verhaltensweisen, die man früher eindeutig als fleischlich erkannte, nun als geistlich deklariert werden.”

A pro pos Karneval und kirchliches Engagement. In der christlichen Publikation “Wort zur Zeit” (2/95) war dazu passend zu lesen: “Die Unterländer Faschingsvereine drängten sich, gleich Sardinen in der Dose, in farbenprächtiger Maskerade wie am Rosenmontagsball in der Kathedrale der St. Augustinus Kirche zum Narrengottesdienst’. Der Pfarrer der lutherischen Wartberggemeinde hielt dann eine büttenreife Predigt in Reinform. Thema: Jesus der Narr. Darin kreuzigte er den Sohn Gottes mit beißenden Nägeln des Spottes wiederum und beschrieb ihn als Königsgestalt, abgemagert, hässlich und alt. Er wurde dafür von der anwesenden Karnevalsprinzessin mit dem obligatorischen Küßchen bedacht. Die leibhaft Anwesenden waren vom Dargebotenen ebenso entzückt wie die unsichtbare Hölle.”

Die Lokalzeitung aus Pinneberg in Schleswig Holstein berichtete am 28.2.1990 über einen Faschingsball im Gemeindehaus der Heilig Geist Kirche: “Sahira, die Blume der Wüste, mußte mehrere Zugaben ihrer Bauchtanz Kunst geben. Die Gäste dankten es ihr mit frenetischem Beifall … Pastor Matthias Burmann war einer der eifrigsten Tänzer auf dem Faschingsball … Nicht nur die aus Buntpapier zurechtgeschnittenen Moscheen an den Wänden des Gemeindesaales vermittelten einen morgenländischen Eindruck …“

Der frühere Superintendent und evangelische Pfarrer Manfred Kock aus Köln sieht im Karneval “etwas herrlich Respektloses. Es gereicht zur Ehre, wenn einem die Narren den Spiegel vorhalten. Das kann auch unserer Kirche nur gut tun. So ein bißchen Distanz zu sich selbst finden mit Augenzwinkern und Alaaf’ und unter den Paukenschlägen der ,Jecken’. Wenn Pfarrerinnen und Pfarrer bald wieder zu Sitzungen’ in kirchliche Gemeindehäuser einladen, dann ist garantiert, daß die Augen vor Lachen feucht werden und nicht von Tränen über leere Kassen. Der Karneval mag vieles freisetzen in Herzen und Köpfen.”

Was der Karneval, der heidnischen Ursprungs ist, beträchtlich freisetzt, das ist jedoch keine Freiheit, sondern Versklavung durch Satan. Das ist am augenscheinlichsten in den deutschen Bischofs  und Kardinalzentren wie München, Mainz und Köln wahrzunehmen. Der frühere Dompropst, Prälat Ketzer aus Köln, der auch den berüchtigten “Karnevalsorden wider den tierischen Ernst” erhielt, kleidete seine Einstellung zu den bedenklichen Randerscheinungen des rheinischen Karnevals in die bezeichnenden Worte: “Leute mit kleinen Lastern sind mir am liebsten. Wenn niemand mehr sündigt, verliere ich meine Existenzberechtigung … Weihwasser und Kölner Bier inspirieren gleichermaßen.” Ferner hielt der “jecke” Dompropst im Kölner Dom ein festliches Hochamt zu Ehren aller lebenden und verstorbenen Karnevalisten. Mit Weihrauchdüften und Kerzenschein empfing er fast alle Kölner Narren am Hauptportal und geleitete sie zum Altar. Dort gab er der neuen Standarte den kirchlichen Segen.

Vor einiger Zeit berichtete der Kölner “Express” darüber, daß beim Kölner Karneval “Christus als Tünnes am Kreuz hing, dem eine Nonne lüstern in den Lendenschurz schaute”. Schamlosigkeit dieser Art kann kaum noch übertroffen werden.

Der Essener Pfarrer H. Engel predigte in einer vom Westdeutschen Rundfunk übertragenen Morgenandacht: “Ich liebe den Karneval. Prinz Karneval ist ein legitimes Kind der Mutter Kirche. Es gibt eine Blutsverwandtschaft zwischen dem Helau und Alaaf der Narren und dem Halleluja und Hosianna der Christen . ..”

Die Bibel sagt uns: “Die Narren treiben Gespött mit der Sünde” (Spr. 14,9) und “. . . sie werden an ihrer Torheit sterben” (Spr. 10,21). Jesus unterstreicht den Ernst dieser Aussagen noch mit den Worten: “Ich sage euch aber, daß die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben” (Matth. 12,36).

Große Teile der Geistlichkeit sind im Trend der Zeit inzwischen zu modernen Baalspriestern geworden und die Kirche weitgehend zu der in der Bibel beschriebenen Babylon Kirche der Endzeit. Bekannt ist der Name Babylon hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Turmbau zu Babel geworden (1. Mose 11,19). Das Wort Babylon bedeutet soviel wie “verwirren” oder “zerstreuen”. Die Bibel berichtet uns, daß die Menschen sich entschlossen, sich dem Befehl Gottes und seinen Geboten zu widersetzen und sprachen: “Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen, des Spitze bis an den Himmel reicht, daß wir uns einen Namen machen …” Das Gericht Gottes, das das ungehorsame Handeln der abgefallenen Menschen traf, hatte schwere Folgen. Seither geht der Name Babel durch die ganze Bibel hindurch bis zum Buch der Offenbarung. Johannes bezeichnet die ungläubige und religiöse Welt in der Endzeit als Hure Babylon.

“Der Ausdruck Hure wird im geistlichen Sinne gebraucht”, schreibt Heinrich Müller in seiner Schrift “Die Wiederkunft Jesu” und fährt fort: “Er will uns sagen, daß es sich um Menschen handelt, die sich einmal Gott geweiht haben. In Jesaja heißt es: ’Wie geht das zu, daß die fromme Stadt zur Hure geworden ist?’ und Jakobus sagt: ’Ihr Ehebrecher, wißt ihr nicht, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist?’ Die große Hure ist die abgefallene Kirche, die gelobt hatte, Jesu Eigentum zu sein und nun mit der Welt Ehebruch treibt. Sie ist das Sinnbild der verweltlichten Religion.“

 

Der Hauch der Hölle

Satan rast heute um die Welt, weil er weiß, daß er nicht mehr viel Zeit hat (Offb. 12,12). Er will noch schnell einen Sieg nach dem anderen erringen, bevor seine Stunde schlägt. Wie nie zuvor in ihrer Geschichte ist die Menschheit dem Teufel untertan. Durch den Propheten Jesaja sagt Gott erzürnt über die Menschen: “Böse ist, wonach sie streben, und ihre Stärke ist Unrecht. Sie sind alle vor mir gleich wie Sodom und Gomorrah.” Es ist finster geworden auf dieser Erde. So furchtbar wie heute hat die Sünde noch nie grassiert. Sie beherrscht die Menschen immer mehr. “Entweiht liegt die Erde da unter ihren Bewohnern, denn sie haben die Gebote übertreten …“, sagt die Bibel.

Neben einer Reihe anderer Perversitäten ist es hauptsächlich die totale Sex Emanzipation, die inzwischen sämtliche Hemmschwellen überschritten hat. Das Resultat ist der Zusammenbruch jeglicher Moralvorstellungen, der Verlust aller ethischen Werte. Professor Wilder Smith kommentierte diese Entwicklung: “Religiös bedingte Sex Begrenzungen gelten heute direkt als rückständig. Dagegen gilt Sex Emanzipation als fortschrittlich und als eine Errungenschaft heutiger Ideologien. Ein promiskes Leben ist, so lehrt man in gewissen ’progressiven’ Kreisen, normal und physiologisch bedingt und hat nichts mit Religion zu tun. So wie man essen und trinken muß, so müssen auch die Sex Instinkte voll ausgelebt werden können, wenn man sich selbst verwirklichen will … Gegen Promiskuität darf man heute nichts mehr sagen, und Religion ist irrelevant. Homosexualität, lesbische Liebe und auch die Abtreibung entspringen den Gedanken der Sex Emanzipation und sind heutige Normen, die legalisiert sind, obwohl die Bibel sie verbietet.”

Schon der Prophet Jesaja sagte vor 2800 Jahren: “Von ihrer Sünde sprechen sie offen wie Sodom, sie verhehlen sie nicht. Wehe ihrer Seele! Denn sich selbst bereiten sie Böses.” Was Jesaja damals über seine Zeitgenossen sagte, ist heute allgemeine Praxis geworden. Nichts ist zu pervers und nichts ist zu gemein, um es nicht öffentlich darzustellen. Das offene Reden der Leute von Sodom über ihre Sünden war der Beweis, daß Gott in ihrem Denken überhaupt keinen Platz mehr hatte. Leider hat sich inzwischen auch bei uns die Öffentlichkeit längst diese Haltung zu eigen gemacht und sich mit den derzeitigen Verhältnissen als etwas ganz Normales abgefunden. Aber Gott nicht.

William McDonald schreibt zu Römer 1,18, wo davon gesprochen wird, daß Gottes Zorn vom Himmel her geoffenbart werden wird über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen: “Wir sündigen Menschen sollten uns nicht damit beruhigen, daß Gott anscheinend zu unserem Verhalten schweigt und nichts unternimmt. Wenn er Sünde nicht immer sofort bestraft, so heißt das noch lange nicht, daß er sie niemals ahnden wird … Ganz offensichtlich erschlägt er die Menschen nicht sofort als Reaktion darauf, daß diese Sünden begehen. Denn wenn er das täte, dann hätte sich die Weltbevölkerung schon drastisch verringert. Doch er hat bei einzelnen Gelegenheiten deutlich seine Meinung gesagt, um die Menschheit zu warnen: Ihr Vergehen wird nicht ungestraft bleiben.“

Es ist ferner bemerkenswert, was zum Beispiel japanische Wissenschaftler und Ärzte bei einer kritischen Betrachtung des Fernsehens festgestellt haben: “Das Fernsehen als solches hat eine direkte hypnotische Ausstrahlung. Mit TV ist ein neuer Mediumismus, eine Geistesmacht, über die Welt gekommen, die über der Wirklichkeit des Lebens steht und depressives Irresein damit hervorruft. Es wird eine Geistes- und Handlungsweise aufgebaut, die dem echten Sein des Menschen zuwiderläuft, womit ihm aufgezwungen wird, was er eigentlich gar nicht will. Die Individualität des Menschen wird zu einer knetbaren Masse. Ihnen erscheint das Anormale und Unnatürliche als das Normale. Daher diskutieren und handeln sie unter der Einwirkung der medialen Beeinflussung wie Schlafwandler.”

Wenn man darüber hinaus weiß, daß viele Jugendliche durch ihren Computer Anschluß an die internationalen Datennetze wie “Internet” oder “Compuserve” haben und damit unkontrolliert zu allen Arten von Sex und Pornographie, dann wird damit das Gesamtbild erschreckend abgerundet.

Der bekannte evangelische Jugendpfarrer Wilhelm Busch aus Essen hat bereits Anfang der sechziger Jahre in bezug auf die sittlichen Maßstäbe unserer Zeit, die einen bisher nie dagewesenen Tiefstand erreicht haben, festgestellt: “Die Menschen sind heute davon überzeugt, daß Sexualität mit Gut und Böse gar nichts zu tun hat, weil sie Gottes Gebote aus ihrem Leben längst verabschiedet haben. Wenn ich einen totschlage, so sagen sie, das ist böse, wenn ich aber ’liebe’, so hat das doch mit Gut und Böse nichts zu tun. Und wer sorgt dafür, daß so etwas geglaubt wird? Es ist der Teufel, der dazu unter anderem das Fernsehen benutzt, wo erotische Filme zeigen, wie interessant Ehebruch ist. Der ’unverstandene Mann’ wird endlich bei einer anderen glücklich, weil sie ihn ’versteht’. Die Psychiater haben uns darüber hinaus jahrelang erklärt, wie gefährlich ’verdrängte Komplexe’ sind, so daß schließlich das ganze Volk glaubte, verdrängte Sexualkomplexe zu haben.”

Vor einiger Zeit berichtete die “Süddeutsche Zeitung” über den Auftritt der britischen Skandaltruppe “Rockbitsch”, bei dem es “zu Geschlechtsverkehr auf offener Bühne” gekommen sei. Beschrieben wird diese Rocksex Orgie als eine “Pepshow, deren Elemente sich auf die Genitalbereiche reduzierten“, und im einzelnen: “Die Gruppe (sechs Frauen und ein Mann), die weitgehend unbekleidet aufzutreten pflegt, zeigt so ziemlich alles, was man schon immer über Sex wissen wollte, sich aber nie vorzustellen wagte. Die Mädels befummelten sich an allen nur erdenklichen Körperpartien, zeigten, was man mit einer Colaflasche alles anstellen kann, und urinierten sogar ins Publikum.“

Wenn sich die an sich eigentlich seriöse Zeitung aus München hier einer ungeschminkten Darstellung bedient, die die Fäkalien Mentalität der “Rockbitsch” zum Ausdruck bringt, zeigt dies, wie drastisch inzwischen die Zustände allüberall geworden sind, und daß kaum noch eine Institution den Sog der Zeit unbeachtet lassen kann.

Zu einer der schlimmsten Kunstorgien der jüngsten Zeit gestaltete sich die Aufführung der Oper “Moses und Aaron” im Bremer Theater. Nackte Jungfrauen verzehrten einen Phallus, eine Blondine läßt sich den Darm eines geschlachteten Jünglings schmecken. Aaron verrichtet auf dem Donnerbalken seine Notdurft, als ihn der Ruf zur Gründung einer Religion ereilt, ein fetter halbnackter Spion des Pharao wird mit dem Hackebeil zerlegt und zum Schmaus zubereitet und im Hintergrund leuchtet eine Leuchtschrift: “Die Party ist in vollem Gange.”

Kein Richter in Deutschland schreitet heute mehr gegen diese satanischen Verunglimpfungen ein, die immer drastischer in unserem inzwischen dämonisierten Abendland ausgegossen werden. Anders dagegen, wenn zum Beispiel heidnische Religionen karikiert werden. Als sich vor Jahren der TV Showmaster Rudi Carell über Moslems lustig machte, da gab es sofort einen Aufruhr, und sogar die Bundesregierung sah sich in die Pflicht genommen und entschuldigte sich offiziell bei den islamischen Gottesstaatlern in Teheran.

In vollem Gange sind heute alle möglichen Formen wilder Lustbarkeit und pervertierter Unterhaltungsspiele. Man kann heute kaum noch eine Tageszeitung aufschlagen, ohne zahllosen Kontaktanzeigen von männlichen und weiblichen Prostituierten zu begegnen. Die Einnahmen aller deutschen Verlage bei dem Geschäft mit der käuflichen Liebe belaufen sich auf ca. eine Milliarde pro Jahr. Unsere Gesetzeshüter drücken aber beide Augen zu, wenn Sexclubs, Fotomodelle und Prostituierte, also professionelle Huren, unter Angabe ihrer Telefonnummer ihre “Dienste” anbieten. Diese Sex Vermittlungsanzeigen, die vom Staat großzügig geduldet werden, erfüllen übrigens den Tatbestand des § 18 la, Abs. 3 des StGB (kupplerische Zuhälterei). Es gab einmal eine Zeit, die liegt lediglich ein paar Jahrzehnte zurück, da wurde die Offerte von Unzucht gegen Bezahlung strafrechtlich verfolgt.

“Ein Aufschrei der Entrüstung geht durch unser Land”, schreibt der Vorsitzende der Europäischen Ärzteaktion, Dr. Siegfried Ernst, “angesichts der Entwicklung zur totalen Enthemmung und radikalen Schamlosigkeit. Es fehlt nur noch die Forderung: ’Wollt ihr den totalen Sex?’ Wobei man ein Volk mit der totalen sexuellen Enthemmung genauso zerstören kann wie mit einem totalen Krieg. Die völlige Unfähigkeit etwa, den logischen Zusammenhang der Massenpornographie mit ihrem letzten Schrei, der Kinderpornographie und der Vergewaltigung und Ermordung von Kindern, zu begreifen, zeigt eine große Abstumpfung. Deshalb verwundert es nicht, wenn auch Politiker sich weigern, wenigstens die alten Strafgesetze gegen Pornographie und Blasphemie wieder herzustellen (§ 184 und 166 StGB), um diese Zerstörung der Menschenwürde etwas zu bremsen. Sodom und Gomorrah werden durch diesen Zustand unserer Gesellschaft in den Schatten gestellt.

Jüngst fand in der Hauptstadt Kenias, Nairobi, eine große Demonstration gegen die weiße Entartung durch die Sexüberflutung statt. Sexliteratur und  filme aus Europa wurden öffentlich verbrannt. Unsere Massenmedien schwiegen selbstverständlich dieses Ereignis weithin tot.

Die systematische Zerstörung aller lebenswichtigen Verhaltensnormen und Tabus und besonders des Schamgefühls zwischen den Geschlechtern und im Sexualbereich bedeutet im Endeffekt die Beseitigung des Gewissens auch in allen anderen Lebensbereichen aus einem Volk. Das aber führt in Chaos, Anarchie, Verbrechen und zum Untergang einer solchen gewissenlos gewordenen Gesellschaft.” – Soweit Dr. Ernst.

Man muß sich tatsächlich nach den sittlichen Normen einer Gesellschaft fragen, die, wie es die Nordrhein westfälische Regierung fertig bringt, auf der einen Seite Mittel für Kindergärten zu sperren, auf der anderen Seite aber Mittel für die Einrichtung eines Schwulen  und Lesbenreferats mit sieben Mitarbeitern im Sozialministerium zu bewilligen. Oder einem sich öffentlich als schwul bekennenden Aidskranken das Bundesverdienstkreuz um den Hals hängt. Das sind Totengräber der Moral, die mit dem Teufel paktieren (Joh. 10,10).

Es gibt da in Bonn einen Bundestagsabgeordneten mit Namen Volker Beck. Er ist 36 Jahre alt und gehört zur Fraktion der Grünen. Vor nicht allzu langer Zeit bekannte er sich öffentlich zur Homosexualität und erklärte: “Ich lebe mit einem Partner in einer festen Beziehung. Mein Gatte ist Franzose. Ich liebe ihn und möchte ihn heiraten.” Beim Standesamt in Köln hatte er das Aufgebot bestellt. “Auch für Schwule und lesbische Paare sollen die Hochzeitsglocken läuten”, ist sein sehnlichster Wunsch. In Deutschland gibt es ca. 3,2 Millionen Homosexuelle, die sich öffentlich bekennen. Die Dunkelziffer ist mindestens doppelt so hoch.

Leute wie Beck machen in Bonn (heute Berlin) und zum Teil auch in den Bundesländern Politik. Sie werden möglicherweise in einer Koalition über die Einführung von ihnen besonders gelegenen Gesetzen entscheiden. So haben die Grünen in Bonn bereits den Entwurf eines sogenannten Antidiskriminierungs Gesetzes vorgelegt. Danach soll die Diskriminierung z. B. von Homosexuellen zivilrechtlich verboten werden. Sie soll, wie es heißt, “teuer zu stehen kommen”. Daran ist zu erkennen, was uns in Zukunft noch alles ins Haus steht, während die Herren Beck Arm in Arm mit ihren perversen Partnern und mit einer Blume im Knopfloch fröhlich zum Standesamt marschieren, um sich dort zivilrechtlich trauen zu lassen. Bei der derzeitigen politischen Konstellation werden wir spätestens zu Beginn des neuen Jahrtausends soweit sein.

Wie bereits vorerwähnt, macht die Verwahrlosung der Sitten selbst vor den Kirchentoren nicht halt. Lesbischer und homosexueller Lebensstil wird offen von oben toleriert. Kein Wunder, da die Bischofsstühle fast nur noch von liberalen, bibelkritischen und linksgerichteten Kandidaten besetzt sind, die die Gebote Gottes neu interpretieren. Die Zeitgeist Bischöfin von Nordelbien, Maria Jepsen, befürwortet, Homo-Partnerschaften anzuerkennen. Menschen in solchen Partnerschaften sollten auch gesegnet werden, da sie ihre Sexualität “verantwortlich gestalten” würden. Man sollte diese Art von Sexualität als Gabe Gottes betrachten.

Der Theologe Hans Georg Wiedemann schreibt in einem Kommentar zur Orientierungshilfe der EKD “Mit Spannungen leben”: “Leitbild kann überhaupt nicht eine Lebensform, also die Institution Ehe sein, sondern nur das Leben in ihr. Es ist längst an der Zeit, daß sich besonders die evangelische Kirche von ihrer Ehe mit der Ehe trennt. Diese Ehe hat es verhindert, daß die Kirche der Vielfalt der menschlichen Lebensformen überhaupt ansichtig wurde.”

Diese “Vielfalt” erstreckt sich nach Ansicht des Schreibers natürlich auf alle Formen des menschlichen Zusammenlebens außerhalb der Gebote Gottes. Solche Leute sehen in den diesbezüglichen biblischen Texten lediglich “zeitbedingte” und für heute nicht mehr relevante Aussagen. Man muß sie dem heutigen Empfinden, dem Empfinden des modernen Menschen und seiner veränderten Ansichten anpassen. Zu gut deutsch: Gottes Wort ist stellenweise inzwischen überholt, nicht mehr zeitgemäß, von dem man sich zumindest da und dort distanzieren muß, wenn man mit der modernen Gesellschaft Schritt halten will.

Gott verweist am Ende der Bibel nochmals mit allem Nachdruck auf die Unabänderlichkeit der Schrift, indem er sagt: “Wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches, so wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen am Baum des Lebens …” (Offb. 22,19).

 

Unter dem Fluch Gottes

Es ist weithin bekannt, daß Homosexualität im selben Atemzug mit Sadismus, Voyeurismus, Masochismus, Inzest und Sodomie genannt wird, also etwas Verwerfliches und Abartiges, von dem sich der normale und anständige Mensch angewidert fühlt. Nicht nur, daß es zumindest sonderbar erscheint, wenn angesichts zweier sich in der Öffentlichkeit ungeniert gebender Homosexueller zum Beispiel ein Kind seine Eltern ahnungslos fragt: “Warum geben sich denn die Onkels Küsse?” Die scheußlichen und sehr speziellen Praktiken dieses unnatürlichen Verkehrs (anal) zwischen männlichen Personen kann man nur als ausgemachte Schweinerei betrachten. Es ist für einen normalen Menschen unverständlich, wie man sich in seinem Sexualverhalten animalisch auf der primitiven Stufe von Tieren produzieren kann. Gott nennt dies eine Schande, von der er sagt: “Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Greuel ist, und sollen beide des Todes sterben” (3. Mose, 20,13). Der Psalmist sagt: “Denn siehe, die von Gott abweichen, werden umkommen” (73,27).

So wird es all denen gehen, die die Gebote Gottes mißachten und den Sünden frönen, die auf den vorangegangenen Seiten aufgezeigt worden sind. Was der Herr damals durch seinen Knecht Mose dem immer wieder in Ungehorsam fallenden Volk Israel sagen ließ, gilt auch für die Menschen unserer Tage.

Wir lesen im 5. Buch Mose, Kapitel 28: “Wenn du aber nicht gehorchen wirst der Stimme des Herrn, deines Gottes, und wirst nicht halten und tun alle seine Gebote und Rechte, die ich dir heute gebiete, so werden alle diese Flüche über dich kommen und dich treffen … der Herr wird dich schlagen mit Auszehrung, Entzündung und hitzigem Fieber, bis du umkommst … der Herr wird dich schlagen mit ägyptischem Geschwür, mit Pocken, Grind und Krätze, daß du nicht geheilt werden kannst. Der Herr wird dich schlagen mit Wahnsinn, Blindheit und Verwirrung des Geistes … Alle diese Flüche werden über dich kommen und dich verfolgen… so wird der Herr schrecklich mit dir umgehen und dich und deine Nachkommen schlagen mit großen und anhaltenden Plagen, mit bösen und anhaltenden Krankheiten …“

Zu den Plagen gehört auch die Lustseuche Aids, bei der wir es mit einer Geisel Gottes zu tun haben. Aids, vier todbringende Buchstaben, die um die Welt geistern, wobei die Spur dieser verheerenden Krankheit bereits von Millionen Toten gekennzeichnet ist. Die Sintflut naht, und keine Arche ist in Sicht. Die apokalyptischen Reiter sind auf dem Weg. Auf ihrem Banner steht die Zahl 666   Sex, Sex, Sex! (Offb. 13,18). Keine Therapie kann diese endzeitliche Seuche jemals in den Griff bekommen. Sie ist eine Strafe Gottes an denen, “die nicht gehorchen der Stimme des Herrn und halten seine Gebote” (3. Mose 26,25).

Es ist die Sünde der Homosexualität, die dieser schrecklichen Krankheit erst den Weg geebnet hat, und es ist ein Leiden, das den schlimmsten Qualen gleicht, die Menschen treffen können. Sie werden furchtbar gezeichnet von Schmerzen, die sie zum Wahnsinn treiben: bösartige Geschwüre, geschwollene Lymphdrüsen, Atemnot, Fieber, Hautausschläge, Darmblutungen, verbunden mit Gehirnzerfall bis zur Blindheit. Ihre Körper werden langsam verfaulen und der Fluch ihrer Sünden wird sie auffressen. Sie werden nicht einmal wie normale Tote versorgt. Ihre Leichen kommen in einen Plastiksack aus schwerem, reißfestem Material. Dann wird der breite Reißverschluß zugezogen und der Sack luftdicht verschlossen. Obenauf erhält er einen deutlichen Vermerk: “Hochgradig ansteckend! Nicht mehr öffnen!” Dann erst wird dieses verschnürte Bündel in den Sarg gelegt.

Die Bibel sagt, der Tod ist der Sünde Sold. Und so werden sie alle sterben, alle, die Gottes Gebote mißachtet, die sich eingebildet haben, sie bräuchten sich einen Dreck darum zu kümmern, was in der Heiligen Schrift steht. Gott hat die Menschen in diesem Buch gewarnt und uns eine Reihe Beispiele überliefert, die die unweigerlichen Folgen sittlicher Verderbtheit aufzeigen. Eines davon finden wir in 1. Mose 19.

“Darum sagte der Herr: ’Über die Leute von Sodom und Gomorrah sind schwere Klagen zu mir gedrungen. Ihre Schuld schreit zum Himmel. Deshalb will ich jetzt hingehen und mit eigenen Augen sehen, ob sie es tatsächlich so schlimm treiben.’“  Seine beiden Begleiter waren Engel. “Es war schon gegen Abend, als sie nach Sodom kamen“, heißt es in der Schrift. Lot, der Neffe Abrahams, lud sie ein, in seinem Haus zu übernachten, wozu sie sich nach einigem Zögern auch bereiterklärten. “Die beiden wollten sich eben schlafen legen”, lesen wir weiter, “da liefen alle Männer von Sodom, alt und jung, zusammen und umstellten das Haus. ’Lot, Lot’, riefen sie, ’wo sind die Männer, die heute abend zu dir gekommen sind? Gib sie heraus, wir wollen mit ihnen Verkehr haben.’ Lot trat vor das Haus und zog die Tür hinter sich zu. ’Begeht doch nicht solch ein Verbrechen’, rief er. ’Ich habe zwei Töchter, die noch kein Mann berührt hat, ich will sie euch herausbringen; macht mit ihnen, was ihr wollt. Aber die beiden Männer behelligt mir nicht. Sie sind meine Gäste und stehen unter meinem Schutz.’

Sie aber schrien: ’Mach, daß du wegkommst! Du bist ein Fremder und willst uns Vorschriften machen? Wir werden dir noch ganz anders mitspielen als denen.’ Sie fielen über Lot her und versuchten die Tür aufzubrechen. Da zogen die beiden Männer Lot ins Haus und verschlossen die Tür. Sie schlugen die Leute von Sodom mit Blindheit, so daß sie die Tür nicht mehr finden konnten.”

Wie wir sehen, waren die Männer von Sodom völlig verdorben. Die Bibel spricht auch ausdrücklich davon, daß alle Männer Lot und die Engel bedrohten. Sicher hatten die Bewohner dieser Stadt noch eine Reihe anderer Sünden. Aber Gott hat gerade die Sünde der Homosexualität für so widerwärtig und verabscheuungswürdig befunden, daß er sie, und ausschließlich nur sie, in der Bibel wörtlich benannte.

Wie es mit Sodom weiterging, blieb uns auch nicht verschwiegen. Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, ließ Gott auf sämtliche Städte in der Jordangegend Schwefel und Feuer vom Himmel fallen. Sie wurden restlos zerstört, ihre Bewohner getötet und das Land verwüstet, so daß nichts mehr darauf wuchs. Lot, der als einziger Mann zusammen mit seinen beiden Töchtern der Katastrophe entging, sah, als er später auf die Gegend am Jordan herabschaute, wie von dort eine einzige Rauchwolke aufstieg, “wie von einem Schmelzofen”, wie die Bibel sagt.

Das geschah um 1800 vor Christi Geburt. Die beiden Städte Sodom und Gomorrah konnten bis heute nicht lokalisiert werden. Man nimmt an, daß sie unter dem Toten Meer begraben sind. Sie wurden wegen der Sünden ihrer Bewohner vernichtet.

Eine ganz ähnliche Geschichte berichtet uns die Bibel in dem Buch der Richter, und zwar in den Kapiteln 19 21. Das zentrale Geschehen dieser drei Kapitel ist das Verbrechen von Gibea in Benjamin. Es ist ebenfalls ein Höhepunkt der Gottlosigkeit und Gesetzlosigkeit jener Tage, eines der schlimmsten Verbrechen, die in der Bibel überhaupt erwähnt werden. Was war geschehen?

Ein Levit kam mit seiner Frau und seinem Knecht von Bethlehem nach Gibea, um dort zu übernachten. Nach eini¬gen Schwierigkeiten fand er dann auch eine Herberge bei einem alten Mann, der sie in sein Haus führte und sie und ihren Esel versorgte. Wörtlich heißt es dann ab Vers 22: “Und als ihr Herz nun guter Dinge war, siehe, da kamen die Leute der Stadt, ruchlose Männer, und umstellten das Haus und pochten an die Tür und sprachen zu dem alten Mann, dem Hauswirt: ’Gib den Mann heraus, der in dein Haus gekommen ist, daß wir uns über ihn hermachen.’ Aber der Mann, der Hauswirt, ging zu ihnen hinaus und sprach zu ihnen: ’Nicht, meine Brüder, tut nicht solch eine Schandtat! Siehe, ich habe eine Tochter, noch Jungfrau, und dieser hat eine Nebenfrau; die will ich euch herausbringen. Die könnt ihr schänden und mit ihnen tun, was euch gefällt, aber an diesem Mann tut nicht eine solche Schandtat.’

Aber die Leute wollten nicht auf ihn hören. Da faßte der Mann seine Nebenfrau und brachte sie zu ihnen hinaus. Die machten sich über sie her und trieben ihren Mutwillen mit ihr die ganze Nacht bis an den Morgen. Und als die Morgenröte anbrach, ließen sie sie gehen. Da kam die Frau, als der Morgen anbrach, und fiel hin vor die Tür des Hauses, in dem ihr Herr war, und lag da, bis es licht wurde.”

Als der Levit festgestellt hatte, daß die Frau tot war, legte er ihre Leiche auf den Esel und zog nach Hause ins Gebirge Ephraim. Er war entschlossen, sich auf eine furchtbare Weise zu rächen. Dazu zerteilte er die Leiche in 12 Stücke und verschickte diese an die 12 Stämme Israels, um so den Haß des ganzen Volkes gegen die Benjaminiter zu entfachen, und er hatte Erfolg damit. “Es versammelten sich gegen die Stadt alle Männer Israels, geschlossen wie ein Mann.”

In den Kapiteln 20 und 21 des Buches der Richter lesen wir von der fast völligen Ausrottung des Stammes Benjamin. Obwohl in der Stadt, die “geschlagen wurde mit der Schärfe des Schwertes”, nur etwa 700 Männer gewohnt hatten, wird nahezu der ganze Stamm vernichtet. 25 000 Männer mußten ihr Leben lassen. Die Stadt Gibea ging auf in Flammen, und auch alle anderen Städte im Lande Benjamin wurden mit Feuer verbrannt. Die Ursache der Tragödie von Gibea war die Homosexualität ihrer Bewohner.

Um der Vollständigkeit dieser Thematik zu genügen, sollte dieses Kapitel nicht abgeschlossen werden, ohne dem immer wieder erhobenen Einwand zu begegnen, warum zum Beispiel auch unschuldige Kinder oder betrogene Ehepartner Opfer der tödlichen Lustseuche Aids werden, obwohl sie nie eine Beziehung zu irgendwelchen Risikoherden hatten. Die Ansteckung in diesen Fällen geschieht außer durch Geschlechtsverkehr hauptsächlich durch Bluttransfusion. Verseuchte Babys kommen in der Regel bereits mit dem tödlichen Virus der infizierten Mutter zur Welt. Selbst unschuldig, zahlen sie für die Sünden ihrer Väter oder Mütter, und kaum, daß sie in die Welt gekommen sind, müssen sie diese schon bald wieder verlassen.

Wie in so vielen Fällen dieser Art, wird auch hier von kurzsichtigen Betrachtern immer wieder die uralte Frage gestellt: “Warum läßt Gott so etwas zu?” Es ist die älteste Frage der Welt. Sie wurde schon von den ersten Menschen gestellt – wohlweislich, nachdem von ihnen die erste Sünde begangen wurde. Gott hatte sie dazu nicht animiert, im Gegenteil, er hatte sie ausdrücklich gewarnt.

Wie wir bereits hinreichend festgestellt haben, hat Gott den Menschen seine Gebote gegeben, die bei Beachtung alle schlimmen Folgen   auch eine Geisel wie Aids   ausschließen. Wenn nun beispielsweise eine schwangere Frau von ihrem Mann angesteckt wird, der zwischenzeitlich bei einer aids infizierten Hure gewesen ist, oder wenn die Ansteckung der Mutter durch eine unsaubere Injektionsnadel erfolgte, dann kann man doch nicht so naiv sein und Gott die Schuld zuschieben, wenn Kinder infiziert werden. Was hat das offensichtliche Vergehen der Eltern mit Gott zu tun? Es ist eine biologische Gesetzmäßigkeit, daß sich bestimmte Dinge von den Eltern auf die Kinder vererben. Oder will man von Gott   den man ja ansonsten auch nicht braucht   in solchen speziellen Fällen verlangen, daß er die biologischen Gesetze, die in seinem Schöpfungsplan verankert sind, vorübergehend umstößt? Wer ist denn nun eigentlich gerecht und wer ungerecht? Gott hat ja schließlich den Vater nicht ins Hurenhaus geschickt. Er ist aus eigenem Entschluß dorthin gegangen.

Ein anderes Beispiel: Eine Frau, die raucht, dem Alkohol verfallen oder drogensüchtig ist, während sie mit einem Kind schwanger geht, muß wissen, daß sie dem Neugeborenen oft in verheerender Weise schadet. Trotzdem rauchen und trinken viele werdende Mütter verantwortungslos weiter. Es ist dann aber nicht die Schuld Gottes, wenn das Kind ein bedauernswertes Opfer der Sucht der Mutter geworden ist, sondern die Folgen ihrer Sünden.

Wie sieht es denn heute bei uns aus? Männer schlafen mit Männern, Frauen mit Frauen und was es sonst noch alles gibt. Das finden wir alles in bester Ordnung. Wehe, es wagt mal jemand zu sagen: “Kehrt um und tut Buße!”, wie es Johannes der Täufer gesagt hat. Obwohl der Mensch die Krönung der Schöpfung ist, ist er durch eigenes Verschulden zutiefst gesunken.

Betrachten wir einmal unsere Tierwelt. Die Tiere halten sich an die von Gott gegebene Ordnung. Nur der Mensch meint, er könne sich alles erlauben. Kommt dann eine Krankheit wie Aids, dann darf man auf keinen Fall von Umkehr und Einsicht über den Lebenswandel reden, sondern man muß schnell irgendein Mittel finden, das einem erlaubt, genauso weiterzumachen wie zuvor.

Erinnern wir uns: Als seinerzeit werdende Mütter das Arzneimittel Contergan nahmen, brachten sie mißgebildete Kinder zur Welt. Lange hat sich damals die zuständige Pharmaindustrie gegen den Vorwurf der offensichtlichen Schädlichkeit des von ihr hergestellten Medikaments gewehrt. Dann mußte sie Milliarden an Entschädigung zahlen. Trotzdem aber bekam keines der Kinder dadurch wieder gerade Glieder. Sie blieben gezeichnet, und so mancher kurzsichtige Zeitgenosse schielte vorwurfsvoll zum Himmel, wenn er so ein behindertes Kind sah: “Wie kann Gott nur so etwas zulassen … ?” Es war aber nicht Gott, der in der Giftküche des Pharma Konzerns das verhängnisvolle Präparat zusammengemixt hatte.

Noch bis Mitte 1986 sind bei uns in Deutschland amerikanische Blutkonserven verwendet worden. Jahre zuvor hatte man schon davor gewarnt, nachdem andere Länder das US-Plasmaderivat, das zur Versorgung von Blutern verwendet wurde, bereits kategorisch verboten hatten. Doch das Gesundheitsministerium in Bonn hatte lange geschlafen. Die Folge davon war, daß mehr als die Hälfte der von der Bonner Universitätsklinik betreuten und behandelten Bluter Patienten durch die Übertragung aidsverseuchter Gerinnungspräparate infiziert wurden.

Oder nehmen wir in bezug auf das Leiden gerade der Kinder das klassischste aller Beispiele, den Krieg. Wie viele unschuldige Kinder kommen dabei um. Die Schuld haben ihre Väter, die Gottes Gebote mißachten durch Haß, Machthunger, Eroberungslust und das Töten überhaupt. Gott hat den Menschen immer wieder mit Nachdruck auferlegt, sich untereinander zu lieben, ja sogar ihre Feinde zu lieben. Wenn die Menschen dann aber für ihr Fehlverhalten die Rechnung präsentiert bekamen, klagten sie Gott an. Hinzu kommt dann noch, daß Leute, die solche anklagenden Reden führen, in der Regel gar nicht an Gott glauben. Sie leben zumeist in totaler Gottesferne. Wie können sie Gott kritisieren, dessen Existenz sie bewußt leugnen? Hier wird doch der ganze Widersinn einer solchen Handlungsweise offenkundig.

Wenn es beispielsweise allein in Schwarzafrika über 20 Millionen Aidskranke gibt, dann ist dies neben der Homosexualität und der weit verbreiteten Prostitution auch auf die chaotischen Verhältnisse des wahllosen Geschlechtsverkehr der Männer zurückzuführen, die völlig zügellos und primitiv nur ihrer animalischen Lust leben und damit den Aids Virus epidemisch über den ganzen Kontinent streuen.

Die Bibel sagt uns schon lange, was richtig und was falsch ist. Aber der Mensch sagt: “Ich will tun, was ich will …” Und der Gesetzgeber unterstützt ihn dabei noch, indem er Schwulengesetze macht, die das widerwärtige Treiben der Homosexuellen rechtfertigt, hoffähig macht und legalisiert. Anschließend wundern sich dann alle, wenn Gott den Menschen die Konsequenzen für ihr sündiges Tun auferlegt.

 

Die Macht der Finsternis

Aus Jesu Endzeitreden wissen wir, daß in den letzten Tagen überall Finsternismächte auftreten und gewaltig zunehmen werden. Ihr Wirken unter den Menschen wird riesengroß sein und sich auf alle natürlichen und übernatürlichen Bereiche erstrecken. Die derzeitige Situation unseres gesellschaftlichen Lebens bietet sich für diese unheilvolle Entwicklung geradezu an. Wenn   wie dies in unseren Tagen augenscheinlich geschieht   auch der letzte Rest von Gottesglauben aus den Herzen der meisten Menschen vertrieben wird, dann entsteht hier ein Vakuum. Und in dieses Vakuum stoßen gezielt die Mächte der Finsternis. Sie füllen diesen Leerraum mit allen nur erdenklichen Formen des Okkultismus und des Aberglaubens. In dem Maß, in dem sich die Menschen von der Verehrung Gottes abwenden, öffnen sie sich bereitwillig übernatürlichen Dingen und Strömungen aller Art. Eine Welle des Bösen rollt über unser Land, und die Beschäftigung mit dem Übersinnlichen treibt überall Blüten. Es ist heute schlimmer als im Mittelalter. Die okkulte Invasion hat in unserer westlichen Welt bereits Ausmaße angenommen, die als alarmierend angesehen werden müssen.

Wer kümmert sich heute noch darum, daß Gott einmal gesagt hat: “Du sollst keine anderen Götter neben mir haben”?

Unlängst haben sich bei einem Kongreß in Berlin 700 Sterndeuter ein Stelldichein gegeben. Die Zahl der Handlinienleser, Kartenleger und Tischrücker wird bei uns auf über 100.000 geschätzt. Es ist eine blühende Dienstleistungsindustrie. Der geschätzte Jahresumsatz geht in die Milliarden… Die esoterische Literatur zur Zeit einen Anteil von über 10 Prozent des gesamten Bücherangebots. Darunter befinden sich Publikationen besonders über Astrologie, Magnetismus, Hypnotismus, Spiritismus und Hellsehen…

Dies alles sind Gewächse der Hölle. Der inzwischen heimgegangene Evangelist Walter Wilms hat dazu einmal geschrieben: “Wer mit seiner Not nicht zu dem lebendigen Gott und seinem Wort Zuflucht nimmt, sondern zu solchen Mitteln und Irrlehren, geht mit dem Teufel ein Vertrauensverhältnis ein. Ob er es weiß und will oder nicht, die Verbindung ist geknüpft. Natürlich denkt man nicht, daß dieses Tun üble Folgen haben könnte. Man nimmt diese Hilfe gern an. Manche denken: Es ist gleich, ob Gott hilft oder Satan. Sie wissen aber nicht, daß Satan sich diese Hilfe teuer bezahlen läßt. Das Schlimmste aber ist, daß solche Seelen dann nicht mehr an den lieben, helfenden Gott glauben können, der in Jesus Christus allen Menschen eine Erlösung geschaffen hat.”

Und Pfarrer J. Chr. Blumhardt, der bekannte Kämpfer gegen Aberglauben und Zauberei, stellte in einem seiner Bücher fest: “Die traurigste Folge für den Menschen, wenn er seine Abgötterei nicht bekennt und bereut, kommt nach dem Tode …”

Gott warnt uns: “Was der Mensch sät, das wird er auch ernten” (Gal. 6,7), und Paulus sagt uns im 1. Korintherbrief: “Götzendiener werden das Reich Gottes nicht ererben.” Im letzten Buch der Bibel steht geschrieben, daß Zauberer und Götzendiener, wenn sie in ihrer Sünde beharren, auf ewig verloren gehen (Offb. 21,8 u. 22,15).

Es ist inzwischen überall Mitternacht geworden. Fragwürdige diesbezügliche Angebote bieten unter anderem die Volkshochschulen überall in Deutschland, besonders im Bereich der Esoterik und New Age. Aber auch auf dem Gebiet der “Gesundheitsbildung” gibt es einen Boom mit Yoga, autogenem Training und Bioenergetik. Psycho-Kulte aller Art breiten sich wie ein Steppenbrand aus. Da blühen Okkultismus, Esoterik, Magie, Hexenglauben, New Age, Geistheilung, Reinkarnation, Schamanismus, Satanismus usw. Wir leben, wie gesagt, in einer Welt, in der die dämonischen Bewegungen aller Art oben auf sind, wo sie gesellschaftsfähig geworden sind und sich immer größerer Beliebtheit erfreuen.

Wir leben in der von der Bibel vorausgesagten Abfallzeit, wo Glaubenssubstanz verworfen wird und wo man Gott längst in Pension geschickt hat. Er paßt nicht mehr in die Vorstellungswelt der meisten Menschen. Man ignoriert sein Wort, die Heilige Schrift, wo immer man kann. Bekämpft jede sittliche Ordnung, soweit sie sich auf die Richtlinien der Bibel bezieht. Die Menschen suchen sich selbst zu helfen, ohne Gott, ohne Bibel, ohne Gebet. Sie sagen: Hilf dir selbst. Sie vertrauen nur auf ihre Intelligenz, auf ihr Geld usw. …

Besonders schlimm ist es auf dem Gebiet der Gesundheit, dem Hauptproblem, der Nummer eins. Dabei suchen immer mehr Menschen Hilfe im okkulten Bereich, bei paramedizinischen Heilmitteln. Die Folgen sind oft schrecklich, verheerend. Es geht bei den okkulten Heilmethoden um die sogenannte weiße Magie. Dazu gehören alle fernöstlichen Heilpraktiken, die zum großen Teil ausgesprochen unwissenschaftlichen Praktiken zuzuordnen sind und einen medialen Hintergrund haben. Sie kommen meistens aus der chinesischen Philosophie mit all ihren okkulten Inhalten. Auffallend ist unter anderem, daß medial veranlagte Menschen viel eher auf diese Heilmethoden ansprechen als zum Beispiel gläubige. Es gibt chinesische Ärzte, die weigern sich deshalb Patienten zu behandeln, die aus christlichen Kulturkreisen kommen.

Nun, wir wissen, daß auch die Wunderheiler Erfolge aufzuweisen haben. Das spricht aber noch lange nicht für die Richtigkeit ihrer Methoden. Heilungen dieser Art geschehen auch bei Magiern, bei den Medizinmännern im Busch und bei den Zauberdoktoren und den Naturreligionen in Afrika, Asien und Südamerika. Es sind zum Teil sogar verblüffende Erfolge. Sogar solche, die im Namen Jesu heilen, wie zum Beispiel die Christliche Wissenschaft, kann mit beachtlichen Heilerfolgen aufwarten.

Aber damit ist noch lange nicht gesagt, daß sie auch in göttlichem Auftrag handeln bzw. unter göttlicher Salbung stehen. Ein gläubiger Christ sollte sich niemals in diese Bereiche begeben. Mediale Kräfte sind immer gefährlich. Ein Christ sollte sich in allen Dingen stets unter den Schutz Jesu stellen. Auf keinen Fall sollten wir nach dem Motto handeln: Gesundheit um jeden Preis.

Ein junger Mann kam mit einer lebensbedrohenden Krankheit in die Praxis eines dieser ominösen Heiler. Zuvor hatten ihm die Ärzte wenig Hoffnung auf eine Besserung seines Zustandes gemacht. Der Heiler bediente sich während der Untersuchung seiner Apparaturen und stellte dabei eine hundertprozentig treffsichere Diagnose. Auch die anschließende Behandlung war erfolgreich, und der junge Mann wurde wieder gesund. Er wußte aber nicht, daß er sich in die Hände eines medialen Heilers begeben hatte, und so mußte er seine Gesundheit teuer bezahlen. In der Folge stellten sich bei ihm gravierende körperliche Veränderungen ein. Wenn er in die Kirche ging oder daheim die Bibel lesen wollte, bekam er plötzlich körperliche Schmerzen. Auch hatte er keine Freude mehr am Beten. Wenn er christliche Lieder singen wollte, versagte ihm die Stimme. Dazu stellten sich gleichzeitig auch charakterliche Veränderungen ein. Er wurde Alkoholiker und Kettenraucher, der am Tag bis zu 80 Zigaretten rauchte. Dazu kamen Depressionen und zuletzt ein völliger seelischer Bankrott. Er war zwar zunächst körperlich geheilt gewesen, aber schließlich seelisch ruiniert.

Okkulte Praktiken befreien nicht, sie knechten. Die Bibel sagt in Galater 5,1: “Zur Freiheit hat Christus uns befreit. So stehet nun fest und lasset euch nicht wieder in das knechtische Joch fangen.” Leider haben dunkle Mächte inzwischen auch in christliche Kreise Einlaß gefunden. So entstand vor einiger Zeit in Stuttgart ein “Arbeitskreis für christliche Meditation und Yoga”. Man suchte dort neue Wege zu religiösem Erleben und spirituellen Erfahrungen. Übungen aus anderen Religionen seien gefragt. Die Leiter dieses Kreises sind evangelische Pfarrer.

Die Meditation, von der hier die Rede ist, ist eine Art Selbsthypnose durch Autosuggestion, eine Technik der psychischen Selbstbeeinflussung. Wenn sich der Mensch etwas selbst einsuggeriert, dann ist das immer eine ungöttliche Handlung. Die Meditation gehört in den Bereich der Psychoanalyse und ist aus der Hypnose entstanden. Im Mittelpunkt steht immer das Ich des Menschen. Eine Innenschau, eine Versenkung, ein Zustand der Entrückung, eine Traumwelt der Phantasie. Der Mensch konzentriert sich nur auf sich, nicht auf Gott.

Ähnlich ist es beim Yoga. Yoga ist heute weit verbreitet und kommt aus dem Buddhismus und dem Taoismus. Letzteres ist eine chinesische Volksreligion und hat mit Aberglaube und Zauberei zu tun. Es ist ein Teilbereich des Spiritismus und total unvereinbar mit dem christlichen Glauben. Wenn es das Ziel von Meditation und Yoga ist, eine Art Selbsterlösung zu erlangen, dann ist Jesus Christus natürlich überflüssig geworden.

Wir sollten grundsätzlich festhalten: Es gibt in dieser Welt zwei Quellen, aus denen der Mensch schöpfen kann. Die eine Quelle ist Gott und die andere die Macht der Finsternis mit ihrem beherrschenden Fürsten   Satan. Wir können Hilfe von der einen Seite bekommen, wir können uns aber auch der anderen Seite zuwenden und den Weg der finsteren Mächte wählen. Aber Letzteres führt unweigerlich in Gebundenheit, Ausweglosigkeit und ewige Nacht. Im übrigen verbietet uns die Heilige Schrift ausdrücklich, Hilfe bei der Quelle zu suchen, die nicht von Gott kommt, denn das würde bedeuten, fremde Götter und Götzen anzurufen. Gott, unser Herr, mahnt uns in 2. Mose 20,3 6: “Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem. was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.” Auch der Apostel Paulus warnt in seinem Brief an die Gemeinde in Galatien eindringlich vor Götzendienst und Zauberei und sagt dazu, daß die, die solches tun, das Reich Gottes nicht erben werden.

Das sind harte Urteilsworte Gottes. Sie sind umso ernster zu nehmen, da, wie es uns die Bibel sagt, unser Universum von okkulten Kräften voll durchdrungen ist. Das ist genau das, was Paulus an anderer Stelle sagt:

“Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.”

Der “Gott dieser Welt” verblendet seine Opfer mit Geheimwissen aus allen möglichen dunklen Quellen. Dabei ist eine weitverbreitete Greuelsünde, wie gesagt, der Aberglauben.

Was ist Aberglauben? In dem Wort Aberglauben finden wir zunächst das Wort Glauben. Aber es steht nicht allein, denn es wird von dem Wort “aber” begleitet. Aberglauben ist also nicht dasselbe wie Glauben. Es ist vielmehr ein Irrglauben. Glauben ist für wahre und überzeugte Christen ausschließlich der Glauben an den lebendigen Gott und seine übernatürliche Kraft. Was den Aberglauben betrifft, so bezieht sich dieser dagegen nicht auf Gott, sondern auf einen anderen, den “Fürsten der Welt”.

Das heißt also, auf der einen Seite steht Gott und auf der anderen Satan. Dazwischen steht der Mensch. Diese Konstellation ist gerade heute in unseren Tagen ausgeprägter denn je. Wenn der Mensch an Gott glaubt, dann kommt er auch unter göttlichen Einfluß. Glaubt er dagegen an den Teufel und seine Macht, so kommt er unter dessen Einfluß. Es gibt ein Sprichwort, das besagt: “Wenn man dem Glauben die Tür weist, kommt der Aberglaube zum Fenster herein.”

“Wenn euch Jesus nun frei macht, so seid ihr wirklich frei” (Joh. 8,36). Und an anderer Stelle heißt es: “Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, daß er die Werke des Teufels zerstöre” (l. Joh. 3,8).

 

Quo vadis Deutschland?

Die Bibel zeichnet ein sehr drastisches Bild von der sittlichen Verwahrlosung der Menschen in der Endzeit, die ihren Impulsen unbeherrscht und betont egoistisch freien Lauf lassen, ungeachtet der Gebote Gottes. Bei dem Bestreben eines totalen Auslebens sündhafter Bedürfnisse spielt auch bei uns in Deutschland immer wieder die Forderung nach genereller Abschaffung des Abtreibungsparagraphen 218 eine Rolle.

Begonnen hatte die Debatte um die Liberalisierung dieser Gesetzesvorschrift bereits im Jahre 1976. Damals zur Zeit der sozialliberalen Koalition in Bonn lag die Zahl der Kindestötungen bei etwa 8000 im Jahr. Heute gehen die Zahlen bereits in die Hunderttausende. Als dann die C-Regierung wieder an die Macht kam, wurde es keineswegs besser. Inzwischen wurden Millionen Kinder ermordet als Folge der Inkonsequenz auch der sogenannten christlichen Politiker, die nur noch Wenn und Aber Paragraphen zustande brachten. Das Töten geht ungehindert weiter, und das 5. Gebot Gottes, “Du sollst nicht töten”, ist regierungsamtlich außer Kraft gesetzt. Töten wurde damit legal.

Bei den mit staatlicher Duldung einhergehenden Verbrechen am ungeborenen Leben besteht ein sichtbarer Zusammenhang mit der schwindenden Bindung an den christlichen Glauben. Kaum ein anderes Vorkommnis charakterisiert so sehr das sich in permanenter Auflösung befindliche Rechtsbewusstsein wie der Kinder Holocaust in Deutschland, der alljährlich 300.000 Abtreibungsopfer fordert. Das sind dreimal mehr Menschen, als der Hiroshima Bombe zum Opfer fielen. In einer einzigen Woche werden bei uns 2500 Kinder qualvoll im Mutterleib ermordet. Umgerechnet sind das täglich rund 15 Schulklassen mit jeweils 23 Schüler. Für sie gibt es nicht mal ein Grab, noch Blumen, noch Tränen …

In einer Gesellschaft, in der selbst bei Schwerstkriminalität die Todesstrafe abgeschafft ist, hat jede Mutter das Recht, gegen ihr Kind ein Todesurteil zu fällen. Welch eine Ironie. Dabei hat solch ein Kind überhaupt nichts verbrochen, außer unerwünscht zu sein. Die Tötung unschuldiger Menschen zu legalisieren, das heißt, sie beliebig ausradieren zu können, war bisher nur in Unrechtssystemen möglich.

Das ist eine einmalige Katastrophe auf dem Gebiet der Rechtsordnung unseres Landes und eine bewußte Entscheidung, den Weg ohne Gesetz zu gehen. Somit kann die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr als Rechtsstaat betrachtet werden. Es kann angesichts der Erosion des Unrechtsbewußtseins nicht genug über Abtreibung und die damit zusammenhängende Problematik geschrieben werden. Ein Theologe sagte einmal sehr richtig: “Wenn man der Mutter das Recht gibt, ihre ungeborene Tochter zu töten, weil sie ihr eine Last ist, dann gibt man der Tochter dasselbe Recht, ihre Mutter aus demselben Grund zu töten. Freie Abtreibung bedeutet früher oder später freie Euthanasie, weil man in beiden Fällen dasselbe Recht zu töten bestimmten Personengruppen in besonderen Umständen überläßt. Das zugrunde liegende Denkschema ist exakt dasselbe.

Inzwischen haben wir in der Bundesrepublik einen Keller voller Leichen, und man muß sich fragen, wie unsere verantwortlichen Politiker, besonders die mit dem “C”, mit einer solchen Hypothek leben können. Ein Journalist fragte einmal einen Politiker in Bonn: “Herr Abgeordneter, beten Sie?” Die Antwort war kurz und unmißverständlich: “Ich führe keine Selbstgespräche.“ Für solche Leute ist Gott tot. Sie sind aber mitverantwortlich dafür, daß unsere Welt zunehmend in einem Chaos landet, weil sie sich nur vom Zeitgeist leiten lassen und nicht von dem, was die Bibel den Menschen als Maßstab ihres Handelns vorschreibt.

Ein verantwortungsbewußter Arzt hat dem Kanzler der Bundesrepublik Deutschland einmal einen Brief geschrieben, indem es unter anderem heißt: “Haben Sie, Herr Bundeskanzler, nicht folgenden Eid geschworen: Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohl des deutschen Volkes widmen … Schaden von ihm abwenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen … und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde? Meine Freunde und ich bitten Sie, diesen Schwur in die Tat umzusetzen, das heißt unter anderem, das im Grundgesetz garantierte Lebensrecht zu verteidigen, Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben, also auch gegen das wehrlose Ungeborene, um so Schaden von unserem Volk abzuwenden …

Auch Sie, Herr Bundeskanzler, werden einmal vor dem Thron des Weltenrichters stehen müssen, des wirklichen Herrn über Leben und Tod. Dort werden bei der letzten, für jeden von uns entscheidenden Abstimmung, auch diejenigen Stimmrecht haben, deren Stimmen hier auf Erden vorzeitig zum Schweigen gebracht wurden, aus mangelnder Opferbereitschaft, Feigheit oder ideologischer Verblendung … Denn das Blut dieser unschuldigen Kinder, die nach Gottes Ebenbild geschaffen sind, schreit zum Himmel. Und was wollen Sie einst dem Schöpfer antworten, wenn er Sie nach den Kindern fragt, die unter Ihrer Kanzlerschaft nicht geboren werden durften, obwohl er sie in seinem Schöpfungsplan vorgesehen hatte?”

Eine christliche Informationsschrift hat einmal, was die Leichtfertigkeit in den politischen Entscheidungen der Regierenden unseres Landes betrifft, halb ironisch und halb “prophetisch” festgestellt: “Wäre zum Beispiel Helmut Kohl heute ein ungeborenes Kind, wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit abgetrieben worden. Nach einer Befragung im Auftrag des Bundestages sehen fast 55 Prozent von befragten Frauen eine Veranlagung zu Übergewicht als hinreichenden Grund für eine Tötung des Kleinstkindes aus eugenischen Gründen. So sehr hat das schwergewichtige Kabinett schon gegen sich selbst gearbeitet.”

Speziell zum Thema “Kohl und Abtreibung” äußerte sich auch der inzwischen als konsequenter Gegner der Abtreibung bekannt gewordene lutherische Theologe Dr. Johannes Lerle aus Erlangen, indem er zunächst auf die frommen Worte des Bundeskanzlers hinwies, die dieser auf der EKD-Synode Anfang November 1997 in Wetzlar lauthals von sich gegeben hat. Dr. Lerle fuhr dann fort: “Doch im Jahre 1995 stimmte Kohl für ein Gesetz, das die Bundesländer verpflichtet, ’ein ausreichendes Angebot zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen’ sicherzustellen. Das heißt, auch Kohl hat durch seine Zustimmung andere beauftragt, Tötungskapazitäten bereitzustellen. Auf diesen Auftrag können sich Kindermörder berufen.

Zum Boykott der bundesdeutschen Rechtsstaatlichkeit und der von allen ethischen Imperativen abgekoppelten Moralauffassung unseres Volkes schreibt der Politologe Professor Günter Rohrmoser in “Der Ernstfall – Die Krise unserer liberalen Politik”: “Wenn etwa die Tötung unschuldigen wehrlosen Lebens für rechtens gehalten und für straffrei erklärt wird, wie das im Beschluß des Bundestages zur Fristenlösung geschehen ist, dann wanken die Fundamente unseres Rechtsstaates. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist zum einen gegeben vor Gott. Sie hat die Würde und damit das Leben des Menschen zum höchsten Gesetz des Staates erklärt, und sie hat das natürliche Sittengesetz anerkannt. Bei der Debatte um den Abtreibungsparagraphen hat sich gezeigt, daß das Gefühl für Sittlichkeit sich so gut wie verflüchtigt hat. Wenn sich aber die Einsicht in die sittliche Natur auflöst, dann kann auch der Rechtsstaat auf Dauer nicht mehr bestehen bleiben. Ein Rechtsstaat, der zu seiner Grundlage und Voraussetzung nicht die gelebte Sittlichkeit seiner Bürger hat, wird sich auf Dauer selbst vernichten und wird neue Formen der Barbarei ermöglichen, von denen wir einige Erfahrungen in unserem Jahrhundert schon gemacht haben.”

Wir alle kennen die Geschichte im 1. Buch Mose, wo der Herr sprach: “Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorrah, daß ihre Sünden schwer sind … und die Sonne war aufgegangen auf Erden, als Lot nach Zoar kam. Da ließ der Herr Feuer und Schwefel regnen vom Himmel herab auf Sodom und vernichtete die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und alles, was auf dem Land gewachsen war.” Sodom wurde so vollständig in Schutt und Asche gelegt, daß es selbst den tüchtigsten Archäologen später nicht gelang, auch nur die geringste Spur dieser Stadt wiederzufinden. In der Bibel steht Sodom für Gottlosigkeit, denn in dieser Stadt waren die greulichsten Sünden zu Hause. Die sexuelle Perversion in dieser Stadt ist inzwischen sprichwörtlich geworden. Dort wurden Homosexualität, Lesbianismus und alle Arten sexueller Abartigkeit offen praktiziert, genau wie heute in unseren Tagen und in unserem Land.

Wie nahe stehen wir heute Sodom? Der bibelgläubige amerikanische Autor Dr. M. Panton schreibt dazu: “Sodom ist ein Beispiel für das kommende Weltgericht. Unser Herr sagt ausdrücklich, daß die Zustände am Ende der Tage im Prinzip denen von Sodom gleich sein werden. In Gottes Wort finden wir häufige Parallelen in bezug auf die Welt als auch auf die Heilsgeschichte. Gott handelt unter gleichen oder nahezu gleichen Umständen immer gleich. So kann man den Untergang Sodoms und das Entkommen Lots dem Untergang der Welt und der Entrückung der Gemeinde Jesu gleichsetzen.

Es gibt eine Grenze für die Sünde. Ist diese Grenze überschritten, dann ist das Gericht unausweichlich und beschlossen. Übergroße Bosheit ist immer der Beweis bevorstehenden Gerichts, weil von denen, die freiwillig Gott den Rücken zugekehrt haben, gesagt wird: ’Darum hat Gott sie auch dahingegeben’ (Röm. 1,24).”

 

In den Fußstapfen von Herodes

Jeder Bibelleser kennt die Geschichte der unschuldigen Kinder. Sie ist eng mit dem Namen Herodes verbunden. Wir lesen über den Kindermord des Königs von Judäa im Matthäus Evangelium im 2. Kapitel. Dort heißt es, daß der König sehr zornig über die Geburt Jesu war und alle Kinder “in Bethlehem und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren“, töten ließ. Herodes lebt heute noch, tausendfach sogar, in all den feigen Kindermördern überall in der Welt, wo unschuldige, menschliche Wesen rücksichtslos und brutal getötet werden. Damals, vor 2000 Jahren, war es Machtgier und Angst vor einem “Konkurrenten”. Heute ist es Egoismus, der Menschen veranlaßt, unerwünschtes Leben grausam zu vernichten. Geändert haben sich die Zeiten lediglich um eine unwesentliche Nuance. Damals waren es rohe Soldaten mit dem Schwert, die den Babys den Kopf abschlugen, heute ist es der Herr Doktor im weißen Kittel, der mit Hilfe modernster medizinischer Technik den Körper des werdenden Kindes zerstückelt und absaugt. Überall in der Welt sind Ärzte am Werk, die diese grausame Schlachterei für eine Handvoll Silberlinge ausführen.

Diese hochgebildeten und gelehrten Akademiker haben allesamt einmal einen Eid geschworen, den man den Hippokratischen Eid nennt und der für die Ärzte seit Jahrhunderten als moralischer Grundsatz verbindlich gilt und von dem ihre Tätigkeit an den Menschen geleitet werden sollte. In diesem Eid, der an den Wänden vieler Arztpraxen stilvoll eingerahmt hängt, heißt es: “Ich werde keinem, und sei es auf Bitten, ein tödliches Gift verabreichen, noch einen solchen Rat erteilen, desgleichen werde ich keiner Frau ein abtreibendes Mittel geben.” Es mutet darum schon schizophren an, wenn man weiß, daß durch Abtreibung weniger als ein Prozent der Ärzte mehr Menschenleben beenden, als die anderen 99 Prozent jährlich durch ihre Arbeit erhalten können.

Vor einigen Jahren erzählte die Krankenschwester Anne-Katrin Asmussen in “Idea-Spektrum” von der Zeit ihrer Ausbildung in einem kleinen Kreiskrankenhaus in der Nähe von Hamburg. Dort war sie im OP eingesetzt und es war regelmäßig ihre Aufgabe, das abgesaugte “Material” eines “Schwangerschaftsabbruchs” unter fließendem Wasser in einem Sieb zu spülen, mit einer Pinzette die Teilchen in Formalinlösung zu legen und an ein Institut zur Gewebeuntersuchung zu schicken. “Oft fischte ich dabei winzige Ärmchen und Beinchen heraus”, schreibt sie. “Mir wurde dabei immer übel … Einmal erlebte ich ein Schwangerschaftsende im sechsten Monat mit. Die Frau hing am Wehentropf, das heißt, die Wehen wurden mit einem Medikament künstlich eingeleitet. Die Preßwehen setzten ein. Ich rief den Arzt. Der im Bett liegenden Frau wurde ein Steckbecken untergeschoben, und das Kind fiel hinein. Es wimmerte. Die Frau fragte ungläubig: ’Lebt es etwa? Schreit es?’ Das Kind wurde vom Arzt abgenabelt und der Deckel auf das Steckbecken gelegt. Ich brachte das Becken in den Spülraum unserer Station, wo es nach Vorschrift zwei Stunden stehen mußte. Dann war das Kind schließlich tot. Es kam zum klinischen Müll.

In einem anderen Fall war das abzutreibende Kind im fünften Monat in einer sogenannten Querlage und konnte im Mutterleib nicht gedreht werden. Die Mutter wurde in den OP gebracht, da die Hebammen sich weigerten, diese ’Geburt’ durchzuführen. Der operierende Arzt erzählte mir nach dem Eingriff, daß er das Kind im Mutterleib zerschneiden und die Teile einzeln herausholen mußte, um einen Kaiserschnitt zu verhindern.”

Melody Green berichtet in ihrem Artikel “Kindersachen zum Wegwerfen?” von einem Arzt, dem, nachdem er seine erste Abtreibung durchgeführt hatte, so schlecht wurde, daß er glaubte, sterben zu müssen. Wochenlang hat er Depressionen gehabt und an Selbstmord gedacht. Er sagte: “Das erste Mal fühlte ich mich wie ein Mörder, aber ich tat es immer wieder … und jetzt, 20 Jahre später, muß ich erkennen, was aus mir als Arzt und Mensch geworden ist. Natürlich wurde ich verhärtet. Natürlich war das Geld wichtig. Und es war ja so leicht, als ich erst einmal den Schritt getan hatte, diese Frauen wie Tiere anzusehen und diese Babys als bloßes Gewebe.”

Melody Green beschreibt dann die am häufigsten angewandten Abtreibungsmethoden. Zunächst die sogenannte Curettage. Dabei “wird die Öffnung des Muttermundes mit einer Reihe von Instrumenten erweitert, um das Einführen des Bogenmessers oder eines scharfen Instruments zum Schaben in dem Uterus zu ermöglichen. Oft wird dabei der Fötus in Stücke geschnitten und dann von der Gebärmutter abgeschabt.”

Beim Absaugen “wird der Muttermund ebenfalls zunächst erst einmal erweitert und durch ihn ein flexibler Plastikschlauch eingeführt. Das Kind wird dann durch einen Sog, der etwa zehnmal stärker ist als der eines Staubsaugers, auseinandergerissen und als Gewebebrei abgesaugt.”

Die Salzvergiftung wird in der Regel ab der 16. Schwangerschaftswoche angewandt, “wenn sich in der Fruchtblase um das Baby genug Flüssigkeit angesammelt hat. Etwas von dem Fruchtwasser wird entnommen und statt dessen eine starke Salzlösung eingespritzt. Das hilflose Baby schluckt dieses Gift und leidet sehr stark. Es stößt und zuckt heftig, da es durch diese Lösung buchstäblich bei lebendigem Leib verbrannt wird. Bei dieser Methode dauert es über eine Stunde, bis das Baby tot ist. Die äußere Schicht der Haut wird vollständig verbrannt. Innerhalb von 24 Stunden setzen gewöhnlich die Wehen ein, und die Mutter bringt ein totes Kind zur Welt.”

Dann gibt es noch die chemische Abtreibung (Prostaglandin). Bei dieser neuesten Form der Abtreibung “werden Chemikalien verwendet, die bewirken, daß sich der Uterus stark zusammenzieht und dabei das Baby hinausgestoßen wird. Die Kontraktionen sind so außerordentlich stark, daß manche Babys dadurch schon geköpft wurden. Die Nebenwirkungen für die Mutter sind zahlreich. Einige starben sogar an Herzinfarkt, als ihnen die Chemikalien eingespritzt wurden.”

Nicht zuletzt noch ein Wort zur Abtreibung durch Kaiserschnitt. Da wird das Baby losgeschnitten, in einen Behälter geworfen und ebenfalls dem Tod überliefert. Babys in einem bestimmten Alter bewegen sich dabei noch, atmen und schreien, bevor sie zitternd im Mülleimer sterben. Anstelle einer warmen Wiege finden sie ein kaltes Grab.

Der Jude Dr. Bernhard Nathanson war Leiter der größten Abtreibungsklinik der USA und verantwortlich für 75 000 Abtreibungen. Eines Tages verspürte er in seinem Gewissen die schwere moralische Last, die er sich durch das Töten unschuldiger Kinder aufgeladen hatte, und nahm eine radikale Kehrtwendung vor. Seither führt er einen entschiedenen Feldzug gegen die Abtreibung und hält Vortragsreihen überall in der Welt. Dazu schuf er einen Film “Der stumme Schrei”, der zu den erschütterndsten Dokumenten über den Kindermord gehört. Ein Sprecher der “Aktion SOS Leben”, der den Film sah, schrieb zu diesem Streifen, in dem die Reaktionen des Kindes im Mutterleib während der Abtreibung gezeigt werden: “Sie hätten dabei sein sollen, um den Widerstand des Kindes zu erleben. Man glaubt einen ausgewachsenen Menschen im Augenblick der Folter zu erkennen. Der Mund öffnet sich wie zum Aufschrei … Das Kind versucht, auf die dem Folterwerkzeug und dem Tod entgegengesetzte Seite des Mutterleibes zu entfliehen … Solche Grausamkeit geschieht   allein in der Bundesrepublik durchschnittlich alle zwei Minuten.”

Eine Abgeordnete der Grünen, Jutta Oesterle Schwerin, hat einmal vor Jahren gesagt: “Das Abholzen alter Kastanien tut mir viel, viel mehr weh als das Absaugen von Zellgewebe, das eine Frau in ihrem Körper nicht haben will … Es ist Urschleim, von dem sich die Frau um ihrer Selbstbestimmung willen trennen kann.”

Nun ist es eine Tatsache, und das wird auch von den Ärzten nicht bestritten, daß sich ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei und Samenzellen und deren Einnistung in die Gebärmutter bereits menschliches Leben entwickelt hat. Beide werden zu einer vollständigen genetischen Einheit, die darauf programmiert ist, sich zu einem erwachsenen Menschen zu entwickeln. Es ist medizinisch nachgewiesen, daß das Herz des Babys bereits ab dem 18. Tag nach der Zeugung zu schlagen beginnt. Bis zum 30. Tag haben fast alle Organe schon angefangen sich zu bilden. Nach sechs Wochen bewegt es Arme und Beine, und nach 43 Tagen können sogar die Gehirnströme des Babys abgelesen werden. Es kann Reiz empfinden und Schmerz spüren. Es ist kein Teil der Mutter, sondern eine völlig andere Person. Es hat nämlich nach acht Wochen auch schon eigene Fingerabdrücke. Von diesem winzigen Wesen wird es in der Geschichte der Menschheit kein zweites Exemplar mehr geben. So einzigartig ist das Kind bereits im Mutterleib.

Und die Bibel sagt uns, daß nur Gott das Recht hat, den Mutterleib zu öffnen und zu schließen. Wenn der Mensch diese Dinge in die eigene Hand nimmt, dann bricht er Gottes Gesetze, und das wird nicht ohne Folgen für ihn sein. Wir täuschen uns, wenn wir glauben, Gott würde nicht sehen, was in den Abtreibungskliniken Tag für Tag geschieht. In Sprüche 15,3 lesen wir: “Die Augen des Herrn sind an jedem Orte, schauen aus auf Böse und auf Gute.”

Bei den meisten Frauen bleibt eine Abtreibung “nicht in den Kleidern hängen”, wie man sagt. Es ist inzwischen erwiesen, daß nahezu jede zweite Frau, die abgetrieben hat, diese Entscheidung früher oder später bereut und den Schwangerschaftsabbruch am liebsten wieder rückgängig machen würde. Wie die Ärztezeitschrift “Medical Tribune” berichtet, haben zwei von drei Frauen nach einer Abtreibung “für lange Zeit Reue  und Schuldgefühle sowie Angstzustände oder schwere Depressionen”. Hinzu kämen auch nicht selten körperliche Leiden wie Migräne, Herzrhythmusstörungen oder Magen-Darm-Beschwerden. Auch in der Beziehung zum Partner würden sich Probleme wie Haßgefühle, Gefühlskälte oder Launen bis hin zur Frigidität ergeben.

In der Schülerzeitung “Scheibenkleister” in Bad Neustadt in Bayern gab eine junge Frau, die abgetrieben hatte, ihren Erlebnisbericht wieder, um junge Menschen davor zu warnen, daß sie sich durch eine unüberlegte Handlung ihr ganzes späteres Leben kaputtmachen. Sie war gerade im ersten Lehrjahr, als sie schwanger wurde. Zusammen mit ihrem Freund ging sie zur Beratungsstelle, nachdem ihr zuvor “liebe Freunde” geraten hatten, das Kind nicht zur Welt zu bringen. Bei der Beratungsstelle schrieb ihr die Sachbearbeiterin eine Indikation. Das ist eine Bescheinigung, die eine angebliche Notlage begründen soll und mit der man dann zum Arzt gehen kann, um “es wegmachen zu lassen”.

“Der Arzt überwies mich dann in eine Privatklinik”, erzählt die Frau. “Der Tag, an dem die Abtreibung vorgenommen wurde, ist wie ein Brandmal, das ich niemals verlieren werde. So wie dieses Kind dann gestorben ist, ist auch etwas in mir gestorben, das niemals mehr zum Leben erweckt werden kann. Ich würde es heute nie wieder tun, egal, wie meine Umwelt darauf reagiert. Ich lebe nur noch mit der Angst, und ich werde damit nicht fertig. In meinen Alpträumen sehe ich, wie ein kleines Mädchen mit ausgestreckten Armen auf mich zugelaufen kommt und mich immer wieder fragt: ’Warum, Mami, warum’? Danach wache ich schweißgebadet auf. Und dieser Traum und der Blick des Mädchens verfolgen mich, seit ich den Eingriff habe machen lassen.”

Zum Schluß fügt die junge Frau dann noch das Übliche hinzu: “Heute bin ich ganz allein, denn mein Freund hat mich inzwischen verlassen. Er wollte seine Freiheit wieder haben …”

Der “Arbeitskreis Leben” in Emden hat in einer Aufklärungsschrift einmal festgestellt: “Die einzige Möglichkeit, Ungeborene zu schützen, geht nur durch ein Gesetz, das die Abtreibung strickt verbietet, ohne den Zusatz eines Wenn und Aber Paragraphen. Die Ansicht, daß ein Kind erst ab der Geburt ein Mensch ist, gehört der Vergangenheit an. Die Zwölf Wochen Frist, in der eine Abtreibung erlaubt ist, ist daher pure Ironie. Jede Frau ist für ihre Schwangerschaft selbst verantwortlich … Daß es Probleme geben kann, wenn eine Schwangerschaft eintritt, ist nicht von der Hand zu weisen, doch dann müssen die Probleme beseitigt werden und nicht das Kind … Erzwungene Beratungen durch den Staat, bei denen der Freifahrtschein zur Abtreibung ausgestellt werden muß, sind nutzlos, da die Frau dann immer noch die letzte Entscheidung hat, über das Leben oder den Tod ihres Kindes zu bestimmen.”

Nun, da der Bundestag ein Gesetz beschlossen hat, das das ungeborene Kind der Willkür von Müttern, Vätern, Familien und Ärzten preisgibt, ist der sonst schützende Mutterleib inzwischen zum lebensgefährlichsten Platz in Deutschland geworden, wie in einer großen deutschen Tageszeitung zu lesen war. Der Staat erlaubt die Tötung von Ungeborenen. Die Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen, sofern sie nur die Bestimmungen beachten, die vom Gesetzgeber im § 218 festgelegt sind. Es darf getötet werden, ohne daß eine Anklage erhoben wird, ein Verhör stattfindet und ein Richterspruch erfolgt.

Da alle Parteien, auch die, die sich am Anfang ihres Namens “christlich” nennen, den Kinderholocaust legalisiert haben, ist es damit auch die Mehrheit unseres Volkes, die den Mord an Kindern zuläßt. Die Regierung ist ja schließlich vom Volk gewählt, und auch die Abgeordneten im Parlament. Damit hat das Volk zur Mißachtung von Gottes Geboten freie Bahn gegeben. Des Volkes Stimme wird höher gewertet als Gottes Stimme. Somit wird die Meinung der Mehrheit zum Maßstab für Recht und Unrecht. Die Rechtsprechung entwickelt sich zur Unrechtsprechung. Das Resultat ist verheerend, wenn die öffentliche Meinung nur noch auf subjektiven Grundlagen und egoistischen Gesichtspunkten beruht, wobei sich jeder selbst der Nächste ist. Dann ist der Mensch und nicht mehr Gott der Maßstab aller Dinge. Er ist sein eigener Gott, sein eigener Gesetzgeber geworden. Recht ist, was die Mehrheit will.

Wenn der Antichrist einmal auf der Bildfläche erscheinen wird, um seine verderblichen Pläne in die Tat umzusetzen, dann wird er hierfür einen vorbereiteten Boden finden, auf dem jegliche satanischen Auswüchse gedeihen können. Auch die staatliche “Infrastruktur” steht ihm dann perfekt zur Verfügung. Staat und Behörden tun heute schon alles, um hergebrachte christliche Lebensnormen und das Bestreben ihrer Befürworter, diese zu schützen und zu erhalten, im Keim zu ersticken.

Da gibt es in Nümberg ein Krankenhaus, das nennt sich Klinikum Nord. Auf dem Gelände des Klinikums betreibt ein Gynäkologe eine Praxis, in der Schwangerschafsunterbrechungen ambulant vorgenommen werden. Der Mediziner namens Andreas Freudemann wird für sein spezielles Handwerk sogar noch von der Krankenkasse bezahlt. Der 45jährige Johannes Lerle aus Erlangen verteilte daraufhin Flugblätter unter dem Titel “Kindermord im Klinikum Nord” , Es stand dann noch zu lesen: “Die Opfer werden zu Tode gequält und lebendig in Stücke gerissen…”

Natürlich gefiel dies dem Herrn Doktor keineswegs, obwohl er nicht das Gegenteil beweisen konnte. Aber die Anschuldigung, als Mörder bezeichnet zu werden, kann dem Ruf eines Mediziners nicht gerade förderlich sein. Also erstattete er bei den staatlichen Behörden Anzeige wegen “Beleidigung und Rufschädigung”. Was bei solcher Sachlage geschädigt werden kann, das ist doch wohl ausschließlich nur das ungeborene Kind. Der abtreibende Arzt macht dabei nur Profit. Ein Betrachter hat dazu in einer christlichen Zeitschrift unter anderem festgestellt: “Wer die genannte Zahl von jährlich 2500 Entkindungen multipliziert mit dem Einzelpreis von rund 350 Mark, der gewinnt eine Vorstellung von der finanziellen Macht, die der widerärztliche Arzt besitzt. Dem hat der mittellose Johannes Lerle in einer (möglichen) Gerichtsverhandlung nichts entgegenzusetzen   außer Gebet.”

Eigentlich sollte es in einem solchen Fall selbstverständlich sein, daß sich alle bibeltreuen Gemeinden in ganz Deutschland aufmachen und wie ein Mann hinter Johannes Lerle stellen. Aber selbst viele Christen haben sich in den letzten Jahren bequemerweise daran gewöhnt, die Augen einfach zuzumachen, wenn sie ihr Weg an einer medizinischen Anstalt vorüberführt, von der bekannt ist, daß darinnen auch ungeborene Menschen getötet werden. Und nicht wenige von ihnen berufen sich im Zusammenhang mit der vom Staat legalisierten Abtreibung   und ihrer passiven Haltung dazu   fälschlicherweise sogar auf Römer 13, 1, wo Paulus vom Gehorsam gegenüber der Obrigkeit spricht. Sie übersehen dabei aber, daß diese Aussage in unserem speziellen Fall wohlweislich zusammen mit Apostelgeschichte 5,29 gelesen werden muß, wo die angeklagten Apostel vor dem Hohen Rat standen und Petrus unmißverständlich erklärte, daß man Gott mehr gehorchen muß als den Menschen.

Weder die Obrigkeit noch ein Arzt, der Leben tötet, braucht sich zu wundern, wenn Bürger sich dagegen wehren und initiativ werden. Natürlich wundert es andererseits auch nicht, wenn sich die Handlanger der Justiz dann unverzüglich auf den Weg machen, so wie im Fall Lerle, um in der Wohnung des bösartigen Abtreibungsgegners “belastendes Material” zu beschlagnahmen. Auf den Flugblättern, die sie dort fanden, stand aber nichts anderes als das, was alle Welt ohnehin schon weiß und was überdies die ehrenwerten Politiker in Bonn vor Jahren schon beschlossen haben. Dies alles hinderte aber die Staatsanwaltschaft in Nürnberg nicht, ein Ermittlungsverfahren in Gang zu setzen. In diesem Fall wird von der Judikatur nicht Mord verfolgt, wie es eigentlich ihre Aufgabe sein sollte, sondem der, der den Mord anzeigt. Eine Praxis, die die Schizophrenie der endzeitlichen Rechtsstaatlichkeit nicht drastitischer aufzeigen kann.

Dieses Spaltungs Irresein, ein psychopathologischer Zustand, wie es die Wissenschaft nennt, ist im Rahmen der bundesdeutschen Justiz stellenweise auch insofern erkenntlich, als es gerichtlich abgesegnet wurde, daß man Soldaten als potentielle Mörder bezeichnen darf, aber Abtreibung nicht als Mord. Auf diesen Widersinn ging auch der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, in einem Kommentar ein. Der Vater von zehn Kindern stellte unter anderem fest, daß die Tötung ungeborener Kinder Mord ist. Und Mord, darin müßten sich die Juristen ja eigentlich einig sein, “ist die besonders schwere Form eines Tötungsdelikts, nämlich, wenn zum Beispiel die heimtückische Art der Tötungshandlung dem Ermordeten keine Chance der Gegenwehr läßt (§ 211 StGB). Und wenn Abtreibung Mord ist, ist eine Abtreibungsklinik ein ’Zentrum des Mordens’. Wenn Abtreibung Mord ist, dann ist einer, der es tut, ein …“ – Daß diese Aussage dem Betroffenen nicht gefällt, wundert nicht. Ebenso, daß es einer Stadt nicht gefällt, wenn man ihr Klinikum ’Zentrum des Mordens’ nennt. Aber das war bei den Euthanasieärzten des Dritten Reiches und bei den dafür mitverantwortlichen Obrigkeiten nicht anders …

Wohin sind wir gekommen, wenn der Ankläger zum Schweigen gebracht, statt der Täter zur Rechenschaft gezogen wird? Wohin steuert ein Rechtsstaat, in dessen Verfassung zwar steht, daß die Würde des Menschen unantastbar ist, er aber zuläßt, daß sie jeden Tag hundertfach durch die Ermordung von Kindern nicht nur angetastet, sondern ausgelöscht wird?

Der radikale und diesbezügliche entscheidende Einbruch in unsere Rechtsordnung geschah, als vor Jahren das Bundesverfassungsgericht der Abtreibung den Weg ebnete, weil man angeblich rechtlich nicht sicher sagen könne, ob es sich in den ersten Tagen des neuen Lebens schon um menschliches Leben handelt. Zuvor hatte bereits eine “große Koalition” von CDU/CSU, SPD und FDP ihre Zustimmung zur Abtreibung gegeben und sich damit endgültig vom Lebensrecht des ungeborenen Kindes verabschiedet. Seitdem leben wir auf einem Berg von Kinderleichen, und es ist überdies kein angenehmer Gedanke, zu wissen, daß man unter so viel Mördern lebt.

Inzwischen hat auch das Landgericht in Nümberg es sich nicht nehmen lassen, zu demonstrieren, was nunmehr “Recht” in Deutschland ist, und hat dem Abtreibungsgegner Johannes Lerle saftige Strafen angedroht, wenn er seine Behauptung, in dem genannten Klinikum geschehe Kindermord, weiterhin aufrechterhalten würde. Das Gericht nannte ein Ordnungsgeld von bis zu 500.000 Mark oder Haft bis zu sechs Monaten… – Der Ausgang dieses unwürdigen Verfahrens vor deutschen Rechtsbehörden war bei Drucklegung dieses Buches nur insoweit bekannt, als Johannes Lerle zunächst zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

 

In “Gottes eigenem Land”

Es kann, wie gesagt, nicht oft genug über Abtreibung geschrieben werden. Schon deshalb, weil die breite Öffentlichkeit inzwischen weitgehend zur Tagesordnung übergegangen ist. In der Denkweise der meisten Menschen ist der tägliche Kindermord im Mutterleib in den letzten Jahren immer mehr verdrängt worden. Eine gefährliche und lähmende Gleichgültigkeit hat, selbst in christlichen Kreisen, der anfänglichen Empörung Platz gemacht. Und da wiederum alles ordnungsgemäß gesetzlich abgesichert ist, besteht bei den meisten Menschen kein Grund, gegen staatlich sanktionierte Maßnahmen ihre Stimme zu erheben. Man will ganz einfach seine Ruhe haben. Es gibt schließlich genug andere Probleme, denen man nicht ausweichen kann.

So ist nun mal der Mensch, überall in der Welt, und darum ist das Problem der Abtreibung auch weltweit. Es schreit zum Himmel, ob in Deutschland oder in Amerika. Heute kommt in den USA auf drei Geburten eine Abtreibung. Man spricht von zwei Millionen Abtreibungen im Jahr.

Die amerikanische Krankenschwester Brenda Shafer schilderte vor nicht allzulanger Zeit einen Fall von Abtreibung, der ihr, wie sie sagte, das Blut in den Adern erstarren ließ. Dies geschah im Frauenmedizinischen Zentrum in Dayton/ Ohio: “Dann schloß der Arzt das Ultraschallgerät an, und ich sah, wie das Baby sich bewegte. Der Doktor zog mit einer Zange erst die Beinchen, dann den Oberkörper heraus, achtete aber genau darauf, daß das Köpfchen im Geburtskanal steckte. Wenn es herausrutscht, und er das Kind tötet, ist es nach US Gesetz Mord. Wenn es aber drinbleibt, keine zehn Zentimeter von der Geburt entfernt, ist es ’nur’ eine Abtreibung. Die Beine strampelten, dann nahm der Arzt eine Schere, stach sie dem Kind in den Nacken, machte ein Loch und saugte das Hirn aus. Der Körper des Babys erschlaffte. Der Arzt zog den Kopf heraus und durchtrennte die Nabelschnur.”

In einem Container eines pathologischen Laboratoriums in Los Angeles, das sich auch mit Befunden für Abtreibung befaßte, wurden die zerstückelten Leichen von 17 000 Kindern gefunden. Teilweise waren die toten Kinder schon sieben Monate alt gewesen. In der Folge ergab sich unter anderem ein Rechtsstreit wegen der Beerdigung der Embryos, der sogar bis vor den Obersten Gerichtshof der USA getragen wurde. Eine feministische Frauengruppe setzte sich für e Ine Verbrennung ein, mit der Begr ündung, daß eine Beerdigung “die Privatsphäre jener Frauen verletzen würde, die sich einem Schwangerschaftsabbruch unterzogen hätten”. Das Gericht entschied dann aber doch zugunsten der Abtreibungsgegner und die Leichenteile wurden in sechs sargähnlichen Behältem in drei nichtgekennzeichneten Gräbern auf einem inoffiziellen Friedhof begraben. Dieser Friedhof trägt den Namen “Odd Fellows Cemetery”, was soviel heißt wie “Friedhof für seltsame Leute”.

Die Mutter des getöteten Babys in Dayton – sie war bereits im 7. Monat schwanger gewesen – war danach so verzweifelt, daß sie zu Gott schrie, er möchte ihr vergeben. Welchen Wert auch das ungeborene Leben schon bei Gott hat, erfahren wir aus zahlreichen Aussagen der Bibel. Paulus bekennt: “Gott hat mich vom Mutterleib an berufen” (Gal. 1,15). Daraus ersehen wir, daß Gott also schon das ungestaltete Embryo, das ungeborene Kind, als Mensch betrachtet. David bezeugt: “Du hast meine Lebensmitte bereitet und hast mich gewoben im Mutterleib. Ich danke dir dafür, daß ich wunderbar gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele” (Ps. 139,13 14). Gott kümmerte sich also um David, noch ehe er geboren war. Der Prophet Jesaja wurde von Gott geformt, als er sich noch im Mutterleib befand. Das lesen wir in Jesaja 49,5.

Um den grausigen Bluttaten im Rahmen der Abtreibungen ein Ende zu bereiten, beschloß der US Kongreß Ende 1995 ein Verbot dieser Schlächterei. Es konnte aber aus einem bemerkenswerten Grund nicht in Kraft treten. Präsident Bill Clinton legte nämlich sein Veto ein. Man muß sich bei dieser Gelegenheit schon fragen, was ist das für ein Mensch, der, obwohl er dazu in der Lage wäre, Unrecht nicht verhindert, das inzwischen zum Himmel schreit.

Der amerikanische Schönheitschirurg Thomas Molnar hatte wegen einer Vielzahl von medizinischen Schweinereien in den USA Praxisverbot erhalten. Daraufhin ging er nach Moskau, um dort einen lukrativen Handel mit abgetriebenen Embryonen zu betreiben. Mit Zustimung des Präsidenten der russischen Ärztekammer und dem Vizepräsidenten der russischen Akademie der Wissenschaften legte er mit Körperteilen ungeborener Kinder (voll entwickelte Organe des Fötus) ein Ersatzteillager für wohlhabende Patienten an.

Was bei der Abtreibung mit den noch lebenden Kindern geschieht, schilderte dieser gewissenlose Arzt dem US Fernsehsender CBS: “Wir zerhacken die Körperteile des Fötus wie eine Zwiebel.” Dann werden die zu Brei zermalmten frischen Zellen der einzelnen Organe künstlich am Leben erhalten und konserviert. Das bezieht sich im einzelnen auf Gehirn, Leber, Milz, Magen, Lunge und Herz. Diese Zellen werden dann den Patienten eingespritzt. Eine Behandlung kostet im Durchschnitt 16000 Mark.

Auch in den USA hat man sich inzwischen mit dem Gedanken vertraut gemacht, medizinische Ersatzteillager der vorgenannten Art anzulegen. Bekannt ist auch geworden, daß Gewebeteile abgetriebener Kinder bereits in das Gehirn beispielsweise von Patienten, die an der Parkinsonschen Krankheit leiden, injiziert worden sind. Darüber hinaus haben amerikanische Wissenschaftler abgetriebene Babys regelrecht enthauptet und die Köpfe dann längere Zeit künstlich am Leben erhalten. Es war zwar bis zum Jahr 1989 in den Vereinigten Staaten verboten, Experimente mit Embryonengeweben mit staatlichen Mitteln zu begleiten, doch bereits drei Tage nach seinem Amtsantritt leistete sich Präsident Clinton auch hierbei ein Husarenstück und hob kurzerhand dieses Verbot auf. Nun herrschen auch dort russische Zustände.

Was ist nur aus diesem Amerika geworden, diesem einst “Gottes eigenem Land”, an dessen Küste die frommen Pilgerväter damals erst auf die Knie gingen, bevor sie ihre Füße auf den Boden setzten und Gott das Land weihten, ein Land, von dem man sagt, daß an jeder Ecke eine Kirche steht.

Immer mehr glaubensbezeugende Traditionen werden dort in Frage gestellt. Nachdem bereits vor über 30 Jahren durch den Obersten Gerichtshof unter anderem das Schulgebet abgeschafft wurde, hat man damit dokumentiert, daß Gott keine Rolle mehr spielt. 1980 wurde der Film “Die zehn Gebote” aus den Oberschulen verbannt. 1987 wurden “Minuten der Stille” untersagt und 1987 Gebete bei Schulabschlußfeiern. Durch ein Gesetz im Staat Louisiana wurde Lehrern verboten, die Lehre der göttlichen Schöpfung in den Schulen darzustellen. Zweiundsiebzig amerikanische Nobelpreisträger bezeichneten die biblische Betrachtung der Schöpfung als “pseudowissenschaftliche Lehre”. In Kalifornien dürfen auf staatlichem Gelände keine Kreuze mehr aufgestellt werden. Ebensowenig harmlose Krippen zur Weihnachtszeit in öffentlichen Parks.

Der vormalige US Präsident George Bush scheute sich nicht, Homosexuelle und Lesbierinnen offiziell ins Weiße Haus einzuladen, damit sie an einer Zeremonie teilhaben konnten, wo ein Gesetz gegen deren “Diskriminierung” unterzeichnet wurde. Im selben Sinne erlauben es Gerichte in Amerika, daß Frauen in der U Bahn “oben ohne”, also mit bloßem Oberkörper fahren dürfen. Ferner können nach gerichtlicher Entscheidung inhaftierte Satanskult Anhänger in den Gefängnissen neuerdings auch Teufelsmessen zelebrieren. Die Richter begründeten die Genehmigung mit dem garantierten Grundrecht auf Religionsfreiheit.

Daß die Vereinigten Staaten immer mehr auf Kollisionskurs mit Gott kommen, ist nicht zuletzt auch deshalb möglich und durchsetzbar, weil diejenigen, die es eigentlich besser wissen müßten, es mit den Geboten Gottes ebenfalls nicht mehr so genau nehmen. Wenn man überlegt, daß die größte protestantische Kirche der USA, die “Southern Baptists”, keine Bedenken mehr gegen eine Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge hat, dann weiß man so ziemlich genau, wo wir im Augenblick stehen. Zu dieser Kirche gehört übrigens auch der derzeitige Präsident Bill Clinton. Ebenso sein Vize Al Gore.

Während des Wahlkampfes für die Präsidentenschaft haben sich die Homosexuellen Organisationen in den USA für Clinton so stark gemacht wie nie zuvor für einen Kandidaten. Und als Clinton es geschafft hatte, da waren die Schwulen Amerikas in Hochstimmung. Clinton hatte ihnen zuvor mehrfach versprochen, er würde dafür eintreten, daß sie nicht länger diskriminiert würden. Schließlich sei die sexuelle Orientierung des einzelnen seine Privatsache. Nach der Wahl nahmen ihn dann die “Gays” natürlich beim Wort, und Clinton ließ sich nicht lumpen. Er besuchte nicht nur, als erster Präsident der Vereinigten Staaten, eine Galaveranstaltung der Homosexuellen Bewegung, er votierte auch unverzüglich gegen das Verbot der Homosexualität bei den US-Streitkräften, und zwar mit Erfolg.

Das Land mit dem Sternenbanner gerät unter Präsident Clinton zunehmend ins “rosa” Zwielicht. Analog seiner demon¬strativ zur Schau getragenen Sympathie für die Homosexuellen, berief er erst unlängst den sich offen zur Homosexualität bekennenden James Hormel in den diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten. Er soll die USA im Großherzogtum Luxemburg als Botschafter vertreten, wobei zwar noch unklar ist, ob sein Lebenspartner als offizieller Botschaftsgatte in Erscheinung treten darf.

Die Clintonsche Lockerungspolitik zielte aber hauptsächlich auf die von seinen Vorgängern verhängten Einschränkungen bei der Abtreibung, so daß wieder grünes Licht zum Massenmord gegeben werden konnte. Der dritte Weltkrieg braucht eigentlich erst gar nicht auszubrechen. Er findet bereits auf den Schlachtbänken der Abtreibungskliniken statt, wo Millionen Ungeborener bestialisch umgebracht werden, ohne sich dagegen wehren zu können. Ihre Zahl wird weltweit mit 60 Millionen jährlich geschätzt.

Dies sind Sittenbilder einer Gesellschaft, wie sie nicht drastischer und grauenerregender gezeichnet werden können. Und dies geschieht, wie gesagt, unter der Verantwortung von Menschen, die mit dem Gesangbuch unter dem Arm und mit frommem Augenaufschlag am Sonntag in die Kirche marschieren und dabei nichts weiter als Heuchelei kundtun. Von Clinton wird unter anderem gesagt, er sei während des Gottesdienstes so ergriffen, daß ihm bei den Chorälen die Tränen in den Augen stehen würden. Dieser Mann, der einmal gesagt hat: “Ich glaube nicht, daß nach der Bibel Abtreibung Mord ist”, und nach dessen Ansicht die Gebote Gottes zur Homosexualität nichts aussagen, ist inzwischen weit und breit bekannt geworden, auch für recht lockere moralische Grundsätze …

So ist eine Sexklage gegen ihn anhängig. Sie bezieht sich auf die Zeit, als Clinton noch Gouverneur des Staates Arkansas war. Damals habe er eine Mrs. Jones “in sein Hotelzimmer bestellt, sich vor ihr entblößt und sie zum Oralsex aufgefordert”, so Presseberichte wörtlich. Dies soll übrigens nicht der erste Fall dieser Art gewesen sein. Wenn man sich in diesem Zusammenhang vergegenwärtigt, daß solche Leute als Staatsmänner und Politiker maßgeblich Einfluß auf die Geschicke der Menschheit haben, dann ist es wahrlich nicht schwer, zu erkennen, daß wir uns bereits mitten im endzeitlichen Sodom und Gomorrah befinden.

Es geht zusehends bergab in “Gottes eigenem Land”. Die Gattin des Präsidenten, Hillary Clinton, die der methodistischen Kirche angehört, hat ebenso wie ihr Mann nicht nur ein wohlwollendes Verhältnis zum Islam und dem Koran, die First Lady knüpft auch mit Hilfe einer “spirituellen Beraterin” fleißig Kontakte ins Jenseits. So soll sie unter anderem mit der 1963 verstorbenen Eleanor Roosevelt sowie mit dem toten Mahatma Gandhi imaginäre Gespräche geführt haben. Jüngst ließ sie sich sogar von einem indianischen Geistheiler “segnen”.

 

Die Hure Politik

Unter den Machtmitteln, aufgrund derer Satan heute die ungläubige Menschheit beherrscht, ist das der politischen Machenschaften aller Art ein hervorstechendes. Es wird immer deutlicher, daß auch noch die letzten vereinzelten Bastionen christlichen Einflusses in der Politik unseres Landes vom antigöttlichen Zeitgeist hinweggefegt werden. Die Politiker sind mitverantwortlich dafür, daß unsere Welt in einem Chaos landet, weil sie sich nur von Zeitströmungen leiten lassen und nicht von dem, was Gottes Gebote den Menschen als Maßstab ihres Handelns vorschreiben. Sie sind nicht mehr bereit, moralische und christlich ethische Werte anzuerkennen und zu bewahren.

Noch vor nicht allzulanger Zeit standen jugendgefährdende Filme wie zum Beispiel “Das Schweigen” von Ingmar Bergmann auf dem Index. Die Kindestötung im Mutterleib war ebenso verboten wie Homosexualität und Pornographie. Ehe und Familie waren geschützt, und Ehescheidung erfolgte nach dem Schuldprinzip. Man nannte Sünde noch beim Namen. Dann aber haben die Politiker dem sich unter satanischem Einfluß entwickelnden veränderten Rechtsbewußtsein Tür und Tor geöffnet. Sozusagen über Nacht wurde die Pornographie freigegeben, die sexuelle Freiheit für alle gefordert, die Abtreibung legalisiert und der Sexualkundeunterricht in den Schulen eingeführt. Damit war das moderne Sodom eingeläutet. Es gibt heute nicht eine Stadt in unserem Land, wo die Sünden dieser verruchten biblischen Stätte nicht offen ausgeübt werden.

Wenn man die Handlungsweise der Verantwortlichen hinterfragt, dann sagen sie sorglos und im Brustton der Überzeugung, sie hätten alles im Griff. Aber das ist eine Lüge. Sie haben überhaupt nichts im Griff. Sie haben nicht mal ihr Privatleben im Griff. Unlängst stellte ein Journalist die berechtigte Frage: “Kann sich ein 82 Millionen Volk an Männer binden, die jeweils drei bzw. zwei Frauen nicht an sich binden konnten? Leben sie doch bereits mit der vierten bzw. dritten zusammen. Führungspersönlichkeiten mit wechselnden ehelichen und außerehelichen Verhältnissen wecken Zweifel an ihrer Fachkompetenz, weil ihre Lebenskompetenz offenbar nicht sonderlich ausgebildet ist.” Damit sind die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und dem Saarland gemeint. Einer von ihnen wird im Herbst 1998 als Kanzlerkandidat für die Bundesrepublik Deutschland aufgestellt (wer von beiden, ist bei der Abfassung dieser Zeilen noch nicht bekannt).

In der ZDF Sendung “Frontal” am 14. Oktober 1997 sagte der Moderator Hauser: “Wer dreimal sein Ja Wort bricht, dem glaubt man nicht.” Und sein Kollege Kienzle meinte: “Der Schröder bricht sein Ja Wort im Schnitt alle zwölf Jahre. Das sind immerhin drei Amtszeiten eines Bundeskanzlers.” Daraufhin wiederum sein Vorredner: “Ein Mann, der drei Frauen sitzenläßt, der läßt irgendwann auch ein ganzes Volk sitzen …”

In einem Leserbrief an eine bekannte deutsche Tageszeitung schreibt eine Frau: “Bin ich altmodisch, weil mir Herr Schröder durch seinen Umgang mit Frauen unsympathisch geworden ist? Bin ich altmodisch, weil ich der Meinung bin, daß dies auf eine menschliche Unreife hinweist und ich mir deswegen nicht vorstellen kann, daß dieser Mann geeignet ist, Führungspositionen innezuhaben? Ich weiß nicht, aber für mich ist dieses Verhalten, immer wieder Ehen aufzulösen, wenn es scheint, etwas Besseres gefunden zu haben, ein Zeichen von Mangel an Konfliktfähigkeit, von Lernbereitschaft und Achtung gegenüber dem Menschen, mit dem eine Partnerschaft eingegangen wurde … Ein Politiker ist kein Showstar. Er sollte auch ein Vorbild in seinem persönlichen Leben sein.”

Der vorgenannte Professor an der Universität Hohenheim/Stuttgart, Günter Rohrmoser, erklärte in einem Interview mit Helmut Matthies zu der Frage, ob die Erneuerung in Deutschland von der SPD und deren Führungskräften kommen könne: “Der SPD Vorsitzende Oskar Lafontaine hat auf die Frage nach seinen Lebensmaximen, die ihn vor dem Mißbrauch der Macht schützen sollen, geantwortet: Fressen, Saufen und F. . .’ Daran sehen Sie, daß von dieser Partei auch keine Erneuerung zu erwarten ist.”

Von Leuten regiert zu werden, die aufgrund ihres Lebenswandels christlich ethische Werte kaum noch repräsentieren können, ist ein Greuel. Es war überdies früher auch nicht denkbar, daß die Inhaber hoher Staatsämter, deren Ehebruch öffentlich bekannt wurde, weiter in ihrem Amt bleiben konnten. Heute darf sich über diese “Privatsachen”, die nur noch als Kavaliersdelikte angesehen werden, kein Mensch mehr ein Urteil erlauben.

“Vor über 60 Jahren noch mußte Englands König auf den schönsten Thron der Welt verzichten, um eine geschiedene Frau heiraten zu können”, schrieb der Publizist Claus Jacobi: “Heute ist der britische Kronprinz selbst geschieden. Mit Ronald Reagan zog der erste geschiedene US Präsident ins Weiße Haus … Im 20. Jahrhundert des Zweifels begannen viele Menschen dem Wert der herkömmlichen Ehe zu mißtrauen (wie so manchem anderen auch). Warum warten, bis der Tod scheidet, wenn’s das Amtsgericht kann. Warum nicht Freuden ohne Fesseln, warum nicht jung gegen alt eintauschen?”

Als sich vor einem Jahrzehnt der amerikanische Präsidentschaftsbewerber Gary Hart anschickte, das Weiße Haus zu erobern, da stolperte er über sein unmoralisches Leben, und seine Karriere war sehr schnell zu Ende. Einige Zeitungen veröffentlichten nämlich Bilder der Geliebten des verheirateten Hart. In den USA muß das Staatsoberhaupt, zumindest nach außen, immerhin noch eine einigermaßen saubere Weste haben. Kandidaten mit drei gescheiterten Ehen wie Gerhard Schröder hätten dort keine Chance.

Wer nun aber glaubt, daß die außerehelichen Liebesaffären der prominenten Spitzenpolitiker (der SPD) ihrer politischen Karriere bei uns schaden würden, der irrt sich. Eine öffentliche Diskussion darüber, ob zum Beispiel Schröder angesichts seiner privaten Beziehungsprobleme für das Kanzleramt geeignet ist, findet in Deutschland nicht statt. Davon sind wir weit entfernt. Das wäre, wie eine Zeitung schreibt, ,,ein Rückfall in die muffige Moral der 50er Jahre”. Heute könnten die Bürger sehr wohl unterscheiden zwischen dem “individuellen Recht auf private Neigungen und dem Umgang mit dem Institut der Ehe”.

Weder Altkanzler Willy Brandt, der, wie er einmal forsch sagte, in seinem Leben “nichts anbrennen” ließ, noch der CSU Vorsitzende Theo Waigel, die beide ihre Ehefrauen wegen einer Jüngeren sitzen ließen, könnten “wegen ihrer amourösen Eskapaden nicht unsolide genannt werden”, so die liberale Presse.

Was Waigel betrifft, so meinte der Münchener Kardinal Georg Wetter seinerzeit nicht ohne Grund, ob man einem solchen Mann überhaupt noch Verantwortung übertragen könne, der einen solchen Lebenswandel führt. Nachdem er 27 Jahre lang mit der ihm angetrauten Frau verheiratet war, verließ er sie unter den unwürdigsten Umständen und wandte sich einer nahezu 20 Jahre Jüngeren zu. Für einen Mann seines Schlages, der nach der Bibel offen in Ehebruch lebt, haben die göttlichen Gebote lediglich den Stellenwert eines Tirolerhutes, wie es einmal jemand ausdrückte.

Um auf die “Neigungen” von Gerhard Schröder zurückzukommen, so hatte er von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, daß er das Land Niedersachsen bewußt ohne Gott regieren möchte. Sechs Minister seines Kabinetts verzichteten bei der Eidesformel anläßlich der Amtsübernahme auf den Zusatz: “So wahr mir Gott helfe …” Sie wollten also von vornherein Gott aus allen ihren politischen Bemühungen ausgeschaltet wissen. Schon seinerzeit, als er noch Bundesvorsitzender der Jungsozialisten war, umriß Schröder knallhart die Richtlinien seiner zukünftigen Politik: “Unsere Aufgabe ist es nicht, Kirchen zu bekämpfen, sondern gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen, in denen Kirchen überflüssig sind.”

Es fällt immer wieder schwer, zu begreifen, daß sich solche Leute nicht nur in verantwortlichen Staatspositionen befinden, sondern auch noch maßgeblich an der Gesetzgebung beteiligt sind. Von ihnen sagt die Bibel: “Weh denen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen …“ (Jes. 5,20). Was das Zusammenleben zwischen Mann und Frau betrifft, so hat uns Gott eine wunderbare Gebrauchsanweisung gegeben, die Bibel, sein Wort. In diesem Buch steht kein Wort zuviel   aber auch keines zu wenig. Die Ehe ist von Gott selbst eingesetzt worden. Sie ist keine menschliche Erfindung und auch keine wissenschaftliche Errungenschaft. Darum kann sie auch nicht willkürlich manipuliert werden. Nur unter der Führung Gottes und bei Beachtung der göttlichen Normen ist eine Ehe wirklich glücklich und gesegnet.

Die meisten unserer Politiker sind total unfähig, auch nur einigermaßen vernünftige Maßnahmen zu treffen. Ihr Handeln besteht weitgehend nur aus Lüge, Betrug, Korruption, Bereicherung und leeren Versprechungen. Einer unserer Kanzler hat einmal lakonisch gesagt: “Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern …” Für das derzeitige Staatsmanagement in unserem Land gibt es nur ein passendes Wort: Lotterwirtschaft! Unsere “lieben” Volksvertreter plündern die Menschen immer mehr aus, während sie selbst sich an erhöhten Diäten, satten Pensionen und fetten Übergangsgeldern mästen.

Es ist im übrigen heute alles derart verkorkst, daß kein Mensch mehr die politischen und wirtschaftlichen Probleme dieser Welt lösen kann. Und es wird auch keinen Frieden mehr geben auf dieser Erde   weder in Israel noch sonst wo. Christen wissen das. Die Bibel sagt es ihnen.

Es gab noch nie so viele Gipfeltreffen wie heute und noch nie so wenig Übereinstimmung in der Lösung der Probleme. Die Großen dieser Welt sind ratlos. Sie wissen weder ein noch aus. Die Quelle, aus der sie Weisheit schöpfen könnten und die Gott die Quelle des Lebens nennt, haben sie längst verlassen und sich statt dessen löchrigen Brunnen zugewandt.

Ein biederer deutscher Pfarrer kam einmal nach Amerika. In New York besuchte er auch den riesigen Palast der Vereinten Nationen am East River. Dort, wo die maßgebenden Führer der Völker zusammenkommen, um die Geschicke der Menschheit zu lenken, um nach Auswegen aus Krisen zu suchen, Elend zu mildern und Kriege zu vermeiden.

Der Pfarrer erzählt dann: “Ich bat einen Ordner, mir die Kapelle zu zeigen. Er sah mich erst etwas eigenartig an, dann sagte er: ’Ach, Sie meinen wohl den Meditationsraum’?“

Wenn man nicht mehr betet, sondern nur noch meditiert, begibt man sich auf einen gefährlichen Irrweg. Bei der Meditation handelt es sich um ein aus dem Buddhismus kommendes östlich religiöses System, um das Unterbewußtsein im Menschen aufzuschließen, des Versinkens in sich selbst, wobei dann eine Passivität entsteht, in die fremde (okkulte) Mächte einströmen können.

Hoffnungen, die sich auf Institutionen wie die korrupte Weltorganisation in New York und deren viele wirkungs¬losen Nebenorganisationen, auf Nato, EU und Europaparlament stützen, auf daß ein kollektives Sicherheitssystem den Weltfrieden bewahren soll, sind genauso zum Scheitern verurteilt, wie sich seinerzeit der ähnlich klägliche Versuch des Völkerbundes als monströser Unsinn herausstellte.

Am 10. Dezember 1948 verkündeten die Vereinten Nationen die “Allgemeine Erklärung der Menschenrechte”. Seitdem hat es mehr Kriege gegeben als je zuvor. Seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges hat es keinen einzigen Tag wirklichen Friedens mehr gegeben. Es gab ca. 140 Kriege, die 37 Millionen Menschenleben forderten. Das ist mehr als die Hälfte der Opfer der beiden Weltkriege, die insgesamt 65 Millionen betrugen. Es gibt unter den Menschen keinen wirklichen Frieden. Seit der Stunde, da Kain seinen Bruder Abel erschlug, seit jenem ersten Mord in der Weltgeschichte, haben die Menschen nie mehr aufgehört zu töten, und die Erde hat seither gewaltige Ströme von Blut getrunken. Bis auf den heutigen Tag ist der Frieden eine Illusion geblieben, weil das Herz des Menschen böse ist, wie die Bibel sagt.

Schon der Prophet Jesaja sagte: “Sie kennen den Weg des Friedens nicht, und Unrecht ist auf ihren Pfaden …”

Die Menschen sehnen sich zwar nach Gerechtigkeit, aber die Ungerechtigkeit wird immer größer in der Welt. Kein Wunder, denn das unrechte Verhalten der Menschen hat seine Ursache in ihrem gestörten Verhältnis zu Gott. Es hat einmal jemand gesagt: “Das Geschöpf ist ohne den Schöpfer bald erschöpft.”

Wir leben in einer Welt, die sich von Gott längst losgesagt hat. Seine Gebote haben für die Menschen keine Gültigkeit mehr. Sie wollen, daß Gott draußen bleibt. Man möchte darum auch in den Foren der Nationen der Welt. wie der UN, aus eigener Kraft schaffen, was sich Gott für eine Welt des Friedens vorbehalten hat. Aber dieses Vorhaben wird nicht gelingen, denn es ist ein Vorhaben ohne den Friedensstifter Jesus. Es mündet vielmehr in die größte Menschheitskatastrophe der Weltgeschichte.

Gott hat uns von Anfang an die Regeln übermittelt, nach denen das Leben in seiner Schöpfung funktioniert. Die Gebrauchsanweisung steht in der Heiligen Schrift. Und darum sollte die Bibel auch unser Kursbuch sein. Darum ist das Evangelium der einzig gangbare Weg zum Frieden. Solange wir Gott nicht erlauben, den wahren Frieden in uns zu schaffen, können wir auch nicht erwarten, daß die Völker in Harmonie leben. Die christlichen Werte, die die Menschen inzwischen zu Grabe getragen haben, müssen wieder erneuert werden. Der Apostel Paulus bringt es auf den Punkt: “Wenn wir gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott …”

 

Wie vor der Sintflut

“Wenn der Menschensohn kommt”, sagt Jesus, “wird es sein wie zu Noahs Zeit. Damals vor der großen Flut aßen und tranken und heirateten die Menschen, wie sie es gewohnt waren   bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche ging. Sie ahnten nicht, was ihnen bevorstand, bis dann die Flut hereinbrach und sie alle wegschwemmte. So wird es auch sein, wenn der Menschensohn kommt.” Es gibt hier eine unübersehbare Parallelität zu den Menschen von heute. Mit den Dingen, die vorstehend genannt werden, sind die Menschen auch heute vollauf beschäftigt. Darum haben sie auch keine Zeit für Gott. “Sie achteten es nicht . . .”, heißt es in einer anderen Übersetzung. Sie beachteten Gott überhaupt nicht, sie nahmen ihn nicht für voll. Statt dessen gingen sie nur den angenehmen Dingen des Lebens nach: “Sie aßen, tranken, freiten und ließen sich freien . ..”

Nun sind Essen, Trinken und Heiraten ja bekanntlich sehr angenehme Dinge und natürlich auch notwendig. Im übrigen sind sie auch von Gott gewollt, brachte Theo Lehmann einmal zum Ausdruck und fügte dem hinzu: “Aber wenn von jemandem weiter nichts zu sagen ist, als er ißt, er trinkt und er hat Geschlechtsverkehr, da weiß man ja noch nicht mal, ob von einem Menschen oder von einem Hund die Rede ist. Denn Essen, Trinken und Sex, diese drei Dinge, hat der Mensch mit dem lieben Vieh gemeinsam. Aber schließlich muß es da doch noch einen Unterschied geben. Und den gab’s damals eben nicht …”

Den gibt es auch heute nicht. Auch heute erschöpft sich alles in Fressen, Saufen und Sex. Mehr ist nicht drin. Jeder denkt nur an sein Vergnügen. Der Gedanke an Gott hat da keinen Platz. Die Menschen sind ausschließlich mit materiellen Dingen beschäftigt. Jesus hat dies damals schon gewußt, und darum sagte er auch, so wie die Leute waren, bevor die Sintflut kam, werden sie auch sein, bevor ich wiederkomme. Sie mißachten Gottes Gebote, sie treten sie mit Füßen. Wir leben heute in einer Gesellschaft, wo der Mensch ohne Gott glücklich zu werden versucht und wo der Name Christi nicht willkommen ist. Es ist ein Zeitalter, das Jesus als das letzte bezeichnet hat. Die Bosheit der Menschen ist heute so groß, daß Gott sie nur noch strafen kann.

Es soll sich niemand einbilden, dies alles würde ewig so weitergehen und Gott würde auch weiterhin stillschweigend zusehen. Dann hätte er uns nicht sein Wort zu geben brauchen. Wenn Jesus uns warnt, mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Noah und seine Zeit, dann sollten wir gut hinhören. Jesus sagt uns, daß dann das Ende kommen wird. Überhaupt hat Jesus sehr ausführlich über dieses Thema gesprochen. Allein im Matthäus Evangelium finden wir zwei Kapitel darüber, das 24. und 25. Kapitel. Das zeigt uns die gewaltige Bedeutung dieser Aussagen.

Damals vor der Sintflut schaute Gott vom Himmel und sah die Gottlosigkeit auf Erden. Es entging ihm nichts, und er drückte auch kein Auge zu. In 1. Mose 6,6 heißt es: “Da reute es Gott, daß er die Menschen gemacht hatte.” Es gab noch nie soviel Gesetzlosigkeit wie heute. Man könnte mit Jesaja sagen: “Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker” (60,2). Jede Nachrichtensendung bestätigt heute die Angaben der Bibel, die Vorzeichen der untergehenden Welt, wie sie Jesus vorausgesagt hat. Aber die Menschen hören nicht auf Jesu Worte. Sie sind genauso verstockt wie zu Noahs Zeiten. “.. . und sie achteten nicht darauf.”

Aber Noah ließ sich nicht beirren. Er baute die Arche, genau so, wie Gott es ihm befahl. Und was für ein Schiff war das. Wir können es in der Bibel nachlesen: 145 Meter lang, drei Decks mit einer Deckfläche von 89 000 Quadratmetern. Das sind ungefähr 18 Fußballfelder. Der Rauminhalt des Schiffes betrug 39 500 Kubikmeter. Das war ein Brummer von der Größe eines heutigen Ozeanriesen. Und das alles mitten in der Wüste. Ringsum kein Wasser. Weit und breit kein Fluß, kein Meer, nur trockenes Land.

Kein Wunder, daß die Leute ihn alle ausgelacht haben. Sie haben ihn verspottet, verhöhnt und überall lächerlich gemacht. Am meisten aber haben sie über die Aussage Noahs gelacht, als er sagte, Gott habe es ihm befohlen, dieses Schiff zu bauen. Genau so, wie sie heute über die Warnungen der Bibel spotten, wenn man ihnen sagt, daß bald das Gericht kommen wird.

Der Bau der Arche erregte viel Aufsehen damals. Und die Nachricht von dem alten “verrückten” Mann verbreitete sich mit Windeseile im ganzen Land. Sicherlich sagten sich viele der Spötter: “Dieser Noah hat bestimmt einen Sonnenstich bekommen. Ist ja auch kein Wunder, mitten in der Wüste ein Schiff zu bauen!” Ich kann mir auch gut vorstellen, daß man überall im Land so eine Art von Kaffeefahrten organisierte, um den neugierigen Zeitgenossen diese Sensation vorzuführen. Und dann kamen sie in Scharen und starrten Noah an wie einen Exoten, wie einen Geisteskranken, der zudem altersschwach und senil ist, bei dem man schon den Kalk rieseln hört. Ein Mann mit Halluzinationen. Und sie sagten sich: “Wie können wir doch froh sein, daß wir normal sind.”

Aber die Bibel berichtet uns: Die Flut nahm sie alle hinweg, alle die Spötter und Ungläubigen. Die Menschen verlassen sich bekanntlich so gerne auf ihren Verstand und auf das, was sie sehen und erklären können. In Sprüche 3,5 warnt uns der weise Salomo davor, uns auf unseren Verstand zu verlassen. Wir sollen statt dessen vielmehr allein auf den Herrn vertrauen und auf das, was er uns sagt. Noah hörte nur auf Gott, und der gab ihm genaue Anweisungen, wie er die Arche bauen sollte, und die befolgte Noah dann auch, denn er glaubte und vertraute Gott.

Er hat sich auch nicht vorstellen können, daß es einmal 40 Tage lang regnen wird. Er sagte auch nicht etwa: “Herr, es gibt doch überhaupt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse und Beobachtungen, die auf eine große Flut hindeuten. Noah hatte in seinem ganzen bisherigen Leben noch nie eine Flut gesehen, und er war bis zu diesem Zeitpunkt immerhin schon 600 Jahre alt. Noah hatte auch keine Wetterkarte. Er hörte keinen Wetterbericht, und es gab damals noch keine Satellitenfotos und auch keine Meteorologen, die ihm hätten sagen können, daß sich ein großes Unwetter entwickelt. Noah konnte sich nur auf das Wort Gottes verlassen. Er argumentierte auch nicht mit Gott, er glaubte an Gott. Gott hatte es ihm ja schließlich gesagt.

Und dann kam der Sturm, dann kam das Wasser, und es stieg und stieg und überschwemmte alles. Die Flut nahm sie alle hinweg. Alle! Nicht nur einige. Die Alten und die Jungen. Ob sie nun erst in der Blüte ihrer Jahre standen oder schon graue Haare hatten. Die Reichen und die Armen, die Bettler und die Fürsten, die Dirnen und die Frommen, die Spötter und die Theologen, die Hurer und die Priester. Die Flut deckte alles zu: die Lehmhütten der Elenden und die Paläste der Könige, die ruchlosen Freudenhäuser und die Tempel der Religiösen. Sie alle waren außerhalb der Sicherheitsarche. So wird es auch einmal am Ende der Zeit sein.

Charles H. Spurgeon, der große Erweckungsprediger im vergangenen Jahrhundert, hat den Spöttern, Zweiflern und Besserwissern einmal ins Stammbuch geschrieben: “Die Flut hat sie alle vertilgt. Doktor der Rechte und der Theologie wurden unbarmherzig dahingerafft. Niemand war imstande, durch alles, was er je gelernt hatte, der Flut zu entrinnen. Wissen ist keine Rettungsboje. Logik ist kein Schwimmgürtel und Rhetorik kein Rettungsboot. Mit ihrer ganzen Wissenschaft versanken sie, gingen sie unter … Und so werden sie alle dahingerafft werden von der Flut des Gerichts, wenn sie sich dem Rettungsangebot Gottes in seinem Sohn Jesus Christus entziehen.”

Das nächste Mal, so sagt Gott, kommt nicht Wasser, sondern Feuer. Das wird am Ende des 1000-jährigen Reiches sein. Dann wird auch das Gericht vor dem großen weißen Thron stattfinden. Im 2. Pertrusbrief heißt es: “Sie wollen nicht wahrhaben, daß es schon einmal einen Himmel und eine Erde gab. Gott hatte sie durch sein Wort geschaffen. Die Erde war aus dem Wasser aufgestiegen, und auf dem Wasser ruhte sie. Und durch das Wasser wurde sie auch zerstört: durch die große Flut. Ebenso ist es mit der jetzigen Welt. Sie besteht nur so lange, wie Gott es bestimmt hat. Wenn der Tag des Gerichts da ist, wird sie durch Feuer untergehen, und mit ihr alle, die Gott nicht gehorcht haben” (4,5 7).

Eines Tages ist der letzte Tag. Eines Tages ist Schluß. Eines Tages ist die Welt zu Ende. Vom 1. Buch Mose bis hin zum Buch der Offenbarung lesen wir davon, daß einmal der Tag kommen wird, an dem Gott Gericht hält. Und dieser Tag ist bereits längst festgesetzt. Es ist der Tag X in der Geschichte der Menschheit. Dann werden einmal alle Menschen Rechenschaft darüber ablegen müssen, was sie auf dieser Erde getan oder nicht getan haben. “Sie werden dann der Tatsache ins Auge sehen müssen, vor der sie bisher die Augen verschlossen haben. Nämlich, daß Jesus lebt, daß die Christen nicht gesponnen haben und daß die Bibel kein Märchenbuch ist. Da kann sich dann keiner drücken, nicht mal durch den Tod. Denn die Toten werden auferstehen. Egal, ob die Menschen am Jüngsten Tag schon gestorben sind oder noch leben   bei diesem Treffen mit Jesus sind sie dabei, auf alle Fälle . ..” So hat es einmal ein gläubiger Pfarrer in einer sehr anschaulichen Predigt zum Ausdruck gebracht.

120 Jahre lang hat Noah gepredigt und gewarnt. Und dann gab Gott nochmals sieben Tage, ganz zum Schluß. Wir können das nachlesen im 1. Buch Mose, 7,4. Wie viele Menschen hat Noah in diesen sieben Tagen noch retten können? Keinen, nicht einen einzigen   trotz dieser Brisanz. Es hat einmal jemand gesagt: “Wer im Zeitraum von 120 Jahren abgestumpft ist, der läßt sich auch in den letzten sieben Tagen nicht mehr retten …” Bei Noah haben nur die eigenen Familienangehörigen auf Gott und seine Ermahnung gehört. Unser Problem heute ist, daß nicht mal mehr unsere eigenen Familienangehörigen auf uns hören.

Es gibt ein Zuspät! Wenn der Mensch die Liebe Gottes mit Füßen tritt, wenn er aus lauter Stolz und Selbstbewußtsein die Liebe Gottes nicht haben will, dann kommt die Stunde, in der auch Gott nein sagt. Dann werden sie rufen, schreien, flehen, sie werden ihre Kleider zerreißen, aber Gott wird nicht antworten. Die Chance ist vertan, und sie wird den Unbußfertigen nie wieder geboten. Die Flut wird sie alle hinwegnehmen. Es wird auch diesmal sein wie zur Zeit Noahs. Die einen sind drinnen, die anderen sind draußen …

Die Menschen haben sich seitdem nicht geändert. Sie spotten und höhnen nach wie vor gegen alles Göttliche. Sie leben und handeln im Geist ihrer Zeit. Bei Noah haben sie gesagt: “Seht euch nur diesen lächerlichen Kasten an . ..” Aber der Kasten schwamm, und die acht Menschen, die sich darinnen befanden, überlebten. Zweitier und Spötter machten sich schon immer lustig über die Vorstellung göttlichen Gerichts und ihres Verlorenseins. Sie lachten nicht nur über Noah, sie lachten ebenso über Jeremia, als er die Zerstörung Jerusalems vorhersagte. Sie lachten auch über Lot, der Sodom warnte, und sie lachten über Amos und seine Gerichtsankündigung. Aber die Gerichte Gottes trafen immer ein, präzise und unerbittlich. Die Zerstörung war jedesmal total.

Auch heute hängt alles davon ab, ob wir uns innerhalb oder außerhalb der Arche befinden. Die Menschen müssen sich entscheiden. Es gibt den Zeitpunkt, wo die Gnadenzeit vorbei ist. Und so wie hinter Noah und seiner Familie Gott selbst die Türe abschloß, wie hinter den fünf Jungfrauen die Türe verschlossen wurde und Jesus den fünf törichten sagte, daß er sie nicht kenne, so gibt es Rettung nur für den, der rechtzeitig die bergende Arche aufsucht. Das muß aber noch vor der Flut sein. Dabei spielt das Maß unserer Sünden keine Rolle, ob wir viel oder wenig gesündigt haben. Gott fragt uns nicht, ob wir die Ehe gebrochen, gestohlen oder gar gemordet haben. Er fragt uns nur, und das ausschließlich, nach unserem Verhältnis zu seinem Sohn. Und solche, die ihn, den Herrn Jesus, im Glauben angenommen haben, werden gerettet, die anderen aber, die ihn abgelehnt haben, gehen verloren. In den Augen Gottes gibt es nur zwei Wege, den breiten und den schmalen. Es gibt nur zwei ewige Bestimmungen, ewige Freude oder ewige Pein. Die Bibel sagt uns: “und wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber und Gold erlöst seid von eurem eitlen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes” (1. Petr. 1,18).

Ohne bewußte Bekehrung zu Jesus Christus sind wir alle verloren und nimmt uns die Flut hinweg. Gott gibt dem unbußfertigen Sünder auch keine zweite Chance. Das Gericht ist eine furchtbare Endgültigkeit. Nur die, die mit Noah in der Arche waren, waren sicher. Sie wurden durch die schreckliche Katastrophe hindurchgebracht. Und so wird Jesus Christus auch alle die erhalten, die sich in ihm bergen. “Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen”, sagt er und fordert uns auf, durch die enge Pforte zu gehen.

Die Arche Noah hatte nur eine Tür. Auch heute gibt es nur eine Tür zur Errettung, und diese Tür ist Jesus, der von sich sagte: “Ich bin die Tür, wer durch mich hineingeht, der wird selig werden” (Joh. 10,9). Außer der Tür hatte die Arche noch ein Fenster   nach oben. Heute ist das nicht anders. Wir können nur nach oben blicken. Wir finden nur Schutz in der Arche des Gnadenbundes, dem Werk und der Person Christi. Jesus sagt eindringlich und nicht ohne Grund immer wieder: “Wachet!” Dieser Befehl kommt im Neuen Testament in Verbindung mit der Wiederkunft des Herrn zehnmal vor; allein neunmal aus dem Mund des Herrn selbst. Noch nie war Wachsamkeit so dringend nötig wie gerade in unseren Tagen. Wir sind in einer Zeit angelangt, wo alles zu Ende gehen wird. Und wir tun gut daran, weniger auf die Nachrichtensprecher zu hören als vielmehr auf das biblische Wort. Bald werden die Bücher geschlossen werden, und wenn der letzte Mensch den Leib Christi vervollständigt hat, dann wird das Gnadentor sich schließen und niemand kann mehr hineinkommen. Das könnte noch heute geschehen. Es hat einmal jemand gesagt: “Der Leib Christi wird keine Mißbildung sein. Er wird keine sechs Finger an einer Hand haben. Es wird ein vollkommener Körper sein. Jedes Glied daran ist im Blute Jesu gewaschen und wiedergeboren.”

 

Mahnung zur Umkehr

In diesem Buch wurden wiederum eine Menge von Fakten zusammengetragen, die in teils erschreckender Form bezeugen, daß sich nicht nur in unserem Volk derzeit ein ungeheuerlicher moralischer, sittlicher und ethischer Bewußtseinswandel vollzieht, der sämtliche menschlichen Grundwerte auflöst. “Ihrer Sünde rühmen sie sich wie die Leute in Sodom und verbergen sie nicht. Wehe ihnen!” (Jes. 3,9). In bedrohlicher Vielzahl werden die Menschen “immer perverser, verhurter, gottloser, satanischer, greulicher, mörderischer, sündiger und antichristlicher. Die Gottlosigkeit schreit zum Himmel …” formulierte es die “Evangeliums Mission”. Mit ungeheurer Wucht überrollt die Lawine der Schamlosigkeit und Hurerei unser Land und reißt das Volk immer mehr in den Abgrund des Verderbens.

Sicher wurden Sünden der vorgenannten Art zu allen Zeiten begangen, aber heute werden sie öffentlich geduldet. Unser Land ist zu einem Tummelplatz der abscheulichsten Formen der Sittenlosigkeit geworden. Das Widergöttliche und Unnatürliche ist inzwischen Norm. Die Kinder gehorchen ihren Eltern nicht mehr. Die Eltern gehorchen Gott nicht mehr. Auch die Obrigkeit gehorcht Gott nicht mehr. Das hängt damit zusammen, daß in den letzten 50 Jahren, wie nie zuvor, Generationen von Gottlosen heranwuchsen. Es begann mit der Preisgabe der Grundlage allen Glaubens, der Heiligen Schrift. Wo das Wort Gottes preisgegeben wird, braucht man sich über die Folgen nicht zu wundern. Unsere Gesellschaftsordnung ermöglicht es, daß gottlose Menschen wiederum gottlose Menschen in das Parlament wählen, die ihrerseits gottlose Gesetze erlassen, damit die Gottlosen so richtig in allerlei Sünden leben können. Eine ganze Anzahl von Moralgesetzen wurden inzwischen “reformiert”. Andere ganz abgeschafft. Mit dieser Art von zügelloser Freiheit haben die liberalen Politiker Deutschland zu einem Schweinestall gemacht. Eine Gesellschaft, die Handlungen wie Homosexualität, Pornographie, Drogenmißbrauch, Abtreibung und andere duldet, oder sogar öffentlich noch fördert, obwohl sie in den Augen Gottes Sünde und Greuel sind, gräbt sich ihr eigenes Grab. Die Bibel sagt uns: “Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben” (Spr. 14,34). “Wenn die Menschen gottlos leben, dann sind die Sitten zügellos, die Mode schamlos, die Lügen grenzenlos, die Verbrechen maßlos, die Völker friedlos, die Schulden zahllos, die Regierungen ratlos, die Politik charakterlos, die Beratungen ergebnislos, die Konferenzen endlos und die Aussichten trostlos . . .” Ein vielzitierter Slogan, der die Situation unseres Volkes treffend kennzeichnet.

Nach wie vor haben die bekannten Verse des Dichters Heinrich Heine, die er im Leiden um seine Heimat im französischen Exil schrieb, brennende Aktualität: “Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht. Ich kann nicht meine Augen schließen und lasse meine Tränen fließen.”

Wenn wir die Nachrichten hören oder die Tageszeitungen aufschlagen, könnte man in der Tat verzweifeln. Nichts als Mord und Totschlag, Kriege, Katastrophen, Terror, Hungersnöte und Verwahrlosung der Sitten. Genau wie es die Endzeitprognosen der Bibel aufzeigen. Die untergehende westliche Kultur stellt nur noch eine verrottete Zivilisation dar. Es ist ein regelrechtes Sodom und Gomorrah, das sich wie ein übelriechender Abfallhaufen direkt vor unserer Haustüre anhäuft. Die Menschen taumeln immer mehr in Angst und Hoffnungslosigkeit in eine Situation ohne Ausweg und nie¬mand ist mehr in der Lage, die Probleme der Menschheit zu lösen, die immer verwirrender werden. Als Christen wissen wir, daß aber das Schlimmste für die Menschen erst noch kommt. Die Bibel sagt es uns.

Vor kurzem las ich in einem Andachtsbuch die ernsten Worte von Fritz Berger, eines aufrechten Gottesmannes und Predigers aus der Schweiz: “Wir gehen einer Zeit entgegen, oder sind schon mitten drin, wo sich der Zorn Gottes gegen die Völker offenbart. Ein Strafgericht über das andere wird kommen. Gott wird mit seinem grimmigen Zorn über alles gottlose Wesen kommen und wird die Spötter spotten und die Schmäher und Lästerer schrecklich heimsuchen, und alles abgöttische Volk muß zuschanden werden, welche meinen, sie können es ohne Gott machen in dieser Welt. Es wird ihnen gehen wie Sodom und Gomorrah. Ja, was angekündigt ist, wird alles kommen, daß er seinen Feinden die Zunge im Maul verfaulen läßt und die Augen in den Löchern   die Zunge, mit welcher sie Gott gelästert haben, und die Augen, mit denen sie sein Volk zu vernichten suchten.”

Was im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, an die Gemeinde in Laodicäa gerichtet ist, läßt sich auf unsere heutige Zeit und Situation gleichnishaft übertragen: “Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du doch kalt oder warm wärst! Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. Du sprichst: Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß” (3,15 17).

Unermeßlich wird der Zorn Gottes sein, wenn die jetzige Gnadenzeit abgelaufen ist und er die furchtbaren Gerichte, die er in seinem Wort angekündigt hat, über diese gottlose, gottvergessene und gottvermessene Menschheit schütten wird. In der Bibel lesen wir: “Und der Herr wird aus Zion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme hören lassen, daß Himmel und Erde erbeben werden” (Joel 4,16). Auch den Propheten Jeremia ließ er im Hinblick auf unsere Zeit verkünden: “Der Herr wird brüllen aus der Höhe und seinen Donner hören lassen aus seiner heiligen Wohnung. Er wird brüllen über seine Fluren hin , wie einer, der die Kelter tritt, wird er seinen Ruf erschallen lassen und über die Bewohner der Erde hin, und sein Schall wird dringen bis an die Enden der Erde. Der Herr wird mit den Völkern rechten und mit allem Fleisch Gericht halten; denn die Schuldigen wird er dem Schwert übergeben” (25,30 31).

Im Wort Gottes wird aber nicht nur das Bild der Apokalypse gezeichnet. Es wird auch die Möglichkeit des Auswegs aus diesem verderblichen Chaos aufgezeigt. Gott verheißt denen, die ernsthaft zu Buße und Neuanfang bereit sind, Gnade und Vergebung. “Siehe, wenn ich den Himmel verschließe, daß es nicht regnet, oder die Heuschrecken das Land fressen oder eine Pest unter mein Volk kommen lasse und dann mein Volk, über das mein Name genannt ist, sich demütigt, daß sie beten und mein Angesicht suchen und sich von ihren bösen Wegen bekehren, so will ich vom Himmel her hören und ihre Sünde vergeben und ihr Land hellen” (2. Chron. 7,13 14).

Noch gibt Gott den Menschen Zeit zur Buße. Vor der Sintflut warnte er durch Noah und ließ diesen die Arche bauen, damit die Glaubenden gerettet werden. Vor der Zerstörung Sodoms durch Feuer und Schwert schickte er Engel, um Lot und die Seinen aus der verfluchten Stadt herauszuholen. Bevor er Ninive richten wollte, sandte er Jona, um die in ihrer Bosheit verstrickte Stadt zu warnen.

Es gibt noch eine Hoffnung für eine bereits am Abgrund taumelnde Menschheit: Jesus Christus, der von sich sagt: “Ich bin das Licht der Weit. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben” (Joh. 8,12). Als Gott vor 2000 Jahren seinen Sohn in diese finstere und verdorbene Welt gesandt hat, da hat er es mit der aus seiner unendlichen Liebe geborenen Absicht getan, die zwischen ihm und den Menschen, zwischen Geschöpf und Schöpfer zerbrochene Verbindung wieder herzustellen. Als Jesus dann starb, trug er stellvertretend für uns unsere gesamte Schuld und Sündenlast, unsere Finsternis und Gottesferne zum Kreuz. “Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten . ..” (Jesaja 53,4). Dieser Friede und die Möglichkeit, wieder ein Leben nach Gottes Gesetzen, seinem Wohlgefallen und Rechtsempfinden zu führen, ist uns allen angeboten. Die Menschen müssen nur wollen und umkehren.

Wir, die wir Gottes Wort kennen und von dessen Wahrhaftigkeit zutiefst überzeugt sind, müssen die Menschen immer wieder eindringlich warnen und ihnen inmitten des dornigen Gestrüpps des Pluralismus, der geistlichen Verwirrung und den vielen Irrlichtem den Weg aus der Finsternis zeigen. Nur der Weg im Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber und in Ehrfurcht und Achtung seiner Gebote und Gesetze führt in die Seligkeit. Es ist der schmale Weg, nicht der breite, der rettet. Christen sind Wegweiser in einer orientierungslosen Welt, Leuchttürme, die mit der erlösenden Botschaft des Evangeliums die Dunkelheit durchdringen und das untrügliche und wahrhaftige Wort der Schrift bewahren.

Der Inhalt dieses Buches sollte uns trotz der vielen schrecklichen Vorkommnisse und des vielen negativen Materials, das hier zusammengetragen wurde, nicht zum Resignieren bringen.

Einer meiner Verleger, Autor und Leiter einer gesegneten Außenmission, Pastor Peter Assmus, hat im Rahmen einer ähnlichen Publikation einmal festgestellt: “Wer das vorliegende Buch liest und den Heilsplan Gottes, so wie er in der Bibel aufgezeichnet ist, nicht kennt, wird entsetzt sein. Er wird vielleicht sagen: Wie kann man nur so etwas glauben und auch noch in einem Buch publizieren? Er wird sagen: Ist die Welt nicht so schon schrecklich genug mit alledem, was man Tag für Tag in der Zeitung liest, am Radio hört nd im Fernsehen sieht? Oder, ist es notwendig, den Menschen mit Horrorgeschichten der Bibel noch mehr Angst zu bereiten?   Nun, ich kann diese Reaktion sehr gut verstehen. Die Perspektive für die nahe Zukunft wird in der Bibel nicht rosig geschildert. Was gesagt wird, klingt schrecklich   und es wird wohl tatsächlich noch schrecklicher sein, als es klingt. Man hat auch wirklich nur die beiden Möglichkeiten, dazu Stellung zu nehmen: Entweder man lehnt die Aussagen der Bibel ab oder man glaubt sie. Auf gar keinen Fall wäre zulässig, das Angenehme zu akzeptieren und das Unangenehme abzulehnen. Leider sind wir in unseren Tagen aber dahin gekommen, daß man vielfach gerade dies tut.”

Vom Chaos der letzten Zeit zu reden, macht die Herzen zwar nicht leichter, aber die Bibel fordert uns dazu auf, die Zeichen der Zeit zu beachten und den Menschen den Weg aus der Verlorenheit zu zeigen. Doch bei all dem dürfen wir wissen, unser Herr sitzt nach wie vor im Regiment und hat alles in seiner Hand. Als Kinder Gottes sind wir auf der Siegerseite. Die Menschen wissen nicht, was auf sie zukommt, Christen wissen es: Jesus kommt wieder. Das ist unsere Zukunft. Es ist das größte Geschenk, das Gott uns machen kann   außer der Errettung. Wir wissen zwar nicht, wann genau das sein wird, wir glauben aber, daß es bald ist.

Der amerikanische Publizist Joseph W. Thach erläutert dazu: “Dann wird Jedes Volk auf Erden anfangen, eine neue Lebensweise zu erlernen. Der König aller Könige und Herr aller Herren wird die Herrschaft über alle menschlichen Machtgebilde antreten und wird Maßnahmen einleiten, die der Welt endlich dauerhaften Frieden bringen. Eine von Grund auf neue Gesellschaft, fußend auf Gottes Gesetz der Liebe und des Friedens, wird für alle Menschen errichtet werden. Und die oberste Instanz dieser vollkommenen und gerechten Herrschaft wird die Macht haben, das Richtige durchzusetzen. Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere (mehr) das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen’ (Jes. 2,4). Gefahrvolle und harte Zeiten stehen uns bevor. Die gute Nachricht aber ist: Gleich danach bricht das herrlichste Zeitalter des Friedens an, das die Menschheit nie gekannt hat.

Wenn Jesus kommt, dann kommt er als König der Könige, als Herr der ganzen Welt (Offb. 19,11 12), und sein Reich wird alle weltlichen Reiche ablösen. In Offenbarung 11,15 steht dazu geschrieben: Es sind die Reiche der Welt unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.’ Das Reich Gottes setzt allen bestehenden Herrschaftsformen ein für allemal ein Ende. Es wird die Machtenthebung aller Regierungen sein, die es auf Erden gibt. Die Länder der Weit werden dann zu Reichen Christi werden und Christus, der König aller Könige, wird oberste Instanz sein. Ihm wird gegeben sein alle Gewalt, und seines Reiches wird kein Ende sein, so sagt es die Schrift.”

Die Zeit ist gekommen, wo der Herr sein Volk auf seine Wiederkunft vorbereitet. Es gibt zwei geistige Mächte in der Welt; die eine ist von Gott, die andere von Satan. Letztere haben wir auf den vorstehenden Seiten zur Genüge kennengelernt. Der Teufel bereitet auf seine Weise seine Handlanger ebenso zu, wie Gott seine Kinder zubereitet. Der Herr hat jedem Menschen das Recht gegeben, demjenigen zu dienen, dem er dienen will. Wir sind an dem Punkt angelangt, bei dem die Geschichte unseres Zeitalters zum Abschluß kommt und an dem wir uns entscheiden müssen.

Die Berichte in diesem Buch wurden nicht zur Befriedigung von Neugierde niedergeschrieben oder etwa wegen der Sensationslust, sondern um die Menschen mit den Zeichen der Endzeit bekannt zu machen und ihnen zu zeigen, wie spät es bereits an der Weltenuhr ist. Es wurde auch durchaus nichts Außergewöhnliches berichtet, denn das Wichtigste und Aktuellste in diesem Buch können Sie in der Bibel selbst nachlesen und das andere in der Tageszeitung. Es wurde nur beides zusammengestellt, verbunden und erklärt, und dabei an die uns vom Wort Gottes auferlegte Pflicht gehalten, unsere Mitmenschen eindringlich vor dem zu warnen, was kommen wird.

Corrie ten Boom sagte dazu einmal ihrerseits: “Ich finde die Tagesnachrichten so schrecklich, daß Zeitungslesen und Nachrichtenhören mich manchmal beinahe verzweifelt und mutlos machen könnten. Ein Ende ist nicht abzusehen. Man beginnt sich zu fürchten und fragt sich, worauf das alles noch hinauslaufen soll. Wie tröstlich ist es dann, die Bibel zu lesen und zu sehen, daß Gott all das, was jetzt geschieht, schon lange vorher gewußt hat, und daß er uns eine herrliche Zukunft verspricht, durch all die schrecklichen Ereignisse hindurch. Der Herr Jesus beschreibt in seinen Abschiedsworten, in Lukas 21, was wir nun in den Zeitungen lesen können. Darum ist es gut, in unseren Tagen die Bibel zusammen mit den Zeitungen zu lesen. Da erfahren wir es, daß Jesus bald kommen kann. Wir wissen jetzt viel mehr von den Zeichen der Zeit als früher, weil wir sie in den Zeitungen finden. Es ist ein Gebot des Herrn, daß wir auf die Zeichen achten sollen. Ich glaube, was über die Wiederkunft Jesu in der Bibel geschrieben steht. Alles, was über die Zeit vor dem Kommen Jesu in der Bibel steht, ist geschehen. So wird auch geschehen, was wir über die Wiederkunft Jesu lesen. Ich sage nicht, daß ich das alles verstehe   das brauchen wir auch gar nicht … Aber auch das oft so schwerverständliche Buch der Offenbarung ist heutzutage viel besser zu verstehen als vor zehn oder zwanzig Jahren.”

Die Bibel sagt uns, daß uns Schuld trifft, wenn wir schweigen. “Jesus weinte über Jerusalem” (Luk. 19,41). Wie lange ist es her, daß wir eine Träne über die schlechte Stadt, in der wir leben, vergossen haben?”, fragte einmal der christliche Publizist W. C. Moore und fuhr fort: “Die größten Verbrecher, die schlimmsten Verräter sind nicht die ehrlosen Politiker, obwohl sie schlecht sind, sondern die Christen, die das schwere Unglück auf unser Land zukommen sehen und weder beten noch handeln, um den Ruin zu verhindern. Gott gab uns die ganze siegreiche Botschaft der Errettung umsonst, damit wir uns daran erfreuen, sie aber auch anderen mitteilen, wie es uns der Herr befohlen hat” (Mark. 16,15 und Matth. 28,18 20).

Im Rahmen des Missionsbefehls, den Jesus den Seinen auferlegt hat, ist es unsere wichtigste Aufgabe und heilige Pflicht, zu mahnen und aufzuklären, damit noch so viele kostbare Seelen wie möglich gerettet werden können. Schweigen wir, so wird uns Schuld treffen (2. Kön. 7,9). Es geht um Leben und Tod, und die Zeit ist knapp. Und so möge Gott Gnade geben, daß auch diese Warnschrift den Lesern Segen bringt und sie erkennen läßt, daß all die Fragen, die die Welt bewegen, letztlich nur von einem Buch beantwortet werden können, das ist die Bibel, die Heilige Schrift Gottes.

Bevor ein Schiff am Sinken ist, ertönt der Ruf SOS. Er ist international bekannt und bedeutet: “Rettet unsere Seelen.” Für die bevorstehende große Lebenskatastrophe, dem drohenden Untergang eines großen Teiles der Menschheit, erschallt der Ruf Gottes mit der Einladung, in das Rettungsboot Jesu Christi zu kommen, das alle aufnehmen kann, die sich retten lassen wollen. Noch ist seine rettende Hand ausgestreckt, aber bald kann es zu spät sein. Darum sagt uns die Bibel auch, daß heute der Tag des Heils ist und “wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht” (Hebr. 4,7). Die seiner Stimme folgen, werden es nie bereuen , die aber die Hand des Erlösers zurückweisen, werden es in alle Ewigkeit bereuen. Er allein ist das Licht der Welt und der einzige Weg in eine glückliche Zukunft.

Um das Bild dieser Zukunft mit menschlicher Vorstellungskraft zu beschreiben, drückte es einmal ein Evangelist mit den Worten aus: “Wo liegt das Land, in dem ein jeder von uns für immer wohnen möchte? Wo gibt es ein Land ohne Sünde, ohne Verbrechen, Gesetzlosigkeit und Blutvergießen, ohne Krankheit, Tod, Schmerz und Herzeleid’? Himmel’ heißt das Land, das nichts von alledem mehr aufweist, was so bezeichnend ist für jedes irdische Land. Im Reich Gottes gibt es keine Grenzen, keine trennenden Mauern oder Vorhänge, keine Rassenschranken, keine Soldaten, denn dort werden keine Kriege geführt; es gibt keine Polizei, denn Sünde oder Verbrechen sind unbekannte Begriffe. Man findet keine Leichenbestatter, denn dort gibt es keine Gräber; keine Ärzte, denn Bakterien, Fieber, Seuchen und Krankheiten fehlen; es gibt dort auch keine Diebe, denn dort herrscht keine Dunkelheit. Wer sehnt sich nicht nach diesem herrlichen, begehrenswerten Land, in dem es keine Trennungen, keine zerrütteten Familien, keine Alkoholiker, keine Drogensüchtigen, keine Gefängnisse, keine Krankenhäuser, keine Bettler, keine Blinden, Tauben, Stummen oder Lahmen gibt? Welch ein Land!
Haben Sie kein Heimweh nach dem Himmel?”

Weitere Beiträge zur gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation:

1. Die Zerstörung der Person – Dr. Georg Huntemann

2. Der Klassenkampf zwischen Mann und Frau – Dr. Georg Huntemann

3. Die sexuelle Revolution – Dr. Georg Huntemann

4. Aids – Strafe Gottes für eine lustverfallene Gesellschaft? – Dr. Georg Huntemann

5. Der Kampf um die Familie – Dr. A. Häussler

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Zeitgeist u. d. Evangelikalen (Schaeffer)

Francis A. Schaeffer 

DER ZEITGEIST UND DIE EVANGELIKALEN

Inhaltsverzeichnis

Worauf kommt es wirklich an?
Die Wasserscheide der evangelikalen Welt

Das Ausleben der Wahrheit

Erscheinungsformen des Zeitgeistes

Die feministische Subversion

Die große Anpassung

Das Kennzeichen des Christen
Francis A. Schaeffer
ein moderner Apologet

  –  Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch von F.A. Schaeffer: DIE GROSSE ANPASSUNG.   Bearbeitet von Horst Koch, Herborn, im September 2006  –

 

Vorwort

Wenn Sie nun mit der Lektüre dieses Buches beginnen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich in einer Art Dilemma befinde und dies nun schon seit einigen Jahren. Lassen Sie mich das erklären: Während der letzten zwanzig Jahre habe ich dreiundzwanzig Bücher geschrieben. Meine frühen Bücher behandeln hauptsächlich intellektuelle Fragen der Philosophie und Inhalte des kulturellen Bereiches. Ferner schrieb ich Bücher über das geistliche Leben und die Kirche. In der letzten Zeit beschäftigten sich meine Bücher besonders mit dringenden Fragen zu Staat, Gesetz und staatlicher Gewalt.

Durch meine gesamten Werke zieht sich wie ein roter Faden das allen gemeinsame Thema »Die Herrschaft Jesu Christi in der Gesamtheit des Lebens«. Wenn Christus wirklich der Herr ist, dann muß er Herr in allen Lebensbereichen sein in geistlichen Angelegenheiten, das versteht sich von selbst, aber in genau demselben Maße auch im gesamten Spektrum des Lebens, einschließlich der intellektuellen Fragen und den Gebieten der Kultur, der Gesetzgebung und der staatlichen Gewalt.

Dieses ist ein Buch, das sich zu bedenklichen Fragen unserer Zeit äußert. Es ist aus der kritischen Situation heraus entstanden, in der wir uns heute befinden.

Die Anmerkungen am Ende dieses Buches sollten berücksichtigt werden, da sie Aufschluß darüber geben, in welchen meiner übrigen Bücher viele dieser Themen und Gedanken detaillierter behandelt werden. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass meine Broschüre Das Kennzeichen des Christen der vorliegenden Ausgabe beigefügt wurde. Lesen Sie auch die darin aufgeführten Prinzipien, die besonders in den vor uns liegenden schwierigen Zeiten von Bedeutung sein werden.

Abschließend möchte ich erklären, dass die Aussage, die ich in diesem Buch mache, möglicherweise die wichtigste Aussage ist, die ich je niedergeschrieben habe. Sie betrifft das, was ich »die evan­gelikale Katastrophe« nenne.

Francis A. Schaeffer, im Februar 1984

 

I. WORAUF KOMMT ES WIRKLICH AN ?

Die Zeitschrift Time veröffentlichte kürzlich unter dem Titel »The Most Amazing 60 Years« (Die bemerkenswertesten 60 Jahre) eine Sonderausgabe anläßlich ihres sechzigjährigen Bestehens. Indem diese Sonderausgabe die Welt in Erinnerung ruft, in der die Zeitschrift Time entstand, beginnt sie mit folgenden Worten: »The atom was unsplit. So were Most marrlages.« (Das Atom war ungespalten. Ebenso die meisten Ehen.)
Hier werden zwei Geschehnisse unseres Zeitalters in den richtigen Zusammenhang gebracht ‑ das eine, die wissenschaftlich technologische Explosion; das zweite, ein moralischer Zusammenbruch. Diese beiden Dinge haben sich nicht zufälligerweise gleichzeitig ereignet. Es gibt vielmehr etwas, das sich hinter beiden Phänomenen verbirgt. Indem Time dies erkannt hat, bewies es ein erstaunliches Verständnis unserer Zeit.

Das Streben nach Autonomie

In den vergangenen sechzig Jahren hat sich etwas geändert ‑ etwas, das die moralische Grundfeste, auf der unsere Kultur basiert, zerstört hat. In jeden Bereich der Kultur sind verheerende Ereignisse eingebrochen, sei es nun im Bereich der Gesetzgebung oder der staatlichen Gewalt, in den Schulen, in unserem Gemeinwesen oder in der Familie. Und diese Dinge haben sich zu Lebzeiten vieler meiner Leser abgespielt. Mit unserer Kultur und unseren Wertvorstellungen wurde Raubbau getrieben, und sie gingen verloren; sie wurden in großem Maße verworfen. Dies einen morali­schen Zusammenbruch zu nennen ist noch gelinde ausgedrückt. Die Moral selbst wurde auf den Kopf gestellt, indem jede Form moralischer Perversion von den Medien und der Unterhaltungsindustrie anerkannt und verherrlicht wurde.

Wie können wir uns erklären, was geschehen ist? Der Hauptartikel der Time‑Sonderausgabe bietet eine Erklärung. Die Betrachtung unter dem Titel »What really mattered?« (Was spielte wirklich eine Rolle?) schlägt vor: »Um entscheiden zu können, was sich in diesem Wirrwarr (von Ereignissen) wirklich abspielte, muß man wohl einen Sinn für das haben, was sich hinter den jeweiligen Ereignissen verbirgt.« Es ist laut Time notwendig zu entdecken, »welche Auffassung für unser Zeitalter charakteristisch ist«.

Hier hat Timevollkommen recht. Um wirklich einen Sinn in dem zu finden, was in den vergangenen sechzig Jahren geschehen ist, um auch die Gegenwart verstehen zu können und zu wissen, wie wir als Christen heute leben sollten, müssen wir unbedingt erkennen, welche Auffassung unser Zeitalter kennzeichnet ‑ wir könnten dies auch den Zeitgeist nennen, der unsere Kultur seit 1920 in so radikaler Weise verändert hat. Diese Vorstellung, dieser Zeitgeist, so Time, ist der Gedanke der »Freiheit« gewesen ‑ nicht bloß Freiheit als ein abstraktes Ideal oder Freiheit im Sinne einer Befreiung aus der Ungerechtigkeit, sondern Freiheit im absoluten Sinne:

»Die fundamentale Idee, für die Amerika geradezu repräsenta­tiv war, entsprach den Wertvorstellungen der Zeit. Amerika war nicht einfach ein freies Land; es war vielmehr befreit, entfesselt. Dabei hatte man die Vorstellung von etwas, das zuvor in Schach gehalten wurde ‑ die explosive Kraft eines Landes, die sich in planlosen Energiepartikeln umherbewegte und dennoch gleichzeitig an Macht und Erfolg zunahm. Frei zu sein bedeutete, modern zu sein; modern zu sein bedeutete, seine Chancen wahrzunehmen. Das »Amerikanische Jahrhundert« sollte das Jahrhundert der Befreiung, des Ausbrechens aus dem 19. Jahrhundert sein (mit Leitbildern wie Freud, Proust, Ein­stein und anderen) und schließlich zu einer Befreiung von jeglichem Zwang führen.«

Im Verlaufe der weiteren Betrachtungen bemerkt Time: »Hinter den meisten dieser Ereignisse verbarg sich die Annahme, ja fast ein moralischer Imperativ, dass alles Unfreie frei sein sollte, dass Begrenzungen schon in sich unheilvoll seien« und dass sich die Wissenschaft im Geiste einer »selbstsicheren Autonomie« unbegrenzt fortentwickeln sollte. Aber, wie Time schlußfolgert, »wenn Menschen oder Ansichten entfesselt werden, dann sind sie zwar befreit, aber noch nicht wirklich frei«. (Time, Oktober 1983).

Ordnung und Freiheit

Hier ist das wahre Problem der zwanziger bis achtziger Jahre beim Namen genannt worden. Es liegt in dem Versuch, absolute Freiheit haben zu wollen ‑vollkommen unabhängig von allen wesentlichen Begrenzungen zu sein. Es besteht in dem Versuch, alles von sich abzuschütteln, was die eigene, persönliche Autonomie einschränkt. Aber ganz besonders stellt dies eine direkte und bewußte Rebellion gegen Gott und seine Gesetze dar.

In diesem Essay hat Time das deutlich gemacht, was wirklich von zentraler Bedeutung ist, nämlich das Problem von Ordnung und Freiheit. Dies ist ein Problem, mit dem jede Kultur seit dem Beginn der Menschheitsgeschichte konfrontiert wurde. Das Problem stellt sich so dar: Wenn es keine Ausgewogenheit zwischen Ordnung und Freiheit gibt, dann wird sich die Gesellschaft zu dem einen oder anderen Extrem hinbewegen. Freiheit ohne ein angemessenes Gleichgewicht von Ordnung wird zum Chaos und dem totalen Zusammenbruch der Gesellschaft führen. Ordnung ohne ein angemessenes Gleichgewicht an Freiheit wird unausweichlich zu einem autoritären Regierungssystem und zur Zerstörung der individuellen und gesellschaftlichen Freiheit führen.

Und merken Sie sich bitte noch eins: keine Gesellschaft kann in einem Zustand des Chaos existieren. Und jedesmal, wenn das Chaos auch nur für kurze Zeit herrschte, resultierte daraus die Geburt einer tyrannischen Kontrollmacht.

Wir haben in unserem Land enorme menschliche Freiheiten ge­nießen können. Aber gleichzeitig gründete sich diese Freiheit auf solche Formen der Regierung, Gesetzgebung, Kultur und gesellschaftlichen Moral, die dem individuellen und gesellschaftlichen Leben Stabilität verliehen und die dafür sorgten, dass unsere Freiheiten nicht in ein Chaos führten.

Zwischen Ordnung und Freiheit herrscht ein Gleichgewicht, das wir als das Selbstverständlichste von der Welt ansehen. Dabei ist es überhaupt nicht selbstverständlich. Und wir sind äußerst töricht, wenn wir nicht erkennen, dass sich dieses einzigartige Gleichgewicht, das ein Erbe der reformatorischen Denkweise ist, in einer gefallenen Welt keineswegs selbst ergibt. Dies wird klar, wenn wir uns den langen Zeitraum der Geschichte ansehen. Aber genauso klar wird es, wenn wir in der Tageszeitung lesen, dass die halbe Welt totalitär unterdrückt wird.

Die Reformation brachte nicht nur eine klare Verkündigung des Evangeliums hervor, sondern sie formte auch die Gesellschaft als Ganzes ‑ einschließlich der staatlichen Gewalt, der Weltanschauung des Menschen und dem gesamten Spektrum der Kultur. In Nordeuropa und in den Ländern wie den Vereinigten Staaten, die im Grunde genommen nichts anderes als eine Erweiterung von Nordeuropa sind, brachte die Reformation ein enormes Anwachsen der Bibelkenntnis mit sich, das sich durch alle Gesellschaftsschichten zog. Hiermit möchte ich allerdings nicht sagen, dass die Reformation jemals ein »goldenes Zeitalter« gewesen wäre oder dass Jedermann in den reformierten Ländern ein wirklicher Christ war. Aber es steht fest, dass durch die Reformation viele Menschen zu Christus geführt wurden und dass die absoluten Maßstäbe der Bibel eine weite Verbreitung in der gesamten Kultur erfuhren. Die Freiheiten, die daraus erwuchsen, waren gewaltig, und dennoch führten sie nicht zum Chaos, da die Ordnung fest im biblischen Konsens oder Ethos verankert war.

Aber in den vergangenen sechzig Jahren ist etwas Entscheidendes geschehen. Die Freiheit, die sich einst auf den biblischen Konsens und eine christliche Gesinnung gründete, ist zu einer autonomen Freiheit geworden, die sich aller Zwänge entledigt hat. Hier haben wir den Zeitgeist unserer Tage ‑ der autonome Mensch, der sich selbst zum Gott erhebt und sich dabei aller Erkenntnis sowie der moralischen und geistlichen Wahrheit widersetzt, die von Gott gegeben wurde. Hier liegt auch der Grund dafür, warum in jedem Lebensbereich ein moralischer Zusammenbruch zu verzeichnen ist. Die gigantischen Freiheiten, die wir einst genießen konnten, sind von ihren christlichen Beschränkungen abgetrennt worden und entwickeln sich zu einer zerstörerischen Gewalt, die ins Chaos mündet. Wenn so etwas geschieht, dann gibt es wirklich nur wenige Alternativen.

Jegliche Moral wird relativ, die Gesetzgebung willkürlich, und die Gesellschaft bewegt sich ihrem Verfall entgegen. Im persönlichen wie im privaten Leben wird das Mitleid vom Eigennutz verdrängt. Wie ich schon in meinen früheren Büchern herausgearbeitet habe, wird ein manipulierendes, autoritäres Regierungssystem das Vakuum ausfüllen, das dann entsteht, wenn die Erinnerung an den christlichen Konsens, der uns innerhalb der biblischen Ordnung Freiheiten gewährte, immer mehr verblaßt. Hier spielen auch die Begriffe »rechts« oder »links« kaum eine Rolle. Sie sind nur zwei Straßen, die in dieselbe Sackgasse führen; die Ergebnisse sind gleich.
Eine Elite, und zwar ein autoritäres Regierungssystem, wird der Gesellschaft schrittweise eine Ordnung aufzwingen, so dass sie nicht im Chaos endet ‑ und die meisten Menschen werden dies akzeptieren.

Der Kampf, in dem wir uns befinden

Wir evangelikalen, bibelgläubigen Christen haben unsere Sache nicht gut gemacht, weil wir diese Zusammenhänge nicht durch­schaut haben. Der Zeitgeist unserer Tage strebt fortwährend vorwärts; er erhebt den Anspruch der Autonomie und zerstört auf seinem Weg alles, was uns lieb und teuer ist. Hätten wir uns vor sechzig Jahren vorstellen können, dass Millionen ungeborener Kinder in unseren westlichen Ländern getötet werden würden?
Oder dass wir keine Redefreiheit haben würden, wenn wir in den staatlichen Schulen von Gott und den biblischen Wahrheiten erzählen wollten? Oder dass jegliche Form sexueller Perversion von den Medien der Unterhaltungsindustrie gefördert werden würde? Oder dass Ehe, Kindererziehung und Familienleben angegriffen würden?

Traurigerweise müssen wir gestehen, dass nur sehr wenige Christen erkannt haben, in welchem Kampf wir uns befinden. Sehr wenige haben eine eindeutige und mutige Position gegen den Zeitgeist unserer Tage bezogen, der unsere Kultur und die christliche Gesinnung zerstört, die unserem Land einst seine Gestalt gaben.

Die Heilige Schrift macht aber klar, dass wir als bibelgläubige Christen in einen Kampf einbezogen sind, der kosmische Ausmaße hat. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod um den Geist und die Seele des Menschen, ein Kampf, der von Ewigkeitsbedeutung ist; ebenso ist dies auch ein Kampf auf Leben und Tod um das Leben auf dieser Erde.
Auf der einen Ebene handelt es sich um einen geistlichen Kampf, der in den himmlischen Regionen geführt wird. Der Brief von Paulus an die Epheser liefert uns die klassische Ausdrucksweise:

Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die Geister der Bosheit in der Himmelswelt (Epheser 6,12).

Glauben wir wirklich, dass wir uns in einem kosmischen Kampf befinden?
Glauben wir wirklich, dass es »Mächte der Finsternis« gibt, die unser Zeitalter beherrschen?
Glauben wir wirklich, wie der Apostel Johannes sagt, dass »die ganze Welt in der Macht des Bösen liegt« (1. Johannes 5,19)?

Wenn wir diese Dinge nicht glauben (und wir müssen feststellen, dass sich ein Großteil der evangelikalen Welt so verhält, als ob er diese Dinge nicht glauben würde), dann können wir sicherlich nicht erwarten, dass wir in diesem Kampf gute Aussichten auf Erfolg haben. Warum ist das christliche Ethos unserer Kultur so vergeudet worden? Warum haben wir so wenig Einfluß auf unsere heutige Welt? Liegt das nicht daran, dass wir den eigentlichen Kampf nicht ernst genommen haben?

Und wenn wir darin versagt haben, den Kampf ernst zu nehmen, dann haben wir sicherlich auch verfehlt, die Waffen zu ergreifen, die unser Herr für uns vorgesehen hat. Wie der Apostel Paulus schreibt:

Schließlich: Werdet stark im Herrn und in der Macht seiner Stärke! Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr gegen die Listen des Teufels bestehen könnt. … Deshalb ergreift die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag widerstehen könnt.
So steht nun, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit, angetan mit dem Brustpanzer der Gerechtigkeit und beschuht an den Füßen mit der Bereitschaft zur Verkündigung des Evangeliums des Friedens. Bei alledem ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen könnt. Nehmt auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort.
Mit allem Gebet und Flehen betet zu jeder Zeit im Geist, und wachet . . (Epheser 6,10.11.13‑18).

Beachten Sie, dass hier nichts von dem aufgeführt wird, was die Welt für gewöhnlich als Vorgehensweise akzeptiert; aber es gibt keine andere Möglichkeit, den geistlichen Kampf in den himmlischen Regionen zu führen. Wenn wir diese Waffen nicht ergreifen, dann haben wir auch keine Hoffnung auf einen Sieg.

Der eigentliche Kampf ist ein geistlicher Kampf in den himmlischen Regionen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Kampf, in dem wir uns befinden, sich im außerweltlichen Bereich oder außerhalb der Menschheitsgeschichte abspielt. Es ist ein wirklich geistlicher Kampf, aber er findet nichtsdestoweniger ebenso hier auf der Ebene in unserem eigenen Land statt, in unserem Gemeinwesen, an unseren Arbeitsplätzen, in den Schulen und sogar in unseren Häusern. Das Gegenüber des geistlichen Kampfes befindet sich in der sichtbaren Welt, in den Köpfen von Männern und Frauen und auf jedem Gebiet der menschlichen Kultur. Der himmlische Kampf wird im Bereich von Raum und Zeit auf der Bühne der Menschheitsgeschichte geführt. Aber wenn wir den Kampf auf der Bühne der Menschheitsgeschichte gewinnen wollen, dann müssen wir uns zunächst dem geistlichen Kampf mit den Waffen stellen, die die einzig effektiven sind. Dazu benötigen wir eine lebenslange Bindung an Christus, die sich auf die Wahrheit stützt, in der Gerechtigkeit lebt und im Evangelium begründet ist.

Interessanterweise stellt man fest, dass alle Waffen, die Paulus bis zu diesem Punkt aufzählt, Defensivwaffen sind. Die einzige von ihm erwähnte Offensivwaffe ist »das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort«. Während die anderen Waffen uns dazu dienen sollen, uns gegen die Angriffe Satans zu verteidigen, ist die Bibel diejenige Waffe, mit der wir uns zusammen mit unserem Herrn in die Offensive begeben können, um die geistlichen Feinde in ihrer Gottlosigkeit zu besiegen.

Aber wir müssen uns auf die Bibel als Gottes Wort berufen, und zwar in allem, was sie lehrt bezüglich der Errettung genauso wie in ihren Aussagen zur Geschichte, zur Wissenschaft und zur Moral. Wenn wir auf irgendeinem dieser Gebiete Kompromisse eingehen, wie das unglücklicherweise heute bei vielen geschieht, die sich evangelikal nennen, dann zerstören wir die Kraft des Wortes Gottes und liefern uns selbst in die Hände des Feindes. Schlußendlich benötigen wir ein Leben des Gebets: »Betet zu jeder Zeit im Geist«.

Auf dem Gebiet der menschlichen Geschichte ist dieser Kampf jedoch genauso wichtig. Auch hier herrscht ein fundamentaler Konflikt, der das irdische Gegenüber des himmlischen Kampfes darstellt. Dieser Konflikt nimmt zwei Formen an. Die erste hat damit zu tun, wie wir denken ‑ mit unseren Vorstellungen und mit unserer Weltanschauung.
Die zweite Form bezieht sich auf die Art, wie wir leben und handeln. Auf beiden Gebieten finden sich die bibelgläubigen Christen in einem Kampf mit der uns umgebenden Kultur unserer Tage wieder.

Die Weisheit der Welt

Der Kampf, der sich in der Welt der Gedanken abspielt, wird in den Briefen des Apostels Paulus aufs deutlichste dargestellt. Wir stellen fest, dass hier ein fundamentaler Konflikt zwischen der »Weisheit dieser Welt« und der »Weisheit Gottes« besteht. So schreibt Paulus:

Wo ist ein Weiser? Wo ein Schriftgelehrter? Wo ein Wortstreiter dieses Zeitalters? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? Denn weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, hat es Gott wohlgefallen, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten (l. Korinther 1,20‑21).

An dieser Stelle sollten wir zunächst einmal festhalten, dass Paulus hiermit nicht etwa sagen will, Wissen und Bildung hätten keinen Wert. Paulus selbst gehörte zu den Gebildetesten Menschen seiner Zeit. Paulus spricht statt dessen von der weltlichen Weisheit, die nichts von Gott und seiner Offenbarung wissen will. Diese Art der weltlichen Weisheit streicht Gott und seine Offenbarung aus ihrem Weltbild und endet dadurch in einer vollkommen verzerrten Auffassung der Wirklichkeit. Dies wird im ersten Kapitel des Briefes an die Römer klar ersichtlich, in dem Paulus schreibt.

»… weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden… Darum hat Gott sie dahingegeben in den Gelüsten ihrer Herzen in Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden, sie, welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben statt dem Schöpfer« (Römer 1,2125).

Wenn die Bibel von dieser Art menschlicher Torheit spricht, dann will sie damit nicht sagen, dass der Mensch nur auf religiösem Gebiet töricht ist. Hier wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass der Mensch eine innere Haltung eingenommen hat, die im intellektuellen Sinne töricht ist, und zwar nicht nur in Bezug auf das, was die Bibel sagt, sondern auch in Bezug auf die Ansicht über das Universum mit seiner Ordnung und über das menschliche Leben. Die Bibel sagt uns, wie der Mensch in diese Lage geriet: »weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten«; deshalb wurden ihr Urteilsvermögen, ihr Verstand, ja ihr Leben töricht. Dieser Abschnitt der Bibel bezieht sich auf die Ursünde, aber er handelt nicht von der Ursünde allein. Er spricht von jeder einzelnen Epoche, in der die Menschen die Wahrheit kannten und sich vorsätzlich davon abwandten.

Viele Epochen der Geschichte könnten auf diese Weise beschrieben werden. Vom biblischen Standpunkt aus gab es eine Zeit, in der die Menschen in Indien die Wahrheit kannten und sich davon abwandten, eine Zeit, in der die Vorfahren der Afrikaner die Wahrheit kannten und sich ebenfalls abwandten. Dies trifft auf alle wo auch immer lebenden Menschen zu, die die Wahrheit heutzutage nicht kennen.

Aber wenn wir uns jene Zeiten der Weltgeschichte vor Augen führen, in der die Menschen die Wahrheit kannten und sich abwandten, so müssen wir mit Nachdruck betonen, dass es in der gesamten Geschichte kein offenkundigeres Beispiel dafür gibt auch keins, das sich in einer so kurzen Zeitspanne entwickelt hat als das unserer eigenen Generation. Wir, die wir in Nordamerika leben, haben mit eigenen Augen gesehen, wie sich die Aussagen dieses Bibelverses mit furchtbarer Wirksamkeit in unserer Generation erfüllten. Menschen unserer Zeit kannten die Wahrheit und wandten sich dennoch ab ‑ sie verleugneten nicht nur die biblische Wahrheit, sondern wiesen auch den reichen Segen ab, den diese Wahrheit für jedes Gebiet der Kultur mit sich brachte ‑ einschließlich des früheren Gleichgewichts von Ordnung und Freiheit.


Eine nachchristliche Kultur

Nach der Abwendung von dem gottgegebenen Wissen ist der christliche Einfluß auf die gesamte Kultur verlorengegangen. In Europa, einschließlich England, dauerte dieser Prozeß viele Jahre ‑ in den Vereinigten Staaten nur wenige Jahrzehnte. In den USA konnten wir in der kurzen Zeitspanne von den zwanziger bis zu den sechziger Jahren beobachten, wie eine vollkommene Veränderung eintrat. Wir leben in einer nachchristlichen Welt, in der der christliche Glaube nicht mehr länger den Konsens bzw. das Ethos unserer Gesellschaft darstellt ‑ weder in Bezug auf die Anzahl der Christen noch hinsichtlich ihres Gewichts in der Kultur mit all ihren Auswirkungen.

Nehmen Sie dies nicht zu leicht! Für einen Menschen wie mich ist es eine furchtbare Sache, in die Vergangenheit zurückzuschauen und zu erkennen, wie mein Land und meine Kultur zu meinen eigenen Lebzeiten verfallen sind.
Es ist schrecklich, wenn man bedenkt, dass vor sechzig Jahren überall im Lande eigentlich jedermann, auch ein Nichtchrist, das Evangelium kannte. Es ist furchtbar zu wissen, dass unsere Kultur vor fünfzig bis sechzig Jahren auf dem christlichen Konsens basierte, während dies heute überhaupt nicht mehr der Fall ist. Noch einmal möchte ich mich auf Römer 1, 21‑22 beziehen:

» … weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden.« Vers 18 berichtet uns von dem Ergebnis der Abkehr und von der Rebellion gegen die Wahrheit, die sie doch kennen: »Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.«

Wir können die nachchristliche Welt unserer Generation nur aus einer einzigen Perspektive sehen: aus dem Verständnis heraus, dass unsere Kultur und unser Land es verdienen, unter dem Zorn Gottes zu stehen. Hier nützt es nichts zu sagen, dass die USA auf eine ganz bestimmte Weise »Gottes Land« sind. Damit kann die Kluft zwischen dem heutigen Konsens und dem bis vor sechzig Jahren herrschenden christlichen Konsens nicht überbrückt werden. Seit einigen wenigen Generationen haben die Menschen die Wahrheit der Bibel und alles, was diese Wahrheit hervorgebracht hat, zerstört.

Gedanken und Handlungen

Wir haben festgestellt, dass wir uns als bibelgläubige Christen in einem Kampf befinden, der sich in dem Bereich der Gedanken und Auffassungen abspielt. Aber es gibt eine direkte Parallele dazu im Bereich der Handlungen. Denken ist niemals neutral und abstrakt. Gedanken wirken sich auf unsere Lebensweise aus, sowohl in unserem persönlichen Leben als auch in der Kultur als Ganzes. Wir können uns noch einmal auf Römer 1 besinnen, um zu sehen, wie sich diese Gedanken und Auffassungen in Form von Handlungen ausdrücken:

Darum hat Gott sie dahingegeben in den Gelüsten ihrer Herzen in Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden…zu tun, was sich nicht geziemt: erfüllt mit aller Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht, Schlechtigkeit, voll von Neid, Mord, Streit, List, Tücke; Ohrenbläser, Verleumdet, Gottverhaßte, Gewalttäter, Hochmütige, Prahler, Erfinder böser Dinge, den Eltern Ungehorsame, Unverständige, Treulose, ohne natürliche Liebe, Unbarmherzige. Obwohl sie Gottes Rechtsforderung erkennen, dass, die solches tun, des Todes würdig sind, üben sie es nicht allein aus, sondern haben auch Wohlgefallen an denen, die es tun (Römer 1, 24; 28‑32).

Es gibt wohl kaum eine zutreffendere Beschreibung unserer eigenen, heutigen Kultur. Entschlossen nach autonomer Freiheit strebend ‑ dem Freisein von jeglicher Einschränkung, besonders von Gottes Wahrheit und Seinen moralischen Absoluten ‑, hat sich unsere Kultur auf den Kurs der Selbstzerstörung begeben.

Autonome Freiheiten! Wie die Stimmen unserer Zeit das herausschreien!
Ich muß die Freiheit haben, das Kind in meinem Leib zu töten.
Ich muß auch die Freiheit dazu haben, das neugeborene Kind zu töten, wenn ich der Meinung bin, dass das Leben des Mädchens oder des Jungen meinem Maßstab eines »guten Lebens« nicht entspricht.
Ich muß die Freiheit haben, meinem Mann oder meiner Frau untreu zu werden und meine Kinder im Stich zu lassen.
Ich muß die Freiheit haben, schamlose Handlungen mit Menschen meines eigenen Geschlechts zu begehen.

Sollte dies noch nicht ausreichen, darin möchte ich Sie eindringlich bitten, das zweite Kapitel von 2. Petrus zu lesen. Das gesamte Kapitel zeichnet ein genaues Bild unserer Kultur, wie es nicht deutlicher sein könnte ‑ bezüglich der Erkenntnis, die wir einmal besaßen, der Ablehnung der Wahrheit, der moralischen Entartung und bezüglich des Gerichts, das diejenigen erwartet, die die Wahrheit kannten und sich dennoch von ihr abwandten. So schließt Petrus sein Kapitel mit folgenden Worten:

»Denn sie führen stolze, nichtige Reden und locken mit fleischlichen Begierden durch Ausschweifungen diejenigen an, die kaum denen entflohen sind, die im Irrtum wandeln; sie versprechen ihnen Freiheit, während sie selbst Sklaven des Verderbens sind. Denn wenn sie den Befleckungen der Welt durch die Erkenntnis des Herrn und Retters Jesus Christus entflohen sind, aber wieder in diese verwickelt und überwältigt werden, so ist für sie das letzte schlimmer geworden als das erste. Denn es wäre ihnen besser, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als sich wieder abzuwenden von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot« (2. Petrus 2,18‑21).

Irren Sie sich nicht. Wir stehen als bibelgläubige Christen in einem Kampf. Dies ist keine freundschaftliche Diskussion eines Mannes von Bildung. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod zwischen den geistlichen Mächten der Bosheit und denen, die den Namen Jesu Christi geltend machen. Dieser Konflikt spielt sich auf der Gedankenebene ab, und zwar zwischen zwei fundamental entgegengesetzten Ansichten über die Wahrheit und die Realität.
Es ist aber ebenso ein Konflikt auf der Ebene der Handlungen, der sich zwischen einer vollständigen moralischen Perversion, dem Chaos, und Gottes absoluten Maßstäben abspielt.

Aber glauben wir wirklich daran, dass wir uns in einem Kampf auf Leben und Tod befinden? Glauben wir wirklich, dass unsere Rolle in diesem Kampf einen entscheidenden Einfluß darauf hat, ob Männer und Frauen die Ewigkeit in der Hölle verbringen werden oder nicht? Oder ob die Menschen in ihrem irdischen Leben ein sinnvolles oder ein sinnloses Leben führen? Oder ob die Menschen in einem Klima der moralischen Perversion und Degeneration leben werden? Traurigerweise müssen wir feststellen, dass sich nur einige wenige Christen der evangelikalen Welt so verhalten haben, wie es der Wahrheit dieser Dinge entspricht. Es käme der Wahrheit viel näher, wenn wir, statt unsere Leistungen und wachsenden Mit­gliederzahlen hinauszuposaunen, gestehen würden, dass unsere Antwort auf die Zeitströmung einer Katastrophe gleichkommt.

Die Antithese der christlichen Wahrheit

Nachdem wir alles, was ich bis hierhin ausführte, noch einmal im Überblick gesehen haben, ist uns klar geworden, dass der Geist unseres Zeitalters in der autonomen Freiheit besteht ‑ in der Freiheit von allen Einschränkungen und besonders in der Rebellion gegen Gottes Wahrheit und seine absoluten moralischen Maßstäbe.
Wir haben ebenfalls gesehen, dass das Streben nach autonomer Freiheit in den letzten sechzig Jahren das christliche Ethos untergraben hat, das einst einen großen Einfluß auf die Gestaltung unserer Kultur ausübte.

Wie konnte dies geschehen?
In einem bestimmten Sinne können wir sagen, dass es auf die willentliche Rebellion gegen die Wahrheit Gottes und gegen die Offenbarung seines Wortes zurückzuführen ist. Aber in einem anderen Sinne sind diese Veränderungen die Auswirkung der intellektuellen und religiösen Geschichte unserer Kultur und der westlichen Welt. In mehreren meiner Bücher habe ich mich ausführlich mit dem Aufkommen des Humanismus in der westlichen Welt und mit den verheerenden Folgen beschäftigt, die der Humanismus mit sich brachte. Ich möchte Sie ermutigen, dies nachzulesen.
Hier möchte ich mich jedoch nur auf einen Aspekt beziehen ‑ d.h. auf den Einfluß der Aufklärung und ihre besondere Rolle in der Umwälzung, die in den letzten sechzig Jahren in unserem Land stattgefunden hat.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann das Gedankengut der Aufklärung einen bedeutenden Einfluß auf die amerikanische Christenheit auszuüben. An dieser Stelle wird es nun wichtig, die Ansichten der Aufklärung zu begreifen, denn sie haben die Religion in Amerika bis auf den heutigen Tag beeinflußt.
Die Aufklärung war eine geistige Bewegung, die in der Mitte des 17. Jahr­hunderts entstand und ihre eindeutigste Ausprägung im Deutschland des 18. Jahrhunderts erfuhr. Ganz allgemein gesagt war sie eine intellektuelle Bewegung, die betonte, dass die menschliche Vernunft ausreiche und dass die Gültigkeit der traditionellen Autoritäten der Vergangenheit angezweifelt werden mußte. Es ist sehr informativ, wenn man sich einmal die exakte Definition der Aufklärung in The Oxford Dictionary of the Christian Church näher anschaut:

»Die Aufklärung verbindet den Widerstand gegen alle übernatürliche Religion und den Glauben an die allumfassende Fähigkeit der menschlichen Vernunft mit einem großen Verlangen, das Wohl aller Menschen in diesem Leben voranzutreiben. ( … ) Die meisten ihrer Vertreter ( … ) verwarfen das christliche Dogma und waren sowohl dem Katholizismus als auch der protestantischen Orthodoxie feindlich gesonnen, denn sie sahen diese beiden Richtungen als Mächte geistiger Blindheit an, die der Menschheit ihre rationalen Fähigkeiten raubten. ( … ) Ihr fundamentaler Glaube an das Gute im Menschen machte die Vertreter der Aufklärung blind für die Tatsache der Sünde und brachte einen unbekümmerten Optimismus und einen absoluten Glauben an die menschliche Gesellschaft mit sich, wenn erst einmal die Prinzipien eines aufgeklärten Verstandes erkannt werden würden. Der Geist der Aufklärung drang tief in den deutschen Protestantismus (des 19. Jahrhunderts) ein, zersetzte den Glauben an die Autorität der Bibel und förderte auf der einen Seite die Bibelkritik und auf der anderen Seite einen emotionalen Pietismus«.

Dies kann in wenigen Worten zusammengefaßt werden: die zentralen Gedanken der Aufklärung stehen in totalem Widerspruch zur christlichen Wahrheit. Aber mehr noch, sie greifen Gott selbst und sein Wesen an.

Eben diese Gedanken waren es, die im ausgehenden 19. Jahrhundert die Christenheit radikal zu verändern begannen. Der Umschwung setzte insbesondere mit der Übernahme der »historisch-kritischen« Methoden ein, die in Deutschland entwickelt worden waren. Indem die neuen liberalen Theologen diese Methoden anwandten, untergruben sie vollkommen die Autorität der Bibel. Wir können für jene dankbar sein, die sich energisch gegen die neuen Methoden aussprachen und die vollständige Inspiration und die Unfehlbarkeit der Schrift verteidigten. Hier sei besonders an die großen Theologen der Princeton Universität erinnert: A. A. Hodge, B. B. Warfield und später J. Gresham Machen. Aber trotz der Bemühungen dieser Männer und Dutzender anderer bibelgläubiger christlicher Leiter und trotz der Tatsache, dass die große Mehrheit der Laienchristen wahrhaft bibelgläubig war, übernahmen diejenigen, die die liberalen Gedanken der Aufklärung und die destruktiven Methoden vertraten, innerhalb der Denominationen Macht und Kontrolle. In den dreißiger Jahren hatte sich der Liberalismus in den meisten Denominationen verbreitet, und die Schlacht war fast verloren.

Der Wendepunkt

Dann geschah etwas in der Mitte der dreißiger Jahre, von dem ich behaupten möchte, dass es den Wendepunkt unseres Jahrhunderts im Hinblick auf den Zusammenbruch unserer amerikanischen Kultur darstellt. Im Jahre 1936 hatten die Liberalen eine solche Macht über die Northern Presbyterian Church erlangt, dass sie in der Lage waren, Dr. J. Gresham Machen seines geistlichen Amtes zu entheben. Wie ich schon erwähnte, war Dr. Machen ein hervorragender Verteidiger des bibeltreuen christlichen Glaubens, wie man z. B. auch aus seinem Buch Christianity and Liberalism ersehen kann, das 1924 veröffentlicht wurde.
Dr. Machens Amtsenthebung und die darauf folgende Spaltung der Northern Presbyterian Church machte fast landesweit Schlagzeilen in der säkularen Presse und in den Medien. (Ich möchte nur anmerken, dass es so etwas heute nicht mehr gibt. In den dreißiger Jahren wurden religiöse Ereignisse noch als so wichtig erachtet, dass sie auf der Titelseite der Zeitungen erschienen.) Wenn dies auch von Seiten der Herausgeber in weiser Voraussicht geplant war, so machte es dennoch nicht nur aus Gründen der Publikumswirksamkeit Schlagzeilen; vielmehr war dieses Ereignis zu Recht Thema Nummer eins; denn es gab das volle Ausmaß der Umwälzung an, die in der protestantischen Kirche von 1900 bis 1936 stattfand.
Eben diese Umwälzung legte die Grundlage für die kulturellen, sozialen, moralischen, gesetzlichen und staatlichen Veränderungen, die bis in unsere Gegenwart hineinreichen. Ohne diese Strömung in den Denominationen hätten die Veränderungen der letzten fünfzig Jahre in unserer Gesellschaft meiner Überzeugung nach doch sehr andersartige Ergebnisse hervorgebracht, als wir sie jetzt haben. Als sich die Reformationskirchen in ihrer Ansicht änderten, wurde der Konsens der Reformation untergraben

Selbst wenn wir uns nur für Soziologie interessieren, ist es wichtig, diese Veränderung in den Kirchen und die daraus resultierende kulturelle Umwälzung hin zum nachchristlichen Konsens zu sehen, wenn wir wirklich begreifen wollen, was heute in den USA geschieht.
Interessanterweise kann man feststellen, dass zwischen der Einstehung der historischkritischen Methode mit ihrer allgemeinen Akzeptanz in Deutschland und dem Zerfall der deutschen Kultur bis hin zum Aufkommen des Totalitarismus unter Hitler eine Zeitspanne von ca. 80 Jahren lag.

Der neue Konsens

Haben Sie jetzt begriffen, worum es in diesem Krieg der Kultur und der Gedankenwelt geht? In den vergangenen sechzig Jahren hat sich der Konsens, auf dem unsere Kultur begründet war, weit von seinem hauptsächlich christlichen Ursprung fortbewegt (hier müssen wir allerdings sofort hinzufügen, dass dieser alte Konsens weit davon entfernt war, perfekt zu sein). Er hat sich zu einem Konsens gewandelt, der aus der Aufklärung erwächst, d. h. zu einem Konsens, der in jedem Punkt in vollkommenem Gegensatz zur christlichen Wahrheit steht einschließlich der Verneinung des Übernatürlichen , durchdrungen vom Glauben an die allumfassende Fähigkeit der menschlichen Vernunft, der Zurückweisung des Sündenfalls, der Verneinung der Göttlichkeit Jesu Christi und seiner Auferstehung, dem Glauben an die Fähigkeit des Menschen, sich selber zu vervollkommnen, dem Willen, die Botschaft der Bibel zu zersetzen. Damit ging auch ein fast vollständiger Zusammenbruch der Moral einher.

Anpassung

An dieser Stelle müssen wir uns als Evangelikale fragen, wo wir uns in dem Kampf für die Wahrheit und die Ethik in unserer Kultur befunden haben. Haben wir als Evangelikale an der Front für den Glauben gekämpft und uns während der letzten 40 bis 60 Jahre dem Zusammenbruch der Moral entgegengestellt?

Damit wir uns recht verstehen: sich dem Zeitgeist unserer Welt anzupassen bedeutet nicht weniger als die gröbste Form von Weltlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes. Und wenn wir diese wahre Bedeutung von Weltlichkeit anwenden, dann müssen wir unter Tränen feststellen, dass die Evangelikalen abgesehen von wenigen Ausnahmen weltlich sind und nicht treu zu dem lebendigen Christus stehen.

Worauf kommt es wirklich an?

Zum Schluß dieses Kapitels möchte ich gerne eine letzte Frage stellen: »Worauf kommt es wirklich an?« Was ist es, das für unser Leben so wichtig ist? Unserem Herrn Jesus wurde eben diese Frage gestellt, und er antwortete:

»Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen­ Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dies ist das erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten« (Matthäus 22, 3740).

Wir müssen zuerst anerkennen, dass Christus, wenn er unser Erlöser ist, auch Herr in allen Lebensbereichen ist. Er ist unser Herr nicht nur in religiösen Dingen oder in kulturellen Bereichen wie den bildenden Künsten und der Musik, sondern auch Herr unseres intellektuellen Lebens, unseres Geschäftslebens, unserer Beziehung zur Gesellschaft und unserer Haltung zum moralischen Zusammenbruch unserer Kultur. Wenn wir die Herrschaft Jesu Christi anerkennen und uns der gesamten Lehre der Bibel unterstellen, dann schließt das auch ein, dass wir uns unserer Regierung und ihrer Gesetzgebung gegenüber so verhalten, wie es sich für Bürger gehört.
 Christus die Herrschaft über unser Leben zu geben bedeutet, dass wir uns ganz direkt und praktisch gegen den Zeitgeist stellen, der unsere Welt regiert, der sich fortwährend ausbreitet und den Anspruch erhebt, autonom zu sein, indem er auf seinem Weg alles zerstört, was uns lieb und teuer ist.

Wenn wir unseren Herrn wirklich lieben, wenn wir unseren Nächsten wirklich lieben, dann wird uns das Mitleid mit der heutigen Menschheit das Herz brechen. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um Menschen zu helfen, dass sie die Wahrheit des christlichen Glaubens erkennen und Christus als ihren Retter annehmen. Und wir dürfen es nicht zulassen, dass die Bibel durch irgendwelche Kompromisse in ihrer Autorität geschwächt wird, wie subtil die Menschen dabei auch immer vorgehen mögen.

Es ist Gottes lebensverändernde Kraft, die jedes Individuum berühren kann, das dann wiederum die Verantwortung hat, seine Umgebung mit den absoluten Aussagen der Bibel in Berührung zu bringen. Letzten Endes müssen wir erkennen, dass der Zeitgeist unserer Tage mit all seinem Verlust an Wahrheit und Schönheit, an Mitleid und Menschlichkeit nicht bloß eine kulturelle Krankheit ist. Es ist vielmehr eine geistliche Krankheit, die nur durch die in der Bibel geoffenbarte Wahrheit und durch Christus allein geheilt werden kann.

II. DIE WASSERSCHEIDE DER EVANGELIKALEN WELT

Die Kennzeichnung der Wasserscheide

Eine Wasserscheide

Nicht weit von unserem Wohnort in der Schweiz erhebt sich eine Gebirgskette mit einem Tal auf beiden Seiten. Einmal war ich dort, als die gesamte Gebirgskette mit Schnee bedeckt war. Die Schneedecke war völlig geschlossen, sie schien eine Einheit zu sein. Diese Einheit war jedoch eine Illusion, denn sie verlief entlang einer eindeutigen Trennwand; sie befand sich auf beiden Seiten einer »Wasserscheide«. Bei der Schneeschmelze würde der eine Teil des Schneewassers in das eine Tal fließen, der direkt daneben befindliche andere Teil des Schnees würde bei seiner Schmelze in das andere Tal fließen.

Nun verhält es sich bei dieser besagten Gebirgskette so, dass der Schnee, der bei der Schmelze auf der einen Seite des Gebirges hinunterfließt, in ein Tal gelangt und sich in ein kleines Flüßchen ergießt, das wiederum in den Rhein mündet. Der Rhein fließt durch Deutschland und mündet in die kalten Gewässer der Nordsee. Das andere Schneewasser, das direkt an der Wasserscheide des Gebirgskamms auf der anderen Seite hinunterläuft, ergießt sich in einem Sturzbach über die nackten Felsen in das Rhonetal. Dieses Wasser fließt in den Genfer See und gelangt an dessen Ende in die Rhone, die durch Frankreich fließt und in das warme Wasser des Mittelmeers mündet. Der Schnee liegt wie eine geschlossene Decke über dieser Wasserscheide, anscheinend eine Einheit. Aber wenn er schmilzt, liegen die Ziele des Schmelzwassers buchstäb­lich Tausende von Kilometern voneinander entfernt. Das ist eine Wasserscheide. Das ist es, was eine Wasserscheide ausmacht. Eine Wasserscheide trennt. Man kann eine klare Trennungslinie zwischen dem ziehen, was zunächst ein und dasselbe oder doch zumindest sehr ähnlich zu sein schien, was aber in Wirklichkeit auf völlig verschiedene Situationen hinausläuft. In einer Wasserscheide liegt eine Grenzlinie.

Ein gespaltenes Haus

Was hat dieses Bild mit unserer heutigen evangelikalen Welt zu tun? Ich meine, dass es eine sehr genaue Beschreibung dessen ist, was heute passiert. Die Evangelikalen sehen sich in unseren Tagen einer Wasserscheide gegenüber, die die Natur der biblischen Inspiration und Autorität betrifft. In dieser Sache liegt eine ebensolche Wasserscheide vor wie in dem von mir beschriebenen Beispiel. Innerhalb der evangelikalen Welt gibt es eine Anzahl von Menschen, die ihre Ansichten über die Unfehlbarkeit der Bibel abändern, so dass die unumschränkte Autorität der Bibel vollständig untergraben wird. Aber dies geschieht in einer sehr spitzfindigen Art und Weise. Wie der Schnee, der Seite an Seite auf der Gebirgskette liegt, scheinen die neuen Ansichten über die Autorität der Bibel oft nicht so sehr weit von dem entfernt zu sein, was die Evangelikalen bis vor kurzem immer noch glaubten. Aber ebenso wie der Schnee, der Seite an Seite auf dem Gebirgskamm liegt, enden die neuen Ansichten schließlich, wenn man sie konsequent verfolgt, Tausende von Meilen von den alten entfernt.

Was auf den ersten Blick nur ein kleiner Unterschied zu sein scheint, wird zuletzt zu einem sehr bedeutenden Unterschied. Es macht, wie wir wohl erwarten werden, einen großen Unterschied ans, was die Theologie, die Lehre und die geistlichen Fragen angeht, aber es entscheidet auch grundsätzlich über die alltäglichen Dinge im Leben eines Christen und über die Art, wie wir uns als Christen unserer Umwelt gegenüber zu verhalten haben. Mit an­deren Worten: Wenn wir in Bezug auf die unumschränkte Autorität der Bibel einen Kompromiß eingehen, dann wird dies mit der Zeit einen Einfluß darauf haben, was es im theologischen Sinne heißt, ein Christ zu sein, und dieser Kompromiß wird auch Auswirkung darauf haben, wie wir in dein gesamten Spektrum des menschlichen Lebens unser Leben führen.

In einem gewissen Sinne ist das Problem der unumschränkten biblischen Autorität vor nicht allzu langer Zeit schon einmal aktuell gewesen. Bis vor ca. 200 Jahren glaubte eigentlich jeder Christ an die vollständige Unfehlbarkeit der Bibel dies wurde zwar mit anderen Worten ausgedrückt, der Inhalt aber war derselbe. Dies galt sowohl für die Zeit vor der Reformation als auch für die Zeit danach. Das Problem der vorreformatorischen Kirche des Mittelalters lag nicht so sehr darin, dass sie nicht an der Unfehlbarkeit der Bibel festgehalten hätte, sondern vielmehr darin, dass sie den gesamten Umfang unbiblischer theologischer Ansichten und den Aberglauben innerhalb der Kirche anwachsen ließ. Diese Ansichten wurden dann gleichrangig neben die Bibel gestellt, ja sogar über sie erhoben, so dass die biblische Autorität und Lehre untergeordnet wurde. Daraus erwuchs ein Mißbrauch, der schließlich zur Reformation führte. Aber beachten Sie: das Problem lag nicht darin, dass die vorreformatorische Kirche nicht an die Unfehlbarkeit der Bibel geglaubt hätte; es lag vielmehr darin, dass sie die Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift nichtpraktizierte, weil sie die Bibel ihrer eigenen kirchlichen fehlbaren Lehre unterordnete.

Daher ist es auch wichtig zu beachten, dass bis vor kurzem erstens der Glaube an die Unfehlbarkeit der Bibel (auch wenn dies nicht bis zur letzten Konsequenz ausgelebt wurde) und zweitens der Anspruch, Christ zu sein, als zwei Dinge angesehen wurden, die notwendigerweise untrennbar zusammengehörten. Wenn man Christ war, dann glaubte man der vollständigen Zuverlässigkeit von Gottes geschriebenem Wort, der Bibel. Wenn man der Bibel nicht glaubte, dann beanspruchte man auch nicht, Christ zu sein. Bis noch vor 200 Jahren versuchte niemand zu sagen: »Ich bin ein Christ, aber gleichzeitig glaube ich, dass die Bibel voller Irrtümer steckt.« So unglaublich dies für die Christen in der Vergangenheit gewesen wäre, so unglaublich dies auch heute bibelgläubigen Christen erscheinen mag: genau das passiert heute in der evangelikalen Welt.

Dieses Problem, das vor ca. 200 Jahren begann, ist innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte bei den Evangelikalen in den Vordergrund getreten. Es ist ein Problem, das ich (und andere) Mitte der Sechzigerjahre öffentlich auszusprechen begann, in den siebziger Jahren wieder aufgriff und in den Ächtzigerjahren erneut anprangerte. Wir können dankbar für alle die sein, die eine deutliche Meinung dazu vertreten haben; wir müssen traurigerweise aber auch gestehen, dass das Problem immer noch besteht und sogar anwächst.. Die evangelikale Welt ist gespalten, tief gespalten. Und es wird weder hilfreich sein noch der Wahrheit dienen, wenn dies jemand leugnet. Es ist etwas, das sich nicht einfach in Luft auflösen wird, und man kann es auch nicht unter den Teppich kehren. Meine folgenden Ausführungen erwachsen aus dem Studium, dem Denken und Beten (oft unter Tränen) in Bezug auf dieses Problem, diese »Wasserscheide«, mit der ich mich im Laufe meines ganzen Lebens als Christ beschäftigt habe, besonders aber, seit ich meine Reden und Schriften während der letzten beiden Jahrzehnte darauf ausrichtete. Das Folgende stellt daher eine Neuformulierung meiner Ausführungen zu der weiteren Entwicklung dar und somit den Abschluß meiner Arbeiten auf diesem Gebiet.

Die Untergrabung der Grundlagen

Es gibt heute zwei Gründe dafür, warum man eine starke und kompromißlose Ansicht über die Bibel haben sollte. In erster Linie ist dies die einzige Möglichkeit, treu zu sein gegenüber dem, was die Bibel über sich selbst lehrt, gegenüber dein, was Christus über die Bibel lehrt und gegenüber dem, was die Kirche beständig durch die Jahrhunderte hindurch aufrechterhalten hat. Dies sollte in sich schon Grund genug sein. Aber heute gibt es einen zweiten Grund, warum wir uns an eine starke, kompromißlose Ansicht über die Bibel halten sollten. Vor uns liegen schwierige Zeiten für uns selbst und für unsere geistlichen und leiblichen Kinder. Ohne eine feste Meinung zur Bibel als Grundlage sind wir für die schwierigen Zeiten nicht gewappnet. Nur wenn die Bibel ohne Irrtum ist nicht nur, wenn sie über die Erlösung spricht, sondern auch dann, wenn sie über die Geschichte und den Kosmos berichtet , haben wir eine Basis für die Beantwortung von Fragen, die uns im Hinblick auf die Existenz des Universums mit seiner Ordnung und im Hinblick auf die Einzigartigkeit des Menschen gestellt werden. Ohne ein tragfähiges Fundament haben wir auch keinerlei absolute moralische Maßstäbe oder Heilsgewißheit, und die nächste Generation von Christen wird nichts haben, auf das sie sich stützen kann. Unseren geistlichen und leiblichen Kindern wird man einen Boden zurücklassen, den man ihnen unter den Füßen wegziehen kann. Sie werden keine Basis haben, auf die sie ihren Glauben und ihr Leben gründen können.

Der christliche Glaube stellt nicht mehr den Konsens für unsere Gesellschaft dar. Der christliche Glaube bestimmt auch nicht mehr den Konsens, auf dem die Rechtsprechung basiert. Hiermit möchte ich nicht sagen, dass wir jemals eine »christliche Nation« in dem Sinne waren, dass alle oder wenigstens die meisten unserer Einwohner Christen gewesen wären. Es gibt in der Vergangenheit kein goldenes Zeitalter, das wir idealisieren könnten sei es nun Amerika, die Reformation oder die frühe Kirche. Aber bis vor wenigen Jahrzehnten existierte wirklich etwas, das man zu Recht einen christlichen Konsens bzw. ein christliches Ethos nennen kann, die der westlichen Gesellschaft und den USA auf ganz unmißverständliche Weise eine spezifische Gestalt gaben. Nun ist dieser Konsens beinahe gänzlich geschwunden und die Freihei­ten, die er mit sich brachte, werden vor unseren Augen zerstört. Wir befinden uns in einer Zeit, in der der Humanismus seine natürlichen Schlußfolgerungen zieht, sei es in der Ethik, in den Wertmaßstäben oder in der Gesetzgebung. Alles, was die Gesellschaft heute besitzt, sind relativistische Werte, die auf statistischen Durchschnittsberechnungen basieren oder den willkürlichen Entscheidungen jener, die die rechtliche und politische Macht besitzen.


Freiheit mit Ordnung
oder Chaos

Die Reformation mit ihrer Betonung, dass die Bibel in allem, was sie lehrt, die Offenbarung Gottes darstellt, schuf der Gesellschaft eine Freiheit und auch eine Ordnung. Daher bestanden in den Reformatiotisländern Freiheiten (wie die Welt sie vorher noch nie gekannt hatte), ohne dass diese Freiheiten zu einem Chaos führten weil sowohl die Gesetze als auch die Ethik von einem Konsens umgeben waren, der auf der Lehre der Bibel beruhte. Diese Situation besteht nun nicht mehr, und wir können uns selbst und unseren geistlichen und leiblichen Kindern die heutige Gesellschaft nicht erklären, es sei denn, wir verstehen wirklich, was geschehen ist. Im Rückblick können wir sehen, dass nach 1930 der christliche Konsens in den USA zunehmend die Ansicht einer Minderheit darstellt und nicht mehr den gesellschaftlichen Konsens im Hinblick auf Moral oder Gesetzgebung ausmacht. Wir, die wir bibelgläubige Christen sind, stellen nicht länger den maßgebenden gesetzlichen und moralischen Standpunkt unserer Gesellschaft dar, und wir haben auch nicht mehr einen Einfluß auf die Formung eines Standpunktes.

Die primäre Betonung des biblischen Christentums liegt auf der Lehre, dass der unendlichpersönliche Gott die letzte Realität ist, dass er der Schöpfer all dessen ist, was existiert, und dass sich das Individuum dem heiligen Gott auf der Basis des vollendeten Werkes Christi frei nähern kann, und zwar allein auf dieser Basis.

Dem vollendeten Werk Christi braucht nichts mehr hinzugefügt werden, und dem vollendeten Werk Christi kann nichts mehr hinzugefügt werden. Wenn aber der christliche Glaube den Konsens ausmacht, wie dies in den Reformationsländern (und bis vor wenigen Jahren auch in den Vereinigten Staaten) der Fall war, dann bringt der christliche Glaube gleichzeitig auch viele sekundäre Segnungen mit sich. Eine dieser Segnungen bestand in den gigantischen Freiheiten, ohne dass diese Freiheiten in ein Chaos mündeten, denn die absoluten Maßstäbe der Bibel schaffen einen Konsens, innerhalb dessen Freiheit funktionieren kann. Aber sobald der christliche Konsens abgeschafft wird, wie dies heute geschieht, entwickeln sich dieselben Freiheiten, die der Reformation entsprungen sind, zu einer zerstörerischen Kraft, die zum Chaos in der Gesellschaft führt. Deshalb begegnet uns in unserer heutigen Gesellschaft überall der Zusammenbruch der Moral die vollständige Entwertung des menschlichen Lebens, ein totaler moralischer Relativismus und ein alles durchdringender Hedonismus.


Relativismus
oder Gottes absoluter Maßstab

Auf diesem Hintergrund stehen uns bibelgläubigen Christen oder unseren Kindern Zeiten bevor, die uns Entscheidungen abverlangen werden. Die ruhigen Zeiten der Evangelikalen gehören der Vergangenheit an, und nur ein fester Blick auf die Bibel wird es uns ermöglichen, dem alles durchdringenden Druck einer Kultur zu widerstehen, die sich auf den Relativismus und auf relativistisches Denken gründet. Wir sollten uns daran erinnern, dass es der feste Blick auf die absoluten Maßstäbe war, die der unendlichpersönliche Gott der ersten Kirche im Alten Testament gab, Maßstäbe, die sich auch in der Inkarnation des geoffenbarten Christus und in dem dann entstehenden Neuen Testament wiederfinden dass es eben dieser feste Blick auf die absoluten Maßstäbe war, der es der frühen Kirche ermöglichte, dem Druck des römischen Im­periums zu widerstehen. Ohne diese feste Bindung an Gottes absolute Maßstäbe hätte die frühe Kirche niemals treu bleiben können angesichts der ständigen Quälereien und Verfolgungen durch das Römische Reich. Unsere heutige Situation ist dem bemerkenswert ähnlich insofern, als unsere eigene gesetzliche, moralische und soziale Struktur auf einem zunehmend antichristlichen, verweltlichten Konsens basiert.

Aber was geschieht heute in der evangelikalen Welt? Finden wir in ihr die gleiche Bindung an Gottes absolute Maßstäbe, wie sie die frühe Kirche besaß? Traurigerweise müssen wir zugeben, dass diese Bindung nicht vorhanden ist. Obwohl die Zahl derer, die sich als Evangelikale bezeichnen, weltweit wie auch in den Vereinigten Staaten ansteigt, steht die evangelikale Welt nicht geschlossen für eitlen festen Standpunkt zur Bibel ein. An dieser Stelle muß aber gesagt werden: Wenn Evangelikale wirklich Evangelikale sein wollen, dann dürfen wir in unserer Bibelauffassung keinerlei Kompromisse eingehen. Es nützt überhaupt nichts, dass die Zahl der Evangelikalen immer mehr anzuwachsen scheint, wenn gleichzeitig nennenswerte Teile der evangelikalen Welt in Bezug auf die Bibel nachgiebig werden.

Mit traurigem Herzen müssen wir sagen, dass an einigen Orten Seminare, Institutionen und Persönlichkeiten, die als evangelikal bekannt sind, nicht mehr länger die ganze Bibel anerkennen. Die Streitfrage ist eindeutig. Ist die Bibel wahr und unfehlbar in ihren Aussagen, auch dann, wenn sie sich auf Geschichte und Naturwissenschaft bezieht, oder hat sie in gewissem Sinne nur da etwas zu sagen, wo es um religiöse Themen geht? Das ist die Streitfrage.


Die neue Neo
Orthodoxie

Es gibt nur einen Weg, jene zu beschreiben, die nicht länger die gesamte Bibel anerkennen. Obwohl sich viele von ihnen gerne immer noch evangelikal nennen möchten, besteht die einzig rich­tige Beschreibung darin, ihre Ansicht zur Bibel als eine Form der neoorthodoxen Theologie des Existentialismus zu bezeichnen. Der Kern der neoorthodoxen Theologie des Existentialismus besteht in der Auffassung, dass die Bibel uns eine Quelle liefert, aus der wir religiöse Erlebnisse schöpfen können, aber dass die Bibel da fehlerhaft ist, wo sie Gebiete berührt, die überprüfbar sind nämlich die Geschichte und die Wissenschaft. Unglücklicherweise müssen wir sagen, dass dieses Konzept in einigen Kreisen heute als »evangelikal« anerkannt wird. Mit anderen Worten: In diesen Kreisen wird die neo-orthodoxe Theologie des Existentialismus als »evangelikale«-Lehre verkündigt.

Die Streitfrage besteht darin, ob die Bibel eine lehrsatzmäßige Wahrheit bietet (das heißt Wahrheit, die in Form von Lehrsätzen aufgestellt werden kann), wenn sie Geschichte und Naturwissenschaft anspricht, und zwar auch bezüglich der gesamten Spanne bis hin zur vorabrahamitischen Zeit, bis hin zu dem ersten der elf GenesisKapitel; oder ob sie statt dessen nur bedeutungsvoll ist, wenn sie solche Dinge berührt, die zum religiösen Bereich gerechnet werden. T. H. Huxley, Biologe und Freund Darwins und Großvater von Aldous und Julian Huxley, schrieb im Jahr 1890, dass er den Tag nicht weit entfernt sehe, an dem der Glaube von allen Tatsachen getrennt würde, und zwar besonders von aller vorabrahamitischen Geschichte, und dass der Glaube dann triumphal in alle Ewigkeiten fortbestehen würde. Dies ist für das Jahr 1890 eine erstaunliche Aussage, denn sie wurde gemacht, bevor die Philosophie oder die Theologie des Existentialismus entstanden. Huxley sah in der Tat eine Entwicklung klar voraus. Ich bin sicher, dass er und seine Freunde dies als eine Art Witz ansahen, denn es war ihnen wohl klar, dass ein Glaube, der von den Tatsachen und speziell von der vorabrahamitischen Geschichte in Ort und Zeit abgetrennt wird, nur eine andere Form dessen ist, was wir heute einen »Trip« nennen.

Aber unglücklicherweise sind es nicht nur die erklärten neoorthodoxen Theologen des Existentialismus, die heute die Ansicht vertreten, die T. H. Huxley vorhersah, sondern auch solche, die sich evangelikal nennen. Dies kann von Seiten der Theologie kommen, indem gesagt wird, dass nicht die gesamte Bibel Offenbarung ist. Es kann aber auch von Seiten der Wissenschaft kommen, indem behauptet wird, dass die Bibel wenig oder gar nichts lehrt, wenn sie sich über den Kosmos äußert. Es kann aber auch von der kulturellen Seite kommen, indem gesagt wird, dass die moralische Lehre der Bibel lediglich Ausdruck der kulturell bestimmten und relativen Situation ist, in der die Bibel geschrieben wurde, und dass diese Lehre für unsere Zeit nicht mehr maßgeblich ist.

Martin Luther sagte: »Wenn ich auch mit der lautesten Stimme und klarsten Darlegung jedes Stück der Wahrheit Gottes bekenne mit Ausnahme genau jenes kleinen Punktes, den die Welt und der Teufel im Moment angreifen, dann bezeuge ich nicht Christus, wie lautstark auch immer ich mich zu ihm bekenne. Die Treue eines Soldaten beweist sich da, wo gerade der Kampf wütet. Außerhalb des Kampfes an der Front standhaft zu sein ist nichts anderes als Flucht und Schande, wenn man am entscheidenden Punkt zurückweicht.«

Das Festlegen einer Trennlinie

Dies ist heute eine Frage des Bibelverständnisses. Die Wasserscheide der evangelikalen Welt besteht da, wo man von der Bibel überzeugt ist oder nicht.

Zunächst muß unsere Betonung darauf liegen, dass wir liebevoll, aber eindeutig sagen: der Protestantismus ist so lange nicht konsequent evangelikal, bis eine Trennlinie gezogen wird zwischen denen, die die volle Autorität der Bibel anerkennen, und jenen, die dies nicht tun.

Oft wird vergessen, dass immer da, wo sich eine Wasserscheide befindet, auch eine Trennlinie beobachtet und genau festgelegt wer­den kann. Hätte man zum Beispiel in der Schweiz die Verantwortung dafür, die Strömungen des Wassers in elektrische Kraft umzuwandeln, dann müßte man mit großer Genauigkeit die Topographie des Landes untersuchen und markieren, wo diese Linie verläuft und wo das Wasser sich teilt und bergab fließt. Was bedeutet es in Bezug auf die Wasserscheide der evangelikalen Welt, eine solche Trennlinie zu ziehen? Es heißt nichts anderes, als liebevoll sichtbar zu machen, wo diese Linie verläuft, liebevoll zu zeigen, dass sich einige auf der anderen Seite der Linie befinden, und jedermann auf beiden Seiten der Linie klarzumachen, was dies für Konsequenzen mit sich bringt.

Indem wir sichtbar machen, wo diese Linie verläuft, müssen wir auch verstehen, was dabei wirklich geschieht. Mit der Verneinung der uneingeschränkten Autorität der Bibel hat sich ein bedeutender Teil des sogenannten Protestantismus von der allgemeinen Weltanschauung oder dem Standpunkt unserer Tage infiltrieren lassen. Diese Infiltration ist in Wirklichkeit eine Variante der Gedanken, die in den Kreisen der liberalen Theologie unter dem Namen der NeoOrthodoxie vorherrschend waren.

Eine innere Empfindung oder objektive Wahrheit?

Es ist wirklich erstaunlich, wie deutlich die liberale, neoorthodoxe Denkweise in der neuen, geschwächten Anschauung der evangelikalen Welt wiederzufinden ist. Ein Beispiel: Ich war vor einiger Zeit zusammen mit einem jungen liberalen Pastor in Milt Rosenbergs RadioShow »Extension 720« in Chicago (WGN). Mein junger Gesprächspartner hatte seinen Abschluß an einem sehr renommierten liberaltheologischen Seminar gemacht. Das Programm war in Form einer Diskussion unter drei Partnern zusammengestellt, als eine Diskussion zwischen mir, dem liberalen Pastor und Rosenberg, der sich selbst als nichtreligiös bezeichnet. Rosenberg ist ein geschickter Diskussionsleiter. Indem er Ein christliches Manifest und die Frage der Abtreibung zum Diskussionspunkt erhob, drang er immer tiefer in die Meinungsverschiedenheit zwischen dem Pastor und mir ein. Der junge liberale Pastor führte Karl Barth, Niebuhr und Tillich auf, und wir diskutierten darüber. In diesem Dreiergespräch wurde immer offensichtlicher, dass der junge liberale Pastor niemals auf die Bibel Bezug nehmen konnte, ohne Einschränkungen zu machen. Und dann sagte der junge liberale Pastor: »Aber ich berufe mich auf Jesus.« Ich antwortete ihm in dieser Sendung, dass er angesichts seiner Ansicht zur Bibel nicht wirklich sicher sein könnte, dass Jesus lebte. Er antwortete darauf, dass ihm ein inneres Gefühl, eine innere Empfindung sagen würde, dass Jesus wirklich gelebt habe.

Diesbezüglich hatte ich ein höchst interessantes Erlebnis. Einer der führenden Männer der abgeschwächten Bibelauffassung, der aber als evangelikal bezeichnet wird, war vor einigen Jahren in meinem Hause. Er liebt mit Sicherheit den Herrn. In einer langen, anstrengenden, aber erfreulichen Diskussion trieb ich ihn in die Enge mit der Frage, wie er denn sicher sein könne, dass Jesus Christus wirklich auferstanden ist. Er antwortete mit fast denselben Worten wie der junge liberale Pastor. Er sagte, dass er sich in Bezug auf die Auferstehung sicher sei, denn dies bezeuge ihm sein Inneres. Beide antworteten sie letztendlich auf dieselbe Art und Weise.

Was ich hervorheben möchte, ist, dass ein bedeutender und einflußreicher Teil der Protestanten von einer Ansicht durchsetzt ist, die einen direkten Bezug zu der Anschauung hat, welche in den liberal‑theologischen Kreisen unter dem Namen der Neo‑Orthodoxie vorherrschte. Es war für mich damals besonders merkwürdig, als ich diesen Trend vor einigen Jahren beobachtete, denn das »Gott‑ist‑tot«‑Syndrom von Niebuhr und Tillich hatte schon längst gezeigt, wo diese Entwicklung endet. Die Neo‑Orthodoxie führt in eine Sackgasse mit einem toten Gott, wie die Theologie der sechziger Jahre schon bewiesen hat. Ist es nicht merkwürdig, dass die Ansichten der Neo‑Orthodoxie gerade heute von einigen Evangelikalen wieder aufgegriffen werden, als ob wir genau diese Posi­tion vertreten müßten, um heutzutage »In« zu sein! Aber ebenso bezeichnend ist, dass sowohl der liberale Pastor als auch der Leiter, der sich selbst evangelikal nennt, obwohl er eine abgeschwächte Bibelauffassung vertritt, schließlich an derselben Stelle ankommen mit keiner anderen Rechtfertigung als der eines »Zeugnisses in ihrem Innern«. Sie besitzen keine letztgültige, objektive Autorität.

Dies zeigt deutlich, wie umfassend die Infiltration ist. Denn genauso, wie die neoorthodoxen Wurzeln nur eine theologische Entsprechung der allgegenwärtigen Weltanschauung und Methodologie des Existentialismus darstellen, ist das, was in evangelikalen Kreisen als neue Sicht der Bibel ausgelegt wird, ebenso eine Infiltration durch die allgemeine Weltanschauung und Methodologie des Existentialismus. Indem der Existentialismus die subjektive menschliche Erfahrung radikal betont, untergräbt er die objektive Seite aller Existenz. Für den Existentialisten ist der Gedanke, dass wir etwas wirklich Wahres wissen können, dass es so etwas wie sichere objektive Wahrheit und absolute moralische Maßstäbe gibt, eine Illusion. Alles, was uns bleibt, ist die subjektive Erfahrung, ohne letztgültige Basis für Recht oder Unrecht, für Wahrheit oder Schönheit. Diese existentialistische Weltanschauung beherrscht die Philosophie, einen Großteil der Kunst und der allgemeinen Kultur wie den Roman, die Dichtung und die Leinwand. Obwohl dies im Denken der akademischen und philosophischen Kreise offensichtlich wird, beherrscht es ebenso die populäre Kultur. Es ist nicht möglich, den Fernseher anzustellen, die Zeitung zu lesen oder eine Illustrierte durchzublättern, ohne von der Philosophie des moralischen Relativismus, der subjektiven Erfahrung und der Verneinung der objektiven Wahrheit bombardiert zu werden. In der neuen Sicht der Bibel unter den Evangelikalen finden wir dasselbe nämlich, dass die Bibel keine objektive Wahrheit darstellt; dass sie auf den Gebieten, die überprüfbar sind, Fehler enthält; dass sie da, wo sie die Geschichte und den Kosmos anspricht, nicht glaubwürdig ist; und dass sogar das, was sie zu Moral und Ethik lehrt, kulturell bedingt ist und nicht im absoluten Sinne akzeptiert werden kann. Dennoch betont diese neu abgeschwächte Sicht der Bibel, das irgendwie »ein religiöses Wort« durch die Bibel hindurchdringt was schließlich zu solchen Aussagen führt wie »man habe eine innere Empfindung«, ein »inneres Angesprochensein« oder »ein inneres Zeugnis«.

Eine zweigeteilte Bibel

Die beiden folgenden Zitate stellen eindeutige Beispiele für eine zweigeteilte Bibelauffassung dar. Sie stammen von zwei Männern, die in verschiedenen Erdteilen wohnen, die beide zur evangelikalen Welt gerechnet werden, aber die Auffassung vertreten, dass die Bibel im Bereich der Verstandeswelt Fehler enthält. Der erste Vertreter schreibt:

Es gibt heutzutage einige Menschen, die die Auffassung vertreten, dass die vollständige und wörtliche Inspiration der Bibel sich nicht nur für die Unfehlbarkeit im Hinblick auf ihre erklärte Absicht verbürgt, Gottes mächtige Erlösungstaten zu erzählen und zu interpretieren, sondern dass diese Inspiration auch ihre Unfehlbarkeit sicherstellt in Bezug auf jede kleinste beiläufige Erklärung oder jeden Gesichtspunkt zu solchen Dingen, die nichts mit göttlicher Offenbarung zu tun haben, wie Geologie, Meteorologie, Kosmologie, Botanik, Astronomie, Geographie etc. …

Mit anderen Worten: Die Bibel zerfällt in zwei Hälften. Für jemanden wie mich ist dies nichts Unbekanntes es ist mir sehr vertraut aus den Schriften von JeanPaul Sartre, Albert Camus, Martin Heidegger, Karl Jaspers und aus der Beobachtung Tausender moderner Menschen, die die existentialistische Methodologie übernommen haben. Dieses Zitat drückt dasselbe aus, was sie auch sagen würden; es zeigt ebenfalls, wie die existentialistische Methodologie auf die Bibel angewendet wird.

In einem ähnlichen Zitat schreibt ein evangelikaler Leiter, der in einem weit von den USA entfernten Land wohnt:

Problematischer ist meiner Einschätzung nach die von den Fundamentalisten vorgenommene Ausweitung des Prinzips der Widerspruchslosigkeit der Heiligen Schrift, indem sie die historischen, geographischen, statistischen und andere biblische Aussagen einbeziehen, die nicht in jedem Fall die Frage der Erlösung berühren und die zum menschlichen Element der Bibel zu zählen sind.

Beide dieser Aussagen tun dasselbe. Sie führen eine Dichotomie vor; sie vollziehen eine Trennung. Sie sagen, dass die Bibel Fehler enthält, dass wir uns aber dennoch an das Bedeutungssystem, das Wertesystem und die religiösen Aussagen der Bibel halten müssen. Dies also ist die Form, in der die existentialistische Methodologie in die evangelikalen Kreise eingedrungen ist. Letztendlich trennt sie die Wahrheit der Bibel von der objektiven Welt ab und ersetzt sie durch das subjektive Erlebnis eines »inneren Zeugnisses«. Dies erinnert uns besonders an den Ausdruck, den der säkulare existentialistische Philosoph Karl Jaspers geprägt hat, die »Grenzerfahrung«, und an jede beliebige Anzahl anderer Ausdrücke, die in irgendeiner Form jenes Konzept unterstützen, das von der letztgültigen Autorität des inneren Zeugnisses ausgeht. In der neoorthodoxen Form, in der säkularexistentialistischen Form und in der neuen evangelikalen Form ist die Wahrheit letztlich nur etwas Subjektives.

All dies steht in krassem Gegensatz zu der historischen Sicht, die von Christus selbst vertreten wurde, und zu der historischen Sicht, die innerhalb der christlichen Kirche in Bezug auf die Bibel vorherrschte, nämlich dass die Heilige Schrift objektive, absolute Wahrheit ist. Natürlich wissen wir alle, dass in unser persönliches Bibelstudium und in die kirchliche Bibelauslegung subjektive Elemente einfließen. Aber trotzdem ist die Bibel objektive, absolute Wahrheit auf allen Gebieten, die sie anspricht. Deshalb können wir auch wissen, dass Christus wirklich gelebt hat, dass Christus von den Toten auferstand und was sonst noch in der Bibel über ihn berichtet wird ‑ nicht aufgrund eines subjektiven inneren Erlebnisses, sondern weil die Bibel eine objektive, absolute Wahrheit darstellt. Nur so können wir das wissen. Hiermit möchte ich keineswegs jene Erfahrungen abwerten, die auf dieser objektiven Wahrheit beruhen, aber dies ist der Weg, wie wir es wirklich wissen können: auf der Grundlage dessen, dass die Bibel objektive, absolute Wahrheit ist.

Oder, um es anders zu formulieren: Die Kultur muß ständig aufgrund der Bibel beurteilt und nicht etwa die Bibel ständig der sie umgebenden Kultur unterworfen werden. Die frühe Kirche nahm die Bibel zum Maßstab, um damit die römischgriechische Kultur ihrer Tage zu beurteilen. Die Reformation tat dies zu ihrer Zeit in Bezug auf die Ende des Mittelalters auftretende Kultur. Und wir dürfen nicht vergessen, dass all die großen Erweckungsprediger dasselbe taten, als sie die Kultur ihrer Tage beurteilten. Die christliche Kirche tat dies in jeder ihrer großen Epochen in der Geschichte.

Die neue Hintertür

Um die Dinge noch weiter zu komplizieren, gibt es solche Menschen innerhalb des Protestantismus, die den Ausdruck »Unfehlbarkeit« recht gerne benutzen, aber bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass sie etwas ganz anderes darunter verstehen als das, was dieser Begriff in der Geschichte für die Kirche bedeutet hat. Das Problem wird deutlich, wenn man beobachtet, was mit der 1974 verfaßten Lausanner Erklärung zur Bibel geschah. Diese Erklärung lautet:

Wir bekräftigen die göttliche Inspiration, die gewissmachende Wahrheit und Autorität der alt- ­und neutestamentlichen Schriften in ihrer Gesamtheit als das einzige geschriebene Wort Got­tes. Es ist ohne Irrtum in allem, was es verkündigt, und ist der einzige unfehlbare Maßstab des Glaubens und Lebens.

Auf den ersten Blick scheint diese Erklärung mit fester Überzeugung die volle Autorität der Bibel zu stützen. Aber das Problem ist durch den Satzteil »in allem, was es verkündigt« entstanden. Viele benutzen ihn als »Hintertürchen«. Ich sollte wohl anmerken, dass dieser kurze Zusatz nicht Teil meines eigenen Beitrages zum Lausanner Kongreß war. Ich wußte nicht, dass dieser Satzteil in die Erklärung aufgenommen wurde, bis ich sie in gedruckter Form vor mir hatte, und ich war nicht ganz einverstanden damit. Trotzdem ist sie eine korrekte Erklärung, wenn man ehrlich mit ihren Worten umgeht. Wir möchten natürlich hiermit wiederum auch nicht sagen, dass die Bibel unfehlbar ist in Bezug auf Dinge, die sie nicht lehrt. Ein deutliches Beispiel liegt vor, wenn die Bibel sagt: »Der Tor spricht in seinem Herzen: >Es ist kein Gott!<« Hier lehrt die Bibel nicht, »es ist kein Gott«. Dies ist nicht etwas, was die Bibel behauptet, auch wenn sie eine solche Aussage wiedergibt. Darüber hinaus sagen wir auch nicht, dass die Bibel ohne Irrtum ist in Bezug auf alle die Auffassungen, die von Menschen auf dem Hintergrund der Bibel vertreten wurden. So ist die Aussage, wie sie in der Lausanner Erklärung erscheint, eine in sich vollkommen korrekte Aussage.

Als ich sie jedoch in gedruckter Form vor mir sah, wußte ich, dass sie mißbraucht werden würde. Unglücklicherweise ist die Aussage »in allem, was es verkündigt« von vielen als eine Hintertür benutzt worden. Auf welche Weise wurde sie zu einer Hintertür? Dies geschah durch die Anwendung der existentialistischen Methodologie, die besagt, dass die Bibel ein Wertesystem und gewisse religiöse Dinge zum Ausdruck bringt und bestätigt. Aber auf der Basis der existentialistischen Methodologie haben jene Männer und Frauen, auch wenn sie die Erklärung unterzeichnen, in ihrem Hinterkopf den Gedanken: »Aber die Bibel verkündigt nicht ohne Irrtum das, was sie auf dein Gebiet der Geschichte und des Kosmos lehrt.

Wegen der in einigen Teilen der evangelikalen Gemeinschaft weit verbreiteten Akzeptanz der existentialistischen Methodologie ist das Wort Unfehlbarkeit heute ohne Bedeutung, wenn man nicht einen Nachsatz hinzufügt, wie etwa: Die Bibel ist nicht mir dann unfehlbar, wenn sie von Werten, dem Bedeutungssystem und religiösen Dingen spricht, sondern auch dann, wenn sie von der Geschichte und dem Kosmos spricht. Man sollte besonders beachten, dass das Wort Unfehlbarkeit heute von Menschen gebraucht wird, die dies nicht auf die Gesamtheit der Bibel beziehen, sondern nur auf das Bedeutungssystem, das Wertesystem und einige religiöse Dinge, wobei jene Stellen ausgelassen werden, in denen die Bibel von Geschichte spricht und solche Aussagen macht, für die sich die Wissenschaft interessiert.

Trotz aller Fehler

Es ist nur wenige Monate her, dass ich auf ein klares Beispiel für dieses Denken aufmerksam gemacht wurde. Heutzutage erleben wir, dass dieselbe Bibelauffassung, die von den modernen liberalen Theologen vertreten wird, auch in solchen Seminaren gelehrt wird, die sich evangelikal nennen. Diese Auffassung folgt der existentialistischen Methodologie säkularer Denker, die der Meinung sind, dass die Bibel Fehler enthält, aber dass man ihr dennoch auf die eine oder andere Weise glauben muß. So erhielt ich z. B. kürzlich einen Brief von einem sehr fähigen Denker aus Großbritannien, in dem er Folgendes schrieb:

Es gibt heute viele Probleme, denen die Evangelikalen gegenüberstehen Probleme, bei denen die NeoOrthodoxie in Bezug auf das Schriftverständnis nicht gerade eine geringe Rolle spielt. Ich studiere seit einigen Tagen am Tyndale House (ein Studienzentrum in Cambridge, England). Einige Zimmer weiter arbeitet der sehr liebenswürdige Professor eines bekannten Seminars in Kalifornien, das sich evangelikal nennt. Dieser Professor bezeichnet sich selbst als einen »aufgeschlossenen Evangelikalen«. In einer theologischen Debatte hat er öffentlich erklärt, dass er der Bibel »trotz all ihrer Fehler« glaubt.

Dieser führende Christ in England, der mir den Brief schrieb, hat vollkommen recht, wenn er das eine Neo‑Orthodoxie unter evangelikalem Decknamen nennt. Ist es nicht seltsam, dass einige Evangelikale dies jetzt als etwas Progressives aufgegriffen haben, wo doch die Liberalen zu der Überzeugung kamen, dass die Neo-Orthodoxie zu der »Gott‑ist‑tot«‑Theologie führt? Und als es vor einigen Jahren klar wurde, dass dieses und andere Seminare nichts anderes als eine Form der Neo‑Orthodoxie in Bezug auf die Schrift vertreten, hat da die evangelikale Leiterschaft etwa unverzüglich eine Trennlinie gezogen? Tat die evangelikale Leiterschaft sich etwa unverzüglich zusammen, um die Heilige Schrift und den Glauben zu verteidigen? Leider müssen wir sagen, dass dies nicht der Fall war. Abgesehen von einigen einzelnen Stimmen herrschte ein großes, gewaltiges Schweigen.

Kulturelle Infiltration

Diejenigen, die die Aussagen der Bibel in Bezug auf Geschichte und Naturwissenschaften entkräften, tun dies mit der Begründung, dass diese Aussagen der Bibel kulturell geprägt sind. Das heißt, dass immer da, wo die Bibel von der Geschichte und dem Kosmos spricht, nur die Ansichten wiedergegeben werden, die in der Kultur jener Tage vorherrschend waren, als dieser Teil der Bibel geschrieben wurde. Wenn z. B. die Schöpfungsgeschichte und auch Paulus eindeutig behaupten, dass Eva von Adam abstammt, dann wird gesagt, dass diese Aussage nur der allgemeinen kulturellen Vorstellung jener Tage entspringe, in der diese Bücher geschrieben wurden. Somit werden nicht nur die ersten elf Kapitel aus dem 1. Buch Mose, sondern auch das Neue Testament als etwas Relatives und nicht als etwas Absolutes angesehen.

Aber hier sollten wir uns nun darüber klar werden, dass man einen solchen Prozeß nicht in Gang setzen kann, ohne dass weitere Schritte folgen. Diese Ansichten haben sich ausgebreitet und sind auch von solchen Kreisen angenommen worden, die sich evangelikal nennen. Zwar haben sie versucht, das Wertesystem, das Bedeutungssystem und die religiösen Aussagen der Bibel aufrechtzuerhalten; aber in ihren Augen ist die Bibel lediglich vor dem Hintergrund der damaligen Kultur zu verstehen, wenn sie von der Geschichte und dem Kosmos spricht. Vor wenigen Jahren ist dem noch eine weitere Auffassung hinzugefügt worden. Neuerdings wird behauptet, dass die absoluten moralischen Maßstäbe der Bibel hinsichtlich der persönlichen Beziehungen ebenfalls von der jeweiligen Kultur der damaligen Zeit geprägt wurden. Hierzu möchte ich gerne zwei Beispiele erwähnen, obwohl man noch viele andere anführen könnte. Erstens ist es sehr leicht, sich scheiden zu lassen und sich wieder zu verheiraten. Was die Bibel in eindeutiger Weise über die Begrenzungen lehrt, die der Scheidung und Wiederverheiratung auferlegt sind, wird nun von einigen Evangelikalen in das Gebiet der kulturellen Abhängigkeit abgeschoben. Sie sagen, dass dies nur die Auffassungen jener Zeit widerspiegelt, in der das Neue Testament geschrieben wurde. Was die Bibel über diese Dinge lehrt, ist für jene Evangelikale nur eine weitere kulturell geprägte Angelegenheit, sonst nichts. In den Kirchen gibt es Mitglieder, Älteste und Geistliche, die als evangelikal bekannt sind und die sich nicht länger an das gebunden fühlen, was die Bibel zu diesen Dingen sagt. Sie behaupten, dass alles, was die Bibel auf diesem Gebiet lehrt, nur vor dem Hintergrund der damaligen Kultur zu verstehen ist und nicht als absoluter Maßstab angesehen werden darf.

In einem zweiten Beispiel können wir feststellen, dass dasselbe mit der klaren Lehre der Bibel bezüglich der Ordnung in Familie und Kirche geschieht. Die Gebote in Bezug auf diese Bereiche werden heute von einigen Sprechern und Verfassern aus sogenannten evangelikalen Kreisen ebenfalls als von der damaligen Kultur abhängig angesehen.

Mit anderen Worten: In den letzten Jahren hat sich die Situation geändert; wo man vordem noch das Wertsystem, das Bedeutungssystem und die Religion aufrechterhielt, wobei aber gleichzeitig alle Aussagen der Bibel zur Geschichte und zum Kosmos als kulturell geprägt abgetan wurden, hält man heute zwar noch am Wertsystem, am Bedeutungssystem und an den religiösen Aussagen fest, die moralischen Gebote aber werden zusammen mit den Aussagen zu Geschichte und Kosmos in einen Topf geworfen und als kulturell geprägt abgewiesen. Das Ende ist noch nicht abzusehen. Die Bibel wird zu etwas gemacht, das nur die Ansichten der sie umgebenden Kultur zu unserem Zeitpunkt der Geschichte nachspricht. Die Bibel wird der Kultur unterworfen, anstatt dass die Bibel unsere Gesellschaft und Kultur beurteilt.

Wenn die Gläubigen erst einmal begonnen haben, den Weg der existentialistischen Methodologie unter evangelikalem Decknamen zu beschreiten, dann ist die Bibel für sie nicht länger Gottes unfehlbares Wort jeder Abschnitt der Bibel kann Schritt für Schritt zerstört werden. Wenn Christen an dieser Stelle angekommen sind, was ist dann aus der Bibel geworden? Sie ist zu dem geworden, was die liberalen Theologen in den zwanziger und dreißiger Jahren von ihr behaupteten. Wir finden uns zurückversetzt in die Tage eines Gelehrten wie J. Gresham Machen, der mit Nachdruck darauf hinwies, dass das gesamte Fundament des christlichen Glaubens im Begriff war, zerstört zu werden. Worin besteht dieses Fundament? Es besteht darin, dass der unendlichpersönliche Gott, der wirklich lebt, nicht geschwiegen hat, sondern lehrsatzmäßige Wahrheit in Bezug auf alles, was die Bibel lehrt, ausgesprochen hat einschließlich dessen, was die Bibel zur Geschichte, zum Kosmos, zu den absoluten moralischen Maßstäben wie auch zu den religiösen Angelegenheiten sagt.

Beachten wir aber dennoch, was das ursächliche Problem war und noch immer ist: Infiltration durch eine bestimmte Weltanschauung, die uns umgibt, und die Aberkennung der Bibel als fest­stehende Basis für die Beurteilung der sich ständig verändernden, gefallenen Kultur. Als Evangelikale müssen wir jederzeit wachsam sein, damit wir uns nicht von der sich ständig verändernden, gefallenen Kultur unterwandern lassen, sondern vielmehr diese Kultur auf der Grundlage der Bibel beurteilen.

Was macht das für einen Unterschied?

Liegt der Unterschied in der Unfehlbarkeit? In überwältigendem Maße! Der Unterschied liegt darin: Weil die Bibel ist, was sie ist nämlich Gottes Wort und deshalb Gottes absolute, objektive Wahrheit , brauchen wir uns nicht von der ständig wechselnden, gefallenen Kultur um uns herum gefangennehmen zu lassen, und wir sollten ihr auch nicht ins Netz gehen. Diejenigen, die nicht an der Unfehlbarkeit der Bibel festhalten, besitzen dieses hohe Privileg nicht. In gewissem Maße sind sie der gefallenen, sich ständig ändernden Kultur ausgeliefert. Und die Heilige Schrift wird dadurch gezwungen, sich dem wechselnden Zeitgeist unterzuordnen. Deshalb haben jene Menschen auch keine zuverlässige Grundlage, nach der sie die Ansichten und Werte dieses wechselhaften Zeitgeistes beurteilen können und aufgrund derer sie Widerstand leisten können.

Vor Gott müssen wir aber umsichtig handeln. Wenn wir sagen, dass wir der Bibel als dem unfehlbaren und autoritativen »So-spricht-der-Herr«glauben, dann brauchen uns die Stürme der Veränderungen, die uns mit Verwirrung und Terror umgeben, nicht zu erschrecken. Die Münze hat jedoch auch eine andere Seite: Wenn dies wirklich das »SosprichtderHerr« ist, dann müssen wir auch danach leben. Tun wir das nicht, dann haben wir auch nicht verstanden, was wir sagten, als wir behaupteten, dass wir für die Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift eintreten.

Ich möchte noch einmal die Frage stellen: Führt die Unfehlbarkeit wirklich zu einem Unterschied in der Art, wie wir unser Leben im gesamten Spektrum unserer menschlichen Existenz gestalten? Traurigerweise müssen wir sagen, dass wir Evangelikalen, die wir wirklich an der vollen Autorität der Heiligen Schrift festhalten, in Bezug auf unsere Lebensgestaltung oft versagt haben. Ich habe betont, dass die Unfehlbarkeit die Wasserscheide der evangelikalen Welt darstellt. Aber dies ist nicht nur eine Frage von theologischen Debatten. Es ist der Gehorsam der Heiligen Schrift gegenüber, der die Wasserscheide darstellt! Es ist das Überzeugtsein und die Anwendung auf unser Leben, die zeigen, ob wir tatsächlich daran glauben.

Hedonismus

Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der alle Dinge relativ sind und in der der letztgültige Wert in dein besteht, was das Individuum oder die Gesellschaft »glücklich« macht oder was einem gerade ein momentanes Wohlgefühl vermittelt. Nicht nur der hedonistische junge Mensch tut das, was ihm gerade gefällt, sondern die Gesellschaft als Ganzes verhält sich so. Dies hat viele Aspekte, einer davon besteht in dem Zusammenbruch jeglicher Stabilität innerhalb der Gesellschaft. Nichts steht fest, es gibt keine jetzt-gültige Normen; es zählt nur, was einen »glücklich« macht. Dies gilt sogar für das menschliche Leben. Die Titelgeschichte der Newsweek vom 11. Januar 1982 bestand aus einem sechs oder siebenseitigen Artikel, der überzeugend darstellte, dass das menschliche Leben mit der Empfängnis beginnt. jeder Student der Biologie hätte dies alles schon längst wissen sollen. Wenn man dann die Seiten umblättert, stößt man auf den nächsten Artikel mit der Überschrift: »Aber ist es schon eine Person?«. Die Schlußfolgerung dieser Seite lautet: »Das Problem besteht nicht darin, zu entscheiden, wann wirkliches menschliches Leben beginnt, sondern darin, wann der Wert dieses Lebens andere Überlegungen verdrängt, wie z. B. die Gesundheit oder sogar das Glück der Mutter.« Der erschreckliche Satzteil besteht in »oder sogar das Glück«. Also kann und wird selbst anerkanntes menschliches Leben um des Glücks einer anderen Person willen beendet. Ohne feste Werte ist nur mein eigenes oder das momentane Glück der Gesellschaft von Bedeutung. Ich muß gestehen, dass ich nicht begreife, warum selbst die liberalen Juristen der American Civil Liberties Union an diesem Punkt nicht vom Entsetzen gepackt werden.

Es wird natürlich zunehmend akzeptiert, dass ein neugeborenes Baby immer dann, wenn es eine Familie oder die Gesellschaft vermutlich unglücklich macht, sterben darf Sie brauchen bloß den Fernseher anzuschalten, so kommt es zunehmend wie eine Flut über Sie. Aufgrund einer solchen Ansicht erlaubten Stalin und Mao (und hier benutze ich ein sehr mildes Wort, wenn ich »erlaubten« schreibe), dass Millionen von Menschen für das starben, was Mao und Stalin als das Glück der Gesellschaft ansahen. Dies also ist der Terror, von dem die heutige Kirche umgeben ist. Das individuelle oder das gesellschaftliche Glück hat sogar den absoluten Vorrang vor dem menschlichen Leben.

Sich die Bibel gefügig machen

Der Gehorsam der Bibel gegenüber stellt die wirkliche Wasserscheide dar. Wir können erklären, dass die Bibel ohne Fehler ist, und sie dennoch zerstören, indem wir die Bibel durch unsere Lebensweise der Kultur unterwerfen, anstatt die Kultur aufgrund der Bibel zu beurteilen. Wir können heute beobachten, wie dies mehr und mehr geschieht, genauso, wie Scheidung und Wiederverheiratung immer leichter gemacht werden. Das Scheidungsrecht in vielen Bundesstaaten der USA, das nicht mehr auf dem Schuldprinzip basiert, beruht auch nicht wirklich auf Humanität oder Freundlichkeit. Vielmehr geht das Scheidungsrecht von dem Standpunkt aus, dass es kein Recht oder Unrecht gibt. Daher ist alles relativ, d. h. die Gesellschaft und das Individuum handeln nach dem, was ihnen gerade im Moment Glück verspricht.

Müssen wir dem nicht zustimmen, dass sogar ein großer Teil der evangelikalen Gemeinden, die den Anspruch erheben, von der Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift überzeugt zu sein, die Bibel in Bezug auf das Thema »Scheidung« unserer Kultur unterworfen hat, statt die Bibel über die momentanen Ansichten einer gefallenen Kultur urteilen zu lassen? Müssen wir nicht zugeben, dass auf dem Gebiet der Scheidung und Wiederverheiratung auch unter den Evangelikalen ein Mangel an biblischer Lehre und Disziplin aufgetreten ist? Wenn ich mir, im Widerspruch zur Bibel, das Recht nehme, die Familie anzugreifen nicht die Familie im Allgemeinen, sondern mit meinem Angriff den Zerbruch meiner eigenen Familie herbeiführe , ist das nicht dasselbe wie das, was eine Mutter tut, wenn sie das Recht beansprucht, um ihres eigenen »Glückes« willen ihr eigenes Baby zu töten? Ich finde, dass es eine harte Aussage ist aber die Infiltration durch die Gesellschaft ist ebenso eine Zerstörung der Bibel, wie sie ein theologischer Angriff auf die Bibel ist. Beides ist eine Tragödie. Beide verfälschen die Heilige Schrift, um sie der heutigen Kultur anzupassen.

Das Zeichen unserer Zeit

Was nützt es, dass der Protestantismus zahlenmäßig immer mehr zustimmt, wenn aber eine so große Zahl derer, die den Namen »evangelikal« tragen, nicht mehr an dem festhalten, was den Protestantismus evangelikal macht? Wenn dem kein Einhalt geboten wird, dann sind wir dem Anspruch der Bibel, den sie in Bezug auf sich selbst erhebt, nicht treu ergeben, und wir sind auch nicht ehrlich gegenüber dem, was Jesus Christus in Bezug auf die Bibel geltend macht. Aber ebenso und das dürfen wir nie vergessen werden wir und unsere Kinder nicht für die vor uns liegenden schweren Zeiten gewappnet sein, wenn dies so weitergeht.

Und mehr noch: Wenn wir uns anpassen, sind wir nicht mehr das erlösende Salz unserer Kultur einer Kultur, die von dem Konzept ausgeht, dass sowohl die Ethik als auch die Gesetzgebung nur eine Sache der kulturellen Prägung sind, des statistischen Durchschnitts. Dies ist das untrügliche Kennzeichen unseres Zeitalters. Und wenn wir dasselbe Kennzeichen tragen, wie können wir dann das erlösende Salz dieser kaputten, zerrissenen Generation sein, in der wir leben?

Hierin liegt also die Wasserscheide der evangelikalen Welt. Wir müssen überaus liebevoll, aber deutlich sagen: Der Protestantismus ist so lange nicht konsequent, bis eine Trennlinie gezogen wird zwischen denjenigen, die der gesamten Bibel glauben, und denjenigen, die dies nicht tun. Aber erinnern Sie sich: Wir sprechen nicht bloß über eine abstrakte theologische Lehre Letztendlich macht es keinen großen Unterschied, ob man die Bibel aufgrund theologischer Infiltration relativiert oder ob man das aufgrund der Infiltration durch die uns umgebende Kultur tut. Die Wasserscheide liegt in dem Gehorsam der Heiligen Schrift gegenüber wir müssen der Bibel nicht nur in Bezug auf ihre Lehre gehorchen, sondern unseren Gehorsam in gleicher Weise dadurch dokumentieren, wie wir unser Leben führen.

 

Konfrontation

Wenn wir dies glauben, dann müssen wir Folgendes bedenken: Die Wahrheit bringt Konfrontation mit sich. Die Wahrheit verlangt nach Konfrontation, zwar liebevoller Konfrontation, aber immer noch Konfrontation. Wenn unsere Reflexhandlungen immer zur Anpassung tendieren und wir uns nicht bewußt werden, dass es hier doch um die zentrale Wahrheit geht, darin ist irgendetwas falsch. Wenn wir etwas als heilig bezeichnen, in dem keine Liebe zu finden ist, dann ist das nicht Gottes Art von Heiligkeit, und das, was wir als Liebe bezeichnen mögen, ist nicht Gottes Art von Liebe, wenn es nicht Heiligkeit und, falls notwendig, Konfrontation beinhaltet. Gott ist heilig, und Gott ist Liebe. Unter Gebet müssen wir nein zu den theologischen Attacken auf die Bibel sagen, klar und liebevoll und mit Nachdruck. Und wir müssen nein sagen zu den Angriffen auf die Heilige Schrift, die daher rühren, dass wir in unserer Lebensweise durch den momentanen Zeitgeist infiltriert worden sind, der auf moralischem Gebiet keine Fehler mehr kennt. Auch zu diesen Dingen müssen wir nein sagen.

Die Welt unserer Tage hat keine festen Werte und Normen mehr, deshalb steht das an oberster Stelle, was die Menschen als ihr persönliches oder als das gesellschaftliche Glück ansehen. Wir teilen diese Auffassung nicht. Wir haben die unfehlbare Bibel. Wir müssen auf Christus schauen, damit wir die Kraft bekommen, uns dem ungeheuren Druck des Zeitgeistes zu widersetzen denn an diesem Punkt ist die gesamte Kultur gegen uns und uns ebenfalls der Infiltration der Theologie und des Lebens entgegenstellen. Wir müssen beides tun: die Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift bekräftigen und unser persönliches Leben und unser Leben innerhalb der Gesellschaft danach ausrichten. Keiner von uns kann das in perfekter Weise tun, aber es muß in unser Denken und Leben »Eingepflanzt« sein. Wenn wir dann versagen, dann müssen wir Gott um Vergebung bitten.

Gottes Wort wird nie vergehen, aber wenn wir auf die Zeiten des Alten Testaments und auf die Zeit nach Christus zurückblicken, dann müssen wir unter Tränen sagen, dass Gottes Wort aufgrund fehlender Standhaftigkeit und Treue des Volkes Gottes vielfach herabgewürdigt wurde, um es der gerade aktuellen, aber vergänglichen und sich verändernden Kultur der jeweiligen Zeit anzupassen, statt die Bibel als das unfehlbare Wort Gottes fest gegründet stehenzulassen, um den Zeitgeist und die kulturelle Umwelt der jeweiligen Epoche zu beurteilen. Im Namen des Herrn Jesus Christus: mögen unsere Kinder und Enkelkinder nicht sagen, dass man dies auch von uns behaupten kann.

III.  ERSCHEINUNGSFORMEN DES ZEITGEISTES

Es ist bequem, sich dem anzupassen, was heute um uns herum »in ist, d. h. den Formen des heutigen Zeitgeistes. Diese Anpassung ist tödlich gewesen ‑ sie hat innerhalb der letzten zehn Jahre zum Verlust von über zwölf Millionen Menschenleben durch Abtreibung geführt. Aber dies hört nicht bei der Frage des menschlichen Lebens auf‑, der Zeitgeist ist genauso offensichtlich in Bezug auf wirklich alle anderen Probleme, die von der säkularisierten Mentalität unserer Tage für aktuell erklärt wurden.

Die sozialistische Mentalität

So sehen wir auch auf einem anderen Gebiet, dass ein Großteil des Protestantismus das Reich Gottes mit einem sozialistischen Programm im verwechselt. Auch dies stellt eine reine Anpassung an den Zeitgeist unserer Tage dar. Ein deutliches Beispiel findet sich in einem Rundschreiben, das von einer führenden evangelikalen Zeitschrift veröffentlicht wurde. In einer vor kurzem erschienenen Ausgabe stellte dieses Rundschreiben die Arbeit, die soziale Strategie und die Gesellschaftskritik der »Evangelicals for Social Action« (ESA) vor. ESA erklärt Folgendes:

Kurz zusammengefaßt behauptet diese Kritik, dass die sozialen Probleme, mit denen sich die Christen in dieser Nation am mei­sten beschäftigen (z. B. Kriminalität, Abtreibung, Mangel an Gebet, säkularer Humanismus usw.) wichtig sind, in Wirklichkeit aber Symptome von viel größeren Problemen darstellten ‑ ungerechten sozialen Strukturen in den USA ‑ die diesen legitimierten christlichen Belangen zugrunde liegen. Deshalb liegt die Antwort ganz offensichtlich darin, die Ursachen dieser Krankheit anzugreifen, damit die Symptome verschwinden. Viele Bildungsbemühungen der ESA zielen darauf ab, bibelorientierten Christen die entscheidenden Bereiche unserer Gesellschaft vor Augen zu führen, in denen diese fundamentalen Ungerechtigkeiten herrschen, und sie auf die Notwendigkeit hinzuweisen, eine Änderung zum Guten herbeizuführen.

Worin bestehen diese fundamentalen »ungerechten Strukturen«? ESA glaubt, dass die meisten (aber sicherlich nicht alle) von der Armut und der ungerechten Verteilung des Reichtums auf nationaler und internationaler Ebene herrühren.

Ist Ihnen klar, was hier ausgesagt wird? Bemerkenswerterweise sagt ESA, dass »ungerechte soziale Strukturen« und insbesondere »die ungerechte Verteilung des Reichtums«, die wirklichen Gründe für das Böse in der Welt sind. Gemäß ESA sind es diese Dinge (d. h. ungerechte soziale Strukturen/ungerechte Verteilung des Reichtums), die »Kriminalität, Abtreibung, Mangel an Gebet, säkularer Humanismus usw.« verursachen. Dieses ist schon auf faktischer Ebene Unsinn. Auf jeder Gesellschaftsebene gibt es Kriminalität, ungeachtet irgendwelchen Reichtums; die Abtreibung wird am stärksten von den Wohlhabenden befürwortet. Und glaubt ESA wirklich, daß ein Wandel der ökonomischen Strukturen das Problem »Mangel an Gebet« lösen würde? Hier ist das Evangelium auf ein Programm zur Umformung sozialer Strukturen reduziert worden. Dies ist die marxistische Linie. Es bedeutet nicht, daß diejenigen, die diese Position vertreten, Kommunisten sind. Aber es bedeutet, daß sie das Reich Gottes wirklich vollkommen mit den fundamentalen sozialistischen Konzepten verwechseln. Den Hintergrund hierfür finden wir in der Aufklärung und ihrer Vor­stellung von der Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen, wenn nur die kulturellen und ökonomischen Fesseln gesprengt würden.

Aber bedenken Sie ferner, was dies im theologischen Sinne bedeutet. Was ist aus dein Sündenfall und aus der Sünde geworden? ESA scheint zu sagen, daß der Weg zur Erlösung des modernen Menschen in der Veränderung der ökonomischen Strukturen liegt, da nur dies allein sich mit den grundlegenden »Ursachen der Krankheit befaßt. Ironischerweise ist ihr Programm aber nicht radikal genug! Das Grundproblem besteht im Sündenfall, in der Sünde und im menschlichen Herzen. Das Grundproblem liegt viel tiefer als in den sozialen Strukturen, und indem ESA dies verkennt, offenbart sie ein Verständnis von Erlösung, das sich sehr von dem unterscheidet, was die Heilige Schrift lehrt. Das Problem ist die Sünde, und es gibt keine größere Sünde als die willentliche Gehorsamsverweigerung des modernen Menschen gegenüber Gott und seinen Geboten, sowohl auf dem Gebiet der Gedanken als auch im Bereich des Handelns. Die sozialistische Gesinnung, wie sie von den «Evangelicals for Social Action« und anderen vertreten wird, basiert auf einem zweifachen Irrtum. Zu erst und vor allem ist ihre Vorstellung theologisch falsch find versperrt von Grund, auf die Bedeutung des Evangeliums. Aber ebenso sehr irrt sie in Bezug auf ihre naive Einschätzung der Neuverteilung des Wohlstands und auf die daraus entstehenden Konsequenzen. Die Antwort liegt nicht in irgendeiner Art von sozialistischer oder gleichmacherischer Neuverteilung. Das wäre nämlich viel ungerechter und unterdrückender als unser eigenes System, obwohl auch letzteres unvollkommen ist. Um dies verstehen zu können, müssen wir uns bloß die unterdrückerischen Gesellschaftsformen ansehen, die aus dem Versuch entstanden sind, den Wohlstand nach sozialistischen oder gleichmacherischen Plänen radikal neu zu verteilen. jeder Versuch der radikalen Neuvertellung hat die Wirtschaft und die Kultur des betreffenden Landes zugrunde gerichtet, und jede marxistische Revolution endete in einem Blutbad. Die Menschen blieben mit weniger und nicht mehr zurück; zudem legte man ihnen ein totalitäres Regierungs­system auf In diesem Zusammenhang sind die Bemerkungen des Volkswirtschaftlers und Historikers Herbert Schloßberg sehr aufschlußreich. Schloßberg hebt den »grundsätzlichen Hass« in den Augen der Meinungsmacher hervor, die heutzutage nach sozialistischer Neuverteilung rufen:

Der Hass, der in solchen Aussagen zutage tritt, ist alles, was man heute in einer Gesellschaft erwarten kann, die den Neid institutionalisiert hat und den Begriff soziale Gerechtigkeit benutzt, um damit ein System des legalisierten Diebstahls zu bezeichnen. Dies sollte uns alarmieren in Bezug auf die Phrasendrescherei des alten Schwindels, daß die Eigentumsrechte irgendwie von den Menschenrechten getrennt werden könnten und ihnen zudem auch unterlegen sind. Es gibt keine Gesellschaft, die den Eigentumsrechten gegenüber rücksichtslos ist, die Menschenrechte aber schützt. Der Staat, der seine Hände auf Ihre Geldbörse legt, wird sie auch auf Ihre Person legen. Beides sind Vorgehensweisen einer Regierung, die das transzendente Gesetz verschmäht.

Diejenigen, die den Wettbewerb des Kapitalismus durch die Genossenschaften des Sozialismus ersetzen, verstehen von beidem nichts ( … ). Die sowjetischen »Genossenschaften« kosteten bis 1959 über 110 Millionen Menschen das Leben. Die Alternative zu freier Wirtschaft ist nicht die Bildung von Genossenschaften, sondern Zwangsherrschaft.

Hier möchte ich Sie bitten, noch einmal zum Bild der Wasserscheide zurückzukehren, wie ich es am Anfang des zweiten Kapitels dargestellt habe. Dort beschrieb ich, wie der Schnee, der zunächst aneinander grenzend auf beiden Seiten der Wasserscheide lag, schließlich als Schmelzwasser tausend Meilen voneinander entfernt ins Meer floß. Und wir sahen auch im Fall des Bibelverständnisses, wie zwei Ansichten, die zunächst ziemlich nahe beieinander zu liegen schienen, schließlich bei vollständig unterschiedlichen Standpunkten ankommen und daß dies sowohl ver­heerende Konsequenzen für die Theologie als auch für die Umwelt hat. Wenn wir jetzt also die evangelikale Anpassung an die sozialistische Mentalität betrachten, dann können wir erkennen, daß genau dies geschieht. Mit ihrem Schrei nach Gerechtigkeit und Mitleid klingt sie zunächst, als sei sie dasselbe, oder annäherungsweise das, was die Heilige Schrift über Gerechtigkeit und Mitleid lehrt. Diejenigen, die die sozialistische Mentalität befürworten, bemühen sich, all die richtigen evangelikalen Worte zu benutzen, und sie vermeiden sozialistische »Rote‑Flagge‑Rhetorik«. Tatsache ist aber, daß sie über »ein anderes Evangelium« sprechen. Und wenn wir näher untersuchen, worum es geht, dann entdecken wir, dass die sozialistische Mentalität bei einem ganz anderen Standpunkt endet, und zwar verbunden mit verheerenden Konsequenzen für die Theologie und die Menschenrechte sowie für das menschliche Leben. Die Antwort liegt nicht in einem sozialistischen Programm. Und wenn ein großer Teil der evangelikalen Welt beginnt, das Reich Gottes mit einem sozialistischen Programm durcheinanderzuwerfen  ‑ dann ist dies pure Anpassung an den Zeitgeist unserer Tage. Unsere Reaktion darauf muß Konfrontation sein  ‑ liebevolle Konfrontation -, aber nichtsdestoweniger Konfrontation. Es muß eine Trennlinie gezogen werden.

Drei große Schwachstellen

Auch hier wiederum müssen wir vorsichtig sein und für eine rechte Ausgewogenheit sorgen. Wenn wir uns gegen die sozialistische Mentalität aussprechen, darin müssen wir uns davor hüten, alles und jedes aus der Vergangenheit zu »taufen«. Dies habe ich über die Jahre hinweg wiederholt betont, angefangen mit meinen frühesten Büchern und Vorträgen; aber es muß immer wieder gesagt werden. In der Vergangenheit hat es kein goldenes Zeitalter gegeben. Es gibt keine Zeit, von der wir rückblickend sagen können,

sie wäre fehlerlos oder in vollem Sinne christlich gewesen ‑ einschließlich der Reformation, der frühen Kirche oder des frühen Amerika. Es gab große Schwachstellen, die wir als Christen ablehnen und für die wir heute Abhilfe schaffen müssen; an dieser Stelle möchte ich gerne drei dieser Schwächen erwähnen.

Zunächst ist da einmal die Rassenfrage, in deren Zusammenhang es zwei Arten des Mißbrauchs gab. Aufgrund der Rasse gab es die Sklaverei und auch Rassenvorurteile als solche. Beides ist falsch, und oft war beides gerade dann gegenwärtig, wenn Christen einen stärkeren Einfluß auf den Konsens hatten, als sie ihn heute besitzen. Und dennoch hat sich die Kirche als Kirche nicht genügend dagegen ausgesprochen. Traurigerweise frönten die Amerikaner der Lüge, dass der Schwarze kein Mensch sei und deshalb wie eine Sache behandelt werden könne. Es ist bemerkenswert, dass genau dasselbe Argument in dem Gerichtsbescheid benutzt wurde, um die Abtreibung zu legalisieren. Vor 150 Jahren konnte ein Schwarzer versklavt werden, weil er vor dem Gesetz kein Mensch war; in den letzten 10 Jahren wurden über 12 Millionen ungeborener Kinder getötet, weil der Oberste Gerichtshof entschieden hat, dass sie noch keine Menschen sind. Als Christen müssen wir angesichts unserer früheren Unterlassungen diese falsche und verzerrte Ansicht über die Bedeutung der Rasse eingestehen und darüber hinaus alles versuchen, um heutige Rassenvorurteile aus der Welt zu räumen. Wir können dankbar sein für solche Christen wie Shaftesbury, Wilberforce und Wesley, die aufgrund der absoluten biblischen Maßstäbe sagen konnten, dass dieses Unheil und diese Ungerechtigkeiten absolut falsch sind. Aber wir können es uns kaum erlauben, über die vergangenen Generationen zu Gericht zu sitzen, wenn gerade heute wieder dieselbe Lüge benutzt wird, um mutwillig menschliches Leben zu zerstören.

Zweitens erhebt sich die Frage nach dem mitleidsvollen Einsatz des Reichtums. Wie ich schon in der Vergangenheit hervorgehoben habe, bedeutet dies zweierlei: den Reichtum zunächst in Gerechtigkeit zu erwerben ‑ und ihn dann mit wirklichem Mitleid einzusetzen. In der Tat habe ich mehrfach und an bedeuten­der Stelle gesagt, dass ich folgender Überzeugung bin: wenn Christen in den Himmel kommen und davon sprechen, wieviel Geld sie an Missionsgesellschaften gespendet haben, damit Schulen usw. gebaut werden können, dann wird ihnen der Herr sagen, es wäre besser gewesen, sie hätten weniger Geld zur Verfügung gehabt, dies aber rechtschaffen erworben.

Drittens besteht die Gefahr, Christentum und Heimatland zu verwechseln. In diesem Zusammenhang habe ich betont, dass wir erstens das Christentum nicht auf unsere Nationalflagge schreiben dürfen  und dass wir uns zweitens gegen die Vorstellung einer höheren Bestimmung« verwahren müssen, die es unserer Nation erlauben würde, alles zu tun, was sie will. Wir sind verantwortlich für alles, was wir tun und für alles, was Gott uns gegeben hat, und wenn wir seine großen Gaben mit Füßen treten, dann werden wir eines Tages sein Gericht erfahren.

Die Abwertung der Geschichte

Nachdem wir diese schwerwiegenden Schwächen nun eingestanden haben, müssen wir aber auch anerkennen, dass das Christentum in der Tat einen tiefgreifend positiven Einfluß auf die Gestaltung des Westens hatte. Wenn Historiker den christlichen Einfluß bei der Gründung der USA zu sehr abwerten, dann ist dies keine gute Geschichtswissenschaft und verweigert zudem Gott die Ehre für all das Gute, das aus dem christlichen Einfluß und insbesondere aus dem reformatorischen Christentum hervorging. In jenen Tagen herrschte allgemein im Land ein massives biblisches Wissen, das besonders die großen Erweckungen bewirkt hatten. Dies übte einen tiefgreifenden Einfluß aus, und viele säkulare Historiker stimmen dem zu, dass es einen allgemein christlichen Konsens oder ein entsprechendes Ethos gab.

Aber hiermit soll nicht die törichte Behauptung aufgestellt werden, dass alle Gründer der Vereinigten Staaten Christen gewesen wären. Sie waren es nämlich nicht. jedermann weiß z. B., dass Jefferson ein Deist war. Aber als Deist wußte er, dass ein Gott existiert, und dies machte einen großen Unterschied in Bezug darauf, wie er die Welt verstand. Es bedeutete insbesondere, dass Jefferson das Konzept der unveräußerlichen Rechte auf einen Schöpfer gründete. Auch wenn das Konzept im Fall Jefferson z. B, fehlerhaft war, besteht zwischen seinen und den Gedanken der Aufklärung, die zum Massenblutbad der Französischen und der Russischen Revolution führten, ein drastischer Unterschied. Oder nehmen wir z. B. John Witherspoon, den presbyterianischen Geistlichen und Präsidenten jener Universität, die heute als Princeton University bekannt ist: Von allen Unterzeichnern war er der einzige Pastor, der seine Unterschrift unter die Unabhängigkeitserklärung setzte. Sein Denken war nicht immer folgerichtig, so wie bei uns allen. Aber es ist sehr eindrucksvoll, womit er sich anlegte, als er in einer Predigt Thomas Paine öffentlich beim Namen nannte und ihn als den »Mann der Aufklärung« attackierte. Witherspoon focht in direkter Weise Paines von der Aufklärung übernommene Ansichten an, die die Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen betrafen; er stellte ihnen die biblische Sicht vom Gefallensein und von der Verlorenheit des Menschen entgegen, die zwangsläufig zu einer Unvollkommenheit in allen Bereichen der Regierungsgewalt führen müssen. Witherspoons politische Ansichten waren nicht immer richtig. Aber sein Christsein wirkte sich auf sein Verständnis von der politischen Realität seiner Zeit aus.

Heute aber gibt es in evangelikalen Kreisen Menschen, die unter dem Deckmäntelchen der Gelehrsamkeit alles dies herabwürdigen und so tun, als ob sich der christliche Konsens in einem ständigen Durcheinander befunden hätte. Wie weit dies getrieben wird, kann man bei einem christlichen Historiker erkennen, der dieses Durcheinander bis auf die Reformation zurückführt. So schreibt er also:

(Schaeffers) Verworrenheit beruht auf seiner Unfähigkeit, den Protestantismus als die religiöse Form des Humanismus in der Renaissance zu sehen. Gewiß sagten die Protestanten, ihr Gewissen sei durch die Bibel als der alleinigen Autorität (»sola scriptura«) inspiriert. Trotzdem wissen wir alle von der Unfähigkeit der Protestanten, über die Aussagen der Bibel zu einer einheitlichen Meinung zu kommen, geschweige denn darüber, was für eine Art von Buch sie ist. In seinem Triumph ist Schaeffer blind für die Ironie und Tragik der protestantischen Bewegung, denn er weigert sich, sie als einen Aspekt der humanistischen Bewegung selbst zu sehen. In seinen verschiedenen Werken beschwört Schaeffer die Reformation als die Antwort auf das Problem des Humanismus, wobei sie in Wirklichkeit aber Teil des Problems ist.

Verstehen Sie, was hier gesagt wird? Die Bedeutung der Reformation wird vollständig abgewertet und dem Humanismus untergeordnet. Die Reformation und die Sicht der Reformation von der sola scriptura ‑ der Bibel als der alleinigen Basis für die christliche Wahrheit ‑ wird vollständig verworfen. Alles, wofür die Reformation stand, versinkt in einem Sumpf der Synthese und der Relativität.

Genau dieselbe Richtung vertreten die relativistischen, nichtchristlichen, säkularisierten Historiker unserer Tage. Dies stellt auch keinen Disput über geschichtliche Fakten dar, in der Tat würden viele nichtchristliche Historiker dieser radikal verunglimpfenden Sicht des reformatorischen Gedankens ihre Zustimmung verweigern. Hier liegt vielmehr eine Infiltrierung durch ein gänzlich säkularisiertes Denken vor, das allerdings den Eindruck evangelikaler Gelehrsamkeit erwecken soll. ja, wir müssen uns gegen alle die stellen, die in naiver Art und Weise die gesamte Vergangenheit »taufen« wollen und die das Christentum am liebsten auf die Nationalflagge schreiben würden. Aber genauso müssen wir uns auch gegen die stellen, die sich dem Zeitgeist unserer Tage anpassen und dabei das Deckmäntelchen der Gelehrsamkeit tragen, in ihrem Gedankengang aber nicht nur die geschichtlichen Tatsachen verzerren, sondern auch die christliche Wahrheit.

Akademische Infiltration

Traurigerweise müssen wir gestehen, daß die evangelikale Weit ihre Sache auf dem Gebiet der Bildung nicht gut gemacht hat. Auf jedem wissenschaftlichen Gebiet ist die Versuchung und der Druck, sich anzupassen, übergroß. Die Evangelikalen taten recht daran, den engstirnigen Pietismus zurückzuweisen, der das Christsein auf einen sehr begrenzten Bereich geistlichen Lebens reduzierte. Die Evangelikalen hatten Recht, die Herrschaft Jesu Christi über alle Gebiete der Kultur ‑ Kunst, Philosophie, Gesellschaft, staatliche Gewalt, akademische Belange usw. ‑ hervorzuheben. Aber was passierte dann? Viele junge Evangelikale hörten diese Botschaft, gingen hinaus in die akademische Welt und erwarben ihre akademischen Titel an den besten säkularen Hochschulen. Aber in diesem Prozeß geschah etwas. Umgeben von vollkommen humanistischen Hochschulen und Universitäten mit ihren gänzlich humanistisch ausgerichteten wissenschaftlichen Fachrichtungen ließen sich viele dieser jungen Evangelikalen von der antichristlichen Weltanschauung infiltrieren, die das Denken ihrer Hochschulen und Professoren beherrschte.

 diesem Prozeß wurde jeder spezifisch evangelikale christliche Standpunkt an die säkularistische Denkweise der jeweiligen wissenschaftlichen Fachrichtung und an den Zeitgeist unserer Tage angepaßt. Um den Kreis zu schließen: Viele dieser ehemaligen Studenten lehren heute an evangelikalen Hochschulen, wobei das, was sie in ihren Seminaren vertreten, wenig spezifisch christlichen Inhalt hat.

Beachten Sie, dass diese Kritik keinen Ruf nach intellektuellem Rückzug oder einem neuen Anti‑Intellektualismus darstellen soll. Evangelikale Christen sollten bessere Wissenschaftler sein als die Nichtchristen, denn sie wissen, dass es im Gegensatz zum Relativismus und zum einengenden Reduktionismus jeder wissenschaftlichen Fachrichtung wirklich Wahrheit gibt. Aber allzu oft haben Christen die akademische Welt mit einer naiven, glasäugigen Faszination betreten und ihre kritische Beurteilung nebst der christlichen Wahrheit hinter sich gelassen.

Innerhalb der akademischen Welt tobt der Kampf, in dein wir uns befinden, am heftigsten. jede wissenschaftliche Fachrichtung wird beherrscht von säkularistischem Denken, besonders in der Verhaltensforschung, den Geisteswissenschaften und den Künsten. Es ist Teil unserer Aufgabe als Christen, diese Gebiete zu verstehen und sie zu studieren, um ihnen dann aber aufgrund eines entschiedenen christlichen Standpunktes eine kritische Antwort zu geben. Aber beachten Sie, dass dies, wie ich schon im vorangegangenen Kapitel erwähnte, zweierlei einschließen muß: 1. eine wirkliche Bibel‑Gläubigkeit, und 2. eine liebevolle, aber entschiedene Konfrontation mit den Auswirkungen der falschen Weltanschauung unserer Zeit. Bitte, nehmen Sie dies nicht auf die leichte Schulter. Wir können uns nicht zurückziehen und das Christsein auf ein eng begrenztes geistliches Leben reduzieren, aber in der vollkommen säkularistischen  akademischen Welt herrschen große Gefahren und Versuchungen. Es ist sehr schwierig, in dieser Welt vier Jahre oder länger an einer Universität oder Hochschule zu studieren und sich nicht von der modernen Weltanschauung infiltrieren zu lassen. Und wenn man auch noch Lehrer ist, dann wird die Gefahr noch weitaus größer durch den übermächtigen Druck, sein eigenes Denken anzupassen, damit man innerhalb der vom säkularistischen Denken beherrschten Fachrichtungen als Wissenschaftler geachtet wird.

Die Verantwortung der Professoren an den evangelikalen christlichen Schulen aber nimmt furchteinflößende Dimensionen an. jawohl, sie müssen deutlich und sorgfältig die ganze Bandbreite des Fachwissens ihrer Fachrichtung vorstellen. Aber dies ist gerade erst der Anfang ihrer Verantwortung. Werden sie anschließend die Punkte verdeutlichen, bei denen sich fundamentale Konflikte zwischen den Auffassungen ihrer Fachrichtung und der biblischen Wahrheit befinden? Oder werden sie ‑ im Namen der akademischen Freiheit oder Toleranz oder Neutralität ‑ alles an sich vorbeigehen lassen, ohne eine Gegenüberstellung zu wagen? Die Welt verhält sich da anders. Der marxistische Soziologieprofessor einer säkularen Universität ist nicht an Neutralität interessiert, sondern er wird dafür sorgen, dass seine ideologische Position für seine Studenten verständlich wird. Ich möchte noch einmal betonen, dass die evangelikale Welt oft darin versagt hat, auf dem Gebiet der akademischen Bildung einen klaren Standpunkt zu vertreten. Dies gilt natürlich nicht für jeden Einzelnen, und wir können dankbar für diejenigen sein, die eindeutig Position bezogen haben. Aber gestern wie heute wächst die Anpassung an den Zeitgeist, wie das auf vielen Gebieten zum Ausdruck kommt. Und aus diesem Grunde müssen wir uns fragen: Wie viele Studenten sind an unsere Hochschule gekommen, weil sie nach dem Brot des Lebens suchten, statt dessen aber mit nichts als einer Handvoll Kieselsteine zurückblieben? Auch in den Hochschulen, die als die besten christlichen angesehen werden, ist diese Gefahr präsent. Das Problem kommt nicht erst in der Zukunft auf uns zu, sondern es ist gegenwärtig.

Falsche Prophetie

Anpassung, Anpassung. Wie doch das Trachten nach Anpassung wächst und sich ausbreitet! Ein weiteres Beispiel dafür ist der neue evangelikale Ruf nach Teilnahme am Weltkirchenrat. Es ist wirklich eine Ironie, dass gerade zu dem Zeitpunkt, als die säkulare Presse die Heuchelei des Weltkirchenrats aufdeckte und scharf kritisierte, die evangelikale Leiterschaft und einflußreiche evangelikale Publikationen den Weltkirchenrat priesen. Weil der Artikel der Time »merkwürdige Taktik der Ökumene« eine solche bemerkenswerte Einsicht in die Sache aufweist, möchte ich ein ausführliches Zitat vorstellen:

Vielen konservativen Christen in Westeuropa und in den USA erscheint der Weltrat der Kirchen, eine Dachorganisation für 301 protestantische und orthodoxe Denominationen mit mehr als 400 Millionen Mitgliedern, als ein kirchliches Gegenstück der Vereinten Nationen. Empfänglich für den wachsenden Einfluß der Kirchen in der Dritten Welt, hat sich der Rat anscheinend zu einem Forum für unerbittliche Anklagen gegen die Sünden der amerikanischen Politik und des Kapitalismus entwickelt. Mittlerweile vertritt der Weltrat der Kirchen gegenüber kommunistischen Regierungen eine Politik, die einige Kritiker die »Wir‑sehen‑nichts‑Böses‑Polltik« nennen . ( … )

Die sechste Versammlung des Weltrats der Kirchen an der Universität von British Columbia in Vancouver, die von 838 Delegierten aus 100 Ländern sowie von mehreren tausend Gästen besucht wurde, unternahm nichts, was den Verdacht eines antiwestlichen Vorurteils hätte mildern können. So entwarf z. B. ein Komitee unter Federführung von William B. Thompson, einem der beiden höchsten Männer der amerikanischen Presbyterian Church, in der vergangenen Woche eine formelle Erklärung über Afghanistan. In enger Zusammenarbeit mit Delegierten aus sowjetischen Kirchen legte das Komitee ein Dokument vor, über das Stillschweigen gewahrt wurde. Dieses Dokument forderte den Abzug der sowjetischen Truppen als Teil eines umfassenden politischen Übereinkommens; dies war eine der wenigen Gelegenheiten, in denen die UdSSR vom Weltrat der Kirchen in einer persönlichen Deklaration ausdrücklich genannt wurde. Aber die Erklärung führte in der Tat weiter aus, dass die sowjetischen Truppen so lange in Afghanistan bleiben sollten, bis ein Übereinkommen erreicht wird, und sie empfahl, dass die Hilfe für die antikommunistischen Rebellen eingestellt werden sollte. Thompsons Komitee verfaßt auch eine scharfzüngige Attacke gegen die Politik der USA in Mittelamerika. Das Dokument pries die »lebenssichernden Leistungen« der nikaraguanischen Regierung; Kuba wurde mit keinem Wort erwähnt.

Bischof Alexander Malik von der pakistanischen Kirche, einer Union von anglikanischen und protestantischen Bünden, verlangte, dass die Afghanistanerklärungen das Komitee zurückgeschickt werden sollte, damit der Erklärung ein geziemendes Maß an Aufrichtigkeit beigefügt würde: »Wenn es um irgendeine westliche Nation ginge, wären wir nach meiner Meinung mit den schärfsten Wörtern des Lexikons über sie hergefallen. Die UdSSR hat einem Nachbarstaat gegenüber eine sehr aggressive Tat begangen, und dies muß verurteilt werden< Maliks Empfehlung wurde aber zurückgewiesen, nachdem der russisch orthodoxe Erzbischof Kirill davor gewarnt hatte, dass jedwede schärfere Erklärung seiner Kirche »furchtbare Schwierigkeiten« einbringen und »eine Infragestellung unserer Loyalität der ökumenischen Bewegung gegenüber« bedeuten wurde.

Dies war die Auslese der Politik des Weltkirchenrates! Der Rat ist gewillt, einen weiteren Imageverlust zu riskieren, nicht nur, indem viele westliche Kirchenführer den Angriffen auf die US‑Politik und ihre Alliierten zustimmen, sondern auch, weil vermeintlich der Preis des Schweigens gezahlt werden muß, damit die Kirchen des Sowjetblocks im Rat verbleiben können. Diese pragmatische ‑ einige würden sagen, kurzsichtige ‑ Haltung hält den Weltrat der Kirchen auch davon ab, die Notlage der Gläubigen in der Sowjetunion anzusprechen. Das dramatischste Ereignis der letzten Versammlung vor acht Jahren in Nairobi bestand in der Veröffentlichung eines offenen Briefes zweier sowjetischer Dissidenten, Pater Gleb Yakunin und Lev Regelson, die den Rat verklagten, weil er geschwiegen hatte, als »die russisch‑orthodoxe Kirche« in den frühen Sechzigerjahren dieses Jahrhunderts bis zur Hälfte zerstört worden war«, und sie baten inständig darum, dass gegen die Verfolgung in der Sowjetunion vorgegangen werde.

Später wendet sich derselbe Artikel den Themen des Zeugnisablegens und der Verkündigung des Evangeliums zu. Hier merkt Time an:

Während der Versammlung kam es zu einiger Aufregung um ein nicht‑politisches Dokument mit dem Titel »Witness in a Devided World«. Bischof Per Loninng von der Norwegischen Kirche (Lutherisch) nannte es einen »gefährlichen Rückschlag, weil das Dokument einen »Mangel an missionarischer Eindringlichkeit« aufwies und es versäumte, die Einzigartigkeit des christlichen Glaubens zu betonen. Dem zustimmend, votierten die Delegierten nahezu einmütig für eine Überarbeitung des Dokuments, aber da sie sich hernach mit einem Bündel politischer Erklärungen über alles mögliche beschäftigten, angefangen von Nuklearwaffen (ja zu einem Einfrieren) bis zu den Rechten der Palästinenser (mit emphatischer Zustimmung), bot sich ihnen keine Gelegenheit mehr, in Bezug auf die Überarbeitung des Dokuments tätig zu werden.

Vergleichen Sie dies nun einmal mit dem, was unsere eigene evan­gelikale Führung und Presse berichteten. Ein Artikel in Christiani­ty Today stellte fest:

Die Evangelikalen waren begeistert von der neuen Erklärung des Weltrates der Kirchen zu Mission und Verkündigung des Evangeliums. Diese Erklärung zeigt den Einfluß der evangelikalen Theologie in ihrem starken Ruf nach Verkündigung des Evangeliums und der persönlichen Bekehrung zu Christus. ( … )

Von meinem subjektiven Empfinden her war dies eine der stärksten geistlichen Erfahrungen meines Lebens. Wir befassen uns hier mit nicht‑greifbaren Dingen, aber ich muß einfach bekunden, dass ich mich noch niemals unter so vielen überaus liebenswürdigen, freundlichen Christenmenschen (Anmerkung des Verfassers: damit sind die Abgeordneten des Weltkirchenrates gemeint) befunden habe ( … ). Alles schien durch die Anwesenheit des Heiligen Geistes geadelt zu sein. Die einzigen Auseinandersetzungen in Vancouver hatte ich mit meinen evangelikalen Brüdern. (…)

Die Mehrheit der evangelikalen Fraktion, die an der Versammlung teilnahm, war ebenfalls so begeistert, dass sie eine Erklärung zum Lob des Weltkirchenrates verfaßte und die Evangelikalen einlud, ihre Gaben für die weitere Arbeit zur Verfügung zu stellen.

Im weiteren Verlauf dieses Berichts wurde jeder marxistische Einfluß unberücksichtigt gelassen, die »Verschwommenheit« des Rates bezüglich der »Einzigartigkeit der Erlösung in Christus« bagatellisiert, der Aufruf des Rates zu einseitiger Abrüstung verteidigt und ganz allgemein ein Weg gesucht, um alles, was bei der Versammlung geschah, in angenehmem Licht erscheinen zu lassen.

Ist es dennoch möglich, dass der Verfasser dieses Berichts in Christianity Today an derselben sechsten Versammlung des Weltrates der Kirchen teilgenommen hat wie der Verfasser des Time‑Artikels? Man sollte doch meinen, dass er wenigstens genauso viel Einblick in die Versammlung hätte haben müssen wie die säkulare Zeitschrift Time. Wieder einmal sehen wir, dass die Welt oft besser begreift, was wirklich geschieht, als die auf Anpassung bedachten Evangelikalen. Man kann sich kaum erklären, wie dieser Beobachter mit einem so naiv gefälligen Bericht davonkommen konnte besonders, wenn wir einige andere Dinge bedenken, die während jener Vancouver‑Versammlung geschahen.

Als Beispiel dafür, wie weit die Anpassung fortgeschritten ist, unterzeichneten 200 Evangelikale, viele von ihnen bekannte Führungspersönlichkeiten in der evangelikalen Welt, die Erklärung zur Belobigung des Weltkirchenrates und die Aufforderung zur verstärkten Teilnahme der Evangelikalen. Einer der wenigen evangelikalen Persönlichkeiten, die die Erklärung zur Unterstützung des Weltkirchenrates nicht unterzeichneten, war Dr. Peter Beyerhaus, Professor an der Tübinger Universität in Westdeutschland. In einer alternativen Erklärung kommentierte Dr. Beyerhaus, der schon seit langer Zeit den Weltkirchenrat beobachtet, die Versammlung wie folgt:

Die Geschichte in einem materialistischen Zusammenhang zu sehen, ist das Hauptkennzeichen der marxistischen Ideologie, die in Form der »Theologie der Armen« sogar Zugang zu den Missionsdokumenten in Vancouver gefunden hat. ( … )

Vertreter der traditionellen christlichen Lehren (wurden) zu­sammen mit Männern und Frauen (genannt), die radikale Glaubensansichten vertreten, welche mit den orthodoxen biblischen Überzeugungen unvereinbar sind. Ein besonders herausragendes Beispiel bot Dr. Dorothee Sölle. Sie übte heftige Kritik am biblischen Konzept von Gott und seiner Herrschaft, indem sie dabei von einer »Gottes‑Bewegung« sprach, und sie ging sogar so weit, ihre Zuhörer zu ermutigen, »neue Bibeln« zu schreiben.

Andere Redner ermutigten die Frauen, ihre weiblichen Erfahrungen zum Ausgangspunkt einer vollkommen neu zu entwickelnden Theologie zu machen, in der die Achtung gegenüber dem biblischen Vater‑Gott in den Kult einer Gott‑Mutter umgewandelt werden sollte.

Nicht‑christliche Religionen werden als Wege dargestellt, auf denen Christus selbst ihren Anhängern Leben gibt und auch zu uns als Christen spricht. Die Befürchtung vieler, dass sich der Weltkirchenrat zunehmend auf einen Synkretismus hinbewegt, wird dadurch bestätigt, dass die indische Mythologie in das Anbetungsprogramm aufgenommen wurde ( … ) und dass ein führender Offizieller des Weltkirchenrates ausdrücklich erklärte, (. ..) dass eine evangelistische Erweckung unseren Dialog mit anderen Religionen gefährde.

Die Glaubwürdigkeit des Anspruchs des Weltkirchenrates, eine prophetische Stimme zu sein, die die Unterdrückung der Menschenrechte anprangert, wird wieder einmal durch die politische Einseitigkeit beeinträchtigt, mit der nur auf solche Verletzungen hingewiesen wird, die in der nicht‑marxistischen Welt geschehen; hingegen werden schwerwiegende Verstöße durch sozialistische Staaten, deren ökumenischen Vertretern man in der Versammlung Beifall für ihr leidenschaftliches Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit zollt, sehr zurückhaltend beurteilt oder stillschweigend übergangen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Verfolgung der Kirchen und der bekennenden Christen in diesen Ländern.

Der entscheidende Mangel der Versammlung ist das Fehlen einer wahrhaft biblischen Diagnose über die grundlegend mißliche Lage der Menschheit: unsere Trennung von Gott durch unsere Sünde. Ferner fehlt das Aufzeigen des biblischen Heilsweges, d. h. unserer Wiedergeburt, gewirkt vom Heiligen Geist aufgrund von Buße und persönlichem Glauben an Jesus Christus, wodurch unser gegenwärtiges Leben verändert wird und wir ewige Gemeinschaft mit Gott haben. Eine ziemlich optimistische Sicht von der menschlichen Natur und unserer Fähigkeit, uns selbst zu helfen, führt wieder einmal zu einer universalistischen Ansicht über die Erlösung.

Dr. Beyerhaus führt in seiner Erklärung noch viel mehr an, was ganz offensichtlich beweist, wie grundsätzlich unvereinbar das Programm und die Philosophie des Weltkirchenrates der historischen, christlichen Orthodoxie gegenüberstehen. Aber beachten Sie bitte sorgfältig: Hier geht es nicht um die Frage, ob wir einer Denomination angehören sollten, die Mitglied des Weltkirchenrates ist. Dies ist eine Sache der persönlichen Gewissensentscheidung, die jeder für sich selber fällen muß (obwohl ich persönlich nicht zu einer solchen Denomination gehören könnte). Die eigentliche Frage bezieht sich vielmehr auf die Gemeindezucht als eines der wahren Kennzeichen einer wahren Kirche. Und hier sehen wir nun, wie evangelikale Führungspersönlichkeiten das Prinzip der Gemeindezucht sogar dort verlassen, wo es um die zentralen Glaubensgrundsätze geht‑, sie rufen die Evangelikalen auf, sich mit dem Verbleib in ihren fortdauernd pluralistischen Denominationen zufrieden zu geben ‑ in dieser Mischung aus bibelgläubigen Christen und jenen, die selbst die extremsten Ansichten der liberalen Theologie vertreten. Da jegliche Vorstellung und Hoffnung aufgegeben wurde, dass die Kirche jemals durch die Anwendung der Gemeindezucht gereinigt werden könnte, wird jede beliebige Irrlehre und Unwahrheit in der Kirche Jesu Christi als normal hingenommen. Dr. Beyerhaus’ Schlußfolgerung trifft die Sache ganz genau: »Alle diese Beobachtungen tragen zu unserer Befürchtung bei, dass der Weltkirchenrat in der Gefahr steht, zum Sprachrohr für falsche Prophetie gegenüber der Christenheit zu werden.«

Der neue Utopismus

Interessanter‑weise kann man feststellen, dass es auf der Tagesordnung einen ganzen Katalog von Fragen gibt, bei deren Behandlung sich der Weltrat »auf die falsche Seite begeben hat«, eine Vorgebensweise, der sich die evangelikale Welt in zunehmendem Maße angepaßt hat. Eine dieser Fragen, die ich besonders erwähnen möchte, bezieht sich auf die unbedingte Notwendigkeit der Christen, sich gegen die Tyrannei zu stellen ‑ sei es Tyrannei von rechts oder von links. Dies schließt auch jene Tyrannei ein, die im Ostblock existiert, ebenso wie die Tyrannei, die sich über den Globus auszuweiten sucht, denn die Philosophie des Marxismus und der Sowjetunion ist ihrer Natur nach expansionistisch. Bedenken Sie ebenfalls, dass das Sowjetsystem vollkommen auf derselben Ansicht über die letzte Realität basiert, die heute unter dem Namen des »Humanismus« für die Zerstörung unseres eigenen Landes und unserer eigenen Kultur verantwortlich ist.

Natürlich muß man der Ausgewogenheit halber Folgendes hinzufügen: Ich möchte noch einmal anmerken, dass unser Land niemals perfekt war ‑ unser Land war niemals perfekt, und heute ist es dies mit Sicherheit noch weniger. Vorjahren habe ich noch dafür gebetet, dass unser Land der Gerechtigkeit unterworfen werde, heute flehe ich nur noch um Gnade. All das Licht, das uns gewährt wurde, und all die Errungenschaften des biblischen Einflusses, die wir genossen haben und dann all das verworfen und zertreten zu haben ‑ wirklich, wir verdienen Gottes Gericht. Dies soll uns jedoch nicht vergessen lassen, dass sich die sowjetische Position noch tiefer in der Sackgasse befindet. Unseren Nächsten so zu lieben, wie wir es wirklich tun sollten, heißt zunächst einmal, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um denjenigen zu helfen, die heute unter diesem System verfolgt werden (besonders darf die Verfolgung unserer christlichen Brüder und Schwestern im Ostblock nicht verharmlost werden); zweitens müssen wir uns davor hüten, bei der Ausweitung dieser Unterdrückung in weitere Länder behilflich zu sein. Wir sollten nicht vergessen, dass wir in einer gefallenen Welt leben, und dürfen daher nicht die im Augenblick vorherrschenden utopischen Ansichten über die Abrüstung unterstützen.

Die Bibel ist hier eindeutig: Ich soll meinen Nächsten lieben wie mich selbst, und zwar so, wie die Not es gebietet, auf praktische Art und Weise, inmitten einer gefallenen Welt, zu meinem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte. Aus diesem Grunde bin ich kein Pazifist. In dieser armseligen Welt, in der wir leben ‑ in dieser verlorenen Welt ‑, bedeutet Pazifismus, dass wir jene Menschen im Stich lassen, die unsere Hilfe am nötigsten haben.

Lassen sie mich das veranschaulichen. Ich gehe die Straße hinunter und stoße auf einen großen, stämmigen Mann, der im Begriff ist, ein kleines Kind totzuschlagen ‑ er schlägt also dieses kleine Mädchen ‑ er schlägt ‑ er schlägt. Ich flehe ihn an, aufzuhören. Angenommen, er weigert sich. Was bedeutet Liebe in diesem Zusammenhang? Liebe bedeutet, dass ich ihn auf alle mir zur Verfügung stehende Weise behindere, einschließlich der Möglichkeit” ihn zu schlagen. Dies ist für mich nicht nur aus humanitären Gründen eine Notwendigkeit, es bedeutet vielmehr Loyalität gegenüber Christi Geboten, die sich auf die christliche Liebe in einer gefallenen Welt beziehen. Was geschieht nun mit dem kleinen Mädchen? Wenn ich die Kleine mit dem brutalen Kerl allein lasse, dann bin ich der wahren Bedeutung christlicher Liebe untreu geworden ‑ nämlich der Verantwortung meinem Nächsten gegenüber. Die Kleine, ebenso wie der Mann, sind meine Nächsten.

Die klarste Veranschaulichung zu diesem Thema, die man sich überhaupt denken kann, bietet ui‑is der Zweite Weltkrieg. Wie steht es denn mit Hitlers Terrorismus? Es gab keinen anderen Weg, dem schrecklichen Terror im Hitlerdeutschland ein Ende zu setzen, als durch Waffengewalt. Es gab keinen anderen Weg. Was meine Meinung angeht, war die Waffengewalt das notwendige Außenwerk der christlichen Liebe in einer Welt, die nun einmal gefallen ist. Die Welt ist eine anormale Welt. Aufgrund des Sündenfalls ist sie nicht mehr so, wie Gott sie ursprünglich gedacht hatte. Es gibt in dieser Welt vieles, was Kummer macht, aber dem müssen wir ins Gesicht sehen. Wir können uns niemals den Luxus erlauben, bloß utopisch zu handeln. Utopische Programme haben in dieser gefallenen Welt immer Tragödien hervorgebracht. Die Bibel ist an keiner Stelle utopisch.

Uns alle schmerzt jeder Krieg, und besonders ein möglicher Atomkrieg. Aber in einer gefallenen Welt gibt es viele Dinge, die uns schmerzen, denen wir uns aber stellen müssen. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die Europäer, mehr noch als die Amerikaner, den Schutz durch Nuklearwaffen gewollt und ihn auch gefordert. Wir sind an einem verrückten Punkt angekommen, an dem sich beide Seiten mit wild wuchernden Nuklearwaffenarsenalen gegenüberstehen. Natürlich müssen darüber Gespräche geführt werden, wie auch diese Kapazität, falls möglich, reduziert werden muß. Aber der grundsätzliche Umstand hat sich nicht geändert: Mehr noch als zur Zeit Winston Churchills wäre Europa heute von der militärischen und politischen Herrschaft der Sowjetunion bedroht, gäbe es nicht die Atomwaffen der NATO.

In diesem Zusammenhang sind die Äußerungen, die Yves Montand, der linksgerichtete französische Filmschauspieler vor kurzem machte, interessant. Montand ist übrigens der Ehemann von Simone Signoret, die seit 35 Jahren als die Stimme der Linken in Frankreich bekannt ist; Simone Signoret hat sich sehr in den linksgerichteten politischen Bewegungen Europas engagiert. Im Lichte alles dessen ist Montands Erklärung bemerkenswert, dass die gegenwärtige Friedensbewegung und die Friedensdemonstrationen gefährlicher sind als Stalin selbst.

Eine einseitige Abrüstung wäre in dieser gefallenen Welt, besonders angesichts des aggressiven sowjetischen Materialismus mit seiner anti‑göttlichen Basis, ganz und gar utopisch und romantisch. Sie würde, wie es der Utopismus in dieser gefallenen Welt immer getan hat, zu einer Katastrophe führen. Es mag sich vernünftig anhören, wenn man von einem Einfrieren auf dem jetzigen Stand spricht, oder wenn man sagt: »Wir werden niemals als erste Atomwaffen einsetzen.«Aber wenn wir dies gründlich überdenken, käme beides einer einseitigen Abrüstung gleich. Man darf in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass ein Einfrieren den momentan existierenden Waffen keinerlei Beschränkungen auferlegen würde‑, durch eine solche Maßnahme gäbe es keine gegenwärtige Garantie für die Sicherheit. Man kann die Romantik der liberalen Theologen in dieser Angelegenheit verstehen, denn der Liberalismus stimmt der biblischen Betonung vom Gefallensein dieser Welt nicht zu. Man kann auch den Pazifismus der »Friedenskirchlichkeit«verstehen: Sie haben schon immer das Gebot Christi an den Einzelnen, die andere Wange hinzuhalten, in verfehlter Weise auf den Staat ausgeweitet. Sie verkennen die gottgegebene Verantwortung des Staates, seine Bevölkerung zu schützen und in einer gefallenen Welt für Gerechtigkeit einzutreten. Beide Pinschauungen sind verständlich, aber beide liegen falsch. Wenn sie sich durchsetzen und die Regierungspolitik bestimmen, dann wird aus dem Fehler eine Tragödie werden.

Aber wenn diejenigen, die sich selber als Evangelikale bezeichnen, anfangen, in der allgemeinen, gedankenlosen Parade unserer Tage mitzutrotten und sich romantische, utopische Haltungen zu eigen machen, dann wird es Zeit, dem laut und deutlich Widerstand entgegenzusetzen. Wenn wir an diesem Punkt Anpassung akzeptieren, wie können wir dann noch sagen, wir liebten unseren Nächsten?”

Die feministische Subversion 

 

Es gibt noch eine letzte Ebene, die ich erwähnen möchte. Auch hier haben sich Evangelikale dem Zeitgeist unserer Tage angepaßt, was zu tragischen Resultaten geführt hat. Ich meine damit den gesamten Bereich von Ehe, Familie, Sexualmoral, Feminismus, Homosexualität und Ehescheidung. Ich fasse diese Punkte zu einem Gesamtthema zusammen, da sie alle in einem direkten Zusammenhang stehen und in der Tat Teil eines der bedeutendsten Aspekte der menschlicher) Existenz sind.

Das biblische Muster

Warum sind die Ehe und die damit zusammenhängenden Aspekte der menschlichen Sexualität so wichtig? Die Bibel lehrt, dass die eheliche Beziehung nicht lediglich eine menschliche Institution ist, sondern dass sie vielmehr tatsächlich ein heiliges Geheimnis ist, das, wenn es geachtet wird, etwas über das Wesen Gottes enthüllt. Aus diesem Grunde können wir feststellen, dass die eheliche Beziehung zwischen Mann und Frau quer durch die Bibel hervorgehoben wird, als ein Bild, eine Illustration, ein Muster der wunderbaren Beziehung zwischen dem Individuum und Christus und zwischen der Kirche und Christus. So heißt es in Ephcser 5,2532:

Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. So sind auch die Männer schuldig, ihre Frauen zu lieben wir ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes. »Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.« Dieses Geheimnis ist groß, ich aber deute es auf Christus und die Gemeinde.

Beachten Sie, mit wie viel Bedacht das Wort Gottes diese Beschreibung einer normativen ehelichen Beziehung und die Beschreibung der Beziehung zwischen Kirche und Christus miteinander verflechtet. Diese beiden Gestalten sind dergestalt miteinander verbunden, dass es fast unmöglich scheint, sie selbst mit einem scharfen Instrument wie dem Skalpell eines Chirurgen zu trennen So lesen wir in Epheser 5,2125.33:

Ordnet euch einander unter in der Furcht Christ, die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn! Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als des Leibes Heiland. Wie nun die Gemeinde sich dem Christus unterordnet, so auch die Frauen den Männern in allem. Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat. ( … ) jedenfalls auch ihr jeder von euch liebe seine Frau so wie sich selbst; die Frau aber, dass sie Ehrfurcht vor dem Mann habe.

Dies ist jedoch keine Einzelpassage, denn wir finden dasselbe Bild von Braut und Bräutigam an mehreren Stellen des Alten und Neuen Testaments (vgl. z. B. Johannes 3,2829; Römer 7,14; Jeremia 3,14; 2.Korinther 11,12; Offenbarung 19,69).

So sehen wir also, dass die Beziehung von Mann und Frau in der Ehe und die Beziehung von Individuum und Kirche zu Christus aufs Innerste miteinander verbunden sind. Ebenso, wie es zwischen der menschlichen Braut und dem Bräutigam, die sich wirklich lieben, eine echte Einheit gibt, ohne dass die beiden Persönlichkeiten jedoch miteinander verwechselt werden, genauso bleibt in unserem Einssein mit Christus die Braut Braut und Christus bleibt Christus. Dieses großartige Verständnis dessen, wie die Bibel eine Parallele zwischen der Beziehung von Mann und Frau und unserer Einheit mit Christus zieht, lenkt unser Denken in zwei Richtungen. Zunächst läßt es uns die Großartigkeit, das Wunder und die Schönheit der Ehe verstehen; und zweitens verhilft es uns zu einem tiefen Einblick in die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk und zwischen Christus und seiner Kirche.

 

Zerstörtes Leben

Aber was ist in unserer Generation mit diesem wunderbaren Bild von der Ehe geschehen? Es ist zerstört worden. Und wir müssen unter Tränen gestehen, dass die Zerstörung in unseren eigenen evangelikalen Kreisen fast genauso allumfassend ist. Schauen wir uns doch viele unserer evangelikalen Führungspersönlichkeiten und einen Großteil unserer evangelikalen Literatur an: Wir finden dieselben zerstörerischen Ansichten über die Scheidung, den extremen Feminismus und sogar über die Homosexualität, wie sie auch in der Welt vertreten werden! Wie weit es in Bezug auf die Scheidung mit den Evangelikalen gekommen ist, wird anhand der folgenden Beobachtungen und Zitate von Os Guinnes deutlich:

So schreibt z.B. ein christlicher Konservativer, dass der Zerbruch seiner Ehe zwar traurig, aber »auf eigene Art und Weise ein gesunder Neuanfang für jeden von uns beiden war. Und er fährt fort, dass er wie einst Abraham einem Glaubensruf folgte, der ihn dazu aufrief, die Sicherheit des Ehelebens zu verlassen und sich auf eine geistliche Pilgerreise zur emotionalen Selbstfindung zu begeben.

Ein anderer schreibt: »Ich hoffe, dass meine Frau sich niemals von mir trennt, denn ich liebe sie von ganzem Herzen. Aber wenn sie eines Tages das Gefühl hat, dass ich sie herabsetze oder dass ich bei ihr Gefühle der Unterlegenheit hervorrufe oder ihr in irgendeiner Weise im Wege stehe, so dass sie sich nicht zu der Persönlichkeit entwickeln kann, wie Gott sie wollte, dann hoffe ich, dass sie die Freiheit hat, mich rauszuschmeißen, auch wenn sie hundert Jahre alt sein sollte. Es gibt etwas Wichtigeres als den Fortbestand unserer Ehe, nämlich das, was mit Integrität, Persönlichkeit und Lebensziel zu tun hat.«

Das Höchste an Spitzfindigkeit stellen jene hinterhältigen Menschen dar, die behaupten, sich aus Treue zu Christus scheiden zu lassen! Früher hätte dies nur jene Bedeutung haben können, dass der nicht‑christliche Partner seinen christlichen Ehemann oder seine christliche Ehefrau wegen dessen Glauben verlassen hat. Heute bedeutet es aber oft, dass sich ein Christ von einem anderen Christen wegen einer christlichen Streitfrage scheiden läßt.

Hätten Sie jemals gedacht, dass z. B. die Hinwendung zu einem einfacheren Lebensstil zu einer Scheidung führen könnte? Ja! ‑ wie ein bestimmter Verfasser mit Nachdruck betont:

»Der Bruch entsteht schließlich dann, wenn man erkennt, dass man bei dieser Art von Gewissenskonflikt keine Kompromisse schließen kann. Die biblische Ethik lehrt, dass es verschiedene Stufen der Wichtigkeit und Dringlichkeit gibt. Und Jesu brennendes Interesse an dem Kommen seines Reiches als Gegenschlag zu unserer Kultur überwog bei weitem sein Interesse an der Aufrechterhaltung der Familienstrukturen. Es kann genauso viel Sünde in dem Versuch liegen, eine tote oder bedeutungslose Beziehung aufrechtzuerhalten, wie darin, eine zerbrochene Beziehung als solche anzuerkennen, sie Gott abzugeben und dann getrennte Wege zu gehen.«  –  Aufgrund der Treue zu Christus Christus den Gehorsam zu verweigern! Welch exquisite Ironie. (Os Guiness)

Ja, auch hier muß auf Ausgeglichenheit geachtet werden! Wir müssen mit den Geschiedenen Mitleid haben ‑ und mit allen anderen im menschlichen Beziehungsgeflecht, deren Leben infolge einer Scheidung zerstört wurde. Aber ein Großteil der evangelikalen Welt hat unter dem Deckmantel der Liebe jegliche Auffassung von Recht und Unrecht in Bezug auf die Scheidung preisgegeben und nutzt jegliche Ausflucht, um den biblischen Eingrenzungen der Ehescheidung aus dem Wege gehen zu können.

Subversiver Einfluß

Wir können nicht über Scheidung sprechen, ohne gleichzeitig den extremen Feminismus einzubeziehen, denn er zählt mit Sicherheit zu den größten Beeinflussungen der steigenden Scheidungsrate unserer Tage. Es ist interessant, was der Herausgeber einer Zeitschrift, die sich selbst evangelikal nennt, über den Feminismus sagt:

„Seit Jahren vertreten die Rechten die Ansicht, dass der Feminismus die westlichen Werte korrumpiert und die amerikanischen Institutionen zu unterminieren droht. Diese Besorgnis habe ich niemals verstanden, ich hatte immer den Eindruck, dass die Rechten einfach Angst vor einer Veränderung hatten.

Aber heute habe ich zunehmend den Eindruck, dass sie wirklich Recht haben. Der Feminismus ist, zumindest in einigen seiner Wesenszüge, zutiefst subversiv. – Deshalb mag ich ihn“.  (John F. Alexander The Other Side, 1982, S. 8)

Dieser evangelikale Herausgeber hat zumindest in einem Sinne recht. Der Zeitgeist unserer Tage unterstützt eine extrem starke und subversive feministische Anschauung, die lehrt, dass Haus und Familie Wege zur Unterdrückung der Frau darstellten; dass Selbstverwirklichung und Karriere Vorrang vor der Ehe und den Bedürfnissen der Kinder habe, dass Haushalt und Kindererziehung demütigend sind, dass man seine Talente verschwendet, wenn man vollzeitlich Hausfrau ist. Dies alles hat natürlich verheerende Auswirkungen auf die Familie gehabt; ebenso aber auch auf die gesamte Gesellschaft, denn diejenigen, die unter zerrütteten Familienverhältnissen aufgewachsen sind, leben ihr zerrüttetes Leben mitten unter uns.

Der Schlüssel zum Verständnis des extremen Feminismus liegt in der Vorstellung von der totalen Gleichheit oder, besser gesagt, in der Vorstellung von der Gleichheit ohne Unterschied. Auch hier müssen wir wiederum auf Ausgewogenheit achten. Die Bibel lehrt nichts über eine Ungleichheit von Mann und Frau. Jeder Mensch, ob Mann oder Frau, steht in gleicher Weise vor Gott: als eine Person, die nach seinem Bilde geschaffen wurde, und als Sünder, der der Rettung bedarf. Deshalb besitzt jede Person, egal, ob Mann oder Frau, eine uneingeschränkte Gleichheit an Wert vor Gott und voreinander; genauso besteht für jeden Menschen das vollkommen gleiche Bedürfnis nach Christus als dem Erlöser.

Aber andererseits ist diese Gleichheit keine Gleichheit in Form von monolithischer Uniformität oder »Gleichförmigkeit« von Mann und Frau. Es ist vielmehr eine Gleichheit, die die fundamentalen Unterschiede zwischen den Geschlechtern bewahrt und die Verwirklichung und Erfüllung dieser Unterschiede vorsieht; gleichzeitig aber bestätigt sie alles, was Männern und Frauen gemeinsam ist ‑ nämlich, dass beide nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, und zwar als sich ergänzender Ausdruck seines Bildes.

So müssen wir gleichzeitig zwei Dinge bekräftigen: Weil sowohl Männer als auch Frauen nach dem Bilde Gottes geschaffen wurden, ist beiden eine Gleichheit zu eigen, die für das gesamte Leben von enormer Tragweite ist; weil sowohl Männer als auch Frauen mit besonderen Unterschieden als sich ergänzender Ausdruck des Bildes Gottes geschaffen wurden, hat dies enorme Auswirkungen auf das gesamte Leben ‑ in der Familie, in der Kirche und in der Gesellschaft als Ganzes. Innerhalb dieser wunderbaren Ergänzung ist Raum für eine ungeheuer große Bandbreite an Vielgestaltigkeit.

Aber gleichzeitig bedeutet dies nicht Freiheit ohne Ordnung. Die Bibel gewährt Männern und Frauen eine enorme Freiheit, aber diese Freiheit herrscht nur innerhalb der Schranken der biblischen Wahrheit und innerhalb der Schranken dessen, was es bedeutet, ein sich ergänzender Ausdruck des Bildes Gottes zu sein.

Um der Ausgewogenheit willen müssen wir auch mit Nachdruck darauf hinweisen, dass, weil wir eine gefallene Menschheit sind, die Männer ihre Stellung oft verfälscht haben, indem sie eine Tyrannei entwickelten. Es ist Teil der Verantwortung eines Ehemannes, dafür zu sorgen, dass seine Frau so weit wie möglich Erfüllung findet. Auch dies ist Teil der biblischen Ordnung.

Als Gegensatz zu dieser wunderbaren Ausgewogenheit möchte der Zeitgeist unserer Tage uns dazu verführen, auf dem Gebiet der Beziehungen zwischen Mann und Frau eine autonome, absolute Freiheit anzustreben ‑ alle Ordnungen und Begrenzungen in diesen Beziehungen zu verwerfen, besonders aber die Ordnungen, wie sie in der Heiligen Schrift gelehrt werden. So strebt unser Zeitalter nicht nach biblischer Gleichheit und Ergänzung, die im Bilde Gottes ihren Ausdruck findet. Vielmehr verlangt man nach einer monolithischen Gleichheit, die am besten als Gleichheit ohne Unterschied beschrieben werden könnte ‑ d. h., allen Unterschieden zwischen Männern und Frauen und den Auswirkungen auf alle Lebensbereiche wird jegliche Geltung abgesprochen. Letztendlich hat eine Gleichheit ohne Unterschiede sowohl für Männer als auch für Frauen zerstörerische Konsequenzen, denn sie berücksichtigt weder die wahre Identität und die Unterschiede beider Geschlechter, noch ihre Gemeinsamkeiten, die alle in der Bedeutung des Mann‑ und Frauseins zusammengefaßt sind.

Tragische Konsequenzen

Ich habe diesen Punkt ausführlich behandelt, weil er von absolut entscheidender Wichtigkeit ist. Verleugnet man die biblische Wahrheit über die Bedeutung des Mann‑ und Frauseins, dann heißt das, etwas Wesentliches über die Natur des Menschen und über die Persönlichkeit Gottes und seine Beziehung zum Menschen zu verleugnen. Aber dies hat ebenso tragische Konsequenzen für die Gesellschaft wie für das menschliche Leben. Wenn wir die Vorstellung von der Gleichheit ohne Unterschiede akzeptieren, dann müssen wir logischerweise die Gedanken der Abtreibung und der Homosexualität akzeptieren. Denn wenn es keine bedeutenden Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, dann haben wir sicherlich keinen Grund, homosexuelle Beziehungen zu verurteilen. Und wenn es keine bedeutenden Unterschiede gibt, dann kann diese Fiktion nur dadurch aufrechterhalten werden, dass man die »Abtreibung auf Verlangen« benutzt, um mit der eindeutigen Offensichtlichkeit fertig zu werden, dass diese Unterschiede wahrhaftig existieren.

Wieder einmal scheu wir, dass eine Vorstellung, die zunächst biblischen Gedanken sehr nahe zu kommen scheint, schließlich an einer vollkommen anderen Stelle endet. Die Vorstellung eines absoluten, autonomen Freiseins von Gottes Begrenzungen geht über in die Vorstellung von der Gleichheit ohne Unterschied, die wiederum zu der Verneinung dessen führt, was es in Wahrheit bedeutet, Mann und Frau zu sein‑, dies geht seinerseits auf Abtreibung und Homosexualität über, ebenso wie auf die Zerstörung von Haus und Familie, und führt schließlich zur Zerstörung unserer Kultur. Noch einmal müssen wir traurigerweise betonen, dass die evangelikale Welt hier versagt hat. Es gibt jene, die sich evangelikal nennen und die zur evangelikalen Leiterschaft gehören, jedoch das biblische Muster für die Beziehung zwischen Mann und Frau in Familie und Kirche vollkommen verleugnen. Es gibt viele, die den Gedanken von der Gleichheit ohne Unterschied akzeptieren und die biblische Lehre zu diesem Thema vorsätzlich ableh­nen. Und es gibt andere, die sich evangelikal nennen und gleichzeitig behaupten, dass die Homosexualität und selbst die Vorstellung einer homosexuellen »Ehe« annehmbar seien.

Die Bibel den eigenen Zwecken unterwerfen

Aber beachten Sie: Das kann nicht geschehen, ohne dass man die Autorität der Bibel auf dem Gebiet der Sexualmoral verneint. Dies ist keinesfalls ein Disput über eine Interpretationsfrage; es handelt sich vielmehr um eine direkte und vorsätzliche Verleugnung dessen, was die Bibel auf diesem Gebiet lehrt. Einige evangelikale Führungspersönlichkeiten haben in der Tat als direkte Folge ihres Versuchs, mit dem Feminismus zu einer Einigung zu kommen, ihre Ansichten über die Unfehlbarkeit der Bibel geändert. Dies ist nichts anderes als Anpassung. Es stellt eine direkte und vorsätzliche Unterwerfung der Bibel zum Zweck der Angleichung an den Zeitgeist unserer Tage dar, und zwar an genau dem Punkt, an dem das moderne Denken auf die Lehre der Bibel prallt. Das wird auch durch das folgende Beispiel aus dem Bereich der Homosexualität deutlich, dessen Autorin sich evangelikal nennt.

Es ist wahr, dass einige Christen der festen Meinung sind, dass Homosexuelle ihre Gefühle ändern können ‑ dass sie das auch wirklich tun sollen. Aber andere Christen haben angefangen, diese Vorstellung anzuzweifeln ‑ und zwar nicht einfach aus einer Laune heraus, sondern nach sorgfältigem biblischem, theologischem, historischem und wissenschaftlichem Forschen.”

Hier hat diese Autorin, wahrscheinlich unwissentlich, eine genaue Beschreibung davon gegeben, wie Anpassung funktioniert. Zuerst fängt man an, Fragen zu stellen, die auf dem basieren, was die Welt um uns herum sagt; dann schaut man in die Bibel, danach auf Theologie und Wissenschaft ‑ bis die Lehre der Bibel schließ­lich vollkommen dem unterworfen wird, was die Welt gerade denkt. Die Schlußfolgerung der oben zitierten Autorin gibt dies auf eine bemerkenswert kreative Art und Weise wieder: Homosexualität ist mit »händigkeit« zu vergleichen. Das heißt, einige Menschen sind Rechtshänder und andere sind Linkshänder; einige Menschen sind heterosexuell und andere sind homosexuell. Und das eine ist genauso gut wie das andere. Man kann sich kaum vorstellen, wie weit diese Dinge gekommen sind. Auf dem Gebiet der Ehe und der Sexualmoral ist die evangelikale Welt tief infiltriert vom heutigen Zeitgeist. Zwar würden nur wenige so weit gehen wie die oben erwähnten Extremfälle. Aber es gibt viele, die diese Ansichten stillschweigend tolerieren und die die biblische Lehre zur Ehe und zur Ordnung in Familie und Kirche, wenn nicht im Prinzip, so doch in der Praxis, als einen wunderlichen Anachronismus ansehen, der in der modernen Welt kulturell irrelevant ist. Bei einigen geschieht diese Anpassung bewußt und beabsichtigt; bei der Mehrheit jedoch ist sie mit einer unreflektierten Zustimmung zum vorherrschenden Zeitgeist verknüpft. Aber in beiden Fällen sind die Ergebnisse im Wesentlichen die gleichen.

 

Gottes Wort Glauben schenken

Warum ist das gesamte Gebiet der Ehe und Sexualität so wichtig? Zunächst einmal deshalb, weil die Bibel sagt, dass es so ist, und weil sie mit scharfen Worten von denen spricht, die das verletzen, was Gott auf diesem Gebiet festgesetzt hat:

Oder wißt ihr nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige, noch Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Wollüstlinge, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden das Reich Gottes erben (l. Korinther 6,9‑10).

Und wiederum in Bezug auf die Homosexualität:

Deswegen hat Gott sie dahingegeben in schändliche Leidenschaften. Denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in den unnatürlichen verwandelt, und ebenso haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen, sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie Männer mit Männern Schande trieben, und empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst (Römer 1,26‑27).55

Gott verdammt die sexuelle Sünde mit den schärfsten Worten. Das soll nicht heißen, dass sexuelle Sünde schlimmer ist als andere Sünde. Wenn wir mit der Bibel im Einklang sein wollen, dann müssen wir uns eindeutig gegen jede Form der Sünde aussprechen. Aber gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass Gott jede sexuelle Sünde sehr scharf verurteilt und uns niemals erlaubt, die Verurteilung dieser Sünde abzumildern.

Warum ist dieser Punkt so wichtig?

Zuerst einmal natürlich deshalb, weil Gott es sagt. Gott ist Schöpfer und Richter des Universums, seine Persönlichkeit ist das Gesetz des Universums, und wenn er uns sagt, dass irgend etwas falsch ist, dann ist es falsch.

Zweitens dürfen wir niemals vergessen, dass Gott uns in unsere Beziehungen hineingestellt hat, damit wir wirkliche Erfüllung in dem finden, wie er uns geschaffen hat; deshalb ist eine rechte sexuelle Beziehung gut für uns, so wie wir geschaffen sind. Wenn wir Gottes Ordnung für Ehe und Sexualmoral nicht befolgen, dann hat das sowohl für uns als auch für die Gesellschaft zerstörerische Folgen.

Drittens zerstört die Ablehnung der von Gott festgelegten Ordnungen die Bedeutung der Beziehung Gottes zu seinem Volk, die ja anhand der biblischen Lehre von Ehe und Sexualmoral verdeutlicht wird. Es geht hier nicht nur darum, was auf menschlicher Ebene richtig oder falsch ist; eine Ablehnung ist gleichzeitig eine Verleugnung der Wahrheit Gottes und seiner Beziehung zu seinem Volk. Wenn wir Gottes Ordnungen nicht befolgen, dann zer­stören wir das wahre Abbild dessen, was ein Christ persönlich und als Teil der Kirche darstellt.

Zum Schluß müssen wir festhalten, dass sich dies aber auch besonders auf die Ordnung innerhalb der Familie bezieht. Wie wir bereits gesehen haben, zeichnet die Bibel ein wunderschönes Bild von der Beziehung zwischen Mann und Frau in der Ehe und verknüpft dies mit der Beziehung zwischen Christus und der Kirche:

Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi, die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn! Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als des Leibes Heiland. Wie nun die Gemeinde sich dem Christus unterordnet, so auch die Frauen ihren Männern in allem.

Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. So sind auch die Männer schuldig, ihre Frauen zu lieben wir ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes. »Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.« Dieses Geheimnis ist groß, aber ich deute es auf Christus und die Gemeinde. jedenfalls auch ihr ‑jeder von euch liebe seine Frau so wie sich selbst; die Frau aber, dass sie Ehrfurcht vor dem Mann habe (Epheser 5,21‑33).

Dies stellt keine Unterdrückung dar, wie uns heute viele, selbst ii) der evangelikalen Welt, glauben machen wollen. Vielmehr ist es ein wundervolles Bild dessen, was eine Ehe sein sollte, aber eben­so auch eine Illustration der Liebe Christi zu seiner Kirche. Lehnt man dies ab, zerstört man nicht nur die eheliche Beziehung, sondern auch das Wissen um die Wahrheit von Christi unwandelbarer Liebe zu seiner Kirche; gleichzeitig wird ebenfalls die Autorität der Bibel auf dem Gebiet der Sexualmoral untergraben

Die große Anpassung

Anpassung, Anpassung. Wie das Trachten nach Anpassung wächst und sich ausbreitet! Die vergangenen sechzig Jahre haben eine moralische Katastrophe hervorgebracht ‑ und was haben wir dazu gesagt? Traurigerweise müssen wir sagen, dass die evangelikale Welt Teil dieser Katastrophe gewesen ist. Mehr noch: Die evangelikale Antwort selbst ist eine Katastrophe gewesen. Wo ist denn die klare Stimme zu hören, die sich zu den entscheidenden Fragen unserer Zeit äußert und unmißverständlich biblische, christliche Antworten gibt? Unter Tränen müssen wir gestehen, dass diese Stimme im Großen und Ganzen nicht zu hören ist und dass sich ein Großteil der evangelikalen Welt vom heutigen Zeitgeist hat verführen lassen. Aber mehr noch: Wir müssen erwarten, dass die Zukunft zu einer noch viel größeren Katastrophe werden wird, wenn die evangelikale Welt nicht für die biblische Wahrheit und Ethik im gesamten Spektrum des Lebens eintritt. Denn die evangelikale Anpassung an unseren heutigen Zeitgeist repräsentiert die Beseitigung der letzten Barriere gegen den Zusammenbruch unserer Kultur Und mit der Beseitigung dieser Barriere geht ein soziales Chaos und das Aufkommen eines autoritären Regierungssystems zur Wiederherstellung der sozialen Ordnung einher.

Weltlichkeit

Ob wir dies als Gericht Gottes (was es mit Sicherheit ist) oder als die unvermeidbare Folge des sozialen Chaos ansehen, macht letzt­lich wenig Unterschied. Wenn sich die Anpassungsmentalität in­nerhalb der evangelikalen Welt nicht ändert, dann müssen wir zwei­felsohne mit den oben genannten Folgen rechnen. Also ist es an der Zeit, der Fiktion eines vereinigten Evangelikalismus mit Aufrichtigkeit gegenüberzutreten‑, einige Christen werden den Mut aufbringen müssen, eine Trennlinie zu ziehen ‑ und zwar liebevoll, aber in aller Öffentlichkeit. Die Konfrontation muß liebevoll, aber dennoch Konfrontation sein. Dies bedeutet auch, sich der heutigen Gestalt des Zeitgeistes nicht anzupassen, der ohne Schranken vorwärts strebt und beansprucht, autonom zu sein. Im Gegensatz dazu bietet die Bibel wahre Freiheit durch eine Ordnung und eine Lebensweise, die die tiefsten menschlichen Bedürfnisse erfüllt. Die Bibel spricht nicht nur von moralischen Grenzen, sondern von Absolutem und Wahrheit bezüglich des gesamten Lebens.

Der nächste Satz ist entscheidend. Die Annahme des Zeitgeistes dieses Zeitalters ist die gröbste Form der Weltlichkeit im eigentlichen Sinn des Wortes. Und wir müssen leider sagen, dass diese Anpassung an die Form des Zeitgeistes, die sich heute darstellt, im Großen und Ganzen auch in der Gruppe der Evangelikalen vollzogen wurde. Dies muß ich unter Tränen sagen, und wir dürfen auch nicht aufgeben, zu hoffen und zu beten. Wir müssen feststellen, dass viele, die eine grundlegend andere Meinung zu dieser Streitfrage haben, unsere Brüder und Schwestern in Jesus sind. Aber im grundlegendsten Sinn des Wortes sind die führenden Kreise deutlich weltlich geworden.

Konfrontation

Alles, was ich in meinem Buch Das Kennzeichen des Christen und in den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches gesagt habe, muß festgehalten werden.

Inmitten aller Unterschiede müssen wir tatsächlich eine praktische Demonstration der Liebe geben. Aber bei­des, die Wahrheit Gottes und das Werk der Kirche Jesu, zeigt uns zur gleichen Zeit eindringlich:
Die Wahrheit fordert liebevolle Kon­frontation, aber Konfrontation

Es gibt drei mögliche Positionen: 1. lieblose Konfrontation, 2. keine Konfrontation und 3. liebevolle Konfrontation; nur die dritte ist biblisch. Es muß eine Festlegung der Prioritäten geben. Auch wenn alle Dinge wichtig sein mögen, benötigen doch nicht alle in der gegebenen Zeit und den gegebenen Möglichkeiten die gleiche Intensität der Konfrontation. Es ist folgende Trennung zu ziehen: keine Anpassung an den Zeitgeist der autonomen Freiheit und Gehorsam zum Wort Gottes. Dies bedeutet ein Leben im Gehorsam zur gesamten Einheit der Bibel in den entscheidenden moralischen und sozialen Fragen unserer Tage ebenso wie in der Lehre. Der Gehorsam zum Worte Gottes ist die Wasserscheide. So kann das Versäumnis der Evangelikalen, einen klar und deutlich biblischen Standpunkt zu den entscheidenden Fragen unserer Tage zu beziehen, angesehen werden als Versagen, sich unter die volle Autorität des Wortes Gottes in der gesamten Breite des menschlichen Lebens zu stellen.

Natürlich, es muß eine Ausgeglichenheit gegeben sei, und Heiligkeit und Liebe gehören beide dazu. Dies kann aber nicht heißen, dass man sich langsam und zunehmend anpaßt und Kompromisse eingeht ganz langsam, Schritt für Schritt, bis die Positionen unserer Zeit angenommen sind. Es kann nicht heißen, sich vorzutäuschen, dass es so etwas wie einen vereinigten Evangelikalismus gibt. Spätestens an der Wasserscheide ist er geteilt; und die beiden Hälften führen zu Zielen, die Kilometer voneinander entfernt liegen. Wenn Wahrheit wirklich Wahrheit ist, steht dies als Antithese zur Unwahrheit. Dies muß sowohl im Reden als auch im Tun Auswirkung haben. Wir müssen eine Linie ziehen.

Die Waffe der Nebenbedeutungen

Nun kommen wir wieder dorthin, wo dieser Teil des Buches begann, mit Namen und Streitfragen. Aufgrund der Nebenbedeutung des Wortes war es mir unangenehm, ein »Fundamentalist« genannt zu werden. Aber nun sieht es so aus, dass man automatisch als »Fundamentalist« eingeordnet wird, sobald man in Konfrontation gegen Unbiblisches steht (im Gegensatz zur Anpassung). So wurde der Begriff von Kenneth Woodward in Newsweek gebraucht als ein Stempel. Aber wenn dies in gleicher Weise von bibelgläubigen Christen, Brüdern und Schwestern, getan wird, ist dies viel betrüblicher.

Lassen Sie uns ebenso über den Begriff »die neue Rechte« nachdenken. Es gibt eine extreme Rechte, gegen die man sich stellt. Aber auch dieser Begriff »die neue Rechte« hat einen negativen Beigeschmack bekommen und wird als Stempel gebraucht. Wenn man ihn überprüft, stellt man fest, dass auch dieser Begriff gewöhnlich nicht definiert ist und auf alle angewendet wird, die bereit sind, dem Schlittern dieser Tage zu widerstehen, aber nicht, sich anzupassen. Aber man muß bedenken, dass dann, wenn es berechtigt ist, von »der neuen Rechten« und dem religiösen »rechten Flügel« zu sprechen, es genauso berechtigt sein muß, vom religiösen »linken Flügel« zu sprechen ‑ dabei bezieht man sich auf die Evangelikalen, die sich den eindeutigen Zeichen des Zeitgeistes angepaßt haben. Ich habe dies nicht getan, weil ich die kategorisierenden Angriffe liebe, die einige geführt haben, sondern ich habe versucht, mit Fakten und Inhalten umzugehen. Wenn ich nun, um das, was ich beschrieben habe, zu diskreditieren, den Begriff »linker Flügelgebraucht hätte, so wäre es nicht fair gewesen.

Ich möchte es nochmals betonen: Wir brauchen eine Ausgewogenheit. Obwohl unser Land nie vollständig christlich war, ist es doch zu unterscheiden von dem, was aus der Weltanschauung der Französischen oder Russischen Revolution erwachsen ist. Und bis zum Lebensende vieler, die dieses Buch lesen, wird eine umfassende Veränderung zum Heute eintreten ‑ wir hatten einen klaren Einfluß des christlichen Konsens oder Ethos. Natürlich, und dies habe ich häufiger betont, es ist nicht per se besser, einfach konservativ anstatt nicht konservativ zu sein. Ein konservativer Humanismus ist nicht besser als ein liberaler Humanismus; Diktaturen von rechts sind nicht besser als solche von links. Was falsch ist, ist falsch, unabhängig davon, welches Etikett darauf klebt.

Der Begriff »die neue Rechte«, wie er häufig heutzutage benutzt wird zu oft von Christen , scheint doch auszudrücken, dass in allen Fragen, die wir in diesem Kapitel besprochen haben, eine Bereitschaft besteht, einen Standpunkt einzunehmen (bei gleichzeitiger Ausgewogenheit und liebevoller Konfrontation), anstatt mit der Mentalität einer automatischen Anpassung zu leben. Und wenn dies so ist, dann dürfen wir uns nicht scheuen, eine klare Position zu beziehen, nur weil einige die Konnotationen mancher Begriffe gegen uns benutzen könnten, besonders wenn diese Begriffe, wenn man sie genauer untersucht, etwas gänzlich anderes bedeuten können. Und dann wollen wir hoffen, dass unsere Brüder und Schwestern in Jesus, die es besser wissen sollten, die unklaren Begriffe nicht gebrauchen, ohne ausreichend zu definieren und zu analysieren. Es ist nun einmal so, dass  wir von anderen mit irgendwelchen Etiketten versehen werden, egal, ob wir uns selbst so bezeichnen würden oder nicht. Wir sollten alle falsche Rücksicht auf Etikette zurückweisen und keine Angst vor der eigentlichen Konfrontation haben, welches neue Etikett wir dann auch immer bekommen mögen.

SOS

Am Ende dieses Kapitels möchte ich jedem, der dieses Buch liest, eine abschließende Frage stellen: Wenn die Christen in diesem Lande, und vor allem die evangelikalen Leiter, in den letzten acht Jahren in Polen gelebt hätten, wären sie auf der Seite der Konfronta­tion oder der Anpassung gewesen? Wären sie auch, wenn dies mit großer persönlicher Gefahr verbunden wäre, auf den Demonstrationen gewesen? Oder wären sie in der angenehmen Anpassung geblieben? Die polnische Regierung benutzt als Waffe gern Begriffe mit nachteiligen Bedeutungen: »Rowdy«, »Extremist«! Sie beherrschen den Gebrauch von Namen, um Menschen abzustempeln.

Ich bin mir nicht sicher, wo viele Christen zu finden gewesen wären angesichts dieses Ausmaßes von Anpassung in unserem Land ‑ und hier gibt es keine Kugeln, keine Wasserwerfer, kein Tränengas und höchst selten Gefängnisstrafen.

Es sieht so aus, dass jeder evangelikale Leiter und jeder evangelikale Christ die besondere Verantwortung hat, nicht dem »Bluejeans‑Syndrom« zu folgen, ohne zu beachten, dass er in seinem Bemühen, »dabei zu sein«, sich oft nicht länger von denen unterscheidet, die die Existenz oder Heiligkeit des lebendigen Gottes leugnen.

Anpassung führt zu Anpassung ‑ diese wiederum zu noch stärkerer Anpassung …

 

Radikale für die Wahrheit

Als ich im September 1965 im Wheaton College über das Thema »Die Darlegung der historischen christlichen Position im 20. Jahrhundert« sprach, war gerade die Zeit der Jugendrevolte, die Anfang 1960 in Berkeley begann. Einige der Studenten, auch der Studentensprecher in Wheaton, wurden als aufsässig bezeichnet und die Leitung des Colleges hatte Probleme mit ihnen. Jedoch gerade diese verstanden meine Botschaft: Wenn Christentum wahr ist, dann berührt es mein ganzes Leben, und das ist eine radikale Aussage in der modernen Welt. Die aufsässigen Studenten hörten zu, und einige von ihnen änderten ihr Denken.

Wir brauchen mitten in diesem modernen relativen Denken eine radikale Aussage. Mit »revolutionär« und »radikal« meine ich den Widerstand gegen den alles durchdringenden Zeitgeist unserer Tage. Das ist die eigentliche Bedeutung von »radikal«.

Gott hat uns seine Antworten in der Bibel gegeben der Bibel, die wahr ist, ob sie von der Geschichte und vom Kosmos oder über religiöse Belange spricht. Deshalb gibt es Wahrheit in Bezug auf alle Wirklichkeit. Dies erfordert radikalen Widerstand gegen Relativismus und Vermischung, die Zeichen unserer Zeit ‑ unabhängig davon, ob sich diese Vermischung hinter säkularer oder religiöser Terminologie verbirgt, evangelikale Terminologie eingeschlossen.

Wenn wir nun zu den heutigen Problemen kommen, dann benötigen wir im Gegensatz zu der Anpassung um uns herum eine Generation von Radikalen für die Wahrheit und für Jesus. Wir brauchen eine junge Generation und andere, die bereit sind, in Liebe auf Konfrontationskurs zu gehen, sich der uns umgebenden Mentalität der immerwährenden Anpassung an den Zeitgeist und der Mentalität der Anpassung unter den Evangelikalen zu widersetzen.

Durch Evangelikale ist viel geschehen, wofür wir aufrichtig dankbar sein können, aber die Mentalität der Anpassung ist wirklich eine Katastrophe. Wenn wir die gleichen biblischen Prinzipien beachten, sollten wir uns jedoch vor Augen halten, dass eine Zeit kommen kann, wo wir uns gegen den entgegengesetzten Pendelschlag stellen müssen. In dieser gefallenen Welt schwingt alles wie ein Pendel von einem falschen Extrem ins andere. Der Teufel gönnt uns nie den Luxus, nur an einer Front zu kämpfen, und das wird sich nie ändern.

Wir müssen jedoch festhalten, dass sich in dem Zeitraum, den wir betrachtet haben und besonders in diesem wichtigen Moment der Geschichte, das evangelikale Problem der Anpassung beständig in eine Richtung bewegt hat ‑ dies heißt Anpassung an das, was immer gerade durch den Zeitgeist unserer Tage in Mode gekommen ist. Genau dieser Zeitgeist zerstört beides: Kirche und Gesellschaft. Wir müssen ständig auf Ausgewogenheit bedacht sein; aber die Anpassung, über die wir gesprochen haben, führt beständig in den Humanistischen, säkularen Konsens, der die entscheidend zerstörerische Kraft unserer Tage ist. Wenn sich da nichts ändert, ist unsere Gelegenheit vorbei. Nicht nur der kompromißbereite Teil der Evangelikalen geht dem Untergang entgegen ‑wir werden alle mitgezogen.

Wir können nicht annehmen, dass uns dies nichts angeht. Es kommt zum Zusammenbruch, wenn du und ich und jeder von uns, der den Herrn und seine Kirche liebt, nicht bereit ist zu handeln. Deshalb fordere ich dich heraus. Ich rufe nach radikalen Christen, besonders jungen radikalen Christen, die ihren Blick beständig auf Jesus richten, damit sie Kraft empfangen, um sich in liebevoller Art und Weise ‑ gegen alles, was verkehrt und zerstörerisch ist in der Kirche, in unserer Kultur und im Staat, zu stellen.

Wenn wir nicht zur liebevollen, aber mutigen Konfrontation bereit sind, und wenn wir nicht den Mut haben, Trennlinie zu ziehen, selbst wenn wir wünschen, es nicht tun zu müssen, dann wird die Geschichte auf unsere Zeit zurückblicken als eine Zeit, in der gewisse »evangelikale Hochschulen«, gewisse »evangelikale Seminare« und andere »evangelikale Organisationen« für die Sache Jesu für immer verloren gingen.

Das Kennzeichen des Christen

Im Verlauf der Jahrhunderte haben die Menschen mit den verschiedensten Symbolen zu zeigen versucht, dass sie Christen sind. Sie steckten sich Abzeichen an ihre Rockaufschläge, hängten sich Kettchen uni den Hals oder trugen gar besondere Frisuren.

Selbstverständlich ist all das nicht falsch, wenn sich jemand dazu berufen fühlt. Doch es gibt ein viel eindrücklicheres Merkmal ein Kennzeichen, das nicht einfach der Umstände halber für gewisse Gelegenheiten oder gewisse Zeiten erdacht wurde. Es ist ein allumfassendes Kennzeichen, das die Kirche durch alle Zeiten charakterisieren soll, bis Jesus wiederkommt. Welches Kennzeichen? Am Ende seiner irdischen Wirksamkeit blickt Jesus seinem Tod am Kreuz, dem offenen Grab und der Himmelfahrt entgegen. Er weiß, dass er seine jünger bald verlassen wird, und bereitet sie auf das Kommende vor. In dieser Situation sagt er zu den Jüngern:

Kindlein, nur noch eine kleine Weile bin ich bei euch. Ihr werdet mich suchen, und wie ich zu den Juden sagte: Wohin ich gehe, dahin könnt ihr nicht kommen, so sage ich jetzt auch zu euch. Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet, dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt (Johannes 13,3335).

Das ist das Merkmal, mit dem Jesus den Christen auszeichnet, nicht nur zu einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort, sondern zu allen Zeiten und an allen Orten, bis Jesus wiederkommt.

Hier wird also kein schon bestehender Zustand beschrieben. Es ist ein Gebot, das eine Bedingung einschließt: »Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet; dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.« Das ist die Voraussetzung: Wenn ihr gehorcht, werdet ihr das Kennzeichen Christi tragen. Da es ein Gebot ist, kann es gebrochen werden.

Es ist also durchaus möglich, ein Christ zu sein, ohne dieses Merkmal zu tragen; wollen wir aber den Nichtchristen unser Christsein beweisen, dann muß das Kennzeichen sichtbar sein.

Menschen und Brüder

Hier wird uns geboten, unsere Mitchristen, unsere Brüder zu lieben. Natürlich dürfen wir die andere Seite der Lehre Jesu nicht vergessen: Wir sollen unsere Mitmenschen, ja, alle Menschen als unsere Nächsten lieben.

Alle Menschen tragen das Bild Gottes in sich. So sind sie nicht nur als erlöste Menschen wertvoll, sondern als Geschöpfe nach Gottes Bild. Der moderne Mensch, der dies verworfen hat, weiß nicht, wer er ist, und kann deshalb weder in sich selbst, noch in anderen einen wirklichen Wert finden. Folglich entwertet er den Menschen und bringt den üblen Zustand hervor, mit dem wir uns heute auseinander setzen müssen ‑ eine dahinsiechende Kultur, ii‑i welcher die Menschen einander unmenschlich, als Maschinen, behandeln. Als Christen kennen wir jedoch den Wert des Menschen.

Alle Menschen sind unsere Nächsten, die wir lieben sollen wie uns selbst. Dazu verpflichtet uns die Schöpfungstatsache; denn alle Menschen, auch die unerlöstcn, sind wertvoll, weil sie nach dem Bilde Gottes erschaffen sind. Deshalb sollen wir sie lieben, koste es, was es wolle.

Darum geht es doch im Gleichnis Jesu vom barmherzigen Samariter: Weil der Mensch ein Mensch ist, ist er um jeden Preis der Liebe wert.

Wenn nun Jesus also besonders gebietet, unsere christlichen Brüder zu lieben, verneint er damit das andere Gebot nicht. Die beiden Gebote schließen einander nicht aus. Wir sind nicht vor die Wahl gestellt, entweder alle Menschen wie uns selbst zu lieben, oder die Christen ganz besonders zu lieben. f)le beiden Gebote verstärken sich gegenseitig.

Wenn Jesus uns schon so eindringlich gebietet, alle Menschen als unsere Nächsten zu lieben, wie wichtig ist es dann erst, unsere Mitchristen besonders zu lieben. Wenn wir alle Menschen als Nächste ‑wie uns selbst ‑ lieben sollen, wie ungeheuer wichtig ist es dann, dass alle Menschen in uns eine sichtbare Liebe für jene wahrnehmen können, mit denen wir in besonderer Weise verbunden sind ‑ die als Mitchristen durch Jesus Christus einen gemeinsamen Vater haben und in denen ein Geist wohnt. Paulus stellt unsere doppelte Verpflichtung in Galater 6,10 klar heraus: »So laßt uns nun, wo wir Gelegenheit haben, an jedermann Gutes tun, allermeist an den Glaubensgenossen«. Er verneint das Gebot nicht, allen Menschen Gutes zu tun, aber bezeichnenderweise fügt er hinzu: »… allermeist an den Glaubensgenossen.« Dieses zweifache Ziel sollte unsere Haltung als Christen kennzeichnen; wir sollten es stets vor Augen haben und darüber nachdenken, was es für jeden Augenblick unseres Lebens bedeutet. Unser äußerlich sichtbares Handeln sollte von dieser Einstellung bestimmt werden.

Nur zu oft haben aufrichtige, bibelgläubige Christen die Menschen in zwei Lager geteilt ‑ hier die Verlorenen, dort die Erlösten; hier die Rebellen gegen Gott, dort die durch Christus mit Gott Versöhnten ‑ und haben so ein übles Bild der Exklusivität geboten.

Ja, es gibt zwei Gruppen von Menschen. Ein Teil der nach Gottes Bild geschaffenen Menschen steht immer noch in Auflehnung gegen ihn, ein anderer Teil hat durch Gottes Gnade die von ihm gebotene Lösung angenommen.

Und doch gibt es in anderer, sehr wichtiger Hinsicht nur eine Menschheit. Alle Menschen haben einen gemeinsamen Ursprung. Von der Schöpfung her tragen alle Menschen das Bild Gottes. In diesem Sinn sind alle Menschen ein Fleisch und ein Blut.

So sind die Unterschiede der beiden Menschennaturen durch die Einheit aller Menschen überbrückt, und die Christen dürfen nicht ihre gläubigen Brüder unter Ausschluß der ungläubigen Mitmenschen lieben. Das wäre abstoßend. Wir müssen uns stets das Beispiel des barmherzigen Samariters bewußt vor Augen halten.

Ein empfindliches Gleichgewicht

Das erste Gebot ist, den Herrn, unsern Gott, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzem Gemüt zu lieben. Das zweite ist das umfassende Gebot, alle Menschen zu lieben. Das zweite Gebot fordert also nicht nur Liebe zu Christen. Es ist viel ausgedehnter: Wir sollen unseren Nächsten lieben wie uns selbst.

1.Thessalonicher 3,12 trägt dieselbe zweifache Betonung: »Euch aber möge der Herr voll und überströmend machen in der Liebe zueinander und zu allen, gleich wie auch wir sie haben zu euch.« Die Reihenfolge ist hier umgekehrt: Zunächst sollen wir Liebe zueinander haben und danach zu allen Menschen; das ändert aber nichts an unserer doppelten Aufgabe. Hier wird nur auf das empfindliche Gleichgewicht hingewiesen, ein Gleichgewicht, das in der Praxis nicht automatisch erhalten bleibt.

In 1. Johannes 3,11 (später geschrieben als sein Evangelium) sagt Johannes: »Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir einander lieben sollen.« Jahre nach Christi Tod ruft uns Johannes in seinem Brief das ursprüngliche Gebot Christi in Johannes 13 ins Gedächtnis. Er beschwört die Gemeinde sozusagen: »Vergeßt das nicht … Vergeßt das nicht! Dieses Gebot wurde uns von Christus gegeben, als er auf der Erde lebte. Dies soll euer Kennzeichen sein.

Nur für wahre Christen

Wenn wir uns das Gebot in Johannes 13 noch einmal ansehen, fallen uns einige wichtige Punkte auf Zunächst einmal sollen wir alle wahren Christen, alle wiedergeborenen Christen, besonders lieben. Vom biblischen Standpunkt aus sind nicht alle, die sich Christen nennen, wirklich Christen, und das trifft ganz besonders auf unsere Generation zu. Das Wort Christ ist praktisch völlig seiner Bedeutung beraubt worden. Es gibt wohl kaum ein Wort, das (abgesehen vom Wort Gott selbst) so sehr abgewertet worden ist. Im Mittelpunkt der Semantik (Wortbedeutungslehre) steht der Gedanke, dass ein Wort als Symbol keine Bedeutung hat, solange ihm nicht ein Inhalt gegeben wird. Das ist durchaus richtig. Weil das Wort Christ als Symbol zu einer so geringen Bedeutung herabgewürdigt wurde, bedeutet es heute alles und nichts.

Jesus spricht jedoch von der Liebe zu allen wahren Christen. Und das ist ein zweischneidiges Gebot, denn es fordert, dass wir einerseits die wahren Christen von den Scheinchristen unterscheiden und uns andererseits vergewissern, keinen wahren Christen lieblos zu übergehen. Mit anderen Worten: Bloße Humanisten und liberale Theologen, die nur noch den Namen »Christen tragen, oder solche Kirchgänger, für die das Christentum eine reine Formalität ist, können wir nicht als wahre Christen anerkennen.

Andererseits müssen wir uns vor dem entgegengesetzten Irrtum hüten. Wir müssen jeden einschließen, der im historischbiblischen Glauben steht, ob er nun Glied unseres eigenen Kreises oder unserer eigenen Gruppe ist oder nicht.

Aber selbst wenn ein Mensch nicht zu den wahren Christen gehört, ist es dennoch unsere Pflicht, ihn als unseren Nächsten zu lieben. Wir können also nicht sagen: »Soweit ich sehe, gehört der und der nicht zu den wahren Christen; um den brauche ich mich deshalb nicht weiter zu kümmern, ich kann ihn einfach übergehen Ganz und gar nicht.« Auf ihn bezieht sich das zweite Gebot.

Die Qualitätsnorm

Als zweites sehen wir in diesen Worten von Johannes 13 die Qualität der Liebe, die unsere Norm sein soll. Wir sollen alle Christen so lieben »wie ich euch geliebt habe«, sagt Jesus. Nun denken Sie nur an die Art und das Ausmaß der Liebe, die Jesus uns entgegengebracht hat! Gewiß, er ist unendlich, und wir sind begrenzt; er ist Gott, wir sind Menschen. Weil er unendlich ist, kann unsere Liebe der seinen nie gleich sein, unsere Liebe kann nie unendliche Liebe sein. Dennoch muß seine damals wie heute bezeugte Liebe unser Maßstab sein. Eine geringere Qualitätsnorm darf es nicht geben. Wir sollen alle gläubigen Christen so lieben, wie Christus uns geliebt hat.

Nun kann diese Aufforderung zwei verschiedene spontane Reaktionen hervorrufen. Wir können sagen: »Ganz richtig! Ganz richtig!«, und uns dann kleine Flaggen anfertigen mit der Aufschrift »Wir lieben alle Christen!« Im üblichen Trott gehen wir weiter mit den eingerollten Flaggen ‑ »Wir lieben alle Christen!« ‑, um im geeigneten Augenblick die Schnüre zu lösen, die Flaggen zu entrollen und sie im Weitergehen über unseren Köpfen zu schweigen ‑ »Wir lieben alle Christen!« Wie abstoßend!

Unsere Reaktion kann entweder dieses unüberbietbare häßliche Schauspiel sein, oder aber etwas unvorstellbar Tiefes und Großes. Soll es das letztere sein, wird es in der bibelgläubigen Christenheit viel Zeit, viel sachbewußtes Reden und Schreiben, viel ernsthaftes Nachdenken und Beten erfordern.

Die Kirche soll in einer sterbenden Kultur eine liebende Kirche sein. Wie wird uns dann diese sterbende Kultur einschätzen? Jesus sagt: »Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.« Inmitten der Welt, inmitten unserer sterbenden Kultur verleiht Jesus der Welt ein Recht. Kraft seiner Vollmacht erteilt er der Welt das Recht, aufgrund unserer sichtbaren Liebe zu allen Christen zu beurteilen, ob wir, Sie und ich, wiedergeborene Christen sind.

Das ist erschreckend. Jesus wendet sich an die Welt und sagt:

Hört alle her! Kraft meiner Vollmacht verleihe ich euch ein Recht zu beurteilen, ob ein Mensch Christ ist oder nicht, aufgrund der Liebe, die er allen Christen erweist.« Mit anderen Worten: Wir müssen anerkennen, dass Leute, die gegen uns auftreten und uns ins Gesicht sagen, wir wären keine Christen, weil wir anderen Christen keine Liebe erwiesen haben, einfach ein Vorrecht ausüben, das Jesus ihnen verliehen hat.

Darüber dürfen wir nicht böse sein. Wenn Menschen uns sagen: »Ihr liebt andere Christen nicht«, müssen wir nach Hause gehen, die Knie beugen und Gott fragen, ob das stimmt oder nicht. Wenn ja, dann hatten sie auch das Recht, uns das vorzuhalten.

Mangel an Liebe

An dieser Stelle müssen wir jedoch sehr vorsichtig sein. Auch als wahre, wirklich wiedergeborene Christen können wir in der Liebe zu unseren Mitchristen versagen. ja, wenn wir realistisch sind, müssen wir noch mehr erkennen. Es kommt immer wieder vor (und das müssen wir unter Tränen bekennen), es kommt immer wieder vor, dass wir Christen einander nicht lieben. Das ist in einer gefallenen Welt, wo bis zur Wiederkunft Jesu nichts und niemand vollkommen ist, einfach eine Tatsache. Und wir müssen selbstverständlich um Gottes Vergebung bitten, sooft wir fehlen. Aber Jesus will hier nicht sagen, unser Versäumnis, alle Christen zu lieben, beweise, dass wir keine Christen sind.

Das muß sich jeder einzelne von uns einmal klarmachen: Mein Mangel an Liebe zu den Christen beweist nicht, dass ich kein Christ bin. Jesus unterstreicht jedoch, dass die Welt angesichts meiner mangelnden Liebe zu allen anderen Christen das Recht hat, mein Christsein abzustreiten.

Das ist ein wesentlicher Unterschied. Wenn wir der Liebe zu allen Mitchristen ermangeln, brauchen wir daraus nicht verzweifelt zu schließen, wir seien verloren. Niemand, außer Christus selbst, hatte gelebt, ohne Fehler zu machen. Wenn das Christsein von der Erfüllung unserer Liebespflicht unseren Brüdern in Christus gegenüber abhinge, gäbe es keine Christen, denn alle Menschen haben versagt. Jesus gibt aber der Welt sozusagen einen Streifen Lackmuspapier, ein vernünftiges Thermometer: Wenn die Welt unser Kennzeichen nicht sehen kann, darf sie daraus schließen: »Dieser Mensch ist kein Christ.« Natürlich kann die Welt irren; ist der Betreffende in Wirklichkeit doch ein Christ, hat sie ein Fehlurteil gefällt.

Es stimmt, dass sich ein Nichtchrist oft hinter dem, was er bei den Christen sieht, verbirgt und »Ihr Heuchler!« ausruft, nur weil er sich als Sünder nicht vor Christus verantworten will. Das meint Jesus hier nicht. Er spricht an dieser Stelle von unserer Verantwortung als einzelne und als Gruppen, der Welt durch unsere Liebe zu allen anderen wahren Christen indes triftige Argument zu entziehen, mit dem sie unser Christsein bestreiten könnte.

Die entscheidende Überzeugungskraft

Aber unsere Verantwortung ist noch größer. Dazu müssen wir Johannes 17,21 betrachten, ein Wort mitten aus dem Hohepriesterlichen Gebet Christi.

Jesus betet: »Auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.« In diesem seinem hohepriesterlichen Gebet betet Jesus für die Einheit der Kirche, die Einheit, die besonders die Beziehungen der wahren Christen untereinander kennzeichnen sollte. Jesus betet nicht für eine humanistische, romantische Einheit der Menschen im Allgemeinen. Vers 9 macht das deutlich: »Nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast, weil sie dein sind.« Jesus unterscheidet hier sehr sorgfältig zwischen denen, die sich im Glauben an ihn gewandt haben, und denen, die weiterhin in der Aufleh­nung verharren. Wenn er also im 2 1. Vers um die Einheit bittet, so meint er mit dem »sie« die wahren Christen.

Beachten Sie jedoch, dass es in Vers 21 heißt: »Dass sie alle eins seien … « Hier wird interessanterweise dasselbe betont wie in Johannes 13 ‑ nicht ein Teil der wahren Christen, sondern alle Christen ‑ nicht nur die Christen innerhalb bestimmter Gemeindekreise sollen eins sein, sondern alle wiedergeborenen Christen.

Und nun kommt die ernüchternde Aussage. Jesus sagt in diesem einundzwanzigsten Vers etwas, bei dem ich immer wieder zusammenzucken. Wenn wir als Christen an dieser Stelle nicht aufgeschreckt werden, sind wir, wie mir scheint, entweder nicht empfindsam oder nicht aufrichtig, denn hier nennt uns Jesus die entscheidende Apologetik. Welches ist der überzeugendste Beweis für das Christentum? »Auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in nur und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. « Darin liegt die höchste Überzeugungskraft.

In Johannes 13 ging es darum, dass der Christ, der es an Liebe zu anderen wahren Christen fehlen läßt, der Welt das Recht zu dem Urteil gibt, er sei kein Christ. Hier sagt Christus etwas, das noch viel einschneidender und grundlegender ist: Die Welt wird nicht glauben, dass der Vater den Sohn gesandt hat, dass die Behauptungen Jesu wahr sind und dass das Christentum wahr ist, wenn sie in der Realität nichts von der Einheit der wahren Christen sieht.

Das ist erschreckend! Werden wir an dieser Stelle nicht von Angst gepackt?

Sehen wir uns die Stelle noch einmal an. Jesus will nicht sagen, dass die Christen einander auf dieser Grundlage das Christsein zu- oder absprechen sollten. Das müssen wir unbedingt beachten. Das Christsein eines Menschen soll die Kirche aufgrund seiner Lehre, der Aussagekraft seines Glaubens und der Glaubwürdigkeit seines Bekenntnisses beurteilen. Wenn ein Mensch zu einer örtlichen Gemeinde kommt, die ihre Aufgabe ernst nimmt, wird er nach dem Inhalt seines Glaubens gefragt. Wird zum Beispiel in einer Gemeinde jemand wegen einer Irrlehre zur Rede gestellt (das Neue Testament zeigt, dass solche Untersuchungen in der Kirche Christi notwendig sind), so entscheidet sich die Frage der Abweichung am Inhalt der Lehrmeinung des Befragten. Die Kirche hat ein Recht, ja sogar die Pflicht, einen Menschen nach dem Inhalt seines Glaubens und seiner Lehre zu beurteilen.

Wir können jedoch nicht erwarten, dass die Welt von dieser Grundlage her urteilt, denn die Welt fragt nicht nach der Lehre. Das gilt besonders für die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, in der die Menschen aufgrund ihrer Erkenntnistheorie nicht einmal mehr an die Möglichkeit einer absoluten Wahrheit glauben. Und wenn wir schon von einer Welt umgeben sind, die dieses Wahrheitsverständnis aufgegeben hat, können wir doch nicht erwarten, dass sich jemand darum kümmert, ob die Lehre eines Menschen richtig ist oder nicht.

Jesus hat aber das Kennzeichen genannt, das die Aufmerksamkeit der Welt fesseln wird, selbst die Aufmerksamkeit des modernen Menschen, der sich nur noch als Maschine versteht. Weil jeder Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist und deshalb das Verlangen nach Liebe in sich trägt, so gibt es ‑ in jedem geografischen Klima und zu jedem Zeitpunkt ‑ etwas, das seine Aufmerksamkeit unfehlbar fesseln wird.

Was? Die Liebe, die wahre Christen einander erweisen, und zwar nicht nur innerhalb des eigenen Kreises.

Aufrichtige Antworten ‑ sichtbare Liebe

Selbstverständlich dürfen wir als Christen die Pflicht nicht versäumen, auf aufrichtige Fragen ebenso aufrichtig zu antworten. Wir sollten eine intellektuelle Apologetik bieten können. Die Bibel fordert dazu auf, und Christus und Paulus dienen dafür als Beispiel. In der Synagoge, auf dem Marktplatz, in Häusern und in fast jeder nur denkbaren Situation sprachen Jesus und Paulus über die christliche Lehre. Gleicherweise ist es des Christen Aufgabe, eine aufrichtige Frage aufrichtig zu beantworten.

Aber ohne Liebe unter wahren Christen können wir, wie Christus sagt, nicht erwarten, dass die Welt uns zuhört, wie zutreffend unsere Antworten auch sein mögen. Wir müssen wirklich unser Leben lang dazulernen, um aufrichtige Antworten zu geben. Seit Jahren hat die bibelgläubige Kirche hier jämmerlich versagt. So sollten wir viel Zeit darauf verwenden, zu erlernen, die Fragen der Menschen um uns herum zu beantworten. Aber selbst wenn wir alles getan haben, um mit einer verlorenen Welt zu sprechen, dürfen wir nie vergessen, dass die höchste Überzeugungskraft, die Jesus verleiht, die sichtbare Liebe ist, die wahre Christen anderen wahren Christen entgegenbringen.

Obwohl dies nicht der zentrale Punkt ist, den ich hier behandle, so muß doch diese von der Welt her sichtbare Liebe und Einheit unter wahren Christen alle Schranken zwischen den Menschen durchbrechen. Das neue Testament sagt: »Weder Jude noch Grieche, weder Knecht noch Freier, weder Mann noch Frau.«

Die Gemeinde von Antiochia setzte sich aus Juden und Nichtjuden zusammen, und ihre soziale Skala reichte von Herodes’ Pflegebruder bis zu den Sklaven; und die von Natur aus stolzen griechischen Heidenchristen in Mazedonien bewiesen eine praktische Fürsorge für die materiellen Nöte der Juden-Christen in Jerusalem. Die sichtbare und tätige Liebe unter wahren Christen, welche die Welt auch heute mit Recht zu sehen erwartet, sollte sich uneingeschränkt über alles Trennende hinwegsetzen, sei es Sprache, Volkszugehörigkeit, Landesgrenzen, Jugend und Alter, aber Hautfarbe, Bildungsstand und Einkommeiishöhe, Abstammung, örtliche Gesellschaftsklassen, Kleidung, kurzes oder langes Haar, Schuhe tragen oder barfuß gehen, kulturelle Unterschiede oder mehr oder weniger traditionsgemäße Gottesdienstformen.

Wenn die Welt dies nicht beobachten kann, wird sie nicht glauben, dass Christus vom Vater gesandt wurde. Die Menschen werden nicht allein aufgrund zutreffender Antworten glauben. Das eine darf das andere nicht ausschließen. Die Welt muß auf auf­ richtige Fragen zutreffende Antworten erhalten, zugleich aber muß unter allen wahren Christen einmütige Liebe herrschen. Das ist unerläßlich, wenn die Menschen wissen sollen, dass Jesus vom Vater gesandt wurde und das Christentum wahr ist.

Falsche Vorstellungen von Einheit

Wir wollen das Wesen dieser Einmütigkeit ganz klar umreißen und dazu vorweg einige falsche Vorstellungen ausräumen. Zum ersten ist die Einmütigkeit, von der Jesus spricht, keine lediglich organisatorische Einheit. In unserer Generation erleben wir einen starken Trend zur kirchlichen Vereinigung. Er liegt in der Luft ‑ wie die Röteln in Zeiten einer Epidemie ‑ und umschließt uns auf allen Seiten. Die Menschen können sich in allen möglichen Organisationen zusammenschließen, ohne damit der Welt wirkliche Einheit zu beweisen.

Das klassische Beispiel dafür bietet die römisch‑katholische Kirche im Laufe der Jahrhunderte. Sie hat stets eine großartige, äußerliche Einheit besessen ‑ wohl die größte organisatorische Einheit, die die Welt je gesehen hat; und doch wurden gleichzeitig innerhalb dieser einen Kirche gigantische und haßerfüllte Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Orden ausgetragen. Heute besteht ein noch weitaus verschärfter Gegensatz zwischen dem konservativen Römischen Katholizismus und dem progressiven Katholizismus. Die römisch‑katholische Kirche versucht immer noch ihre organisatorische Einheit zu wahren, aber das ist nur noch eine äußerliche Einheit, denn es sind zwei völlig verschiedene Religionen entstanden, zwei verschiedene Gottesbegriffe und zwei verschiedene Wahrheitsverständnisse.

Und genau dasselbe trifft auf die Ökumenische Bewegung im Protestantismus zu. Sie ist ein Versuch, Menschen aufgrund der Bitte Jesu organisatorisch zusammenzufassen, aber es fehlt die wahre Einheit, weil zwei völlig verschiedene Religionen ‑ Christentum im biblischen Sinn und ein »Christentum«, das überhaupt kein Christentum ist ‑ einander gegenüberstehen. Es ist durchaus möglich, eine organisatorische Vereinigung zu schaffen und ein Leben lang alle Kraft darauf zu verwenden, ohne im geringsten an die Einheit heranzukommen, von der Jesus in Johannes 17 spricht.

Damit will ich nichts gegen eine sinnvolle organisatorische Einheit auf einer klaren Lehrgrundlage sagen. Aber hier spricht Jesus von etwas ganz anderem, denn es kann großaufgezogene organisatorische Vereinigungen ohne jegliche Einmütigkeit geben ‑ selbst in Kirchen, die strenge Zucht geübt haben.

Ich befürworte dringend den Grundsatz und die Praxis der Reinheit in der sichtbaren Kirche, aber ich habe Kirchen gesehen, die für die Reinheit gekämpft haben und dabei zu Brutstätten der Gehässigkeit geworden sind. Da sind keine liebevollen persönlichen Beziehungen mehr zu beobachten, nicht in ihrer eigenen Mitte, und erst recht nicht zu anderen wahren Christen.

Aus einem weiteren Grund kann die Einheit, von der Christus spricht, nicht organisatorischer Art sein. Alle Christen »auf dass sie alle eins seien« ‑ sollen eins sein. Aber es kann doch wohl keine Einheitsorganisation geben, die alle wiedergeborenen Christen in der ganzen Welt umschließen würde. Das ist einfach unmöglich. Es gibt zum Beispiel wahre wiedergeborene Christen, die keiner Organisation angehören, und welche einzelne Organisation könnte diejenigen wahren Christen erfassen, die wegen Verfolgung von der Außenwelt abgeschnitten sind? Organisatorische Einheit ist offensichtlich nicht die Lösung.

Nun eine zweite falsche Vorstellung von dem, was diese Einheit bedeutet. Es ist die Auffassung, die oft von evangelikalen Christen vorgeschützt wird, um den Problemen auszuweichen. Nur zu oft hören wir von evangelikaler Seite: »Nun, Jesus spricht hier natürlich von der mystischen Gemeinschaft der unsichtbaren Kirche.« Und damit ist für sie das Thema abgeschlossen, und sie denken nicht mehr darüber nach ‑ nie mehr.

Gewiß, es gibt ‑ theologisch ausgedrückt ‑ eine sichtbare und eine unsichtbare Kirche. Die unsichtbare Kirche ist die wirkliche Gemeinde ‑ sie hat die größte Bedeutung und ist allein berechtigt, diese Bezeichnung zu tragen, weil sie aus all denen besteht, die Christus als ihren Reiter angenommen haben. Sie ist die Kirche Christi. Sobald ich Christ werde, sobald ich mich Christus anvertraue, werde ich ein Glied dieser Kirche, und eine verborgene mystische Einheit verbindet mich mit allen anderen Gliedern. Das trifft zu. Doch das meint Jesus in Johannes 13 und Johannes 17 nicht, denn diese Einheit können wir in keiner Weise zerstören. Beziehen wir also die Worte Jesu auf die mystische Einheit der unsichtbaren Kirche, so würdigen wir sie zu einer sinnlosen Phrase herab.

Entgegen einer dritten falschen Vorstellung spricht Jesus auch nicht von unserer einheitlichen Stellung in Christus. Es stimmt, dass eine standesmäßige Einheit in Christus besteht ‑ sobald wir Christus als Retter annehmen, haben wir einen Herrn, eine Taufe, eine Geburt (die Wiedergeburt) und werden mit Christi Gerechtigkeit bekleidet. Aber darum geht es hier nicht.

Zum vierten haben wir eine rechtmäßige Einheit in Christus, doch auch davon ist hier nicht die Rede. Eine herrliche und unfaßbare rechtmäßige Einheit ist allen Christen gewährt. Der Vater (als Richter des Universums) fällt aufgrund des in Raum, Zeit und Geschichte vollendeten Werkes Christi den Rechtsspruch, dass die echte moralische Schuld all jener, die sich in Christus bergen, für immer gelöscht ist. Das verleiht uns eine wundervolle Einheit; und doch meint Christus an dieser Stelle etwas anderes.

Der gläubige Christ darf nicht in die Vorstellung der unsichtbaren Kirche und dieser verwandten Gebiete Zuflucht nehmen. Wenn wir die Worte in Johannes 13 und 17 lediglich auf die Existenz der unsichtbaren Gemeinde beziehen, wird die Aussage Jesu sinnlos. Wir machen Jesu Worte zu einer leeren Phrase, wenn wir nicht erkennen, dass er von etwas Sichtbarem spricht.

Darum geht es doch: Die Welt kann die Sendung Jesu durch den Vater nur aufgrund eines Sachverhaltes beurteilen, der ihrer Beobachtung zugänglich ist.

Wahre Einheit

In Johannes 13 und 17 spricht Jesus von einer wirklich sichtbaren Einheit, einer tätigen Einheit, einer praktizierten Einheit über alle Grenzen hinweg, unter allen wahren Christen.

Der Christ hat eine doppelte Aufgabe. Sein Verhalten muß Gottes Heiligkeit und Gottes Liebe widerspiegeln. Im Christen soll sichtbar werden, dass Gott als persönlich‑unendlicher Gott existiert, und zugleich soll er Gottes Wesen, seine Heiligkeit und Liebe bekunden. Nicht Heiligkeit ohne Liebe: das wäre bloße Härte. Nicht Liebe ohne Heiligkeit: das wäre nichts als Kompromiß. Wann immer sich einzelne Christen oder christliche Kreise so verhalten, dass sich darin nicht das Gleichgewicht von Gottes Heiligkeit und Liebe ausdrückt, bieten sie einer zuschauenden Welt nicht ein Abbild, sondern eine Karikatur des Gottes, der existiert.

Nach der Heiligen Schrift und der Lehre Christi muß unsere Liebe außerordentlich stark sein. Es genügt nicht, darüber nur von Zeit zu Zeit ein paar Worte zu verlieren.

Sichtbare Liebe

Wie soll sich diese Liebe bekunden? Wie kann sie sichtbar werden?

Zunächst einmal bekundet sie sich auf sehr einfache Art: Wenn ich einen Fehler gemacht und meinen christlichen Bruder nicht geliebt habe, dann muß ich zu ihm hingehen und ihm sagen: »Es tut mir leid.« Das ist der erste Schritt.

Es mag enttäuschend erscheinen ‑ unser erster Punkt so simpel, so banal! Wer aber glaubt, das sei einfach, der hat noch niemals danach zu handeln versucht.

Wenn wir in unserem Kreis, in unserer eigenen, uns naheste­henden Gemeinde oder auch nur in unserer Familie lieblos gewe­sen sind, dann gehen wir doch als Christen nicht automatisch zu dem anderen hin und sagen ihm, dass es uns leid tut! Selbst dieser erste Schritt fällt uns stets schwer.

Es mag einfältig scheinen, unsere Liebe mit der Entschuldigung und der Bitte um Vergebung zu beginnen, aber das Gegenteil ist der Fall. Nur so können wir nämlich die Gemeinschaft wiederherstellen, sei es zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kind, innerhalb einer christlichen Gemeinde oder zwischen den einzelnen Gemeinden. Wenn wir den anderen nicht genug geliebt haben, sind wir von Gott aufgefordert, hinzugeben und zu sagen: »Es tut mir leid … es tut mir wirklich leid.«

Wenn ich nicht bereit bin, »es tut mir leid« zu sagen, wenn ich jemandem Unrecht getan habe ‑ und besonders, wenn ich ihn nicht geliebt habe ‑, dann habe ich noch nicht einmal darüber nachzudenken begonnen, was für die Welt sichtbare christliche Einheit bedeutet. Dann kann sich die Welt mit Recht fragen, ob ich überhaupt ein Christ bin. Und, lassen Sie es mich noch einmal betonen, es steht noch mehr auf dem Spiel: Wenn ich diesen einfachen Schritt nicht tun will, hat die Welt das Recht zu bezweifeln, dass Jesus von Gott gesandt war und dass das Christentum wahr ist.

Wieweit haben wir bewußt so gehandelt? Wie oft sind wir unter der Leitung des Heiligen Geistes zu Christen in unserem Kreis gegangen, um ihnen zu sagen: »Es tut mir leid«? Wie viel Zeit haben wir aufgewendet, um die Verbindung mit Christen in anderen Kreisen wiederherzustellen und ihnen zu sagen: »Ich bereue, was ich getan, was ich ausgesprochen oder was ich geschrieben habe«? Wie oft ist eine Gruppe nach einem Streit zu einer anderen Gruppe gegangen und hat gesagt: »Es tut uns leid«? Dieses Verhalten ist so wichtig, dass es tatsächlich ein Teil der Evangeliumsverkündigung selbst ist. Sichtbar praktizierte Wahrheit und sichtbar praktizierte Liebe gehen mit der Verkündigung der frohen Botschaft von Jesus Christus Hand in Hand.

Ich habe in den Auseinandersetzungen unter wahren Christen in vielen Ländern eines beobachtet: Was wahre christliche Gruppen und einzelne Christen trennt und voneinander scheidet ‑ was über 20, 30 oder 40 Jahre hinweg (oder über 50 bis 60 Jahre im Ge­dächtnis der Söhne) dauernde Bitterkeit hinterläßt ‑ ist nicht die Frage der Lehre oder des Glaubens, an der sich der Streit entzündete. Immer ist es der Mangel an Liebe und die häßlichen Worte, mit denen wahre Christen einander während des Streites bedachten. Die bleiben im Gedächtnis hängen. Im Laufe der Zeit erscheinen die sachlichsten Gegensätze zwischen den Christen oder den christlichen Kreisen nicht mehr so scharf wie zuvor, es bleiben aber die Spuren jener bitteren, häßlichen Worte, die in einer ‑ wie wir meinten ‑berechtigten und sachlichen Diskussion gefallen sind.

Genau darüber aber ‑ über die lieblose Haltung und die harten Worte in der Kirche Jesu Christi, unter wahren Christen ‑ rümpft die nichtchristliche Welt die Nase.

Könnten wir, wenn wir als wahre Christen einander widersprechen müssen, einfach unsere Zunge hüten und in Liebe sprechen, so wäre die Bitterkeit in fünf oder zehn Jahren vorbei. So aber hinterlassen wir Narben ‑ einen Fluch für Generationen. Nicht nur ein Fluch innerhalb der Kirche, sondern ein Fluch in der Welt. In der christlichen Presse macht es Schlagzeilen, und manchmal kocht es in die weltliche Presse über ‑ dass Christen solch häßliche Dinge über andere Christen sagen.

Die Welt schaut zu, zuckt die Achseln und wendet sich ab. Sie hat inmitten einer sterbenden Kultur nicht einmal den Funken einer lebendigen Kirche gesehen. Sie hat nicht einmal den Ansatz dessen gesehen, was nach Jesu Worten die überzeugendste Apologetik ist ‑ sichtbare Einheit unter wahren Christen, die doch Brüder in Christus sind. Unsere scharfen Zungen, der Mangel an Liebe unter uns, verwirren die Welt zu Recht ‑ weit mehr als die notwendigen Hinweise auf Unterschiede, die es zwischen echten Christen geben mag.

Wie weit entfernt sind wir doch von dem schlichten und einfachen Gebot Jesu Christi ‑ eine wahrnehmbare Einheit aufzuweisen, die die Welt mit eigenen Augen sehen kann!

Vergebung

Zu der wahrnehmbaren Liebe gehört aber mehr als das Bekunden von Reue. Die Vergebung gehört auch dazu. Und wenn es schon schwerfällt, »es tut mir leid« zu sagen, so ist es noch schwerer zu vergeben. Die Bibel läßt jedoch keinen Zweifel daran, dass die Welt unter dem Volk Gottes einen Geist der Vergebung sehen muß.

Im Vaterunser lehrt uns Jesus selbst zu beten: »Und vergib uns unsere Sünden, denn auch wir vergeben jedem, der uns schuldig ist« (nach Lukas 11). Dieses Gebet, das sei gleich festgehalten, ist nicht ein Gebet um Errettung. Es hat nichts zu tun mit der Wiedergeburt, denn wir sind allein aufgrund des vollbrachten Werkes Christi wiedergeboren, ohne eigenes Zutun. Das Gebet bezieht sich vielmehr auf die existentielle, Schritt um Schritt erlebte Verbindung mit Gott. Zu unserer Rechtfertigung brauchen wie die >ein für allemal< geschehene Vergebung; wir benötigen aber daneben jeden Augenblick die Vergebung der Sünden aufgrund des Werkes Christi, damit unsere offene Gemeinschaft mit Gott ungetrübt bleibt. Was der Herr uns im Vaterunser zu beten gelehrt hat, sollte einen Christen jeden Tag seines Lebens zur Besinnung führen: Wir bitten den Herrn, uns für die Erfahrung der Gemeinschaft mit ihm zu öffnen, indem wir den anderen vergeben.

Manche Christen behaupten, das Vaterunser sei nicht für unser Zeitalter bestimmt, die meisten von uns sind aber anderer Meinung. Und doch denken wir kaum einmal im Jahr daran, dass ein Zusammenhang besteht zwischen unserem Mangel an Vergebungsbereitschaft und Gottes Vergebung uns gegenüber. Viele Christen sehen nur selten oder nie die Beziehung zwischen ihrem eigenen Mangel an wirklicher Gemeinschaft mit Gott und ihrem Mangel an Vergebungsbereitschaft den Menschen gegenüber, selbst wenn sie das Vaterunser gewohnheitsmäßig im sonntäglichen Gottesdienst nachsprechen.

Wir alle müssen immer wieder eingestehen, dass wir die Vergebung nicht genügend praktizieren. Und doch lautet das Gebet: »Vergib uns unsere Schuld, unsere Übertretungen, wie wir unse­ren Schuldnern vergeben« (nach Matthäus 6). Wir sollen vergebungsbereit sein, ehe der andere sich für seinen Fehler entschuldigt. Das Vaterunser deutet nicht an, dass wir erst dann, wenn der andere bedauert, die Einigkeit durch die Bereitschaft zur Vergebung beweisen sollen. Vielmehr sind wir aufgefordert, einen Geist der Vergebung zu haben, ohne vom anderen den ersten Schritt zu erwarten. Wir mögen festhalten, dass er im Unrecht ist, aber selbst wenn wir dies sagen, soll es in der Vergebung geschehen.

Wir sollen diesen Geist der Vergebung nicht nur unter Christen, sondern allen Menschen gegenüber walten lassen. Wenn wir uns aber allen Menschen gegenüber so verhalten sollen, dann gewiß auch den Christen gegenüber.

Ein solcher Geist der Vergebung zeigt eine Haltung der Liebe zu anderen an. Aber selbst wenn man sie nur als »Haltung« bezeichnet, läßt sich wahre Vergebungsbereitschaft beobachten. Schon ein Blick ins Gesicht eines Menschen läßt uns erkennen, wo er in Bezug auf Vergebung steht. Und die Welt soll uns anschauen und sehen können, ob wir in unseren Kreisen und über unsere Grenzen hinweg Liebe füreinander haben. Kann sie beobachten, dass wir »es tut mir leid« sagen und von Herzen zur Vergebung bereit sind? Ich möchte wiederholen: Unsere Liebe wird nicht vollkommen sein, aber sie muß deutlich genug sein, um von der Welt wahrgenommen zu werden, andernfalls entspricht sie nicht den Anforderungen der Schriftworte in Johannes 13 und 17. Und wenn die Welt dies unter den wahren Christen nicht beobachten kann, steht ihr nach den beiden Schriftstellen das Recht zu, zwei unerbittliche Urteile zu fällen: dass wir keine Christen sind und dass Christus nicht vom Vater gesandt worden ist.

Zurechtweisung unter Christen

Was soll nun geschehen, wenn wir anderen Brüdern in Christus widersprechen müssen, weil wir in Lehre und Wandel auch Got­tes Heiligkeit dokumentieren müssen? Für den Lebenswandel zeigt uns Paulus das richtige Gleichgewicht im 1. und 2. Korintherbrief Dieselben Grundsätze gelten auch für die Lehre.

In 1. Korinther 5,15 wirft Paulus der Gemeinde zu Korinth vor, einen in Unzucht lebenden Mann in ihrer Mitte zu dulden, ohne ihn zurechtzuweisen. Aufgrund der Heiligkeit Gottes, weil diese Heiligkeit der zuschauenden Welt sichtbar sein sollte und weil ein solches Urteil auf der Grundlage des geoffenbarten göttlichen Gesetzes in Gottes Augen recht ist, rügt Paulus die Gemeinde, dass sie den Mann nicht zur Rechenschaft gezogen hat.

Nachdem sie ihn zurechtgewiesen hat, schreibt Paulus wieder in 2. Korinther 2,68 und macht ihr diesmal den Vorwurf, dass sie ihm keine Liebe erzeigt. Diese zwei Gesichtspunkte gehören zusammen. Ich bin dankbar, dass Paulus im ersten und dann im zweiten Brief in dieser Weise schreibt, denn so wird ein Zeitablauf sichtbar. Die Korinther sind seinem Rat gefolgt, sie haben diesen Christen zurechtgewiesen, und nun schreibt ihnen Paulus:

»Ihr habt ihn bestraft, aber warum erzeigt ihr ihm nun nicht auch eure Liebe?« Er hätte fortfahren und Jesus zitieren können: »Ist es euch nicht bewußt, dass eure heidnischen Nachbarn in Korinth das Recht zu dem Urteil haben, Jesus sei nicht vom Vater gesandt worden, weil ihr dein von euch richtigerweise bestraften Manne nun keine Liebe erweist?

Hier stellt sich eine wichtige Frage: Wie können wir die von Christus geforderte Einheit bekunden, ohne an den Fehlern des anderen mitschuldig zu werden? Ich möchte einige Wege aufzeigen, wie wir diese Einheit selbst über unumgängliche Meinungsverschiedenheiten hinweg üben und beweisen können.

Trauer

Zunächst einmal sollten wir an solche Auseinandersetzungen mit wahren Christen nie ohne Bedauern und ohne Tränen herange­hen. Das klingt recht einfach, nicht wahr? Aber glauben Sie mir, evangelikale Christen haben diese Haltung nur zu oft nicht ge­zeigt. Manchmal hat man den Eindruck, dass wir uns begeistert auf die Fehler anderer Leute stürzen. Wir machen uns wichtig, indem wir andere niedermachen. So kann nie eine wirkliche Einheit unter Christen sichtbar werden.

Es gibt nur einen Menschentyp, der die Kämpfe des Herrn in einer einigermaßen angemessenen Weise ausfechten kann, und das ist der von Natur aus friedfertige Mensch.

Ein streitlustiger Mensch kämpft um des Streites willen; zumindest sieht es so aus. Wo Auseinandersetzungen unter wahren Christen unumgänglich sind, da muß die Welt sehen, dass wir uns nicht streiten, weil wir Blut geleckt haben, weil wir die Atmosphäre der Arena oder des Stierkampfs lieben, sondern weil wir zu Gott stehen wollen. Wenn wir sprechen müssen und wir dies unter Tränen tun, kann eine wunderbare Wendung zutage treten.

Ferner ist es wichtig, der Welt bewußt eine Liebe vor Augen zu führen, die um so größer ist, je tiefer die Meinungsverschiedenheiten unter den wahren Christen sind. Nicht alle Differenzen unter Christen sind gleichbedeutend. Einige sind nur Kleinigkeiten, andere sind von überragender Bedeutung.

Je ernster der Fehler ist, um so wichtiger ist es, auf die Heiligkeit Gottes hinzuweisen und das Falsche als falsch zu bezeichnen. Zugleich aber müssen wir, je größer die Meinungsverschiedenheiten sind, um so dringender vom Heiligen Geist die Kraft erbitten, diesen wahren Christen, denen wir entgegentreten müssen, doch Liebe erweisen zu können. Handelt es sich um Kleinigkeiten, fällt es uns nicht schwer, liebevoll zu bleiben. Ist aber die Auseinandersetzung wirklich bedeutend, ist es wichtig, für die Heiligkeit Gottes entsprechend einzustehen. Und um so wichtiger ist es, in dieser Lage der Welt zu zeigen, dass wir einander dennoch lieben.

Als natürliche Menschen reagieren wir genau umgekehrt: In den weniger wichtigen Fällen erzeigen wir den wahren Christen mehr Liebe, geht aber die Auseinandersetzung um wichtigere Fra­gen, neigen wir dazu, weniger Liebe zu zeigen. Das Gegenteil sollte der Fall sein: Wenn die Schwierigkeiten unter den Christen größer werden, müssen wir bewußt lieben und diese Liebe so zum Ausdruck bringen, dass die Welt sie sehen kann.

Wir müssen uns also fragen: Ist mein Streitpunkt mit meinem Bruder in Christus wirklich entscheidend wichtig? Wenn ja, ist es doppelt wichtig, mir Zeit zu nehmen und den Heiligen Geist und Christus auf den Knien zu bitten, sein Werk durch mich und meinen Kreis zu tun, damit ich und wir sogar in dieser grundlegenden Meinungsverschiedenheit mit einem Bruder in Christus oder mit einem anderen Kreis von wahren Christen, dennoch Liebe zeigen können.

Liebe um einen hohen Preis

Als drittes müssen wir inmitten des Dilemmas einen greifbaren Liebesbeweis erbringen, auch wenn er uns etwas kostet. Das Wort Liebe darf nicht nur eine Phrase sein. Mit anderen Worten: Wir sollen alles tun, was zu tun ist, um jeden Preis, um diese Liebe zu beweisen. Wir dürfen nicht sagen: »Ich liebe dich«, und dann bumm, bumm, bumm!

Oft denken die Menschen, das Christentum sei etwas Weichliches, eine Art von verschwommener Liebe, die das Böse wie das Gute liebt. Das ist nicht der biblische Standpunkt. Mit der Liebe Gottes ist gleichzeitig seine Heiligkeit darzustellen. Wir dürfen deshalb nicht sagen, das Falsche sei recht, weder im Bereich der Lehre noch in dem des Wandels, in unserem eigenen Kreis oder in einem anderen. Überall ist das Falsche falsch, und wir sind in dieser Situation dafür verantwortlich, das Falsche auch falsch zu nennen. Und doch muß die sichtbare Liebe um jeden Preis dabei sein.

Die Bibel läßt uns keine andere Wahl. In 1. Korinther 6,17 stehen diese Worte:

Wie darf jemand von euch, der eine Beschwerde gegen einen anderen hat, sich bei den Ungerechten (das heißt den Ungeretteten) richten lassen, anstatt bei den Heiligen? Wisset ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wenn nun durch euch die Welt gerichtet werden soll, seid ihr dann unwürdig, über die allergeringsten Dinge zu entscheiden? Wisset ihr nicht, dass wir Engel richten werden? Warum denn nicht auch Dinge dieses Lebens? Wenn ihr nun über Dinge dieses Lebens Entscheidungen zu treffen habt, so setzet ihr solche zu Richtern, die bei der Gemeinde nichts gelten! Zur Beschämung sage ich’s euch; demnach ist also nicht ein einziger Sachverständiger unter euch, der ein unparteiisches Urteil fällen könnte für seinen Bruder; sondern ein Bruder rechtet mit dem anderen, und das vor Ungläubigen! Es ist überhaupt schon schlimm genug für euch, dass ihr Prozesse miteinander führet. Warum lasset ihr euch nicht lieber Unrecht tun? Warum lasset ihr euch nicht lieber übervorteilen?

Was bedeutet das? Die Gemeinde soll nicht fünf gerade sein lassen; aber der Christ sollte lieber einen praktischen, finanziellen Verlust hinnehmen, um damit die Einheit der wahren Christen zu dokumentieren, anstatt andere wahre Christen vor Gericht zu verklagen; damit würde er nämlich die sichtbare Einheit vor den Augen der Welt zerstören. Eine solche Liebe kostet etwas, aber solche praktizierte Liebe ist sichtbar.

Paulus spricht hier von einer Situation, die sichtbar und ganz real ist: In einer unvermeidlichen Auseinandersetzung mit seinem Bruder soll der Christ eine Liebe beweisen, die bereit ist, einen Verlust einzustecken nicht nur einen finanziellen Verlust (obwohl für die meisten Christen die Liebe und Einheit aufzuhören scheint, wenn es um Geld geht), sondern jeden erdenklichen Verlust.

Wie die besonderen Umstände auch aussehen mögen in jedem einzelnen Fall sollen wir ganz praktisch unsere Liebe beweisen. Die Bibel ist ein Buch, das uns für jede Situation unseres Alltags etwas Handfestes zu sagen hat.

Viertens können wir unsere Liebe zeigen und beweisen, ohne am Fehler unseres Bruders mitschuldig zu werden, indem wir das Problem angehen mit dem Verlangen, es zu lösen und nicht nur die Oberhand zu behalten. Wir alle sind gern die Gewinner. ja, keiner möchte lieber recht behalten als gerade der Theologe. Die Geschichte der Theologie ist über weite Strecken hinweg gekennzeichnet durch das Verlangen, unbedingt der Sieger zu sein.

Wir sollten uns jedoch vor Augen führen, dass wir bei unseren Meinungsverschiedenheiten um eine Lösung ringen müssen ‑ eine Lösung, die Gott die Ehre gibt, die der Bibel entspricht, die aber gleichzeitig mit der Heiligkeit Gottes auch seine Liebe widerspiegelt. Welche Haltung nehmen wir ein, wenn wir uns mit unserem Bruder an einen Tisch setzen oder ein Gemeindekreis mit einem anderen zusammentrifft, um über Meinungsverschiedenheiten zu sprechen? Wollen wir unbedingt als Sieger dastehen? Wollen wir beweisen, dass wir dem anderen um eine Nasenlänge voraus sind? Wenn wir überhaupt Liebe üben wollen, dann müssen wir uns bei solchen Diskussionen um Lösungen bemühen und nicht um jeden Preis Recht zu behalten versuchen.

Streitfragen ‑ verschieden gelöst

Ein fünfter Weg, praktische, für die Welt sichtbare Liebe zu zeigen, liegt in der Einsicht, die wir uns und den anderen immer wieder bewußt vor Augen halten müssen, dass es leicht ist, Kompromisse zu schließen und Unrecht Recht zu nennen, dass es aber ebenso leicht ist, unsere Pflicht zur Einheit in Christus zu vergessen. Diese Einstellung sollte ständig zielbewußt gestärkt und in Wort und Schrift innerhalb unserer Kreise, wie auch unter den einzelnen Gemeindegliedern gefördert werden.

Darüber muß unbedingt gesprochen und geschrieben werden, ehe sich unter wahren Christen Zwiespalt erhebt. Wir halten Konferenzen über alle möglichen Themen. Wer hat aber je von einer Konferenz gehört, die von der Frage bestimmt war, wie wahre Christen durch ihr Handeln Gottes Heiligkeit und gleichzeitig Gottes Liebe vor den Augen der Welt darstellen können? Wer hat je von Predigten oder Schriften gehört, die eingehend darlegen, wie man nach zwei Grundsätzen leben kann, die einander auszuschließen scheinen: 1.) nach dem Grundsatz der Reinheit der sichtbaren Kirche in Bezug auf Lehre und Wandel und 2.) dem Grundsatz der sichtbaren Liebe und Einheit unter allen wahren Christen?

Sind wir denn wirklich so naiv zu glauben, wir könnten uns bei notwendigen Auseinandersetzungen mit wahren Christen richtig verhalten, wenn vorher über diese Dinge nicht eingehend gepredigt und geschrieben worden ist?

In den Augen der Welt wird eine sichtbare Liebe inmitten einer Streitfrage einen Unterschied zwischen den Differenzen bei Christen und den Differenzen bei anderen Menschen aufzeigen. Die Welt mag nicht verstehen, worüber die Christen geteilter Meinung sind, aber sie wird rasch den Unterschied zwischen unseren Auseinandersetzungen und denen in der Welt verstehen, wenn sie sieht, dass wir unsere Streitfragen mit offener und wahrnehmbarer Liebe auf praktischer Ebene begleiten.

Das ist ein himmelweiter Unterschied! Sehen wir nun, weshalb Jesus sagte, diese Tatsache werde die Aufmerksamkeit der Welt fesseln? Niemand kann von der Welt erwarten, lehrmäßige Unterschiede zu verstehen, besonders in unserer Zeit, wo die Existenz von wahrer Wahrheit und absoluten Werten selbst als Theorie undenkbar erscheint.

Wir können von der Welt kein Verständnis dafür erwarten, dass wir aufgrund der Heiligkeit Gottes eine andere Art von Auseinandersetzungen kennen, weil wir mit Gottes absoluten Maßstäben rechnen. Wenn sie aber Auseinandersetzungen unter wahren Christen sieht, die dabei dennoch eine sichtbare Einheit dokumentieren, dann wird der Weg gebahnt, auf dem die Welt die Wahrheit des Christentums wahrnehmen und den Anspruch Christi, dass der Vater den Sohn gesandt hat, verstehen kann.

Tatsächlich können wir bei Meinungsverschiedenheiten besser zeigen, was Jesus hier sagen will, als wenn wir keine Schwierigkeiten hätten. Es dürfte jedem einleuchten, dass wir deshalb nicht nach Differenzen unter Christen suchen sollen ‑ es gibt deren genug, ohne noch mehr zu suchen. Aber dennoch haben wir inmitten der Schwierigkeiten unsere große Chance. Wenn alles glatt läuft und wir als eine »freundliche Schar« zusammenstehen, gibt es für die Welt nicht viel zu sehen. Wenn es aber zu einer wirklichen Auseinandersetzung kommt und wir kompromißlos an den Grundsätzen festhalten, gleichzeitig aber wahrnehmbare Liebe beweisen, dann kann die Welt hier etwas sehen, etwas, woraus sie schließen kann, dass hier wirklich Christen sind und Jesus tatsächlich vom Vater gesandt worden ist.

Praktizierte Liebe

Lassen Sie mich zwei eindrucksvolle Beispiele von solch wahrnehmbarer Liebe erwähnen. Das eine trug sich unmittelbar nach dem letzten Krieg innerhalb der Brüderbewegung in Deutschland zu.

Um die Kirche in den Griff zu bekommen, befahl Hitler durch gesetzliche Gleichschaltung den Zusammenschluß aller religiösen Gruppen in Deutschland. Die Brüdergemeinde spaltete sich über dieser Frage. Die eine Hälfte beugte sich dem Diktat, und die andere Hälfte verweigerte den Gehorsam. Die Nachgiebigen hatten natürlich viel weniger Schwierigkeiten, aber der organisatorische Zusammenschluß mit liberalen Kreisen verwässerte allmählich ihre klare Lehre und ihr geistliches Leben.

Können wir uns die emotionale Spannung vorstellen? Der Krieg ist vorbei, und diese Christen stehen sich wieder gegenüber. Sie vertraten dieselbe Lehre und hatten für mehr als eine Generation zusammengearbeitet. Was sollte nun geschehen? Da ist ein Mann, der den Tod seines Vaters im Konzentrationslager beklagt und der die anderen sieht, die solchen Prüfungen entgangen sind. Doch auch auf der anderen Seite gibt es viele gefühlsmäßige Vorbehalte.

Schritt um Schritt kamen diese Brüder nun zu der Überzeugung, dass es so einfach nicht weitergehen konnte. Es wurde ein Zeitpunkt für ein Treffen der Ältesten aus beiden Gruppen an einem ruhigen Ort angesetzt. Ich fragte den Mann, der mir das erzählte: »Was haben Sie nun getan?« Er antwortete: »Das will ich Ihnen sagen. Wir kamen zusammen, und einige Tage lang prüfte ein jeder sein eigenes Herz.« Hier bestand eine wirkliche Uneinigkeit; die Gefühle waren zutiefst aufgewühlt. »Mein Vater kam ins Konzentrationslager, meine Mutter ist verschleppt worden.« Solche Erfahrungen sind nicht nur kleine Kieselsteine im Fluß der Ereignisse; sie reichen in die tiefsten Quellen menschlicher Empfindungen hinab. Diese Menschen aber verstanden das Gebot Christi in ihrer Lage, und so verharrten sie mehrere Tage hindurch in Selbstprüfung und dachten über die eigenen Fehler und über die Gebote Christi nach. Dann kamen sie wieder zusammen.

Ich fragte den Mann: »Was geschah nun?« »Wir waren einfach wieder eins«, antwortete er. Genau das meint Jesus, davon bin ich überzeugt. Der Vater hat den Sohn gesandt!

Getrennt, und doch eins

Der Grundsatz, von dem wir sprechen, ist allgemeingültig, überall und jederzeit zutreffend. So möchte ich nun ein zweites Beispiel geben ‑ eine andere Anwendung desselben Grundsatzes.

Ich habe jahrelang Ausschau gehalten, um zu sehen, ob je einmal zwei Gruppen von wiedergeborenen Christen, für die eine Zusammenarbeit aus guten Gründen nicht möglich ist, sich ohne bittere gegenseitige Vorwürfe trennen könnten. Lange Zeit habe ich auf das Ereignis gehofft, dass zwei Gruppen, die eine organisatorische Einheit nicht mehr aufrechterhalten können, der außenstehenden Welt den Beweis der weiterbestehenden Liebe zueinander bieten würden.

Theoretisch sollte natürliche örtliche Gemeinde ihren Dienst in allen Schichten der Gesellschaft ausüben können. In der Praxis müssen wir aber zugeben, dass dies in gewissen Situationen sehr schwierig ist. Die Bedürfnisse der verschiedenen Gesellschaftsschichten sind doch sehr unterschiedlich.

Vor kurzem ist ein Problem dieser Art in einer Gemeinde einer großen Stadt im mittleren Westen der Vereinigten Staaten entstanden. In diese Gemeinde kam eine Reihe von Leuten, die sich in ihrem Lebensstil bewußt modern gaben. Mit der Zeit kam der Pastor zur Überzeugung, dass er in Amt und Predigt nicht beiden Teilen dienen konnte. Manchen mag das gelingen, er fand es jedoch unmöglich, allen Gruppen seiner Gemeinde ‑ sowohl den »Langhaarigen« und ihren avantgardistischen Begleitern, als auch den Leuten aus der umliegenden Nachbarschaft ‑ gerecht zu werden.

Das Beispiel sichtbarer Liebe, das ich nun beschreiben will, darf nicht als in der heutigen Zeit selbstverständlich betrachtet werden. In unserer Generation kann sich die Lieblosigkeit nur zu leicht in beiden Richtungen zeigen: Menschen der bürgerlichen Mittelschicht können sehr wohl den langhaarigen Christen gegenüber distanziert und lieblos sein, genauso wie auch diese langhaarigen Christen mit den kurzhaarigen unfreundlich umgehen können.

Nach einem längeren Versuch der Zusammenarbeit versammelten sich die Ältesten und kamen überein, zwei Gemeinden zu organisieren. Es wurde ausdrücklich unterstrichen, dass die Trennung nicht wegen verschiedener Lehrauffassungen stattfand; die Teilung erfolgte aus reiner Zweckmäßigkeit. Ein Mitglied des Ältestenrates begab sich zu der neuen Gruppe. In Beratungen des ganzen Ältestenrates wurde ein ordnungsgemäßer Übergang ausgearbeitet. Nun bestehen zwei Kirchen nebeneinander, die in tatsächlicher Liebe miteinander verkehren.

Hier wurde die organisatorische Einheit aufgegeben, um der wahren Liebe und Einheit Raum zu schaffen, und zwar einer Liebe und Einheit, die die Welt zu sehen vermag. Der Vater hat den Sohn gesandt!

Aus innerster Überzeugung möchte ich noch einmal betonen, dass wir im Ringen um die rechte Verkündigung des Evangeliums in diesem zwanzigsten Jahrhundert unsere Botschaft unbedingt durch unsere wahrnehmbare Liebe glaubwürdig machen müssen. Diese entscheidende Apologetik dürfen wir nicht vernachlässigen! Die Welt beobachtet uns mit vollem Recht, um zu sehen, wie wir als wahre Christen handeln, wenn Meinungsverschiedenheiten auftreten, und sie sollte sehen können, dass wir einander lieben. Unsere Liebe muß eine Form annehmen, die die Welt beobachten kann; sie muß sichtbar sein.

 

Das eine wahre Kennzeichen

Noch einmal wollen wir die Bibelworte betrachten, die das Kennzeichen des Christen so deutlich beschreiben:

Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet; dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt Johannes 13, 34‑35).

Auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast Johannes 17, 21).

Was wollen wir nun festhalten? Vorab, dass wir Christen aufgerufen sind, so wie der Samariter den halb tot geschlagenen Menschen mit Liebe umgab, alle Menschen als unsere Nächsten zu lieben, ja, sie zu lieben wie uns selbst. Des Weiteren sind wir ge­heißen, allen wahren christlichen Brüdern auch inmitten von Meinungsverschiedenheiten ‑großen oder kleinen ‑ Liebe zu erweisen; sie auch dann zu lieben, wenn es uns etwas kostet, sie auch in Zeiten höchster Spannungen und Gefühlskrisen zu lieben und sie so zu lieben, dass die Welt es sehen kann. Wir sind, kurz gefaßt, aufgefordert, in all unserem Verhalten Gottes Heiligkeit und Gottes Liebe zu beweisen, sonst betrüben wir den Heiligen Geist.

Liebe ‑ und die durch sie bezeugte Einheit ‑ ist das den Chris­ten von Christus gegebene Kennzeichen, das sie der Welt vorweisen sollen. Nur durch dieses Kennzeichen kann die Welt erkennen, dass die Christen wirklich Christen sind und dass Jesus vom Vater gesandt worden ist.

          Dem Francis A. Schaeffer – Buch DIE GROSSE ANPASSUNG entnommen von Horst Koch, Herborn, im Oktober 2006

          Außerdem erhältlich von F.A. Schaeffer: DIE NEUE RELIGIÖSE WELLE

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Tätowieren u. Piercen (A.Seibel)

Alexander Seibel

TÄTOWIEREN und PIERCEN – eine harmlose Jugendmode?

Man schätzt, daß bereits mehr als drei Millionen Deutsche tätowiert sind. Tendenz steigend. Die Symbole variieren tausendfach, von Schlangen, Elfen, Totenköpfen bis Rosen. Diese Tattoos (moderne Bezeichnung für Tätowierungen) sind besonders bei jungen Leuten sehr gefragt. So schreibt eine Tageszeitung schon 1996 unter der Überschrift “Bilder, die unter die Haut gehen”: “Die Fans des Körperkults sind in den 2000 Tattoo-Studios auf der Suche nach der neuen Herausforderungen, nach dem ultimativen Kick. Erlaubt ist, was gefällt: Body-Painting, Nasenringe, Piercing-Metall an allen Körperteilen.” Gleichzeitig werden immer bizarrere Formen angeboten, die zum Teil auch schmerzhaft sind.

Neu im Trend liegt “Branding”, wo die “Opfer” einiges aushalten müssen, wenn sich ein auf 1000 Grad erhitzter Stempel auf ihre Haut preßt. Für noch härtere Typen gibt es das “Tuckering”, bei dem Metallklammern in die Haut geknipst werden.

Fazit: Was früher als Strafe, Demütigung, Entstellung oder Kennzeichnung von Sklaven empfunden bzw. praktiziert wurde, gilt heute als „cool“ und findet wachsende Anhängerschaft. So schreibt wiederum eine Zeitschrift zum Thema Piercing: Ein Ring durch die Nase, den Bauchnabel oder im Intimbereich ist “in”. Ringe im Ohr von jungen Männern sind auch immer mehr gefragt. Inzwischen ist es bald eine Teenagermode geworden.

Fraglich wird es, wenn auch Fromme sich derartig “outen”; vor allem vor dem Hintergrund, daß die ersten Männer, die mit solchem „Schmuck“ im Ohr auftraten, in den 60er Jahren die Homosexuellen waren. Es war damals ihr Erkennungszeichen. Natürlich denken die gläubigen Teenager nicht daran und es hat heute längst nicht mehr diese Bedeutung. Doch kann man die Wurzel einer Entwicklung völlig ignorieren?

Ringe im Ohr und auch in der Nase der israelitischen Frau galten dagegen gemäß der Bibel als Schmuck (Hes. 16,12) und besonders der Nasenring als Symbol der Unterwerfung der Frau unter die Autorität des Mannes bzw. eines anderen (1. Mose 24,47). Dieses Bild gebraucht die Bibel dann auch an anderer Stelle als Symbol für das Gericht, in diesem Fall über das Heer Assyriens. „Weil du denn gegen mich tobst und dein Übermut vor meine Ohren gekommen ist, so will ich dir meinen Ring in deine Nase legen…“ (2. Kön. 19,28; Jes. 37,29).

Zur Zeit des Alten Testaments wurde einem Sklaven, der bei seinem Herrn bleiben wollte, als Kennzeichen seiner freiwilligen Unterwerfung ein Pfriem durch sein Ohr gestoßen, “und er sei ein Sklave für immer” (2. Mose 21,6 und 5. Mose 15,17). Darf hier eine Parallele, keine dogmatische Aussage, angedacht werden? Ist dies womöglich ein Kennzeichen dafür, daß man sich jemand anderem bewußt oder unbewußt als Sklave zur Verfügung gestellt hat?

Die Bibel spricht davon, daß es einen unsichtbaren Sklavenhalter gibt, der die Menschen durch die Sünde an sich fesselt und sie nennt ihn auch den Gott dieses Zeitalters (Joh. 8,34 und 2. Kor. 4,4).

Insider nennen die 90er Jahre das Jahrzehnt der Homosexuellen. Vielleicht werden nachkommende Kirchenhistoriker unser Jahrzehnt das nennen, in dem sich die (westliche) Christenheit am rasantesten dem Zeitgeist angeglichen hat.

Tätowieren war früher das Markenzeichen der Halb- und Unterwelt, und wurde bevorzugt von Strafgefangenen praktiziert. Diese Praktiken entstammten den Naturvölkern, die sich vor allem aus religiösen und kultischen Gründen solche Hautveränderungen beibrachten.

In Gottes Wort werden Einritzen oder Schnitte in die Haut, in gewisser Hinsicht Vorläufer der heutigen ausgefeilten Techniken und Praktiken, ausdrücklich verboten (3. Mose 19,28; 21,5). “Ihr seid Kinder des Herrn, eures Gottes. Ihr sollt euch um eines Toten willen nicht wund ritzen noch kahl scheren über den Augen” (5 Mose 14,1). Solche Handlungen wurden in der heidnischen Welt gewöhnlich in Verbindung mit Trauer um einen Verstorbenen praktiziert. Die Warnungen der Schrift sind nicht ohne Grund, obwohl die Bibel eine tiefere Erklärung für jenes Verbot nicht gibt. Die Kommentatoren zu diesen mosaischen Stellen sind jedoch ziemlich einmütig in ihrer Interpretation. Der Wycliff Bible Commentary meint zu dem Gebot von 3. Mose 19,28: “Es verbat irgendeine willentliche Entstellung der Person. Sowohl Einschnitte wie Tätowierung des Leibes wurden von den Heiden praktiziert” (Wycliff Bible Commentary, S. 101).

Ein anderer Kommentator schreibt zu der gleichen Bibelstelle: “Die Praxis, sich Einschnitte in Gesicht, an Armen und Beinen zuzufügen als Ausdruck der Trauer, war universell unter den Heiden verbreitet. Es wurde als Kennzeichen des Respekts vor den Toten gewertet, wie auch als Versöhnungsopfer für die Götter gedacht, die über den Tod herrschen. Die Juden hatten diese Sitten in Ägypten gelernt, und standen in der Gefahr, darin wieder zurückzufallen (Jer. 16,6; 47,5). Tattoos waren auch mit dem Namen von Dämonen verbunden und waren ein bleibendes Zeichen des Abfalls bzw. der Rebellion.”

Ob man solche Aussagen in dieser Schärfe treffen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Doch sollte nachdenklich stimmen, daß der Tätowierungsboom einhergeht mit dem Aufblühen heidnischer, esoterischer Strömungen. Von daher ist es bemerkenswert, daß die Bibel von dieser Praxis im Zusammenhang mit dem Gericht Gottes über die Völker redet (Jer. 41,5; 48,37).

Deshalb sollten Christen von jeglicher Form der Tätowierung Abstand nehmen. So schreibt ein Informationsblatt zum gleichen Thema: „Seelsorger wissen zu berichten, daß Menschen mit Tätowierungen, die zu Christus finden, immer wieder ‘instinktiv’ spüren, daß ihre Hautbilder nicht zu ihrem neuen Stand als Gotteskinder passen.“

In Verbindung mit 5. Mose 14,1 schreibt derselbe Kommentator: “Obwohl diese Handlungen in sich selbst unschuldig erscheinen mögen, waren sie verbunden mit Praktiken und Glaubensvorstellungen, die Gott zuwider waren. “Schnitte in die Haut zur Steigerung der religiösen Verzückung schildert 1. Kön. 18,28. Dieser Vers berichtet davon, wie die Baalspriester um ihren Altar tanzten und sich dabei in das Fleisch ritzten, bis sie bluteten und in Ekstase geraten waren. Der Wycliff Bible Commentary bemerkt zu der Technik, durch Tanz eine geistliche “Verklärung” zu erreichen: „Solche Praktiken sind auch heute nicht unbekannt bei gewissen tanzenden Derwischen“ (ibid, S. 333).

Manches christliche Festival bzw. Jugendtreffen erinnert in verblüffender Weise, was jedenfalls die Körperbewegungen anbelangt, solche einem Auftritt von Baalspriestern, wo man nach uralten heidnischen Methoden versucht, einen veränderten Bewußtseinszustand herzustellen. Die damit verbundene rauschartige Beglückung wird als Wirkung des heiligen Geistes angesehen, denn, so wird argumentiert, es war ja ein christliches Konzert, das man besuchte. Bei der Warnung des Paulus in 1. Kor. 10,7 erwähnt die Bibel u.a., wie das Volk “spielte”. Das im Griechischen gebrauchte Verb “paizo” heißt wörtlich, sich wie ein Kind benehmen, und kann mit springen, hüpfen, tanzen übersetzt werden.

Noch ein erschreckender Gedanke drängt sich auf. Im Buch der Offenbarung gibt es ja die berühmte Prophetie, wie am Ende der Tage jeder die Zahl des widergöttlichen Tieres annehmen muß. Es kommt also zu einer Art “globalen Tätowierung” bzw. einem “Massenpiercing” oder wie auch immer die Kennzeichnung der Menschen durchgeführt wird. Nach dem gegenwärtigen Stand der Entwicklung hat man den Eindruck, daß bei dieser Generation gegenüber solch einer “Brandmarkung” immer weniger Berührungsängste bestehen.

 Alexander Seibel

 

 

Richard Kriese

OKKULTISMUS IM ANGRIFF

Auszug aus Kapitel 5: Magie – Experiment mit dem Übersinnlichen?

Tätowierungen. Das Wort Tätowierung ist von einem polynesischen Wortstamm abgeleitet. In Tahiti bedeutete das »tautau« ein Zeichen jeder Art. Die Tätowierung durch Farbzeichen oder Schmucknarben  oder wie heutzutage durch kleine, mit einem Farbstoff gefüllte Hautpunktierungen  ist ein alter und verbreiteter Brauch. Aus folgenden Gründen ließ man sich tätowieren:

1. Aus Furcht vor dem Unbekannten. Tätowierungszeichen waren eine Art Zauber, der den Menschen vor dem bösen Blick und vor Krankheit schützen sollte. Tätowierungen wurden benutzt, um übernatürliche Gefahren abzuwehren.

2. Erotische Wünsche. Man sah im Tätowieren ein wirksames Mittel zur Erhöhung der Männlichkeit und der Anziehungskraft auf das andere Geschlecht.

3. Um einen bestimmten Stand zu kennzeichnen. Tätowierungen wurden als Stammeszeichen, als Berufskennzeichen, als Zeichen des Ranges oder der Kaste und als Zeichen dafür verwendet, ob ein Mann oder eine Frau verheiratet waren oder nicht.

4. Als Zeichen der Tapferkeit. Manchmal dienten Tätowierungen als Tapferkeitszeichen und sollten beweisen, daß der Betreffende große Schmerzen ertragen konnte.

5. Als künstlerisches Experiment. Manche Völker gestalteten bei ihren künstlerischen Versuchen nicht nur Steine oder Holz, sondern benutzten ebenso den Körper des Menschen.

6. Tätowierungen waren ein bleibendes Kennzeichen in Kriegszeiten. An seinen Tätowierungen konnte ein Soldat auf dem Schlachtfeld leicht wiedererkannt werden, gleichgültig, ob er noch lebte oder schon tot war.

7. Als Ausdruck einer religiösen Überzeugung. Die Hindus von Bengalen glaubten, daß ein Mensch ohne Tätowierungen kaum im Jenseits Aufnahme findet.

Wer zu Jesus Christus gehört, sollte sich nicht tätowieren lassen. Die Bibel verbietet das. Gott läßt dem alttestamentlichen Israel sagen: »Ihr sollt euch am Leibe keine Einschnitte machen wegen eines Toten und keine Tätowierung anwenden« (3. Mose 19, 28). Ebenso wird in 3. Mose 21, 5 gesagt, daß man sich kein »Mal stechen lassen« darf, also keine Tätowierungen; denn sie sind Ausdruck des Aberglaubens, Zeichen der Eitelkeit und hinterlassen nicht zuletzt bleibende Merkmale, die sich nur operativ entfernen lassen.

Im gewissen Sinne gehört auch das Friedenszeichen in den Bereich der Magie. Gemeint ist ein auf dem Kopf stehendes abgewinkeltes Kreuz. Dazu einige geschichtliche Hinweise. Der eigentliche Ursprung des auf dem Kopf stehenden Kreuzes geht auf das erste Jahrhundert nach Christus zurück. Es ist auch bekannt als Petrus-Kreuz mit abfallenden Balken oder als Todesrune. Kaiser Nero, der es entwerfen ließ, wollte damit seine Respektlosigkeit Gott gegenüber bekunden. Seit dieser Zeit ist es als »Nerokreuz« oder als Zeichen der besiegten Juden bekannt.

Im Jahre 711 fielen die maurischen Horden in Spanien ein und richteten ihr antigöttliches Herrschaftsreich auf. Auf dem Schild der Eroberer befand sich dieses Kreuz. Francesco Mario Gauzzo bezeichnet das Symbol in seinem »Compendium Maleficarum« im Jahre 1608 als Hexenfuß. Während des spanischen Bürgerkrieges brannte man dieses Abzeichen den Zigeunern und Juden auf den Körper und brandmarkte sie damit wie zur Zeit der Inquisition.

Dr. Gerhard Encausse bezeichnet es in »Wissenschaft und Okkultismus« als das beliebte Symbol der Anhänger Satans aller Jahrhunderte. Es verhöhnt den allmächtigen Gott und setzt das Vertrauen auf den Teufel. Anton Lavey, ein Anbeter des Teufels, erklärte im November 1968:
»Die Masse, die dem Bösen anhängt, verkehrt das Vaterunser, vermischt es mit Obszönitäten und tritt das Kreuz Christi mit Füßen oder hängt es auf den Kopf gestellt auf.« Es gibt Nichtchristen, die in diesem Zeichen des nach unten abgewinkelten Kreuzes ein geheimes Symbol sehen, um ihre antichristliche Einstellung kundzutun.

Viele glauben, dieses Symbol sei am 21. Februar 1958 als Emblem für den Osterfriedensmarsch in England entworfen worden. Andere meinen, es sei erstmals im Zusammenhang mit der Aktion »bann the bomb« verwendet worden, einer Bewegung gegen den Gebrauch von Atomwaffen. Bertrand Russell, englischer Mathematiker und Philosoph, Gründer dieser Bewegung und bekannt durch seine antigöttliche Einstellung, gab selbst einmal zu, mit dem Satan verbündet zu sein.

Diese Informationen sind nicht unwichtig. Man sollte wissen, was das Friedenszeichen denen bedeutet, die es tragen. Wirklicher Friede wird nicht durch ein Symbol erreicht oder durch eigene Vorstellungen, sondern allein durch das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus. Die Bibel sagt: »Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus.« Über die Bedeutung dieses Friedens durch das Kreuz braucht niemand im unklaren zu sein. Das Kreuz bedeutet für den Menschen, der sich entschlossen hat, Jesus Christus nachzufolgen: Das Ich muß sterben, und das Leben muß dem Friedensbringer, nämlich Jesus Christus, zum Eigentum ausgeliefert werden.

Jesus bringt einen Frieden, der von innen nach außen geht. Darum sagt er: »Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.« Die Sehnsucht nach Frieden wird niemals dadurch gestillt, daß man das Kreuz Christi verleugnet, an dem er gestorben ist, sondern dadurch, daß man sich ihm anvertraut und dadurch den Frieden mit Gott bekommt. Junge Leute, die bewußt ihr Leben an Jesus Christus abgegeben haben, sollten niemals ein auf dem Kopf stehendes abgewinkeltes Kreuz tragen; nicht zuletzt deshalb, weil es auch okkulte Bedeutung hat.

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Homosexualität (M.Seemann)

– Homosexualität –
Veranlagung, Schuld oder legitime Selbstverwirklichung?

– Eine ethische Auseinandersetzung –
von Michael Seemann

Lange Zeit hatte ich mich mit dem Thema Homosexualität nur theoretisch beschäftigt. Diverse Bücher, Artikel in Zeitungen und Zeitschriften sowie Sendungen im Fernsehen waren mir dabei wertvolle Informationsquellen gewesen. Aber dann hatte ich Ende September diesen Jahres ein Erlebnis, durch das die Thematik dieses Referates eine neue, ganz praktische Bedeutung für mich gewonnen hat. Kurz vor Vorlesungsbeginn machte ich einen Tagesausflug in meine Heimatstadt München, in der ich geboren bin. Ich wollte dort alte Freunde treffen, einen Stadtbummel machen und dann abends, als krönenden Abschluß, das Oktoberfest besuchen. Da ich an diesem Tag in der ganzen Stadt unterwegs sein wollte, kaufte ich mir ein Tagesticket für die U-Bahn.

Wer in München schon einmal U-Bahn gefahren ist, der weiß, auf was für ein Abenteuer ich mich dabei eingelassen hatte. Es gibt in München zwar viele U-Bahn-Linien, deren Zugang und Richtung sind aber sehr schlecht ausgeschildert. Und so stand ich schon nach einiger Zeit kopfschüttelnd im Münchner Untergrund und versuchte verzweifelt, eine bestimmte U-Bahn-Linie zu finden. Als ich gerade dabei war, intensiv eine wirre Karte des Münchner U-Bahn-Netzes zu studieren, wurde ich plötzlich von einem Mann mittleren Alters angesprochen. Er hatte mich während meines Suchens schon prüfend gemustert, aber ich hatte mir nichts dabei gedacht.

“Wo wollen Sie denn hin?” fragte der Mann. Ich nannte ihm den gewünschten Zielort. Daraufhin machte mich der Mann darauf aufmerksam, daß ich falsch sei. Er könne mir aber den richtigen U-Bahnsteig zeigen, er sei zufällig in der gleichen Richtung wie ich unterwegs. Die Sache kam mir zwar etwas seltsam vor, aber ich war ganz dankbar, jemanden gefunden zu haben, der sich auskannte.

Und so marschierte ich geduldig neben dem Mann her. Dabei fragte er mich, was ich denn in München wolle. Offenbar hatte er mich schnell aufgrund meines Dialekts als Tourist erkannt. Ich erzählte ihm kurz von meinen Plänen. “Wo wollen Sie heute Nacht wohnen?” fragte mich mein Gegenüber beiläufig. “Nirgends”, antwortete ich ihm. “Kurz nach Schließung des Oktoberfestes setzte ich mich ins Auto und fahre heim”.

Und nun kam etwas, das mich total verblüffte. “Das muß nicht sein”, sagte der Mann. “Sie können doch bei mir übernachten”.

Mir wurde leicht mulmig zumute. “Warum bieten Sie mir das an?” fragte ich ihn. “Nun”, bemerkte der Mann herausfordernd, “für einen netten jungen Mann habe ich immer ein Zimmer frei. Wir können doch gemeinsam aufs Oktoberfest gehen und auch hinterher noch interessante Dinge gemeinsam machen … “

Ich war sprachlos. Es war das erste Mal, daß ich einem Menschen gegenüberstand, der sich ganz offen als Homosexueller zu erkennen gab, der kein Geheimnis daraus machte, wie er fühlte und was er wollte – auch sexuell wollte.

Und dieser Mann sah nicht so aus, wie ich mir einen Homosexuellen vorgestellt hatte (affektiert, Lederjacke, weibische Stimme – Klischees), er sah aus, wie viele andere Männer auch, war modisch gekleidet, sprach ruhig und sachlich und machte einen freundlichen Eindruck.

Irgendwie wußte ich nicht, wie ich ihm begegnen sollte. Ich machte ihm deutlich, daß ich seiner “Einladung” nicht Folge leisten könne. Ich erzählte ihm von meinem Christsein, daß ich mich Gottes Geboten unterordnen wolle und wie mir Jesus zum persönlichen Gegenüber geworden ist.

Daraufhin hatte es der Mann plötzlich eilig, er verabschiedete sich kurz und war schnell in den Menschenmengen der U-Bahn verschwunden, wohl auf der Suche nach einem willigeren Opfer.

Dieser Vorfall hat mich sehr nachdenklich gemacht. Auf der Heimfahrt wurde mir bewußt, daß ich nur sehr theoretisch um Homosexualität und die damit verbundenen Probleme wußte und mir kaum Gedanken gemacht hatte, wie man mit Homosexuellen umgeht oder ihnen helfen kann. Zu eindeutig war mir immer der Gedanke gewesen, daß Homosexualität unnormal sei und von Gott abgelehnt werde. Zu selbstverständlich war es mir immer erschienen, daß es normal sei, heterosexuell zu sein. Und nun wurde ich mit einem Mann konfrontiert, der anders, der schwul war. Ich erinnere mich auch des Gefühls, das ich gegenüber dem Homosexuellen empfand – da war eine Mischung aus Verwunderung, Betroffenheit und – Abscheu.

Die Frage jedoch, die mich am meisten bewegt hat, ist auch Thema dieses Referates. War dieser Mann nur durch eine Veranlagung zur Homosexualität determiniert worden oder hatte er sich frei dazu entschieden? Hatte er sich mit seinem Lebensstil vor Gott schuldig gemacht oder war seine Homosexualität eine legitime Form, sich selbst zu verwirklichen?

Ich werde versuchen, in meinem Referat auf diese Fragen einzugehen und sie zu beantworten.

 

A. Grundlegende Vorbemerkungen

A.1 Definition von “Homosexualität”

Der Begriff Homosexualität wurde vermutlich zuerst von dem ungarischen Arzt K.M. Benkert im Jahre 1869 in die Diskussion eingeführt. Er war ein Vorkämpfer für die Anerkennung der Homosexualität (er war selbst homosexuell) und kämpfte, wie er sagte, für das freie Recht auf gleichgeschlechtliche Sexualausübung

Verschiedene Wörterbücher definieren “Homosexualität” ähnlich wie Benkert:

– Magee (Arzt und Psychiater) schreibt in seinem Buch “Einer unter zwanzig”: “Homosexualität bezeichnet die sexuellen Beziehungen zwischen Partnern desselben Geschlechts, gleichviel ob zwischen Männern oder zwischen Frauen. Für die homosexuelle Frau gibt es eine eigene Bezeichnung (Lesbierin), für den homosexuellen Mann nicht”.

– Wörterbuch der medizinischen Fachausdrücke: “Homosexualität – sexuelle Kontakte unter gleichgeschlechtlichen Partnern”.

Auch bei vielen christlichen Autoren sind ähnliche Beschreibungen des Begriffs “Homosexualität” zu finden. So schreibt z.B. John White in seinem Buch “Eros – Segen oder Fluch?

“Ein homosexueller Akt ist dazu bestimmt, zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts einen sexuellen Orgasmus zu bewirken. Ein Homosexueller ist ein Mann oder eine Frau, die homosexuelle Akte vollziehen”.

Alle diese Definitionen betonen sehr stark das Verhalten des Menschen. “Derjenige, der gleichgeschlechtliche Sexualkontakte vollzieht, ist homosexuell”.

Gegen diesen Standpunkt wird jedoch von den Betroffenen entschieden Einspruch erhoben. Homosexualität sei sehr viel mehr als der bloße Sexualakt. So schreibt der Diplom-Psychologe Thomas Grossmann, der in der Beratung Homosexueller und deren Angehörigen steht:

– “Homosexualität bedeutet – als Mann einen Mann und als Frau eine Frau zu lieben.

– Gegenüber Angehörigen des Geschlechts zärtliche Gefühle zu haben;

– sich sexuell stärker oder ausschließlich durch gleichgeschlechtliche Partner angezogen zu fühlen;

– als Mann Freude am Anblick von Männern zu haben und als Frau die Ausstrahlung einer Frau zu mögen.”

Der letzte Punkt ist natürlich sehr hart formuliert. Bin ich allein schon deswegen homosexuell, weil mir als Mann ein anderer Mann sympathisch ist oder ich sagen kann: “Der sieht aber gut aus”? Wäre dann nicht in jeder Freundschaft ein homosexuelles Element enthalten? Grossmann bejaht dies. Der Mensch sei von Natur aus bisexuell. Wenn “zwei Mädchen Arm in Arm gehen oder wenn ein Vater mit seinem Sohn schmust, ist strenggenommen Homosexualität im Spiel”.

Jedenfalls weichen Grossmann – und daneben viele Homosexuelle — deutlich von der Betonung des Verhaltens, des Tuns (Sexualakt) ab und betonen das Emotionelle, das Gefühl als Grundlage der Homosexualität. Sehr oft wird dabei der Begriff Homosexualität mit dem Begriff Homophilie ersetzt.

Aber auch diese Definition ist nicht unumstritten. Viele Betroffene lehnen sie ebenfalls ab, da durch sie der Eindruck entstehe, als spiele die Homosexualität bei gleichgeschlechtlichen Partnern keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Einen Ausweg aus dieser Diskussion fand der Holländer Hermann van de Spijker mit seiner Wortschöpfung Homotropie. Dieses Wort ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet “auf das Gleiche gerichtet sein” Spijker bezeichnet konsequenterweise die Heterosexualität mit Heterotropie.

Nach dem Schweizer Theologen G. Looser umfaßt sowohl der homotrope als auch der heterotrope Zustand drei Ebenen: die personale, die erotische und die sexuelle Ebene. In der Homotropie sei die personelle Ebene die Homophilie, die erotische die Homoerotik und die sexuelle die Homosexualität. “Homotropie schließt nichts aus, sondern alles ein” (G.Looser).

Wir haben es also hier mit drei Definitionen zu tun, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen (Verhalten = Sexualakt/ Homophilie auf emotionelle Bindung/Homotropie auf ein Zusammenwirken von Sexualakt und Gefühl).

Welche ist nun zutreffend?

Die Betonung des Verhaltens hat ihre Schattenseiten. Der holländische Arzt und Psychologe van den Aardweg macht mit Recht deutlich, daß “nicht alle sexuellen Kontakte oder Manipulationen mit Mitgliedern des gleichen Geschlechts im eigentlichen Sinn des Wortes homosexueller Natur sein müssen. Jungen können vorübergehende Kontakte mit gegenseitiger Selbstbefriedigung mit anderen Jungen haben und in einigen nicht-westlichen Kulturen mögen Menschen aus rituellen Gründen gleichgeschlechtliche Sexualakte unterhalten, ohne daß diese Verhaltensweisen die charakteristischen Merkmale einer echten homosexuellen Motivation aufweisen”. (G.I.M. van den Aardweg, Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen – Analyse und Therapie, 1985). Auch die Betonung des Emotionellen als bestimmenden Faktor der Homosexualität hat ihre Schwachpunkte. Wer homosexuelle Partnerschaften idealisiert (“die einzig wahre Partnerschaft”, “die reinste Form der Liebe”) und so das Erotische in den Hintergrund stellt, der geht an den Tatsachen vorbei.

So bleibt nur die dritte Definition übrig, die der Homotropie. Wenn ich hier den Begriff “Homosexualität” gebrauche, dann deswegen, weil er allgemein üblich ist, um gleichgeschlechtliche Beziehungen zu beschreiben. Er ist aber stets als Synonym zu Homotropie zu verstehen. Homosexualität, um bei diesem weitverbreiteten Begriff zu bleiben, ist also mehr als der gleichgeschlechtliche mechanische Geschlechtsakt und mehr als eine idealisierte “Liebe” zum gleichen Geschlecht, bei welcher der Sexualakt kaum vorkommt, sondern wie van Aardweg formuliert: “eine erotische und gefühlsmäßige Neigung zum eigenen Geschlecht, die mit einer Verminderung der erotischen Neigung zum anderen Geschlecht einhergeht”. Dabei kann unterschieden werden zwischen einer passageren (vorübergehenden) Homosexualität, die etwa während einer Entwicklungsphase in der Pubertät vorkommen kann, und einer chronischen, d.h. bleibenden Homosexualität.

 

A.2 Arten der Homosexualität / Typen der Homosexualität

Die Art und Weise, wie bei der Definition des Begriffes “Homosexualität” unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, beweist eindrücklich, daß es den typischen Homosexuellen nicht gibt (z.B. den weichlichen Mann mit der weiblichen Stimme, die vermännlichte Frau etc.).

Befürworter und Gegner der Homosexualität sind sich darüber einig, daß viele Stufen und Varianten der Homosexualität existieren.

Der Amerikaner Alfred Kinsey befragte zwischen 1938 und 1953 mehr als 10.000 amerikanische Männer und Frauen über ihr sexuelles Verhalten. Seine Ergebnisse faßte er in einem Modell zusammen, das sieben verschiedene Gruppen von Menschen unterscheidet.

Gruppe 0 besteht aus allen Menschen, die ausschließlich heterotrope Neigungen haben, Gruppe 6 aus Menschen mit ausschließlich homotropen Neigungen, die bisher nur homoerotische Erfahrungen haben. Gruppe 6 enthält also Menschen, die 100-Prozent unserer Definition von Homotropie entsprechen.

Die Gruppen 1-5 sind nach Kinsey Zwischenformen, in denen Menschen mehr oder weniger homotrope Neigungen haben, bei denen aber immer noch ein mehr oder weniger großer Rest heterotroper Neigungen vorhanden ist, d.h. die eine Vorliebe für das eigene Geschlecht haben, aber dennoch beim anderen Geschlecht eine gewisse Befriedigung suchen und finden. Die Angehörigen der Gruppen 1-5 sind also bisexuell.

Dieses Schaubild illustriert deutlich, wie viele unterschiedliche Stufen der Intensität homosexueller Neigungen existieren. Auch van den Aardweg stimmt an diesem Punkt mit Kinsey überein. Wie Kinsey unterscheidet er Menschen, die hundertprozentig homotrope und hundertprozentig heterotrope Neigungen haben. Neben diesen beiden Gruppen unterscheidet er Menschen, bei denen Phasen mit heterosexuellem und Phasen mit homosexuellem Interesse einander abwechseln.

Auch bleibt festzuhalten, daß die Ausrichtung homosexueller Menschen oft sehr unterschiedlicher Art ist. Es gibt homosexuelle Menschen, die möglichst viele Kontakte suchen, die also den Schwerpunkt auf den Sexualakt legen und oft zufällige Begegnungen für eine Nacht haben. Bei ihnen wissen die Partner oft kaum etwas voneinander.

Andere versuchen, den Schwerpunkt auf eine stabile, gefühlsmäßige Partnerschaft, bis hin zu einer Art Heirat zu legen (ungeachtet dessen, ob sie eine solche Beziehung wirklich durchzuhalten vermögen).

Es gibt homosexuelle Menschen, die eine ganz bestimmte Art von Partnern bevorzugen, etwa hinsichtlich ihres Körperbaus, ihres Benehmens oder Alters (z.B. Fixierung auf Jugendliche bzw. ältere Männer), andere haben verschiedene Typen von Partnern, denen ihre Präferenz gilt. Manche sind überhaupt nicht wählerisch, sie nehmen, was sie bekommen.

Einige Typen von Homosexuellen sind ausgesprochen feminin, viele jedoch sind äußerlich von ihrer Umwelt nicht zu unterscheiden.

Dieser kurze Abriß macht deutlich, daß es den Homosexuellen nicht gibt, daß man also die Homosexuellen nach der bevorzugten Art des Partners, der Stärke des Geschlechtstriebes u.a. Eigenschaften unterscheiden kann.

Das TIME Magazin unterscheidet u.a. folgende Typen von Homosexuellen

Der auffällige Homosexuelle:

Damit sind Menschen gemeint, die sich bewußt nach dem landläufigen Klischee eines Homosexuellen benehmen und darstellen, um damit ihre Homosexualität zum Ausdruck zu bringen. Als Beispiel wird dazu im TIME Magazin u.a. der hüftschwingende Kellner mit dem laschen Händedruck und der etwas hohen Stimme angeführt. Auch Menschen mit einer bestimmten Art von Kleidung (Lederkleidung, Ketten, Pink als bevorzugter Farbe etc.) und Transvestiten gehören dieser Gruppe an. Diese offenkundigen Homosexuellen werden sehr häufig auch von anderen Homosexuellen spöttisch belächelt.

Der militante Homosexuelle:

Auch er tritt aus der Anonymität heraus und steht zu seiner Überzeugung. Er tut dies nicht, indem er versucht, den Klischees über Homosexuelle zu entsprechen, sondern durch aktives Handeln in der Gesellschaft. Er proklamiert militant die Gleichstellung mit den Heterosexuellen und versucht auf jede nur denkbare Weise, seine Lebenseinstellung zu rechtfertigen. Häufig sind dabei Versuche, zu beweisen, jeder Mensch sei mehr oder weniger homosexuell veranlagt, die homotrope “Liebe” zu idealisieren und über jede andere Form von Liebe zu stellen. Der militante Homosexuelle ist für Gegenargumente taub und ist nicht bereit, über eine Änderung seiner sexuellen Orientierung nachzudenken. Er betont, Opfer einer gesellschaftlichen Diskriminierung zu sein und vergleicht sich häufig mit anderen unterdrückten Gruppen wie Juden oder Schwarzen.

Der verborgene Homosexuelle:

90 % der Homosexuellen halten ihre Neigung verborgen, ausgenommen sind ihre gleichgeschlechtlichen Partner, Liebhaber und hin und wieder ihre Psychiater. Sie geben sich unauffällig und konservativ. Weder ihre Ehepartner, Kinder oder Bekannte wissen etwas von ihren Neigungen. Sie kommen aus allen Klassen und Berufen und leben nach außen hin ein konventionelles Leben. Sie haben einen Kreis von Freunden, die sie heimlich treffen. Viele bekannte Persönlichkeiten mit homosexuellen Neigungen zählen zu dieser Gruppe.

Der bisexuelle Homosexuelle:

Viele verheiratete Homosexuelle täuschen Befriedigung beim Geschlechtsakt mit ihren Ehepartnern vor. Dies ist natürlich für homosexuelle Frauen leichter als für homosexuelle Männer. Aber auch diejenigen, die eine Vorliebe für das eigene Geschlecht haben, und dennoch beim anderen Geschlecht eine gewisse Befriedigung suchen und finden, gehören dieser Gruppe an.

Der verzweifelte Homosexuelle:

Er ist über sein homotropes Verlangen verzweifelt und möchte – anders als der militante Homosexuelle – davon loskommen (z.B. wegen gesellschaftlichen Drucks oder weil der Betreffende gerne eine Familie gründen würde). Er kommt jedoch von seinem Verlangen zum gleichen Geschlecht nicht los und wird immer wieder zu flüchtigen homosexuellen Erlebnissen gedrängt. Auch zu einer engeren Bindung ist er nicht fähig.

Der Gelegenheits-Homosexuelle:

Dazu zählen solche, die sich ohne Gefühle homosexuell betätigen: Drogensüchtige, die sich als Strichjungen anbieten, um Geld zu verdienen; Häftlinge, die keine andere Möglichkeit haben oder zum Sex gezwungen werden etc.; Menschen, die nur bzw. hauptsächlich mit Mitgliedern des eigenen Geschlechts zusammen sind bzw. sein müssen (z.B. Internatsschüler etc.).

Diese Gruppen sind nur der Versuch, verschiedene Typen der Homosexuellen schematisch darzustellen. Natürlich sind die Übergänge zwischen den einzelnen Gruppen fließend und die genannten Eigenschaften als beispielhaft und nicht als absolut anzusehen. Aber auch hierbei wird deutlich, wie vielfältig das Spektrum der Homosexualität ist. 

A. 3 Zur Geschichte der Homosexualität

Gleichgeschlechtliche Beziehungen hat es fast zu allen Zeiten gegeben. Bereits bei den Ägyptern, Babyloniern und Assyrern waren homosexuelle Beziehungen bekannt, wenn auch nicht allgemein akzeptiert. In Ägypten galt es als äußerste Demütigung für einen Mann, geschlechtlich “gebraucht” und mißbraucht zu werden (vgl. Passagen im ägyptischen Totenbuch). Auch zeigen verschiedene mittelassyrische Gesetze eine ablehnende Haltung gegenüber der Homosexualität. Bei den Griechen der Antike war vor allem die homotrope Neigung zu jungen Männern und heranwachsenden Jugendlichen verbreitet. Aber auch hier war dies nicht allgemein akzeptiert und normal. Die Satiren über die Homosexualität in den Komödien des Aristophanes und die Gesetze gegen die Homosexualität in Sparta und Athen belegen dies.

Bei den Juden war die Homosexualität ausdrücklich verboten. Ich werde später darauf eingehen. Bei vielen Völkern, die Israel umgaben, war die Homosexualität bekannt (so z.B. in Kanaan und Ägypten).

Auch in der Umwelt des Neuen Testamentes gab es homotrope Kontakte. So geißelt Paulus ausdrücklich diese Beziehungen im römischen Reich. Während seiner Missionsreisen muß er auch von den in Kleinasien praktizierten Formen der “Knabenliebe” erfahren haben.

In der Zeit nach Christus entwickelte sich mehr und mehr eine zunehmende gesellschaftliche Ablehnung homosexueller Praktiken.

So wurde beispielsweise im Jahre 1290 in Britannien ein Gesetz erlassen, aufgrund dessen ein überführter Homosexueller bei lebendigem Leibe verbrannt werden mußte. Heinrich VIII. änderte im Jahre 1533 die Hinrichtungsart, aber erst 1861 wurde die Todesstrafe durch eine lebenslange Freiheitsstrafe ersetzt. Auch in Holland wurden zur Zeit calvinistischer Strenge zwischen 1670 und 1732 viele Homosexuelle hingerichtet.

Dennoch ist hier zu bemerken, daß es auch weite Bereiche in der christlichen Welt gab, in denen die Homosexualität wie auch die Prostitution geduldet wurde. So haben z.B. Papst Leo sowie das Konzil von Paris 1202 eine humanere Haltung gegenüber der kleinen Minderheit der Homosexuellen gefordert. Auch wird berichtet, daß es während langer Zeiten im Feld bei Kriegszügen sowie innerhalb der Abgeschiedenheit von Klostermauern immer wieder Fälle von Homosexualität gegeben habe. An dieser Stelle sei auch kurz auf die islamischen Völker hingewiesen, die bis heute homosexuelle Handlungen sehr oft mit der Todesstrafe verfolgen. Daneben gibt es in vielen Kulturen eine Art ritualisierte oder kultische Homosexualität. Sie gehört z.B. zu den Initiationsriten, bei denen ein junger Mann in die Gemeinschaft von Kriegern aufgenommen wird und durch den homosexuellen Akt symbolisch die Kraft eines älteren Kriegers übertragen bekommt.

Vor mehr als einem halben Jahrhundert plädierte der ungarische homosexuelle Arzt Dr. Benkert für eine Enttabuisierung der Homosexualität und für ihre völlige Gleichstellung mit heterosexuellen Lebensformen.

Der Schriftsteller Oscar Wilde versuchte in viktorianischer Zeit, sich über die öffentliche Moral hinwegzusetzen, indem er ein öffentliches homosexuelles Verhältnis mit einem jungen britischen Aristokraten begann. Er wurde angeklagt und später ins Gefängnis gesteckt. Schließlich starb er einsam und verarmt.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Frankreich Zeuge einer bitteren Auseinandersetzung zwischen dem pädophilen Schriftsteller André Gide und seinen Gegnern, um die Normalität homosexueller Liebe zu Kindern. Gide hatte schon 1924 ein Buch mit dem Titel “Corydon” geschrieben, indem er die unvergleichliche Reinheit und die natürlichen Qualitäten homosexueller pädophiler Liebe rühmt. Bis zum Jahr 1967 konnte ein Mann, dem homosexuelle Praktiken nachgewiesen wurden, in England dazu verurteilt werden, den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen. Nach diesem Datum wurde ein Gesetz eingeführt, das Männern über 21 Jahren, die sich homosexuell betätigten, nicht mehr unter Strafe stellt.

Auch in Deutschland stellte der §175 Strafgesetzbuch die homosexuelle Betätigung unter Strafe. Mit Gefängnis wurde derjenige bestraft, der mit einem Abhängigen oder einem noch nicht einundzwanzig Jahre alten Mann homosexuelle Handlungen vornahm sowie derjenige, der gewerbsmäßig Homosexualität trieb (Strichjungen etc.) Ähnliche Rechtslagen bestanden in Österreich und Finnland. In anderen Staaten, wie der Schweiz und Schweden, war die Strafbarkeit homosexueller Beziehungen zwischen erwachsenen Männern abgeschafft worden.

Mit der sexuellen Revolution in den 60er und 70er Jahren dieses Jahrhunderts trat ein starker gesellschaftlicher Wandel in der Sexualethik ein, von dem auch das Gebiet der Homosexualität betroffen wurde.

Die Unterdrückung der sexuellen Triebe durch Normen und ethische Maßstäbe wurde gebrandmarkt und die Triebbefreiung zum obersten Ziel erhoben. Die Unterdrückung der Lust wurde als Ursache des Bösen und der Ursache aller Aggressivität angesehen. Deshalb wurde versucht, alles, was die Lust hindert, aus dem Wege zu räumen: Scham, ethische Regeln etc. Alles, was der Lust dient, wurde für gut erklärt. So konnte und sollte nach diesen Maßstäben auch die Homosexualität ohne Scham, grenzenlos und lustbetont ausgelebt werden. Am 1.9.1969 wurde in Deutschland der §175 dahingehend modifiziert, daß Homosexualität unter Erwachsenen keinen strafbaren Tatbestand mehr darstellt.

1973 beschloß die American Physiatric Association, ihre frühere Position der Homosexualität als emotionale (vorher: -elle) Störung aufzugeben. Seit der “sexuellen Revolution” sind in der ganzen westlichen Welt organisierte homosexuelle Bewegungen entstanden, die gegen die Benachteiligung Homosexueller kämpfen und sich für die Unterstützung des homosexuellen Lebensstils einsetzen. Diese Bewegungen werden von vielen Politikern und Künstlern unterstützt. Mehrere Räte christlicher Kirchen haben Erklärungen abgegeben, in denen die Gleichstellung von Homosexualität und Heterosexualität gefordert wird.

So äußerte sich beispielsweise die Rheinische Kirche in Deutschland im Jahre 1970 in einem Thesenpapier folgendermaßen: “Die Homosexualität wird erst dann zur Sünde, wenn sie nicht in sittlich verantwortlicher Weise praktiziert oder gemeistert wird … So wie der Mann in der Frau die ‘Gehilfin’ für sein Leben erkennen darf und soll, so vermag der Homosexuelle dies in dem gleichgeschlechtlichen Partner zu erfahren … Auch zwischen Homosexuellen gibt es eine tiefe Körper, Geist und Seele umfassende Liebe”.

Auch Bischof Lohse, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), hat sich in diesem Zusammenhang zu Wort gemeldet: “Wir haben gelernt, daß wir Menschen wegen ihrer Homosexualität nicht diskriminieren dürfen. Sie müssen einen Platz in der Gesellschaft und in der Kirche haben”.

In vielen Zeitungen wird immer wieder propagiert, die Wissenschaft habe die Normalität der Homosexualität schlüssig nachgewiesen. Auch in Fernseh- und Kinofilmen werden immer wieder homosexuelle Handlungen als etwas Natürliches dargestellt. In allen größeren Städten sind Bars, Kinos, studentische Verbindungen und Buchläden für Homosexuelle entstanden. Vielfach gehen homosexuelle Organisationen auch auf die Straße, um für ihre Ziele zu demonstrieren.

In Amerika gibt es bereits christliche Kirchen und Gemeinden, welche die Homosexualität als legale Form der Selbstverwirklichung akzeptieren, und die teilweise sogar von Homosexuellen gegründet worden sind.

Auch innerhalb der evangelischen Kirche gibt es maßgebliche Tendenzen, die Homosexualität als gleichberechtigte Lebensform anzunehmen. Der Heidelberger Sozialethiker Prof. Hungar, den ich selbst während meines Studiums dort gehört habe, setzt sich vehement dafür ein, homosexuelle Pfarrer in der Kirche zu akzeptieren. Ebenso sind innerhalb der theologischen Fakultäten Homosexuelle zu finden. So wurde u.a. eine Selbsthilfegruppe “Homosexuelle und Kirche” gegründet, die Christen innerhalb der Landeskirche und der evangelikalen Gemeinden Mut machen will, zu ihrer Homosexualität zu stehen. Das Bekenntnis dieser Gruppe wird in der Broschüre “Evangelikal und homosexuell” deutlich beschrieben: “Homosexualität ist kein Verhängnis und keine Sünde, sondern gottgeschaffene Lebensform. Thank God I’m gay — Gott sei Dank bin ich schwul”.

In mehreren europäischen Ländern wird darüber diskutiert, eine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern anzuerkennen, in Schweden und Dänemark ist dies bereits der Fall. Die SPD in Deutschland unterstützt dies ausdrücklich, die Grünen gehen sogar so weit, die Abschaffung aller Verbote gegen die Sexualität mit Kindern zu fordern. Allein die katholische Kirche bildet in der allgemeinen Tendenz zur Akzeptanz der Homosexualität eine Ausnahme. In der Erklärung der Heiligen Kongregation für die Glaubenslehre hat sie z.B. 1975 deutlich gemacht: obgleich homosexuellen Menschen mit Verständnis begegnen werden sollte, sei ihre Lebensweise dennoch als unnatürlich (contra naturam) zu betrachten. Auch wenn die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz der Homosexualität noch nicht vorhanden ist, bekennen sich doch immer mehr Menschen zu ihrer Homosexualität.

Fazit: Die “Homosexualität ist normal”-Ideologie ist in weiten Teilen der “intellektuellen und halbintellektuellen Schichten unserer Gesellschaft vorherrschend … Es gilt als progressiv und modern, zu ihren Anhängern zu gehören … Dennoch ist zu bezweifeln, ob diese Ideologie von der Öffentlichkeit allgemein geteilt wird … Es ist in der Tat höchst unwahrscheinlich, daß die Mehrheit der Bevölkerung (trotz langjähriger Propaganda durch die Massenmedien) so weit gebracht werden kann, die homosexuelle Kondition als vollkommen normal zu betrachten, auch wenn ein hohes Maß an Toleranz vorhanden sein mag. … Mit anderen Worten: Trotz all ihrem Einfluß auf die heutige Gesellschaft wird die Idee “Homosexualität ist normal” wahrscheinlich doch nur die Einstellung einer gewissen intellektuellen Elite bleiben”.

 

A.4 Zahlen zur Homosexualität

Konkret faßbare Zahlen über die Verbreitung der Homosexualität in der Gesellschaft sind kaum zu erhalten, das Zahlenmaterial, das kursiert, basiert auf Schätzwerten.

Der berühmte Kinsey-Report stellt in diesem Zusammenhang eine Ausnahme dar. Alfred Kinsey hat, wie schon erwähnt, zwischen 1930 und 1959 Tausende weißer amerikanischer Männer und Frauen nach ihren sexuellen Vorlieben befragt. Nach seinen Angaben antworteten 4 % der befragten Männer, daß sie ausschließlich homotrop orientiert seien, weitere 6% sagten aus, sie seien zwischen ihrem 16. und 65. Lebensjahr mindestens drei Jahre mehr oder weniger ausschließlich homotrop ausgerichtet gewesen. Insgesamt gaben etwa 37 % der Befragten an, zwischen der Pubertät und dem Greisenalter in irgendeiner Form homosexuelle Erfahrungen gemacht zu haben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf das bereits erwähnte Diagramm von Kinsey zurückkommen:

Nach Kinseys Angaben besteht also die Gruppe 6 (ausschließlich homotrop orientiert) aus 41% der Befragten. 37% aller Befragten sind noch bisexuell, gehören also zu 1–5. Insgesamt wären nach Kinsey also 41% aller Befragten mehr oder weniger homosexuell veranlagt (1-6). Der Prozentsatz homotroper Frauen war im Ganzen etwas geringer als der der Männer. Kinsey bemerkte hierzu, es gebe ein Drittel bis halb so viele Lesbierinnen wie männliche Homosexuelle. Aber zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr stieg nach seinen Untersuchungen die Anzahl ausschließlich homotrop orientierter Frauen dann aber doch — wie bei Männern – auf 4% der Befragten an.

Allerdings wurde Kinsey von mehreren Seiten vorgeworfen, eine selektive Auswahl seiner Forschungsobjekte getroffen zu haben. Deshalb hätten seine Ergebnisse eine so hohe Zahl anormaler Fälle aufgewiesen. Der hohe Prozentsatz an mehr oder weniger homosexuell orientierten Personen bei Kinsey (4%) ist deshalb auch stark anzuzweifeln.

Heute erhärtet sich in medizinischen Kreisen die Annahme, daß die Zahl homosexueller Menschen etwa 5% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Darin sind aber alle Stufen homosexueller Neigungen mit inbegriffen. Auch die Auflagenhöhen gewisser Magazine und Zeitschriften, die speziell für den homosexuellen Markt bestimmt sind, bestätigen diese Annahme.

Norman Pittenger, der sich stark für eine liberale theologische Haltung gegenüber homosexuellen Menschen einsetzt, geht ebenfalls davon aus, daß – bezogen auf die Situation in England – 5% der britischen Männer und Frauen latent oder völlig homosexuell veranlagt sind.|36|

F.E. Kenyon dagegen geht nur von einem zahlenmäßigen Verhältnis von einem unter 25 Männern (4%) und einer unter 45 Frauen (2,22%) aus.

Wie gesagt, diese Zahlenangaben sind nur Schätzwerte. Man kann selbst in Umfragen und Untersuchungen nicht in einen Menschen hineinsehen. Wie viele Homosexuelle es im Gesamten gibt (viele halten ihre Neigung ja strikt verborgen), ist nicht definitiv zu bestimmen. Jedoch besteht zwischen Befürwortern und Gegnern der Homosexualität ziemliche Einigkeit, daß der Wert von 5% nicht übertrieben ist und, soweit dies abschätzbar ist, zutrifft.

Ich möchte nun versuchen, die trockenen Zahlenwerte bildhaft zu verdeutlichen. Wenn man von einem Anteil der Homosexuellen an der Gesamtbevölkerung von 5% ausgeht, hat dies ganz praktische Konsequenzen:

– Bei einer geschätzten Zahl von 80 Mio. Deutschen im vereinten Deutschland wären dann ca. 4 Mio. mehr oder weniger homosexuell.

– Ein Prediger, der vor 200 Leuten spricht, muß damit rechnen, daß neun bis zehn Menschen unter seinen Zuhörern homosexuell veranlagt sind.

– Um es noch provozierender und deutlicher auszudrücken: Unter 100 FETA-Studenten könnten fünf mit homotropen Neigungen sein — statistisch gesehen!

 

B. Ursachen der Homosexualität

Wir kommen nun zum zweiten Hauptpunkt. Ist die Homosexualität Veranlagung oder gibt es andere verursachende Faktoren? Ist der Nachweis führbar, daß bestimmte Menschen durch ihr Erbgut oder durch andere Faktoren schon vor ihrer Geburt dazu bestimmt sind, homosexuell zu sein — ob sie es nun wollen oder nicht?

Wenn dies so wäre, so hätte dies einschneidende Konsequenzen. Ein Mensch, der durch seine Gene, Hormone, durch angeborene Verhaltensmuster oder ähnliches zur Homosexualität determiniert wäre, könnte dann für seine homotrope Veranlagung nicht zur Rechenschaft gezogen werden, er wäre auch nach ethischen Maßstäben nicht für sein Handeln verantwortlich.

Die Naturwissenschaft hat sich in den letzten Jahren verstärkt bemüht, herauszufinden, ob es eine solche determinierende Ursache gibt, die bestimmt, ob jemand homo- oder heterosexuelle Neigungen hat. Einige dieser postulierten Ursachen sollen hier kurz angesprochen werden.

Eine umfassende Auseinandersetzung mit den verschiedenen Thesen über eine determinierende Ursache der Homosexualität würde den Rahmen dieses Referates sprengen. Es gibt verschiedenste Thesen über eine determinierende Ursache der Homosexualität, die aber hier nur angerissen werden sollen.

B.1. Hat Homosexualität eine genetische Ursache?

Im Jahre 1952 untersuchte Prof. Kallmann vierzig Zwillinge und verglich die dabei erzielten Ergebnisse mit denen von zweieiigen Zwillingen. Eineiige Zwillinge haben bekanntlich ein identisches Erbgut, da sie sich aus einer Eizelle entwickeln, zweieiige dagegen haben ein unterschiedliches Erbgut, weil sie aus zwei verschiedenen Eizellen entstehen. Kallmann fand heraus, daß sich bei den zweieiigen Zwillingen 11,5% der Zwillingsbrüder von Homosexuellen als ausschließlich oder vorwiegend homosexuell einstuften. Dagegen hatten nach seinen Untersuchungen eineiige homosexuelle Zwillinge zu 100% einen homosexuellen Zwillingsbruder. Kallmann glaubte aus diesem Ergebnis die Erblichkeit der Homosexualität herauslesen zu können.

Aber es gibt gewichtige Argumente, die gegen diese These sprechen:

– Warum hatten die untersuchten Homosexuellen alle heterosexuelle Eltern und später, soweit sie Kinder hatten, heterosexuelle Kinder?

– Wenn Homosexualität erblich wäre, müßte sie in einigen Familien öfter vorkommen als in anderen. Das ist nicht der Fall.

– Van den Aardweg macht deutlich, daß sich Kallmanns Ergebnisse nicht verallgemeinern lassen. Es gebe viel zu viele Beispiele von eineiigen homosexuellen Zwillingen, die einen heterosexuellen Bruder hätten.

– Bei solchen eineiigen Zwillingen, die sich bezüglich der Homosexualität nicht glichen, konnten mit Hilfe biochemischer und physiologischer Tests keine Unterschiede festgestellt werden.

– Man muß außerdem bei eineiigen Zwillingen mit dem Bestreben rechnen, sich ihrem (homosexuellen) Zwillingsbruder identisch zu zeigen. Kallmann selbst hatte bei seinen Testpersonen sogar in kleinen Gesten und Gewohnheiten Ähnlichkeiten festgestellt.

Wenn man hierbei einen genetischen Faktor zugrundelegen würde, müßte man davon ausgehen, daß das menschliche Verhalten bis in kleinste Einzelheiten genetisch programmiert ist und das ist eindeutig auszuschließen (man bedenke z.B. den nachweisbar prägenden Einfluß der Erziehung auf das Verhalten!).

– Auch die überdurchschnittlich hohe Quote an Übereinstimmung bei zweieiigen Zwillingen (11, 5 % im Vergleich zu etwa 5 % homosexueller Menschen bei der Gesamtbevölkerung), ist ein Hinweis darauf, daß dabei andere als genetische Faktoren zugrunde liegen.

Bedenkt man, daß zweieiige Zwillinge sich in ihrer genetischen Struktur nicht weniger unterscheiden als normale Geschwister, so sind 11,5% ein erstaunlich hoher Prozentsatz an Übereinstimmung. Deshalb ist anzunehmen, daß hier z.B. Faktoren wie gleiche Erziehung, Versuch, den Bruder oder die Schwester nachzuahmen etc. die Ursache sind.

– Spätere Zwillingsforscher konnten die Ergebnisse nicht bestätigen.

Als Fazit bleibt zu dieser These festzuhalten: Es gibt bisher keinen wissenschaftlichen Beweis einer erblichen, genetisch bedingten Ursache der Homosexualität.

B.2. Gibt es eine hormonell bedingte Ursache der Homosexualität?

Diese Theorie wird u.a. von dem Ostberliner Professor Dörner vertreten, der den Einfluß bestimmter Hormone auf die sexuelle Entwicklung ungeborener Ratten entdeckt hat. Er spritzte schwangeren Ratten bestimmte Stoffe ein, welche die Bildung des männlichen Sexualhormons Testosteron hemme. Nach der Geburt benahmen sich die männlichen Ratten eindeutig weiblich. Nach Dörners Theorie sind auch beim Menschen vorgeburtliche Hormonschwankungen die Ursache der sexuellen Prägung. Männliche Homosexuelle hätten aufgrund eines Mangels an männlichen Geschlechtshormonen in einer kritischen vorgeburtlichen Phase ein sexuell weibliches Gehirn entwickelt.(Dörner, 1976).

Aber viele Mediziner widersprechen dieser These: Wenn Homosexualität hormonell bedingt wäre, dann dürfte es keine Unterschiede geben zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen bzw. zwischen Zugehörigen von Mehrlingsgeburten an sich (Zwillingen, Drillinge usw.) geben, da alle diese Personen im Mutterleib den gleichen hormonellen Bedingungen ausgesetzt waren. Diese Unterschiede sind jedoch augenfällig.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben auch ergeben, daß die Hoden männlicher Homosexueller in der Regel die gleiche Art und Zahl von Hormonen produzieren wie diejenigen heterosexueller Männer. Auch die Eierstöcke und andere hormonproduzierende Drüsen homosexueller Frauen produzieren in der Regel den gleichen Anteil an Geschlechtshormonen wie die heterosexueller Frauen.

Es gibt zwar auch Untersuchungen, die leichte Unterschiede im Testosteronspiegel von Homosexuellen im Vergleich zu Heterosexuellen festgestellt haben.

Diese Unterschiede können aber sehr wohl die Folge eines homosexuellen Verhaltens sein und müssen nicht zwangsläufig dessen Ursache sein. Van den Aardweg weist darauf hin, daß soziale Faktoren den Testosteronspiegel bei Menschen beeinflussen können. Somit können diese leichten hormonellen unterschiede als Folge der Homosexualität angesehen werden und nicht als deren determinierende Ursache.

Auch haben Untersuchungen bei Eunuchen, die im allgemeinen dazu neigen können, ihre männlichen Charakterzüge und das sexuelle Interesse an Frauen zu verlieren, ergeben, daß ihre Potenz erhalten blieb und sie Sexualverkehr haben konnten.

Auch Untersuchungen anderer Wissenschaftler haben keinen Nachweis auf eine hormonelle Ursache der Homosexualität erbracht.

Der holländische Arzt und Psychologe van den Aardweg kommt deshalb zu folgendem Ergebnis:

“Die Schlußfolgerung, zu der Prof. Perloff vor über 25 Jahren kam, daß noch keine überzeugenden Hinweise auf eine hormonelle Verursachung der Homosexualität gefunden worden sind, gilt noch heute. Wir haben keinen Grund, davon auszugehen, daß bei Menschen mit homosexuellen Interessen abnorme hormonelle Entwicklungen stattgefunden haben”.

B.3. Haben alle Menschen eine bisexuelle Anlage als angeborenes Verhaltensmuster?

Zunächst einige Vorbemerkungen zum Begriff “Bisexualität”:

Nach den Erfahrungen des holländischen Arztes van den Aardweg scheint die Mehrheit der homosexuellen Menschen sich zumindest manchmal heterosexueller Gefühle bewußt zu sein, auch wenn diese nur eine geringere Stärke oder Häufigkeit aufweisen. Etwa 70 % seiner homosexuellen Patienten gaben zu, manchmal heterosexuelle Gefühle zu haben, also bisexuell zu sein.

Der britische Arzt Westwood geht von einem etwas niedrigerem Zahlenwert aus, er bezeichnet nur 42 % der Homosexuellen als bisexuell. Nur etwa 10 % davon diagnostizierten bei sich eine Vorliebe für heterosexuelle Kontakte.

In verschiedenen Untersuchungen setzen verschiedene Forscher die Zahl der Bisexuellen zwischen 35 und 50 % an.

Van den Aardweg betont jedoch, daß der Anteil bisexueller Menschen unter den Homosexuellen höher anzusetzen sei, wenn man mit dem Wort “bisexuell” “all jene Homosexuellen bezeichnet, die jemals heterosexuelle Impulse in irgendeiner Form erfahren haben, z.B. durch heterosexuelle Träume, Wunschträume oder Gefühle der Verliebtheit in der Pubertät”.

Sogenannte Bisexuelle haben also immer eine schwache heterosexuelle Neigung. Nach der Auffassung mancher Autoren, unter ihnen bekannte Psychoanalytiker, besitzt nun jeder Mensch eine angeborenen bisexuelle Anlage. Aus ihrer Sicht bestimmen kulturelle Faktoren, ob die hetero- oder die homosexuelle Seite zum Ausbruch kommt.

Durch eine einseitige Geschlechtserziehung (“eine Frau/ein Mann tut das nicht”) werde in unserer Kultur gezwungenermaßen eine heterosexuelle Entwicklung eingeleitet und dabei der grundsätzlich vorhandene homosexuelle Teil im Menschen unterdrückt. In anderen Kulturen — oder bei anderen Familienkonstellationen — könne es jedoch genau umgekehrt sein.

Auch viele Homosexuelle sind Anhänger dieser Theorie, denn wenn jeder Mensch bisexuell, also in einer gewissen Ausprägung homosexuell ist, dann kann auch das Ausleben der Homosexualität nichts schlimmeres mehr sein und muß als legitime, normale Form der sexuellen Verwirklichung betrachtet werden.

Der Diplompsychologe Th. Grossmann formuliert diesen Ansatz folgendermaßen:

Es gibt keine ‘Homosexuellen’, es gibt lediglich Menschen, die sich mehr oder weniger homosexuell verhalten, Homo- und Heterosexualität schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern sind Teile eines variantenreichen Beziehungsverhaltens bei Mensch und Tier”. Van den Aardweg hält diesen Standpunkt für vollkommen abwegig und begründet folgendermaßen:

– Wenn kulturelle Faktoren die sexuelle Entwicklung völlig prägen würden, so hätten die Chancen 50 zu 50 gestanden, daß die Menschen im Laufe ihrer geschichtlichen und kulturellen Entwicklung die heterosexuelle Seite ihrer Geschlechtlichkeit unterdrückt hätten. Wenn die heterosexuellen Interessen nicht natürlicherweise viel stärker gewesen wären, hätte das Überleben der Menschheit auf dem Spiel gestanden.

– Auch im Tierreich gibt es kein gleichstarkes bisexuelles Interesse an beiderlei Geschlecht, es herrscht eindeutig das heterosexuelle Interesse vor. Homosexuelles Verhalten im Tierreich kommt, so van den Aardweg, nicht aufgrund sexueller Triebe vor, sondern z.B. aus Gründen der sozialen Dominanz (wenn beispielsweise ein Leitwolf durch einen homosexuellen Akt seine Überlegenheit deutlich zum Ausdruck bringt) oder als Form der Aggressionsbefriedigung.

– es gibt keinerlei Nachweis, daß Menschen gleichzeitig homo- und heterosexuell sein können, vielmehr wechseln bei den sogenannten bisexuellen Phasen homosexuelle Phasen mit Zeiten heterosexueller Interessen ab.

– Auch ist nicht ersichtlich, daß alle homoerotischen Komponenten in unserer Kultur verdrängt werden. Viele Jungen z.B. “haben in irgendeiner Phase der Kindheit oder Pubertät (aus Neugier?) homosexuelle Kontakte, die sie aber beenden, sobald sie die Möglichkeiten des anderen Geschlechtes entdecken, ohne daß dabei auch die geringsten homosexuellen Sehnsüchte zurückbleiben”.

Die These, alle Menschen seien bisexuell, also mehr oder weniger homosexuell geprägt, ist somit klar zu verwerfen!

Ganz im Gegenteil, es muß betont werden, daß “die Entwicklung erotischer Wünsche von Natur aus unausweichlich auf das andere Geschlecht gerichtet ist, so daß der psychologisch und biologisch reife Mensch ausschließlich heterosexuelle Interessen haben wird”.

B.4. Wird Homosexualität durch Umwelteinflüsse geprägt?

Viele Wissenschaftler behaupten, die Homosexualität sei größtenteils auf Umwelteinflüsse in jungen Jahren und besonders auf den elterlichen Einfluß (falsche Erziehung) zurückzuführen. Die Homosexualität werde also von Erlebnissen und Prägungen durch Familie und Umwelt ausgelöst.

So könnten Mütter zur Homosexualität ihrer Kinder beitragen, wenn sie

– den dominanten Part in der Familie spielen;

– ihren Sohn gegen den Vater ausspielen; versuchen, ihr Kind auf eine überzogene Weise zu beschützen;

– eines ihrer Kinder bevorzugen;

– stark abweisend sind und ihrem Kind nicht genügend Liebe geben; versuchen, einen Jungen als Mädchen zu erziehen, weil sie sich stets ein Mädchen gewünscht haben und umgekehrt;

– ihr Kind zu stark bemuttern und es damit von sich abhängig machen;

– ihr Kind extrem puritanisch erziehen;

– gegenüber ihrem Kind ein sexuelles Verlangen zeigen;

– ständig den Launen ihres Kindes nachgeben und es mit zu großer Nachsicht erziehen;

– ständig ihren Sohn bevormunden und ihm so die Möglichkeit nehmen, selbständig zu werden und mit seiner Umwelt selbst zurechtzukommen;

– ihr Kind ständig kritisieren, ihm sagen, wie minderwertig es sei.

Väter könnten demzufolge zur Homosexualität ihres Kindes beitragen, wenn sie

– eine schwache, ängstliche oder unterwürfige Persönlichkeit haben;

– sich wie ein unselbständiges Kind verhalten und alle wichtige Entscheidungen (auch in Fragen der Kindererziehung) ausschließlich der Ehefrau überlassen;

– einen schwachen Charakter haben;

– eine desinteressierte und unpersönliche Beziehung zu ihrem Kind haben;

– ihren Sohn herablassend behandeln und ihn demütigen;

– ihr Kind auf grausame Weise bestrafen;

– einen Sohn dem anderen vorziehen, vielleicht den, der dem Vater am meisten ähnlich sieht;

– ständig Streit mit ihrer Ehefrau haben;

– ihre Ehefrau drangsalieren und unterdrücken;

– kein männliches Vorbild für ihren Sohn sind;

– sich für das Kind abstoßend verhalten (Alkoholismus etc.);

– ihre homosexuelle Neigung deutlich erkennbar ist;

Psychiater stimmen darin überein, daß sie noch kaum einen männlichen Homosexuellen gesehen haben, der ein gutes Verhältnis zu seinem Vater hatte. Nach van den Aardweg gaben 87 % seiner homosexuellen Patienten an, kein vertrauensvolles Verhältnis zu ihrem Vater gehabt zu haben.

Gesellschaftliche Faktoren, die zu einer homosexuellen Prägung beitragen können, sind:

– die Verweiblichung des Mannes bzw. die Vermännlichung der Frau (z.B. sichtbar in Kleidung und Mode: Männer mit Ohrringen und langen Haaren, Frauen in Männerkleidung, in (bewußt männlichen) Gewohnheiten: Frauen im Bodybuilding, Frauen, die in Männersportarten drängen, die strickende Abgeordnete im Bundestag etc.)

– die Zerstörung der Ehe;

– die Angst des Mannes vor den starken, feministisch orientierten Frauen, an die man nicht herankommt, die so abweisend und überlegen wirken;

– die nachgiebige Haltung der Massenmedien (Kino, TV, Zeitungen etc.) gegenüber der Homosexualität; die zunehmende Akzeptanz der Homosexualität in unserer Gesellschaft;

– die hohen Anforderungen, um sich als Frau gegenüber starker männlicher Konkurrenz durchzusetzen und umgekehrt;

– Einsamkeit;

– das Abgelehnt-Werden bzw. Spott und Hohn vom anderen Geschlecht;

– die Zerstörung der Familie;

– die Isolation des Einzelnen (zu den Geschwistern/Eltern/Bekannten etc.);

– langwierige körperliche Krankheiten, die sich auf das soziale Umfeld auswirken und vieles mehr.

Die Wissenschaftler betonen, daß nicht das Vorhandensein einiger weniger dieser Faktoren sich prägend zur Homosexualität auswirken, sondern daß zu einer solchen Prägung eine Kombination verschiedener Faktoren aus dem Umfeld der Familie und der Gesellschaft notwendig sind.

Nach einem Artikel des TIME Magazins entsteht das homosexuelle Verhalten “aus einer Kombination von mehreren Faktoren: einem schlechten Verhältnis zu den Eltern einerseits und längeren bösen Erfahrungen außerhalb des Familienkreises andererseits”.

Für diese Wissenschaftler ist die Homosexualität also eine durch bestimmte Einflüsse erworbene Kondition.

B.5. Der psychologische Ansatz van den Aardwegs

Ich werde in diesem Zusammenhang versuchen, die sehr umfangreichen Ausführungen des holländischen Arztes und Psychologen van den Aardweg, die er in seinem Buch “Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen” darlegt, knapp zusammenzufassen.

Van den Aardweg baut mit seinen Ausführungen auf Grundlagen auf, die von den bekannten Psychologen Alfred Adler, Wilhelm Stekel, und besonders Johan Leonhard Arndt (1892-1965) vertreten wurden.

Daneben beschreibt er seinen Ansatz als “das Ergebnis fast zwanzigjähriger Forschung und der Behandlung von etwa 200 homosexuellen Männern und fünfundzwanzig lesbischen Frauen”.

Van den Aardwegs Kernsätze lauten: Homosexualität ist eine psychische Krankheit, eine emotionale Störung mit psychologischer Ursache (Neurose), die durch Erlebnisse in der Kindheit ausgelöst wird. Der homosexuelle Neurotiker wird geprägt von einem zwanghaften Selbstmitleid, das sich verselbständigt hat (Autopsychodrama). Dieses Selbstmitleid ist der auslösende Faktor der Homosexualität.

Nach van den Aardweg ist das zwanghafte Selbstmitleid jedoch nicht allein Auslöser der Homosexualität, sondern auch die Ursache der verschiedensten Neurosen:

“Homosexuelle haben … den zentralen pathologischen Mechanismus zwanghaften Selbstmitleids gemein mit Angstneurotikern (Phobikern), neurotisch Depressiven, Zwangsneurotikern und vielen Neurotikern, die an organischen oder somatischen Krankheiten leiden”.    

“Aus diesem Grunde sollte sich auch die Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber homosexuellen Menschen nicht von derjenigen unterscheiden, die an verschiedenen Formen der Neurose leiden”.

Diese sehr knappen und wohl etwas provozierenden Aussagen bedürfen einiger Erläuterungen.

Bevor van den Aardweg jedoch im Speziellen auf die Homosexualität eingeht, schickt er eine allgemeine Begründung seiner Selbstmitleidstheorie voraus.

Da diese Vorbemerkungen für das Verständnis der späteren Ausführungen van den Aardwegs über die Ursache der Homosexualität von eminenter Wichtigkeit sind, seien sie an dieser Stelle kurz wiedergegeben. Nach van den Aardweg reagiert ein Kind, das sich verletzt fühlt, wenn es von anderen abgelehnt wird oder sich nicht als geliebt empfindet, mit Selbstmitleid. Indem das Kind sich bedauert, empfindet es Mitleid mit sich, es kommt zu einer Art Selbsttröstung.

“Das Kind sieht sich so, als wäre es ein anderes Kind, das leidet. So empfindet es Mitleid mit sich selbst, wie es Mitleid mit einem anderen Kind hätte, das es leiden sähe. ‘Ach ich Armer!’ klagt es ‘Niemand versteht mich. Ich bin ja so ein bemitleidenswertes, armes Geschöpf!'”

Durch sein Selbstmitleid und der daraus resultierenden Selbsttröstung fühlt sich das Kind besser. Daher wird es bei jeder Ablehnung oder Kränkung diese Methode des Selbstmitleides und der Selbsttröstung anwenden.

So kommt es allmählich zu einer Abkapselung von der “bösen” Umwelt und zu einem ständigen Kreisen um die eigene Person. Das Kind wird zum “dramatischen Zentrum” der Welt, es wird zu einem tragischen Helden, der von “seinem armen, kleinen Ich” beherrscht wird.

Nach einiger Zeit werden dann, so van den Aardweg, die Gefühle des Selbstmitleids und der daraus resultierenden Selbsttröstung autonom. Das Kind kommt von selbst aus diesem Kreislauf nicht mehr heraus. Es muß, nicht absichtlich, sondern automatisch – Gründe “erfinden”, um sich selbst bemitleiden zu können. Selbst wenn das Kind erwachsen geworden ist, wird der Betroffene immer wieder mit dieser offenen Wunde aus der Kindheit konfrontiert sein (Minderwertigkeitskomplex) und in einem Teufelskreis gezwungen sein, sich den Gründen des kindlichen Selbstmitleides hinzugeben und in den Gefühlen der Selbsttröstung Linderung davon zu bekommen.

Diesen Kreislauf bezeichnet van den Aardweg mit dem Begriff “Autopsychodrama”, den er folgendermaßen beschreibt:

“Die Person, die einem Autopsychodrama unterworfen ist, fühlt, denkt und handelt teilweise wie ein Kind, das sich bemitleidet, d.h. genauso wie das Kind mit heftigem Selbstmitleid, das sie in der Vergangenheit einmal war”.

Dem Erwachsenen steht also in sich immer das Kind gegenüber, das gezwungen ist, sich seinem kindlichen Selbstmitleid hinzugeben – der Betroffene ist gewissermaßen eine Doppelpersönlichkeit.

“Das Erwachsene-Ich mit seinem Willen, seinen Gedanken und Gefühlen, seinem Planen und Handeln steht auf der einen Seite, auf der anderen Seite das Kind-Ich, das sich bemitleidet und dessen Denken und Fühlen sich sozusagen grundsätzlich und durchgängig auf der Ebene des Denkens und Fühlens eines Kindes bewegt, das sich fast immer beklagt”.

Diesen neurotischen Zustand definiert van den Aardweg als Klagesucht, die von einem ganz bestimmten Drama, also einem negativen Selbstbild oder Minderwertigkeitsgefühl verursacht wird.

Die Hauptklage eines Klagesüchtigen lege fest, um welchen Minderwertigkeitskomplex es sich dabei handele. (“Ich bin so häßlich” – Häßlichkeitskomplex/ “Ich mache nie etwas richtig” – Tölpelkomplex etc.)

Nach diesen grundlegenden Vorbemerkungen zu seiner Selbstmitleidstheorie begründet van den Aardweg nun ausführlich, warum er auch die Homosexualität als Klagesucht versteht, die durch zwanghaftes Selbstmitleid ausgelöst wird.

Im homosexuellen Mann steckt, so van den Aardweg, ein Kind, dessen größter Komplex lautet: “Ich bin nicht so männlich, so kräftig, so stark etc. wie andere Jungen und Männer, deshalb werde ich nicht akzeptiert”.

Bei seinen Untersuchungen habe er diesen Minderwertigkeitskomplex “in der einen oder anderen Ausprägung” bei jedem seiner homosexuellen Patienten nachweisen können.

Zu diesem Minderwertigkeitskomplex der unterentwickelten Männlichkeit könnten Umwelt- und Kindheitserlebnisse beitragen. Sie seien aber nicht Auslöser der Homosexualität, sondern nur {fk}begünstigende Faktoren{g}, die das Selbstmitleid, also die Ursache möglich machten. Van den Aardweg sieht die Entwicklung der Homotropie in drei Stufen:

“In der ersten Stufe entwickelt sich ein bestimmter Minderwertigkeitskomplex. Das Kind bzw. der Jugendliche fühlt sich weniger männlich als seine Altersgenossen oder sogar nicht zu der Männerwelt gehörig. Der Prozeß des Selbstmitleides und der Selbsttröstung kommt in Gang.

In der zweiten Stufe beginnt das Kind bzw. der Jugendliche zu all denen aufzuschauen, die nach seinem Empfinden männlich, robust, mutig und stark sind, die also all die Eigenschaften besitzen, die ihm zu fehlen scheinen.

Das Kind/der Jugendliche bewundert diese Personen und macht sie zu seinen Idolen.

Diese Vergötterung ist eine verstärkte Klage über sich selbst: “Ich bin nicht so wie der!” Das Kind bzw. der Jugendliche denkt an seine Idole, vergleicht sich mit ihnen und träumt von ihnen.

In der dritten Stufe beginnt sich das Kind bzw. der Jugendliche in die “Objekte seiner Bewunderung” zu verlieben. Es ist sein größter Wunsch, seine Idole anzufasssen, sie zärtlich zu berühren und selbst von ihnen Zärtlichkeiten zu empfangen.

So entsteht eine erotische Sehnsucht zum gleichen Geschlecht, die in Verbindung mit homoerotischen Tagträumen und Masturbation mit homoerotischen Phantasien zu einem homosexuellen Verlangen wird.

Dieses homosexuelle Verlangen ist, so van den Aardweg, nichts anderes als eine verzweifelte, übersteigerte Klage: “Wenn er, mein Idol, nur bei mir wäre, dann wäre die Not vorbei”. Es ist ein sehnsüchtiger Schrei nach Liebe und Anerkennung. Das Kind bzw. der Jugendliche glaubt und hofft, in der körperlichen, sexuellen Vereinigung mit seinem bewunderten Idol die Erfüllung seiner Sehnsüchte zu finden. Van den Aardweg macht aber ganz deutlich, daß dieses Verlangen nach Liebe immer unerfüllt bleibt. Trotz aller kurzen Glücksmomente, die der Betroffene in homosexuellen Beziehungen erleben mag, können seine emotionellen Bedürfnisse nie völlig gestillt werden, weil “die Quelle dieser Bedürfnisse, nämlich die Unzufriedenheit und das Selbstmitleid, unerschöpflich ist”.

Aus diesem Grund sieht van den Aardweg Ähnlichkeiten zwischen der Homosexualität und einer Zwangsneurose. Er beruft sich dabei u.a. auf M. Maltz, der viele Frauen mit einem Häßlichkeitskomplex untersucht hat. Diese Frauen hielten sich für unsagbar häßlich und hatten nur den einen Wunsch – den einer Schönheitsoperation. Aber selbst nach Erfüllung dieses Wunsches, als diese Frauen kaum wiederzuerkennen waren und ihre ganze Umgebung ihre Schönheit bewunderte, hatte sich an ihrem neurotischen Zustand nichts verändert. Ihr emotionales Defizit war dadurch nicht verschwunden. Viele dieser Frauen bestritten, daß sich durch ihre Operation ihr Zustand verbessert habe. Van den Aardweg zieht daraus die folgenden Schlußfolgerungen:

“Ebenso wird ein homosexueller Mann, der einen Freund gefunden hat, der ihn liebt, auch weiterhin darüber klagen, daß er von Männern nicht anerkannt werde, daß er nicht männlich, daß er minderwertig und einsam sei. Und er wird auf diese Weise neue Dramen in der Beziehung zu seinem Partner heraufbeschwören. Er wird ihm entweder Untreue vorwerfen oder selbst das Interesse an ihm verlieren und sich in einen anderen Mann verlieben. Streit und Eifersucht, das Drama, vom anderen abgelehnt zu werden, sind in homosexuellen Beziehungen an der Tagesordnung. Je stärker die Sehnsucht nach anderen Männern ist, umso weniger dauerhaft ist die Beziehung des homosexuellen Mannes zu seinem Freund.”

Ein Beleg dafür ist die Tatsache, daß homosexuelle Beziehungen in der Regel nicht lange halten und es immer wieder zu Untreue kommt, um bei anderen Männern vielleicht doch die endgültige Erfüllung zu finden.

Van den Aardweg wäre ein schlechter Arzt und Psychologe, wenn er nur eine Zustandsbeschreibung von Problemen liefern würde, ohne Therapiemöglichkeiten aufzuzeigen.

Sein Therapieansatz ist aber nicht nur auf die Homosexualität bezogen. Ich habe bereits erwähnt, daß van den Aardweg das zwanghafte Selbstmitleid als Auslöser der verschiedensten Neurosen ansieht. Und so ist sein Therapieansatz auch auf die verschiedensten Arten der Neurose anwendbar.

Van den Aardweg vergleicht einen Neurotiker, der von seinem zwanghaften Selbstmitleid loskommen möchte, mit einem Süchtigen, der sich bemüht, seine Abhängigkeit zu überwinden.

Van den Aardweg schlägt deshalb als Therapieansatz vor, die “ständig wiederkommenden Impulse des Selbstmitleids zu ersticken und ihnen keine Gelegenheit zu geben, stark zu werden”. Es geht also um ein Aushungern dieser Impulse. “Je mehr das Selbstmitleid genährt wird, desto mehr schreit es nach neuer Nahrung, je weniger man es füttert, desto schwächer wird es”. Um diesen Prozeß des Aushungerns zu erreichen, sind in der Therapie van den Aardwegs verschiedene Schritte notwendig:

Als erstes sei es wichtig, dem Patienten die Ursache seiner Neurose klarzumachen, ihm also theoretisch zu erklären, was es mit dem Teufelskreis des zwanghaften Selbstmitleides auf sich habe.

Als zweites müsse der Patient dazu angeleitet werden, sich selbst zu beobachten und an sich selbst zu erkennen, wie der Prozeß ganz praktisch ablaufe. Dieser Schritt sei ein “langsam fortschreitender Prozeß”, die Selbsterkenntnis nehme mit der Zeit mehr und mehr zu.

Als dritten und entscheidenden Schritt bezeichnet van den Aardweg die Humortherapie. Es geht ihm darum, die zwanghaften Impulse des Selbstmitleides abzuschwächen, da dann die Möglichkeit bestehe, sie zu unterdrücken. Deshalb schreibt er dem Selbsthumor eine entscheidende Kraft zu. Durch die Methode der Überdramatisierung will er den Teufelskreis des Selbstmitleides durchbrechen. Überdramatisierung meint einen Dialog des Erwachsenen mit dem “Kind” in sich, das sich selbst bemitleidet. Dabei muß der Erwachsene versuchen, das Handeln dieses Kindes zu rechtfertigen und diese Rechtfertigungsgründe so zu übertreiben, daß das Kind in ihm über sich selbst lachen muß. “Nach dieser Methode wird also der Grund für die Klage vor dem klagenden Kind übertrieben. Das fortschreitende Erweitern der Begründung für das Klagen löst in der Reaktion des Klienten einen gewissen Humor aus. Humorantworten wie Lachen, Lächeln, Grinsen zerstören den neurotischen Impuls, sich zu beklagen”.

Als Therapieziel versteht van den Aardweg die Wiederherstellung der Heterosexualität, was nicht schon dann erreicht ist, wenn “der Wunsch nach heterosexuellen Kontakten etwa so stark ist wie normalerweise bei einer Person gleichen Alters”, sondern erst dann, wenn “heterosexuelle Kontakte sowohl psychisch als auch physisch als befriedigender empfunden werden, als es die homosexuellen waren”. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß van den Aardweg die Homosexualität als eine psychische Krankheit (Neurose) ansieht, die einer Sucht gleichkommt, die aber dennoch heilbar ist.

Van den Aardwegs Ansatz ist deshalb so faszinierend, weil mit ihm nahezu alle Spielarten und Varianten der Homosexualität erklärt werden können. So ist dann z.B. der auf Kinder fixierte Pädophile jemand, der in seiner Kindheit von seinen Altersgenossen zutiefst verletzt wurde oder der große Defizite in seinem Verhältnis mit Gleichaltrigen hatte und der auf dem Weg der Kinderliebe versucht, diese Wunde seiner Kindheit zu schließen. Der Homosexuelle, der auf ältere Männer fixiert ist, kann als jemand gesehen werden, der in seiner Kindheit ein Defizit an väterlicher Liebe erlitten hat. In seiner Neigung zu älteren Männern sucht er einen Ersatz für die nicht erhaltene Vaterliebe.

Der Transsexuelle reagiert auf seine enttäuschte Selbstsicht, auf seine Unmännlichkeit: Wenn ich ein Mädchen wäre, könnte ich so sein wie ich bin. Selbst Extreme wie der Exhibitionismus (aus einer Angst vor Frauen resultiert die passive Entblößung der männlichen Geschlechtsteile vor Frauen, mit der stummen Bitte: “Bitte sieh meine Geschlechtsorgane an. Kannst Du mich nicht auch als Mann achten?”) und Sadismus (es erfolgt eine Identifikation des Schädigers mit seinem Opfer. Der Märtyrer tut dem Schädiger leid, denn er sieht sich selbst an dessen Stelle und dieses verborgene Selbstmitleid erregt ihn erotisch) können damit erklärt werden. Auch gibt es keine mir bekannte Biographie eines Homosexuellen, die nicht in den Ansatz van den Aardwegs paßt oder ihm gar widerspricht.

Wir haben uns nun lange mit den verschiedensten Thesen über die Ursache der Homosexualität beschäftigt. Als Fazit bleibt festzuhalten:

Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für eine determinierende Ursache der Homosexualität. Weder genetische noch hormonelle Faktoren noch ererbte Verhaltensmuster (angeborene Bisexualität) konnten als Ursache der Homosexualität nachgewiesen werden.

Somit bleiben allein die Theorie van den Aardwegs und der Ansatz über familiäre bzw. gesellschaftliche Auslösefaktoren der Homosexualität übrig. Beide klingen logisch, sind aber ebenfalls nicht vollständig bewiesen bzw. beweisbar. In beiden Ansätzen wird der Homosexuelle als Leidender geschildert, der durch bestimmte Umstände in eine homotrope Neigung hineinrutscht. Beide Ansätze sehen diese Neigung aber nicht als endgültig an, sondern lassen Heilungsmöglichkeiten offen. Es fällt mir schwer, mich endgültig für einen dieser beiden Ansätze zu entscheiden, sie erscheinen gleich plausibel. Ich möchte sie deshalb nebeneinander stehen lassen. Die eigentliche Ursache, die Homosexualität erst möglich macht, ist aber meines Erachtens unerwähnt geblieben. Sie liegt in dem durch den Sündenfall gefallenen Menschen selbst, der sich von Gott und seinen Maßstäben losgesagt hat. Deshalb überläßt Gott diesen Menschen auch den Folgen seiner Sünde.

Somit sind die Homosexuellen nicht unverschuldet Leidende, sondern Menschen, die durch ihre Ablehnung Gottes und ihre Selbstvergötzung ihr Verhängnis selbst bestimmt haben.

C. Die Haltung der Bibel

Nachdem im vergangenen Hauptpunkt eine determinierende Ursache der Homosexualität ausgeschlossen werden konnte, stellt sich nun zwangsläufig die Frage nach deren Verantwortbarkeit. Ist Homosexualität eine legitime Form, um sexuelle Vorlieben auszuleben, um sich selbst verwirklichen zu können oder muß sie als Schuld bezeichnet werden? In diesem Hauptpunkt soll dieser Frage nachgegangen werden. Für eine christliche Ethik ist dabei der biblische Befund von entscheidender Bedeutung. Welche Aussagen macht die Bibel zur Homosexualität und wie sind ihre Aussagen zu werten? Es ist klar, daß in diesem Zusammenhang Befürworter und Gegner der Homosexualität zu Wort kommen müssen.

C.1. Homosexualität in der Bibel – drei unterschiedliche Ansätze von Befürwortern der Homosexualität

In Umgang mit den Aussagen der Bibel sind bei den Befürwortern der Homosexualität unterschiedlichste Argumentationsansätze zu finden. Gleichwohl lassen sich diese in drei Hauptansätze zusammenfassen.

C.1.1. Der “eisegetische” (d.h. der hinein-interpretierende) Ansatz

Ein maßgeblicher Teil der Befürworter der Homosexualität versucht, die Homosexualität anhand der Bibel zu begründen. Dabei werden gewaltige Anstrengungen unternommen, um in verschiedene Bibelstellen eine positive Haltung zur Homosexualität hineinzuinterpretieren, um so das eigene Verhalten rechtfertigen zu können.

Dieser Gruppe von Homosexuellen geht es nicht um eine unvoreingenommene Exegese (= Auslegung) der Bibel zur Frage der Homosexualität. Ganz im Gegenteil: das zu erzielende Ergebnis (“Homosexualität ist eine von Gott akzeptierte Lebensform”) liegt bereits definitiv fest, ehe die Bibel auch nur aufgeschlagen wird. Die Begründungen dieses Ansatzes sind größtenteils an den Haaren herbeigezogen. Ich will dies an einigen Beispielen verdeutlichen.

Prediger 4,11\1\ wird vielfach als eine Aufforderung zum Ausüben der Homosexualität verstanden.

Es wird sogar behauptet, Jesus selbst habe eine positive Einstellung zur Homosexualität gezeigt. Als Beleg wird Jesu Handeln an dem Knecht des Hauptmannes von Kapernaum erwähnt. Dieser Hauptmann hat einen kranken Knecht zuhause und bittet Jesus, ihn gesund zu machen. In allen drei Bibelstellen wird für das deutsche Wort “Knecht” der griechische Ausdruck PAIS (= pais) gebraucht. PAIS hat verschiedene Hauptbedeutungen. So kann dieser Ausdruck mit “Jüngling, Sohn, Diener, Knecht” wiedergegeben werden. Nur selten kommt dagegen in der griechischen Literatur die Bedeutung Lustknabe vor. Dieser Umstand wird jedoch begierig aufgegriffen. In dieser biblischen Geschichte gehe es dem Hauptmann nicht um die Heilung eines seiner Knechte, sondern um die Heilung seines homosexuellen Lustknabens. In der Heilung des Knechtes sei klar ersichtlich, welch eine “milde und gute” Haltung Jesus gegenüber dem homosexuellen Hauptmann und seinem Lustknaben gehabt habe.

Häufig werden auch in biblische Berichte über enge freundschaftliche Beziehungen zweier Männer bzw. zweier Frauen homosexuelle Verhältnisse hineininterpretiert. Als Beispiele für solche homosexuellen Freundschaften werden dabei u.a. Ruth und Naomi, David und Jonathan, Jesus und Johannes sowie Paulus und Timotheus genannt.

Diese biblischen Berichte beschrieben “mit großer Liebe und Achtung” den Umgang zweier gleichgeschlechtlicher Partner.

So berichte das Buch Ruth “von einer innigen Beziehung zwischen Ruth und ihrer Schwiegermutter Naomi”. In seiner “ausstrahlenden Wärme und menschlichen Nähe” sei es “mit den Gedichten im Hohenlied der Liebe” vergleichbar.

Ruth, eine Moabiterin, war mit Naomis Sohn, einem Juden verheiratet. Nach dem Tod ihres Ehemanns wird Ruth von ihrer Schwiegermutter aufgefordert, wieder in ihr Heimatland nach Moab zurückzugehen. Aber Ruth lehnt dies ab. Sie will Naomi nicht verlassen und spricht die berühmten Worte zu Naomi (Ruth 1,16f.)

“Wo du hingehst, da will ich auch hingehen, wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Jahwe tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden!” (Ruth 1,16f.)

Aus diesen Worten leiten viele Homosexuelle eine homotrope Beziehung zwischen Ruth und Naomi her. Sie übersehen aber, daß Ruth hier mit diesen Worten eine Entscheidung trifft, sich trotz harter Lebensumstände zu Jahwe, dem jüdischen Gott, zu halten und nicht zu den heidnischen moabitischen Götzen zurückzukehren. Die genannten Verse sind als Ruths Bekenntnis zu Jahwe zu verstehen und keinesfalls als Begründung für eine homosexuelle Beziehung zu gebrauchen.

Auch David wird ein homosexuelles Verhältnis zu Jonathan, dem Sohn des Königs Saul, nachgesagt.

Grossmann sagt dies ganz offen: Dort, wo in der Bibel homosexuelle Partnerschaften auftauchten, wie etwa die Beziehung zwischen David und Jonathan, würden diese positiv dargestellt.

Aber trifft dies wirklich zu?

Als David aus dem Hause Sauls fliehen muß, besiegeln David und Jonathan noch einmal in einem Schwur vor Gott ihre Freundschaft und gegenseitige Loyalität:

“Und Jonathan ließ nun auch David schwören bei seiner Liebe zu ihm, denn er hatte ihn so lieb wie sein eigenes Herz.” (1.Sam 20,17)

Beim Abschied warf David “sich auf sein Angesicht zur Erde und beugte sich dreimal nieder und sie küßten einander und weinten miteinander.” (1.Sam 20,41).

Nachdem Jonathan im Kampf gefallen ist, hält David Totenklage über seinem Freund und klagt: “Es ist mir leid um dich, mein Bruder Jonathan, ich habe große Freude und Wonne an dir gehabt, deine Liebe ist mir wundersamer gewesen, als Frauenliebe ist.” (2.Sam 1,26)

Homosexuelle Ausleger gehen sogar so weit, den Konflikt zwischen David und Saul auf Sauls Eifersucht auf Davids “homosexuelles Verhältnis” zu Jonathan zurückzuführen. So schreibt die Selbsthilfegruppe “Homosexuelle und Kirche” in einem Faltblatt: “Saul ist wohl eifersüchtig gewesen und mißtrauisch David gegenüber, wegen dessen Beziehung zu Jonathan. David merkt es und will sich von seinem Freund zum Schutz seines eigenen Lebens trennen.”

Es ist jedoch geradezu absurd, aus diesen Bibelstellen ein homosexuelles Verhältnis zwischen David und Jonathan herauszulesen.

– David und Jonathan hatten ein brüderliches und kein homosexuelles Verhältnis (2.Sam 1,26).

– David war mehrfach verheiratet und hatte viele Kinder.

– Wenn die Bibel in dem brüderlichen Verhältnis zwischen David und Jonathan von Liebe (AHABA) spricht, so gebraucht sie eben nicht den Begriff für sexuelle Gemeinschaft (JADA)!

– Freundschaftliche Beziehungen hatten im Alten Testament eine wesentlich höhere Stellung als in der heutigen Zeit und umfaßten ganz unbefangen auch Zärtlichkeiten (Umarmen, Bruderkuß etc.) ohne daß dabei ein homotropes Verhalten hineinzuinterpretieren wäre.

– die Beschreibung der Freundschaft Davids und Jonathans mit den Worten “wundersamer als Frauenliebe” wird ebenso für die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Saul und Jonathan benutzt.

Bräumer macht zu Recht deutlich, daß die Annahme eines homosexuellen Verhältnisses zwischen David und Jonathan nur dann möglich ist, “wenn ein Homosexueller seine subjektive Erfahrung zum Maßstab der Interpretation biblischer Texte macht”.

Dies gilt natürlich ebenso für eine angenommene homosexuelle Beziehung zwischen Jesus und Johannes (Johannes, der Jünger, den Jesus liebte, der beim letzten Abendmahl an der Brust Jesu lag) sowie zwischen Paulus und Timotheus. Ich möchte abschließend ein Zitat anführen, aus dem ganz deutlich wird, wie willkürlich viele Homosexuelle mit der Bibel umgehen:

“Es gibt auch Christen, die ihre Homosexualität nicht als etwas Fremdes und Sündhaftes betrachten, gegen das sie ankämpfen müssen. Sie vertrauen vielmehr darauf, daß Gott sie so annimmt, wie sie sind. Das gibt ihnen inneren Frieden und Lebensfreude, aber auch die Hoffnung, daß Homosexuelle innerhalb der christlichen Gemeinde eines Tages nicht mehr als ‘Aussätzige’ angesehen werden. Der Grund ihrer Hoffnung ist die Überzeugung, die sie im Anschluß an ein Wort des Apostels Paulus formuliert haben (Gal 3,28): Es ist darum nichts mehr zu sagen, ob einer Jude ist oder Nichtjude, ob er Sklave ist, oder frei, ob Mann oder Frau, ob er – fügen wir hinzu – heterosexuell ist oder homosexuell. Durch eure Verbindung zu Jesus Christus seid ihr alle zu einem Menschen geworden”.

 

C.1.2. Der exegetische Ansatz

Dieser Ansatz ist bei weitem ernster zu nehmen, als der eben erwähnte. Er verschweigt nicht, daß mehrere Bibelstellen eindeutig die Homosexualität ablehnen und setzt sich mit ihnen auseinander.

Durch einen exegetischen Kunstgriff werden dabei aber diese Bibelstellen außer Kraft gesetzt.

Der exegetische Ansatz geht davon aus, daß die biblische Ablehnung der Homosexualität aus kultischen Gründen erfolgt. Aus der Umwelt des Alten Testamentes ist bekannt, daß die heidnischen Nachbarvölker Israels kultische Prostitution betrieben haben, die sowohl hetero- als auch homosexueller Art sein konnte. Die biblischen Verbote der Homosexualität seien nur in diesem Kontext zu verstehen, sie wollten verhindern, daß diese heidnischen Gebräuche auch in den Jahwe-Kultus Einzug hielten. Bräumer führt diesen Ansatz auf den jüdischen Religionsphilosophen Hans-Joachim Schoeps zurück, der besonders auf die kanaanäische Sitte der Tempelprostitution hingewiesen hat. Nicht die Homosexualität an sich sei im Alten Testament verboten, sondern die Teilnahme an den heidnischen Riten der kultischen Tempelprostitution, durch die die heidnischen Götzen (Baal, Astarte, Aschera usw.) dazu bewegt werden sollten, dem Land Fruchtbarkeit zu schenken (etwa im kanaanäischen Neujahrsfest). Nach Schoeps ist es ein “Treppenwitz der Religionsgeschichte”, aus diesem Tatbestand eine generelle Ablehnung der Homosexualität herleiten zu wollen: “Nein, das angeblich in der Bibel ausgesprochene göttliche Verbot der Homosexualität ist ein Mythos – und zwar ein falscher!”

Um es ganz deutlich zu machen: Nach diesem Ansatz geht es in den biblischen Verboten der Homosexualität nicht um den persönlichen Lebensstil des Einzelnen, sondern nur um die Reinhaltung der kultischen Beziehung zu Gott.

Die Bibel mache deshalb auch keinerlei Angaben zu einer homosexuellen Beziehung, die geprägt sei von Liebe, Verantwortung und gegenseitiger Treue. Weil dies so sei, habe der einzelne auch die Freiheit, solche Beziehungen (genauso wie Beziehungen heterosexueller Art) als gottgewollt anzusehen:

“Wir dürfen mit Fug und Recht feststellen, daß die Bibel keine Aussagen macht zu gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen, wie wir sie heute kennen. Die Bibel setzt sich mit kultischer Reinheit auseinander. Sie wendet sich gegen die Fremdgötter … Ja, sie unterstützt das heutige Menschenbild, das die Ganzheit des Menschen sucht. Sie bestärkt Beziehungen, in denen sich zwei liebende Menschen mit ihrer ganzen Persönlichkeit, ihren Stärken und Schwächen, ihrem Fühlen und Denken, ihren Hoffnungen und Ängsten, ihrem Geist, ihrer Seele, ihrem Körper und damit auch ihrer Sexualität einbringen. Unter diesem Anspruch fallen gleichermaßen die homosexuellen und heterosexuellen Beziehungen”.

Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt in einer genauen Untersuchung der biblischen Stellen über die Homosexualität zu diesem Ansatz Stellung nehmen.

 

C.1.3. Der situationsethische Ansatz

Im Gegensatz zur Ordnungsethik, die die Gültigkeit der biblischen Gebote betont und sie als Maßstab nimmt, um zu beurteilen, was richtig und falsch ist, setzt die Situationsethik einen neuen Schwerpunkt. Nicht mehr die Gebote Gottes stehen im Mittelpunkt, sondern die Liebe, die “die Erfüllung des Gesetzes” (Mt 22,40; Röm 13,10) ist. Nichts, was aus Liebe zu Gott und zu dem Nächsten geschieht, kann nach diesem Ansatz falsch sein, die Liebe kann sich auch über Gebote hinwegsetzen. Alles, was aus Liebe getan wird, ist gut und als moralisch hochstehend anzusehen.

So wird in der Situationsethik die Liebe zum letztgültigen Maßstab. Dies ist schon deshalb möglich, weil Gott nur als Gott der Liebe angesehen wird, der die Menschen vorbehaltlos liebt. Das Bild eines richtenden Gottes, der Gebotsübertretungen, also Sünde straft, wird verworfen:

“Es fragt sich, ob es nicht … ein Sakrileg ist, aus einem gütigen Gott, den Jesus Christus gepredigt hat, einen buchhalterischen, sexfixierten, grämlichen Rächer zu machen. Da gewinnt das Evangelium Raum, wo es uns gelingt, den Blick frei zu kriegen auf den versöhnenden, annahmebereiten Gott, von dem das Neue Testament lehrt, daß er ‘die Liebe’ ist. Da können wir Gott aus unseren Selbstbestrafungswünschen entlassen”.

Der Buchstabe des Gesetzes wird als Negativum abgetan, gleichzeitig wird “der Geist des Evangeliums”, die Liebe, hervorgehoben, durch den die Gesetze interpretiert, gegebenenfalls sogar aufgehoben werden.

Daher könne auch in Liebe gelebte und praktizierte Homosexualität nichts Schlechtes oder gar Sündhaftes sein, egal wie die biblischen Gebote auch lauten mögen. Hans Luther hat dies klar in seinem Artikel ‘Ethik für Homosexuelle’ ausgedrückt: “Ich meine, wir sollten es lernen, uns nicht vom Buchstaben der Bibel erschlagen zu lassen, sondern aus den Buchstaben das Evangelium von Jesus Christus herauszuhören. Und das, was wir da hören, wird uns unser Lieben nicht verbieten, wird uns vielmehr auffordern, uns unsere Homosexualität nicht schmutzig machen zu lassen, sondern sie wert zu achten als unsere Sprache der Liebe” John Stott deckt aber deutlich die Schwachpunkte des situationsethischen Ansatzes auf:

“Liebe ist nicht der letztgültige Maßstab … Niemand ist berechtigt, aufgrund der Qualität seiner Liebe zu einer anderen Person seinen Ehebund zu brechen. Die Qualität einer Liebe ist nicht der Maßstab, anhand dessen beurteilt werden kann, was gut oder richtig ist.”

“Die Liebesqualität einer homosexuellen Beziehung reicht nicht aus, um diese Beziehung zu rechtfertigen”.

“Die Liebe braucht als Richtlinie das Gesetz … Wer liebt, macht sich um das höchste Glück der geliebten Person Gedanken, das höchste Glück wird aber im Gehorsam gegenüber Gottes Geboten empfunden und nicht in deren Ablehnung”.

Wir haben nun die drei wichtigsten Denkansätze betrachtet, mit denen die der Homosexualität nahestehenden Ausleger an die Bibel herangehen. Als Fazit bleibt festzuhalten, daß alle drei Ansätze mit einem festgelegten Vorverständnis an die Bibel herangehen. Ohne die Richtigkeit dieses Vorverständnisses zu hinterfragen, versuchen sie dieses Vorverständnis anhand der Bibel zu verifizieren.

Diese Methode, an den Text der Bibel heranzugehen, ist jedoch völlig untauglich. Eine Exegese hingegen, die ihren Namen verdient, wird unvoreingenommen nach dem Standpunkt der Bibel fragen und sich an den Maßstäben der Bibel orientieren. “Es geht darum, in der Bibel das zu erkennen, was tatsächlich in ihr steht!” Genau das soll nun im nächsten Unterpunkt geschehen. Dort sollen die biblischen Aussagen über die Homosexualität im Mittelpunkt stehen und nicht irgendwelche vorgefaßten Meinungen. Erst nach der ausführlichen Würdigung des Bibeltextes kann und soll eine Antwort auf die Frage dieses Hauptpunktes, “Ist Homosexualität Schuld oder legitime Selbstverwirklichung”, versucht werden.

 

C.2. Der biblische Befund zur Homosexualität

In diesem Zusammenhang möchte ich auf Hansjörg Bräumers hervorragende Ausführungen hinweisen. Er hat in seinem Buch “Lieben lernen” sehr ausführlich und kompetent die biblischen Aussagen über die Homosexualität dargestellt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Auslegern, die von nur 4-5 Stellen in der Bibel ausgehen, die zur Frage der Homosexualität Stellung beziehen, macht Bräumer deutlich, daß diese Anzahl bei weitem größer ist.

Nach Bräumer finden sich “vom ersten bis zum letzten Buch der Bibel Worte Gottes zur Gleichgeschlechtlichkeit”, die er in sieben Gruppen unterteilt und zusammenfaßt.

Ich habe für diesen Punkt Bräumers Gliederung und Stellenauswahl übernommen und werde im folgenden auch häufig auf seine Ausführungen Bezug nehmen.

C.2.1. Geschichtliche Stellen

In vielen Bereichen ist die Bibel ein Geschichtsbuch. Es wird darin von dem geschichtlichen Handeln Gottes mit den Menschen und speziell mit seinem auserwählten Volk Israel berichtet.

Drei dieser historischen Stellen sind für unsere Fragestellung von Bedeutung, weil in ihnen aus der Geschichte deutlich wird, wie die Bibel die Homosexualität beurteilt.


a) Noah verflucht Hams Nachkommen wegen seiner Sünde

Gen 9 schildert, wie Gott mit Noah nach der Sintflut einen neuen Bund schließt. Gott will mit Noah einen Neuanfang in der Menschheitsgeschichte machen. Aber schon bald kommt es zu einem erneuten Sündenfall. Noah errichtet einen Weinberg, um Wein anzubauen. Am Ende liegt Noah total betrunken und völlig nackt in seinem Zelt. Als sein Sohn Ham dies sieht, hat er nichts Besseres zu tun, als seinen Brüdern davon Bericht zu erstatten. Diese gehen respektvoller mit ihrem Vater um. Um ihn nicht zu beschämen, nähern sie sich ihm mit abgewandtem Gesicht und bedecken seine Blöße.

Als Noah wieder bei Sinnen ist, segnet er seine Söhne Sem und Japhet und deren Nachkommen. Die Nachkommen Hams werden hingegen wegen dessen respektlosen Verhaltens verflucht.

Auf den ersten Blick scheint nicht ersichtlich zu sein, was diese Stelle mit Homosexualität zu tun hat. Nun, diese Stelle spricht nicht direkt von Homosexualität. Sie kann aber durchaus mit der Homosexualität in Verbindung gebracht werden.

Möglicherweise ist Hab 2,15 eine Anspielung auf das Geschehen in Gen 9: “Wehe dem, der seinen Nächsten aus Schalen und Schläuchen trinken läßt und ihn dadurch trunken macht, damit er seine Blöße sehe”.

Bräumer sieht deshalb den Grund des Fluches über Hams Nachkommen nicht allein in dessen Respektlosigkeit seinem Vater gegenüber, sondern auch in “dem lustvollen Betrachten des nackten Körpers eines Gleichgeschlechtlichen”.

Aus diesem Grunde wird auch verständlich, warum sich der Fluch Noahs nicht gegen Ham selbst, sondern gegen dessen Sohn Kanaan richtet. Kanaan ist der Stammvater der Kanaaniter, also der verdorbenen Ureinwohner Palästinas, bei denen homosexuelles Handeln in den verschiedensten Ausprägungen gang und gebe war. Somit kann durch diesen exegetischen Ansatz eine klare Weichenstellung Gottes in Bezug auf die Homosexualität gesehen werden, nämlich als eine vorgreifende Verurteilung der im kanaanäischen Volk üblichen homosexuellen Praktiken.

b) Der Untergang der Städte Sodom und Gomorrha

Deutlicher als in Gen 9 wird die Homosexualität in Gen 19 beim Namen genannt. Dort wird geschildert, wie Sodom und Gomorrha in einer großen Katastrophe dem Gericht Gottes verfallen.

Die Sünden Sodoms und Gomorrhas schreien zum Himmel, so daß Gott Boten (Engel) auf die Erde schickt, um die Gerichtsreife der beiden Städte zu prüfen (Gen 18,20f.). Diese beiden Engel kommen nun in Menschengestalt gegen Abend nach Sodom und werden von Lot, der im Stadttor sitzt, genötigt, doch nicht im Freien zu übernachten, sondern seine Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen.

Die Engel nehmen Lots Angebot an und kehren bei ihm ein. In der Nacht versammeln sich dann alle Bewohner Sodoms vor dem Haus Lots und verlangen von ihm, seine Gäste herauszugeben, damit sie von ihnen “erkannt” werden könnten. Für das deutsche Wort “erkennen” steht hier der hebräische Ausdruck JADA, der u.a. die Bedeutung “Geschlechtsverkehr praktizieren” haben kann. Und in dieser Linie gibt dann auch Martin Luther den Nachsatz “damit wir uns über sie hermachen” wieder (Gen 19,5). Die Sodomiter wollten Lots Gäste also homosexuell mißbrauchen. Lot will dies verhindern und seine Gäste, die unter dem Gastrecht stehen, schützen. In seiner Verzweiflung ist Lot sogar bereit, mit dem ‘Geist Sodoms’ einen Kompromiß zu schließen und den Sodomitern seine beiden jungfräulichen Töchter als Ersatz für seine Gäste zu überlassen.

Die Bewohner Sodoms lehnen Lots Angebot wütend ab und versuchen sogar, sich an Lot zu vergehen. Aber in diesem kritischen Moment greifen die beiden Engel ein, schlagen die Sodomiter mit Blindheit und retten Lot.

Sodom und Gomorrha werden wegen ihrer himmelschreienden Sünde durch ein Gottesgericht vernichtet. Nur Lot und einige seiner Angehörigen kommen mit dem Leben davon.

Nach dem Verständnis vieler Ausleger spielt die Homosexualität eine wichtige Rolle für Gottes Gericht über Sodom und Gomorrha – sie wird als dessen auslösender Faktor gesehen.

Aber dies wird von Verfechtern der Homosexualität heftig bestritten. Aus der Tatsache, daß das hebräische Wort JADA häufig auch in der Bedeutung “kennen, kennenlernen” gebraucht wird, folgert man, die Bewohner Sodoms hätten keineswegs die Absicht gehabt, Lots Gäste homosexuell zu mißbrauchen, sie hätten sie einfach nur “kennenlernen” wollen. Lot habe als Ausländer seine Kompetenzen überschritten, indem er Fremden, “deren Absichten feindselig sein könnten … und deren Beglaubigungsschreiben noch nicht untersucht worden war”, die Gastfreundschaft gewährt habe. Aus Zorn über diesen Sachverhalt hätten die Sodomiten überreagiert und ihrerseits die Privatsphäre Lots mißachtet (D.S.Bailey). Die Schuld der Bewohner Sodoms in Gen 19 wird also allein im Bruch des Gastrechtes gesehen.

“Diese Schilderungen über die Sodomiter …, häufig verwendet als Kronzeugen gegen Homosexuelle, sprechen deutlich vom Bruch des schützenden Gastrechts … An gleichgeschlechtliche Beziehungen wird hier keineswegs gedacht” (HUK). Aber dieser Erklärungsversuch ist nicht befriedigend:

– Warum hatte Lot vor den Sodomitern Angst, wenn diese seine Gäste nur “kennenlernen” wollten?

– Die Tatsache, daß Lot seine jungfräulichen Töchter ersatzweise für seine Gäste den Bewohnern Sodoms überlassen wollte, weist deutlich darauf hin, daß ihre grundlegenden Absichten sexueller Natur waren.

– die Bibel beschreibt Lots Töchter, als Mädchen, die “noch keinen Mann erkannt hatten”. Hier wird das Wort JADA eindeutig mit der Bedeutung “Geschlechtsverkehr haben” gebraucht. So ist es naheliegend, daß auch der Aufforderung der Sodomiter an Lot, die Gäste herauszugeben, damit diese sie “erkennen” könnten, dieselbe Bedeutung zugrundeliegt.

– Warum sollte Lot die Sodomiter bitten, nichts Übles zu tun, wenn diese nur ganz harmlose Absichten hatten?

Die Bibel sagt ganz klar, daß in Sodom keine zehn Gerechten vorhanden waren. Bräumer faßt deshalb die Motivation der Sodomiter so zusammen:

“Alle, bis zum letzten Mann scharten sich um das Haus Lots und forderten die Herausgabe der beiden Gäste. Wie wilde Tiere waren die Sodomiter ‘von jung bis alt’ (Gen 19,4) hinter Lots Besuchern her. Sie gebärdeten sich wie eine hemmungslose, wilde Bande, gierig wie Hyänen nach einem Stück Fleisch”.

Aus dem Zeugnis des Alten Testaments wird deutlich, daß die Vernichtung Sodoms und Gomorrhas nicht allein wegen ihrer Homosexualität erfolgte, sondern daß eine Vielzahl von Sünden zum Himmel schrieen: Heuchelei, soziale Ungerechtigkeit (Jes 1), Ehebruch, Betrug (Jer 24), Hochmut, Habgier (Hes 16), u.a. Dennoch ist in Gen 19 die Homosexualität als letzte auslösende Ursache für Gottes Gericht über Sodom und Gomorrha anzusehen.

c) Die Schandtat zu Gibea

In Buch der Richter, Kap. 19, wird eine Geschichte erzählt, die den Vorgängen in Sodom sehr ähnlich ist. Ein Levit ist mit seiner Nebenfrau gezwungen, in der jüdischen Stadt Gibea zu übernachten und dort das Gastrecht zu beanspruchen. Wie in Gen 19 versuchen “ruchlose Männer” (Ri 19, 22), den Gastgeber zu zwingen, den Leviten herauszugeben, damit sie ihn “erkennen” (JADA) könnten.

Auch in Gibea wollten die dort wohnhaften Benjaminiten den Gast homosexuell mißbrauchen. Der Gastgeber bietet (wie Lot in Sodom) seine jungfräuliche Tochter als Ersatz an. Schließlich übergibt der Levit der ruchlosen Meute seine Nebenfrau, damit diese sie sexuell mißbrauchen konnten. “Selbst das in Israel heilige Gastrecht”, das sich ja auch auf die Nebenfrau erstreckte, “war der Levit bereit zu verletzen, nur um die Bewohner Gibeas von Homosexualität abzuhalten” (Bräumer).

Als Folge dieser Schandtat wird fast der ganze Stamm Benjamin in einem Strafgericht vernichtet.

Noch krasser als in Gen 19 ist hier der Ansatz zu verwerfen, es handele sich an dieser Stelle nicht um einen homosexuellen Vergewaltigungsversuch, sondern nur um einen Bruch des Gastrechts. Die Gibeaniter hätten den Leviten ja nur kennenlernen wollen.

– Die gebrauchten Adjektive “unrecht, schändlich, ruchlos”, die das Verhalten der Gibeaniter beschreiben, sind viel zu scharf, als daß sie nur auf einen Bruch des Gastrechtes angewandt werden könnten.

– Die erfolgte Massenvergewaltigung der Nebenfrau zeigt eindeutig die sexuellen Motive der Gibeaniter auf.

Ganz im Gegenteil, in Ri 19 wird von einem durch das Streben nach Homosexualität verursachten Gewaltverbrechen berichtet.

Nach dem holländischen Theologen Spijker suchten die Gibeaniter in dem Leviten ein neues Objekt ihrer Begierde. “Es ist allgemein bekannt, welche sexuellen Reize vor allem Ausländer auf sexuell Hemmungslose und Übersättigte ausüben”, dabei sei nur “an die Rolle der Ausländer in pornographischen Schriften” zu denken.

C.2.2. Gesetzliche Stellen

Neben den geschichtlichen Stellen gibt es zwei wichtige Abschnitte aus Gesetzestexten, die ganz eindeutig zum Problem der Homosexualität Stellung nehmen

Lev 18,22: “Du sollst nicht bei einem Mann liegen, wie bei einer Frau, es ist ein Greuel”.

Lev 20,13: “Wenn jemand bei einem Mann liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Greuel ist und sollen beide des Todes sterben. Blutschuld lastet auf ihnen”.

Diese beiden Gesetzestexte sind Bestandteil des Heiligkeitsgesetzes, das aus den Kap. 17-27 des Buches Leviticus besteht. Dieses Heiligkeitsgesetz gibt Anweisungen, wie sich das Volk Israel im Alltag verhalten soll, und zwar unter den Augen und in der Nähe des heiligen Gottes, der Israel für sich aus den Völkern ausgesondert hat. Nach Gottes Willen soll Israel bis in die Bereiche des täglichen Lebens hinein anders sein als die heidnischen Völker.

“Das Heiligkeitsgesetz ist Gottesrecht, das das Volk Israel nicht überschreiten durfte, ohne sich selbst zu zerstören. Die Gebote im Heiligkeitsgesetz haben allgemein gültigen Verpflichtungscharakter”.

Aus diesem Grund müssen die beiden Gesetzestexte zur Homosexualität als eine allgemeine Verurteilung der Homosexualität angesehen werden.

Beide Gesetzestexte stehen im Zusammenhang mit Geboten, die den Schutz der Ehe und der Familie und deren Reinheit nach den Maßstäben Gottes zum Ziele haben.

So sollen nach den Geboten des Heiligkeitsgesetzes nicht nur homosexuelle Praktiken, sondern auch Inzest, Sodomie sowie Ehebruch mit dem Tod bestraft werden (Lev 20,10ff).

“Die Todesstrafe für Homosexuelle wurde verhängt, weil Homosexualität im Alten Testament zu den ehewidrigen und ehezerstörerischen Handlungen gezählt wurde. Wie radikal das alttestamentliche Gesetz der Homosexualität entgegentrat, zeigt, daß bereits der Brauch mancher Homosexuellen, die Kleidung des anderen Geschlechts zu tragen, verurteilt wird (Dtn 22,5 „Eine Frau soll nicht die Ausrüstung eines Mannes tragen, und ein Mann soll kein Frauenkleid anziehen, denn jeder, der solches tut, ist dem Herrn, deinem Gott, ein Greuel“).

Das Alte Testament wendet sich scharf gegen alles, was homosexuelle Vorlieben und Gewohnheiten fördert und die Konturen zwischen den Geschlechtern verwischt. Diese Haltung wird im Neuen Testament aufgegriffen, wenn etwa Paulus den Korinthern zur Haartracht von Mann und Frau Anweisungen gibt (1.Kor 11,6ff.).

Viele der Homosexualität nahestehende Ausleger sehen in den Aussagen der erwähnten Gesetzestexte in keinem Fall eine allgemeine Ablehnung der Homosexualität durch die Bibel. Die Bibel wende sich hier eindeutig nur gegen eine kultische Homosexualität, wie sie etwa bei heidnischen Religionen üblich war (Tempelprostitution u.ä.). Der heilige Gott wolle allein eine rituelle Reinheit im Kultus, als Form der Abgrenzung zu heidnischen Götzen.

In keiner Weise seien in den Gesetzestexten Aussagen über eine von Liebe geprägte “Lebensbeziehung” zweier homosexueller Menschen enthalten.

Diese Ausleger übersehen, daß die zitierten Gesetzestexte in einem Kontext stehen, in dem es um die Reinheit des Ehe- und Familienlebens geht und eben nicht um die kultischen Reinheit, von der im nächsten Unterpunkt zu sprechen sein wird. In eindeutiger Weise zeigt Gott in den Gesetzestexten, wie die Reinheit des Ehe- und Familienlebens aussehen soll: Ehebruch, Sodomie, Inzest und Homosexualität unterliegen einem generellen Verbot Gottes.

Unter dieses umfassende Verbot der Homosexualität fallen auch homosexuelle “Liebesbeziehungen”. Auch Inzest, Ehebruch und Sodomie können in eine Form der “Liebesbeziehung” eingebettet sein, gleichwohl sind und bleiben sie verboten!

 

C.2.3. Kultische Stellen

An sieben Bibelstellen wird im Alten Testament auf das Verhältnis von Jahwe-Kult und Homosexualität Bezug genommen. Aus der Umwelt des Alten Testaments ist bekannt, daß in den Israel umgebenden heidnischen Völkern kultische sexuelle Riten praktiziert wurden. Die dabei verehrten heidnischen Götzen (Baal, Aschera, Astarte) wurden unter anderem als Fruchtbarkeitsgötter angesehen. Durch rituelle Sexualakte (Tempelprostitution etc.) glaubte man, diese Fruchtbarkeitsgötter dazu bewegen zu können, nicht nur den Bewohnern, sondern auch dem Land Fruchtbarkeit zu spenden.

Diese Sexualakte schlossen sowohl hetero- als auch homosexuelle Praktiken ein. Die eben erwähnten Bibelstellen sind ein Beweis dafür, daß diese heidnischen Riten auch zu manchen Zeiten in das Jahwe-Heiligtum eingedrungen waren. Dies wird ganz besonders in Hos 4,13 deutlich. Dort spricht Jahwe durch den Propheten Hosea zu Israel: “Oben auf den Bergen opfern sie, und auf den Hügeln räuchern sie (heidnischen Götzen) … Ich will’s euch nicht wehren, wenn eure Töchter zu Huren und eure Bräute zu Ehebrecherinnen werden, weil ihr selbst abseits geht mit den Huren und mit den Tempeldirnen opfert und so das törichte Volk zu Fall kommt”.

Jahwes Stellung zur kultischen Prostitution wird in Dtn 23,18f. sichtbar: “Es soll keine Tempeldirne sein unter den Töchtern Israels und kein Tempelhurer unter den Söhnen Israels. Du sollst keinen Hurenlohn noch Hundegeld (= Hurenlohn eines homosexuellen Lustknaben, d. Verf.) in das Haus des Herrn, deines Gottes bringen aus irgendeinem Gelübde, denn das ist dem Herrn, deinem Gott, beides ein Greuel.”

Durch den König Rehabeam hielten viele heidnische Bräuche im Volk Israel Einzug, so auch die kultische Prostitution. Tempelhurer, homosexuelle männliche Prostituierte waren weithin verbreitet. Rehabeam begann, den von seinem Vater erbauten Tempel den Heiden preiszugeben (1. Kön 14,24f.).

Asa, ein Enkel Rehabeams, wendete sich vom Götzendienst ab und jagte die Tempelhurer aus dem Land, was deren Ausschluß aus der Gottesgemeinde bedeutete (1. Kön 15,12). Aber Asa schaffte es nicht, den Götzendienst völlig aus Israel zu entfernen, so blieben Teile der Tempelhurer im Land.

1. Kön 22,47 beschreibt, wie unter dem König Josaphat die übrig gebliebenen männlichen Prostituierten des Landes verwiesen wurden.

Während der umfassenden religiösen Reform unter dem König Josia wurden die Häuser der Tempelhurer, die sich am Tempel befanden, abgerissen (2.Kön 23,7). Wie dabei mit den Tempelhurern verfahren wurde, wird nicht erwähnt. Aber aus Hi 36,14 kann ihr gewaltsames Ende abgeleitet werden: “… so wird ihre Seele in der Jugend sterben und ihr Leben unter den Hurern im Tempel”.

Festzuhalten bleibt, daß all diese Stellen eindeutig jede Form der kultischen Prostitution ablehnen, unabhängig davon, ob sie auf hetero- oder auf homosexuelle Art und Weise ausgeübt wurde.

 

C.2.4. Die Verkündigung Jesu

Jesus nimmt in seiner Verkündigung nur indirekt zur Homosexualität Stellung und zwar an vier Stellen, in denen er die allgemeine sündhafte Verworfenheit der Sodomiter zur Sprache bringt (Mt 10,14f.; 11,32f.; Lk 10,10ff.; 17,28).

Aber selbst, wenn die homosexuellen Praktiken der Sodomiter nicht explizit von Jesus erwähnt werden, müssen sie doch als auslösende Ursache der Zerstörung Sodoms mitgedacht werden!

Aus der Tatsache, daß wir in den Evangelien von Jesus keine direkte Äußerung zur Homosexualität finden, haben viele homosexuelle Ausleger eine liberale Haltung Jesu zur Homosexualität herleiten wollen.

Dahingehend äußert sich der Diplompsychologe Grossmann:

“Jesus selbst hat nie ein Wort über Homosexualität verloren. Zumindest gibt es darüber keine Aufzeichnungen. Wer seine grundsätzliche Botschaft von der Menschenliebe verstanden hat, kann sich auch schwer vorstellen, daß Jesus die Liebe zwischen zwei Männern und zwei Frauen verurteilt hätte”.

Aber man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, daß Jesus ein Jude war und zum jüdischen Volk gesandt war. Er predigte also zu Menschen, die mit dem Alten Testament und seinen Geboten sehr gut vertraut waren. Wir haben bereits gesehen, wie eindeutig das Alte Testament zur Homosexualität Stellung bezieht. Jesus konnte dies also durchaus als bekannt voraussetzen. Auch nimmt er immer wieder auf die alttestamentlichen Gebote Bezug (“Ihr habt gehört, was den Alten gesagt ist, ich aber sage euch …”).

Er macht deutlich, daß er gekommen ist, um das alttestamentliche Gesetz zu erfüllen, nicht aber um es aufzulösen. Schon allein deswegen kann nicht von einer liberalen Haltung Jesu zur Homosexualität ausgegangen werden.

 

C.2.5. Paulinische Stellen

Anders als in der Botschaft Jesu finden wir in Paulusbriefen deutliche Stellungnahmen zum Gebiet der Homosexualität. Dies wird dann verständlich, wenn man bedenkt, daß die Empfänger der Paulusbriefe Heidenchristen waren, deren “Umwelt im Blick der Moral um vieles duldsamer war als die der Juden, zu denen Jesus geredet hat”. Paulus, der die alttestamentlichen Schriften in- und auswendig kannte, nimmt deshalb auch bei der Beurteilung der Homosexualität kein Blatt vor den Mund.

Das Gewicht, das die Stellen der Paulusbriefe für unsere Fragestellung haben, wird auch in der Tatsache sichtbar, daß die Paulusbriefe, die ja oft direkt an eine Gemeinde adressiert waren, sofort nach ihrem Erhalt von der betreffenden Gemeinde sorgfältig vervielfältigt und an die anderen christlichen Gemeinden weitergeleitet wurden. So kann davon ausgegangen werden, daß die Aussagen der Paulusbriefe schon sehr früh in den christlichen Gemeinden bekannt und als allgemeingültige Richtlinien anerkannt waren.

Drei paulinische Stellen seien in diesem Zusammenhang angeführt:

a) Römer 1,25-27:

“Sie haben die Wahrheit Gottes in Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Gottesdienst dargebracht statt dem Schöpfer … Deswegen hat Gott sie in schandbare Leidenschaften dahingegeben. Denn ihre Frauen haben den natürlichen (Geschlechts-) Verkehr mit dem widernatürlichen vertauscht und ebenso haben auch die Männer den natürlichen (Geschlechts-) Verkehr mit ihren Frauen verlassen und sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie, Mann mit Mann, Schande trieben und so den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst empfingen”.

Paulus beschreibt im ersten Kapitel des Römerbriefs den Zustand der Menschen unter dem Zorn Gottes. Der katastrophale Zustand der Menschheit zeigt offenkundig, daß Gottes Zorn auf ihr ruht, daß Gott sich ihr widersetzt. Dies ist die Antwort auf das Handeln der Menschen, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit verkehren (Röm 1,18). Bei den Menschen besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen Wahrheit und Lebenswirklichkeit. Wahrheit ist, daß die Menschen Geschöpfe Gottes sind, in der Schöpfung Gottes leben und alles, was sie haben von Gott, ihrem Schöpfer erhalten haben (Röm 1,19 und 20). Die Lebenswirklichkeit der Menschen aber ist, daß niemand Gott anerkennt und ihm die Ehre gibt. Ganz im Gegenteil, die Menschen haben sich willentlich von Gott losgesagt und sich selbst Götzen gemacht, ja sich sogar selbst vergötzt (Röm 1,22f.).

Die Menschen machen sich ihre Maßstäbe selbst, nach denen sie leben wollen. Deshalb läßt Gott die Menschen die Folgen ihres sündigen Abfalls spüren und tragen. Gott hindert sie nicht daran, “in verworfenem Sinn zu tun, was nichts taugt” (Röm 1,28ff.). Als Beispiel für die allgemeine Sittenlosigkeit stellt Paulus besonders den widernatürlichen homosexuellen Geschlechtsverkehr zweier Männer oder zweier Frauen heraus.

Nur in dieser Stelle (Röm 1,26) erwähnt die Bibel dabei explizit das Vorhandensein lesbischer Sexualbeziehungen.

Paulus lehnt jedoch homosexuelle Beziehungen radikal ab, durch sie werde die Verworfenheit der Menschen sichtbar.

Auf verschiedenste Art und Weise wird versucht, diese harten Worte des Paulus zu entkräften. So wird behauptet, Paulus beschreibe hier allein die griechisch-römische Welt mit ihrem Götzendienst. In seiner Verurteilung der Homosexualität lehne Paulus nur die mit diesem Götzendienst verbundene homosexuelle kultische Prostitution ab, nicht aber eine in Liebe gelebte homotrope Verbindung.

Dem ist zu entgegnen, daß in Röm 1 die Homosexualität ganz allgemein als eine Form von Sünde neben vielen anderen Formen (Habgier, Bosheit, Mord, Verleumdung etc.) dargestellt wird (Vers 28f.) und eindeutig einem Katalog von Sünden angehört, die “nicht-kultische Bedeutung haben”.

Eine reine Beschränkung auf kultische homosexuelle Prostitution ist deshalb zu verwerfen. Andere sehen in Röm1 nur eine Verurteilung einer kleinen Gruppe von Homosexuellen, nämlich von solchen, die “aus schierer Neugier oder übergroßer Begierde in homosexuelle Verhaltensweisen hineinschlittern” und diese rücksichtslos und lasterhaft ausleben. Diese “Perversen” seien Menschen gewesen, die “sich trotz ihrer heterosexuellen Veranlagung homosexuellen Praktiken hingaben” und durch ihr schamloses Verhalten die Homosexualität insgesamt in Verruf gebracht hätten.

Nichts, aber auch gar nichts sei über “invertierte” Homosexuelle gesagt, die generell homosexuell veranlagt, also dauerhaft und unwiderruflich homosexuell geprägt seien. Paulus gehe davon aus, daß sich der Mensch frei zwischen Hetero- und Homosexualität entscheiden könne, er wisse offensichtlich nichts von einer ausschließlichen homosexuellen Prägung.

“Paulus zeigt keinerlei Kenntnis einer dauerhaften homosexuellen Prägung, kennt keine homosexuelle Liebe. Wie aber soll homosexuelle Prägung in der Bibel verdammt sein, wenn sie gar nicht im Blickfeld war, weil sie der Forschung erst seit kurzem bekannt ist? An diesem Beispiel zeigt sich, daß auch das Urteil der Apostel damals von ihrem Wissensstand abhing”.

Dazu sind einige Bemerkungen zu machen:

– Der Ansatz, in Röm 1 werde nur die homosexuelle Perversion der Heterosexualität, nicht aber die Inversion der Homosexualität (ausgeübt von dauerhaft und ausschließlich homosexuell veranlagten Menschen) verurteilt, ist nicht schlüssig. Wenn Paulus von Männern spricht, die den natürlichen Verkehr mit der Frau aufgegeben haben, dann müssen nicht zwangsläufig heterosexuelle Männer gemeint sein, die ihre Frau verlassen haben, um sich der Homosexualität hinzugeben. Paulus beschreibt in Röm 1 vielmehr den generellen Zustand der Menschheit, die sich Gottes Schöpfungsordnung widersetzt (u.a. der Einsetzung der Ehe) und die geschlechtliche Lust widernatürlich durch Homosexualität auslebt. Dabei sind die pervertierte Heterosexualität wie auch homosexuelle Lebensformen gleichermaßen miteingeschlossen.

– Für eine determinierende, dauerhafte und unwiderrufliche Inversion gibt es bisher keinen wissenschaftlichen Beweis (vgl. FUNDAMENTUM 2/1991, S. 69-82).

Zwar werden vielfach homosexuelle Beziehungen ausschließlich gleichgeschlechtlich ausgelebt, aber die Betreffenden werden nicht durch eine determinierende Veranlagung dazu gezwungen.

– Die Behauptung ist absurd, Paulus habe nur einen beschränkten Wissensstand zur Frage der Homosexualität gehabt und rede nur von einer Pervertierung der Heterosexualität oder von kultischer, homosexueller Prostitution, wisse jedoch nichts von homosexuellen Lebens- und Liebesbeziehungen. Bräumer verdeutlicht, daß Paulus jede Form der Homosexualität verurteilt:

“Paulus waren mit Sicherheit nicht nur jene pervertierten homosexuellen Kontakte bekannt, von denen in der Literatur der Kaiserzeit die Rede ist, sondern auch die Liebesfreundschaften zwischen Männern, wie sie Horaz besingt, als seine Liebe für den ‘geliebten Knaben Ligurius’. Während seiner Reisen durch Kleinasien muß Paulus von den damals praktizierten Formen der dorischen Knabenliebe gehört haben, und zweifellos waren ihm auch die Stellungnahmen einiger Moralphilosophen nicht entgangen, die die Knabenliebe als Signatur der Verworfenheit und einer zersetzten Kultur kritisierten”.

1. Kor 6,9f.:

“Wißt ihr nicht, daß keiner, der Unrecht tut, das Reich Gottes ererben wird? Irret euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch die, die sich zur Knabenliebe hergeben oder sie üben, weder Diebe noch Betrüger, auch keine Trunkenbolde, keine Verleumder und Räuber werden das Reich Gottes ererben.”

In dieser Stelle zählt Paulus in seinem “Lasterkatalog” Gruppen von Menschen auf, die nicht ins Reich Gottes kommen werden. Und dabei erwähnt er auch zwei Gruppen von Homosexuellen:

– die, die sich zur Knabenliebe hergeben (griech. “malakoi”) und
– die, die Knabenliebe ausüben (griech. “arsenokoitai”).

Walter Bauer definiert diese beiden griechischen Begriffe folgendermaßen: Die “malakoi” sind Menschen, die “weichlich sind, Lustknaben sind, also Männer und Jünglinge, die sich homosexuell mißbrauchen lassen”.

Die “arsenokoitai” sind Personen, die “mit Männern und Knaben Unzucht treiben, Knabenschänder und Päderasten”.

Auch hier wird eine generelle Verurteilung der Homosexualität deutlich. “Der Ausdruck “asresnokoitai” umfaßt jegliches homosexuelles Verhalten. Er ist zusammengesetzt aus den Worten für ‘männlich’ und ‘Geschlechtsverkehr’ und meint einfach nur den Vorgang der homosexuellen Vereinigung. Er enthält keinen Hinweis auf eine Unterscheidung zwischen Pervertierten und Invertierten oder zwischen einem flüchtigen homosexuellen Erlebnis oder einem von Liebe getragenen. Paulus hätte gezieltere Begriffe wählen können, z.B. paiderastes (Knabenliebhaber) oder paidophtoros (Knabenschänder) oder arrenomanes (mannstoll). Doch er wählte die allgemeinste aller Bezeichnungen”.

Jeder, der Homosexualität praktiziert, egal ob er dabei der aktive oder der passive Teil ist, hat nach dieser Stelle keinen Anteil am Reich Gottes, und in dieser Aussage sind auch die Lesbierinnen miteingeschlossen (vgl. Röm 1)

c) 1. Tim 1,9f:

“Wir wissen, das Gesetz ist gut, wenn man es nach dem Sinn des Gesetzes anwendet, mit dem Bewußtsein, daß das Gesetz nicht den Gerechten auferlegt ist, wohl aber den Gesetzlosen und Zügellosen, den Gottlosen und Sündern, den Heillosen und Unheiligen, den Vater- und Muttermördern, den Unzüchtigen, den Knabenschändern, den Menschenräubern, Lügnern und Meineidigen und allem, was sonst der gesunden Lehre widerstrebt, nach dem Evangelium von der Herrlichkeit …”

Auch in diesem Lasterkatalog bezeichnet Paulus die arsenokoitai (die homosexuelle Akte Ausübende) als solche, die gegen Gott und seine Gebote rebellieren und sich so sündhaft verhalten.

Ja, er macht sogar deutlich, daß sie auch dem Evangelium unvereinbar entgegen stehen.

“Alles in allem wird jedes homosexuelle Verhalten in den Schriften des Paulus als verwerflich dargestellt. Im Römerbrief gilt es als heidnisches Laster, im Korintherbrief als Barriere, die den Eingang ins Reich Gottes versperrt und im ersten Timotheusbrief als ein Vergehen gegen das Sittengesetz”.

C.2.6. Stellen im 2. Petrus- und im Judasbrief

In je einer Stelle aus dem 2. Petrus- und dem Judasbrief werden die Gründe für die Zerstörung der Städte Sodom und Gomorrha offen beim Namen genannt und mit der Homosexualität in Verbindung gebracht:

“Die Städte Sodom und Gomorrha ließ er (Gott) in Asche sinken und verurteilte sie zum Untergang und setzte den Gottlosen damit ein Zeichen, die künftig gottlos sein würden. Er errettete aber den gerechten Lot, der von dem ausschweifenden (oder: unzüchtigen) Wandel der Gesetzlosen gequält wurde, denn der Gerechte, der unter ihnen wohnte, mußte alles mitansehen und anhören und seine gerechte Seele von Tag zu Tag durch die Werke der Ungerechten quälen lassen” (2. Petr 2,6-8).

“Auch die Engel, die ihren himmlischen Stand nicht bewahrten, sondern ihre Wohnstätten preisgaben, hat er (Gott) zum Gericht des großen Tages mit ewigen Ketten in Finsternis verwahrt. So müssen auch Sodom und Gomorrha und die umliegenden Städte, weil sie ähnlich wie jene Unzucht trieben und anderem Fleisch nachjagten, als warnendes Beispiel in ewigem Feuer büßen” (Jud 1,6f.).

Diese beiden Stellen stellen einen klaren Bezug zur Homosexualität als auslösende Ursache der Vernichtung Sodoms und Gomorrhas her: Judas nennt den homosexuellen Vergewaltigungsversuch der Sodomiter ein “unzüchtiges und widernatürliches Treiben”. Mit den Worten “anderem Fleisch nachgehen” wird die homosexuelle Absicht der Sodomiter ausdrücklich beim Namen genannt. Petrus verurteilt ausdrücklich den ausschweifenden gesetzlosen Wandel der Sodomiter und damit auch ihre homosexuellen Praktiken.

 

C.2.7. Stellen in der Offenbarung

“Aber den Feiglingen und Ungläubigen und den mit Greuel Befleckten, den Mördern und Unzüchtigen, den Zauberern und Götzendienern und allen Lügnern ist ihr Teil in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, das ist der zweite Tod” (Offb 21,8).

“Draußen bleiben die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut” (Offb 22,15).

Wir haben diesen Hauptpunkt mit einem indirekten Zitat zur Homosexualität begonnen (Gen 9) und schließen ihn nun mit zwei weiteren indirekten Stellen ab. Johannes spricht in beiden Stellen die Homosexualität an, indem er alttestamentliche Begriffe gebraucht, die die Homosexualität miteinschließen. So erinnern die Worte “mit Greuel Befleckte” an die alttestamentlichen Gebote, in denen sehr oft das sittenlose Handeln der Menschen als “Greuel für Gott” geschildert und verurteilt wird (Ehebruch, Götzendienst, Sodomie usw., und auch Homosexualität! Lev 3,18.22; 20,13 u.a.). Die Gerichtsandrohung des feurigen Pfuhls scheint auch eine Erinnerung an das Gericht über Sodom und Gomorrha zu sein, das durch Feuer und Schwefel vom Himmel durch Gott vernichtet wurde.|47|

In der zweiten Stelle, einer Aufzählung bestimmter Gruppen von Menschen, die verlorengehen und nicht ins Reich Gottes eingehen werden, gebraucht Johannes einen auf den ersten Blick befremdlichen Begriff. Neben Zauberern, Lügnern, Götzendienern, Mördern und Unzüchtigen werden auch die Hunde nicht ins Himmelreich gelangen.

Was ist nun mit dem Begriff “Hunde” gemeint?

Im Neuen Testament bezeichnet der Begriff kyon sehr oft die Tiergattung “Hund”, wobei die Hunde als unreine Tiere, die Menschenkot fressen, angesehen wurden.

Daneben wurde häufig auch die übertragene Bedeutung “die unreinen Heiden, die Ketzer” gebraucht.|48|

“Im Alten Testament” dagegen, “werden mit ‘Hunden’ die männlichen Prostituierten bezeichnet. Die Dirnen bekommen einen Dirnenlohn, der zur Unzucht geweihte Buhler (hebr. KEDESCH) den Preis für einen Hund, das heißt den ‘Hundelohn’ (Dtn. 23,19). Der Hundelohn ist der Mietpreis für einen männlichen Prostituierten. Die Bezeichnung ‘Hund’ für einen Mann, der für homosexuelle Akte in den Tempeln zur Verfügung stand, ist bestätigt durch Inschriften, auf denen der geweihte Buhler (hebr. kedesch) häufig ‘Hund’ genannt wird”.

Als Fazit einer unvoreingenommenen Exegesen der Stellen zur Homosexualität bleibt festzuhalten:

Die Bibel macht also in ihrer Deutung der Homosexualität keine Unterschiede zwischen kultischer homosexueller Prostitution, homosexuellen Gewalthandlungen, homosexuellen “Liebesbeziehungen”, Pädophilie, homosexueller Veranlagung etc. Jede Form der Homosexualität wird verworfen und als Übertretung der Gebote Gottes bezeichnet.

 

D. Schuld oder legitime Selbstverwirklichung?

Ist Homosexualität nur Schuld oder kann sie als legitime Selbstverwirklichung eines Menschen verstanden werden? Konkret gefragt – ist jener Homosexuelle, der mir in München gegenüberstand, nun einer, der vor Gott durch sein Tun schuldig geworden ist oder nur jemand, der sich einen anderen, aber dennoch legitimen Weg der sexuellen Selbstverwirklichung gewählt hat?

Es besteht kein Zweifel, daß für eine christliche Ethik zur Klärung dieser Frage nur ein Maßstab akzeptiert werden kann. Dieser Maßstab ist die Bibel.

Dabei ist die vorbehaltlose Bereitschaft, die Richtlinien für jedes menschliche Handeln aus dem Wortbestand der Heiligen Schrift zu gewinnen, von entscheidender Wichtigkeit. Jeder Ansatz, der Versucht, vorgefaßte Denkstrukturen (Situationsethik etc.) in die Bibel hineinzuinterpretieren, ist deshalb für eine christliche Ethik untauglich und zu verwerfen.

Es gilt, in der Bibel das zu erkennen, was tatsächlich in ihr steht. Wie wir im vorhergehenden Hauptpunkt nach einer ausführlichen Diskussion der verschiedensten exegetischen Ansätze gesehen haben, ist die Haltung der Bibel zur Homosexualität absolut eindeutig. Sowohl im Alten wie auch im Neuen Testament gibt es keine Bibelstelle, welche die Homosexualität duldet, oder gar akzeptiert. Die Bibelstellen, aus denen versucht wird, eine biblische Toleranz, der Homosexualität herauszulesen, halten einer unvoreingenommenen, gründlichen Exegese nicht stand.

Die Bibel macht in ihrer Bedeutung der Homosexualität keine Unterschiede zwischen kultischer homosexueller Prostitution, homosexuellen Gewalthandlungen, homosexuellen “Liebesbeziehungen”, Pädophilie, homosexueller Veranlagung etc. Jede Form der Homosexualität wird verworfen und als Übertretung der Gebote Gottes bezeichnet.

Nach den Aussagen des Alten und Neuen Testaments muß deshalb jedes homosexuelle Handeln als Sünde, also als Schuld eingestuft werden.

Warum ist dies so? Mit welcher Begründung kann die Bibel die Homosexualität als Schuld bezeichnen?

Ich möchte dazu in drei Punkten Stellung nehmen:

1. Homosexualität ist Schuld, weil sie widernatürlich ist und Gottes Schöpfungsordnung entgegensteht.

Paulus sagt dies ausdrücklich so, es nennt in Röm 1,25-27 Homosexualität ein widernatürliches Verhalten. Paulus versteht unter Natur “nicht nur die leibliche Geschlechtlichkeit oder die menschliche Natur nach Leib Seele und Geist, sondern die Natur, wie sie der Schöpfer von Anfang an geplant und gewollt hat”. Den Maßstab für das, was natürlich ist, leitet Paulus aus der Schöpfungsgeschichte (Gen 1,27f.) her. Gott schuf die Menschen nach seinem Ebenbild und gab ihnen eine Bestimmung füreinander, als Mann und Frau. Die wird vor allem auch im Schöpfungsauftrag Gottes deutlich: “seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde” (Gen 1,28)

Der holländische Theologe Spijker sagt hierzu folgendes: “Wenn Paulus sich nicht auf die Schöpfungsordnung, sondern auf die Natur beruft, verharmlost er die Homotropie nicht, oder entschuldigt sie gar, sondern er vergrößert die Anklage. Der seinem Begehren preisgegebene Mensch gefährdet die Schöpfungsordnung, er verfällt durch sein Handeln dem Chaos. Er lebt nicht in Harmonie mit der Natur als Schöpfungsordnung, sondern widernatürlich, d.h. nach der paulinischen Zusammenordnung von Natur und Schöpfungsordnung widersittlich und widergöttlich”.

Naturwissenschaftler haben in diesem Zusammenhang auch immer wieder darauf hingewiesen, daß es z.B. auch im Tierreich kein Pendant zur Homosexualität gibt. Zwar kann es dort ebenfalls in Extremsituationen zu homosexuellen Akten kommen, doch müssen diese “in Abhängigkeit von anderen als allein sexuellen Trieben erklärt werden” (Van den Aardweg). Wenn etwa ein Rudelführer zum Zeichen seiner Überlegenheit an einem Rudelmitglied homosexuelle Akte vornimmt, so geschieht dies aus Gründen “der sozialen Dominanz oder der Neutralisierung von Aggression”.

Van den Aardweg hinterfragt kritisch das “dubiose Dogma von der Natürlichkeit der Homosexualität”, das von vielen ihrer Anhänger vertreten wird: “Ist es wirklich so wahrscheinlich, daß die Natur diese ‘normale Variante’ hervorgebracht hat, die keine Möglichkeit zur Fortpflanzung bietet, aber dennoch die anatomischen und physiologischen Voraussetzungen dazu besitzt? Welchen Sinn sollte dies haben?”, und kommt als Naturwissenschaftler, der nicht von der Bibel her argumentiert, zu dem Schluß, daß die Biologie des Menschen und des Tieres nicht zur Homosexualität, sondern zur Heterosexualität angelegt ist. Es ist deshalb den Ausführungen des Sozialwissenschaftlers Kinsey deutlich zu widersprechen, der sagt: “Die Homosexualität ist seit Urzeiten ein wichtiger Bestandteil menschlicher sexueller Betätigung, schon allein deshalb, weil sie Ausdruck gewisser Urfähigkeiten des Tieres ist”.

In der katholischen Sexualethik hat das Argument der Widernatürlichkeit der Homosexualität großes Gewicht (nach der analogia entis: “Man kann aus der Natur nach Gott schließen”, das (die!?) in der katholischen Ethik als sehr wichtig angesehen wird). Als Beleg sei ein Zitat des Thomas von Aquin angeführt: “Jeder homosexuelle Akt ist gegen die Natur und widerspricht der rechten Vernunft, denn dabei sucht der Mensch sich in einer Weise geschlechtlich zu befriedigen, die die Möglichkeit der Fortpflanzung ausschließt”.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Es gibt einen gottgegebenen, natürlichen Hang zum anderen Geschlecht.

Amerikanische Evangelikale haben dies in einem Schlagwort provokativ formuliert: “Gott schuf Adam und Eve, nicht Adam und Steve!”

Homosexualität ist widernatürlich, steht der Schöpfungsordnung Gottes entgegen und muß somit als Schuld bezeichnet werden.

2. Homosexualität ist Schuld, weil sie die von Gott eingesetzte Lebensform, die Ehe zwischen Mann und Frau, in der allein nach Gottes Plan Sexualität ausgelebt werden kann und soll, aufhebt und ablehnt und an ihre Stellen die von Menschen eingesetzt Lebensform zweier gleichgeschlechtlicher Partner setzt.

In Gen 2 wird uns von der göttlichen Einsetzung der Ehe berichtet.

Adam, der von Gott geschaffene Mensch, fühlt sich im Paradies einsam. Als Ebenbild Gottes war Adam geschaffen worden und war deshalb ein geselliges Wesen. Da Gott ein Gott der Liebe ist, hat er den Menschen auch die Möglichkeit gegeben, selbst zu lieben und geliebt zu werden.

Gott erkennt deshalb, daß “es nicht gut ist, daß der Mensch alleine sei” und “will ihm eine Hilfe schaffen, als sein Gegenüber”. (Gen 2,18) Dieses Gegenüber sollte Adam entsprechen und auch seine Sexualpartnerin sein (die beiden sollten ein Fleisch werden), um auf diese Weise die gegenseitige Liebe zu vervollkommnen und Nachkommen zu zeugen (John Stott).

Gott erfüllte dieses Bedürfnis des Menschen nach Gemeinschaft durch ein besonderes Schöpfungswerk. Die Geschlechter werden voneinander getrennt. “Aus der undifferenzierten Menschheit Adams gingen Mann und Frau hervor”.

Gen 2 macht deutlich, wie dieses Schöpfungswerk aussah: Im Gegensatz zu Adam, den Gott aus Staub gemacht hatte, erschuf Gott Eva aus Adam heraus. Diese Bemerkungen bilden Grundlage für die göttliche Einsetzung der Ehe. Als Adam Eva zum ersten Mal sieht, spricht er das “erste Liebesgedicht der Geschichte”: Das ist endlich Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Diese soll Weib heißen, weil sie vom Manne genommen ist” (Gen 2, 23)

Die Schlußfolgerung daraus im folgenden Vers:

Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und wird seiner Frau anhangen und die beiden werden ein Fleisch sein. (Gen 2,24)

Dieser Bibelvers muß als Einsetzung der Ehe als göttliche Institution verstanden werden, in der menschliche, geistige und sexuelle Gemeinschaft erfahren werden soll:

In diesen beiden Versen kommt dreimal das Wort Fleisch vor (“Fleisch von meinem Fleisch”, “ein Fleisch werden”). Dies ist nicht zufällig. Der heterosexuelle Umgang in der Ehe ist mehr als nur eine körperliche Vereinigung, er stellt vielmehr eine Wiedervereinigung zweier Menschen verschiedenen Geschlechtes das, die ursprünglich eins waren.” Einst wurden sie voneinander getrennt, aber im Eheakt werden sie wieder zusammengefügt” (Stott).

Durch diesen Ansatz ist auch das Geheimnis der heterosexuellen Intimität verständlich: John Stott sagt dies so: “Im heterosexuellen ehelichen Geschlechtsverkehr findet nicht nur eine körperliche Vereinigung statt, es handelt sich vielmehr um ein Verschmelzen komplementärer Persönlichkeiten, wodurch – inmitten der vorherrschenden Entfremdung – der Reichtum des menschlichen Daseins in seiner geschaffenen Einheitlichkeit neu erlebt wird”. Damit Mann und Frau aber wieder ein Fleisch werden können, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Diese Voraussetzungen sind von Gott vorgegebene Grundlagen der Ehe.

“Damit wird ein Mann” (die Singularform zeigt, daß die Ehe die Vereinigung nur zweier Individuen ist) “seinen Vater und seine Mutter verlassen ” (wichtig ist hier eine öffentliche Handlung) “und wird seinem Weibe anhangen.” (Liebe und Treue sind unabdingbar, die Ehe ist von Dauer und wird zwischen einem Mann und einer Frau vollzogen) “und sie werden ein Fleisch sein.” (Geschlechtsverkehr ist das Siegel des Ehebundes)-J.Stott.

Jesus erkennt diese Grundlagen im Neuen Testament ausdrücklich an und zeigt, daß eine lebenslange Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau schon immer Gottes Absicht entsprach. Ganz deutlich wird dies in dem Satz: “Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden”. (Mk 10,4-9)

Als Zusammenfassung dieser Ausführungen möchte ich ein ausgezeichnetes Zitat von John Stott anführen:

“Die von Gott eingesetzte Ehe wird also in der Bibel als heterosexuelle Einehe definiert. Es geht hier um die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau, und diese Vereinigung wird dauerhaft bezeugt (Verlassen der Eltern), dauerhaft besiegelt (seiner Frau anhangen) und körperlich vollzogen (ein Fleisch). Eine andere Art von Ehe oder Geschlechtlichkeit kennt die Bibel nicht, denn Gott hat keine andere Möglichkeit eingerichtet.

Jede sexuelle Beziehung, die von Gottes geoffenbarter Norm abweicht, erregt sein Mißfallen und führt letzten Endes zum Gericht.

Falsch sind also Polygamie und Polyandrie (weil sie gegen das Prinzip ein Mann und eine Frau verstoßen), zufällige sexuelle Begegnungen, vorübergehende Affären und Ehebruch, heimliches Verbindungen, (weil ihnen kein öffentliches Verlassen der Eltern vorausgegangen ist), viele Ehescheidungen (weil sie mit dem Prinzip des Anhangens nicht vereinbar sind und gegen Jesu Verbot der Scheidung verstoßen) und homosexuelle Partnerschaften (weil diese im Widerspruch dazu stehen, daß ein Mann seiner Frau anhangen wird)”(J.Stott).

Paulus macht dies ebenfalls deutlich in 1. Tim 1, 9. Dort zählt er einen Lasterkatalog auf, bei dem er an den zehn Geboten entlang geht. Zuerst nennt er solche, die sich an Vater und Mutter vergreifen, danach die, die sich am Leben vergehen, dann die Unzüchtigen und Knabenschänder, schließlich noch Menschenhändler, Lügner und Meineidige.

Bräumer schließt daraus, hier werde klar betont, daß homosexuelles Handeln gegen die Maßstäbe Gottes (Zehn Gebote) verstößt: “Diejenigen, die Homosexualität praktizieren, gehören zu denjenigen, die ehewidrig handeln und damit gegen das Gebot “Du sollst nicht ehebrechen” verstoßen.”

Alles in allem kann festgehalten werden, daß Gott für den Menschen nur eine einzige sexuelle Verbindung vorgesehen hat, die geschlechtliche Vereinigung eines Mannes mit seiner Ehefrau, die er als Fleisch von seinem Fleisch erkennt.

Jede andere Konstellation verstößt gegen Gottes Gebot und ist Schuld.

3. Das bewußte Verharren in der Homosexualität ist Rebellion gegen Gott und seine Gebote und damit Schuld.

Erinnern wir uns noch einmal kurz an den Ansatz van den Aardwegs, der die Homosexualität als zwanghafte Neurose beschreibt, durch die der Homosexuelle in einem Teufelskreis dazu getrieben werde, sich selbst wegen seiner Unmännlichkeit zu bemitleiden und dieses Selbstmitleid durch homosexuelle Kontakte zu kompensieren.

Kann man einen Menschen, der gegen seinen Willen zu etwas getrieben wird, überhaupt für sein Tun verantwortlich machen?

Grundsätzlich ist dazu zu sagen, daß jeder Mensch von Natur aus gegen Gott rebelliert (Sündenfall), sich von Gott losgesagt hat und getrennt von ihm nach eigenen Maßstäben lebt. Diesen Zustand nennt die Bibel Sünde. Die grundlegende Schuld des Menschen ist also seine Rebellion gegen Gott, die in vielen Punkten Auswirkungen hat (Selbstvergötzung, eigene Maßstäbe, Verbrechen, etc.). Gott läßt den Menschen die Folgen seines Abfalls spüren, er gibt ihn an die Sünde dahin (Röm 1).

Aus dieser Ursache heraus kann der Mensch in mancherlei Bindungen geraten (Süchte, psychische Krankheiten etc.), die nur dadurch möglich sind, weil diese Welt eine gefallene Welt ist. Und manchmal scheint es, als sei der Mensch in diesen Bindungen (z.B. Kleptomanie) nicht mehr für sein Handeln verantwortlich zu machen. Aber dem ist nicht so.

Jeder, der gebunden ist, hat die Pflicht, alles zu tun, was in seiner Macht steht, um seine Gebundenheit in den Griff zu bekommen und sie nicht zum Ausbruch kommen zu lassen. Auch wenn der einzelne von Kräften gehalten wird, die sich seiner Kontrolle entziehen, darf er sich nicht still in sein Schicksal ergeben, sondern ist verpflichtet, einen Ausweg zu suchen.

Selbst van den Aardweg bejaht diese Aussage in seinen Therapieansätzen zur Heilung Homosexueller von ihrer homosexuellen Neurose.

Wer sich mit seiner Gebundenheit abfindet und nichts gegen sie unternimmt, ja sogar seiner Gebundenheit mit einer herausfordernden, trotzigen Haltung sich noch rühmt, der steht unter dem Zorn und Gericht Gottes.

Jeder, der bewußt in der Sünde verharrt und sich von dem allmächtigen Schöpfer nicht davon befreien läßt, wird schuldig und ist voll für sein Handeln verantwortlich.

E. Konsequenzen, die sich aus der ethischen Beurteilung der Homosexualität ergeben

1. Wenn Homosexualität Schuld ist, dann sind wir Christen aufgefordert, als Sprachrohr Gottes klar Position zu beziehen und dies einer gefallenen Welt mitzuteilen. Ich bin mir dessen bewußt, daß wir uns dabei mit einer antichristlichen Theologie, sowie mit Menschen einer gefallenen Welt auseinandersetzen müssen und mit Spott, Häme und Angriffen zu rechnen haben.
Militante Angriffe, wie die Ian Harveys, werden kein Einzelfall bleiben, der mit einer beißenden Attacke die “vor Heiligkeit triefende Haltung” der Christen gegenüber der Homosexualität geißelt: “Seitdem ich einige von denen bei der Arbeit erlebt habe, bin ich zu der Überzeugung gelangt daß ich mich leicht auf die Seite der Löwen hätte schlagen können, wenn ich seinerzeit im Kolosseum dabei gewesen wäre”.

Dies darf uns jedoch nicht davon abhalten, diese Auseinandersetzung aufzunehmen, sie muß geführt werden!
2. Wenn Homosexualität Schuld ist, dann haben wir dies auch in unseren Gemeinden deutlich zu sagen. Wir haben auch dort die Aufgabe, Tendenzen entgegenzutreten, die versuchen, aus falsch verstandener Barmherzigkeit den Mantel der Liebe über alles zu breiten und die alles als “normal” und “legitim” darstellen wollen.

Gerade in unseren Gemeinden dürfen wir diese Auseinandersetzung mit antichristlichen/antibiblischen Tendenzen nicht ausweichen, sie ist ein absolutes Muß!
3. In der Auseinandersetzung mit der Homosexualität ist jedoch klar zu trennen zwischen der Homosexualität und dem Homosexuellen. Eine ablehnende Haltung gegenüber der Homosexualität ist eine zwingende Notwendigkeit. Sie darf jedoch nicht dazu führen, daß Homosexuelle diskriminiert, abgeurteilt oder ausgegrenzt werden. Auch der Homosexuelle ist unser Nächster, dem Gottes Gnadenangebot gilt und der durch unsere Nächstenliebe etwas von der Liebe Gottes spüren soll.

Christus starb für alle, Männer und Frauen, für heterosexuelle und für homosexuelle. Sein Kreuz ist ein unauslöschliches Zeichen für den Wert, den jeder Mensch in Gottes Augen hat. Niemand ist aufgrund seiner homosexuellen Veranlagung weniger wert als andere. Dennoch verlangt das Evangelium die Veränderung!

Es geht also darum, dem Homosexuellen mit Nächstenliebe, ohne Diskriminierung zu begegnen, aber immer auch ohne ethische Nachgiebigkeit gegenüber der Homosexualität.

Zwischen “die Sünde hassen” und den “Sünder lieben” muß ein klarer Unterschied gemacht werden!
4. Der gefallene, sündhafte Mensch hat nur eine Chance zur Veränderung – die der Umkehr zu seinem Schöpfer, der ihm allein helfen kann. Nur in einer Neuordnung seines Lebens durch die Annahme des Heilsangebotes Gottes in Jesus Christus und der darauffolgenden Unterordnung unter Gott und seine Gebote hat der Homosexuelle die Möglichkeit, dem Gericht Gottes zu entkommen.
5. Der allmächtige Schöpfer kann auch mit einem direkten Eingriff einen Homosexuellen von seiner gleichgeschlechtlichen Neigung befreien.

6. Dort, wo dies geschieht, wo der betreffende Christ also immer noch homotrope Gefühle hat, ist klar zu unterscheiden zwischen der Versuchung zur Homosexualität und dem Nachgeben dieser Versuchung.

Im Jakobusbrief ist zu lesen: “Jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt. Wenn die Begierde dann empfangen hat, gebiert sie die Sünde, wenn aber die Sünde vollendet ist, gebiert sie den Tod” (Jak 1,14f.). Das bloße Vorhandensein einer lustvollen Versuchung kann also noch nicht als Sünde bezeichnet werden, erst wenn die Versuchung ausgelebt wird, gebiert sie die Tatsünde.

Wir halten fest: Nicht die homosexuelle Versuchung, das homosexuelle Verlangen ist als Sünde zu werten, sondern allein das Nachgeben dieser Versuchung, das Handeln also, das der Schöpfungsordnung widerspricht.

7. Dem Christen, der seinen homotropen Gefühlen nicht oder noch nicht befreit ist, bleibt nach biblischen Maßstäben der Weg der sexuellen Enthaltsamkeit, wie z. B. auch Menschen, denen die Ehe versagt bleibt.

Literaturverzeichnis:

Van den Aardweg, G.I.M.: Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen – Analyse und Therapie, Hänssler, Stuttgart, 1985
Adler, A.: Das Problem der Homosexualität, Ernst Reinhard Verlag, München,
Arndt, L.L., Over Neurosen, Den Haag, 1955
Ders.: Genese en psychotherapie der neurose, Den Haag, 1958
Bayley, Derrick Sherwin: Homosexuality and the Western Christian Tradition,
Baker, Don: Ende eines Doppellebens, Brunnen, Basel, 1990
Bräumer, Hansjörg: Lieben wagen, Hänssler, Stuttgart, 1986
Coleman, Peter, Christian Attitudes to Homosexuality, 1980
Field, David: Homosexualität – was sagt die Bibel wirklich?, Edition Trobisch) IPS,
Fischer, Jochen (Hg.): Wörterbuch zur Sozialpädagogik, Aussaat-Verlag, Wuppertal, 1969
Ian Harvey: To Fall like Lucifer, Sidgewick and Jackson, London, 1971
HUK – Homosexuelle und Kirche: “Evangelikal und homosexuell”, Faltbroschüre; und: “Spricht die Bibel über Homosexualität?”, Faltbroschüre, Zürich, 1989
Grossmann, Thomas: Eine Liebe wie jede andere, Rowohlt Taschenbuch-Verlag,
Kenyon, F.E.: “Studies in Female Homoesexuality – Psychological Test Results”, in: Journal of Consulting and Clinical Psychology, 1968
Kinsey, A.C.: Report über weibliche und männliche Sexualität, Goldmann Verlag,
Looser, Gabriel: Gleichgeschlechtlichkeit ohne Vorurteil, Friedr. Reinhard Verlag, Basel, 1980
Maltz, M.: Psycho-cybnernetics, Prentice Hall, New York, 1960
Pittenger, Norman: Time for Consent: A Christian’s approach to Homosexuality, SCM Press, 1976
Stekel W.: Onanie und Homosexualität, Verlag Urban und Schwarzenberg, Wien,
Ders.: Psychosexueller Infantilismus, Verlag Urban und Schwarzenberg, Wien,
Stott, John: Homosexuelle Partnerschaften – warum gleichgeschlechtliche Partnerschaften für einen Christen unmöglich sind, Verlag der Francke-Buchhandlung, Marburg/Lahn, 1984
Werner, Roland: Homosexualität – ein Schicksal?, Brendow Verlag, Moers
White, John, Eros, Segen oder Fluch?, Verlag der Francke-Buchhandlung, Marburg/Lahn, 1989
Wilkerson, David und Don: Die unbequeme Generation, Leuchter-Verlag, Erzhausen, 1972

Der Autor:

Michael Seemann wurde 1964 in München geboren. Kurz vor seiner Einschulung zog seine Familie nach Ellendingen bei Pforzheim um. 1983 bestand er in Pforzheim das Abitur. Von 1984 an studierte er sechs Semester an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. 1987 wechselte er aus theologischen Gründen an die Freie Evangelisch-Theologische Akademie Basel, wo im selben Jahr sein Studium abschloß.

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Gott als neues Superbewusstsein (Hunt)

Dave Hunt

 

Gott als neues Superbewusstsein

Es ist nun 20 Jahre her, dass die Hausfrau J.Z. Knight als Channel für Ramtha, den entkommenen Krieger vom Atlantis-Mythos, in die New-Age-Szene platzte. 1988 »zog sie sich inmitten eines Hagels von ne­gativen Presseäußerungen … aus dem öffentlichen Blickfeld zurück«. Im Jahr 1992 trennte sie sich mit einer weiteren chaotischen Ehescheidung von einem Ehemann, der ihr vorwarf, dass sie eine sektenähnliche Atmo­sphäre verbreite. Dennoch zogen über tausend ihrer Anhänger nach Yelm im US-Bundesstaat Washington, kauften sich Besitz und bauten Hauser in der Nähe ihres 3-Millionen-Dollar-Anwesens, um ihre »Ramtha-Schule der Erleuchtung« zu besuchen. Berichten zufolge »fallen etwa 2.000 wei­tere Personen in Yelm ein, um ihre zweimal jährlich stattfindenden Ein­kehrtage zu besuchen … [und zahlen] mindestens 1.350 Dollar pro Jahr, um Ramtha mittels Knight zu konsultieren, um eine Mixtur aus Yoga, Quantenmechanik und mentalen Übungen zu erlernen, die angeblich die spirituelle Wahrnehmung und mediale Fähigkeiten steigern sollen und um spontane körperliche Heilung von allem Möglichen von Hühnerau­gen bis Krebs zu erlangen.«

Im Februar 1997 zahlte Knight die Kosten einer Gruppe von 14 Ge­lehrten, angeführt vom Religionswissenschaftler J. Gordon Melton von der Universität von Kalifornien. Diese Gruppe besuchte sie, um festzu­stellen, ob sie und Ramtha legitim sind. Das Ergebnis ihrer Untersuchung wird in einem Buch veröffentlicht werden, das Melton über das Ramtha-Phänomen schreibt. Dass Knight diese Wissenschaftler eingeladen hat, zeigt ihre Ernsthaftigkeit und Bereitschaft, sich überprüfen zu lassen.

Zu einem früheren Zeitpunkt hatte Knight den Parapsychologen Stan­ley Krippner vom Saybrook-Institut in San Francisco auf ihrem Anwesen empfangen. Krippner kam in Begleitung eines Neurophysiologen, der Knight einer Reihe von Tests unterzog, während sie Ramtha channelte. Die Tests ergaben »eine gesteigerte Herzschlagfrequenz, Muskelspannung und Hautfeuchtigkeit und Verringerung des Blutvolumens, des Blutdrucks und der Hauttemperatur, was … nicht vorgetäuscht werden konnte«. Wie auch bei anderen Medien wie z. B. Eileen Garrett der Fall, die sich jedem erdenklichen wissenschaftlichen Test unterzog, ist auch hier klar, dass zu bestimmten Zeiten ein Geistwesen von Knight Besitz ergreift und durch sie spricht. Krippner sagte ihr nach den Tests: »Ich weiß nicht, wer Sie sind, J. Z., aber ich weiß, dass Sie echt sind.«

Ablehnung und Auflehnung

Knight sagt, ihre spirituelle Odyssee habe begonnen, als sie als Jugendli­che von »einem Stiefvater, der sie nicht ausstehen konnte«, geächtet wurde und sich deshalb »in Gott verliebte« und »unaufhörlich mit ihm sprach« und schließlich »Gott anfing, ihr zu antworten und auch mit ihr zu re­den«. Dieses »Sprechen mit Gott«, um neue Einsichten und Offenbarun­gen zu erlangen, und das unabhängig von der Offenbarung, die Gott uns in seinem Wort gegeben hat, ist charakteristisch für das Okkulte und für vieles, was sich als christlich ausgibt. Knights »Gott« ist sicherlich nicht der Gott der Bibel.

Ramthas Gottesbild – eine der vielen Lügen, die Knight channelt und viele Anhänger von ihr angenommen haben – ist auch von etlichen ande­ren Wesen durch andere Kanäle vermittelt worden. Das gilt auch für na­hezu alle anderen Aussagen Ramthas.

Gott ist ein Geist, der aus Bewusstsein und Energie besteht und aus dem Nichts geboren wurde. Und die Kraft Gottes ist die Umformung [von Energiewellen] in Erfahrungsquanten.

Wir werden ein Neues Zeitalter des Superbewusstseins möglich ma­chen, in welchem neue Arten von Energie neben den alten zusammen existieren.

Die Vorstellung, aus dem »Nichts« könne irgendetwas geboren werden, ist offensichtlich dieselbe Illusion wie Edgar Mitchells unbewusster Gott, der in Pflanzen erwacht. Dass intelligente Menschen zu Millionen einen solchen Unsinn glauben, während sie den Gott der Bibel ablehnen, be­zeugt abermals die Selbsttäuschung, die solche befällt, die meinen, sie könnten der moralischen Verantwortlichkeit gegenüber Gott entkommen. Zudem verdeutlicht dieser Umstand die zunehmende Salonfähigkeit des Okkultismus in der heutigen Welt.

Die Ablehnung des Gottes der Bibel durch die »Blumenkinder« der 60er Jahre führte zu Auflehnung gegen jegliche Autorität. Sie verbargen ihre Egozentrik unter dem Deckmantel von Frieden und Liebe. In ihrer schönen neuen Welt wären keine Regeln mehr nötig. Jeder hätte die Frei­heit, Drogen zu nehmen, fetzige Musik zu hören, freien Sex auszuleben und »Liebe statt Krieg zu machen«. Auf ihren Drogentrips erlebten sie dasselbe kosmische Bewusstsein wie Edgar Mitchell im Weltraum und Michael Ray und Gerald Jampolsky durch Shaktipat. Die Fantasievor­stellung der kosmischen Einheit funktioniert im wirklichen Leben nicht. Sie ist einfach ein Märchen. Man kann jedoch den unmöglichen Traum einfach weiter träumen – mithilfe von Yoga oder Drogen oder beidem.

Die Flucht vor Realität und Vernunft geht weiter mit der zunehmenden Popularität, Verbreitung und Freigabe von Marihuana und anderen be­wusstseinserweiternden Drogen (und jetzt Heroin) zusammen mit fern­östlicher Meditation. Gene Edward Veith zeichnete dieses finstere, aber treffende Bild:

Modemagazine wie Vogue und W haben ein neues Outfit für die 90er in Szene gesetzt: ausgemergelte und ausgezehrte Frauen mit eingefal­lenen Augen räkeln sich auf dem Fußboden eines Badezimmers und strecken ihre Arme nach einer Nadel aus. Glamouröse Models ent­wickeln ein Subkultur-Outfit, indem sie den Laufsteg entlangschlur­fen wie halbtote Zombies. Die Modewelt nennt das »heroin-chic« … [und] Drogenkonsum unter Jugendlichen schießt explosionsartig in die Höhe … um 78 % seit 1992 …

»Ich glaube an Drogenkonsum«, bekennt der führende Kopf einer bedeutenden Plattenfirma, der anonym in der Los Angeles Times zi­tiert wurde. »Er gehört einfach zum Erwachsenwerden und zum krea­tiven Prozess …«

Die psychedelischen 60er machten mit LSD heiß; die ausgefallenen 70er … mit Amphetaminen; die impulsiven 80er holten sich ihre Kicks vom Kokain. Die Popkultur von heute entwickelt eine finstere, depres­sive Stimmung … Junge Leute, in Schwarz gekleidet, schwelgen in trü­ber, trostloser Introspektion und ihre Musik suhlt sich in Zynismus, Aggression und Verzweiflung. Ihre Lieblingsdroge ist – in zunehmen­dem Maße – Heroin.

Jonathan Melvoin, Keyboardspieler der »Smashing Pumpkins«, starb kürzlich an einer Überdosis Heroin. Ebenso Shannon Hoon von »Blind Melon«. Ebenso Kristen Pfaff von »Hole«, Dwayne Koettel von »Skinny Puppy« und Bob Stinson von »Replacement«. Kurt Cobain von Nirva­na, einst als Sprecher seiner Generation gefeiert, brachte sich nach einem langen Kampf mit seiner Heroinabhängigkeit um …

Säkulare Einrichtungen für Drogenentzug rühmen sich schon über Erfolgsraten im einstelligen Prozentbereich … Teen Challenge heilt 70 bis 86% der Süchtigen, um die sich diese Organisation kümmert. An­dere christliche Gruppen und Kirchen erzielen ähnliche Erfolge. Ge­bundenheit an Drogen wird – wie alle anderen sündigen Gebundenhei­ten – am besten mit dem Evangelium von Jesus Christus behandelt.

Auf den Zusammenhang zwischen Drogen und dem Okkulten sind wir bereits eingegangen. Das Neue Testament bezeichnet das Okkulte als »Zauberei«, die deutsche Übersetzung des griechischen Wortes pharma­keia. Und jetzt hat eine neue Dimension dem Okkultismus eine neue Ehrwürdigkeit eingebracht: Die »Kiffer« und »Aussteiger« der 50er und 60er sind die Ärzte, Rechtsanwälte, Politiker, Psychologen, Sozialarbei­ter, Professoren und Wissenschaftler der 90er.

Die Bewusstseins-Revolution wird nicht mehr angeführt von einer Horde hagerer, junger Freaks; sie wird von höchster Stelle aus geschürt. Ihre okkulten Früchte reifen zu einer Ernte des Grauens heran. Wir kön­nen nur wiederum Veith zustimmen, der schreibt: »Die Eskalation des Drogenkonsums während der Amtszeit Präsident Clintons geht wahr­scheinlich weniger auf seine Rückschläge in den Büros der Drogenbosse und in der Gesetzgebung gegen Drogen zurück als vielmehr auf die frei­zügige Kultur, die er verkörpert und repräsentiert … wenn er z. B. in MTV Witze darüber macht, dass er gerne mal inhalieren würde …«

Eine neue Ehrbarkeit auch unter Christen

Der Welt kann man wohl kaum Vorwürfe dafür machen, dass sie dem Okkulten positiv gegenübersteht, wenn auch die Christenheit (einschließ­lich der evangelikalen Führerschaft) diese offene Haltung an den Tag legt. Immer mehr christliche Führungspersonen springen auf diesen Musikwagen auf, ohne zu überlegen, wo er herkommt und wo er hin­fährt. Dass Evangelikale M. Scott Peck und seine häretischen Bestseller mit offenen Armen begrüßen, ist nur ein Paradebeispiel. Als Peck am 8. Dezember 1993 in der christlichen Oprah-Winfrey-Fernsehshow auf­trat, stand sein erstes Buch Der wunderbare Weg seit sensationellen 500 Wochen auf der Bestseller-Liste der New York Times (mittlerweile seit 600 Wochen). Er sagte zu Oprah, er sei zu diesem Buch »göttlich angelei­tet« worden. Doch bereits früher hatte er eingestanden, noch kein Christ gewesen zu sein, als er das Buch schrieb. Die antichristlichen Lehren die­ses Buches (»das kollektive Unbewusste ist Gott« usw.) sprechen gegen jede Behauptung göttlichen Ursprungs.

In seinem nächsten Buch Die Lügner, das nach seiner angeblichen Bekehrung veröffentlicht wurde, setzt Peck seine häretischen Äußerun­gen unvermindert fort. Peck sagt, er »würde niemanden aus dem Exor­zismus- Team ausschließen, der ein gestandener Hindu, Buddhist, Mus­lim, Jude, Atheist oder Agnostiker ist und eine wirklich liebevolle Aus­strahlung hat«. In The Different Drum (»Die andersartige Trommel«) erklärt Peck, dass »die Rettung der Welt durch Gemeinschaft geschieht … nichts ist wichtiger als das«. Kein Wort von der Rettung durch Jesus Chris­tus. Pecks Haltung gegenüber dem Omega-Institut, das Kurse in »Zen, Magie, Hexerei, erweiterten Bewusstseinszuständen und verschiedenen anderen okkulten Künsten anbietet«, straft sein angebliches Christen­tum Lügen.

Als der römisch-katholische Priester und New-Age-Vertreter (und jet­zige Priester der Episkopalkirche) Matthew Fox sein Buch Vision des kos­mischen Christus veröffentlichte – in welchem er fundamentalistisches Christsein mit Faschismus gleichsetzt und Jesus von dem »Christus« un­terscheidet, der »in uns allen wohnt« (ein übliches Thema des Okkul­ten) –, fand sich auf der Rückseite Pecks inbrünstige Empfehlung. Nichts­destotrotz werden Peck und seine Bücher weiterhin von führenden Evan­gelikalen empfohlen, und das sogar in der Zeitschrift vom Moody Bible Institute. Die folgenden Kommentare der Autorinnen Brenda Scott und Samantha Smith sind eine schockierende Erinnerung an die neue Ehr­barkeit, die das Okkulte sogar innerhalb der evangelikalen Christenheit erlangt hat:

Wenn die New-Age-Anhänger Peck als jemanden aus ihren eigenen Reihen betrachten und wenn ihm diese Identifikation selbst gefällt, warum sollten Christen es dann nicht genauso sehen? … Doch statt­dessen bietet er Seminare an … bei denen er christlichen Gemeinde­leitern seine Zen-Methoden der »Gemeinschaft« beibringt.

Dr. Calvin van Reken, zweiter Professor für Moraltheologie am Cal­vin Seminar, empfahl Der wunderbare Weg in der Ausgabe der Univer­sitätszeitung vom 24. Januar 1992. David Means las in [einer christli­chen] Radiosendung mehrere Tage lang aus Pecks Buch The Different Drum … vor. David Mains verschwieg seinen Zuhörern jedoch, dass Peck seine Bücher als New Age ansieht oder dass The Different Drum … die Sündlosigkeit Christi angreift und Zen-Buddhismus lehrt.

Wir schrieben an diese Radiosendung und erklärten Pecks New-Age-Lehren und -Verbundenheit und schickten eine Kopie seines Ar­tikels aus dem New Age Journal mit. Wir waren besorgt, dasss die Emp­fehlung Pecks [seitens der Sendung] viele in die Irre führen könnte. Auf unseren Brief wurde nie eingegangen und The Different Drum wurde weiter gesendet …

 

Evangelikale Führungspersonen und das Okkulte

Matthew Fox besteht darauf, dass »das Christentum sich von seinem ei­gentlichen ›Kern‹, seinem Zentrum, seinem Sinn für praktizierte Mystik und kosmisches Bewusstsein, gelöst« habe. David und Karen Mains ha­ben ihren Teil dazu beigetragen, dieses vermeintliche Defizit zu korrigie­ren. In ihrem 18. Buch Loneley No More (»Nie mehr einsam«) empfiehlt Karen die Befragung eines persönlichen Leitgeistes und andere okkulte Praktiken, die Fox verbreitet. Als Bestseller-Autorin und bekannte Refe­rentin auf Frauenkonferenzen war Karen zur Zeit, als das Buch auf den Markt kam, »Vorsitzende des Treuhänder-Gremiums der Inter-Varsity Christian Fellowship der USA«.

Karen Mains zitiert in zustimmender Weise den modernen Mystiker Thomas Merton, der ebenso Buddhist wie auch römisch-katholischer Mönch ist, und nimmt seinen Rat in Anspruch. Sie setzt körperliches Zittern und heftige Schüttelanfälle mit einer geheimnisvollen Kraft Got­tes gleich, die durch ihre Hände strömt (eine übliche okkulte Manifesta­tion). Sie bezeichnet dies als »Charisma der Heilung«. Sie spürt ihr Eins­sein mit den Molekülen ihres Körpers und dem Universum mit seinen Gegenständen und Geschöpfen. Dabei erlebt sie anscheinend das kosmi­sche oder Einheits-Bewusstsein eines Edgar Mitchell oder Yogi, was sie nur wärmstens empfehlen kann. Sie ist überzeugt, dass sie durch »die ständige Begegnung mit dem Heiligen Geist effektiv zu Annäherungen« an C.G. Jungs Unbewusstem geleitet wird. Dieses Buch ist ein unglaub­lich egozentrischer und von sich selbst eingenommener Bericht einer christlichen Führungsperson, die unfreiwillig in okkulte Bindungen ge­führt worden ist.

Karen Mains legt äußerst detailliert ihr Traumleben dar, das sie mit einer Jungschen Methodik interpretiert. Anscheinend ist sie sich über­haupt nicht bewusst, dass C.G. Jungs Theorien aus dämonischer Inspira­tion stammen. Sie spricht davon, dass ihr über die letzten vier oder fünf Jahre ein großer, dunkelhaariger und gutaussehender Mann »Anfang drei­ßig sechs oder acht mal jährlich im Traum erschienen ist«. Er blickte ihr ernstlich in die Augen und sagte: »Du bist das, was ich mir in spiritueller Hinsicht immer gewünscht habe.« Er klammerte sich an sie, legte sei­nen Kopf auf ihre Brust und weinte. Karens »spirituelle Leiterin«, eine katholische Nonne und Jungsche Psychotherapeutin, erklärte ihr, dass ihr »männliches Selbst« (Jungs Animus) »um sie wirbt«. Karen akzep­tiert, dass »es tatsächlich mein männliches Selbst ist, der Animus, den ich brauche, um mein weibliches Wesen, die Anima, zu ergänzen«. Sie hält diese Theorie, die Jung von der Dämonenwelt lernte, für »außerordent­lich bibeltreu«.

Wenn man sich einem »spirituellen Leiter« unterwirft, öffnet man da­mit die Tür für das Okkulte, insbesondere in Anbetracht der Methoden, die von diesen »ausgebildeten Therapeuten« – von denen es immer mehr gibt – herangezogen werden. Der Organisation »Spiritual Directors In­ternational« (»Spirituelle Leiter International«) zufolge gibt es »in den USA etwa 350 christlich-orientierte Ausbildungsprogramme für spiritu­elle Leiterschaft«, von denen die meisten römisch-katholisch bzw. öku­menisch sind. Ein Netzwerk mit Stammsitz in San Francisco listet »2.600 Mitglieder« auf, »die ausgebildete spirituelle Leiter sind«. Ein typisches Ausbildungsprogramm »mischt Psychologie, Soziologie, Theologie und Spiritualität in Klassen, Vorlesungen, Diskussionen und praktischen Übungen«.

In Cenacle, einem katholischen Meditationszentrum, verwandelt sich Karens angebliches »männliches Selbst« mittels der okkulten Visualisierungs – Technik in ein »dummes Kind, das an einem Tisch sitz«. Sie sieht seinen »völlig kahlen« Kopf» zu einer Seite gelehnt … sabbernd … aus­gezehrt und unterernährt … ein kleines Gerippe einer Vogelscheuche … mit traurigen, großen Augen …« Unter der Anleitung ihrer katholisch-jungschen »spirituellen Leiterin« wird Karen überzeugt, dass dieses vi­sualisierte »dumme Kind«, das ihr nun lebendig geworden ist, in Wirk­lichkeit das innere »Christkind« ist, der Teil ihres Selbst, »das Christus ist« und versucht, um sie zu werben!

Die Illusion der säkularen Psychologie vom »inneren Kind« ist durch die »christliche Psychologie« in die Christenheit eingefallen und wird nun in Seminaren gelehrt und von führenden Gemeindeleitern verbreitet. Der Autor dieses Buches verfolgte mit großer Sorge am Sonntagmorgen, den 8. Juni 1997, eine Predigt von Charles Stanley, einem etablierten evange­likalen Pastor. In dieser Predigt ging es vorwiegend darum, die Zuhörer über das »innere Kind« zu belehren. Karen Main ist noch tiefer in diese Wahnvorstellung hineingeraten. Bei ihr ist es kein normales Kind, son­dern Christus höchstpersönlich!

»Das Kind in mir«, nennt sie es. War Christus nicht ein erwachsener Mann über dreißig, als er am Kreuz für unsere Sünden starb, und ist er nicht jetzt mit seinem verherrlichten Auferstehungsleib zur Rechten des Vaters? Kommt er nicht in seinem Geist zu uns Gläubigen und wohnt in uns als Herr des Lebens und der Herrlichkeit, der den Tod besiegt hat? Wie kann er dann immer noch ein Kind sein – und dann noch ein solches Kind, wie er es niemals war: »ausgezehrt und unterernährt … ein kleines Gerippe einer Vogelscheuche … mit traurigen, großen Augen …«? Was für eine Verblendung ist das und aus welcher Quelle stammt sie?

In einem kühnen Versuch, nichts (vom Teufel) zu hören, nichts (vom Teufel) zu sehen und nichts (vom Teufel) zu sagen, verteidigte Christiani­ty Today die Irrlehren Karen Mains in einem Artikel, der alle Kritiker geißelte und mit Ausdrücken beschimpfte wie »selbsternannte Ketzer-Jäger … Herren des Legalismus, die zu Gericht sitzen … bei einer mo­dernen Hexenverfolgung«.
Der Artikel war ein unlogischer und unbi­blischer Angriff auf alle, die der Christenheit nötige Korrektur aufzeigen würden, und eine Leugnung der Verantwortung jedes Christen, ein Be­röer zu sein (Apg 17,10-11). Die scheltende Beschwerde, dass David und Karen Mains missverstanden und barsch abgeurteilt wurden, enthielt weder dokumentierende Beispiele von Mains Lehren, um die es ging, noch von der angeblich so unfairen Kritik gegen sie. Stattdessen wurde davon ausgegangen, dass die Leser sowieso alles glauben, was immer Christianity Today behauptet.

Eine skandalöse Vertuschung

Zwei Monate später denunzierte Philip Yancey in einem Christianity -To-day-Artikel mit dem Titel »Christlicher McCarthyanismus« jeden Ver­such, die Kirche zu korrigieren, als »christlichen McCarthyanismus«. Diese anklagende Bezeichnung hatte vor 50 Jahren Erfolg, als man zwecks Inschutznahme der einflussreichen Posten der Kommunisten (die die USA von innen umstürzen wollten) sich mit diesem Begriff über jeden lustig machte, der die kommunistische Infiltration aufzudecken versuchte. Heute wissen wir, dass McCarthy Recht hatte! Und in gleicher Manier gibt man heute diejenigen der Lächerlichkeit preis, die gegen Irrlehren eintreten und Korrektur für die Christenheit wünschen. Wird auch die Christen­heit erst aufwachen, wenn es zu spät ist?

Yancey behauptete, Karen Mains habe lediglich »über ihr Traumleben geschrieben« und zitierte weder sie selbst noch ihre Kritiker. Eine solche Vertuschung in einer führenden evangelikalen Zeitschrift ist wirklich unerhört! Er argumentierte: »Es ist für uns an der Zeit uns zu erinnern, dass Jesus Liebe – und nicht theologische oder politische Lupenreinheit – als Kennzeichen der Christen nannte.« Politische Lupenreinheit hat si­cher nichts mit Christsein zu tun, aber eine gesunde Lehre ist die Schutz­wehr des Christentums. Yancey scheint vergessen zu haben, dass die Spra­che der Liebe »die Wahrheit« ist (Eph 4,15) und dass Christus selbst sag­te, dass Liebe ihn dazu veranlasst, die zu korrigieren, die auf einen Irr­weg geraten sind (Offb 3,19).

In dem Prozess, dem Okkulten Glaubwürdigkeit und Ehrbarkeit zu verleihen, hat Christianity Today eine bedeutende Rolle gespielt. Yancey sagt: »Richard Foster wagt es, Begriffe wie Meditation zu gebrauchen … darum wird er sogleich als New-Ager verdächtigt.« Tatsächlich spricht sich Foster für das Praktizieren fernöstlicher Meditation aus und zeigt die entsprechenden Anleitungen dazu auf, damit das visualisierte Bild Jesu lebendig wird: »Sie können bei diesem Ereignis tatsächlich dem le­bendigen Christus begegnen, von seiner Stimme angesprochen und von seiner heilenden Kraft angerührt werden … Jesus Christus wird wirklich zu Ihnen kommen.«

Wofür Foster hier eintritt, ist die wirksamste bekannte Okkult-Technik. Doch er erfreut sich der Rückendeckung von führenden Christen aus aller Welt und viele von ihnen haben sich seiner »Renovare-Bewegung« angeschlossen, die den fernöstlichen Mystizismus in der Kirche zu neuem Leben erwecken soll. Yancey und Christianity Today unterdrücken alles, was irgendwie ein schlechtes Licht auf hochgeachtete christliche Führungspersonen werfen könnte und vermitteln den Eindruck, Foster sei das Ziel falscher Anklagen geworden.

Auch Tony Campolo wird als ungerecht kritisiert dargestellt, als gäbe es nicht die Spur von seinen dreisten Irrlehren. Genau wir Sir John Tem­pleton sagt Campolo, dass Christus in allen Menschen wohne, ob sie es wissen oder nicht. In einem kürzlich erschienenen Buch erklärt Campolo in einem Kapitel namens »Aneignung der weiblichen Seite Gottes«: »Da gibt es diese weibliche Seite an mir, die entdeckt und gestärkt werden muss, wenn ich wie Christus werden will … Und solange ich nicht diese weibliche Seite an Jesus spüre, gibt es einen Teil von ihm, mit dem ich mich nicht identifizieren kann.« Wenn man jedoch solche Vorstellun­gen als unbiblisch herausstellt, ist das »christlicher McCarthyanimus«!

Christianity Today scheint mehr daran gelegen zu sein, Irrtümer zu ver­teidigen, als solche zu korrigieren (was diese Zeitung hin und wieder auch tut). Sie ist auch nicht die einzige Zeitschrift, die von der Wahrheit abge­wichen ist. Richard W. Carlson, Professor am North Park Theological Seminary, beklagt in der Zeitschrift der Evangelical Covenant Church die »paranoiden Reaktionen« der Kritiker der New-Age-Bewegung. »Si­cherlich ist nicht alles schlecht am New Age«, schreibt er, und einige »Aspekte können sogar für die Kirche ganz gesund sein«.

Kein Wunder, dass solche Aussagen wie die Folgende im triumphierenden Tonfall von einem Professor der Harvard Divinity School getroffen werden können:

Die Umweltbewegung attackiert zusammen mit der New-Age-Spiritualität und der Wiederentdeckung des Weltbildes der amerikanischen Eingeborenen die arrogante Herrschaft über die Natur, die den Pla­neten an den Rand der Ökokatastrophe gebracht hat …

Alles Leben ist heilig und muss vor der Zerstörungswut der Spezies bewahrt werden, die ironischerweise die Bezeichnung Homo sapiens trägt. Und so offenbarte sich in jüngster Zeit Gaia, die gesamte Erde als lebender Organismus. Die Große Göttin hat viele Namen gehabt und dieser ist nur der aktuellste …

Allem voran muss der Bibel die Schuld gegeben werden …! Das unterdrückende, rassistische, patriarchalische und hierarchische Erbe der biblischen Religion hat die abendländische Kultur deformiert. Die christlichen Kirchen waren natürlich das hauptsächliche Werkzeug dieser monumentalen Deformierung …

Was im Untergang begriffen ist, ist der jämmerliche Rest der jüdisch – christlichen Tradition in den Kirchen und Synagogen … Dieser Gott liegt im Sterben, wenn er nicht bereits tot ist. Doch andere, viel ältere Götter sind äußerst lebendig und aktiv.

Die Rolle der Freimaurer

Der Okkultismus hat auch dadurch eine neue Ehrbarkeit sowohl in der Christenheit als auch in der Welt erlangt, dass er von zahlreichen Füh­rungspersonen in Wirtschaft, Politik und Kirche akzeptiert und gefördert wurde. Unter den Letzteren war niemand einflussreicher als Norman Vin­cent Peale.
Als produktiver und populärer »christlicher« Autor haben Pea­les Werke Millionen aus Welt und Kirche in den Okkultismus geführt. Für Peales Okkultismus lassen sich mindestens zwei Quellen aufzeigen: Die Schriften der Okkultistin Florence Scovel Shinn (auf die wir später eingehen werden) und die Freimaurerei. Auf einem Titelblatt der Freimaurer-Zeitschrift New Age wurde Peale als Freimaurer des 33. Grades dargestellt. Am 30. September 1991 wurde er in den Schottischen Ritus eingeführt und sein Portrait hängt nun im Freimaurertempel in Washing­ton DC. Von Freimaurern wurde er oft als Vorbild freimaurerischen Cha­rakters hingestellt. Doch er selbst gesteht die Wahrheit über sein Freimau­rertum nicht aufrichtig ein, sondern verbreitet nur deren Verführungen.

Ihrer eigenen Literatur zufolge ist Okkultismus ein wichtiger Bestand­teil der Freimaurerei. Ihr Einfluss durchdringt sowohl die Welt als auch die Christenheit. Wenngleich viele bekennende Christen Freimaurer sind, ist die Maurerei ein antichristlicher religiöser Kult, der im Heidentum wurzelt. Sie enthält einen erheblichen Teil des Mystizismus aus Hinduis­mus und Buddhismus und ist luziferisch. Doch Peale erklärte: »Ich habe [bei den freimaurerischen Ritualen] niemals auch nur die leiseste Aussa­ge vernommen, welcher ein Christ nicht zustimmen könnte.«

Eine solche offensichtlich falsche Behauptung wirft weiteres Licht auf Peales Perversion des christlichen Glaubens. Wer den 33. Grad erreicht hat, kann wohl kaum dermaßen unwissend sein. Erklärungen von führen­den Freimaurern decken Peales Unehrlichkeit auf. Albert G. Mackey, Mitautor einer Enzyklopädie der Freimaurerei, ist eine der höchsten Autoritäten der Freimaurerei. In seinem Buch Manual of the Lodge (»Hand­buch der Loge«) führt Mackey die freimaurerische Lehre zurück auf »die antiken Riten und Mysterien, die gerade in der Blütezeit der heidnischen Finsternis praktiziert wurden«

Albert Pike, Souveräner Generalgroßmeister des Alten und Anerkann­ten Schottischen Ritus der Freimaurer in den USA, war »Ehrenmitglied von nahezu jedem Obersten Rat der Welt«. Er schrieb Moral und Dog­ma des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus der Freimaurerei für den Obersten Rat des 33. Grades, der von dessen Autorität publiziert wurde. Dieses Kompendium offizieller freimaurerischer Überlieferung führt die Maurerei auf den Hinduismus, Buddhismus, Zoroastrismus und andere fernöstliche Religionen zurück. Pike erklärt darin:

Wie alle Mysterien, Hermetismen und die Alchimie … verbirgt die Freimaurerei ihre Geheimnisse vor allen außer den Adepten und Wei­sen oder den Erwählten und verwendet falsche Erklärungen und Fehl­interpretationen ihrer Symbole, um jene irrezuführen, die es verdien­ten, in die Irre geführt zu werden … Ein Teil der Symbole wird [in den Blauen Graden] dem Eingeweih­ten vorgezeigt, doch wird er absichtlich durch falsche Interpretation fehlgeleitet. Es wird nicht beabsichtigt, dass er sie verstehen soll, son­dern … dass er meint, er würde sie verstehen.

Heimlichtuerei und Okkultismus gehen Hand in Hand. Im tiefsten In­nern der Freimaurerei findet sich eine geheime luziferische Lehre, die ein Freimaurer erst verstehen wird, wenn er die höheren Grade erreicht hat. Manly Palmer Hall, eine weitere bedeutende Autorität der Freimau­rerei, schreibt: »Wenn der Freimaurer … das Geheimnis seiner Fertig­keit erlernt hat, liegen die brodelnden Energien Luzifers in seiner Hand.« Dennoch wird die Freimaurerei in der Welt von heute hoch angesehen und Freimaurer machen einen hohen Prozentsatz der Führerschaft so­wohl in der Welt als auch in der Kirche aus.

Diejenigen, die Jesus als den einzigen Christus ablehnen und leugnen, dass er ein für alle Mal im Fleisch gekommen ist, eignen sich den Geist des Antichrists an (1Jo 4,1-3). Das ist die Lehre des östlichen Mystizis­mus und der Psychosekten: dass Jesus den Zustand des »Christus-Bewusstseins« erlangt habe, der allen Menschen zugänglich ist.
Die Frei­maurerei erklärt dasselbe: Jesus von Nazareth hatte eine Bewusstseinsebene der Vollkommen­heit erlangt, die mit verschiedenen Namen bezeichnet wurde: kosmi­sches Bewusstsein, Reinkarnation der Seele, philosophische Initiati­on, spirituelle Erleuchtung, brahmanischer Glanz, Christus-Bewusstsein.

Eine antichristliche Religion der Errettung durch Werke

Die Freimaurerei hat ihr eigenes antichristliches Evangelium, das ihren Mitgliedern zusichert, dass sie durch gute Werke und Gehorsam gegen­über ihren Lehren die Göttliche Loge im Himmel erlangen, die vom ABAW (Allmächtiger Baumeister aller Welten) oder dem »Gott nach deiner Auffassung« regiert wird. Der führende Freimaurer Carl H. Clau­dy schreibt: »Freimaurerei … erfordert lediglich, dass du an irgendeinen Gott glaubst, ihm einen Namen nach deinem Belieben gibst … das geht mit jedem Gott, dann ist er dein Gott.«

Bei der Initiation in den allerersten Grad repräsentiert das Lammfell »diese Reinheit des Lebens und Verhaltens, welche notwendig ist, um Zugang zur Himmlischen Loge droben zu erlangen«.
Bei der Einführung in den 19. Grad des schottischen Ritus wird dem Eingeweihten gesagt, dass das Festhalten an den »Statuten und Regeln der Ordnung« der Frei­maurerei ihn dazu bringen wird, »den Eingang in das himmlische Jerusa­lem zu verdienen«.
Bei der 28. Initiation erfährt er, dass »der wahre Frei­maurer sich selbst Grad um Grad erhebt, bis er den Himmel erreicht« und dass eine seiner Pflichten darin besteht, »sich selbst der Erbsünde zu entledigen«. Diese und andere Rituale der Maurerei stehen im krassen Widerspruch zu den vielen Aussagen der Bibel, dass das Seelenheil »nicht aus Werken« (Eph. 2,8-10) und »nicht durch Werke der Gerechtigkeit« (Titus 3,5) erlangt wird.

Im Ritual für den »Ritter des Ostens und Westens« erklärt der Meis­ter, nachdem er den Kandidaten mit parfümiertem Öl gesalbt hat, dass sein Körper »an diesem Tag geheiligt worden ist«! Bei einer weiteren Lästerung des erlösenden Blutes Christi erklärt der Meister, nachdem er einen Tropfen Blut aus dem Arm des Kandidaten entnommen hat, dass dieser sein Gewand in seinem eigenen Blut gewaschen habe. Dann wird ihm das »heilige Wort Abaddon« gegeben, welches nach Offenbarung 9,11 der Name des Führers der Heerscharen aus der Hölle ist.

Derartige Gotteslästerungen finden sich in nahezu allen freimaureri­schen Ritualen. Wie kann Peale dann aber erklären, dass es daran nichts gebe, dem »ein Christ nicht zustimmen könnte«? Albert Pike sagt: »Frei­maurerei … ist die universale, ewige, unveränderliche Religion … [Sie] sieht in Moses … in Konfuzius und Zarathustra, in Jesus von Nazareth und in dem Arabischen Bilderstürmer [Mohammed] die Großen Lehrer der Moral … und erlaubt jedem Bruder der Ordnung, sich einem jeden dieser höheren und sogar göttlichen Charaktere zu verschreiben, wie es sein Bekenntnis und seine Wahrheit verlangt.«

 Aber kein Freimaurer kann dafür eintreten, dass der Gott der Bibel der einzig wahre Gott ist oder dass Jesus Christus der einzig wahre Sünderheiland ist, denn solche Aussagen würden die ökumenische Vereinnahmung aller Religionen seitens der Freimaurerei untergraben. Deshalb wird in dem »Gründonnerstags -Ritual vom Kapitel des Rosenkreuzes« der Freimaurer gesagt:

Wir kommen an diesem Tag zusammen, um gemeinsam an den Tod Jesu zu denken, nicht als etwas Inspiriertes oder Göttliches, denn das zu entscheiden ist nicht unsere Sache.

Joseph Fort Newton, ein weiterer führender Freimaurer, schreibt: »Freimaurerei ist … eine Anbetung, in der sich Menschen aller Religionen vereinen.«

 »Sie lädt zu ihrem Altar alle Menschen aller Religionen ein, wenn sie auch verschiedene Namen für den Namenlosen unter hundert Namen gebrauchen, beten sie doch zu dem einen Gott.«
In voller Be­kräftigung dieser erstaunlichen und unmöglichen Ökumene schreibt auch Albert Pike: »Freimaurerei ist die Religion, um deren Altäre die Chris­ten, Hebräer, Moslems, Brahmanen [Hindus], die Anhänger von Konfu­zius und Zarathustra sich als Brüder versammeln und im Gebet vereinen können.« Und Manly P. Hall erklärt wiederum:

Der wahre Jünger der antiken Maurerei hat die Anbetung von perso­nenhaften Wesen für immer aufgegeben … Als Freimaurer muss seine Religion universal sein: Christus, Buddha oder Mohammed – die Na­men bedeuten wenig, denn er beachtet nur das Licht und nicht dessen Träger [die Person].

Die hier angeführten Zitate zeigen über jeden Zweifel erhaben das anti­christliche Wesen der Freimaurerei auf. Doch über eine Million Mitglie­der der US-Kirche Southern Baptists – Laien wie Kleriker – gehören zur freimaurerischen »Bruderschaft« und verteidigen sie als »christlich«. Als auf der 1993er Jahresversammlung der Südlichen Baptisten mehrheitlich beschlossen wurde, dass Mitgliedschaft bei den Freimaurern »eine Sache des persönlichen Gewissens sei«, war das eine erstaunliche Demonstrati­on der freimaurerischen Macht (und der Anzahl anwesender Freimau­rer). Dieser Wahlentscheid folgte auf den Bericht, den die Versammlung vom »Interfaith Witness Department« erhalten hatte und der besagte, dass viele »Glaubenssätze und Lehren der Freimaurer nicht mit dem christlichen Glauben und der Lehre der Südlichen Baptisten vereinbar sind« und dass im Freimaurertum viel »unbestreitbar Heidnisches bzw. Okkultes« enthalten ist.

Wie erstaunlich ist es da, dass die Mitglied­schaft in dieser antichristlichen Vereinigung von der größten christlichen Denomination der USA der persönlichen Entscheidung überlassen wird!

Die alte Lüge im neuen Zeitalter

Viele Jahre lang trug die Zeitschrift des schottischen Freimaurer- Ritus in den USA den Namen New Age. Dieser Titel beschrieb sehr genau die maurerischen Lehren und Riten. Um aber diese Tatsache zu verbergen (da die Wahrheit über das »Neue Zeitalter« bekannt wird), wurde der Name in The Scottish Rite Journal geändert.

An der Ostküste Schottlands befindet sich ein bemerkenswertes Zen­trum des Okkultismus namens Findhorn, das manchmal auch als »Vati­kan der New-Age-Bewegung« bezeichnet wird. Findhorn wurde auf die besondere Anweisung von angeblichen »Leitgeistern« gegründet. Die Mitbegründerin Eileen Caddy war offensichtlich die Erste, die diese An­weisungen durch eine »innere Stimme« empfing, welche sagte: »Sei ru­hig … und wisse, dass ich Gott bin … Höre auf mich und alles wird gut werden … Ich bin dir näher als dein Atem, als deine Hände und Füße. Vertraue mir.« Eine innere Stimme ist ein wichtiges Werkzeug des Ok­kulten. Auf die Verbreitung dieser Illusion innerhalb der Christenheit und die dadurch verursachten Dammbrüche werden wir später zurück­kommen.

Alle der ursprünglichen erwachsenen Mitglieder dieser einzigartigen Findhorn-Gemeinschaft waren »Kanäle« für eine Vielfalt von Wesen, von denen diese Leute durch die gleiche »Führung« zusammengebracht wor­den waren. Einklang mit der Natur und Gemeinschaft mit den Geistern, die in der Natur wohnen, waren die üblichen Themen. Selbst die angebli­chen Geister »transformierter« russischer Häftlinge, die durch Anne Ed­wards »channelten«, verkündeten das altbekannte Evangelium des Natu­ralismus und Pantheismus: dass alles »Gott« ist und dass das »höhere Selbst« eines jeden Menschen als Teil Gottes seine eigene Realität er­schaffen kann.

Diese attraktive Botschaft gleicht wiederum der Lüge der Schlange aus dem Garten Eden und wird von buchstäblich Tausenden von »Kanä­len« wiederholt, da dieses Phänomen des Kontaktes mit »Leitgeistern« sich explosionsartig in der ganzen Welt ausbreitet. Von Anfang an war Satan der Urheber dieser Lüge und fährt auch heute noch damit fort, sie in das Denken derer einzuschleusen, die für seine Inspiration offen sind. Der Psychiater und LSD-Forscher Stanislav Grof bemerkt mit Wohlwol­len die ständige Bedrohung, die die Welt des Okkulten darstellt:

Bei diesen LSD-Experimenten bewegten sich die Leute … in den so genannten transpersonalen Bereich … wozu Erinnerungen an ein frü­heres Leben, mythologische Begegnungen, Erfahrungen des Einsseins mit der Natur, Einssein mit dem Kosmos usw. gehören …

Als ich mich mit Swami Muktananda traf, der mich zu einem Semi­nar über Kaschmir-Shivaismus, einem indischen Philosophie-System, eingeladen hatte, entdeckte ich … dass dieses antike Philosophie-System eine extreme Ähnlichkeit aufwies mit dem System, das spontan aus den veränderten [erweiterten] Bewusstseinszuständen moderner Abendländer hervorgegangen war.

Die Entdeckung einer solchen Annäherung war etwas höchst Inte­ressantes … dass Menschen [in] diesen veränderten Zuständen diesel­ben immer wiederkehrenden Wahrheiten finden wie sie die Mystiker der Antike schon entdeckt hatten …

Die fortschrittlichsten Entwicklungen der Wissenschaft kehren zu­rück zu dieser antiken Erkenntnis, die aus den mystischen Traditionen stammt.

Diese Übereinstimmung kann nicht das Ergebnis von Einbildung sein. Will Baron weigerte sich jedoch zu glauben, dass die Visualisierungen und Meditationen, mit denen er indoktriniert wurde, etwas anderes seien als Imagination. Doch die Erfahrungen waren dermaßen überraschend und schlagkräftig, dass er überzeugt wurde. Er beschreibt die erste Er­fahrung:

Als eins der Gruppenmitglieder eine Botschaft channelte, leuchtete das Innere meiner Stirn urplötzlich auf … als ob jemand eine Glühbir­ne vorn in meinem Gehirn eingeschaltet habe.

Weitere überzeugende Indizien zeigten sich, als ein neues Mitglied der Gruppe übersinnliche Einsichten mitteilte, nachdem sie diese Person »im Zentrum eines Dreiecks aus goldenem Licht« visualisiert hatten, »die­sem Christus-Licht … das auf ihr höheres Selbst ausgerichtet war«.
Sie teilte Will Dinge über seine Person mit, die sie unmöglich hätte wissen können. Will sagt:

Ich war absolut baff … Aufgeregt sagte ich Rosie … dass alles, was gechannelt worden war, 100%ig genau war. Nach der Lektion [fragte ich sie:] »Rosie, betreibst du diese Art von Channeling schon seit längerem?« »Nein, überhaupt nicht«, antwortete sie. »Das ist die erste Lektion, an der ich teilgenommen habe …« »Wow«, rief ich. »Du hast eine unglaubliche übersinnliche Begabung!«

Geschäfte mit der Lüge

Wenn eine scheinbare »übersinnliche Kraft« so eindrücklich vor Augen geführt wird, wie Will es erlebte, dann verleiht das heute dem Okkulten Glaubwürdigkeit und Ehrbarkeit. Die persönlichen Zeugnisse von auf­geregten Einzelpersonen, die in dem Fernseh-Werbespot für die »Psychic Network Hotline« ausgestrahlt werden, sorgen für neue Gläubige. Der Glaube, dass angeblich übersinnlich Begabte einfach eine Kraft anzap­fen, die wir alle haben, wird von Leuten unterstützt, die eigentlich Auto­ritäten sein sollten. Das wird z. B. an dieser Aussage von Joseph Camp­bell deutlich, die er in einem Interview mit Bill Moyers traf:

In diesem Moment nehmen wir teil an einem der allergrößten Sprün­ge des menschlichen Geistes in eine Erkenntnis … unseres eigenen tiefsten Geheimnisses. [Das ist wirklich] der größte jemals geschehene [Sprung].

Die okkulte Invasion gewinnt an Durchschlagskraft. Dieser Aufschwung geht zum erheblichen Teil auf die neue Ehrbarkeit zurück, die man der »Spiritualität« entgegenbringt, und nichts sieht auf den ersten Blick so spirituell aus wie das Okkulte.
Mary Tabor schrieb in einem Artikel für die New York Times:
In den letzten paar Jahren haben die Leser angefangen, eine noch brei­tere Vielfalt von Büchern zu religiösen und spirituellen Themen zu ver­schlingen. Religiöse und quasi-spirituelle Bücher schleichen sich auf die bekanntesten Bestsellerlisten … [und sind ein Kennzeichen für] ein wachsendes Interesse an spirituellen und theologischen Themen …

Verlage und Buchhändler sagen, der Aufschwung des Interesses der Leser geht einerseits auf den Wunsch nach spiritueller und moralischer Orientierung zurück und andererseits auf die Desillusionierung einer computergesteuerten und zunehmend gewalttätigen Gesellschaft.

Eines dieser Bestseller ist Die Prophezeiungen von Cellestine. Wenn es sich hier auch um Fiktion handelt, nimmt doch eine große Bandbreite von Lesern seine angeblichen »Einsichten« ernst – diese »geradezu unheim­liche Genauigkeit« bezüglich »des Quantensprungs nach vorn, auf den die Menschheit sich mit dem Herannahen des neuen Jahrtausends vor­bereitet«. Der Autor wiederholt auf verschiedene und spannende Weise dieselben Lügen, die man auch immer wieder von den vielen »Channels« zu hören bekommt, eben jene Lügen der Schlange aus Eden, die mittler­weile jedem Lesen vertraut sind. Und – wie das Buch besagt – kann über­haupt kein Zweifel daran bestehen, dass »sich auf unserem Planeten heute eine spirituelle Renaissance vollzieht«.

Die neue Ehrbarkeit gegenüber jeglicher »Spiritualität« öffnet der geschickten Täuschung die Tür, dass eine Person »spirituell« sein kann, dabei aber nicht »religiös« zu sein braucht. Bei Will Barons erster Begeg­nung mit der New-Age-Sekte, in die er hineingeriet, fragte er, um welche »Religion« es sich hier handle. Als Antwort auf die Frage entgegnete ihm der Leiter: »Nein, wir sind keine Religion. Wir sind spirituell.« Selbst Sears, diese Bastion des Konservativen, die das Vertrauen von Millionen hat, verbreitete in ihrer ersten Ausgabe eines Infoheftes für Frauen Ok­kultismus in Form eines Nachdrucks eines Artikels, der aus der Zeitschrift New Woman zusammengestellt worden war:

Erstens: Entspannen Sie sich. Stellen Sie ihre Gedanken still und ru­hig – absolut leer …
Begegnen Sie Ihrem inneren Ratgeber. Wenn Sie Ihre Gedanken zur Ruhe gebracht haben, laden Sie eine äußerst liebevolle, weise Gestalt in Ihr Bewusstsein ein. Es kann ein älterer Herr oder eine Dame sein, eine Pflanze, ein Hund. Sitzen Sie geduldig da und lassen Sie ein Bild entstehen. Reden Sie dann über irgendetwas, was Ihnen auf dem Herzen liegt …

Wie bereits gesagt, ist »Spiritualität« zur großen Irreführung geworden. Es kommt nicht darauf an, welche Art von »Spiritualität« man bevorzugt. Für die New-Age-Mentalität reicht es aus, überhaupt »spirituell« zu sein. »Spiritualität« hat eine angepasste und ökumenische Bedeutung ange­nommen, die vom Wahrheitsbegriff völlig losgelöst ist. Die Vorstellung, dass es Wahrheit gibt und dass alles andere Lüge ist, ruft vielmehr sofor­tigen Widerspruch hervor. Diese neue Spiritualität ist Satans Fangnetz, mit welchem er scharenweise Menschen einfängt.

Marina Raye ist eine »spirituelle Animateurin, Seminarleiterin und Vorsitzende von ›High Performance‹«. Sie lehrt »spirituale Sexualität«, die auf der Überzeugung basiert, dass »alles Gott ist … der Wasserkrug, der Fußboden, die Fliege, die umherbrummt … das alles ist Gott … [des­halb] können wir unsere Mitmenschen als göttliche Wesen begrüßen, als Göttinnen und Götter. Wir erkennen die vernetzte Verbundenheit allen Lebens.«
Raye sagt: »Ein hoffnungsvolles Zeichen der Bewusstseinsän­derung ist, dass viele Kirchen bereit sind, meine Workshops zu unterstüt­zen … Welchen besser geeigneten Ort gibt es zur Normalisierung der ›spiritualen Sexualität‹ als das Heiligtum einer Kirche!«

Eine erstaunlich breite Akzeptanz

Prominente sind die führenden Vorreiter der okkulten »Spiritualität«. In den 70er Jahren machte Merv Griffin Werbung für Maharishi Mahesh Yogi und dessen Transzendentale Meditation.
Vor zehn Jahren offenbar­te Oprah Winfrey, dass das »Geheimnis ihrer unglaublichen Lebensfreu­de und Energie [und ihres] Erfolges … ihre persönliche Beziehung zu Gott ist«.
Als uneheliche Tochter eines Baptistenpastors aus Mississippi überforderte sie ihre Mutter, die sie an ihren Vater weiterreichte. »Sie trieb aus diesem Satansbraten den Teufel aus«, sagt Oprah. Leider ist ihre Vorstellung von Gott und dem Teufel unbiblisch. Ihr »Gott« ist der okkulte Gott von Phil Jackson.

Winfrey »befürwortet den Kurs in Wun­dern und hat sich in ihrer Fernsehshow dafür ausgesprochen, dass ›alle Religionen zu Gott führen‹«. Sie sagt:
Jeden Morgen konzentriere ich mich auf mich selbst, indem ich versu­che, das göttliche Licht zu berühren, von dem ich glaube, dass es in uns allen ist. Manche nennen das Beten und andere sagen Meditation dazu. Ich bezeichne es als Zentrierung. Ich bekomme dadurch unbe­grenzte Energie … Dieser Gott-Zentriertheit habe ich es zu verdanken, dass ich da bin, wo ich bin.

Mit ihrem Aufgreifen des Okkulten befindet sich Oprah in Gemeinschaft vieler anderer Prominenter.
Wie bereits an früherer Stelle gesagt, haben sich Robert Stack und Della Reese auf die »Science of Mind« eingelas­sen. Die Schauspielerin Demi Moore folgt dem Okkultismus von Deepak Chopra, dem Guru der »holistischen Medizin«. John Travolta, Tom Crui­se, Nicole Kidman und Kristie Alley haben sich auf Scientology eingelas­sen. Und die Psycho-Hotline wird von Dionne Warwick vorangetrieben, die dadurch »Menschen ermutigt, Medien zu befragen, um die Zukunft zu erfahren«. Die Liste kann endlos fortgeführt werden, vom Ex-Beatle George Harrison und dem verstorbenen John Denver über Elizabeth Taylor bis Shirley MacLaine.

Und auch die Regierungen jagen dem Okkulten nach! Ingo Swann, einer der Begründer des Fernwahrnehmungs-Programmes, erklärt, war­um die USA sich in parapsychologischer Forschung betätigen: Weil »die Geldsummen und der Personalaufwand, die die Sowjets in ihre Psychola­bors investieren, eindeutig bestätigt, dass diese Sache ernst zu nehmen ist und dass bereits Durchbrüche erzielt wurden, die die Steigerungen der Ausgaben und der verschärften Sicherheit rechtfertigen«.

Er fährt fort:
Mehrere seriöse Quellen haben mich informiert, dass zwei größere Nationen Fortschritte in der Anwendung von Psychoenergien erzie­len … [und] eine dritte, kleinere Nation mit berüchtigtem Hass gegen den amerikanischen Lebensstil ebenfalls auf dem Vormarsch ist.
Ich weiß, dass das befreite Russland dreimal für große Summen die sowjetischen Psycho-Geheimnisse verkauft hat, um so an benötigte De­visen zu gelangen …
Fernwahrnehmer halfen Scud-Raketen zu entdecken, halfen gehei­me biologische und chemische Waffenprojekte [im Irak] aufzuspüren, lokalisierten Tunnels und ausgedehnte unterirdische Einrichtungen und identifizierten deren Zweck.

Außerdem arbeiten die USA und Russland auf dem Gebiet parapsycho­logischer Experimente offensichtlich intensiv zusammen. Ein erheblicher Teil dieser Zusammenarbeit wurde von Esalen aus gesponsert, dem New-Age-Zentrum südlich von San Francisco, wo in den 60er Jahren die »Human-Potential«-Bewegung ausgebrütet wurde.
Das Pentagon hat seinen eigenen Meditationsclub, der von Edward Winchester geleitet wird. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges überredete er die Sowjets zu einer gemeinsamen »Visualisierung des Friedens«, und auf einer Goodwilltour meditierte er »im Innern des Kreml … und verteilte … Meditations-Sets … an Friedens-Funktionäre in Moskau, Kiew und Leningrad«. Bei einer Fernsehsendung mit »angeblich 150 Millionen sowjetischen Zuschauern hielt Winchester eine öffentliche Meditation vor der Kasaner Kathedra­le« in Leningrad (dem heutigen Sankt Petersburg) ab.

Militär und Regierung im Okkultismus

Es würde gleich mehrere Bücher füllen, würde man von der okkulten Invasion innerhalb des US-Militärs berichten wollen. Im Tunnel der Zeit von David Morehouse hob sich die Decke des Geheimnisses über das Fernwahrnehmungs-Programm des Militärs. Morehouse deckte die in­tensive Ausbildung für amerikanische Psycho-Spione und Soldaten sowie einige ihrer Heldentaten auf. Im Gegensatz zu der Behauptung des CIA, es habe das Programm aufgegeben, glaubt Morehouse, dass »Star Gate aktiv ist wie eh und je, jedoch weiter gegangen ist, und das im Gehei­men … [und dass] die Regierung diese Techniken zu ihren Waffen rech­net«. Obwohl er offiziell in Rente ist, kann er nachts nicht schlafen, »wenn das Fernsehgerät nicht plärrt, nur damit nicht alles wieder in mir hochkommt«.

Das Monroe-Institut in Faber im US-Bundesstaat Virginia, das von Robert Monroe gegründet wurde und die Fähigkeit außerleiblicher Rei­sen (OBEs) lehrt, stand unter Militär- und Regierungsfunktionären und führenden Wirtschaftsbossen hoch im Kurs.
Monroe sagt, er habe nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1992 eine OBE unternommen, um seine Frau zu besuchen, konnte aber dabei nicht mit den Emotionen umgehen und schwor deshalb den OBEs ab, aus Angst, dass er von einer weiteren Reise nicht zurückkehren würde. Da er kürzlich starb, ist er nun wirklich außerhalb seines Körpers und weiß nun, auf was für eine Lüge er herein­gefallen ist. Monroe hatte drei Patente für akustische Signale, die einen erweiterten Bewusstseinszustand auslösen. Sogar buddhistische Mönche benutzen diese Tonbänder »als Übungsmittel«.

Das Wall Street Journal berichtete:
Der pensionierte General Albert Stubblebine, ehemaliger Direktor des US-Militär-Geheimdienstes und Sicherheitsbefehlshaber, bestätigt, dass die Armee in den 80er Jahren Personal zu diesem Institut sand­te … während die mögliche militärische Anwendung übersinnlicher Phänomene untersucht wurde …

Katie McKeown, die Koautorin des Bestsellers Beyond IBM, be­suchte das Institut … nach dem unerwarteten Tod von Louis Mobley, ihrem Freund und Arbeitspartner dieses Buches … Mobley kommuni­zierte mit ihr über James R. Hoover, einen Manager von DuPont – und Skeptiker – und besuchte das Institut auf Firmenkosten.
Hoover, der Mobley niemals kennen gelernt hatte … [war] so lange skeptisch, bis … Katie McKeown sagte, dass bestimmte Bemerkungen nur von Mobley kommen konnten. »Das hat mir einen fürchterlichen Schrecken eingejagt«, sagt Hoover. »Mir laufen immer noch eiskalte Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke.«

Vor fast zehn Jahren behauptete der Abgeordnete Charles Rose, dass »zu jedem beliebigen Zeitpunkt etwa ein Viertel der Kongressabgeord­neten mit der Untersuchung übersinnlicher Phänomene beschäftigt sind«.
Weil der Schatzmeister von Orange County in Kalifornien Ro­bert L. Citron sich auf den Tipp eines Mediums und Astrologen verlassen und dementsprechend investiert hatte, verlor der wohlhabende Verwal­tungsbezirk »1,7 Milliarden Dollar in riskante Investitionen … [und] er­klärte am 6. Dezember 1994 ihren Bankrott.«

Der New York Times News Service US News & World Report sagte in Bezug auf die »spirituelle Dimension« in der US-Hauptstadt, dass es »beunruhigend ist, dass der Sprecher des Weißen Hauses tiefe Schlücke von dem Rat von Spiritisten trinkt … Die Clintons haben sich mit Marianne Williamson getroffen, der Bestseller-Autorin, die für Wunderkräfte wirbt.« berichtete kürzlich: »In ganz Washington sind Meinungen von futuristischen und spiritistischen ›Gurus‹ zu [Newt Gingrich] Stadtgespräch.«

Aus Platzmangel können wir hier nicht auf die okkulte Betätigung auf höchster Regierungs- und Wirtschaftsebene in aller Welt eingehen. Doch müssen wir auf die Situation in der islamischen Welt zumindest kurz ein­gehen. In Saudi Arabien, dem Land der hochheiligsten muslimischen Wallfahrtsorte, wuchert der Okkultismus über die Maßen.
König Fahd ist so tief im Okkultismus verstrickt, dass er vermeidet, sich in der königli­chen Hauptstadt Rijad aufzuhalten, weil von einem Medium prophezeit wurde, dass er dort sterben würde:
Die Gewohnheit, Hexen und Zauberer zu konsultieren, hat sich wie eine Epidemie ausgebreitet … jeder Fürst hat seine eigene Hexe oder seinen eigenen Zauberer, die bei ihm leben …

Im Königreich herrscht der weit verbreitete Glaube, dass einer von Fahds Neffen einen Raum in seinem Palast hat, der den schwarzen Künsten geweiht ist … Blinder Glaube an übernatürliche Kräfte er­streckt sich über die Königsfamilie hinaus und steht in Verbindung mit einer Serie von aktuellen Tragödien.

Der breite Weg ins Verderben

Niemand erklärt die Grundlage der neuen Spiritualität besser als der Psychologie-Professor Charles Tart. Er macht uns in eindeutiger Sprache klar, dass sie eine Ablehnung der Bibel und des biblischen Christentums dar­stellt. Die neue Spiritualität basiert gänzlich auf der persönlichen Erfah­rung in einem erweiterten Bewusstseinszustand. Kein Kriterium kann herangezogen werden, um zu bewerten, ob eine solche Erfahrung real ist; sondern die Realität wird, wie im Fall von Karen Mains und so vielen anderen (wie z. B. jene, die sich auf den »Toronto-Segen« einlassen, auf die »Pensacola-Erweckung« oder die »Geistliche Kriegsführung« – wie wir noch sehen werden) von der Erfahrung selbst definiert.  . . .

 

Das »Spirituelle« ist dort, wo man es sucht

Phil Jackson sieht im Basketballsport einen äußerst »spirituellen« Zweck. Er schreibt von dem »Bindeglied zwischen Spiritualität und Sport«. Mit »Spiritualität« oder »spirituell« meint er offensichtlich etwas gänzlich anderes als das biblische Christentum. Und seine neue Spiritualität mit ihrer neuen Akzeptanz seitens der Welt hat ihm anscheinend unbegrenz­te Möglichkeiten eröffnet, die ihn von der Engstirnigkeit seiner Kind­heitsreligion befreit haben.

Jackson sieht ein, dass die menschliche Existenz eine spirituelle Di­mension hat. Er hat sie erfahren, und sie funktioniert – sogar insoweit, dass sie einem Basketballteam den Meistertitel einbringt! Wahre Spiri­tualität wird jedoch keineswegs mehr von der Bibel her definiert. Das gesamte Konzept, dass etwas wahr und etwas anderes falsch sein kann, wurde über Bord geworfen. Spiritualität ist für Jackson ein riesiger Be­reich, der zu erforschen und erfahren ist. Er spricht von seinen »zwei größten Leidenschaften: Basketball und spirituelle Abenteuer«.

Abenteuer, wohl wahr! Dieser Gedanke öffnet großartige Möglich­keiten für Entdeckungsreisen mit staunenden Augen durch exotische Landschaften entlang einer Vielfalt von Wegen – ermöglicht durch das Verwerfen der Bibel als Wort Gottes und unfehlbarem Leitfaden! Und wer trägt Sorge dafür, wohin der eine oder der andere Weg führt? Der Nervenkitzel besteht in der Entdeckung. Alles worauf es ankommt, ist das Erlebnis unbegrenzter neuer Erfahrungen.

Diese neue Ehrbarkeit, die die Welt einer angepassten Spiritualität (sofern es nicht Christentum ist) entgegenbringt, hat Phil Jackson gestat­tet (und mit ihm unzähligen anderen), ohne das geringste Schuldgefühl das abzulehnen, was er unter Christentum versteht. Seine Akzeptanz al­ler Religionen hat jedes Verständnis verschleiert, das er vielleicht irgend­wann einmal vom Christentum hatte.

Jackson setzt Glaube an sich selbst mit Glauben an Gott gleich. Im Okkulten ist jeder Gott. Er schreibt, die Chicago Bulls hätten »in der Saison 91/92 sicherlich Glauben an sich selbst« gehabt, und rät: »Sie müs­sen Ihrer inneren Erkenntnis vertrauen.« Erstaunlicherweise verwech­selt er die eigene innere Erkenntnis mit dem, was »der Apostel Paulus als Glauben bezeichnete: ›eine Verwirklichung dessen, was man hofft; ein Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht‹ (Hebr 11,1).«

Das Gegenteil ist der Fall: Paulus sagte ausdrücklich, dass er nicht auf sich selbst oder irgendjemand anderen vertraut (Phil 3,4). Die Bibel warnt immer wieder vor Vertrauen auf einen Menschen, einschließlich vor Selbstvertrauen. Salomo schrieb: »Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand« (Spr 3,5). Je­remia warnte: »Verflucht ist der Mann, der auf Menschen vertraut … und dessen Herz vom HERRN weicht« (Jer 17,5). Jesus sagte: »Habt Glau­ben an Gott!« (Mk 11,22).

Eine folgenschwere Illusion

Jackson konnte sich selbst davon überzeugen, dass er nicht wirklich das Christentum verworfen habe; er habe lediglich seinen Horizont erweitert und erkannt, dass die Bibel nur eins von vielen religiösen Büchern ist, denen er allen die gleiche Hochachtung entgegenbringt. Somit kann er sich einreden, dass er in Wirklichkeit noch spiritueller alle Formen der Spiritualität akzeptiert, einschließlich ame­rikanischer Eingeborenen-Spiritualität und Zen-Buddhismus und hinduis­tischer Konzepte, gemeinsam mit allem anderen, das irgendwie zu funk­tionieren scheint. Ohne jede Andeutung von Ironie schreibt er: geworden ist, da­durch dass er

An dem Tag, als ich die Chicago Bulls übernahm, gelobte ich, eine Umgebung zu schaffen, die auf den Prinzipien der Selbstlosigkeit und Hingabe basiert, die ich als Christ in meinem Elternhaus gelernt hat­te. Dabei kann ich auf einem Polster sitzen und Zen praktizieren oder auch die Lehren der Lakota-Sioux studieren …

Die Schaffung eines erfolgreichen Teams – sei es ein NBA-Meistertitel oder ein sensationeller Verkaufserfolg – ist auch für diejenigen im Wesentlichen ein spiritueller Akt, die sich selber im herkömmlichen Sinne nicht als »spirituell« ansehen.

Das großartigste Vorbild von »Selbstlosigkeit und Hingabe«, das Jackson von seinen Eltern hätte kennen lernen können, ist Jesus Christus, der sich am Kreuz selber hingab, um für unsere Sünden zu sterben – doch Jackson hat Christus dem Zen und der Eingeborenen-Spiritualität zulie­be verworfen. Phil Jacksons neue Spiritualität steht im völligen Wider­spruch zu dem Christentum, dem er einst angehörte. Das gilt für die In-dianer-Spiritualiät genauso wie für Zen-Buddhismus, fernöstliche Medi­tation und alle anderen Religionen, für die er jetzt »offen« ist.

Mit seiner Ablehnung des Christentums steht Jackson nicht alleine da. Er befindet sich in Gemeinschaft nicht nur mit anderen NBA-Trainern wie z. B. Pat Riley von Orlando, sondern mit vielen Gemeindelei­tern und Dozenten an theologischen Ausbildungsstätten. Eine Londoner Zeitung bemerkte kürzlich: »Liberale anglikanische und katholische Kle­riker werden heute eine Ansprache vor einer Versammlung von Heiden und Hexen halten, um zu versuchen, eine ›gemeinsame Grundlage‹ zu schaffen.« Die »Gesellschaft religiöser Leiter« von Salem (Massachu­setts) »begrüßte offiziell einen Hohenpriester der Hexerei in ihren Rei­hen. Ein Priester der Episkopalkirche sagte, für niemanden in dieser in­terreligiösen Klerikergruppe sei ein zwingender Grund denkbar, den Hexer auszuschließen.«

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Psychologie u. das Okkulte (D.Hunt)

Dave Hunt

 

Psychologie und das Okkulte

Der große Physiker David Bohm anerkannte widerwillig »die Unmöglichkeit eines letztendlichen Wissens« per Wissenschaft. Als Student des indischen Mystikers Krishnamurti wurde Bohm tief vom Hinduismus und dessen mystischen Offenbarungen beeinflußt. Ähnliche Schlußfolgerungen von anderen führenden Denkern und Wissenschaftlern sind in einem respekt- und gottlosen, aber gedankenanregenden Buch zu finden mit dem Titel The End of Science: Facing the Limits of Knowledge in the Twilight of the Scientific Age (»Das Ende der Wissenschaft: »Konfrontation mit den Grenzen der Erkenntnis im Zwielicht des wissenschaftlichen Zeitalters«), das vom Autor und Redakteur der Scientific American (deutsche Ausgabe: »Spektrum der Wissenschaft«) John Horgan geschrieben wurde.

Nobelpreisträger Richard Feynman gibt (ebenso wie andere führende Physiker) der Physik nur geringe Zukunftsaussichten. Für Wissenschaftler ist es frustrierend einzugestehen, dass aller Existenz etwas zugrunde liegt, was der Mensch niemals verstehen wird. Natürlich würde man genau das von einem von Gott erschaffenen Universum erwarten. Lange vor den heutigen Physikern informierte die Bibel uns:

Durch Glauben verstehen wir, dass die Welten durch Gottes Wort bereitet sind, sodass das Sichtbare nicht aus Erscheinendem geworden ist (Hebr 11, 3).

Es gibt einige Dinge, die wir nur verstehen, indem wir glauben, was Gott uns sagt. Er sagt nicht, dass das sichtbare Universum aus etwas Unsichtbarem oder aus nichts gemacht wurde – sondern nur, dass es nicht durch irgendetwas geschaffen wurde, was der Mensch sehen kann, nicht einmal mit den höchstentwickelten Elektronenmikroskopen oder irgendeinem anderen Instrument, das wir erfinden könnten. Wir sind informiert, dass das Universum durch »das Wort Gottes« entstanden ist und »durch das Wort seiner Macht« (Hebr 1,3) aufrechterhalten und getragen wird. Mehr als das können und brauchen wir nicht zu wissen.

Der Mensch wird niemals das Geheimnis lösen, das der Existenz des Weltraums, der Zeit und der Materie zugrunde liegt. Jede Tür, die die Wissenschaft öffnet, bringt auf der anderen Seite zehn weitere ungeöffnete Türen zum Vorschein. Mit jeder neuen Entdeckung türmt sich vor uns das Unbekannte auf wie die fliehenden Bilder in einem Spiegelkabinett. Nobelpreisträger Niels Bohr sagte über die Quantenmechanik: »Wenn du denkst, dass du sie verstehst, dann zeigt das nur, dass du nicht einmal die elementarsten Dinge darüber weißt.« In der Tat wissen wir nicht, was Schwerkraft, Energie, Elektronen oder irgendetwas anderes ist. Die Wissenschaft hat die einst stolze Hoffnung aufgegeben, die letztendliche Realität erforschen zu können. Wir hatten bereits Sir James Jeans zitiert:

“Die herausragendste Errungenschaft der Physik des 20. Jahrhunderts ist nicht die Relativitätstheorie … oder die Quantentheorie … oder die Kernspaltung … [sondern] die allgemeine Erkenntnis, dass wir mit der höchsten Realität noch gar keinen Kontakt haben …”

Wir wissen nicht, an welchem Punkt das Physische mit dem Spirituellen verbunden ist. Aber irgendwo dort draußen (oder drinnen?) gibt es ein anderes nichtphysisches Universum (oder viele solcher Universen?), das unseren Verstand völlig übersteigt. Mit keiner wissenschaftlichen Methode und keinem Instrument kann man feststellen, ob das Spirituelle dem Natürlichen zugrunde liegt, eine Erweiterung des Natürlichen ist oder aber etwas völlig anderes.

Die beeindruckende Realität dieser »spirituellen« Dimension kann nicht länger geleugnet werden. Joan Borysenko, Krebszellen-Biologin und führende New-Agerin, spricht davon, dass »Psychologie und Medizin und Spiritualität alle zusammenfinden werden« Da die Wissenschaft keine Antworten auf die Fragen des Herzens geben kann, wendet die Welt sich zum Mystizismus und Okkultismus zurück – mittlerweile durch die Psychologie gefördert –, anstatt sich an Gott und sein zuverlässiges Wort zu wenden. Selbst das angesehene American Journal of Psychology gab zu:

Patienten, die einer konventionellen psychologischen Behandlung … unterzogen wurden, berichteten von einer geringeren Besserung als solche, die zu spiritistischen Heilern gingen …  Bei spiritistischen Heilungen… erhält das Medium Botschaften von Geistern oder wird von solchen besessen, um eine Diagnose zu erstel¬len, Rat zu bieten oder Kräuter und rituelle Heilmittel zu verordnen.

 

Leben, Seele und Geist

Wenn das physische Universum ein unerklärbares Geheimnis ist, so ist das Leben selbst sogar noch geheimnisvoller. Wir wissen nicht, was Leben ist – nur, dass es von Gott kommt und nichts Physisches ist. Leben macht physische Körper lebendig und ist doch nicht Teil des Körpers. Physisches Leben hat etwas mit einer Seele zu tun: Gott »hauchte in seine Nase Atem des Lebens; so wurde der Mensch eine lebende Seele« (1Mo 2,7). Die Bibel gibt keine Definition für eine Seele an, doch scheint in jedem atmenden Lebewesen eine Seele zu sein.

Während bei niedrigeren Lebewesen zwar von einer Seele die Rede ist, so ist bei tierischem Leben niemals von einem Geist die Rede. Der Mensch ist »nach dem Bild Gottes« (1Mo 1,26.27; 9,6 u.a.) geschaffen, und Gott selbst ist Geist. Das trifft auf Tiere nicht zu. Die Bibel unterscheidet zwischen der Seele und dem Geist, ohne jedoch eine Definition davon zu geben: »… euer Geist und Seele und Leib …« (1Thes 5,23); »… bis zur Scheidung von Seele und Geist …« (Hebr 4,12; vgl. auch 1Kor 15,45).

Der Mensch ist ein Geist, der in einem Körper lebt, durch den er am physischen Geschehen teilnimmt. Der Geist des Menschen unterscheidet ihn von den Tieren und ermöglicht ihm, Gott zu erkennen. Weder Körper noch Seele des Menschen sind im Bild Gottes geschaffen, da Gott keines von beiden hat. Der Geist des Menschen wurde einst im Bild Gottes geschaffen. Die Trennung des menschlichen Geistes vom Geist Gottes bedeutet den geistlichen Tod. Gott sagt: »… eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott« (Jes 59,2); und »… die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden …« (Eph 2,1 u.a.).

Die Trennung des Geistes vom Körper hat den Tod des Körpers zur Folge: »Denn wie der Leib ohne Geist tot ist …« (Jak 2,26). Nach dem Eintreten des Todes wird der Körper in das Grab gelegt und »… der Geist kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat« (Pred 12,7). Wenn man die Bibel als Ganzes betrachtet, kann das nur bedeuten, dass Gott darüber verfügt, ob der Geist des Menschen entweder in den Himmel oder in die Hölle gelangt. Der Geist eines Toten würde nicht über den Lebenden schweben, sie quälen oder ihnen erscheinen, wie es uns die Welt des Okkulten weis machen möchte. »Geister« können nur getarnte Dämonen sein.

Der Geist bleibt bei Bewusstsein, wenn er vom Körper getrennt ist, ganz gleich ob im Himmel oder in der Hölle. Wir haben bereits herausgestellt, dass das Gehirn nicht denkt. Gedanken entstehen im Geist, der das Gehirn benutzt, um den Körper zum Sprechen oder zur Ausführung seines Willens zu veranlassen. Der reiche Mann, dessen Körper im Grab lag, war im Hades gewiss bei Bewusstsein (Lk 16,23-31) und Gleiches gilt für jene, die von ihren Körpern getrennt wurden und sich im Himmel befinden: »… sah ich unter dem Altar [im Himmel] die Seelen derer, die geschlachtet worden waren, um des Wortes Gottes … willen … Und sie riefen mit lauter Stimme …« (Offb 6,9.10).

Psychologie, die religiöse Wissenschaft

Obwohl schon der Ausdruck »Psychologie« die Existenz der Seele anerkennt, hat man unnachgiebig darauf bestanden, dass die Seele lediglich die Gesamtsumme von rein physiologischen Reaktionen auf physikalische Reize sei. Für beinahe ein Jahrhundert hingen Psychologen und Psychiater dem medizinischen Model Freuds und der Behaviorismus-Theorie B. F. Skinners an; beide versuchten hartnäckig (und gegen den gesunden Menschenverstand) Gedanken, Gefühle und Persönlichkeit allein in Begriffen des physischen Körpers zu erklären.

Aufgrund der stolzen Entschlossenheit, die Psychologie als Wissenschaft zu etablieren, bestand dieser Irrglaube länger als erwartet. Es kann keine Wissenschaft des Geistes geben, da die Wissenschaft nicht über die Mittel zur Beobachtung von Geistern verfügt. Trotzdem versuchten die »Mind-Science«-Sekten (Christliche Wissenschaft, Religiöse Wissenschaft, Science of Mind etc.) aus der Spiritualität eine Wissenschaft zu machen und sind dadurch tief in Okkultismus gefallen.

In seinem neuesten Buch Worldwide Laws of Life (»Weltweite Gesetze des Lebens«) wiederholt John Marks Templeton (Stifter des Templeton-Preises für den Fortschritt der Religionen) seinen Traum von einer »neuen Renaissance des menschlichen Wissens« durch »die wissenschaftliche Erforschung spiritueller Themen … Ich habe eine Vision von der Grün¬dung eines neuen wissenschaftlichen Zweiges: die Wissenschaft spiritueller Information und Forschung«. Das ist, wie wir gesehen haben, genau das Wesen des Okkultismus: Religiöse Wissenschaft. Der Okkultismus gibt vor, eine spirituelle Kraft nutzbar zu machen, die aufgrund bestimmter Gesetze wirkt und es ermöglicht, der Geisterwelt eine voraussagbare Reaktion zu entlocken.

Vor 100 Jahren schrieb William James: »Ich möchte der Psychologie zu einer Naturwissenschaft verhelfen, indem ich sie als eine solche behandle.«  Die Nachkriegsgesellschaft glaubte dieser Lüge und unterwarf sich eifrig jedem neuen Experiment und jeder Theorie. »Die Wissenschaftlichkeit der Psychologie machte große Versprechungen: Lösungen für gesellschaftliche und internationale Probleme, Verständnis und Veränderung individuellen und sozialen Verhaltens und die Erschaffung einer sicheren und besseren Welt durch Eliminierung der zerstörerischen Kräfte, die zum Krieg geführt hatten …« Die Illusion machte sich breit, »die soziale Welt sei erfassbar, vorhersagbar und kontrollierbar und … Durch¬brüche im Verständnis des individuellen menschlichen Denkens würden Grundbausteine einer besseren Gesellschaft sein«.

In Wirklichkeit kam 1979 eine ausführliche Studie der Amerikanischen Gesellschaft für Psychologie zu dem Schluss, dass Psychologie keine Wissenschaft ist und auch keine sein kann. Karl Popper, einer der größten Wissenschaftsphilosophen, erklärte, dass die Theorien der Psychologie »mehr mit primitiven Mythen als mit Wissenschaft gemeinsam haben«. Der berühmte jüdische Psychiater Thomas Szasz nannte die Psychologie »die clevere und zynische Zerstörung der Spiritualität des Menschen und deren Ersetzung durch eine positivistische ›Wissenschaft des Geistes‹«. Der Versuch, mit menschlichem Verhalten auf wissenschaftliche Weise umzugehen, hat der okkulten Verführung Tür und Tor geöffnet.

Das Problem des Menschen ist, dass er durch die Sünde von Gott getrennt ist. Die Psychologie hat aus Sünde eine Krankheit gemacht, eine Krankheit des Geistes, die keine Reue oder Versöhnung mit Gott erfordert, sondern Therapie und Aussöhnung mit der eigenen »inneren Wahrheit«. Templeton bewirbt sie als »der Lernprozess … die Ressourcen des eigenen inneren Wesens zu erschließen«. Das ist nichts anderes als Schamanismus bzw. Okkultismus.

Während die meisten Psychologen noch daran fest halten, es mit einer Wissenschaft zu tun zu haben, würden viele andere zugeben, dass es keine Wissenschaft des menschlichen Verhaltens geben kann. Das menschliche Versuchskaninchen hoppelt bei seinen Entscheidungen launenhaft umher, was jeglicher Vorhersagbarkeit auf irgendeiner rein wissenschaftlichen Grundlage entbehrt. Gerade der Ausdruck »Sozialwissenschaften« hat viel Zeit vergeudet und zu gravierenden Irrtümern geführt.

Freud sagte, Religion sei der »Feind«. Doch gründete er eine neue zerstörerische Religion mit dem Menschen als Gott. Tatsächlich war Freud, ebenso wie Jung, zutiefst im Okkulten verstrickt. In ihrem neuen Buch The End of »Christian Psychology« (»Das Ende der ›christlichen Psychologie‹«) stellen Martin und Deidre Bobgan heraus:

»Freud … sammelte eine große Anzahl antiker griechischer, römischer, orientalischer und ägyptischer Artefakte … Statuetten reihten sich auf seinem Schreibtisch und ringsherum in seinem Büro. … Jemand, der die Familie kannte, sagte über Freud: >Die Artefakten waren für ihn nicht nur Dekoration. Einige davon benutzte er als Hilfe beim Schreiben<  …auch dass Freud möglicherweise … eine antike Form von Magie praktizierte, bei der geweihte Statuen Geister darstellen oder transpersonale Kräfte den Magier in imaginäre Dialoge verwickelten und ihm unschätzbares Wissen lieferten.«

 

Eine subtile Machtübernahme ist im Gange

Psychologen und Psychiater präsentierten sich als Wissenschaftler der Psyche bzw. Seele und beanspruchten so, die Experten zu sein, die einzig und allein normales Verhalten definieren können. Martin L. Gross erklärt:

»Als die protestantische Ethik in der abendländischen Gesellschaft schwächer wurde, wandte sich der verunsicherte Bürger zur ihm einzig bekannten Alternative: dem Psycho-Experten, der behauptete, es gäbe eine neue wissenschaftliche Verhaltensnorm als Ersatz für schwindende Traditionen … Dem Patient Bürger wurde gesagt – und zumeist glaubte er es –, dass seine quälenden Zweifel über Liebe, Sexualität, Arbeit, zwischenmenschliche Beziehungen, Ehe und Scheidung, Kindererziehung, Zufriedenheit, Einsamkeit und sogar Tod, der neuen Technologie des Geis¬tes weichen würden. Den heiligen Namen der Wissenschaft im Munde führend, beanspruchen die psychologischen Experten, alles zu wissen«.

Auf Gesellschaft und Familie wirkte sich das Ergebnis zerstörerisch aus. Die Ausbreitung von Gewalt, Rebellion und Unmoral deckt sich mit dem exponentiellen Wachstum der Psychologie seit den frühen fünfziger Jahren. In den Jahren 1980 bis 1987 steigerte sich die Einweisung in psychiatrische Kliniken unter 10- bis 19-jährigen US-Amerikanern um 43%. Derweil stieg in den fünf Jahren zwischen 1983 bis 1988 die Anzahl der Bet¬ten in privaten psychiatrischen Einrichtungen pro 100.000 Personen auf das Doppelte an. Was für eine Wachstumsindustrie! Psychologie wurde zu Recht als die einzige Profession bezeichnet, die »die Krankheiten schafft, welche sie zu heilen behauptet«.

Das öffentliche Vertrauen in diesen Berufszweig und dessen Unterstützung durch die Medien hält trotz der Tatsache an, dass sich in ihren Reihen mehr moralische, emotionale und verhaltensbedingte Problemfälle bergen als in irgendeiner anderen Berufsgruppe. Jeder vierte Psychologe hat gelegentlich Selbstmordgedanken. Bruno Bettelheim, Paul Federn, Wilhelm Stekel, Victor Tausk, Lawrence Kohlberg und Sigmund Freud sind einige der prominenten »Profis für mentale Gesundheit«, die Selbstmord begangen haben. Ein Bericht über Selbstmordprävention, der von einer Spezialgruppe der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie herausgegeben wurde, zeigte, dass »die Selbstmordrate unter Psychiatern doppelt so hoch ist wie [für Ärzte] erwartet«.

Freud war selber ein Fall für die Klapsmühle, häufig kraftlos, konnte seine eigenen sexuellen Triebe nicht beherrschen, selbst nach dreißig Anläufen nicht das Rauchen aufgeben und wurde vom Aberglauben verfolgt. Freud sagte: »Patienten sind nichts anderes als Gesindel. Sie dienen zu keinem anderen sinnvollen Zweck als unserem Lebensunterhalt und als Lernmaterial. Helfen können wir ihnen jedenfalls nicht.«

Dr. Al Parides, Professor für Psychiatrie, beobachtete: »Wenn man das persönliche Leben aller anfänglichen Freud-Jünger betrachtet … kann man feststellen, dass sie eine unglaubliche Menge besonderer Problemen auf sexuellem Gebiet haben … Ihr abweichendes Verhalten bezüglich Sexualität und anderen Dingen ist enorm.«

Trotz der wachsenden Beweisfülle gegen die Psychologie wird sie als die neue Wahrheit und neue Hoffnung aufgegriffen. Solch ein öffentliches Vertrauen hat den Psychologen eine enorme Macht verschafft. Es ist beängstigend zu sehen, zu welchem Punkt sie die Gesellschaft hinführen möchten. Führende Psychologen haben vorgeschlagen, dass »Eltern nur dann Kinder genehmigt werden sollen, wenn sie über eine fundierte Kenntnis … der Wahrheiten verfügen, die von Psychologen erteilt werden« und dass sich politische und militärische Führer Testverfahren unterziehen sollten, um sicherzustellen, dass sie nicht die fundamentalistische Auffassung vertreten, die Schlacht von Harmagedon sei unvermeidbar. 1971 schlug der Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für Psychologie vor, dass Psychologen zivilen und militärischen Führern verhaltensverändernde Drogen verabreichen sollten, um dadurch ihren Aggressionstrieb zurückzustellen.

 

Eine gefährliche Pseudowissenschaft

Psychologische Theorien kommen und gehen auf einem Karussell der Verwirrung. Beispielsweise war Drapetomanie die offizielle psychiatrische Diagnose einer »Geisteskrankheit«, die im frühen Amerika epidemieartig auftrat. Es waren ausschließlich Sklaven betroffen, die dann als Auswirkung der Krankheit unter dem inneren Zwang litten, von der Plantage zu fliehen – eine Geisteskrankheit, die durch den amerikanischen Bürgerkrieg geheilt wurde. Heute werden »Geisteskrankheiten« durch Abstimmung geschaffen oder geheilt. Früher wurde Homosexualität immer als unnatürliches Verhalten betrachtet. 1974 änderte sich die Ansicht über Homosexualität jedoch aufgrund einer Abstimmung der Mitglieder der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie und das, was zuvor als abweichendes bzw. abnormes Verhalten galt, wurde in »sexuelle Präferenz« umbenannt. Schließlich wurde Homosexualität gänzlich aus den diagnostischen Handbüchern gestrichen. Das ist keine Wissenschaft.

Eine ähnliche Abstimmung entscheidet, welche neu entdeckten Geisteskrankheiten im aktuellen Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM) aufgenommen werden. Ein Psychologe, der bei der DSM-III-R Verhandlung dabei war, bemerkte traurig:

»Das niedrige Niveau intellektueller Redlichkeit war schockierend. Diagnosen wurden durch Mehrheitsbeschluss entwickelt, nach gleichem Maßstab, wie wir uns für ein Restaurant entscheiden. Du möchtest zum Italiener gehen, ich würde den Chinesen vorziehen, also lass uns eine Cafeteria nehmen. Anschließend wird es in den Computer eingegeben. Vielleicht zeugt das von unserer Naivität, doch dachten wir, man würde versuchen, die Dinge wissenschaftlich zu sehen.«

In ihrer hervorragenden Aufdeckung der Psychologie, Manufacturing Victims (»Herstellung von Opfern«), stellt Dr. Tana Dineen heraus, dass »zwischen dem, was die Psycho-Branche den Leuten versuchte glaubhaft zu machen und dem, was wirklich bewiesen worden ist, ein großer Unterschied besteht«. Sie meint, wenn Psychologen »ihr Handeln aufrichtig beurteilten, bekämen sie Zweifel an ihrer Effektivität, ihrem Wert, ihrem Selbstbild und ihrer Karriere«. Sie zeigt auf, dass wissenschaftliche Studien tatsächlich beweisen, dass Psychotherapien unwirksam und unnötig sind und in Wirklichkeit schädlich sein können.

 Psychologen haben mehrere Hundert konkurrierende Theorien und einige Tausend verschiedene Therapien entwickelt. Jeder primitive Aberglaube oder neu erfundene Betrug von Urschrei-Therapie über Rebirthing bis hin zur Reinkarnations-Therapie wird legitimiert, wenn man ihn mit dem Begriff »Therapie« etikettiert. In seinem Artikel »Die Psychologie wird wahnsinnig und verwirkt ihre Rolle als Wissenschaft« merkt der Psychologe Roger Mills an: »Ich habe persönlich erlebt, wie Therapeuten ihre Patienten davon überzeugen, dass all ihre Probleme zurückführbar sind auf ihre Mütter, die Sterne, die biochemischen Kosmetika, die Ernährung, den Lebensstil und sogar auf das ›Karma‹ ihres früheren Lebens.«

In einer Broschüre der ehemaligen Dominikanerin Dr. Kathleen A. Fitz-Gerald liest man: »Die heilige Psychologie … erforscht und versteht die einzigartige Na¬tur und die Schattierungen und Gefühle unserer individuellen Seele. Sie handelt vom Seelenverlust, von Seelenrückführung, Seelenpflege und Verherrlichung der Seele … Das »innere Kind« sendet seine bzw. ihre Seele ins Exil, bis sie in Sicherheit zurückkehren kann … In der amerikanischen Eingeborenen-Spiritualität gehen Schamanen auf die Reise, um die Seele zurückzuführen …«

Das ist Mythologie! Professor Robyn M. Dawes von der Carnegie-Mellon Universität schrieb das Buch House of Cards: Psychology and Psychotherapy Built on Myth (»Ein Kartenhaus: Psychologie und Psychotherapie sind auf Mythen gebaut«) aufgrund von »Ärger und einem sozialen Pflichtgefühl«. Professor Dawes führt das Beispiel einer Psychiaterin von der Harvard Universität an, deren Patient Selbstmord beging. Das Interesse der Untersuchungskommission bestand darin, ob sie mit ihrem Patienten Geschlechtsverkehr hatte. Die Tatsache, dass sie »ihn in einen infantilen Zustand zurückführte, in welchem sie ihn einem ›Reparenting‹ [einer ›Wiederbeelterung‹] unterziehen konnte«, wurde ignoriert – wer könnte behaupten, ein solcher Unsinn stelle eine rechtmäßige Therapie dar?

Dawes beschuldigt die Psychobranche, für »Prinzipien einzutreten, von denen man weiß, dass sie falsch sind sowie aufgrund ihrer Anwendung nachweislich falscher Techniken«. In die berühmte Cambridge-Sommerville Jugendstudie wurden 650 unterprivilegierte Jungen im Alter von 6 bis 10 Jahren einbezogen, die man in zwei gleich große Gruppen unterteilte. Eine 30 Jahre später durchgeführte Nachuntersuchung zeigte, dass diejenigen, die therapeutisch behandelt worden waren, mehr Probleme mit »Alkoholismus, geistigen Störungen, beruflicher Unzufriedenheit und streßbedingten Krankheiten« hatten und bedeutend mehr schwere Verbrechen begingen, als jene, denen man den »Segen« psychologischer Beratung vorenthalten hatte. Alle wissenschaftlichen Indizien, die wir gefunden haben, bescheinigen, dass die Psychotherapie bestenfalls wirkungs¬los und in vielen Fällen sogar schädlich ist.

 

Eine Definition des Spirituellen

Der Philosoph Daniel Dennett behauptet in seinem 1992 veröffentlichten Buch Philosophie des menschlichen Bewußtseins, dass »das Bewußtsein – und unsere Wahrnehmung unseres einheitlichen Selbst – eine Illusion sei, die durch die Interaktion vieler verschiedener ›Unterprogramme‹ in der Hardware des Gehirns zustande kommt«.

Dafür gibt es ebenso wenig einen wissenschaftlichen Beweis wie für den Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht. Während einige Psychologen noch immer solch einem Irrsinn anhängen, ist die Psychologie als Ganzes weitergegangen – gezwungen von den Phänomenen, mit denen sie konfrontiert ist. Man braucht sich nicht mehr dafür zu schämen, wenn man zugesteht, dass es Geist und See¬le gibt und beides weder gemessen noch erklärt werden kann.

Es war die neue Disziplin der Parapsychologie (die Erforschung übersinnlicher Phänomene), die widerwillige Forscher zwang, die Existenz der nichtphysischen Seite des Menschen anzuerkennen. Experimente schie¬nen darauf hinzuweisen, dass der menschliche Geist Gegenstände über eine Distanz beeinflussen konnte, die weit über den Radius messbarer Gehirnwellen hinausgeht. Tatsächlich ist seit der Zeit Anton Mesmers bekannt, dass hypnotisierte Personen Ereignisse »sehen« können, die viele Kilometer entfernt passieren. Dafür gab es keine natürliche Erklärung. Der Geist musste eine nichtphysische Entität sein, die sich vom Gehirn unterscheidet.

Doch auch dieses Eingeständnis konnte das Phänomen nicht erklären. Der menschliche Geist allein kann keine Erklärung für Fernwahrnehmung liefern und kann sicherlich nicht verantwortlich sein für Erscheinungen von Geistwesen und Blicke in die Zukunft oder für die Fähigkeit, Sprachen zu sprechen, die man niemals gelernt hat. Das Phänomen könnte nur erklärt werden, wenn der menschliche Geist in Verbindung mit einer anderen Informations- oder Machtquelle steht.

Viele Psychotherapien verwenden Hypnose, um den Patienten in die Vergangenheit zurückzuversetzen oder andere Mittel, um einen leicht beeinflussbaren Zustand des Patienten zu erreichen. Während der Therapeut eine verbale Kontrolle praktiziert, können andere Geister eine mentale Kontrolle ausüben. Edgar Mitchell beteiligte sich bei seiner Apollo-14-Mondmission an scheinbar erfolgreichen telepathischen Kommunikationsexperimenten mit der Erde. Sowohl der KGB als auch die CIA haben versucht, das Verhalten einer Person aus der Entfernung durch Telepathie zu beeinflussen. Wie wir sehen werden, kann nur der Einfluss von anderen Geistern als dem des Therapeuten vieles dessen erklären, was sich bei Psychotherapie ereignet.

 

Auf der Suche nach anderen Geistern

Die Bibel sagt uns – und alle Kulturen der Geschichte haben das stets geglaubt –, dass es Geister gibt, intelligente körperlose Wesen. Auf eine Art und Weise, die wir nicht verstehen, können einige jedoch (sowohl Engel als auch Dämonen) körperliche Gestalt annehmen. Sie können sogar auf die physische Dimension einwirken, in der unser natürliches Leben stattfindet und anscheinend einen Körper und die Persönlichkeit eines Menschen »in Besitz nehmen«. Wie dies wiederum vonstatten geht (sogar mit der Zustimmung des Besessenen), wissen wir nicht. Wir sollten auch nicht versuchen, diese Wesen zu verstehen und noch viel weniger, mit ihnen in Kontakt zu treten:

»Und die Person, die sich zu den Totengeistern und zu den Wahrsagern wendet, um ihnen nachzuhuren, gegen diese Person werde ich mein Angesicht richten und sie ausrotten aus der Mitte ihres Volkes« (3Mo 20,6).

»Es soll niemand unter dir gefunden werden, … der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier oder Bannsprecher oder Totenbeschwörer oder Wahrsager oder der die Toten befragt. Denn ein Greuel für den HERRN ist jeder, der diese Dinge tut« (5Mo 18,10-12).

»Um den Kampfpreis soll euch niemand bringen, der seinen eigenen Willen tut in [scheinbarer] Demut und Anbetung der Engel, der auf das eingeht, was er [in Visionen] gesehen hat …« (Kol 2,18).

Carl Jungs okkulte Auffassungen haben eine einschneidende Auswirkung auf die Psychologie gehabt. Sein persönlicher Leitgeist Philemon konnte aus dem Nichts erscheinen und ebenso plötzlich wieder verschwinden wie die »Geister«, von denen Jung gequält wurde. Trotzdem schien er eine greifbare Form und ein reales und eigenständiges Wesen zu haben, zu dem Carl Jung schließlich als seinem Guru aufschaute. Und aus solchem dämonischen Ursprung stammen Jungs Haupttheorien, die die heutige Psychologie tiefgreifend geprägt haben.

Forscher haben sich auf vier Erklärungsmöglichkeiten für dieses Phänomen geeinigt:

1.) Wir alle sind Teil eines universellen Geistes und folglich steht uns alles Wissen und jegliche Kraft zur Verfügung;

2.) die Geister der Toten sind fähig, mit den Lebenden zu kommunizieren;

3.) die »anderen Geister« gehören außerirdischen Wesen, von denen einige sich so weit entwickelt haben, dass sie keinen Körper benötigen, das menschliche Denken beeinflussen und beherrschen zu können;

4.) es gibt andere Geister von Dämonen oder Engeln, die beide versuchen, die Menschheit zu beeinflussen. Die ersten unterstehen der Führung Satans und die zweiten der Anweisung Gottes.

Die erste Theorie fällt aufgrund ihrer eigenen schwergewichtigen Behauptung, da sie der Menschheit eine leicht zugängliche Quelle von unendlicher Weisheit und Kraft zuschreibt. Das stimmt wohl kaum mit der normalen menschlichen Erfahrung überein. Dass jemand in einen erweiterten Bewusstseinszustand gelangen muss, um in Verbindung mit diesem angeblich universellen Geist zu kommen, scheint eher wenig überzeugend. Entweder sind wir ein Teil davon – dann sollte es uns allen leicht zugänglich sein – oder wir sind es nicht. Letzteres ist eindeutig der Fall.

Die zweite Alternative (Totengeister könnten mit den Lebenden in Kontakt treten) widerspricht der Bibel ebenso wie dem gesunden Men¬schenverstand. Warum sollte beispielsweise Tante Frieda, die in ihrem Leben eine ganz normale Person war, auf der »anderen Seite« allwissend geworden sein? Außerdem verbreiten diese vermeintlich körperlosen Existenzen einhellig die Lügen des Teufels aus dem Garten Eden. Sie mögen behaupten, im Leben Christen, Atheisten oder Agnostiker gewe¬sen zu sein, aber nach ihrem Tod sind sie zu überzeugenden Sprechern des Teufels geworden. Es ist wahrscheinlicher, dass sich Dämonen als Verstorbene tarnen.

Bezüglich der dritten Alternative (hochentwickelte Außerirdische) haben wir bereits die Unmöglichkeit der Evolution herausgestellt und gezeigt, dass die Tatsachen die Hypothese von außerirdischer Intelligenz widerlegen. Der Autor Robert A. Baker stellt heraus, dass bisher nie¬mand in der Lage war, einen »materiellen Gegenstand zu zeigen, der die Existenz von Ufos oder außerirdischer Lebensformen – ob intelligent oder nicht – zweifellos beweist«. Solange ein solches Beweisstück fehlt, blei¬ben wir weiterhin »jeglichen Berichten von außerirdischen Wesen, Ufos und Entführungen durch Außerirdische gegenüber skeptisch«. Terence Sanbek, klinischer Psychologe aus Kalifornien, erhebt einen weiteren of¬fensichtlichen Einwand des gesunden Menschenverstandes:

»Um zum nächstgelegenen Stern zu kommen, benötigt es Jahre … [selbst] wenn man mit Lichtgeschwindigkeit reist, was allerdings nicht möglich ist. Wenn Sie dort hingelangen könnten, würden Sie dann mit einem betrunkenen Fischer aus Mississippi reden oder einen Staatsmann aufsuchen? Wenn sie derart intelligent wären, würden sie sich nicht so töricht verhalten.«

Uns bleibt nur noch die letzte Möglichkeit: hinter okkulten Phänomenen stehen Dämonen. Alle bisher untersuchten Beweise deuten darauf hin, dass wir von überaus listigen Wesen heimgesucht werden, deren letzt¬endliches Ziel die Niederwerfung der Menschheit in den Untergang ist – einem Untergang, dem die Menschen aufgrund ihrer Rebellion gegen Gott ohnehin entgegengehen. Ja, der Satanist Marilyn Manson gab sein Ziel preis, als er sagte: »Ich bin auf dem Weg abwärts und will dich mitnehmen.« Diese Art wahnsinnigen Draufgängertums spricht bestimmte Menschen an. Aber die Falle für die meisten Menschen wird dadurch gelegt, dass Dämonen sich als außerirdische Intelligenzen, Aufgestiegene Meister, gespaltene oder multiple Persönlichkeiten oder etwas ande¬res ausgeben, was immer gerade am attraktivsten ist für solche, zu denen diese bösartigen Wesen Kontakt aufnehmen können. Und ihr Spiel wird durch das erstaunliche Widerstreben der Menschheit gegen die Wahrheit erleichtert – und durch die Bereitwilligkeit der Psychotherapeuten, durch ihre Lügen dazu beizutragen.

 

Das Mekka der »Human-Potential« – Bewegung

Während der 60er und 70er Jahre versammelten sich viele der führenden Köpfe des aufblühenden Feldes der humanistischen Psychologie im Esalen Institut in der Big Sur Gegend südlich von San Francisco, um sich dort über ihre Theorien auszutauschen. 1962 stolperten Abraham und Bertha Maslow beinahe zufällig darüber und erfreuten sich anschließend einer langen Beziehung zu Esalen. Viele berühmte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Aldous Huxley, Paul Tillich, Arnold Toynbee, Joan Baez, Simon und Garfunkel, einige der Beatles, B. F. Skinner, Linus Pauling und Jerry Brown kamen zu Diskussionen vorbei.

Noch bevor der Ausdruck »New Age« bekannt wurde, war Esalen das New-Age-Zentrum der Westküste. In Esalen wurden Geistwesen »gechannelt«, lange bevor Channeling populär wurde. Esalen hatte eine eigene dort ansässige »Channelerin«, Jenny O’Connor, eine junge Frau aus England. Durch die Technik des automatischen Schreibens überbrachte eine Gruppe nichtmenschlicher Wesen, die sich selbst »Die Neun« nannten (und angeblich vom Stern Sirius stammten), zutreffende Botschaften, die mit ihrer bemerkenswerten Genauigkeit ihrer Vorhersage manchmal geradezu unheimlich waren. Mitbegründer Richard Price war vor seinem makaberen Tod im Jahr 1985 so sehr beeindruckt, dass er »Die Neun« in seine Gestalttherapie-Sitzungen mit einbezog. Über mehrere Jahre bot der Esalen-Katalog einen Kurs in Gestalttherapie an, von dem versprochen wurde, dass er durch »Die Neun, eine paranormale Intelligenz« unterstützt würde.

Für »Die Neun« gab es sogar einen biografischen Eintrag im Katalog, der sie als »gigantische Reflektoren Ihres Selbst, Anwender der Gestalttherapie, Eheberater – eine für alle verfügbare pure Energie von höchster Qualität« beschrieb. Price vertrat die Meinung, es sei egal, ob die durch Jenny gechannelten Botschaften von der Gruppe »Die Neun vom Sirius oder aus Jennys Unterbewusstsein kam«. »Die Neun« wurden selbst von Esalens leitenden Direktoren in einer berüchtigten Sitzung zu Rate gezogen, woraus eine Umbesetzung des obersten Führungsstabes resultierte.

Für uns ist die Tatsache von Interesse, dass »Die Neun« durch weitere Medien und andere Organisationen und andere Menschen, die mit Okkultem zu tun haben, gesprochen haben. Sie nahmen Kontakt auf zu Andrija Puharich und führten ihn in Okkultismus. Der verstorbene Gene Roddenberry hoffte in Verbindung mit der Gruppe »Die Neun« treten zu können und verfasste eine schriftliche Arbeit mit dem Titel »Die Neun«. Bücher wurden ihnen gewidmet wie The Only Planet of Choice (»Der einzige Planet der Wahl«) für »Tom und den Rat der Neun«, wobei »Tom« den mutmaßlichen Sprecher des Rates darstellte. Paulus identifizierte »Die Neun« vor 1900 Jahren als dämonische Feinde der Menschheit, als »die geistigen Mächte der Bosheit« (Eph 6,12).

 

Humanistische und transpersonale Psychologie

Die Gesellschaft für Humanistische Psychologie (AHP) wurde zutiefst von unverhohlenstem Okkultismus durchdrungen. Bereits 1986 befanden sich praktizierende Schamanen unter den Hauptrednern des 24. Jahrestreffens der AHP an der Universität von San Diego. Teilnehmern wurde die Möglichkeit gegeben, den schamanisch erweiterten Bewußtseinszustand, der zur Kontaktaufnahme mit Geistern förderlich ist, zu erfahren und zu erlernen, wie man ihn bei anderen entwickeln kann. Es gab mediale Seancen, um die Kommunikation mit »Geistführern und anderen spirituellen Freunden« zu entdecken. Ein Foto im Bericht der Los Angeles Times über die Tagung zeigte Durchback Akuete, einen afrikanischen Medizinmann, wie er gerade »Lonnie Barbach, die Vizepräsidentin der AHP, in Trance versetzte«.

Die AHP, die behauptet, Psychologie als Wissenschaft zu betreiben, warb für die 1986er Tagung in der Zeitschrift Shaman’s Drum: A Journal of Experiential Shamanism (»Die Schamanentrommel: ein Journal des experimentellen Schamanismus«). Ein Blick in eine beliebige Ausgabe der »Schamanentrommel« zeigt die schwerwiegende Beteiligung von Psychologen. Eine typische Ausgabe dieser Zeitschrift enthält Artikel wie »Lernen Sie den Geistern zu vertrauen« und verbreitet den primitivsten und dämonischsten Okkultismus als befreiende Wahrheit. Lesen wir nur einmal die folgenden Beschreibungen unterhalb der Illustrationen eines kürzlich veröffentlichten Artikels mit dem Titel Umgang mit hungrigen Geistern: Schamanische Rituale der Embera:

»Ein junger Haibana … stimmt einen Singsang an, um den Hai [Geist] zu beschwören. … Ein Mädchen mit einem Schlangenmuster bemalt … die während der Heilung eines Kranken als Gastgeberin der Hai [Geister] dient.  In Perlen und einen traditionellen Lendenschurz gekleidet, hält der Haibanese einen seiner schamanischen Stäbe in der Hand, während er dem Geist handelsübliche Spirituosen und importierte Marlboro-Zigaretten anbietet.  Aceite lässt eine lebende Schlange dreimal über eine Patientin glei¬ten, damit sie die Krankheit der Frau aufnimmt.«

Mit der Werbung in der Schamanentrommel hoffte die AHP mehr prakti¬zierende Schamanen in ihre Reihen zu ziehen, und zwar aufgrund der Verbindung zwischen Psychotherapie der alten Schamanenreligion. Da¬mit war auch klar, dass die Psychologen den Schamanen ein paar neue Tricks beibringen könnten. Auszüge aus dem Anzeigenteil:

»Eine unvergessliche Möglichkeit, von einigen der bedeutendsten Hei¬lern und spirituellen Führern aus Westafrika und Brasilien zu lernen. Reise in erweiterte Bewusstseinszustände, in denen man die eige¬nen höheren Geistlehrer und die »Götter« selbst treffen kann … Themen sind u.a.: Rituale, Meditation … erweiterte Bewusstseins¬zustände, Schamanismus und Geistesheilung, mediale Begabung …«

Was meinen »wissenschaftliche« Psychologen mit »höheren Geistlehrern«, »Göttern« oder »Geistesheilung« und »mediale Begabung«? Die transpersonale Psychologie spricht sogar noch offener über ihren Okkultismus. Eine Zeitung (San Jose Mercury News) berichtete:

»Visionen haben. In Zungen sprechen. Mit Jesus gehen und reden. Glücklich durch Buddha. Mit Satan kämpfen. Ufos sichten. Es liest sich wie eine Litanei psychologischer Probleme … von Menschen, die … den Nachweis ihres Wahnsinns bringen … Im Institut für Transpersonale Psychologie in Menlo Park [Kalifornien] … widmen sich Psychiater, Psychologen und Berater der Anerkennung der Spiritualität … als ein wichtiger Aspekt für den Zustand des Menschen.«

Für Professor Charles Tart ist transpersonale Psychologie spirituelle Psychologie. Er wurde als »einer der führenden Wissenschaftler der trans¬personalen Psychologie, der Psychologie des spirituellen Wachstums« bezeichnet und ist Autor von angesehenen Klassikern der transpersonalen Psychologie. Er schreibt:

»Spirituelle Psychologien … die Ihnen zeigen, wie man spirituell wächst, kann man finden im Sufismus, in verschiedenen Formen des Buddhismus, wie zum Beispiel im Zen-Buddhismus, in traditionellen Yoga Praktiken … usw.  Sie lehren üblicherweise … dass unsere wahre Bestimmung in der Evolution eines höheren spirituellen Wesens liegt.«

Der Psychologe John Heider erkennt im Journal of Humanistic Psychology an, dass der »weit verbreitete Gebrauch und Missbrauch von bewusstseinserweiternden Substanzen wie Marihuana, LSD und Meskalin« ein Hauptkatalysator für die Entwicklung der transpersonalen Psychologie war. »Die psychedelischen Drogen erbrachten einen unwiderlegbaren Beweis, dass veränderte Bewusstseinszustände real waren und Wege hin zu einer transzendentalen Erfahrung existierten.«

 

Das Vermächtnis Sigmund Freuds

Sigmund Freud ist als Schwindler entlarvt worden. Sein Werk war nicht wissenschaftlich. Einige der Fallstudien, die er zur Unterstützung seiner Theorien vorbrachte, sind getarnte autobiografische Skizzen. Seine »Entdeckungen« reflektieren seine eigenen pervertierten sexuellen Leidenschaften, ebenso wie bei C. G. Jung. Ein früher Briefwechsel zwischen Jung und Freud beinhaltet Jungs Ratschläge an Freud für dessen Verführung einer Patientin namens Sabina Spielrein. Jung hatte andere Mätressen, ebenso wie Freud nicht auf seine Schwägerin Minna Bernays beschränkt war. Die moderne Psychologie entspringt zum großen Teil der sexuellen Verdorbenheit und Rebellion gegen Gott seiner geehrten »Entdecker«.

Die Freudschen Theorien wurden auf seiner verdrehten Sichtweise gegründet, dass alle Gedanken, Gefühle und Beweggründe in sexuellem Verlangen wurzeln. Sein »Ödipuskomplex«, für den kein Nachweis in der allgemeinen Bevölkerung gefunden werden kann, reflektiert eindeutig seine eigene Leidenschaft für Inzest. Das Übel, das aus dem Einfluss Freuds und Jungs hervorging, ist unermesslich. Selbst das bekannte deutsche Magazin Der Spiegel hielt es in einem Beitrag vom Juli 1994 für möglich, dass die Psychologie von Freud und Jung mit dämonischer Verstrickung zu tun hat.

Obwohl Freud in Misskredit gebracht wurde, bleiben zwei seiner Theorien als die tragenden Säulen des Großteils der Psychologie und Psychotherapie bestehen: die Lehre vom Unbewussten und das Konzept der Überdeterminierung. Freud behauptete entdeckt zu haben, dass das menschliche Verhalten durch Triebe gesteuert wird, die aus Kindheitstraumata entstehen. Sie lägen in einem Bereich verborgen, der »das Un¬bewusste« genannt wird und können nur mittels Psychotherapie erreicht und geheilt werden. Professor Dawes drückt seine Empörung so aus:

»Das Schädlichste an dieser Überzeugung ist, dass das Verhalten von erwachsenen Menschen hauptsächlich durch Kindheitserfahrungen festgelegt wird, sogar von äußerst unterschwelligen, aber vor allem von solchen, die das Selbstwertgefühl erhöhen oder vermindern.«

Die offensichtliche Folgeerscheinung solcher Theorien besteht in der Entlastung des Straffälligen, egal was er auch getan haben mag. Im Index der Freudschen Arbeiten, welches einen ganzen Band füllt, vermisst man ein Wort: Verantwortung.

Ohne Verantwortung gibt es keinen Schuldigen. »Alkoholismus und Drogenabhängigkeit wurden zu ›Krankheiten‹, Kriminalität wurde zu einem ›Nebenprodukt‹ des sozialen Umfelds, in dem die Menschen aufwachsen, usw.« Anstatt schuldig zu sein, sind wir alle Opfer – nicht nur durch das, was andere uns angetan haben, sondern auch Opfer unserer eigenen Gefühle – und stehen daher außerhalb der Verantwortung. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes des US-Bundesstaates Columbia von 1954, dass eine Person »nicht aufgrund von unwiderstehlichen Impulsen für eine Straftat schuldig gesprochen werden kann… führte somit später zum Freispruch von John Hinckley, der ein Attentat auf US-Präsident Ronald Reagan verübt hatte«.

 

Das Wiederbringen »verdrängter« Erinnerungen

Wenn das Problem in der Vergangenheit liegt, dann muss man laut Freud dorthin zurückgehen, um das Trauma aufzudecken und zu behandeln. Dieser Prozess wird als »Regressionstherapie« bezeichnet und wirft viele Fragen auf. Das Gedächtnis ist nicht gerade unfehlbar, sogar oft fehlerhaft und eigennützig, was durch zahlreiche wissenschaftliche Tests nach¬gewiesen wurde.

Es gibt eine therapeutische Methode, um Erinnerungen hervorzuholen. Der Klient wird unterschwellig in einen äußerst beeinflussbaren Geisteszustand geführt und dann mit gezielten Suggestionen angegangen, um den »Erinnerungen« auf die Sprünge zu helfen. Sehr häufig greifen diese Suggestionen und bewirken, dass man sich an etwas »erinnert«, was niemals geschehen ist. Ereignisse werden somit in ganz ähnlicher Weise erzeugt wie bei der Verfahrensweise des Schamanen.

Häufig hat der Therapeut sein eigenes Programm und bringt den Patienten dazu, sich an das zu »erinnern«, was der Therapeut – allerdings ohne Beweis – bereits als Problem beschlossen hat. Wenn der Patient sich nicht an das erinnern kann, was der Therapeut von ihm erwartet, wird er beschuldigt, die Erinnerung zu unterdrücken oder sich zu verweigern. Freuds Modus operandi besteht bis heute fort. Freud schrieb:

»Wir dürfen nicht glauben, was sie [die Patienten] sagen [wenn sie ab¬streiten, sich zu erinnern], wir müssen immer voraussetzen und es ihnen auch sagen, dass sie etwas zurückgehalten haben …  Wir müssen darauf bestehen, wir müssen den Druck wiederholen und uns selbst als unfehlbar darstellen, bis wir letzten Endes doch etwas erzählt bekommen … diese Technik mit Druck versagt in der Tat nie.«

Diese Art von Therapie hat wiederholt zu falschen Erinnerungen geführt. Tausende von Familien wurden in den USA aufgrund falscher Erinnerungen an angeblichen sexuellen bzw. satanisch-rituellen Missbrauch (SRA) zerstört, den es nie gegeben hatte. Die Beschuldigten (meistens die Väter) wehren sich und die Gerichte verhängen in einigen Fällen hohe Strafen gegen die verantwortlichen Therapeuten.

Die meisten »Erinnerungen« an mutmaßlichen sexuellen Missbrauch und SRA werden unter Hypnose aufgedeckt. Freud selbst verwendete diese Technik. Hypnose hat nachweislich falsche Erinnerungen hervor¬gebracht. Deshalb werden derart zustande gekommene Aussagen vor Gericht in den meisten Staaten nicht akzeptiert. Ja, es ist auch bekannt, dass faktisch richtige Erinnerungen unter Hypnose hervorkommen, aber das stellt uns vor ein ernsthaftes Problem.

Hypnotisierte werden in den Mutterleib »zurückversetzt« und »erinnern« sich an Einzelheiten ihrer Geburt (einschließlich von Gesprächen, die sie gar nicht verstehen konnten). Wissenschaftliche Tatsache ist jedoch, dass die Myelinschicht des Gehirns zur Zeit der Geburt zu unter¬entwickelt ist, als dass sie Erinnerungen speichern könnte. Offenbar stam¬men die »Erinnerungen« nicht aus dem Gehirn. Wir können daraus nur schließen, dass irgendwelche anderen Geister für eine Vortäuschung die¬ser »Erinnerung« sorgen.

Wir haben bereits die Verbindung zwischen dem Okkulten und der Reinkarnation gesehen, die eine grundlegende Auffassung im fernöstlichen Mystizismus und der Zauberei ist. Unter Hypnotherapie werden ebenfalls tatsächliche »Erinnerungen« des jetzigen und Ereignisse eines vermeintlich früheren Lebens und sogar das Sprechen fremder Sprachen hervorgerufen. Wieder werden wir zur unausweichlichen Schlussfolge¬rung gedrängt, dass andere Geistwesen diese Informationen vermitteln, die mit Sicherheit außerhalb des Wissensstandes der hypnotisierten Person liegen. Genau dieser Technik haben sich Schamanen mit dem Ge¬brauch ihrer Geistführer über die Jahrtausende bedient.

 

Multiple Persönlichkeiten?

Ein weiterer Irrglaube, den die Freudschen Theorien des Unbewussten und der Überdeterminierung mit sich brachten, ist die Überzeugung, dass einem Menschen mehrere Persönlichkeiten »innewohnen« können. Einem derartigen Patienten wird eine »multiple Persönlichkeitsstörung« (MPD) diagnostiziert. Vor der Publikation von The Three Faces of Eve (»Die drei Gesichter Evas«) im Jahr 1957 hat wohl kaum jemand etwas von MPD gehört. Es erzählt die Geschichte von Christine Costner Sizemore, der man nach einigen Therapien bescheinigte, angeblich 22 verschiedene Persönlichkeiten in sich zu beherbergen. Durch das Buch Sybil von 1973 (und den Spielfilm von 1977) wurde diese Überzeugung verbreitet und MPD wurde mit sexuellem Missbrauch assoziiert. Die Veröffentlichung von Michelle Remembers (»Michelle erinnert sich«) aus dem Jahr 1980 stellte zusätzlich eine Verbindung zwischen SRA und MPD her.

1980 erkannte man MPD im DSM-III als psychische Störung an. Einige Psychologen stellen nun die Theorie auf, dass wir alle multiple Persönlichkeiten haben und die Menschheit einen großen Evolutionssprung machen könnte, wenn wir lernen würden, diese innere Kraft zu nutzen. Andere verweisen auf den Zusammenhang zwischen MPD und okkulten Erfahrungen und die Beziehung von »multiplen Persönlichkeiten« zum »höheren Ich«, das in der Yoga-Trance entdeckt wird. Die Schilderung von Armand DiMele, einem klinischen Arzt aus New York, macht den okkulten Zusammenhang sehr deutlich:

»Beim Umgang mit multiplen Personen … öffnet man dieser Sache durch einen hypnotischen Zustand in Wirklichkeit Tor und Tür … Ich habe mit »Geisterstimmen« gesprochen, die durch multiple Personen übermittelt wurden und mir Dinge über meine Kindheit erzählten. Genaue Einzelheiten wie beispielsweise über Gegenstände, die in unserem Haus hingen. Es gibt einige unbestreitbare Hinweise … auf etwas, das wir nicht verstehen und ermessen können.«

 Der kalifornische Psychiater Ralph B. Allison, einer der führenden Autoritäten im Bereich der MPD, glaubt fest an das höhere Ich und praktiziert diese Theorie. Allison sagt: »Wir alle haben Zugang dazu. Wir müssen nicht … zu [einem Channeler] gehen. Wir können es in Ruhe zu Hause tun …« Manchmal spricht Allison von seinem eigenen höheren Ich »Mike«, hält sich aber zurück mit einem endgültigen Urteil darüber, wer oder was Mike letzten Endes ist. Laut Allison leiden MPD-Patienten, weil sie nicht auf ihre höheren Helfer hören. Zur Therapie gehört, den Patienten bei¬zubringen, auf diese Stimmen zu hören. Ist das Wissenschaft?

In klassisch okkulter Terminologie bezeichnet Dr. Allison diese Wesen als »Aufgestiegene Meister«, die, wie er glaubt, mit unserem eigenen höheren Ich verwandt sind. Aufgrund seiner Erfahrung mit multiplen Persönlichkeiten glaubt er an die Existenz körperloser Wesen. Bei seinen Gesprächen mit diesen Wesen sagen einige zu ihm: »Sorge dich nicht darum, woher wir kommen, wo wir uns aufhalten oder wo wir zuvor gelebt haben.« Andere sagen etwas wie: »Ich war in meinem vorigen Leben ein Sioux in Dakota und eine multiple Persönlichkeit. Nun wurde ich von Gott hierhin gesandt, um ihr [der Patientin] in den Schwierigkeiten zu helfen – ich bin Experte dafür.«

In der typischen Art eines Psychiaters sagt Dr. Allison: »Warum sollte ich streiten …? Mein Job ist, Menschen zu helfen, und ich kann mich wenig darum kümmern, woher die Informationen kommen. [Mich interessiert nur:] Funktioniert es?« – Tatsächlich sollte die Identität dieser Wesen aber von großem Interesse sein, da es sich nach dämonischer Besessenheit anhört.

Zu den vielen Fällen, über die man lachen müsste, wenn sie nicht so tragisch wären, gehört auch Nadean Cool. Sie verklagte ihren früheren Psychiater aufgrund eines Berufsvergehens, da »er sie davon überzeugte, dass sie 120 Persönlichkeiten in sich berge und anschließend ihrer Krankenkasse eine Gruppentherapie in Rechnung stellte«. Die Krankenversicherung, die etwa 113.000 Dollar an den Psychiater Kenneth Olson und 114.000 Dollar an das St.-Elizabeth-Hospital in Wisconsin zahlte, schloss sich Nadean Cool in dem Prozess an. Sie legten Beschwerde ein, da Olson Gruppensitzungen berechnete und den Anspruch erhob, mehr als eine Person zu beraten. Was für eine Wissenschaft ist das? Dem gesunden Menschenverstand graut vor dieser Wahnvorstellung.

 

Außerirdische und die Psychologie

Ganz gleich, ob der Ufo-Kult Märchen, Magie oder Wahnsinn ist, seine Hohenpriester sind jedenfalls die Psychiater und ihr religiöses Ritual ist die Hypnose. Diese uralte schamanische Praktik ist ein Bindeglied zwi¬schen Ufos, Nahtod-Erfahrungen und dem Okkulten. Wenige Entführte, wenn überhaupt welche, haben eine bewußte Erinnerungen an diese vermeintliche Erfahrung. Beim Prozess der zeitlichen Zurückversetzung unter Hypnose (mit Hilfe von gezielten Suggestionen) werden die »Erinnerung« an die »Entführung«, die körperliche Untersuchung und bisweilen auch an sexuelle Übergriffe vom Therapeuten aufgedeckt – genauso wie Erinnerung an mutmaßlichen sexuellen Missbrauch in der Kindheit tausendfach »aufgedeckt« wurden.

Jacques Vallee bezeichnet die Zurückversetzung unter Hypnose, um Erinnerungen wiederzugewinnen, als »eine höchst fragwürdige Methode, die in der Ufo-Forschung leider zur Norm geworden ist«. In Wirklichkeit kann sich jede hypnotisierte Person bereits durch minimale Suggestion an Ufo-Entführungen »erinnern«, die im Detail mit den Beschreibungen von angeblich echten Entführten übereinstimmen. Die Erfahrung eines so genannten klinischen Todes lässt sich unter Hypnose ebenso kopieren und verdeutlicht den okkulten Zusammenhang zum Ufo-Phänomen.

 Überall in Amerika treffen sich regelmäßig Hunderte von Gruppen, deren Teilnehmer glauben, Außerirdischen begegnet oder von ihnen entführt worden zu sein. Üblicherweise werden diese Treffen von einem Psychotherapeuten geleitet. Ein typisches Beispiel ist die Gruppe der Hypnotherapeutin Yvonne Smith in einem Vorort von Los Angeles »für Menschen, die glauben, ihr Sexual- und Fortpflanzungsverhalten werde von Außerirdischen überwacht«.

Der Hohepriester der Ufo-Entführungen ist Dr. John E. Mack, Professor für Psychiatrie am Cambridge-Hospital, der medizinischen Fakultät in Harvard, und Pulitzer-Preisträger für Autoren. Er hat mehr als 100 Menschen befragt, die angaben, von Außerirdischen in ein Ufo entführt worden zu sein. Vieles von dem, was er angeblich aus diesen Begegnungen gelernt hat, wird in seinem Buch Entführt von Außerirdischen offen gelegt. James S. Gordon rezensiert das Buch in der New York Times:

»Vier Jahre lang hat der anerkannte Psychiater … die seltsamen und verblüffenden Geschichten ganz normaler Männer und Frauen fest gehalten, die glauben, aus ihren Häusern und Autos entführt und durch Wände hindurch mittels besonderer Lichtstrahlen zu Raumschiffen transportiert worden zu sein …  Diese vernünftigen, feinsinnigen und gebildeten Männer und Frau¬en waren, so schien es Dr. Mack, nicht psychotisch, wahnhaft oder selbstdarstellerisch … Ihr Erlebnis der Ufo-Entführung schien wirklich die Ursache ihrer Probleme zu sein, und nicht deren Symptom.

Als Dr. Mack zuhörte, fing er an zu glauben, dass ihre Erfahrungen in gewisser Hinsicht sehr »real« waren und … unter Hypnose wurden ihre bruchstückhaften Erinnerungen glasklar und komplexe Szenerien von Entführung, Gewaltanwendung und Instruierung ergaben sich …  Wie sein Buch zeigt … stellte Dr. Mack andere Verbindungen her – Verbindungen zwischen Entführungen, Nahtod-Erfahrungen und »Reinkarnations-Therapien«. Dr. Mack meint, dass all diese Erfahrungen Wege zur Wiederentdeckung ewiger [okkulter] Weisheit sind …

Leider … fehlt es den Entführungsberichten … an der Autorität, die Dr. Mack und ein sympathisierender Leser ihnen gerne geben möchte … Hier, exakt auf dem klinischen und wissenschaftlichen Boden … ist sein Buch für Kritik am angreifbarsten …  Gleichfalls beunruhigend ist der Mangel an Literatur über Dr. Macks Methodik … wie er einen hypnotischen Trancezustand herbeiführt oder wie er die Person unter Hypnose befragt … [und über] seine Aussage, dass er und die Entführten ihre Realität miterschaffen«.

Dr. John Mack spricht von »Phänomenen, die aus einer anderen Dimension zu kommen scheinen; durch Telepathie erhaltene Informationen; Hellseherei und dem ganzen [übersinnlichen] Psi-Bereich; außerkörper¬liche Erfahrungen; Nahtod-Erfahrungen; Telekinese und dem Phänomen der Entführung durch Außerirdische. Phänomene also, die sich im natürlichen Bereich zeigen, aber anscheinend aus einer anderen Dimension kommen, aus einer unsichtbaren Welt herrühren«.  –  Er beschreibt die Welt des Okkulten, an die er nun voller Überzeugung glaubt.

Carl Jung lebte in ständiger Verwirrung – ein Zustand, der ihn seit seiner Kindheit quälte. Er war hin- und hergerissen, ob nun der Zustand des Bewussten oder der des Unbewussten der wirkliche ist. Diese Ambi¬valenz spiegelt sich in der folgenden Aufzeichung eines Traumes wider, die ebenso seine Sicht über Ufos und die Tatsache, dass er tiefere Proble¬me als viele seiner Patienten hatte, zum Vorschein bringt:

»Ich erblickte mein Haus, über dem zwei linsenförmige metallisch schimmernde Scheiben in einem engen Bogen schwirrten … zwei Ufos. Dann kam ein anderes Objekt … durch die Luft geflogen: eine Linse mit einem metallischen Anbau, der zu einem Kasten führte – eine Laterna magica [ein Filmprojektor]. Es stand in einer Entfernung von fünfzig bis sechzig Metern ruhig in der Luft und zeigte direkt auf mich. Ich erwachte mit einem Gefühl des Erstaunens … der Gedanke ging durch meinen Kopf: »Wir denken immer, dass Ufos unsere Projektionen sind. Nun stellt sich heraus, dass wir ihre Projektionen sind. Ich wurde von der Laterna magica als C. G. Jung projiziert. Aber wer bedient den Apparat?« (C.G.Jung, Memories, Dreams, Reflections, 1963).

 

Die erstaunlichen Produkte eines hypnotischen Trancezustandes

Die mysteriösen Auswirkungen der Hypnose stellen die heutigen Wissenschaftler vor ein Rätsel. Spontane »Erinnerungen« an vergangene und zukünftige Leben (etwa ein Fünftel handelt von Existenzen auf anderen Planeten) tauchen häufig auf. Im hypnotischen Trancezustand werden auch Erfahrungen gemacht, die im Zusammenhang psychedelischer Drogen, TM und anderer Yoga-Formen und fernöstlicher Meditation weit verbreitet sind. Ferner manifestieren Hypnotisierte spontan übersinnliche Kräfte, Hellsehen, außerkörperliche Erfahrungen sowie das ganze Spektrum okkulter Phänomene.

Nehmen wir den Fall des 21-jährigen William, eines intelligenten und unauffälligen Studenten, der von Professor Charles Tart hypnotisiert wurde. William erlebte dasselbe kosmische Bewusstsein und die gleiche Verwirklichung seines Ichs, welche auch durch Yoga und im klinischen Tod hervorgerufen werden. Erst erlebte er einen tiefen Frieden, danach eine Loslösung von seinem Körper und schließlich die Befreiung von seiner eigenen Identität, um mit dem Universum zu verschmelzen. Er hatte das Gefühl, dass er alles sei und ihm keine Begrenzungen auferlegt wären bezüglich dessen, was er erfahren oder werden könnte. Er spürte die ganze Fülle eines Gottesbewusstseins, »in dem die Grenzen von Zeit, Raum und der eigenen Identität angeblich überschritten sind und ein reines Bewusstsein des ursprünglichen Nichts zurückbleibt, aus dem jegliche sichtbare Schöpfung stammt«.

Die Hypnose, die nur im Jahr 1958 durch die Amerikanische Gesellschaft für Medizin als therapeutische Technik anerkannt wurde, scheint die Macht des Geistes über den Körper zu beweisen. Es ist präzise zielgerichteter Placebo-Effekt. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass »zelluläre Veränderungen im Körper vor sich gehen, zusammen mit Veränderungen der persönlichen Einstellung«. Martin Bobgan schreibt:

»Auch wenn man das Wort Hypnose mit dem Wort Therapie verbindet, so hebt dies die Praktik an sich noch nicht aus der Sphäre des Okkulten auf eine wissenschaftliche Ebene … Der weiße Kittel ist vielleicht ein angeseheneres Gewand als Federn und Gesichtsbemalung, aber die Grundlage ist die Gleiche. Hypnose bleibt Hypnose, ob man sie nun medizinische Hypnose, Hypnotherapie, Autosuggestion oder sonstwie nennt. Hypnose in den Händen eines Mediziners ist genauso wissenschaftlich wie eine Wünschelrute in den Händen eines Tiefbauingenieurs.«

Einige Ärzte benutzen Hypnose als Narkosemittel. Suggeriert man der hypnotisierten Person, dass sie während der Operation keinen Schmerz empfinden und es nicht einmal zu Blutungen kommen werde, dann wird dies in vielen Fällen zur Realität des Patienten. Eine unter Hypnose auferlegte Suggestion (z. B. dass Zigaretten schrecklich schmecken) wird häufig zur neuen Realität, wenn der Hypnotisierte wieder in seinen normalen Bewusstseinszustand zurückgekehrt ist.

Yoga und andere Arten fernöstlicher Meditation sind eine Form von Selbsthypnose oder Autosuggestion. Es werden verschiedenste andere Formen der Selbsthypnose angewendet. Dr. med. William Kroger und der Psychologe William Fetzler warnen aufgrund jahrelanger Forschungsarbeit vor »einer Verwirrung durch angebliche Unterschiede zwischen Hypnose, Zen, Yoga und anderen fernöstlichen Heilmethoden. Obwohl sich das Ritual jeweils unterscheidet, sind sie grundsätzlich gleich.«

Selbsthypnose wird weithin in der holistischen Gesundheitsbewegung angewendet, ebenso wie in den Erfolgs- und Selbstbild-Verbesserungs-Seminaren. Die Resultate können weder durch etwaige Leistungsfähigkeit des Gehirns noch des Geistes erklärt werden. Die Hypnose ist ein Haupteinfallstor des Okkulten und hat eine Schlüsselrolle bei der okkulten Unterwanderung der abendländischen Gesellschaft gespielt. Bei Phil Jackson spielte die Selbsthypnose, die er von seinem älteren Bruder Joe lernte, für seine Einführung in das Okkulte eine wichtige Rolle.

Zwei Folgerungen, die für die meisten Forscher zwar sehr unangenehm sind, scheinen unausweichlich:

1.) Es gibt einen gemeinsamen Ursprung aller okkulten Phänomene, einschließlich Ufos, die scheinbar auf intelligente und wohlüberlegte Weise eine clevere Täuschung zur Unterstützung ihrer eigenen Absichten arrangieren; und

2.) Hypnose – oder die Macht der Suggestion – ist der eigentliche Kern dieses Schemas. Werden diese beiden Schlussfolgerungen abgelehnt, ergibt alles keinen Sinn. Dem Forscher – wie beispielsweise Professor Alvin H. Lawson von der staatlichen Universität in Long Beach, Kalifornien – bleibt nichts anderes übrig als zu raunen: »Das Wesen dieses Inputs hier ist eine sehr gruselige Sache!«

 

Teil 2

»Christliche« Psychologie

Es gibt nichts Christliches an der Psychologie. Ihre Verwendung von Ausdrücken wie Seele, Geist und sogar Gott verleitet viele Christen zur Annahme, die Psychologie sei irgendwie mit dem christlichen Glauben vereinbar. Die Bedeutung dieser Begriffe in der Psychologie kommt jedoch aus dem Bereich des Okkulten, steht im Widerspruch zur Bibel und ist unabänderlich antichristlich.

Tatsächlich ist die Psychologie eine konkurrierende Religion mit ihrem eigenen antichristlichen Evangelium, das eine unbiblische Diagnose und ein gottloses Heilmittel für die menschlichen Probleme anbietet. Sogar Rollo May drückte seine Besorgnis über die Verbindung zwischen Psychologie und Religion aus. Andere weltliche Psychologen wie Sam Keen und Philip Reiff haben »Psychotherapie als eine Art Nationalreligion mit einem Evangelium der Selbstverwirklichung und mit Therapeuten als den neuen Priestern beschrieben«.

Ein Psychologe sagte: »Gewisse besonders einflussreiche Pioniere der amerikanischen Psychologie fanden in ihr ein ideales Mittel, ihrer eigenen christlichen Erziehung im Namen der Wissenschaft abzuschwören.« Thomas Szasz, Professor für Psychiatrie und nichtpraktizierender Jude, erklärte: »Einer der stärksten Beweggründe im Leben Freuds war es … sich am Christentum zu rächen …«

Szasz nannte die Psychotherapie »nicht nur eine Religion, die vorgibt, eine Wissenschaft zu sein … [sondern] eine gefälschte Religion, die versucht, die wahre Religion zu vernichten«.

Aber ist die christliche Psychologie irgendetwas anderes? Nein. Ob ein Psychiater oder Psychologe Christ ist oder Atheist, mussten beide die gleichen Prüfungen ablegen und die gleichen Maßstäbe erfüllen, um die staatliche Berufserlaubnis zu erhalten. Zum Beispiel ist die »Fuller Hochschule für Psychologie« des Fuller-Seminars im kalifornischen Pasadena durch die Amerikanische Gesellschaft für Psychologie anerkannt und muss deren gottlose Normen genau wie jede säkulare Schule für Psychologie erfüllen.

 

Es gibt keine »christliche« Psychologie

Simple Wahrheit ist, dass etwas wie eine christliche Psychologie nicht existiert. Schauen Sie in den Index eines beliebigen Psychologie-Lehrbuches. Dort finden sich Einträge über die Psychologie von Freud und Jung, über den Behaviorismus sowie über existentielle, humanistische und transpersonale Psychologie und weitere Fachrichtungen. Aber es gibt keinen Eintrag unter »christliche Psychologie«. Der Grund dafür ist einfach: Es gibt keinen Christen, der je eine Schule der Psychologie gegründet hat, die als »christlich« bekannt ist.

In ihrem Artikel, der auf einem Treffen professioneller Psychologen vorgestellt wurde, behaupteten die christlichen Psychologen J. Sutherland und P. Poelstra mit der Zustimmung der Anwesenden:

»… es gibt keine akzeptable christliche Psychologie, die sich in einem wesentlichen Merkmal von der nichtchristlichen Psychologie unterscheidet… Es ist schwierig zu implizieren, dass wir in einer Art und Weise funktionieren, die sich grundlegend von unseren nichtchristlichen Kollegen unterscheidet … Bisher gibt es [in der Psychologie] keine annehmbare Theorie, keine Forschungsmethode und keine Behandlungsmethodik, die ausgesprochen christlich ist.«

Was ist dann mit »christlicher Psychologie« gemeint? Die meisten Laien meinen, dass es tatsächlich eine Psychologie gibt, die eindeutig christlich ist. Die Fachleute wissen jedoch, dass sie sich an einem Versuch der Integration atheistischer und antichristlicher Theorien in die christliche Theologie beteiligen. Psychologie ist ein Teil der »Weisheit dieses Zeitalters«, die gelehrt wird vom »Geist der Welt«, den Paulus verwirft (1.Kor. 2,5-14). Der Gründer von Rapha, Robert McGee gibt offen zu, dass er sich zusammen mit dem Atheisten Albert Ellis, für den das Christentum ein Grund für Geisteskrankheiten ist, in Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist befindet:

»Die Veränderung unseres Denkens, Fühlens und Handelns ist ein Pro¬zess, zu dem das übernatürliche Wirken des Heiligen Geistes gehört … Als Ausgangspunkt verwenden wir jedoch ein Modell, das aus der Rational-Emotiven-Therapie von Albert Ellis abgeleitet ist.«

Die Psychologie entstammt dem Okkulten, ist nicht wissenschaftlich und viele der führenden Professionellen geben zu, dass sie zerstörerisch ist. Die gleiche legitime Kritik, die gegenüber der weltlichen Psychologie vorgebracht werden kann, kann man auch für die so genannte »christliche« Psychologie geltend machen. Dennoch hat sie die segensreichsten Kanzeln erobert und ist zu einem wichtigen Teil des Lehrplans an christlichen Universitäten und sogar Seminaren geworden. Vor einigen Jahren teilte Jerry Falwell den Personen auf seiner Adressenliste Folgendes mit:

»Nächsten Sonntag werde ich im … Fernsehen einen historischen Durchbruch zum Leib Christi verkünden. Die Auswirkung … wird die christliche Welt begeistern und uns in eine neue Ära der christlichen Mission führen … Es gibt einfach nicht genug ausgebildete christliche Psychologen, Psychiater und Pastoren, um den Seelsorgebedarf einer wimmelnden, nach Hilfe schreienden Menge zu decken. Das »Liberty Institut für Laienseelsorge« wird das notwendige Ausbildungsprogramm anbieten … Sie können dabei sein …! Stellen Sie sich Folgendes vor …! Dr. Gary Collins und sein Mitarbeiterstab … sind per Kassette [bei ihnen zu Hause] …«

Ein Zeitungsinserat der George-Fox-Universität ist mit dem Titel »Unsere Psychologie-Doktoren haben etwas ganz Besonderes – Eine christliche Sicht der Welt« überschrieben. Ein Prospekt des Fuller Theological Seminary prahlt: »Als Berufszweig ist die christliche Psychologie nicht gerade neu. Fullers Schule für Psychologie bietet alles … von der Ehe und Familientherapie bis hin zum Doktor für klinische Psychologie.« Der folgende Auszug aus einer ganzseitigen Werbeanzeige der Wheaton-College-Graduate-School in Christianity Today zeigt das gleiche integrative Bild:

»Symbole für ein neues Jahrhundert in der Psychologie – Dr. psy. und Dipl. Psy. … die Verpflichtung gegenüber der Bibel und die Integration der psychologischen Theorie mit dem christlichen Glauben …«

 

Der große Einfluss Norman Vincent Peales

Es war Norman Vincent Peale, ein Freimaurer des 33. Grades, der die Jungfrauengeburt Christi »irgendeine theologische Idee« nannte und der der Integration von Theologie und Psychologie den Weg bahnte, die dann zur »christlichen« Psychologie wurde. Im Jahr 1937 »gründete Peale eine Klinik mit einer einzigen Psychiaterin in seiner Gemeinde, [die] auf mehr als nur einige Doktoren und Pastoren anwuchs«. Das wurde zur Inspiration für Tausende ähnlicher Kliniken heute.

Peales Hauptjünger Robert Schuller wurde zu einem bedeutenden Faktor dafür, dieser Sache und vielen anderen zerstörerischen Überzeugungen Peales unter den Evangelikalen Anerkennung zu verschaffen. In seinem Bericht auf dem Weltkongress für Psychiatrie im Jahr 1967 in Madrid vermittelte Schuller den Eindruck, Psychologie und Psychiatrie würden mit dem Christentum auf einer Linie liegen und er verbreitete diesen Irrglauben weiter in seinen vielen Büchern und in beliebten Fernsehpredigten. In seiner Sendung »Hour of Power« (»Stunde der Kraft«) vom 5. Oktober 1997 nahm Robert Schuller den Internationalen Viktor-Frankl-Logotherapiepreis entgegen. In der Logotherapie wird der Patient aufgefordert, eine existenzielle Bedeutung in seinem Leben auf der Erde zu erkennen (ohne jeden Bezug auf Himmel oder Hölle). Sie beinhaltet »spirituelle« Werte ohne jeden »religiösen Unterton« und gründet sich auf »das Gute, das Wahre und das Schöne« – aber nicht auf Gott.

Die Logotherapie ist humanistischen Ursprungs und antichristlich. Trotzdem sagte Schuller bei der Annahme des Preises, dass es »die größte Ehre« für ihn sei und »Viktor Frankl nach Jesus Christus sein zweitgrößter Lehrer war«.

Heute folgen die meisten evangelikalen Gemeinden dem Beispiel Peales, und Schullers »Hour of Power« erfreut sich unter allen Fernseh-Evangelisten jeden Sonntagmorgen der höchsten Einschaltquoten. Die Tatsache, dass Billy Graham sowohl Peale als auch Schuller seine uneingeschränkte Billigung erteilte, trug zweifellos zu ihrem wachsenden Einfluss bei. Auf die wenigen Gemeindeleiter, die dieser okkulten Invasion nach wie vor Widerstand leisten, blickt man von oben herab, als lebten sie hinterm Mond. In ihrem Buch The Integration of Psychology and Theology (»Die Integration von Psychologie und Theologie«) schreiben die christlichen Psychologen John D. Carter und Bruce Narramore:

»Der typische konservative Pastor steht 20 bis 30 Jahre hinter seinen liberalen Kollegen zurück, was das Wissen um den Beitrag anbelangt, den die Psychologie zum Verständnis der Persönlichkeit geleistet hat.«

Peale war schlimmer als liberal. Er gab offen zu, dass viele seiner Gedanken von zwei führenden Okkultisten stammten, vom Gründer der »Religious Science« Ernest Holmes und dem Mitbegründer der Unity-Sekte Charles Fillmore. Zwei Pastoren (einer von ihnen war ein früherer Schützling Peales) haben jüngst eine weitere okkulte Quelle von einigen Lehren Peales aufgedeckt: Florence Scovel Shinn. Nachdem sie Shinns Bücher mit Peales verglichen hatten, stellten sie fest, dass Peales Schriften massenhaft spezielle Fälle zitieren, in denen Peale und Shinn nicht nur übereinstimmen, sondern auch ähnliche oder identische Formulierungen benutzen … Shinn, die 1940 starb, bediente sich mystischer Quellen, die auf den antiken ägyptischen Philosophen Hermes Trismegistus zurückgehen sowie auf die Geheimnisse der Freimaurer, wie sie im Kybalion dargestellt sind. Peale schreibt, dass er die Lehren von Shinn »seit langem benutzt hat«.

 

Der unmögliche Beruf

Der christliche Psychologe James Dobson schreibt: »Die christliche Psychologie ist für einen jungen Gläubigen ein achtbares Berufsfeld, vorausgesetzt, sein Glaube ist stark genug, um den humanistischen Konzepten zu widerstehen, denen er ausgesetzt sein wird.« Warum muss man sich humanistischen Konzepten aussetzen, um christliche Psychologie zu erlernen? Psychologie wurde von Humanisten erfunden und kann nicht vom Humanismus getrennt werden, auf den sie sich gründet.

In einem Interview in einer US-Radiosendung stimmte Dobson mit dem führenden christlichen Psychologen Gary Collins überein, dass Psychologie auf den gleichen fünf Prinzipien basiert wie Humanismus. Anschließend sagten beide, dass Psychologie (Humanismus) natürlich in den christlichen Glauben integrierbar sei. – Man muss fragen, wozu eine solch gottlose Partnerschaft gut sein soll!

In einem seiner Bücher schreibt Gary Collins: »Es ist noch zu früh für eine sichere Antwort, ob Psychologie und christlicher Glaube miteinander integrierbar sind.« Da seinem eigenen Eingeständnis zufolge diese Integration noch nicht stattgefunden hat, war der Begriff christliche Psychologie von Anfang an eine falsche Darstellung, die der Christenheit aufgezwängt wurde! Leider wächst der Einfluss der »christlichen Psychologie« weiter. Ein Reporter machte bei einem Besuch in einem christlichen Buchladen folgende Feststellung:

»In der Rubrik »Leben als Christ« herrschten einst Bücher mit den Themen Gebet und Bibelstudium vor. Heute kann man Ratgeber für Themen finden wie »Das Überwinden von Abhängigkeiten«, »Wie man seine Sorgen los wird«, »Stressbewältigung« und »Leben ohne Schuldgefühl«.

Wieder fragen wir: Warum versucht man Theologie und Humanismus zu verheiraten? Kann die Weisheit der Welt den christlichen Glauben bereichern? Ist der christliche Glaube fehlerhaft? Und ist die Psychologie, die von antichristlichen Köpfen erfunden wurde, das, was dem Christentum fehlt? Ist die Christenheit 1900 Jahre lang zu kurz gekommen? Die ganze Idee der christlichen Psychologie ist sowohl unlogisch als auch unbiblisch.

Ja, Christen können und haben auf manchen Gebieten einen Nutzen von der Weisheit dieser Welt – Physik, Chemie, Medizin und andere säkulare Bereiche sind Beispiele dafür – weshalb nicht auch von der Psychologie? Hierfür gibt es eine ganze Anzahl von Gründen. Allem voran wäre es lächerlich, von christlicher Physik oder christlicher Chemie zu sprechen, da diese Sparten nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben. Aber die Psychologie beansprucht – anderes als andere Disziplinen –, sich gerade mit den Themen zu befassen, von denen die Bibel handelt: die Seele und die spirituelle Seite des Menschen. Dieser Anspruch ist nur rechtmäßig, wenn die Bibel nicht hinreichend ist.

 

Wo sollten wir Hilfe für unsere Seele suchen?

Aber benötigen wir nicht alle Seelsorge? Allerdings. Die Frage ist: Welche Art von Seelsorge und von wem? Würde jemand den Ratschlag eines Automechanikers einholen, wenn er Herzbeschwerden hat? Oder sich bei einem Mann, der wiederholt bankrott gegangen ist, über Geldanlagen informieren? Oder sich den Weg in den Himmel von einem Menschen zeigen lassen, der ihn selbst nicht kennt und eigentlich damit rechnet, in der Hölle zu enden? Man sollte Rat und Hilfe doch beim höchstqualifizierten Experten zum jeweiligen Sachgebiet suchen.

Der Mensch hat sich weder selbst erschaffen, noch kann er sich selbst begreifen. Er weiß nicht einmal, was Leben ist. Wie kann er dann die inneren Vorgänge in seiner Seele und seinem Geist, seinem Verstand und seinen Gefühlen verstehen? Die Psychologie ist die Lehre von der Seele (Psyche). Doch Jung gestand, dass »niemand weiß, was die ›Psyche‹ ist«. Nur ein Narr würde dann Jungs psychologische Theorien übernehmen – und dennoch werden sie von Hunderten (wenn nicht gar Tausenden) christlichen Psychologen befolgt.

Psychologie ist der vergebliche Versuch des Menschen, sich selbst zu verstehen und sein Verhalten entsprechend zu regulieren. Die christliche Psychologie hat die Weisheit der Welt, die aus Gottes Sicht Torheit ist (1Kor 1,20), in die Christenheit eingeführt. Sie wird als Ergänzung zur Bibel angeboten.

Benötigt die Bibel eine solche Unterstützung und würde die Gemeinschaft mit dem Humanismus die biblische Theologie aufbessern? Wenn das stimmt, dann haben wir eine unzureichende Bibel. Natürlich ist die Bibel auf Gebieten wie der Raumfahrttechnik, bei Reparaturen von Maschinen, Nierentransplantationen und anderen Dingen unangemessen. Die Bibel wurde nicht zu diesen Zwecken geschrieben. Es wäre töricht, sich »nur an die Bibel zu halten«, wenn man ein hohes Bürogebäude errichten will. Aber wenn es um die Dinge geht, die in der Bibel behandelt werden, ist sie die höchste Autorität. Wir brauchen nichts anderes.

Die Bibel ist Gottes Wort und unfehlbar. Deshalb ist es äußerst sinnvoll, sich bei den Themen, in denen sie uns belehrt, »ausschließlich an die Bibel zu halten«. Die Bibel hat mit den Dingen zu tun, die »zum Leben und zur Gottseligkeit« gehören und sie sagt, dass sie uns alles, was wir dafür benötigen, in Christus gegeben hat (2Petr 1,3-4). Das Geheimnis des christlichen Lebens ist: »Christus in euch« (Kol 1,27). Zweifellos benötigt Christus, der »euer Leben« (Kol 3,4) ist, keine Psychotherapie. Wir müssen ihm nur gehorchen und ihm vertrauen, damit er sein Leben durch uns lebt. Dazu erteilt die Bibel uns die vollständige Unterweisung.

Gott sagt uns: »Trügerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Ich, der HERR, bin es, der das Herz erforscht …« (Jer 17,9-10). Der weise Mensch spricht wie David:

»Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg!« (Ps. 139, 23-24)

Was könnte besser sein, als dass Gott unser Leben und unsere Motive erforscht und uns leitet? Einer der Namen unseres Herrn Jesus Christus ist »Ratgeber« – »Seelsorger« (Jes 9,6). Können wir uns einen besseren Ratgeber wünschen als den, der uns durch sein Wort und durch seinen Heiligen Geist berät? Was für eine Beleidigung muss es für unseren himmlischen Ratgeber sein, wenn wir woanders nach zusätzlicher Hilfe suchen!

Die christliche Psychologie erhebt den Anspruch, ergänzende Sachkenntnis zu bieten, an welcher es der Bibel mangelt. Dieser Anspruch widerspricht den klaren Aussagen der Bibel. Die wahren Christen widerstanden der römischen Arena und der Inquisition ohne eine christliche Psychologie. Durch das Blut ihrer Märtyrer prägten sie den Siegesstempel eines christlichen Lebens auf die Seiten der Geschichtsschreibung, lange bevor Freud und seine »christlichen« Nachfolger die Weltbühne betraten.

 

Reicht die Bibel aus?

Die Bibel beansprucht, allen unseren geistlichen, emotionalen und praktischen Bedürfnissen zu genügen. Gott lügt nicht (4Mo 23,19). Waren die von Gott inspirierten Autoren der Bibel durch ihr eigenes Wissen begrenzt und ermangelten deshalb eines tieferen Verständnisses des Menschen, was später durch Freud, Jung, Maslow usw. ausgeglichen wurde? Blasphemie!

Psychotherapie besteht aus Hunderten widersprüchlicher und unbewiesener Theorien, deshalb braucht sich niemand zu sorgen, sich womöglich ihre vorgetäuschte Weisheit entgehen zu lassen. Die Tatsache, dass die Zeiten und Kulturen, in denen die Bibel geschrieben wurde, nicht den geringsten Einfluss auf sie hatten, ist darüber hinaus einer der größten Beweise dafür, dass die Bibel Gottes Wort ist. Die Bibel ist nicht durch die Weisheit oder das Wissen derer begrenzt, die sie unter Inspiration schrieben, sondern sie ist das Wort Gottes und somit vollkommen.

Paulus sagt, dass der Mensch Gottes allein durch die Schrift »vollkommen [reif, vollständig] sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt« (2.Tim. 3,17. Ein Mensch, der Gottes Maßstäben entsprechen und völlig nach dem Willen Gottes leben möchte, findet jeden nötigen Rat in der Bibel. Die christliche Psychologie sagt im Endeffekt, dass Paulus falsch lag und die Bibel unzureichend sei. Der klinische Psychologe Bernie Zil¬bergeld schreibt:

»Deren Vorfahren einst Trost in Gottes Wort suchten und am Altar Christi bzw. Jahwes anbeteten, beten nun die Theorien von Freud, Jung, Carl Rogers und einer Schar ähnlicher Autoritäten an und suchen Trost an deren Altären.«

Eine simple Logik allein macht uns klar: Wenn christliche Psychologie irgendetwas von Wert zu bieten hat, ist der biblische Anspruch der Hinlänglichkeit falsch, dann irrte die Christenheit mit ihrem alleinigen Ver¬trauen auf die Bibel und hat es somit in den letzten 1900 Jahren versäumt, die geistlichen und emotionalen Bedürfnisse der Christen zu stillen. Die christliche Psychologie behauptet, dass es der Bibel an Einsicht fehlt, die in jüngerer Zeit durch atheistische Humanisten uns zur Hilfe erbracht wurde.

Die Bibel wurde zu Recht als »Gebrauchsanweisung des Herstellers« bezeichnet. Gott, unser Schöpfer (Ps 95,6; Spr 22,2; Jes 17,7; 45,12; 51,13; Hebr 11,10 u.a.), beabsichtigte für seine Geschöpfe, dass sie diese »Ge¬brauchsanweisung« kontinuierlich im Vertrauen zu Rate ziehen und mit Folgsamkeit darauf reagieren. Mit Sicherheit enthält die Bedienungsan¬leitung unseres Schöpfers jede Anweisung, die notwendig ist für ein hei¬liges (3Mo 11,44.45; 19,2; 1Thes 2,10; 1Petr 1,16), glückliches (Hi 5,17; Ps 128,1; 144,15; 146,5; Spr 3,13.18; 14,21; 16,20; 28,14; 29,18; Joh 13,17; 1Petr 3,14; 4,14) und fruchtbringendes (1Mo 1,28; Joh 15,4.8; Kol 1,10) Leben Seiner Geschöpfe. Mit ebensolcher Sicherheit hat Gott kein einzi¬ges mögliches Problem oder irgendeine Störung übersehen, mit denen wir konfrontiert werden können, noch hat er versäumt, vollständige Anweisungen und ein geeignetes Heilmittel bereitzustellen.

Angenommen, die Nachkommen Adams sind zornig, frustriert, ängstlich, besorgt, unsicher oder einsam. Angenommen, sie kommen sich falsch behandelt vor, missbraucht oder unnütz und sehen nicht den Sinn und Zweck ihres Lebens. Um Rat und Hilfe zu bekommen, sollten sie sich an ihren Schöpfer wenden, der sie zu seinem eigenen Zweck geschaffen hat und sie bis ins Detail kennt. Sie sollten Rat im Handbuch des Herstellers suchen, in dem der Schöpfer ihnen Anweisungen zu vollkommenen Vorgehensweisen bietet. Sie sollten sich zu Christus wenden, der von der Strafe und Macht der Sünde errettet, der in dem Gläubigen wohnt und ihn stärkt. So wendeten sich die Heiligen und Märtyrer der Kirchengeschichte an ihn und hatten in ihm stets volles Genüge. Wie David sagte: »An dem Tag, da ich mich fürchte – ich, ich vertraue auf dich« (Ps 56,4). Was brauchen wir mehr? Wenn außerdem wahre Christen von der Liebe Jesu erfüllt sind, werden sie sich – wie der barmherzige Samariter (Lk 10,33-35) – der Verletzten und Verwundeten voller Mitgefühl und Aufopferung an¬nehmen. In seiner Vorsehung stellt Gott Gläubige mit Hirtenherzen be¬reit, die die Kranken pflegen und die Schwachen stärken (Apg 20,28.35; 1Thes 5,14 u.a.).

 

Was haben Christen vor Aufkommen der Psychologie getan?

Bis vor nicht allzu langer Zeit schauten die Christen zur Erfüllung ihrer geistlichen und emotionalen Bedürfnisse allein auf Gott – und trugen einen glorreichen Sieg davon! Lesen Sie noch einmal Hebräer 11. Achten Sie auf die Leiden und den Triumph. Keiner dieser Glaubenshelden hatte Zugang zu (oder fühlte das geringste Bedürfnis nach) Steve Arterburns Kliniken »New Life« oder zu irgendeinem anderen Programm christlicher Psychologie.

Der leidende Hiob hielt ohne Therapie des »RaphaCare-Programms« oder eines der 17.000 Mitglieder der Amerikanischen Gesellschaft der Christlichen Seelsorger durch. Wenn Hiob eine solche psychologische Betreuung nicht benötigte, dann brauchen diejenigen, die heute wesentlich geringeres Leid tragen, diese neu erfundene Hilfe sicherlich ebenso wenig! Von Hiob lernen wir, dass Erprobungen zu unserem Besten ertragen werden müssen, um uns zu formen und zur Reife zu bringen; und dass Gott selbst mit uns ist und dies alles ist, was wir zum Durchhalten brauchen.

Oder denken wir an Josef. Er wurde von seinen Eltern missverstanden und kritisiert und von seinen Brüdern, die ihn töten wollten, gehasst und schließlich nach Ägypten verkauft. Dort stand er unter falscher Anklage und wurde zu Unrecht inhaftiert, um als Verbrecher zu verschmachten. Wie konnte er emotional überleben, da er ohne Hilfe christlicher Psychologie oder Seelentherapeuten auskommen musste, die heute von so vie¬len als unverzichtbar angesehen werden? Eine törichte Frage!

Bedenken wir, was Paulus durchstand: »In Mühen umso mehr, in Ge¬fängnissen umso mehr, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahren oft. Von den Juden habe ich fünfmal vierzig Schläge weniger einen bekommen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten; einen Tag und eine Nacht habe ich in Seenot zugebracht; oft auf Reisen, in Gefahren von Flüssen, in Gefahren von Räubern, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Nationen, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Mühe und Beschwerde, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße, außer dem Übrigen noch das, was täglich auf mich eindringt: die Sorge um alle Gemeinden« (2.Kor. 11,23-28).

Paulus bezeugt: »Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat« (Röm 8,37). Trotz der schweren Leiden und Widrigkeiten, die er ertrug, konnte Paulus frohlocken: »Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus …« (2.Kor. 2,14). Er konnte aus dem Gefängnis schreiben, um andere zu ermutigen: »Mein Gott aber wird alles, wessen ihr bedürft, erfüllen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus« (Phil. 4,19).

Tragischerweise wird die Bibel von vielen Christen nicht befolgt. Charismatiker suchen meist nach Erfahrungen anstatt nach der gesunden biblischen Lehre. Evangelikale suchen den oberflächlichen Ausweg mittels Therapie, um den Schwierigkeiten zu entkommen, die sie formen und stärken sollen (1.Petr. 1,7). Die Psychotherapie wird der biblischen Seelsorge, die Demut und Reue bewirkt, vorgezogen. Die Bobgans stellen heraus:

Bevor die psychologische Irrlehre sich in der Gemeinde einnistete, lehrten die Prediger die Leute, dass Gottes Gnade in Notzeiten und Versuchungen kraftvoll und hinlänglich ist. Aber heute scheinen viele an¬zunehmen, dass die Menschen »verletzt« sind und folglich eine besondere Art von psychologischer Weisheit und Hilfe benötigen.

Sie bieten eine geistlose Lösung der neuesten psychologischen Trends an, die die Herde garantiert schwächen, anstatt vielmehr die Kraft des Evangeliums zur Errettung und Heiligung zu predigen.

Wir leben in einer »Ja, aber«-Generation. Ist die Bibel nicht Gottes unfehlbares Wort? Ja, aber … bei mir funktioniert es nicht. Haben wir nicht den Heiligen Geist? Ja, aber … Ist Christus nicht gekommen, um in unse¬ren Herzen zu wohnen und wird Er uns nicht leiten und kräftigen? Ja, aber … War es bei den leidenden und gequälten Christen der ersten 19 Jahrhunderte der Kirche nicht so, dass das Wort Gottes, der Trost und die Führung des Heiligen Geistes und der in uns wohnende Christus nicht ausreichte? Ja, aber … die Welt heute ist komplizierter und wir brauchen zusätzliche Hilfe. Die Helden und Heldinnen des Glaubens, die in Hebrä¬er 11 Erwähnung finden, triumphierten inmitten heftigster Verfolgung ohne Psychologie. Ja, aber … du verstehst meine Situation nicht … meine Kinder, mein Ehemann, meine Ehefrau, mein Vorgesetzter … meine Kind¬heit, meine Einsamkeit …

 

Okkultismus und Selbst-Sucht

Wenn wir den Blick nach innen richten, dann sehen wir, dass Freuds und Jungs Wahn des Unbewussten eine Vielfalt von Selbstismus hervorbrach¬te, der nicht nur die Welt, sondern auch die Christenheit ergriffen hat: Selbstliebe, Selbstannahme, Selbstbestätigung, Selbstwert, Selbstvertrau¬en, Selbstachtung. Die Selbst-Sucht gehört zum Kern des Okkulten. Das Ich ist das Heiligtum des menschlichen Potenzials. Es ist das Ich und der Hochmut, die nach übersinnlicher Kraft suchen. Jesus sagte, dass ein Christ sich selbst verleugnen muss (Mk 8,34) und Paulus verurteilte jegli¬ches Vertrauen in sich selbst (Phil 3,3-7). Im Gegensatz dazu erhebt Ro¬bert Schuller das Ich:

»Die Selbstliebe ist ein krönendes Gefühl des Selbstwertes, ein erhe¬bendes Gefühl von Selbstachtung … ein unvergänglicher Glaube an sich selbst. Sie ist die ehrliche Überzeugung von sich selbst.  Sie entsteht durch Selbstentdeckung, Selbstdisziplin, Selbstverge¬bung und Selbstannahme und sie bringt Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und eine innere Sicherheit hervor, die ruhig wie die Nacht ist.«

Vor 40 Jahren noch wurde Egozentrik als ein hässlicher menschlicher Ma¬kel angesehen. Heute ist das Ich das Zentrum der meisten Psychotherapien – der Gott, vor dessen Altar man sich beugt, um Gunst zu erbitten. Der Gründer von Rapha, Robert McGee, legt nahe, dass Jesu Aussage »die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,32), »die Anwendung der Wahrheit in Bezug auf … unser Selbstwertgefühl« mit einschließt. Er schreibt:

»Das Gefühl, etwas zu bedeuten, ist für die emotionale, geistige und soziale Stabilität des Menschen entscheidend, ob wir es nun »Selbst¬achtung« oder »Selbstwert« nennen. Es ist das antreibende Element im menschlichen Geist.«

Welch eine Schuld ist das Selbst der Psychologie schuldig! Anstatt es zu verleugnen, wird das Ich nun geliebt, geachtet und gefördert. Radio, Fern¬sehen, Bücher, Magazine, Predigten und Seminare erzählen uns immer wieder, dass die Entwicklung von Selbstliebe, Selbstachtung, Selbstwert und eines positiven Selbstbilds das ist, was die Christenheit am allernö¬tigsten habe. James Dobson schreibt:

»In gewisser Hinsicht hängt die Gesundheit einer ganzen Gesellschaft wirklich davon ab, wie leicht die Einzelnen ihre persönliche Annahme erreichen können. Wenn also die Schlüssel zur Selbstachtung für einen Großteil der Bevölkerung außer Reichweite sind, wie im Amerika der 20er Jahre, dann werden mit Sicherheit weit verbreitete »psychische Krankhei¬ten«, Neurosen, Hass, Alkoholismus, Drogenmissbrauch, Gewalt und soziale Störungen auftreten …«.

Im Garten Eden war es, wo das Ich einst seine schreckliche Geburt erleb¬te, weil auf Satan gehört wurde. Das Selbst wurde geboren durch den Wunsch, so zu sein wie Gott. Und die Vermarktung des Selbst innerhalb der Christenheit ist ein Teil der okkulten Invasion.

 

Ein offener Widerspruch zur Schrift

Eine Welle des Selbstwert-Wahns hat die Christenheit überschwemmt. Jerry Falwells Liberty-Universität fördert Selbstwertgefühl. Robert Schuller bezeichnet das Selbstwertgefühl als »das einzig wichtige Bedürfnis, dem sich die Menschheit heute gegenüber sieht«. Schuller bezeichnet diese Psycho-Lüge als Basis für eine »neue Reformation« und schreibt:

»Wie die Reformation des 16. Jahrhunderts unseren Blick wieder auf die Heilige Schrift als einzig unfehlbare Richtschnur für Glauben und Leben lenkte, richtet die neue Reformation unser Augenmerk wieder auf das heilige Recht jedes Einzelnen auf ein Selbstwertgefühl.«

Solch eine zerstörerische Torheit bringt die Psychologie mit sich, die zu¬dem der Bibel widerspricht. Wir werden dazu ermahnt »… dass in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst« (Phil 2,3). Römer 12,3 warnt uns, »nicht höher von sich zu denken, als zu denken sich ge¬bührt«. An keiner Stelle warnt uns die Bibel vor schlechten Gedanken über uns selbst. Der Psychiater Samuel Yochelson und der klinische Psy¬chologe Stanton Samenow haben sechseinhalb Jahre lang Hunderte von Gewohnheitsverbrechern untersucht und konnten nicht einen finden, der keine hohe Meinung von sich selbst hatte – sogar beim Schmieden einer Straftat.

Kein Wunder, dass die Bibel uns häufig daran erinnert, dass wir durch und durch für Gott unbrauchbare Sünder sind. Doch die christliche Psy¬chologie zielt darauf ab, uns aus solchem »Negativismus« heraus zu hel¬fen. Wir sollen immer »positiv« sein.

 

Die Wahrheit über das Ich

Als Christus sagte: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!«, meinte Er nicht (worauf christliche Psychologen aber bestehen), dass wir Therapien oder Seminare benötigen, die uns beibringen, uns selbst zu lieben. Wäre das der Fall, würde Er gesagt haben: »Liebe deinen Nächs¬ten so unzureichend, wie du dich selbst liebst«, was allerdings keinen Sinn ergibt. Christen haben immer geglaubt (bis die Psychologie kam), dass Christus unsere natürliche Besessenheit von uns selbst korrigieren wür¬de. Er sagte: »Gib deinem Nächsten von der Liebe, Aufmerksamkeit und Fürsorge, die du dir selbst zukommen lässt!« Und wir haben diese Er¬mahnung nötig!

Die heutige neue Interpretation wurde der Christenheit durch einen gottlosen Psychologen namens Erich Fromm vermittelt, der »den Glauben an Gott eine kindische Illusion« nannte. Er behauptete, dass Chris¬tus mit der Aussage »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« meinte, dass wir uns selbst lieben lernen müssen, bevor wir unseren Nächsten oder Gott lieben können. Diese falsche Sicht wurde von Robert Schul¬ler durch sein Buch Self-Love, the Dynamic Force of Success (»Selbstliebe, die dynamische Kraft des Erfolgs«) verbreitet. Von dort aus machte sich diese Lüge in der ganzen Christenheit breit. Die neue Männerbewegung Promise-Keepers hat die Lügen der christlichen Psychologie unverhoh¬len weiterverbreitet. Ein Mitteilungsblatt der Promise-Keepers schrieb:

»Viele allein stehende christliche Männer haben den Kampf ausgetra¬gen, Selbstwertgefühl, Selbstachtung und Selbstliebe aufzubauen … Es ist unmöglich, eine gesunde Beziehung zu anderen zu haben, wenn man ein gestörtes Verhältnis zu sich selbst hat. Jesus erkannte das, als er uns herausforderte, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben (Mk 12,31).«

Ja, einige Leute sagen: »Ich hasse mich selbst!« Wie können wir diese Behauptung mit dem Bibelzitat »Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst« (Eph 5,29) vereinbaren? Was dieser Mensch eigentlich hasst, ist vielleicht seine Erscheinung, Kleidung, Arbeit, das Gehalt, die Art und Weise, wie andere Menschen auf ihn niederblicken usw. Aber er hasst nicht sich selbst. Wenn er dies täte, dann wäre er froh, dass er un¬scheinbar ist, schlechte Kleidung und ein geringes Einkommen hat und von anderen geschmäht wird. Da er sich über diese Dinge beklagt, verdeutlicht das nur, dass er sich selbst liebt – genau wie die Bibel sagt.

Es lag gewiss nicht am »negativen Selbstbild«, das Luzifer den Ruin brachte, sondern an einem sehr »positiven«. Vor mehr als 200 Jahren drückte William Law aus, was Christen seit jeher verstanden hatten:

»Selbstliebe, Selbstachtung und Selbstsucht sind das Wesen und das Le¬ben des Hochmuts. Der Teufel, der Vater des Hochmuts, ist bei sol¬chen Leidenschaften niemals fern oder ohne Einfluss auf sie.«

Leider haben die Lügen der Psychologie nicht nur christliche Psycholo¬gen beeinflusst, sondern auch Gemeindeleiter und Autoren. Josh McDowell, der ansonsten viel Gutes geleistet hat (sein Buch Die Bibel im Test hat vielen Segen gebracht), widmete zwei Bücher dem Aufbau von Selbst¬achtung, Selbstbild und Selbstwert: Building Your Self-Image (»Aufbau Ihres Selbstbildes«) und Werden, wie Gott mich meint.

Biblische Beispiele, die die Lüge widerlegen

In Werden wie Gott mich meint führt Josh drei psychologische Grundsätze für eine in sich ausgewogene Persönlichkeit an:

1.) Ein Gefühl der Zugehörigkeit (Annahme durch andere);

2.) ein Gefühl der Ehrenhaftigkeit (Zufriedenheit mit sich selbst) und

3.) ein Gefühl der Kompetenz (Ver¬trauen in sich selbst).  –  In der Tat ist es aber so, dass den meisten Helden und Heldinnen in der Bibel, wenn nicht sogar allen, das mangelte, wovon Josh sagte, dass man es bräuchte.

Zum Beispiel wurde Mose von seinem eigenen Volk abgelehnt und sah sich selbst als wertlos und unfähig an (2. Mose 3,11; 4,10-13). Wenn es je einen Mann mit einem miserablen Selbstbild und geringer Selbsteinschät¬zung gab, dann war es Mose. Aber Gott sagte zu ihm: »Ich werde mit dir sein!«, anstatt ihm eine mehrmonatige christliche Psychotherapie zum Aufbau seines Selbstbildes zu verschreiben. Tatsächlich erwählte Gott Mose, weil er sich selbst nicht hoch einschätzte. Gott wählte den sanftmü¬tigsten Mann auf Erden (4.Mose 12,3), um dem mächtigsten Herrscher gegenüberzutreten und Seine Leute aus dem Griff des Tyrannen zu befrei¬en, damit allein Gott die Ehre bekommen würde.

Schauen wir Paulus an. Von den Juden gehasst und von den meisten Christen allein gelassen (»… stand mir niemand bei, sondern alle verlie¬ßen mich …« – 2Tim 4,16; »… dass alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben …« – 2Tim 1,15), betrachtete er sich als den größten aller Sünder (1Tim 1,15) und als den »allergeringsten von allen Heiligen« (Eph 3,8). Statt das Selbstbild und die Selbstachtung von Paulus aufzubauen, erklärte Christus, dass seine Kraft in Paulus’ Schwachheit vollkommen war (2Kor 12,9). Versuchen Sie die beiden Aussagen von Paulus, »wenn ich schwach bin, dann bin ich stark« (Vers 10) und »ich weiß, dass in mir … nichts Gutes wohnt« (Röm 7,18) mit den drei psycho¬logischen Grundsätzen in Einklang zu bringen!

 

Der Schwarze Peter der Selbstliebe

Die christliche Psychologie hat die Lüge gefördert, Gott würde uns lie¬ben, weil Er etwas Wertvolles in uns sieht, und dass sogar der Tod Christi beweist, welch unendlichen Wert wir für Gott haben. Bruce Narramore jubelt: »Was für eine Grundlage für Selbstachtung …! Welch ein Gefühl von Wert und Bedeutung dies vermittelt! Der Sohn Gottes misst uns sol¬chen Wert bei, dass Er Sein Leben für uns gab.«  –  Wie egozentrisch! Der Preis, den er bezahlte, war so hoch wegen unserer Sünde und den Forde¬rungen seiner Gerechtigkeit. Auch basiert Liebe nicht auf Wert. Spurge¬on drückte es richtig aus:

»Jesus starb nicht für unsere Rechtschaffenheit, sondern für unsere Sün¬den. Er ist nicht gekommen, weil wir es wert waren, dass man uns ret¬tet, sondern weil wir völlig wertlos, ruiniert und verdorben waren.  Er ist nicht auf die Erde gekommen, weil es irgendeinen Grund dafür in uns selbst gab, sondern einzig und allein … aus Gründen, die in den Tiefen Seiner eigenen göttlichen Liebe zu finden sind. Zu gege¬bener Zeit starb Er für jene, die Er als gottlos und hoffnungslos beschreibt.«

Christliche Psychologen haben sich den Schwarzen Peter der Selbstliebe eingehandelt. Selbst die Jugend hat die Nase von der Heuchelei voll. Ein Schüler sagte: »Man fühlt sich schlechter, wenn man für alles gelobt wird. Du fragst dich: Wenn sowieso alles gelobt wird, was ist es dann überhaupt noch wert, getan zu werden?« Ein Reporter der Washington Post schrieb:

 »Kennen Sie jene Selbstwert-Verfechter … die predigen, man solle Kin¬dern immer wieder sagen, wie wunderbar sie sind? Eine ihrer Übun¬gen lautet: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, dass sie vollkommen sind. Schreiben Sie fünf Dinge auf, die Sie zu etwas Be¬sonderem machen, heißt eine weitere.

Stärken Sie die Selbstachtung eines Kindes und Sie werden sehen, wie sich seine Leistung steigert, sagen die Selbstwert-Befürworter. Lehren Sie die Jugend sich selbst zu achten, und sie wird nicht so leicht versucht sein, Drogen zu nehmen und Babys zu bekommen. »Selbst¬achtung kann Leben retten« … [und] Wissenschaftler haben mehr als 200 Messungen und über 10.000 Studien entworfen, um das zu bewei¬sen. Die Ergebnisse konnten es jedoch nicht bestätigen …

Doch neue Stimmen erheben sich und sagen, das Lehren von Selbst¬achtung sei Zeit- und Geldverschwendung, eine gefährliche Ablen¬kung von wirklich wichtigen Aufgaben wie Vermittlung von Wissen, Fertigkeiten und Charakterbildung.«

»Willkommen in Kalifornien, dem Staat der Selbstachtung.« So lautete der Titel eines absurden Berichtes einer kalifornischen Selbstwert-Initiative aus dem Jahr 1990. In diesem Bericht wurde behauptet, dass »der Mangel an Selbstachtung von zentraler Bedeutung für persönliche und soziale Krankheiten ist, die unsere Nation plagen«. Nach etlichen Jahren Forschung scheiterte die kalifornische Initiative jedoch, weil sie keine faktischen Belege für ihre Behauptungen aufzeigen konnte. Die Star Tribune aus Minneapolis belegte, dass es bei Sexualverbrechern, denen vom Staat eine psychologische Behandlung verabreicht wurde (die zum Großteil im Aufbau von Selbstwertgefühl besteht), »wahrscheinlicher ist, dass weitere Sexualdelikte folgen, als bei denen, die diese Behandlung nicht erhielten«.

Der Psychologie-Professor Roy Baumeister, der sich jahr¬zehntelang diesem Thema widmete, sagt: »Die Behauptungen der Selbstwert-Bewegung reichen von Phantasie bis zu purem Unsinn … Es ist alarmierend zu bedenken, was geschehen wird, wenn diese Generation von Schulkindern im Bewusstsein aufwächst, sie seien cle¬verer als der Rest der Welt. Amerika wird ein Land von eingebildeten Narren sein.«

Zahlreiche Studien säkularer Psychologen und Psychiater haben gezeigt: Je mehr Selbstachtung ein Mensch hat, desto wahrscheinlicher ist er un¬moralisch und gewalttätig und neigt dazu, die Rechte anderer zu miss¬achten. Der Selbstwert-Bewegung wird viel Schaden zur Last gelegt. Das Magazin Newsweek kündigte auf der Titelseite ihren Sonderbeitrag in fetter Schlagzeile an: »Der Fluch der Selbstachtung: Was ist falsch an der Fühl-dich-wohl-Bewegung?«

Der Sonderbericht eines Professors und Forschers in Tageszeitungen in den ganzen USA trug den Titel: »Eine Notiz an Kalifornien: Lasst die Selbstachtung los; Selbstbeherrschung ist am allerwichtigsten …« Auf jahrelanger Forschung basierend erklärt der Autor: »Wenn wir Selbstachtung streichen und durch Selbstbeherrschung ersetzen könnten, würden Kinder und die Gesellschaft im Allgemeinen besser dran sein.«

Dennoch hält gerade die irreführende und destruktive Selbstwert-Theorie die christliche Psychologie weiterhin am Leben. Die christlichen Führungspersonen, die den Selbstwert-Irrglauben gefördert haben, müssten sich bei der Christenheit entschuldigen und eifrigst erstreben, den Scha¬den gutzumachen, den sie über die Jahre verursacht haben.

Reuige Sünder werden mit himmlischer Freude erfüllt. Im Gegensatz zu Simon, dem Pharisäer mit hohem Selbstwertgefühl, der aber Jesus weder Wasser noch ein Handtuch anbot, wusch eine sündige Frau Jesu Füße mit ihren Tränen und trocknete sie mit ihren Haaren ab. Jesus be¬nutzte ihr Beispiel, um Simon zu zeigen, dass die Liebe, die im Himmel ewiglich erstrahlen wird, dem Erkennen unserer Unwürdigkeit ent¬springt – einem Erkennen, das Jesu Retterliebe preist (Lk 7,36-50). Je mehr wir unsere Schuld und unser Elend erkennen, desto größer wird unsere Dankbarkeit und Liebe dem Einen gegenüber sein, der sich so tief niederbeugte, um uns zu erretten.

 

Multiple Persönlichkeitsstörungen (MPD) in der Gemeinde

Einer der neuesten Irrglauben der Welt, der in die Christenheit eingedrungen ist, heißt multiple Persönlichkeitsstörung (MPD), eine aktuelle »Entdeckung«. Der christliche Psychologe James G. Friesen, der auf diesem aufstrebenden Gebiet führend ist, schreibt: »MPD tritt viel häufiger auf als erwartet. Die Anzahl der MPD-Therapeuten liegt weit hinter dem Bedarf zurück.«

Friesen sagt uns leichthin, das Geheimnis im Umgang mit MPD (von dem die Bibel nichts sagt) sei die »verblüffende« Notwendigkeit des »Aufdeckens … verborgener Erinnerungen«. Er nimmt an, dass diese angeblichen »Erinnerungen« in »Vergessenheit« geraten und »gewöhnlich unglaublich sind«:

»Es sind schreckliche, schmerzliche und sogar groteske Ereignisse, die niemand entdecken möchte. »Das ist mir nicht passiert!«, ist die übliche Antwort … Freunde und Familienangehörige teilen diese leugnende Haltung ebenfalls. Wir alle würden gerne glauben, dass diese Dinge nicht geschehen sind, aber vielleicht sind sie es.«

»Vielleicht« sind sie geschehen? Für den gesunden Menschenverstand wären Erinnerungen unglaubwürdig, die nicht existierten, bis eine Therapie sie »aufgedeckt« hat. Zumal sie dem Patienten unwirklich erschei¬nen und Ereignisse beinhalten, die die Familie und Freunde beharrlich abstreiten! Friesen fährt fort: »Eine Unterscheidung zwischen [multiplen] Persönlichkeiten und Dämonen ist äußerst wichtig.« Man fragt sich, wes¬halb Jesus (ebenso wie Paulus) dieses Verfahren bei der Austreibung von vielen Dämonen niemals anwandte.

Friesen besteht darauf, dass Dämonen »nicht ausgetrieben werden können, bis diese verborgenen Erinnerungen aufgedeckt sind«. Doch Jesus hat sich nie dem Aufdecken von Erinnerungen gewidmet, ebenso wenig tat Paulus dies bei der Austreibung von Dämonen. Friesen fügt hinzu, dass Exorzismus »von Personen ausgeführt werden muss, die so¬wohl Erfahrung auf christlichem wie auf psychologischem Gebiet haben«. Doch Christus und Seine Apostel waren bei der Dämonenaustreibung sehr erfolgreich, und das 1900 Jahre bevor die Psychologie in die Chris¬tenheit einfiel! Wenn die christliche Psychologie wahr ist, ist die Bibel falsch!

Einige christliche Psychologen bemühen sich, jede einzelne Persönlichkeit des »multiplen« Menschen für Christus zu gewinnen. Friesen schlägt vor, dass der Therapeut »dem Patienten beibringt, sein Leben aus den starken [multiplen] Ichs zu leben, um die Arbeit mit den verletzten Ichs für die Therapie aufzusparen … Bringen Sie jedes Ich dazu, für das gemeinsame Wohl zu arbeiten … wobei die erwachsenen Ichs die meiste Zeit in der Verantwortung stehen und die kindlichen Ichs in Sicherheit vor dem Stress eines Erwachsenenlebens bewahrt werden.« Das klingt eher wie die Leitung einer Anstalt durch ihre Insassen als wie ein Heilverfahren! Man fragt sich, warum diese lebenswichtigen Anweisungen im »Handbuch des Herstellers« fehlen und weshalb Paulus sagte: »… wie ich nichts zurückgehalten habe von dem, was nützlich ist … denn ich habe nicht zurückgehalten, euch den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündi¬gen« (Apg 20,20.27), wenn er die erforderliche Hilfe für MPDs ausgelassen hat! Entweder lag Paulus falsch oder die christliche Psychologie ist ein Schwindel.

 

Eine Vielfalt des Okkultismus

Wir haben uns in einem der vorigen Kapitel ein wenig mit Hypnose be¬fasst. Seit Jahrtausenden gehört sie zum Handwerkszeug der Medizin¬männer. Michael Harner führt sie als Hauptelement des Schamanismus an, das in der westlichen Gesellschaft wieder auflebte. Erstaunlicherwei¬se benutzen Hunderte christlicher Psychologen Hypnose.

Eine gleichermaßen tödliche Form des Schamanismus ist Visualisie¬rung, nunmehr Teil der okkulten Invasion durch die »christliche« Psy¬chologie. Tatsächlich ist Visualisierung als die wirksamste Okkulttechnik bekannt und wird von den meisten Schamanen als Methode zur Kontakt¬aufnahme mit Geistführern benutzt. Will Baron lernte es in der New-Age-Sekte, der er angehörte:

»Wir haben uns schließlich vorgestellt, wir säßen unter einem Baum in einem Garten, der als der Garten der Seele bezeichnet wurde. Diese Techniken dienten dazu, Geist, Körper und Gefühle ins Gleichgewicht zu bringen und uns dem höheren Ich zu öffnen, um in Kommunikati¬on mit den Meistern zu treten.

Nach ungefähr fünf Minuten stiller Meditation sprach Muriel wie¬der. Wir bitten um die Gegenwart und die Energie unseres geliebten Meisters Djwhal Khul … Gebraucht nicht euren Verstand … Hört auf die Stimme Gottes.  Nach einer Zeit des Schweigens sprach Muriel wieder: Wir wer¬den der Reihe nach um den Lichtkreis herumgehen und Meister Jesus channeln.«

Zu Wills Verwunderung erhielten die Mitglieder der Gruppe Übermitt¬lungen von »Jesus«. Natürlich war es nicht der Jesus der Bibel. Ein Geist¬wesen gab sich als Jesus aus und erschien jenen, die ihn visualisierten, ob sie nun Christen oder New-Age-Anhänger waren.

In der Visualisierung konvergieren fernöstlicher Mystizismus und Scha¬manismus im Zentrum der okkulten Welt. Das ist der Kern allen Mysti¬zismus, ob er nun von Yogis oder von römisch-katholischen »Heiligen« praktiziert wird. Es ist das Herzstück der spirituellen Übungen des Igna¬tius von Loyola, dem Gründer der Jesuiten. Trotzdem wird sie von Hun¬derten christlicher Psychologen und sogar führenden Evangelikalen an¬gewendet. Wir haben das bereits an früherer Stelle angesprochen und werden uns im nächsten Kapitel tiefer damit befassen.

Richard Foster befürwortet die Visualisierung von »Jesus« ebenso wie David Seamands, H. Norman Wright und andere christliche Psycholo¬gen. Christen täuschen sich zutiefst, wenn sie sich einbilden, Christus würde seinen Platz zur Rechten des Vaters verlassen und ihnen erschei¬nen, wenn sie ihn visualisieren. Anstatt die okkulten Praktiken innerhalb der christlichen Psychologie einzugestehen und seine Leser davor zu war¬nen, äußert Gary Collins diese Befürchtungen:

»Viele, die den Eingang okkulter Praktiken in die Psychologie fürch¬ten, ziehen unzulässige und unlogische Schlüsse aus der gegenwärti¬gen Seelsorgepraxis. In ihrem meist aufrichtigen Wunsch, die Seelsor¬ge von okkulten Einflüssen zu säubern, verdammten einige Autoren die Visualisierung, das Selbstgespräch, das Heilen von Erinnerungen und andere häufig gebrauchte therapeutische Methoden.«

Weiter sagt er: »Visualisierung, Imagination und Fantasiereisen sind ver¬wandte Begriffe. Sie beschreiben den Gebrauch mentaler Bilder, die zu gesteigertem Verständnis, Entspannung oder Selbstvertrauen führen.«

 Selbstvertrauen steht im Widerspruch zur Bibel, wird von Collins aber als wünschenswert angesehen. Er stimmt zwar zu, dass »einige Seelsorger Visualisierung und Fantasiereisen missbrauchen«, erklärt aber an keiner Stelle, was daran falsch sein könnte, noch warnt er vor dem okkulten Gebrauch der Visualisierung.

 

Das Aufdecken »unterdrückter« Erinnerungen

Buchstäblich Tausende von Familien – darunter viele christliche Famili¬en – werden von einer Plage falscher Erinnerungen an angeblichen sexu¬ellen Missbrauch zerstört. Diese Erinnerungen werden »in der Therapie aufgedeckt«. Ich erhielt einen Anruf von einem beunruhigten Gemein¬deleiter, der mit den Worten begann: »Ich brauche Ihren Rat. Eine junge Frau in unserer Gemeinde ist zu einem angesehenen christlichen Psycho¬logen gegangen und entdeckte, dass ihr Vater sie vom zweiten bis zum fünften Lebensjahr sexuell missbraucht hat und sie sogar an satanischen Ritualen beteiligte! Und er ist Vorsitzender unseres Ältestenrats! Was sollen wir tun?«

Auf die Frage, wie dieser »Missbrauch« entdeckt wurde, erwiderte der Pastor: »Der Psychologe versetzte sie in ihre Kindheit zurück und die Erinnerungen tauchten auf. Natürlich streitet der Vater die Anschuldi¬gung ab und die Mutter schwört, dass so etwas niemals geschehen sei. Die Geschwister, von denen einige älter und andere jünger sind, sagen auch, das könnte auf keinen Fall geschehen sein. Aber diese ›Erinnerun¬gen‹ sind so real; sie sagt, dass wir etwas tun müssen.«

Derartige Fälle, die früher selten waren, greifen nun um sich, da im¬mer mehr Psychologen und Psychiater ihre Patienten auf der Suche nach Missbrauch in die Vergangenheit zurückversetzen. Einige Therapeuten sind überzeugt, dass es kaum Menschen gibt, die nicht sexuell missbraucht wurden.«  –  Das ist eindeutig ab¬surd. Doch auf Grundlage dieser falschen Erinnerungen, vielfach durch christliche Psychologen aufgedeckt, werden Familien zerstört und Leben ruiniert.

Die zu Unrecht Beschuldigten, von denen einige verhaftet wurden, fangen an sich zu wehren und verklagen die beteiligten Therapeuten. Die Gerichte hören sich ihre Fälle an, wägen die Beweise ab und verhängen hohe Strafen. Die führende Gedächtnisforscherin Elizabeth Loftus warnt vor der Ungenauigkeit von Erinnerungen im Allgemeinen, ganz zu schwei¬gen von solchen, die unter Therapie »aufgedeckt« wurden. Sie berichtet beispielsweise von einer Frau, die das Opfer einer Vergewaltigung wurde und hysterisch reagierte, wenn sie den Mann sah, den sie als ihren Peini¬ger identifizierte. Er wurde aufgrund ihrer Aussage verurteilt – später bekannte jedoch ein anderer Mann die Gewalttat.

Das Moody-Magazin verbreitete diesen Irrwahn durch die Titelge¬schichte einer jungen Frau, bei der unter Therapie »Erinnerungen« an angeblichen Inzest und satanisch-rituellen Missbrauch (SRA) »aufge¬deckt« wurden. Vorher hatte sie keine solche Erinnerungen; sie tauchten erst in der Therapie auf. Nach zwei weiteren Jahren therapeutischer Behandlung fing die Patientin an, eine multiple Persönlichkeit zu offenba¬ren, die wiederum in der Therapie geschaffen wurde. Der Artikel kam zum Schluss, dass die Therapie noch einige Jahre fortgesetzt werden müsse, um die Patientin zu »heilen« und dass es extrem gefährlich sein würde, solche Personen den normalen christlichen Mitteln wie Gebet, Bibellesen und Gehorsam gegenüber dem Herrn zu überlassen.

Wir unterstellen nicht, dass es keinen sexuellen Missbrauch gäbe; lei¬der kommt er nur allzu häufig vor. Jedoch sind »Erinnerungen«, die un¬ter Hypnotherapie vermeintlich aufgedeckt wurden, nahezu mit Sicher¬heit falsch. »Was wirklich geschah, geschah in der Therapie«, sagt Sherrill Mulhern nach einer umfangreichen Studie. Der Psychiater Richard Gard¬ner, Autor des Buches Sex Abuse Hysteria (»Sexualmissbrauch-Hysterie«), sagt: »Es ist unwahrscheinlich, dass ein Patient sich nicht an ein traumati¬sches Erlebnis wie eine Vergewaltigung … erinnern würde. Gedächtnis¬schwund ist keine Funktionsstörung, die üblicherweise nach traumatischen Belastungen auftaucht. Im Gegenteil: Die betroffene Person ist von dem Erlebnis völlig in Beschlag genommen.«

Fred und Florence Littauers Buch Freeing Your Mind from Memories That Bind (»Befreien Sie Ihr Denken von bindenden Erinnerungen«) legt die These vor, das Aufdecken verborgener Erinnerungen sei der Schlüs¬sel zu emotionalem und geistlichem Wohlergehen. Sie meinen, dass »Er¬innerungslücken« aus der Kindheit auf einen Missbrauch hindeuten.  –  Nach dieser Definition sind wir alle missbraucht worden. Solch eine Theo¬rie widerspricht dem gesunden Menschenverstand und entbehrt jeden wissenschaftlichen und biblischen Beleg.

Warum ist es für eine gesunde Beziehung zu Gott nötig, Erinnerungen eines früher erlittenen Missbrauchs aufzudecken (selbst sofern sie zu¬treffen)? Wo legt die Bibel einen solchen Gedanken nahe? Und wenn die Erinnerung an die Vergangenheit wirklich der Schlüssel ist, dann müss¬ten wir jede Einzelheit aufdecken. Das wäre ein hoffnungsloses Unter¬fangen. Wenn jedoch die Theorie einmal akzeptiert ist, kann man nie¬mals sicher sein, dass nicht irgendwo im Unterbewusstsein noch ein Trau¬ma verborgen ist, ein Trauma, das den Schlüssel zu emotionalem und geistlichem Wohlergehen festhält!

Im Gegensatz dazu vergaß Paulus die Vergangenheit und streckte sich nach vorne zum Kampfpreis aus (Phil 3,13-14), der all jenen verheißen ist, die das Erscheinen Christi lieben (2Tim 4,7-8). Für Christen, die wirk¬lich eine neue Schöpfung in Christus sind, ist die Vergangenheit von ge¬ringer Bedeutung, denn »das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist gewor¬den« (2Kor 5,17). Zwar scheint die Suche nach der Vergangenheit zeit¬weise eine Hilfe zu bieten, um das gegenwärtige Verhalten eines Men¬schen zu »erklären«, doch bringt sie eine Ungewissheit mit sich (»Habe ich alles aufgedeckt?«) und raubt einem die biblische Problemlösung durch Christus. Worauf es ankommt, ist nicht die Vergangenheit, sondern die derzeitige persönliche Beziehung eines Menschen zu Christus.

Ebenso wie viele andere christliche Psychologen, stützen sich die Au¬toren Littauer stark auf die so genannten vier Temperamente. Diese schon lange unglaubwürdige Persönlichkeitstheorie entstammt der antiken grie¬chischen Auffassung, der physische Bereich bestünde aus vier Elemen¬ten: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Empedokles bezog sie auf vier heidni¬sche Gottheiten, während Hippokrates sie seinerzeit mit den vier Körper¬säften verband: Blut (Sanguiniker), Schleim (Phlegmatiker), gelbe Galle (Choleriker) und schwarze Galle (Melancholiker). Diese Merkmale wur¬den darüber hinaus in Zusammenhang mit den Tierkreiszeichen gebracht.

Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für die vier Temperamente. Dennoch erheben viele christliche Psychologen und »Amateurheiler« sie zur Basis einer »Persönlichkeitsbestimmung« und zum Verständnisschlüs¬sel für Verhaltensmuster. Wie die Bobgans in ihrem hervorragenden Buch Four Temperaments, Astrology & Personality Testing (»Vier Temperamte, Astrologie und Persönlichkeitstest«) herausstellen:

»Das Wort Temperament stammt vom lateinischen Wort temperamentum ab, was so viel bedeutet wie »ausgewogene Mischung«. Die zu¬grunde liegende Vorstellung war, dass Heilung eintreten würde, wenn die Körperflüssigkeiten … miteinander im Gleichgewicht stehen … Sogar von den Positionen verschiedener Planeten dachte man, dass sie die Flüssigkeiten zum Besseren oder Schlechteren wenden … Nach dem Mittelalter wurden die vier Temperamente nahezu verworfen … bis ein paar einzelne Seelen … sie in der Sprache des 20. Jahrhunderts vermarkteten … Sie erfreuten sich einer Renaissance … sowohl unter Astrologen wie evangelikalen Christen.«

 

Was ist Wahrheit?

»Alle Wahrheit ist Gottes Wahrheit.« So die hauptsächliche Begründung christlicher Psychologen, wenn Theorien gottloser antichristlicher Den¬ker in die christliche Theologie integriert werden. Sie argumentieren, dass Freud & Co. Anteil an der Wahrheit Gottes hatten und dieser Anteil alles sei, was christliche Psychologen ihnen entleihen. Diese These hat Scharen in die Irre geführt. Die Gültigkeit dieser These hängt von zwei Faktoren ab: 1.) Was ist in der Psychologie wahr? und 2.) Was ist Gottes Wahrheit?

Psychologen können sich untereinander nicht einigen. Es gibt Hun¬derte widersprüchlicher Theorien und viele gegensätzliche Schulen der Psychologie. Da sie nicht wissenschaftlich ist, gibt es keinen objektiven Maßstab, an dem die Wahrheit in der Psychologie gemessen werden kann. Aber selbst wenn die Psychologie wissenschaftlich wäre, so ist doch keine noch so gut anerkannte Wissenschaft die Wahrheit Gottes.

Viele haben die irrige Ansicht, dass jede Tatsache ein Teil von Gottes Wahrheit ist. Daraus lässt sich logischerweise schließen, dass die Bibel nicht die ganze Wahrheit Gottes enthält. Diese Vorstellung widerspricht jedoch dem, was die Bibel über Wahrheit sagt.

Jesus sagte von sich selbst: »Ich bin die Wahrheit.« Er sagte nicht, dass Er eine unter vielen Wahrheiten sei oder ein Teil der Wahrheit, sondern, dass Er die Wahrheit ist. Allein diese Behauptung trennt die Wahrheit Gottes von der Wissenschaft und von den Theorien der Psychologie.

Existiert Gottes Wahrheit außerhalb der Bibel? Jesus zufolge nicht. Er versicherte: »Dein [Gottes] Wort ist Wahrheit.« Nicht ein Teil davon, sondern Wahrheit. Er sagte: »Wenn ihr in meinem Wort bleibt … werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,31-32). Noch einmal: nicht Teil der Wahrheit, sondern die Wahrheit. Die ganze Wahrheit Gottes ist in Seinem Wort und dieses Wort befreit von Sünde.

Kann es nicht sein, dass Freud und andere säkulare Psychologen zufäl¬lig auf einen Teil der Wahrheit aus Gottes Wort gestoßen sind? Gott hat sein Gesetz in das Gewissen jedes Menschen geschrieben (Röm 2,15) und folglich wissen sie in dem Ausmaß etwas von Gottes Wahrheit, wie sie ihr Gewissen beachten. Obwohl Psychologen etwas von Gottes Wahrheit kennen, bleibt die Frage: Welchen Sinn macht es, sich durch den Schmutz und Dreck ihrer falschen Lehren zu graben, wenn die Wahrheit rein, klar und leicht im Wort Gottes zu finden ist?

Jesus verhieß, dass er den Jüngern nach seiner Himmelfahrt einen Trös¬ter senden würde, »den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfan¬gen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt« (Joh 14,17). Das macht Freud und die anderen weltlichen Psychologen unnötig. Und der Heilige Geist »wird … euch in die ganze Wahrheit leiten« (Joh 16,13). Es wird deutlich, dass die Wahrheit Gottes nur in Seinem Wort und durch Seinen Geist Seinen Kindern geoffenbart ist.

Paulus bestätigt diese Tatsache: »So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes« (das schließt alle Unerretteten aus); »ein natürlicher [unerretteter] Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit« (1Kor 2,11.14). Freud und seine Anhänger qualifizieren sich auch an dieser Stelle nicht. Somit können sie uns nur schwerlich etwas von Gottes Wahrheit vermitteln.

 

Die Wahrheit erkennen

Trotz der klaren Worte von Jesus und Paulus versuchen christliche Psy¬chologen und ihre Verfechter weiterhin, die Integration der Psychologie in die christliche Theologie zu rechtfertigen. Bob und Gretchen Passanti¬no versuchten zu beweisen, dass jede sachliche Tatsache ein Teil von Got¬tes Wahrheit ist. Sie sagten: »Da 100 × 100 gleich 10.000 ist, können wir dies als ›Gottes Wahrheit‹ nehmen, weil es sich mit der Realität deckt, einschließlich der Gesetze der Logik.« Ganz im Gegenteil: Diese Rech¬nung erfüllt nicht die biblischen Kriterien für Gottes Wahrheit: Sie macht die Menschen nicht frei; sie ist nicht in Gottes Wort enthalten; sie ist nicht durch den Geist der Wahrheit geoffenbart worden; sie wird auch vom natürlichen Menschen angenommen uvm.

Jesus sagte zu den Juden: »Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht« (Joh 8,45). Die Juden hätten anerkannt, dass 100 × 100 gleich 10.000 ist – doch Christus sagte, sie würden der Wahrheit nicht glauben. Selbstverständlich haben die Passantinos – genau wie die christlichen Psy¬chologen, die sie zu rechtfertigen versuchen – eine falsche Auffassung von Gottes Wahrheit. Die Passantinos schreiben:

»Die Bewegung Biblische Seelsorge (BCM) … hat kein umfassendes Programm [was wirklich durch die Bibel belegt werden kann!] … Hunt und einige andere BCM-Befürworter nehmen 1. [falsche Angabe] Pe¬trus 1,3 aus dem Zusammenhang … Der Vers lautet: »Da seine göttli¬che Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat …« [2Petr 1,3]. Der Vers steht mit der Errettung in Verbindung und bezieht sich nicht auf die Einzelheiten des täglichen menschlichen Lebens.«

Im Gegenteil, Petrus berichtet uns nicht, wie man errettet werden kann, sondern wie wir als Christen leben sollen. Sicherlich beinhaltet die »Gott¬seligkeit« unser Verhalten auf Erden. Der Kontext befasst sich mit diesem Leben. Petrus ermahnt zu Fleiß, Tugend, Erkenntnis, Enthaltsamkeit, Ausharren, Gottseligkeit und Bruderliebe, welche das »tägliche mensch¬liche Leben« auf der Erde kennzeichnen sollen. Die Passantinos behaup¬ten aber, dies sei eben nicht das Thema im Petrusbrief.

Da Gottes ganze Wahrheit in seinem Wort enthalten ist, hat die christ¬liche Psychologie nichts zu bieten und führt in einen gewaltigen Irrtum. Wenn christliche Psychologen im Geschäft bleiben wollen, ist es für sie unbedingt erforderlich, die Christen vom Glauben an die Hinlänglich¬keit der Schrift abzuhalten.

Paulus sagt sehr deutlich, dass seine Verkündigung »nicht Weisheit dieses Zeitalters … sondern … Gottes Weisheit« ist und dass er »nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist« (1Kor 2,5-13) spricht. Im Gegensatz zu Paulus halten die Passantinos (zusammen mit der ganzen Bewegung der christlichen Psychologie) wenigstens einige der »Worte, gelehrt durch menschliche Weisheit«, zur Ergänzung der Wahrheit in Gottes Wort für notwendig. Wir sollten lieber der Zusage Gottes glauben, dass »Liebe, Freude, Frie¬de, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit« wirklich die »Frucht des Geistes« (Gal 5,22-23) ist und nicht im Gerings¬ten die Frucht von Therapie.

Entnommen dem Buch DIE OKKULTE INVASION.

Die Hervorhebungen wurden von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im November 2007

www.horst-koch.de

Kontakt:  info@horst-koch.de

 




Spiritistische Kommunikation (Hunt)

Dave Hunt

Spiritistische Kommunikation und Besessenheit

 

Jeglicher Versuch, irgendwie mit Geistern von Toten in Kontakt zu tre­ten, ist von Gott absolut untersagt (3Mo 19,31; 20,6.27; 5Mo 18,11).

Dennoch wurde dies seit Anbeginn der Zeit in allen Kulturkreisen prak­tiziert. Natürlich glaubte man auch, dass man sich zwecks Hilfesuche eben­falls an Götter und andere leitende Geister wenden könne.
Im Abendland zog der Spiritismus das Interesse vieler Prominenter auf sich; wie z. B. des Erzählers William Lloyd Garrison, der Autoren James Fenimore Cooper und William Cullen Bryant und des Journali­sten Horace Greeley. Für Königin Viktoria war es eine alltägliche Ge­wohnheit, Medien zu Rate zu ziehen. Thomas Edison verbrachte Jahre mit dem Versuch, ein elektrisches Mittel zur Kommunikation mit den Geistern Verstorbener zu entdecken. Das Ouijaboard wurde speziell für die Kommunikation mit den Geistern derer entwickelt, die im 1. Welt­krieg umgekommen waren.

Seancen und Medien

Im Weißen Haus wurden Seancen abgehalten, bei denen man Kontakt mit angeblichen körperlosen Wesen aufnahm, während Abraham Lin­coln – ein bekennender Christ – Präsident der Vereinigten Staaten war. Bei diesen Seancen sollen Lincoln und einige Kabinett-Mitglieder Zeu­gen machtvoller Manifestationen von Poltergeistern geworden sein, ein­schließlich der Levitation eines Konzertflügels.
MacKenzie King, Pre­mierminister von Kanada, praktizierte heimlich Totenbeschwörung und glaubte, er stünde in Kontakt mit seiner verstorbenen Mutter. Im Gegen­satz zu King sprachen der berühmte W. E. Gladstone und der erste Graf von Balfour, zwei englische Premierminister, ganz offen über ihre spiriti­stischen Auffassungen und wohnen häufig Seancen bei. Durch das Besu­chen spiritistischer Seancen mit seiner Frau Helen wurde Carl Rogers erst von der Realität der Geisterwelt überzeugt.

Viele angebliche Medien sind zweifellos Betrüger, wie bei Astrologen, Handlinien-Deutern, vermeintlich übersinnlich Begabten und Wahrsa­gerinnen der Fall. In dem Buch The Psychic Mafia (»Die Psycho-Mafia«) wurde nachgewiesen, dass es eine organisierte mediale Betrügerei gibt.
Der ehemalige Spiritist M. Lamar Keene bekannte, 13 Jahre lang Mit­glied eines US-weiten Netzes von 2000 falschen Medien gewesen zu sein, die mit Information über Klienten handelten und sich verschworen hat­ten, von unzähligen Menschen Millionen von Dollar zu erschwindeln. Er schreibt, dass in Camp Chesterfield im US-Bundesstaat Indiana umfang­reiche Karteien über »Gläubige« geführt werden, die als »Nabel des Welt­spiritismus« bekannt sind und von »Insider-Medien« herangezogen wer­den.

Es gibt jedoch unbestreitbares Beweismaterial dafür, dass Kommuni­kation mit Geistwesen tatsächlich stattfindet. Ruth Montgomery gehörte zu den bestbezahlten Journalistinnen ihrer Zeit, als sie von einem Her­ausgeber beauftragt wurde, das seltsame Phänomen der angeblichen Kommunikation mit Geistern von Verstorbenen zu untersuchen. Über­rascht sah sie sich mit mehr als genug Indizien konfrontiert, um ihre ge­schärfte journalistische Skepsis zu überwinden. Schließlich begannen »Geistwesen«, Bücher durch Montgomery zu schreiben und so wurde sie als »Heroldin des Neuen Zeitalters« bekannt.
Der Bischof der Episkopalkirche von Kalifornien, James Pike, ein ehemaliger Rechtsanwalt, hat die Bibel zum Großteil verworfen. Nach dem Selbstmord seines Sohnes war Pike überzeugt, dass er mittels des Londo­ner Mediums Enna Twigg Kontakt mit dem Geist seines Sohnes aufge­nommen habe. Pike überwand seine anfängliche Skepsis, als der Geist, der durch Twigg sprach, etliche Details aus dem Privatleben erwähnte, von denen nur er und sein Sohn wussten.

»Beweis« wofür?

Der bekannte Psychologe William James und der Professor James Hys­lop erlebten einen höchst ungewöhnlichen Fall. Hyslop befasste sich mit der Erforschung des Übersinnlichen und war ein Freund von Carl G.Jung. Hyslop und Jung waren gemeinsam zur Schlussfolgerung gekommen, dass »Geister« aus einer nichtphysischen Dimension der Realität zur Kom­munikation fähig seien. Hyslop und James kamen überein, dass derjeni­ge von ihnen, der als Erster sterben würde, versuchen solle, mit dem Überlebenden in Kontakt zu treten. James starb 1910. Hyslop lebte noch zehn weitere Jahre.

Einige Zeit nach James’ Tod erhielt Hyslop einen Brief von einem Ehepaar (von dem er zuvor nie gehört hatte) aus Irland (er war nie in diesem Land gewesen). Sie hatten mit einer Vorrichtung ähnlich einem Ouijaboard experimentiert und wurden von Botschaften vom Geist einer Person namens William James bombardiert, der sie aufforderte, einen Professor James Hyslop zu kontaktieren, von dem sie noch nie gehört hatten. Die übermittelte Botschaft lautete: »Erinnerst du dich an den roten Pyjama?« Das war ein offensichtlicher Hinweis auf eine gemeinsame Reise von Hyslop und James, bei der sie bei ihrer Ankunft in Paris ihr Gepäck vermißten. Sie gingen die notwendigsten Utensilien einkau­fen. Hyslop kaufte sich einen knallroten Schlafanzug, womit James ihn damals aufgezogen hatte.

Zunächst scheint es zwar so, dass nur der Geist von William James eine solche Botschaft übermittelt haben konnte, aber es gibt noch eine weitere Erklärungsmöglichkeit: Ein Dämon, der von dem Vorfall mit dem roten Pyjama wusste, konnte sehr wohl diese Nachricht senden, um den Glauben an die teuflische Lüge zu fördern, dass der Tod eine Illusion sei.

Bemerkenswerte Fälle wie diesen gibt es noch viele weitere.

Kontakt mit den Verstorbenen – oder mit Dämonen?

Der Theologe John Heaney fasst in seinem Buch eine Reihe überzeugen­der Fälle zusammen, zu denen auch die angebliche Kommunikation von Toten durch bekannte Medien zählen. Die Fälle, die auch nach ausführ­lichen wissenschaftlichen Untersuchungen nicht erklärt werden können, werden der so genannten »Super-ASW« zugeschrieben (ASW=Aussersinnliche Wahrnehmung). Diese erstaunli­che Begabung soll angeblich befähigen, jede mögliche Information von jedem Ort und zu jeder Zeit zu erhalten.

Als Katholik glaubt Heaney natürlich an die Kommunikation mit ver­storbenen »Heiligen« durch Gebet, und diese »Heiligen« (die römisch-­katholische Kirche spricht Menschen erst lange nach ihrem Tod »heilig«) erscheinen manchmal auf der Erde, um den Lebenden zu helfen. Heaney tut sein Bestes, um eine gewöhnliche Erklärung herauszufinden, aber er kann die Beteiligung von Geistwesen nicht ausschließen. Er schließt: »Außer echtem Kontakt mit den Toten gibt es keine konkurrierende Theo­rie [außer »Super-ASW«], die die Fakten erklären könnte.«

Kontakt mit Toten würde aber eigentlich nichts erklären – und gewiß nicht solche Fälle (und derer gibt es viele), bei denen von Geistern de­taillierte Informationen übermittelt wurden, die die intellektuelle Fähig­keit der verstorbenen Person bei weitem übersteigen. Doch gibt es einige Fälle derartiger scheinbarer Allwissenheit. Beim angeblichen Geist von »Tante Jane«, die eine einfältige Seele war, beweist die intelligente Be­schreibung quantenmechanischer Prozesse wohl kaum, dass es sich wirk­lich um Tante Jane handelte, die sich nach ihrem Abscheiden mitteilte, sondern vielmehr, dass es sich hier nicht um Tante Jane handeln konnte! Ebenso wenig ist es eine vernünftige Annahme, dass die Geister von To­ten nach dem Tod unbegrenztes Wissen haben sollten.

Die scheinbare Kommunikation mit angeblichen Totengeistern wird als Beweis für die Lüge der Schlange angesehen, dass der Tod nichts ist, wovor man sich zu fürchten braucht. Wenn ein angeblicher Totengeist seine Identität »bewiesen« hat, fährt er unweigerlich fort, in überzeugen­der Weise den Rest der Lügen zu präsentieren, mit der die Schlange einst Eva verführte.

Als Bischof Pike erst einmal davon überzeugt war, dass er wirklich mit dem Geist seines verstorbenen Sohnes Jim sprach, machte sich dieses Wesen daran, den christlichen Glauben zu entkräften. Der Geist sagte: »Glaube auf keinen Fall, dass Gott personifiziert werden könnte … er ist die zentrale Kraft.« Weiter erklärte er, dass Jesus nicht der Retter sei, sondern lediglich eines von vielen erleuchteten Wesen, die auf einer hö­heren Ebene existieren. Ganz ähnlich sagte das Wesen, das durch Helen Schucman das Buch Ein Kurs in Wundern diktierte: »Der Name Jesus Christus als solcher ist nur ein Symbol … für Liebe, die nicht von dieser Welt ist … ein Symbol, das man mit Sicherheit als Ersatz für die vielen Namen all der Götter verwenden kann, zu denen man betet … Dieser Kursus stammt von ihm.«

Wozu das biblische Verbot?

Damit ein Hereinfallen auf derartige Verführung verhindert wird, ver­bietet die Bibel jeglichen Versuch, mit Totengeistern Kontakt aufzuneh­men. Nicht weil ein solcher Kontakt möglich wäre, sondern weil er viel­mehr unmöglich ist – und Dämonen dieses menschliche Wunschdenken ausnutzen und sich als ein bestimmter Verstorbener ausgeben, um so ihre Lügen zu verbreiten. Der Fall vom Geist Samuels, der nach seinem Tod zurückkam (1Sam 28,7-20), scheint da eine Ausnahme zu sein, die Gott eingeräumt hat, um aufgrund seines Ungehorsams das endgültige Urteil über König Saul auszusprechen. (Der Schrecken der Hexe von En-Dor und ihr plötzliches Erkennen Sauls spricht anscheinend dafür, dass es tatsächlich Samuel war, der erschien.)

Obwohl Heaney katholischer Theologe ist, widerspricht er der Bibel und spricht von »einer verstorbenen Person, die ›erdgebunden‹ bleibt … in einem verwirrten oder bösartigen Zustand …« Aber das Gegenteil ist der Fall: Kein Verstorbener ist »erdgebunden« und schweift umher, um Lebende zu verfolgen oder ihnen zu helfen. Wer als Christ stirbt, ist sofort »ausheimisch vom Leib und einheimisch beim Herrn« (2Kor 5,8). Wer hingegen das Evangelium abgelehnt hat, erfährt das Schicksal des »reichen Mannes«, von dem Jesus sagte: »Als er im Hades seine Augen aufschlug [war er] in Qualen …« (Lk 16,23).

Heaney gibt offen zu, dass sowohl die Bibel wie auch seine Kirche das Befragen von Toten verurteilt (die Kirche erlaubt allerdings die Anru­fung sogenannter »Heiliger«). Dennoch versucht er, diese Praktik zu rechtfertigen und sagt: »Die biblischen Verbote richteten sich offensicht­lich auf Ziele und Motive, die sich deutlich von denen unterscheiden, die heutige Forscher verfolgen.« Er zitiert den protestantischen Kleriker Donald Bretherton, der mit ihm übereinstimmt:

»In der Antike war das »Suchen nach den Toten« dazu gedacht, Jahwe entweder als nicht vertrauenswürdig zu erwei­sen, wohingegen heutige Medien zu zeigen versuchen, dass die Be­hauptung »unter dir sind ewige Arme« [5Mo 33,27], Realität ist.«

In Wirklichkeit ist die Vorstellung, die Botschaften von Totengeistern würden den Glauben an den Gott der Bibel fördern, eine Illusion der liberalen Theologie. Vielmehr untergraben sie diesen Glauben, indem sie Gott als »Kraft« und Jesus Christus als »Aufgestiegenen Meister« be­zeichnen, der »auf einer höheren Ebene als die meisten körperlosen See­len existiert«. Alle gechannelten Botschaften plappern nur die Lügen der Schlange von Eden nach. Durch diese okkulte Invasion dämonischer Wesen, die sich als Verstorbene ausgeben, ist sogar ein ganzes Heer von Irrtümern in die Welt eingefallen und hat auch die Christenheit verseucht.

Die Kommunikation mit Toten impliziert, dass Seelen und Geister die Freiheit haben, auf der Astralebene umherzuhuschen und für die Mensch­heit die Rolle von Vermittlern einer »antiken Weisheit« einzunehmen. Man kann nicht an Kommunikation mit Toten einerseits und gleichzeitig an Gottes Wort andererseits glauben, welches sagt: »Es [ist] den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht …« (Hebr 9,27).

Waren die »Musen« der Antike Geister?

In der griechischen Mythologie unterstanden die Künste der Leitung der neun Töchter, die Zeus gemeinsam mit Mnemosyne hatte. Diese Nym­phen oder niederen Gottheiten, die auch als Musen bekannt sind, inspi­rierten Dichter und Künstler. Die Muse Euterpe inspirierte die lyrische Poesie, die Muse Terpsichore inspirierte Musik und Tanz. Johannes Brahms spürte, dass er beim Komponieren bisweilen »im Einklang mit dem Unendlichen« war. Obschon er glaubte, dass seine Inspiration von Gott stammte, wird doch eine andere Quelle dadurch verraten, dass sei­nen eigenen Angaben zufolge »sein bewußtes Denken in einer Halbtrance zeitweilig ausgeschaltet war«, wie es auch bei einem spiritistischen Me­dium der Fall ist. Gott inspiriert kein Medium in Trance. Tschaikowsky bekannte, dass er sich unter ähnlicher Inspiration befindend »wie ein Verrückter benahm«.

Richard Strauss war sicher, dass zumindest ein Teil seiner Komposi­tionen ihm »von allmächtigen Wesen« diktiert wurde, die nicht von die­ser Erde waren. Giacomo Puccinis großartige Oper Madame Butterfly wurde ihm, davon war er überzeugt, »von Gott« diktiert. Gustav Mah­ler behauptete, andere Mächte würden ihn nötigen, etwas zu komponie­ren, was er eigentlich gar nicht schreiben wollte. George Gershwin be­zeugte, die Rhapsodie in Blau sei plötzlich über ihn gekommen; er habe »die vollständige Konstruktion der Rhapsodie, von Anfang bis zum Ende«, gehört und wie auf Papier gesehen. Von seinem Hit »The Blizzard« sagt der Country-Musiker Harlan Howard, sein Stift habe unaufhörlich ge­schrieben und ihn fortlaufend überrascht. Er wunderte sich: »Benutzt ir­gendein großer Songschreiber im Himmel mich als Medium?«

Der Operetten-Komponist Rudolf Friml sagte: Ich setze mich ans Klavier und lege meine Hände auf die Tasten. Und ich lasse mich vom Geist führen! Nein, ich mache die Musik nie. Ich komponiere sie niemals, oh nein, nein! Ich bin ein Werkzeug. Ich bin nichts. Ich werde benutzt. Es stammt von jemand anderem, einem Geist vielleicht, der mich benutzt.

Wir können nur schließen, dass diese Komponisten tatsächlich, so wie sie es auch selber glauben, von Wesen geführt werden, die nicht dieser Welt angehören. Aber wer sind diese Wesen? Und was ist mit Benny Hinn, Kenneth Copeland und anderen führenden Charismatikern, die behaupten, der Heilige Geist inspiriere sie, sodass sie Prophezeiungen ausspre­chen, die sich als falsch erweisen? Und was ist mit den Behauptungen, dass einigen von ihnen sogar Christus erschienen sein soll?

Würde Jesus wirklich Yonggi Cho in einer roten Feuerwehruniform erscheinen, oder Oral Roberts in einer 300 Meter hohen Gestalt? Und könnten die unzähligen Erscheinungen rund um die Welt tatsächlich die Maria sein, die Jesus geboren hat, wenn diese Erscheinungen doch so viele falsche Aussagen von sich geben und beständig der Bibel widerspre­chen?
Wer oder was sind diese Wesen?  Welche Absicht verfolgen sie?
Die Frage nach der Identität und der Absicht dieser Wesen erfordert eine sorgfältige Beantwortung.

Die Identifikation der modernen »Muse«

Die Schlüsselrolle der Musik für das Okkulte läßt sich bis zum Anfang der Geschichtsschreibung zurück verfolgen. Für Voodoo und die meisten Formen des Schamanismus, dem die Rockmusik nahe verwandt ist, ist der schlagende Beat von Trommeln und Rasseln unverzichtbar. »Christ­liche Rockbands« imitieren den Beat, den Schamanen schon seit langem zur Beschwörung von Dämonen verwenden. Ray Manzarek, Keyboard­spieler der Rockband The Doors, erklärt die Beziehung zwischen Scha­manismus und Rockmusik:

Wenn sich der sibirische Schamane auf die Trance vorbereitet, kom­men alle Leute aus dem Dorf zusammen … und spielen auf allen In­strumenten, die sie haben, um ihn so auf die Reise zu schicken [in Trance und Besessenheit] …
Bei The Doors war es auf den Konzerten genauso … Ich denke, unsere Drogenerfahrungen haben uns geholfen, schneller dahin [in die Trance] zu kommen.
Es war, als ob Jim [Morrison] ein elektrischer Schamane war und wir seine elektrische Schamanen-Band, die hinter ihm dröhnte … wir hämmerten und stampften unaufhörlich, und Stück für Stück kam es über ihn …
Manchmal war er geradezu unglaublich. Geradezu faszinierend. Und das Publikum hat das auch gespürt!

Viele Rockstars haben Okkultismus praktiziert und gestehen eine geheim­nisvolle Inspirationsquelle. John Lennon sprach von okkulten Erfahrun­gen als Teenager:
»Ich war gewohnt, buchstäblich in Trance in den Alpha­zustand zu fallen … und diese halluzinatorischen Bilder meines sich ver­ändernden Gesichts zu sehen, das kosmisch und erfüllt wurde.« Von sei­nem Songschreiben sagte Lennon: »Es ist wie Besessensein: wie ein Hell­seher oder Medium.«
Den vielen Rockstars, von Elvis Presley angefan­gen, muss zu einem Großteil zugeschrieben werden, bei Millionen von Jugendlichen Rebellion geschürt und sie gegen Gott und die Bibel aufge­bracht zu haben. Derek Taylor, der Pressesprecher der Beatles, gab zu:

»Sie sind durch und durch antichristlich. Ich meine, ich bin auch anti­christlich, aber sie sind so antichristlich, dass es mich schockiert.«

Keith Richards von den Rolling Stones erklärte:
»Die Songs der Stones entstanden spontan wie eine Inspiration bei einer Seance. Die Melodien kamen ›en masse‹, so als ob die Stones als Songschreiber nur ein bereit­williges und offenes Medium wären.«

Yoko Ono sagte von den Beatles: »Sie waren wie Medien. Sie waren sich nicht über alles bewusst, was sie sagten, aber es kam über sie und aus ihnen heraus.«

Marc Storace, Sän­ger der Heavy-Metal-Band Krokus, sagte über den Inspirationsprozeß: »Man kann es nicht beschreiben, höchstens als geheimnisvolle Energie, die aus der metaphysischen Ebene in meinen Körper hinein dringt. Das ist fast so, als ob man ein Medium wäre«

»Little Richard« sagte: »Ich unterstand der Leitung und den Befehlen einer anderen Macht. Die Mächte der Finsternis … von denen viele mei­nen, sie würde nicht existieren. Die Macht des Teufels. Satan.«

Jim Morrison nannte die Geister, von denen er immer wieder besessen wur­de, »The Lords« – »die Herren«, und schrieb ein Buch mit Gedichten über sie.

Die Kreativität der Folkrock-Künstlerin Joni Mitchell stammt von ihrem Leitgeist »Art«. Wenn er »rief«, konnte nichts sie aufhalten.

Heutige Musiker geben dasselbe einstimmige Zeugnis über die Inspi­ration von außerweltlichen Wesenheiten, wie wir es auch bei den berühm­testen Komponisten der Vergangenheit vorgefunden haben. Die Musi­ker von heute geben jedoch zu, dass ein Großteil ihrer Inspiration aus einer bösen Quelle stammt. Weshalb sollten wir ihr Zeugnis anzweifeln?

David Lee Roth, der »Running with the Devil« schrieb und sich selbst als »Toastmaster für die unmoralische Mehrheit« bezeichnete, gab zu, dass das Ziel in der Rockwelt das Beschwören böser Geister und die Ausliefe­rung an diese sei: »Ich werde meinen Geist an sie ausliefern. Das habe ich tatsächlich bereits versucht. Man bringt sich selbst in diesen Zustand und verfällt in Flehen an die Dämonen-Götter … «

Superstar Jimi Hendrix war nicht so darauf aus, besessen zu werden, son­dern schien vielmehr ein Opfer zu sein. Als »größter Rock-Gitarrist« und »Voodoo-Kind des Wassermann-Zeitalters« bekannt, glaubte Hendrix, dass er »von irgendeinem Geist besessen ist«.

Seine frühere Freundin Fayne Pridgon sagte: »Er sprach ständig von irgendeinem Teufel oder irgendetwas, das in ihm sei … und er hatte keine Kontrolle darüber, er wusste nicht, was ihn dazu brachte, sich gerade so zu verhalten wie er es tat … und die Songs … kamen geradezu so aus ihm heraus … Er wurde so gequält und hin und her gerissen … und er sprach häu­fig von … irgend jemanden, der den Dämon aus ihm austreiben sollte.«

Steven Halpern, einer der bekanntesten New-Age-Komponisten, bezeugt: »Ich fing an, das aufzuzeichnen, was ich in Trance oder erweiterten Bewußtseinszuständen empfangen hatte … das führte schließlich dazu, dass ich geleitet wurde.«

Diese Art von Leitung durch einen Geist ist weit verbreitet.

In Kapi­tel 1 sprachen wir von dem Atomwissenschaftler, der von Geistwesen Ein­blicke in höhere Begrifflichkeiten erhielt. Wir stellten fest, dass Chester Carlson, der Erfinder des Xerox-Fotokopierprozesses, die Führung zu seiner Erfindung aus der Welt der Geister erhielt. Der Medizinwissen­schaftler Andrija Puharich, der über 50 Patente hat, nahm Stellung zu diesen seltsamen Inspirationen: »Ich persönlich bin davon überzeugt, dass höhere Wesen von anderen Welten und anderen Zeiten einen erneuten Dialog mit der Mensch­heit aufgenommen haben . . . Ich habe zwar keinen Zweifel [an ihrer Existenz] … aber ich weiß nicht … was im Hinblick auf die Menschheit ihre Ziele sind.«

Einführung in das Ouijaboard

Das Ouijaboard ist ein Beispiel für die Leichtigkeit, mit der jedermann in die Welt des Okkulten verstrickt werden kann. Wissenschaftliche Tests mit dem Ouijaboard haben zweifellos erwiesen, dass diese Methode von einer Intelligenz geleitet wird, die unabhängig ist von der Person, die das Brett benutzt. Sir William Barrett führte Experimente durch, bei denen den Benutzern die Augen verbunden waren und das Alphabet um das Brett ohne ihr Wissen vermischt war. Zusätzlich war zwischen dem Pro­banden und dem Ouijaboard ein undurchsichtiger Schirm angebracht, damit 100%ig sichergestellt ist, dass der Anwender des Brettes die Buch­staben nicht sehen konnte. Unter diesen rigoros kontrollierten Bedin­gungen bewegten sich die Buchstaben noch schneller als sonst. In seinem Bericht für die Amerikanische Gesellschaft für übersinnliche Forschung sagte Barrett:

»Außer der Tatsache, dass dem Anwender die Augen verbunden waren, haben wir hier eine erstaunliche Gewandtheit, Präzision und Sorgfalt der Bewegung des Indikators, der lange und sinnreiche Botschaften buchstabierte … ohne Pause oder Fehler …
Diese Botschaften wider­sprachen häufig dem Wissen des Anwenders oder überstiegen dieses . . . Im Rückblick auf die Gesamtheit der Ergebnisse bin ich von ihrem übernatürlichen Charakter überzeugt sowie davon, dass wir es hier mit der Darstellung eines intelligenten, körperlosen Vermittlers zu tun ha­ben … der die Muskelbewegung [des Anwenders] steuert.«

Durch ein Ouijaboard wurde Carl Rogers (damals noch völliger Skepti­ker) überzeugt, dass er Kontakt mit dem Geist seiner verstorbenen Frau Helen aufgenommen und eine tröstende Botschaft von ihr empfangen habe. Viele Channeling-Medien haben den ersten Kontakt mit ihrem Leitgeist durch ein Ouijaboard bekommen. Nachforschungen haben er­geben, dass das Ouijaboard an zahlreichen Fällen dämonischer Beses­senheit beteiligt war. Dessen ungeachtet erlangte es 1967 die Monopol­stellung als das beliebteste Gesellschaftsspiel in den USA.

Als Erstes brachte das Ouijaboard die Hausfrau Pearl Curran aus St. Louis in Kontakt mit einem Geistwesen, das sich selbst Patience Worth nannte. Patience hatte angeblich im 17. Jahrhundert in Dorsetshire in England gelebt. Im Lauf von 20 Jahren diktierte Patience über Pearl Curran, die nur acht Schuljahre absolviert hatte, »über anderthalb Mil­lionen Wörter in Gedichten und historischen Erzählungen«. Ein Litera­turstück aus 70.000 Worten wurde von Professor C. H. S. Schiller von der Universität London analysiert, der feststellte, dass es »kein einziges Wort enthielt, das nach 1600 entstanden ist.«
Er sagte: »Wenn wir bedenken, dass die King-James-Bibel nur 70 % Angelsäch­sisch enthält und es nötig ist, bis zu Lyomen im Jahr 1205 zurückzuge­hen, um auf Patiences Prozentsatz zu kommen … erkennen wir, dass wir es hier mit einem philologischen Wunder zu tun haben.«

Ein Wunder? Das hört sich nicht gerade wissenschaftlich an. Wie ver­nünftiger ist da das Eingeständnis, dass Curran in Wirklichkeit von ei­nem Geist besessen war, der über eine perfekte Kenntnis des mittelalter­lichen Englisch und der Ereignisse jener Zeit verfügte. Wir sehen uns einem Phänomen gegenüber, das nicht wegerklärt werden kann und das die Realität des Okkultismus aufzeigt.

Dr. Raymond Moody hat viele Jahre mit der Untersuchung angebli­cher Begegnungen Lebender mit mutmaßlichen Geistern von verstorbe­nen Angehörigen verbracht. Ihm zufolge »kann die Wissenschaft nicht unterscheiden … ob es sich um ein bloßes Phänomen des Bewußtseins handelt oder ob ein Wesen dahinter steht, das über das Bewußtsein hinausgeht«.

Die Beschäftigung mit Geistern übersteigt die Grenzen der Wissen­schaft. Wir brauchen auch nicht die Hilfe der Wissenschaft, um die Be­funde zu sichten. Der Mediziner Armand DiMele, der den meisten Channeling-Medien zwar skeptisch gegenübersteht, gibt offen zu, dass in eini­gen Fällen durch ein Medium präzise Informationen vermittelt wurden, die durch normale Mittel nicht hätten erlangt werden können: »Ich habe mit Geisterstimmen gesprochen, die … mir Dinge über meine Kindheit gesagt haben. Einzelheiten wie z. B. Gegenstände, die sich in seinem Elternhaus befanden [an das er seit Jahren nicht mehr gedacht hatte, sodass das Medium keineswegs »seine Gedanken las«]. Es liegen unbestreitbare Indizien dafür vor, dass irgendetwas geschieht, irgendetwas, was wir nicht verstehen und nicht messen können.

Sie »lehren uns etwas«

Eines der aussagekräftigsten Indizien, die wir für die Realität von Geist­wesen und ihrem ständigen Kontakt zur Menschheit haben, besteht in der Übereinstimmung der Botschaften, die sie durch diejenigen vermit­teln, die angeblich in Kontakt mit ihnen stehen. Verschiedene Personen, die rund um den Globus verteilt sind und niemals miteinander zu tun hatten, vermitteln unabhängig voneinander dieselbe Botschaft. Diese Tat­sache ist von allen festgestellt worden, die sich näher damit beschäftig­ten.

Der Parapsychologe D. Scott Rogo definiert Channeling als »Vermitt­lung einer Art von Intelligenz, deren Wesen nicht definiert ist und in de­ren Absicht steht, spirituelle Lehren und philosophische Diskussionen zu fördern«.
Terence McKenna, als amerikanischer Drogenguru an die Stel­le Timothy Learys getreten, bemerkt: Eine allen psychedelischen Trips gemeinsame Erfahrung ist der Kontakt mit Geistwesen, die eine Botschaft haben: »Wenn ich nicht völlig durchgedreht bin, versuchen sie uns etwas zu lehren.« Ihre Botschaft ist erstaunlich einstimmig und – wie Rogo sagt – umfaßt spirituelle Lehren.

Wie zu Beginn dieses Kapitels zitiert, erkennt auch die australische Zeitschrift New Age News die »bemerkenswerte Übereinstimmung, ja Einmütigkeit unter den verschiedenen gechannelten Wesenheiten«. Die­se Tatsache wird von Jon Klimo in seinem einschlägigen Buch zu diesem Thema immer wieder betont. Das Hauptthema ist, wie Klimo heraus­stellt, unser angebliches Einssein mit Gott, unsere Unkenntnis dieses Eins­seins, die Notwendigkeit, dieses Einssein mittels »Erleuchtung« zu er­kennen und unsere Wiederkehr zur Erde durch vielfache Reinkarnation in diesem Evolutionsprozeß, bei dem wir unser wahres oder höheres Selbst erstreben.

Das ist die religiöse Philosophie, mit der die Schlange Eva »erleuchtete«.

Als die Atheistin Helen Schucman eine Stimme zu hören begann, die sagte: »Dies ist ein Kursus in Wundern; schreibe ihn auf!«, war das für sie eine erschütternde Erfahrung. Schucman unterrichtete nicht nur medizi­nische Psychologie an der Universität von Columbia, sondern war zu­gleich stellvertretende Leiterin der Abteilung für Psychologie am Presby­terian Hospital in New York. Ihre gleichfalls atheistischen Kollegen wa­ren weit davon entfernt, sie als wahnsinnig zu diagnostizieren, sondern sagten ihr vielmehr, sie solle die Anweisungen befolgen. Als das Diktat schließlich fertig gestellt war, umfaßte der »Kurs« erstaunliche 1100 Sei­ten und wurde von Psychologen wie Theologen für seine brillanten Ein­blicke gepriesen.

Die Stimme, die den »Kurs in Wundern« diktierte, behauptete, Jesus Christus selbst zu sein, der beabsichtigte, Fehler in der Bibel zu korrigie­ren, an denen Ungläubige aufgrund der »Intoleranz« der betreffenden Passagen Anstoß nähmen. Der Kurs erklärt, dass »Vergebung« lediglich die Erkenntnis ist, dass Sünde gar nicht existiert und es deshalb nichts gibt, was zu vergeben wäre. Der Kurs ist unter solchen Leuten beliebt, die sich selbst als Christen bezeichnen, aber gleichzeitig klare biblische Leh­ren über Bord werfen. Er wurde in Robert Schullers Kristallkathedrale gelehrt.

Der diktierende »Jesus« widersprach nahezu allem, was die Bibel über ihn sagt. Diese Tatsache wird von Kenneth Wapnick zugestanden, dem Leiter der Stiftung, die den Kurs veröffentlichte. Nicht überraschend hingegen war es, dass die Aussagen dieses »Jesus« in völliger Überein­stimmung stehen mit den Botschaften, die von einer breiten Vielfalt von Wesen über Tausende von »Kanälen« rund um die Welt gechannelt wer­den. Doch Schucman wusste überhaupt nichts von Channeling, bis sie es selbst erlebte.
Als sich der Versicherungsvertreter Jach Pursel auf Geheiß seiner Frau in fernöstlicher Meditation versuchte, meinte er, ständig einzuschlafen. Seine Frau selbst befand sich jedoch währenddessen in einem Gespräch mit dem seltsam sprechenden »Lazaris«. Die Themen von »Lazaris« sind ein Echo auf den »Kurs in Wundern«, auf »Seth« (der von Jane Roberts im Lauf von 24 Jahren in zahlreichen Büchern aufgezeichnet wurde), auf »Ramtha« und vielen anderen gechannelten Wesenheiten: Alles ist eins und wir sind reinkarnierende, evolvierende unsterbliche Wesen, allesamt Teil von Gott, doch dieser großartigen Tatsache unbewußt und auf einer Reise der Erleuchtung, um zu erkennen, wer wir wirklich sind.

Das »höhere Selbst« von Meredith Lady Young, einer Autorin aus New Hampshire, channelte sich durch ihr Buch: Agartha: A Journey to the Stars (»Agartha: eine Reise zu den Sternen«). Wiederum lautete die Botschaft: positives Denken, evolutionäre Weiterentwicklung zur Vollkommenheit, die Einheit von allem, Gott ist eine »Energie« und der Mensch ist Gott: »Wir [die gechannelten Geister] sind multidimensionale Wesen aus einer anderen, spirituell höherentwickelten Ebene. Unser Ziel ist die positive Mobilisierung der Kräfte zur Förderung der Entwicklung des Menschen … Die Menschheit muss ihre tief vergrabene Verbindung mit der Universa­len Energie erkennen, ansonsten ist kein bedeutsames spirituelles Wachs­tum möglich.«

Das monotone Echo von Eden

Wenn echter Kontakt mit dem Bereich der Geister aufgenommen wird, erfolgt unausweichlich die Vermittlung antichristlicher Botschaften. Der »Gott« der gechannelten Botschaften widerspricht dem Wort Gottes und macht sich sogar darüber lustig. Eines der kühnsten, aktuellsten und be­kanntesten Beispiele ist das Buch Gespräche mit Gott – Ein ungewöhnli­cher Dialog, von dem Neale Donald Walsch behauptet, es sei geradezu »über ihn gekommen« und es sei »Gottes letztes Wort zu den Dingen«. In einer offensichtlichen Verunglimpfung Jesu sagt dieser »Gott«:

»Einst gab es … eine neue Seele … die gern Erfahrungen sammeln wollte. »Ich bin das Licht«, sagte sie. »Ich bin das Licht …« Jede Seele war edel … und jede Seele leuchtet mit dem Glanz meines majestätischen Lichts. Und so war die kleine fragliche Seele eine Kerze in der Sonne.«

Die Gotteslästerung fährt fort, indem diese »kleine Seele« auf die Erde kommt, um ihr wahres Selbst zu entdecken. Wie Buddha und viele ande­re erlangte Jesus schließlich »die Meisterhaftigkeit … Was Jesus tat … ist der Weg Buddhas, der Weg Krishnas, der Weg jedes Meisters, der auf diesem Planeten erschienen ist … Wer sagte also, dass Jesus vollkommen sei?«
Doch wir werden als Götter und Göttinnen geboren und es gibt weder Sünde noch ein Gericht . . . Es gibt keine moralischen Gebote; Gott hat keine Meinung und fällt kein Urteil; wir haben die Freiheit, alles zu tun, was uns gefällt (Neale D. Wasch).
Solches ist natürlich denjenigen äußerst willkom­men, die wie Phil Jackson ihre Ablehnung des biblischen Christus recht­fertigen und ihn durch einen »anderen Jesus« (2Kor 11,4) und »ein ande­res Evangelium« (Gal 1,6-7) ersetzen wollen.

Dieser »Gott« (der sich als Autor des »Kurses in Wundern« ausgibt) sagt außerdem zu Walsch, dass Satan und die Dämonen gar nicht existie­ren:
»In eurer Mythologie habt ihr das Wesen geschaffen, das ihr ›Teufel‹ nennt. Ihr habt euch sogar einen Gott vorgestellt, der Krieg gegen dieses Wesen führt … Einen wirklichen Teufel gibt es natürlich nicht.« Natür­lich sagt »Gott«, dass wir alle über viele Lebenszeiten immer höher evol­vieren, bis zur Einheit mit Gott. Walsch hat schon viele Leben auf der Erde gelebt und hat so viele Gelegenheiten, immer und immer wieder zu leben, sooft er möchte oder es nötig hat.

Walsch »Gott« sagt: »Dieses Unterfangen des »Sei-wer-du-wirklich-bist« … ist das Heraus­forderndste, was du jemals tun kannst … Vielleicht gelangst du nie­mals dorthin. Nur wenigen gelingt das. Nicht mit einem Leben. Nicht mit vielen …
Du bist unsterblich. Du wirst niemals sterben. Du veränderst nur deine Gestalt. [Über Adam und Eva:] es waren mehr als nur zwei. [Das Leben] entwickelte sich über Milliarden von Jahren … Die Evolutio­nisten haben Recht …!
Der Gebrauch übersinnlicher Fähigkeiten ist nichts weiteres als der Gebrauch deines sechsten Sinnes … und kein Einlassen mit dem Teu­fel … es gibt keinen Teufel … Jeder für sich selbst, ohne Verurteilung.«

Die erstaunliche Einstimmigkeit der gechannelten Informationen sowie die Tatsache, dass deren grundlegende Botschaft beständig die vier Lü­gen der Schlange aus Eden widerspiegelt, beweist sowohl die Realität des Channeling und identifiziert zugleich dessen Quelle. Erleuchtung bedeu­tet, die Illusion unserer alltäglichen verzückten Erfahrung zu erkennen und dann aufzuwachen für die wahre Realität, die sich dahinter befindet. Jean Houston erklärt:

»Diese [gechannelten] Wesen – wie wir sie nennen – sind im Grunde genommen »Gottheiten« aus der Tiefe der Psyche. Sie sind Personen des Selbst, die eine greifbare Gestalt annehmen, sodass wir eine Bezie­hung zu ihnen und somit einen Dialog mit ihnen haben können.«

Gottheiten aus der Tiefe der Seele, sodass wir einen Dialog mit uns selbst führen können? Jean kann uns noch nicht einmal erklären, was sie meint! Wie viel naheliegender ist es da, all die Bestätigungen dafür anzuneh­men, dass dämonische Wesen die Menschheit verführen.

So funktioniert Kommunikation mit Geistern

Wir hatten bereits den Nobelpreisträger Sir John Eccles zitiert, der sag­te, dass die Existenz von »Bewußtsein oder Geist … nicht in Einklang zu bringen ist mit den Naturgesetzen, wie wir sie derzeit verstehen«. Ec­cles faszinierenden Forschungsergebnissen zufolge kann der menschli­che Geist nicht Bestandteil des physischen Universums sein (einschließ­lich des Gehirns), sondern er ist vielmehr nichtphysisch bzw. spirituell und benutzt das Gehirn, um den Körper zu steuern. Eccles bezeichnet das Gehirn als »eine Maschine, die ein Geist steuern kann«. Normaler­weise ist der eigene Geist der Geist, der das Gehirn steuert – aber unter entsprechenden Umständen kann ein anderer »Geist« das Steuer über­nehmen. Diese Möglichkeit müssen wir bei unserer Auseinandersetzung mit dem Okkulten berücksichtigen.

Wenn unser Geist von unserem Körper unabhängig ist und deshalb den Tod des Körpers überleben kann, dann könnte es auch, wie Robert Jastrow meint, andere Geister geben, die ohne Körper existieren. Und wenn der Geist eines Hypnotiseurs jemand anderen beherrschen kann, dann kann das auch ein anderer Geist und vielleicht mit dem Prozess der Hypnose-Therapie zusammenwirken, die heute so viele Therapeuten an­wenden. Solche »Geister« könnten in dem Gehirn des Patienten falsche Erinnerungen oder Illusionen hervorrufen, sogar bis hin zur Vorstellung, in einem früheren Leben gelebt zu haben. Das immer wiederkehrende Thema dieser gechannelten Informationen ist ein überzeugender Hin­weis darauf, dass sie alle von denselben »Geistern« inspiriert werden.

Hier haben wir es mit einer Form von »Besessenheit« zu tun. Eine etwas weniger schlimme Form dieser »Besessenheit« könnte natürlich gerade die Inspiration sein, die in der Vergangenheit den Musen zuge­schrieben wurde und auch heute noch von Musikern, Künstlern, Wissen­schaftlern und anderen kreativen Menschen erfahren wird. In seinem Standardwerk über Channeling stellt Jon Klimo heraus:

»Das Argument lautet, dass der Geist das Gehirn (und den Rest des Körpers) stets auf eine im Wesentlichen psychokinetische Weise steu­ert … Doch – so geht das Argument weiter – wenn Ihr eigener Geist Ihr eigenes Gehirn beeinflußt, dann kann auch das gleiche nichtphysi­sche Wesen eines anderen Geistes imstande sein, Ihr Gehirn zu beein­flussen und bei Ihnen den Eindruck hervorrufen, eine Stimme zu hö­ren, eine Vision zu sehen, oder der andere Geist kann sprechen oder schreiben, indem er Ihren Körper auf dieselbe Weise benutzt, wie Sie ihn normalerweise lenken.«

Dass diese Wesen »das Steuer übernehmen« können, ist zahllose Male demonstriert worden. So hat auch Jesus Christus seine Macht erwiesen, die Besessenen befreien zu können. Eine TM-Lehrerin, die nach Süd­amerika ausgesandt worden war, um dort die Transzendentale Meditati­on zu verbreiten, fing an, jedesmal »Satan« zu sehen, wenn sie das Bild des TM-Gründers Maharishi Mahesh Yogi ansah. Nach einem Selbst­mordversuch wurde sie in ein Heim für Geisteskranke gesteckt, wo sie Christus als ihren Retter annahm.

Nachdem eine Hausfrau aus Chicago von Swami Rama (einer der preis­gekrönten Personen der Biofeedback-Forschung an der Menninger-Klinik) in das Yoga eingeführt worden war, wurde sie von übersinnlichen Erscheinungen Swamis gequält und in eine psychiatrische Anstalt einge­liefert.

Eine Lehrerin, die die Silva-Methode gelernt hatte, erzielte bei ihren geistig behinderten Kindern durch Visualisierung Erfolge. Für die be­merkenswerten Ergebnisse wurde sie ausgezeichnet. Eines Nachts dann erhielt ihr Bruder ungefähr um 2.00 Uhr morgens einen verzweifelten Anruf: »Mein Gott, George! Irgendetwas ist in meiner Wohnung – irgend­etwas Böses, und es verfolgt mich! Bitte komm und hilf mir!«

Diese und viele andere Fälle können nur als Überfälle von bösen We­sen auf diese Personen erklärt werden. In jedem dieser Fälle resultierte die Invasion aus dem Erlangen eines höheren Bewußtseinszustands durch Formen von Hypnose und fernöstliche Meditation. Trotz der Zeugnisse zahlloser Personen, die von diesen Wesen terrorisiert, in den Wahnsinn und sogar in den Selbstmord getrieben wurden, leugnet John Lilly deren Realität. Über die bösen Wesenheiten, denen man in höheren Bewußtseinszuständen begegnet, sagt er:
»Sie können dort auf Wesenheiten treffen, die Ihrem Gefühl nach Sie jeden Moment fressen oder aufsaugen könnten. Nun, das stellt sich als Unsinn heraus. Das ist unsere Projektion … das Böse in Ihnen. Das Böse ist das, was Sie projizieren.«

Trotz alles Beweismaterials weigern sich viele, die Existenz von Satan und Dämonen anzuerkennen. Der Parapsychologe Loyd Auerbach schreibt:
»Um Klartext zu reden, möchte ich sagen, dass die einzigen Dämonen, mit denen wir als Wissenschaftler zu tun haben, unsere eigenen ›Dämo­nen‹ sind, die vom Unterbewußtsein und der Vorstellungskraft herauf­beschwört werden können.«

Auerbach begeht einen Fehler, wenn er sich selbst und seine Mitpsy­chologen als »Wissenschaftler« bezeichnet. Psychologie ist keine Wissen­schaft. Außerdem kann die Wissenschaft keine Aussagen über Geister treffen. Dennoch glauben Heerscharen von Menschen an seine großspu­rigen Aussagen. Wenn die gesunde Furcht vor bösen Geistern von Psy­chologen geschickt entkräftet wird, dann werden okkulte Experimente äußerst verlockend. »Dämonen« sind dann nur noch Fragmente der ei­genen Persönlichkeit. Alles, was nötig ist, ist die Aneignung des neuen Verständnisses.

Dämonische Besessenheit

Dessen ungeachtet gestehen heute immer mehr Psychologen und Psychi­ater – frühere Skeptiker wie M. Scott Peck – wie einst Freud, Jung und James vor ihnen ihren Glauben an die Existenz von bösen Geistern zu. Ein ehemaliger Zweifler, der Psychiater Ralph B. Allison, sagt:
»Ich glaube mittlerweile an die Möglichkeit der Besessenheit … von dämonischen Geistern aus dem satanischen Reich und das ist ein Gebiet, bei dem ich es nicht wage, darüber zu diskutieren oder mich damit einzulassen.«

Ein ganzes Heer von Psychologen und Wissenschaftlern könnte ange­führt werden, die zur selben Schlussfolgerung gekommen sind. In dem Buch The Unquiet Dead (»Die unstillen Toten«) berichtet die Psycholo­gin Edith Fiore über das Versagen der Psychotherapien bei der Behand­lung und das Versagen psychologischer Theorien bei der Erklärung be­stimmter Verhaltensweisen. Das hat sie dazu veranlasst, sich auf eine Suche zu begeben, die darin resultierte, dass sie nunmehr an dämonische Besessenheit glaubt.

In Maya Derens Buch Der Tanz des Himmels mit der Erde: Die Götter des haitianischen Vaudou wird der nackte Terror von Be­sessenheit beschrieben:
»Ich habe die Besessenheit völlig aufgegeben, denn sie ist das Zentrum, auf das hin alle Wege des Voodoo zulaufen … Nie habe ich ein Gesicht von solcher Angst, Qual und blindem Ter­ror gesehen, wie in dem Augenblick, wenn der Loa [-Geist] kommt.«

Wade Davis ist ein junger Wissenschaftler mit Titeln von der Harvard-Universität in Anthropologie und Biologie. Er hat nicht nur die physische Welt, sondern auch die »Geisterwelt« einer Reihe von Naturreligionen untersucht. Er ist dorthin vorgedrungen, wohin sich bisher nur wenige Weiße gewagt haben: in das innere Heiligtum der Geheimgesellschaften der haitianischen Voodoo-Meister, die die Macht über Leben und Tod über diese gequälte Insel innehaben. Als Augenzeuge schreibt Davis in Serpent and Rainbow:

»Für den Ungläubigen gibt es etwas zutiefst Beunruhigendes an der Besessenheit. Ihre Macht ist roh, unmittelbar und unbestreitbar real, vernichtend … Die Psychologen, die versucht haben, Besessenheit aus wissenschaftlicher Sicht zu verstehen … warten mit einigen verwirren­den Schlußfolgerungen auf … Diese umständlichen Erklärungen klingen äußerst hohl, wenn man sie auf bestimmte unwiderlegbare körperliche Eigenschaften der Be­sessenen anwendet … [wie z. B.] die Fähigkeit des Gläubigen, seine Hände unbeschadet in siedendes Wasser zu tauchen …
Ich beobachtete eine Frau in einem offensichtlichen Trancezu­stand, die drei Minuten lang eine glühende Kohle in ihrem Mund trug … Das tat sie jeden Abend nach Plan. In anderen Kulturen bestä­tigen die Gläubigen ihren Glauben … indem sie über Kohlenfelder gehen, deren Temperatur mit 340° Celsius gemessen wurde …
Abendländische Wissenschaftler haben sich geradezu absurde Er­klärungen für solche Fähigkeiten erdacht … und führen den Effekt an, der Wassertropfen auf einer Bratpfanne tanzen läßt … Meiner Meinung nach geht das völlig an der eigentlichen Frage vorbei. Ein Wassertröpfchen, das in einer Bratpfanne hüpft, ist beim besten Wil­len weder ein Fuß auf einer rot glühenden Kohle, noch mit Lippen vergleichbar, die sich an Glut schmiegen. Ich verbrenne mir immer noch meine feuchte Zunge, wenn ich das glimmende Ende einer Ziga­rette in den Mund stecke …
Die Frau war sicherlich in eine Art Reich der Geister eingetreten. Was mich allerdings am meisten beeindruckte, war das Behagen, mit dem sie das tat. Ich verfüge über keine Erfahrung noch über eine Er­kenntnis, die mir erlauben würden, das Gesehene entweder rational zu erklären oder davor zu flüchten.«

Das Medium, das sich selbst der Wissenschaft hingab

Es liegt beträchtliches Faktenmaterial vor, das die Annahme bestätigt, dass zur »Besessenheit« die Invasion von anderen unabhängigen Wesen in die betreffende Person gehört. Eileen Garrett fühlte sich so unwohl mit ihrer Besessenheit von »Geistmächten«, die durch sie redeten, dass sie sich jedem möglichen wissenschaftlichen Test unterzog, um für sich selbst sicherzustellen, dass alles nur eine Einbildung ihrer Fantasie sei. Doch die Untersuchungen bestätigten vielmehr ihre schlimmsten Befürch­tungen: dass sie tatsächlich von Wesen besessen war, denen sie nicht ent­kommen konnte.

In New York wurde dann von Dr. Cornelium H. Traeger, einem Spe­zialisten für Arthritis und Herzkrankheiten, eine Reihe strenger medizi­nischer Tests durchgeführt. Als er mit den Untersuchungen begann, ver­trat Dr. Traeger entschieden die übliche Überzeugung der Psychologen: die Wesen, die angeblich durch Garrett sprachen, seien lediglich Bruch­stücke ihrer Psyche und keine eigenständigen Wesen mit eigenem Bewußtsein. Während Garrett von verschiedenen »Kontrollgeistern« be­sessen war, untersuchte Traeger ihr »Blutbild, die Blutsenkung, Blutge­rinnungsdauer, ihre Atmung, ihren Puls, Blutdruck und ihr EKG und verabreichte ihr dazu verschiedene Medikamente«.

Ein Kollege, Dr. Elmer Lindsay, sagte:
»Die Ergebnisse waren … derart überraschend, dass Dr. Traeger sie vor seinen Kollegen zurückhielt. Bei keinem menschlichen Herzen könnten Werte gemessen werden, die sich so diametral widersprechen und voneinander abweichen … Als die Blutsenkung … das Blutbild [usw.] geprüft wurden, ließen die Werte auf eine tatsächliche Änderung der physikalischen Zusam­mensetzung ihres Blutes gerade zu der Zeit schließen, als sie von ver­schiedenen Wesenheiten gesteuert wurde.«

Weitere ausführliche Untersuchungen wurden an Eileen Garrett von Hereward Carrington durchgeführt, dem Leiter des Amerikanischen In­stituts für Parapsychologie. Wiederum waren die Ergebnisse verblüffend. Als Carrington Frau Garrett und die verschiedenen Wesenheiten einem Lügendetektor-Test unterzog, bestätigte das Gerät, dass jedes einzelne Wesen sich grundlegend sowohl vom Medium als auch von den jeweils anderen Wesen unterschied. Willis Harman, leitender Wissenschaftler am Stanford Research Institute, spricht von Fällen, bei denen Verdacht auf »Besessenheit« besteht und stellt dabei heraus:

»Die physiologischen und biochemischen Veränderungen … können die Gehirnströme, die chemische Zusammensetzung der Körperflüssig­keiten, das Immunsystem, Allergien, die elektrische Reaktion der Haut und mehr umfassen [was je nach der steuernden »Persönlichkeit«, ver­schieden sein kann] … Diese Entwicklung läßt nur wenig Zweifel daran bestehen, dass in einem bedeutenden Sinne die wechselnde Persönlichkeit mit solcher Sicherheit »wirklich existiert«, wie dies für die normale Persönlichkeit gilt.«

Es überrascht nicht, dass die Wesen, die Eileen Garrett beherrschen, die­selben Lügen aus dem Mund der altbekannten Schlange vorbringen. Sie behaupten, Götter zu sein, die das »Gottesprinzip repräsentieren, das in uns allen ist«. Ihre Botschaft stimmte überein mit all den anderen ge­channelten Aussagen: dass es keinen Tod gibt und kein Gericht – nur Angenommensein, wenn die Verstorbenen von diesem Leben auf eine andere Existenzebene übergehen und weiter ihre Lektionen lernen und immer höher aufsteigen.

Ein überwältigender Befund von Fakten weist darauf hin, dass unab­hängig von der Menschheit intelligente Wesen existieren und dass diese imstande sind, den Körper eines Menschen für ihre eigenen Zwecke zu gebrauchen, wenn ihnen Einlaß gewährt wird. Ihre einstimmige Botschaft verrät wahre Identität und Absicht.

 

Aus Dave Hunt: DIE OKKULTE INVASION – Horst Koch, Herborn, im Mai 2006

www.horst-koch.deinfo@horst-koch.de

 




Krankheit oder Dämonie (A.Lechler)

Alfred Lechler

KRANKHEIT ODER DÄMONIE

 

Inhalt

I. Der Wert der Unterscheidung von Krankheit und Dämonie

II. Was verstehen wir unter Dämonie?

1. Die dämonische Gebundenheit – Ihre Ursachen – ihre Folgen – ihre Merkmale – die innere Zerrissenheit – das Verhalten gegenüber dem Seelsorger

2. Die Besessenheit – Ihre Merkmale – die Befreiung – Rückfälle

III. Die Unterscheidung von Krankheit und Dämonie

1. Schizophrenie oder Dämonie?  –  Der Besessenheitswahn – Schizophrenie bei Gläubigen – Zusammentreffen von Geisteskrankheit und Dämonie – Stimmenhören
2. Epilepsie oder Dämonie? –  Anfälle – Verstimmungszustände
3. Schwermut oder Dämonie? –  Lästergedanken – Selbstmordgedanken – Das Problem des Selbstmordes – Die Schwierigkeit der Unterscheidung
4. Neurose oder Dämonie? –  Visionen – Dämmerzustände – Eingebildete Besessenheit
5. Psychopathie oder Dämonie? –  Merkmale zur Unterscheidung
6. Alterserscheinungen oder Dämonie? – Verkalkung der Hirngefäße – Anfechtungen

IV. Christenglaube und Dämonie
Kann bei einem Christen eine Dämonie vorliegen? – Kann ein dämonisch Gebundener freiwerden und wie geschieht dies? – Kann der Umgang mit dämonischen Menschen, besonders die Fürbitte für sie, irgendwelchen Schaden oder gar eine Krankheit verursachen?

 

VORWORT
Über den Ursprung und das Wesen der Dämonie habe ich mich in meiner Schrift “Der Dämon im Menschen“ näher ausgelassen. In der vorliegenden Arbeit liegt es mir in erster Linie daran, eine Trennung zwischen Dämonie und Krankheit vorzunehmen. Eine solche Unterscheidung erscheint mir besonders nötig infolge der auf diesem Gebiet noch immer herrschenden großen Unklarheit.
Alfred Lechler

 

I. Der Wert der Unterscheidung von Krankheit und Dämonie
In unserer Umgebung begegnen wir häufig Menschen, die sich als seelisch abnorm erweisen und durch ihr ganzes Verhalten abstoßend wirken. Wir wissen vielfach nicht, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten sollen, und ringen um eine klare Beurteilung, damit wir ihnen nicht durch eine verkehrte Einstellung und Betreuung Schaden zufügen. Meist scheint uns eine krankhafte Störung bei ihnen vorzuliegen; in manchen Fällen aber stellen wir die berechtigte Frage, ob nicht eine Dämonie dahintersteckt. In der Tat   die Frage: Krankheit oder Dämonie? ist nicht nur vom medizinischen, sondern auch vom seelsorgerlichen und rein menschlichen Standpunkt aus äußerst dringend.

Die Unterscheidung des dämonischen Menschen von dem seelisch Kranken stößt jedoch häufig auf erhebliche Schwierigkeiten. Denn einerseits sind viele Seelsorger geneigt, hinter den meisten abnormen Erscheinungen des Seelenlebens dämonische Wirkungen zu sehen. Andererseits wird von zahlreichen Menschen, die mit seelisch Belasteten zu tun haben, das Vorliegen einer Dämonie grundsätzlich abgelehnt mit der Begründung, die fraglichen Erscheinungen seien rein tiefenpsychologisch oder psychopathologisch zu erklären. Doch übersieht der wissenschaftlich Orientierte zu leicht, daß es auch eine unsichtbare Wirklichkeit gibt. Es gilt daher eine möglichst klare Trennung von Seelenkrankheit und Dämonie vorzunehmen.

Ich glaube, daß der christliche Nervenarzt bei dieser Aufgabe einen wichtigen Beitrag zu leisten hat. Er befindet sich dabei jedoch in einer nicht leichten Lage. Denn auf der einen Seite ist es ihm nicht möglich, die Dämonie rundweg zu verneinen, wie es die psychiatrische Wissenschaft und die moderne Theologie tun, die nicht selten schon denjenigen, der das Wort “Dämonie” in den Mund nimmt, ohne weiteres als geistig abnorm bezeichnen. Auf der anderen Seite vermag der christliche Arzt der in gläubigen Kreisen meist verbreiteten Auffassung von der engen Beziehung der seelischen Erkrankungen zur Dämonie nicht uneingeschränkt zuzustimmen. Er hat sich daher von dem Bestreben leiten zu lassen, jeden einzelnen Fall von fraglicher Dämonie einer sachlichen, unvoreingenommenen Prüfung zu unterziehen.

Ist es denn überhaupt begründet, von Dämonie zu reden? Zweifellos. Erkennen wir heutzutage nicht mehr und mehr, daß die Dämonie keineswegs ein veralteter biblischer Begriff ist? Seit den Tagen Jesu hat die Dämonie durch die Jahrhunderte hindurch bis in die Gegenwart hinein eine nicht geringe Rolle gespielt. Die katholische Kirche zeigt auch heute noch eine bemerkenswerte Aufgeschlossenheit auf diesem Gebiet und hat eine besondere Lehre über die Besessenheit und den Exorzismus aufgestellt. Bei dem Wort “Dämonie”, das heutzutage in vieler Munde ist, denken allerdings die meisten Menschen nur an eine unheimliche, böse Macht, unter der sie sich nichts Genaueres vorstellen können. Sie pflegen über den, der hinter dieser Macht ein durchaus persönliches Wesen erkennt, zu lächeln. Und doch entpuppt sich dieses Wesen für diejenigen, die tiefer schauen als der Widersacher Gottes, der eine große Gewalt auszuüben vermag. Für sie ist die Dämonie nicht ein überlebter Begriff, sondern eine furchtbare Wirklichkeit, mit der wir, zumal in der heutigen Zeit, unbedingt zu rechnen haben. Traten nicht bei manchen Persönlichkeiten des Zweiten Weltkrieges sehr deutliche dämonische Kräfte zutage, und ist es nicht angesichts der sich auffallend häufenden Erscheinungen der Gegenwart zur Genüge ersichtlich, daß es ausgesprochen dämonische Wirkungen gibt in Form von Gewalttaten, Mord und Raub, von Zuchtlosigkeit auf den verschiedensten Gebieten, von Haß und Streit? Bestätigen diese Wirkungen nicht die Wahrheit der biblischen Berichte? Es erscheint daher in keiner Weise angebracht, eine Entmythologisierung dieser Berichte vorzunehmen, die der Wirklichkeit keineswegs gerecht wird. Es ist auch nicht so, daß Jesus sich dem jüdischen Volksglauben nur angepaßt und so getan habe, als ob Er Teufel austriebe. Wir dürfen vielmehr überzeugt sein, daß Jesus als der Sohn Gottes eine unfehlbare Menschenkenntnis besaß, und haben daher allen Grund, das Handeln Jesu gegenüber dämonischen Menschen völlig ernstzunehmen.

Die Bibel vermag uns in der Tat auf unsere Frage: Krankheit oder Dämonie? eine klare Antwort zu geben. So hat Jesus eine deutliche Trennung zwischen beiden Begriffen vorgenommen. Als Er Seine zwölf Jünger aussandte, waren die wichtigsten Anweisungen, die Er ihnen gab, neben der Predigt vom Reich Gottes: “Machet die Kranken gesund, treibt die Teufel aus” (Matth. 10, 1.8). Und in Markus 16, 17.18 führt Er die Zeichen an, die die an Ihn Glaubenden tun werden: In Meinem Namen werden sie Teufel austreiben. . ., auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird es besser mit ihnen werden.” Daß Jesus einen genauen Unterschied zwischen Kranken und Besessenen machte, zeigt die Heilung eines Taubstummen, indem Er die Finger in seine Ohren legte und seine Zunge berührte, betete und zu ihm sprach: “Tu dich auf!”, wonach der Kranke sofort wieder hören und sprechen konnte (Mark. 7, 32 bis 35). Andererseits trieb Er bei einem taubstummen Knaben einen Teufel aus mit den Worten: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir, daß du von ihm ausfahrest” (Mark. 9, 25). Und dem Herodes ließ Jesus sagen: “Ich treibe böse Geister aus und vollführe Heilungen” (Luk. 13, 32).

Ebenso unterschieden die Apostel zwischen Kranken und Besessenen. Markus berichtet z. B. (1, 32.34): “Sie brachten zu Jesus allerlei Kranke und Besessene und Er half vielen Kranken und trieb viele Teufel aus.” Und Markus 6, 13 lesen wir: “Sie trieben viele Teufel aus und salbten viele Sieche mit Öl und machten sie gesund” (vgl. Mark. 3, 10.11 und Luk. 7, 21). Aus diesen Gründen haben wir die Pflicht, gegenüber seelisch gestörten Menschen auf eine strenge Unterscheidung von Krankheit und Dämonie größten Wert zu legen.

 

II. Was verstehen wir unter Dämonie?

Doch zunächst haben wir die Frage zu klären, worin die Dämonie besteht. Wir verstehen unter dieser Bezeichnung eine Beeinflussung des Menschen durch Satan, der mitsamt seinen Untertanen, den Dämonen, alles darauf anlegt, den Menschen zur Sünde zu verführen und sein Seelenleben zu vergiften, um ihn dadurch in seine Gewalt zu bekommen. Diese Absicht erreicht Satan durch die dämonische Gebundenheit und die Besessenheit, in die er die Menschen geraten läßt, indem er ihnen besondere Merkmale aufdrückt und ihnen allerhand seelische Störungen beibringt.

Aus den biblischen Berichten über Saul und Hiob ersehen wir, daß die Tätigkeit der Dämonen von Gott zugelassen, ja von Ihm gewirkt ist. Ebenso wie Gott dem Menschen, der Ihm gehorsam ist, Seinen Geist gibt, kann Er denjenigen, der sich hartnäckig Seiner Stimme widersetzt und sich schwer versündigt, in die Hand eines bösen Geistes geben, der den Menschen an sich bindet und beherrscht. So schickte Gott dem König Saul einen bösen Geist, der ihn mit innerer Unruhe und Angst, mit Raserei und Mordabsichten erfüllte (1. Sam. 16, 14.15; 18, 9 12). Gott kann aber auch im Menschen vorübergehende satanische Anfechtungen zulassen, wie dies bei Hiob der Fall war, um ihn auf seine Standhaftigkeit zu prüfen (Hiob 1, 12; 2, 5.6). Gott besitzt die Macht und Kontrolle über die Geister, über die bösen ebenso wie über die guten (Matth. 8, 16). Die Dämonen vermögen nichts gegen den Willen Gottes zu unternehmen, ihrer Macht sind von Gott Grenzen gesetzt (Hiob 2,6).

Wenn von mancher Seite ein Beitrag der medizinischen Erfahrung gefordert wird, um der Frage einer Wirklichkeit der Dämonie näherzutreten, so glaube ich, im folgenden eine Reihe von typischen Merkmalen der Dämonie anführen zu können, die ein Licht auf den ganzen Fragenkomplex zu werfen geeignet sind. Im übrigen gilt das Wort von Bieneck: “Man erkennt die Dämonie nur, wenn man durch lebendigen Umgang mit der Bibel und durch die Nachfolge Jesu geübte Sinne dafür hat.”

 

1. Die dämonische Gebundenheit

Diese ist außerordentlich häufig anzutreffen und nimmt heutzutage rapide zu. Wir verstehen darunter einen Zustand der Bindung des Menschen an Satan, so daß dieser ihn in seiner Gewalt hat. So sagte Jesus zu Seinen Jüngern: “Einer von euch ist ein Teufel”, indem Er auf die Gebundenheit des Judas Ischarioth an Satan hinwies. Und Johannes schreibt von ihm (13, 2): Bei dem Abendessen, da schon der Teufel es dem Judas ins Herz gegeben hatte, daß er Ihn verriete . . .” Auch in Luk. 13,16 ist von einer Frau die Rede, die 18 Jahre lang von Satan mit Krankheitsfesseln gebunden war. Und von Ananias und Saphira wird erwähnt, daß der Teufel sie zur Geldliebe verführt hatte (Apg. 5, 3). Ebenso spricht Paulus 2. Tim. 2, 26 von Menschen, die sich von den Schlingen des Teufels haben einfangen lassen zur Ausführung seines Willens. Und Jesaja (61,1) spricht von der Befreiung der Gefangenen und der Entfesselung der Gebundenen. Aus diesen Stellen geht hervor, daß Satan einen Menschen an sich zu ketten vermag, indem er ihm seinen Willen aufzwingt oder ihn krank macht, so daß er zu einem Gefangenen Satans wird.

Was aber gibt Satan das Recht dazu, den Menschen an sich zu binden? Mit anderen Worten: was sind die U r s a c h e n der dämonischen Gebundenheit? Sie kommt zustande, wenn der Mensch in schweren, unvergebenen Sünden lebt und in völliger Verstocktheit dem Geiste Gottes andauernd widerstrebt, oder wenn er einen Mord, auch die Tötung des keimenden Lebens, auf dem Gewissen hat oder einen Meineid schwört. Besonders leicht gerät der Mensch in dämonische Gebundenheit, wenn er sich selbst bewußt in Berührung mit finsteren Mächten bringt, indem er sich mit okkulten Dingen abgibt. Dazu gehören Besuche bei einer Wahrsagerin, die mit dem Teufel im Bunde steht, spiritistisches Totenbefragen, aktive oder passive Besprecherei. Aber auch schon die Benützung eines Zauberbuches oder eines Horoskopes, abergläubische Gebräuche, wie das Tragen von Amuletten oder das Schreiben von sogenannten Schutzbriefen, ferner Pendeln und Rutengehen können zu einer dämonischen Bindung führen. Dasselbe geschieht, wenn der Mensch seine Feinde oder das Kreuz und Jesus oder Gott und den Heiligen Geist verflucht. Denn jeder Fluch ist ein Anruf an den Teufel und führt daher zu einer Bindung an ihn. Ebenso kann ein Mensch in dämonische Gebundenheit fallen, wenn er von einem dem Teufel hörigen Menschen verflucht wird.

Vor allem hat eine bewußte Verschreibung an Satan, zumal mit dem eigenen Blut, eine schwere Gebundenheit zur Folge. Solch ein förmlicher Vertrag mit dem Teufel ist häufiger als man denkt, aber meist unbekannt, weil der Betreffende auf keinen Fall darüber etwas auszusagen wagt. Eine solche Auslieferung an Satan mit Leib und Seele erfolgt meist zu dem Zweck, die Erfüllung besonderer Wünsche zu erreichen.

Aber nicht nur derjenige, der die genannten Sünden begeht, gerät in dämonische Bindung, sondern, wie Dr. Koch seinem Buch Seelsorge und Okkultismus schreibt, nicht selten auch der Mensch, dessen Eltern oder Vorfahren sich mit Zauberei und anderen okkulten Dingen abgegeben haben. Starke Zauberer oder Medien suchen nämlich vor ihrem Tode aus ihrer Verwandtschaft oder Umgebung einem ihnen geeignet erscheinenden Erwachsenen oder Kind ihre okkulten Fähigkeiten zu übertragen. Diese entdecken dann eines Tages ihre merkwürdigen Gaben.

Durch all die erwähnten Machenschaften beansprucht der Mensch die Dienste des Teufels. Er sucht entweder etwas zu erlangen, was ihm bisher versagt blieb, etwa Gesundheit und irdisches Glück, oder er sucht die Zukunft zu erfahren, die Gott ihm absichtlich verborgen hat. Satan aber gewährt ihm nur allzu gerne seine Hilfe. Doch diese Hilfe wirkt sich bald in verhängnisvollen F o l g e n aus. So werden die Menschen, die sich besprechen lassen, zwar meist gesund, und denen, die zur Wahrsagerin gehen, wird die Zukunft richtig vorausgesagt, wenn die Helfer sich dämonischer Kräfte bedienen. Auch der mit dem Teufel geschlossene Vertrag geht in Erfüllung, wie auch der gegen einen Menschen ausgesprochene Fluch, falls der Verfluchte nicht ein Jünger Jesu ist. Aber der Teufel leistet seine Dienste nicht umsonst. Er bindet die Menschen, die sich an ihn wenden, mit schweren Ketten an sich, so daß sie ihm hörig werden. Der Mensch ist nicht mehr imstande, sich in eigener Kraft aus diesen Banden zu lösen. Gott hat sich von ihm zurückgezogen, Er hat ihn “dahingegeben” (Römer 1, 24.26.28). Und meist zeigen sich alsbald schwere Folgen in seinem Seelenleben.

Damit kommen wir zu den M e r k m a l e n der dämonischen Gebundenheit, denen ich aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit immer wieder begegnet bin. Zwar vermag der Teufel auf die verschiedenste Weise seinen Einfluß auf den Menschen auszuüben, so daß es nicht leicht ist, eine erschöpfende und zuverlässige Beschreibung der Kennzeichen seiner Bindung zu geben. Und doch können wir in vielen Fällen ein ziemlich klar umrissenes Symptomenbild beobachten, das vor allem das Gebiet des Seelenlebens betrifft.

Zunächst gerät das ganze menschliche D e n k e n  u n d  F ü h l en unter den Einfluß des Teufels. Dementsprechend legt der Mensch eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber göttlichen Einwirkungen, ja oft eine direkte Ablehnung des Glaubens an Gott an den Tag. Das Wort Gottes hat ihm nichts zu sagen, die Verheißungen der Bibel lassen ihn kalt. Bei religiösen Beeinflussungsversuchen hat er nur Hohn und Spott übrig oder er läuft voller Wut weg. Er kann nur noch Böses, nur gottwidrige Dinge denken. Die Sucht zu unreinen Gedanken und zur Lüge erfüllt ihn, er ist geradezu besessen von der Lust, Unwahres zu sagen. Vielfach lügt er, ohne sich dessen bewußt zu sein. über seine Sünden empfindet er keinerlei Reue, und doch wird er von einer dauernden Unruhe, Friedelosigkeit und gedrückten Stimmung geplagt. Schon der Anblick eines Kruzifixes, eines Leuchtkreuzes oder eines Bildes von Jesus stört ihn. Nicht selten quält ihn eine furchtbare Angst, weil er sich Tag und Nacht verfolgt fühlt. Oft ist es ihm, als stehe jemand hinter ihm oder an seinem Bett.

Aber nicht nur das Denken und Fühlen, sondern auch das W o l l e n des dämonisch Gebundenen wird von Satan regiert. Er will Gott auf keinen Fall Gehorsam leisten und begeht bewußt Sünde, obwohl er meist genau weiß, daß sie ein Unrecht ist. Aber er wird innerlich gezwungen zu tun, was der Teufel ihm einredet oder befiehlt. So neigt er zur Auflehnung und Lästerung gegen Gott, zum Jähzorn und Trotz gegenüber seinen Nebenmenschen, zu Schikanen und Feindschaft, zu Erregtheit und Gewalttätigkeiten. Wenn er sich ärgert, verflucht er sich selbst; er verflucht und haßt die anderen, wenn sie ihm etwas angetan haben. Zu einer Aussöhnung ist er auf keinen Fall bereit. Selbst seine Angehörigen und Freunde kann er ohne besonderen Grund oder bei einer geringen Auseinandersetzung verwünschen und schlagen oder gar Mordgedanken gegen sie hegen. Eine übermäßige Stärke des Geschlechtstriebes, die Sucht zu abnormen sexuellen Handlungen, zu Alkohol und Nikotin und anderen groben Leidenschaften kann ihn völlig beherrschen. Auch verspürt er oft einen unwiderstehlichen Drang, Hand an sich zu legen, und setzt seine Selbstmordgedanken vielfach mit vollem Bewußtsein in die Tat um. Häufig begeht er auch unbedachte Taten, die sich gegen Gott wenden. So kann er seine Bibel vernichten oder er reißt Seiten, die ihn anklagen, aus ihr heraus, er verbrennt religiöse Schriften, wirft das Gesangbuch in die Ecke, entfernt fromme Wandsprüche. Gibt man ihm ein christliches Blatt, so kann es geschehen, daß er gemeine Reden führt, lästert und, ohne hineinzuschauen, das Blatt zerreißt und es in den Papierkorb wirft oder sogar mit dem Fuß darauf trampelt. Auch ruft er oft den Teufel an, damit dieser ihm helfe.

Ein sehr häufiges Merkmal der dämonischen Gebundenheit ist die Unfähigkeit, den Namen Jesu a u s z u s p r e c h e n oder zu schreiben. Nur mit größtem Widerstreben und nach innerer Überwindung vermag er dies schließlich, indem sich sein Gesicht entstellt oder wenn er den Namen mechanisch ausspricht. Satan will nicht an diesen Namen erinnert werden, denn es ist der Name dessen, der ihn am Kreuze besiegt hat.

Wenn daher der Gebundene ein Gebet oder einen Satz sagen soll, in dem das Wort “Jesus” vorkommt, so bleibt er gewöhnlich stumm. Schon wenn er diesen Namen hört, kann er in innere Erregung geraten, die Stirn runzeln, ja geradezu toben. Auch lehnt er es ab, ein Lied, das von Jesus handelt, zu singen oder ein Bild Jesu anzuschauen. Jedes Buch, in dem von Jesus die Rede ist, legt er beiseite. Eine Gebundene, die brieflich den Namen Jesu erwähnen wollte, schrieb mir: “Der, der am Kreuz hängt … Sie wissen, wen ich meine.“ Wird ein solcher Mensch aufgefordert, im Gebet sich an Jesus zu wenden, so wird ihm der Hals geradezu zugeschnürt oder es steigen ihm höhnische und lästerliche Gedanken auf, auch bringt er es nicht fertig, die Hände zu falten. Ebenso spürt er einen Widerwillen, wenn vom Teufel oder Satan, von Dämonen, von der Hölle die Rede ist. Bei jeglichem Versuch religiöser Beeinflussung wird er unruhig und abweisend.

Die Merkmale der dämonischen Gebundenheit, die mehr oder weniger den Eigenschaften des Bösen gleichen, können wie folgt zusammengefaßt werden:

1. Da Satan der Vater der Lüge ist (1. Mose 3,4.5; Joh. 8,44; 1. Joh. 2,22), zeigen sich bei dem von ihm Gebundenen Lüge und Falschheit, Hinterlist und Betrügerei, Verleumdung und Irrlehre (Spr. 12, 5; Jer. 9, 5; Röm. 1, 33; 1. Tim. 4, 2).

2. Da Satan ein Mörder von Anfang ist (Joh. 8, 44), flößt er den Menschen den Drang zum Selbst¬mord ein, dazu die Lust zum Töten, den Haß und Jähzorn, Zerstörungstrieb, Brutalität, Folterung, Rachsucht, Unversöhnlichkeit (l. Mose 4, 8; 1. Sam.18,11; Röm.1,29.31; Gal.5,20).

3. Da Satan der Fürst der unreinen Geister ist (Matth. 10,1; Apg. 5,16 u. a.), verführt er zur Sucht, zur Unkeuschheit, zu Hurerei und abnormen sexuellen Betätigungen (Röm. 1, 24; 1. Kor. 6,9; Gal. 6,19; 2. Tim. 3, 3).

4. Da Satan der Widersacher Gottes ist (Matth. 13,19.25.39; Eph.2,2; 1. Petr.5,8; 1.Joh.3,8 a), wirkt er in den “Kindern des Unglaubens” den Widerwillen und die Spottsucht gegenüber allem Göttlichen, Fluchen und Lästern, Auflehnung gegen Gottes Gebote, die Freude am Sündigen, das Unvermögen zu glauben und zu beten, bewußten Atheismus (Apg. 13, 8.10; 2. Kor. 4, 4; 2. Thess. 2, 4; 2. Tim. 3, 2).

5. Da Satan der Herr der friedelosen Geister ist (Luk. 11, 24), suchen diese auch im Menschen Unruhe, Friedelosigkeit, Unrast zu säen (l. Mos. 4, 12; Luk. 8, 29).

6. Da Satan der Fürst der Finsternis ist, weil er das Licht haßt, das die Sünde aufdeckt (Luk. 22, 53; Eph. 6,12; Kol. 1, 13), beobachten wir bei seinen Gebundenen oft ein finsteres, heimtückisches, undurchsichtiges, verschlossenes, unaufrichtiges, verräterisches Wesen sowie vielfach okkulte Betätigung (l. Mos. 4, 5; Spr. 2, 13; 1. Sam. 16, 14. 15; 18, 9; Matth. 6, 23; Joh. 3, 19.20; Apg. 8, 21.22).

7. Da Satan oft als getarnter “Engel des Lichts” auftritt (2. Kor. 11, 13.14; Offb. 13, 3.13), erweisen sich seine Anhänger häufig als falsche Propheten, die scheinheilig und heuchlerisch das Wort Gottes verfälschen, den Namen des Herrn im Munde führen, aber nicht Seinen Willen tun, die mit ihren Taten zu glänzen suchen und sich geradezu göttlich verehren lassen oder im Namen Gottes bewußt Falsches weissagen (Jer.14,14; 23,14; 29,8.9; Matth.7,15.21; Apg. 8, 9.10; 2. Kor. 2, 17; Kol. 2, 18.23; 2. Thess. 2, 9; 1. Tim. 4, 3; 2. Tim. 3, 5; Offb. 2, 2 b; 3, 9).

Eine besondere Art dämonischer Gebundenheit kann die m e d i a l e F ä h i g k e i t darstellen. Es gibt nämlich nach Dr. Kochs Erfahrungen Menschen, die von ihren okkult tätigen Vorfahren eine Medialität ererbt oder durch eigene okkulte Betätigung eine solche Fähigkeit erworben haben. Bei ihnen finden sich neben den erwähnten Merkmalen zuweilen Zustände von Bewußtlosigkeit (Selbsthypnose), Hellsehen, Telepathie, außergewöhnliche Memorierfähigkeit, Nachtwandeln, heilmagnetische Kräfte, Pendeln, Rutengehen. Hinzugefügt sei jedoch, daß diese Symptome in manchen Fällen nicht als dämonisch zu bezeichnen sind. Immerhin besteht auch hierbei die Gefahr der Einwirkung dämonischer Mächte.

Der Grad der dämonischen Gebundenheit ist sehr verschieden, er ist abhängig von der Schwere der Schuld, die der Mensch auf sich geladen hat. Die leichteren Formen der Dämonie sind oft nur nach eingehendem Befragen erkennbar.

Wenn nun ein Gebundener Satans religiös angefaßt ist, was durch anhaltende, vollmächtige Seelsorge geschehen kann, kommt es bei ihm zu einer typischen inneren Zerrissenheit. Zeitweise hat er den ehrlichen Wunsch, an Gott und Jesus zu glauben und Ihm nachzufolgen; und doch vermag er den Glauben nicht zu fassen, weil eine innere Stimme ihn davon abhält. “Ich möchte ein Eigentum Jesu sein, aber kann es nicht, weil eine Mauer dazwischensteht”, sagte mir solch ein Gebundener. Vor allem ist es ihm, auch wenn er das Verlangen dazu hat, zunächst nicht möglich, die Liebe Gottes und die Vergebung seiner Sünden für sich zu nehmen, auch wenn er theoretisch an das Sühnopfer Jesu glauben kann. Wie oft klagt er: “Es gibt für mich keine Erlösung und keinen Frieden. Könnte ich mich nur ausweinen! Aber mein Herz ist wie Stein.” Er empfindet einen starken Widerwillen, wenn er die Bibel lesen oder beten möchte. Und wenn er nach innerem Kampf es schließlich fertig bringt, Gottes Wort zu lesen und zu beten, ist er meist nicht imstande, sich zu konzentrieren, weil sofort andere Gedanken von ihm Besitz nehmen oder weil ihn eine auffallende Müdigkeit erfaßt. Hin und wieder vermag er seine Knie nicht zu beugen oder er steht während des Betens plötzlich auf und äußert voller Wut, alles Beten sei Lug und Trug. Unter seiner Zwiespältigkeit und Friedelosigkeit leidet er meist sehr. Er hört oft innere Stimmen und Eingebungen, ohne zu wissen, was sie zu bedeuten haben.

Seine vielfache Schuld erkennt der Gebundene, der innerlich zerrissen ist, meist, aber es fehlt ihm zunächst an der echten Reue. Zwar will er von seiner Gebundenheit loskommen, und doch muß er immer wieder seiner Lieblingssünde nachgehen, weil er die Kraft zu ernstem Widerstand nicht aufbringt. Bald fühlt er sich zum Guten hingezogen und ist entschlossen, sein Leben Gott auszuliefern; bald haßt er das Gute, hat Freude am Bösen und zweifelt an Gott und der Wahrheit der Bibel. Zu seinem Nebenmenschen kann er durchaus freundlich und hilfsbereit sein; doch unvermittelt gibt er ihm eine freche und gehässige Antwort, ja er kann ihn in unflätiger Weise beschimpfen. Einmal schreibt er dem anderen einen liebenswürdigen Brief, dann wieder sendet er ihm einen Wisch mit einem Inhalt voll von Unwahrheiten und Vorwürfen. Wenn er Gemeinschaft mit echten Christen aufsucht, fühlt er sich unter ihnen nicht wohl und kann sogar die “Frommen” verhöhnen. Wenn vom Teufel die Rede ist oder während des Gottesdienstes ist es ihm zuweilen kaum möglich, ein Lachen zu unterdrücken, er blättert gedankenlos im Gesangbuch oder er döst vor sich hin. Besucht er eine Evangelisationsversammlung, so gerät er nicht selten in starke Unruhe und Ablehnung oder in Anfechtungen und vermehrte Zweifel, so daß es ärger mit ihm wird, als es vorher war. Einmal ist er trotzig, verschlossen und verstockt, das andere Mal verzagt und reumütig und bittet Gott unter verzweifeltem Weinen, Er möge sich seiner erbarmen. Einmal verspricht er, das Trinken oder eine andere Leidenschaft aufzugeben, um kurz darauf sein Versprechen bewußt zu brechen. Einmal ist er von Selbstmordgedanken erfüllt, dann wieder plagt ihn die Furcht vor dem Tode und dem Gericht. An der Lüge hat er vielfach keine Lust mehr, doch wird er noch öfters von ihr überfallen. Auch vom Fluchen ist er noch nicht ganz frei. Die geheime Mordlust schwindet in manchen Fällen nur schwer. So schrieb mir eine Gebundene: “Vielleicht muß ich erst zur Mörderin werden, bevor ich auf Gott höre. Ich will nichts Böses, aber ich werde dazu getrieben.”

Besonders bezeichnend für das Vorliegen dämonischer Gebundenheit ist das Verhalten des Gebundenen gegenüber dem Seelsorger. Während er zeitweise für dessen Betreuung durchaus empfänglich ist und das Verlangen hat, seine Schuld zu bekennen, kann er plötzlich ein starkes Mißtrauen ihm gegenüber an den Tag legen, so daß er nicht zu bewegen ist, irgend etwas über seine bösen Gedanken und Taten auszusagen. Er vermag den Mund nicht zu öffnen oder es ist ihm plötzlich entfallen, wenn er etwas bekennen wollte. Und wenn er sich doch dazu aufschwingt, ein Sündenbekenntnis abzulegen, sucht er manche Sünde zu verheimlichen oder den Seelsorger bewußt zu belügen. So bat mich jemand: “Fragen Sie mich öfters, ob ich auch bestimmt die Wahrheit sage und ob ich alles bekannt habe.” In manchen Fällen sucht der Gebundene sich kurz vor der mit dem Seelsorger verabredeten Zeit zu drücken. Und wenn ihm seine Sünden vorgehalten werden, kann er dem Seelsorger einen bösen Blick zuwerfen und sich die Ohren zuhalten oder das Gespräch auf nebensächliche Dinge zu lenken suchen. Auch kann er dem Seelsorger den Vorwurf machen, was dieser sage, meine er gar nicht ernst, im Grunde seines Herzens verachte und hasse der Seelsorger ihn; er solle doch zu¬geben, daß er ihn als eine Last empfinde. Es sei viel richtiger, man bete nicht mehr für ihn und unterlasse das Reden und Schreiben, denn dies alles sei ja doch völlig zwecklos. Wenn er über seinen Zustand nicht reden wolle, schimpfe der Seelsorger; aber er lasse sich nicht erpressen, sonst würde er höchstens Unwahres aussagen. Die Mühe des Seelsorgers sei nur Kraft  und Zeitverschwendung, er könne ihm ja doch nicht helfen und solle sich daher lieber um andere Menschen kümmern. Auf solche und ähnliche Weise kann der Gebundene dem Seelsorger völlig unbegründete, geradezu aus der Luft gegriffene Vorwürfe machen. Auch äußert er des öfteren, es gebe für ihn keine Hoffnung mehr, weil sein Verlangen nach der Welt zu stark sei; es sei viel schöner, ein Leben der Freiheit zu führen, statt Gottes Gebote zu erfüllen. Dies führe nur zu einer seelischen Verkrampfung. Mit dem Teufel habe er keineswegs zu tun; es habe daher keinen Sinn, dem Teufel zu gebieten. Er stecke nicht in der Sünde, Gott habe ihn so, wie er sei, geschaffen. Aber er gebe zu, daß er oft Dinge tun müsse, die er gar nicht wolle. Wenn der Seelsorger ein Absagegebet mit dem Gebundenen spricht, kann dieser es entweder gar nicht oder erst nach innerem Kampf nachsprechen. Ja, schon ein einfaches Gebet, das der Seelsorger mit ihm sprechen will, lehnt er oft ab. Und wenn es dennoch zu einem Gebet kommt, steigen leicht unreine Gedanken in ihm auf. Auch wenn er den ehrlichen Willen hat, den Namen Jesu zu sagen, gelingt ihm dies häufig nicht. Bezeichnend ist es auch, daß der Zustand des Gebundenen sich meist zunächst um so mehr verschlimmert, je mehr er seine inneren Qualen offenbart oder den Namen Jesu aussprechen will.

All die erwähnten Angaben, die der Gebundene macht, sind nichts anderes als die “listigen Anläufe” des Teufels (Eph. 6, 11), der, ohne sich zu erkennen zu geben, seine Gedanken und Absichten dem Menschen eingibt und alle erdenklichen Lügen gebraucht in der Absicht, ihn von der Verbindung mit Gott und von der Vergebung seiner Schuld abzuhalten. Denn solange der Gebundene keine Vergebung erhält, bleibt er in der Hand des Teufels.

Ebenso ist es das Bestreben Satans, Zwietracht zwischen dem Gebundenen und dem Seelsorger zu säen. Es ist dem Teufel darum zu tun, auf jede Weise den Seelsorger in den Augen des Gebundenen herabzusetzen, damit dieser nicht auf die Stimme Gottes hört, sondern in der Gewalt des Teufels bleibt. Mancher Gebundene erklärt denn auch offen, es komme ihm so vor, als sei er selbst es gar nicht, der solche Gedanken und Absichten liege, vielmehr rede und handle ein ganz anderer aus ihm. Hinterher könne er nicht begreifen, daß er zu solchen Kurzschlußhandlungen und  äußerungen fähig war.

Die geschilderten Symptome, die besonders auf dem religiösen Gebiet sich zeigen, können psychologisch entweder gar nicht oder nur schwer und auf gekünstelte Weise erklärt werden. Es gibt in der Tat nur e i n e natürliche Deutung für das völlig widerspruchsvolle Wesen des Gebundenen, der innerlich hin  und hergerissen ist: die Stimme Gottes und die Stimme des Teufels stehen bei ihm dauernd im Kampf miteinander. Weil dem Feinde alles daran gelegen ist, den Gebundenen am Glauben, am Beten, am Bibellesen zu hindern, kommt es meist zu einem langwierigen Ringen des Seelsorgers um dessen Befreiung.

Zur Illustration sei einiges aus dem Brief einer dämonisch gebundenen Patientin angeführt, die nach längerer seelsorgerlicher Betreuung eine Zeitlang frei gewesen war, jedoch rückfällig wurde und sich nun im Stadium der inneren Zerrissenheit befindet:

„Ich kann die Sünde nicht hassen, ich kann dem Bösen nicht Widerstand leisten, ich bin wieder in schlechte Filme gegangen. Ich wollte Ihnen alles verheimlichen, denn ich habe Angst vor Ihnen, weil ich nicht auf Sie gehört habe. Bitte verstoßen Sie mich nicht. Es macht mich traurig, daß ich Ihnen so viel Kummer bereite. Obwohl Sie mich immer mahnen und ich auch hören will, tue ich doch wieder das Böse. Es lockt mich so. Mich zieht es in die Bars und in die Filme. Deshalb lassen Sie lieber das Beten für mich sein, es hat doch keinen Wert mehr. Der Böse redet mir ein, daß es doch gar nicht so schlimm ist. Da gehen so viele hin und ich darf nicht so eng denken. Gott hat uns doch in diese Welt gestellt, warum muß ich denn alles meiden? Aber gleichzeitig weiß ich, daß ich da nicht hingehöre. Ich werde doch nicht besser, es ist immer ein Hin und Her. Und doch habe ich davor Angst, daß ich einmal auf der Straße lande. Ich weiß, daß ich dazu zu schade bin. Aber der Mensch ist zu allem fähig, auf jeden Fall ich. Wenn ich meine innere Unruhe nicht mehr aushalte, trinke ich Wein und rauche. Und ich möchte dies so gerne lieber lassen. Was soll ich nur tun? Ich bete nicht mehr und fasse auch die Bibel nicht mehr an. Warum, weiß ich nicht. Ich komme auch so durch. Sagen Sie, hat Gott mich dahingegeben? Ich finde allein nicht mehr den Weg zurück. Gibt es keine Hilfe mehr für mich? Ich möchte doch im Grunde für Gott da sein und Ihm dienen. Aber immer versage ich. Bald gebe ich mich selbst auf, ich bin ja doch ein hoffnungsloser Fall. Weshalb mußte ich früher so viel Liebe entbehren, so daß ich zum Haß erzogen wurde? Helfen Sie mir doch bitte aus diesem Zustand wieder heraus!”

 

2. Die Besessenheit

Satan kann aber nicht nur eine Gebundenheit des Menschen an ihn hervorrufen, sondern auch wirklichen Besitz von ihm ergreifen. Die Besessenheit ist meist die Fortsetzung der Gebundenheit. Sie pflegt dann einzutreten, wenn der Gebundene in völliger Verstocktheit noch weitere Schuld auf sich lädt, indem er z. B. sich mit seinem eigenen Blut dem Teufel verschreibt. Doch kann es auch vorkommen, daß der Geist eines Besessenen nach dessen Tode auf einen seiner ungläubigen Nachkommen übergeht, wodurch eine sofortige Besessenheit erfolgt.

Viele Menschen, die eine dämonische Gebundenheit gelten lassen, leugnen die Tatsache der Besessenheit. Die Heilige Schrift kennt jedoch beide Arten von Dämonie und unterscheidet sie deutlich voneinander. So lesen wir Johannes 13, 2, daß der Teufel dem Judas Ischarioth den Verrat Jesu eingeredet hatte, und im gleichen Kapitel Vers 27 heißt es: “Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn.” Für den Bibelgläubigen besteht kein Zweifel, daß es zu Jesu und der Apostel Zeiten Besessene gab. Auch das Wort Jesu: “Die Zeichen, die denen zuteil werden, die da glauben, sind die: In Meinem Namen werden sie Teufel austreiben”, spricht dafür, daß die Besessenheit heutzutage nicht aufgehört hat. In der Tat gibt es auch in der Gegenwart Menschen, deren Zustand mit der in der Bibel beschriebenen Besessenheit manche Ähnlichkeit hat und weder psychiatrisch noch psychologisch befriedigend erklärt werden kann. Allerdings   das muß deutlich betont werden   wird die Besessenheit, wenigstens bei den Kulturvölkern, viel seltener beobachtet als die dämonische Gebundenheit. Zahlreiche Zustände von vermeintlicher Besessenheit sind entweder als dämonische Gebundenheit oder als eine seelische Krankheit anzusehen.

Welches sind nun die M e r k m a l e der Besessenheit? Da die dämonische Gebundenheit meist unmerklich in die Besessenheit übergeht, decken sich die Symptome der letzteren zum Teil mit den erwähnten Zeichen der dämonischen Gebundenheit oder sie finden sich in verstärktem Maße bei der Besessenheit wie die Abneigung gegen göttliche Dinge und die mediale Fähigkeit. Die Unterscheidung zwischen beiden Zuständen ist daher oft nicht leicht. Außer den Merkmalen der dämonischen Gebundenheit tritt jedoch bei der Besessenheit nicht selten eine ausgesprochene Tobsucht mit Schreien, Lästern, Zähneknirschen und der Neigung zu Gewalttaten und Verbrechen auf. In solchen Zuständen kann der Besessene Gegenstände beschädigen oder sich selbst Verletzungen beibringen, um sich das Leben zu nehmen. Auch fällt er beim Beten mit dem Seelsorger oder bei einer Predigt oft sofort in einen Dämmerzustand, so daß er nichts in sich aufnimmt. Ein “tauber Geist” sucht ihn vom Mitbeten und von religiöser Beeinflussung abzuhalten. Zuweilen wird ein höhnisches Lachen beobachtet, wenn in der Gegenwart des Besessenen vom Kreuz und Blut Jesu gesprochen wird. Vielfach hört er die laute oder flüsternde Stimme des Teufels, der ihm Dinge zu tun befiehlt oder verbietet. Manchmal sieht er auch dunkle Gestalten im Zimmer. Die Dämonen reden im allgemeinen nur wenig aus dem Besessenen, um möglichst unerkannt zu bleiben. Nur wenn der Zeitpunkt ihrer Austreibung gekommen ist, geben sie ihren Widerstand auf und können ihrer Verzweiflung und Angst vor dem Ausfahren Ausdruck geben.

Außer diesen Merkmalen gibt es noch einige bemerkenswerte, aber selten auftretende Phänomene bei der Besessenheit: einmal Trancezustände, in denen ein anderer mit veränderter Stimme oder in einer fremden Sprache, die dem Besessenen selbst nicht geläufig ist, aus ihm redet. Hinterher weiß er nichts von alledem. Sodann eine außergewöhnliche Körperkraft, die der Besessene in tobsüchtigem Zustand an den Tag legen kann, wenn er gebändigt werden muß (Mark. 5, 4; Apg. 19, 16). Ferner kann Hellsehen beobachtet werden, indem der Besessene von Dingen spricht, die er auf natürlichem Wege nicht erfahren haben konnte. Er sieht einem anderen an, wes Geistes Kind er ist, welche unvergebenen Sünden er begangen hat und welche Zukunft ihm bevorsteht. Es zeigt sich, daß seine Aussagen zutreffen, wie dies auch bei dem Mädchen in Philippi der Fall war (Apg. 16,16).

Bei diesen außergewöhnlichen Symptomen versagen alle Versuche einer medizinischen oder parapsychologischen Erklärung. Ausdrücklich muß jedoch bemerkt werden, daß das Hellsehen nicht nur bei Besessenen angetroffen wird, sondern auch von dazu veranlagten Menschen als eine besondere Gabe angesehen, aber öfters auch als eine schwere Last empfunden wird. Diese Art von Hellsehen ist wesentlich häufiger als die dämonisch bedingte. Beide Arten voneinander zu unterscheiden, ist ohne Schwierigkeit möglich.

Ferner werden in der Umgebung eines Besessenen bei Nacht nicht selten schwere Schritte, Klopfen, Poltern und andere Geräusche gehört und zwar nicht nur von den Menschen, die für den Besessenen beten – sie sollen durch die Geräusche in Angst versetzt und an der Fürbitte gehindert werden – , sondern auch von völlig unbeteiligten Personen.

Häufig fällt der Besessene durch einen finsteren, haßerfüllten Gesichtsausdruck auf. Dieser wird besonders dann offenbar, wenn in seiner Gegenwart geistliche Gespräche geführt werden oder wenn er auf dem Sterbebett liegt. Doch kann er bewußt eine Maske aufsetzen, so daß ihm von seinem inneren Zustand oft nichts anzumerken ist.

Auch körperliche Symptome finden wir bei der Besessenheit. Der Teufel sucht sein Opfer zu quälen, indem er vorübergehende Schmerzen aller Art an den verschiedensten Körperstellen verursacht. Sie treten mit größter Willkürlichkeit auf, wie wir sie bei echten Krankheiten nicht beobachten. Besonders bei Nacht können Besessene geplagt werden, so daß an Schlaf kaum zu denken ist.

Die B e f r e i u n g von der Besessenheit kann ohne besondere Zeichen vor sich gehen. Doch ist sie daran zu erkennen, daß der Befreite nach schwerem Gebetskampf plötzlich ein frohes und gelöstes Wesen an den Tag legt und den Namen Jesu freudig aussprechen kann. Er sagt sich auf Veranlassung des Seelsorgers oder auch spontan von allen finsteren Mächten los. Die krankhaften Störungen, auch die erwähnten, besonders auffallenden Zeichen schwinden nach der Befreiung schnell und völlig. So war die Wahrsagekunst des Mädchens in Philippi nach ihrer Befreiung schlagartig beseitigt (Apg. 16, 19).

R ü c k f ä l l e, auf die schon Jesus hingewiesen hatte (Matth. 12, 43   45), sind allerdings ziemlich häufig. Deshalb befahl Jesus dem Dämon in dem besessenen Knaben ausdrücklich: “Fahre aus und kehre nie mehr zurück!” Wenn der Befreite nicht weitere Seelsorge erfährt, wird sein Zustand entweder schlimmer als er zuvor gewesen war, oder er kann zum mindesten aufs neue in eine dämonische Gebundenheit geraten.

Als Beispiel einer wahrscheinlichen B e s e s s e n h e i t sei das Wesentliche aus einem Brief angeführt, den ich von einer verheirateten Frau erhielt:

“Meine Ehe ist keine glückliche. Mein Mann liebt mich nicht, und das, was ich ihm geben könnte, will er nicht. Er geht immer mehr seine eigenen Wege. Meine Ehe ist ein langer Leidensweg. Aber ich sehe ihn als eine Leidensgemeinschaft mit meinem Herrn an, so daß ich ihm auf diesem Wege näher sein darf, als wenn ich eine glückliche Ehe führen dürfte. Mein Mann ist fast immer von Unruhe und Friedelosigkeit erfüllt. jedes kleinste Mißgeschick bringt ihn außer sich. Unserem Kinde gegenüber ist er unbeherrscht, und nie ist dieses schwieriger, als wenn der Vater da ist. Oft ist mir seine Nähe eine Pein, da einfach etwas Böses von ihm ausgeht, während auch er meine Nähe nicht ertragen kann. Es scheint mir oft, daß das Böse sich bei jeder Gelegenheit in ihm bemerkbar machen will. Er muß streiten, wo gar kein Grund vorhanden ist. Er muß mit rauher Stimme bei jeder kleinsten Gelegenheit schreien, er muß die Türen zuschlagen, das Böse ständig in Schutz nehmen und sich über alles Gute lustig machen. Ich darf ihm kein Wort glauben, weil ich nie weiß, ob er die Wahrheit spricht. Oft ist sein Gesicht völlig kalt und finster, wenn er mich betrachtet, so finster, als wollte er mir etwas antun. Bei seinem Streiten widerspricht er sich ständig. Nach außen ist mein Mann von einer fast unnatürlichen Höflichkeit und Gefälligkeit. Er geht auch mit mir zur Kirche, aber er weiß hinterher nie, worüber gepredigt wurde. Und wenn er das Tischgebet spricht oder einen Choral mit uns singt, ist es, als ob ein Automat betete oder sänge; er selbst ist gar nicht dabei. Über die Gesangbuchlieder spottet er. Nie kann er bei sich eine Schuld finden, dagegen ist er voller Anklagen gegen seine Mitmenschen und unsere Lebensverhältnisse. Oft redet er bei anderen Schlechtes über mich. Ich bleibe aber dennoch im Frieden und schweige.

Seit einiger Zeit spukt es in unserem Hause. Auf dem Boden hört man nachts Schritte, Schleifen, Klopfen und andere Geräusche. Besonders wenn ich vor dem Schlafengehen zum Gebet niederknie, klopft es im Zimmer. Auch am Morgen während meiner stillen Zeit höre ich manchmal über mir Schritte und Klopfen. Unser Kind, das nichts von alledem weiß, wurde schon durch das Klopfen bei Nacht gestört. Als ich einmal mein Gebetsbuch holen wollte, spürte ich deutlich, wie auf dem Sofa etwas saß und mich mit demselben bösen Blick ansah, wie mein Mann es manchmal tut. Doch betete ich nach meiner Gewohnheit laut und rief Jesu Siegernamen an über meinen Mann und mein Kind, über mich und unser ganzes Haus, bis alle Furcht wich und eine große Freudigkeit über mich kam. Seitdem ist es ruhiger geworden. Der “Geist” ist zwar noch hörbar, besonders dann, wenn mein Mann seine unruhigen Zustände hat und schimpft. Aber das darf mich nicht mehr schrecken. Wenn ich Jesus, den Sieger über alle dunklen Mächte, rühme, wird es totenstill auf dem Boden und in der Wohnung. Auch wenn ich während des Klopfens laut bete, verstummen die Geräusche vorübergehend. Als mein Mann verreist war, hörte das Klopfen ganz auf und erst nach seiner Rückkehr machte es sich wieder bemerkbar. Als ich einmal gerade im Gebet versunken war, wurde von unsichtbarer Hand in der Bibel, die neben mir lag, geblättert und ein kalter Hauch traf mich. Fenster und Türen waren alle geschlossen. Meine Tochter, die im Nebenzimmer schläft, hörte kürzlich jemand bei Nacht in meinem Zimmer hin und her gehen, während ich fest schlief … Mein Mann tut mir in seiner dauernden Unruhe von Herzen leid, um so mehr als er auch von Selbstmordgedanken gequält wird…”

Einige Jahre später erhielt ich von dieser Frau folgende Nachricht:

“Einmal las ich ein Gebet von einem bekannten Evangelisten mit dem Hinweis, es vier Wochen lang zweimal täglich zu beten für den Menschen, der uns besonders am Herzen liegt. Ich betete dieses Gebet sehr ernstlich. Als ich es am zweiten Tag morgens betete, klopfte es zum ersten Mal seit langer Zeit wieder recht handfest. Es war das typische Klopfen zweimal hintereinander mit einem kurzen Abstand. Es kann auch immer noch vorkommen, daß ich nachts aufschrecke durch ein recht böses Klopfen an meine Tür. Zuerst meine ich immer, es sei mein Mann, aber draußen ist niemand. Sonst ist es ja Gottlob ruhig im Haus. Aber es geht immer noch etwas um. Kürzlich war ich einmal bis spät in die Nacht auf, da hörte ich über mir auf dem Boden deutliche Schritte ruhelos hin  und hergehen. Später hörte ich vom Wohnzimmer aus im Nebenzimmer, dem Zimmer meiner Tochter, jemand hin  und hergehen. Ich meinte zuerst, sie wäre es, aber sie lag in tiefem Schlaf im Bett. Ohne Zweifel ist im Haus immer noch ein ruheloser Geist, der keinen Frieden findet. . .”

Während hier angesichts des auffallenden Verhaltens des Ehemannes eine Besessenheit als durchaus möglich angesehen werden kann, besteht aufgrund der begleitenden Spukerscheinungen die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von wirklicher Besessenheit.

Zwar sucht die Parapsychologie mehrere Erklärungen für den Spuk zu geben. So stellt Professor Bender (Freiburg) die Hypothese auf, der Spuk sei als ein Aktivwerden unterbewußter seelischer Kräfte aufzufassen, die sich zu einer Masse verdichten. Indem diese psychischen Energien eine Sonderexistenz führen, verursachen sie den Spuk. Dabei handle es sich stets um psychisch kranke Menschen. Doch reichen sämtliche parapsychologischen Deutungsversuche zu einer befriedigenden Erklärung des Spukphänomens nicht aus, was auch von den Forschern zugegeben wird. Solange dies aber nicht der Fall ist, erhebt sich die Frage, ob die psychische Abnormität der Menschen, die den Spuk verursachen sollen, nicht mit einer dämonischen Bindung zusammenhängt, in die sie aus irgend welchen Gründen geraten sind. In solchem Falle würde der Spuk aus dem Bereich dämonischer Kräfte stammen, die die Fähigkeit zur Materialisierung besitzen. jedenfalls ist es auffallend, daß die meisten Spukfälle mit der Anwesenheit von Besessenen oder mit okkulter Betätigung von lebenden oder verstorbenen Bewohnern des betreffenden Hauses zusammenhängen. Auf eine metaphysische Ursache der Spukerscheinungen deutet auch die vom Seelsorger gemachte Erfahrung hin, daß der Spuk zu weichen pflegt, wenn die betreffenden Menschen zum Glauben an Christus kommen.

Zwei Fälle von Besessenheit sind auch in meiner Schrift “Der Dämon im Menschen” geschildert.

 

III. Die Unterscheidung von Krankheit und Dämonie

Nun aber erhebt sich die Frage: Worin besteht der Unterschied zwischen einer Dämonie und einer Krankheit? Decken sich die erwähnten Merkmale der dämonischen Gebundenheit und der Besessenheit mit den verschiedenen klassischen Krankheitssymptomen der Psychiatrie oder können sie  nicht bzw. nur teilweise in die üblichen psychiatrischen Krankheitsbilder eingereiht werden?

1. Schizophrenie oder Dämonie?

Sehen wir uns zunächst das Krankheitsbild der Schizophrenie an.
Bei dieser Krankheit ist es, besonders im Beginn, oft nicht leicht, die Unterscheidung zwischen ihr und einer Dämonie vorzunehmen, weil die Dämonie einer Schizophrenie und diese einer Dämonie in mancher Hinsicht ähnlich sehen kann. Es ist dal ier erklärlich, daß Verwechslungen recht häufig sind, zumal nicht wenige Seelsorger nur zu rasch fast jede Geisteskrankheit als eine Besessenheit ansehen und andererseits der Psychiater jeden Besessenen für einen Geisteskranken zu halten pflegt. Und doch gibt es manche Fälle, bei denen es dem Psychiater nicht gelingt, sie in die üblichen Symptomenbilder der Schizophrenie unterzubringen, so daß diese Diagnose nur mit einem Fragezeichen versehen werden kann.

Zunächst könnte der Unvoreingenommene bei der Schizophrenie eine Besessenheit vermuten, wenn ein bis dahin unauffälliger jugendlicher sich allmählich ohne besonderen Grund gegen seine Eltern auflehnt, störrisch, bösartig, erregt und unverträglich wird, gegen seine Umgebung tätlich vorgeht oder allerlei unberechenbare Handlungen ausführt. Auch liegt es nahe, eine Dämonie anzunehmen, wenn ein junger Mann ohne erkennbaren Anlaß von Angstzuständen und Depressionen überfallen wird, die nach seiner Aussage wie ein schwarzer Berg auf ihn zukommen, um ihn zu erdrücken; wenn er zeitweise meint, sich aufhängen zu müssen, oder wenn er bei unpassenden Gelegenheiten hinkniet und laut betet, um gegen den Feind, der ihn bedrohe, anzukämpfen. Oder muß man nicht geradezu an eine Besessenheit denken, wenn der Betreffende selbst von der Anwesenheit eines in ihm wohnenden Dämons felsenfest überzeugt ist und seine körperlichen Beschwerden mit einer Beeinflussung durch diesen Dämon in Verbindung bringt, sich von einem Dämon dauernd angesprochen, verhext, hypnotisiert fühlt und seiner Umgebung immer wieder erzählt, er werde von einer feindlichen Macht zu seinen Gedanken und Taten veranlaßt?

All diese Zeichen sind jedoch zumeist als typische Merkmale einer Schizophrenie anzusehen. So kann es nahezu als Regel gelten, daß derjenige, der fortgesetzt von vermeintlicher Besessenheit redet, nicht besessen, sondern krank ist. Eine Bestätigung für diese Auffassung bekommen wir, wenn in solchen Fällen häufig eine allmähliche Verschlimmerung mit zunehmenden Wahngedanken und einem langsamen Verfall der ganzen Persönlichkeit einsetzt. Dann liegt kein Zweifel mehr vor, daß die geschilderten Erscheinungen auf eine Schizophrenie und einen mit dieser verbundenen Besessenheitswahn zurückzuführen sind. Daß die Wahnideen dämonisch gefärbt sind, rührt meist daher, daß der Kranke vor oder zu Beginn seines Leidens manches über Dämonen und Besessenheit gehört oder gelesen hat. Selbst wenn ein solcher Mensch angibt, abnorme Geräusche zu hören und auffallende Erscheinungen zu sehen, muß man hierbei krankhafte Sinnestäuschungen annehmen, zumal wenn seine Umgebung nichts von solchen Erscheinungen wahrnimmt.

Der Besessenheitswahn kann bei der Geisteskrankheit völlig im Vordergrund stehen. Da dieser Zustand verhältnismäßig häufig anzutreffen ist, sei ein solcher Fall näher beschrieben:
>Eine dreißigjährige Kranke kam in meine Behandlung mit der Angabe, sie sei besessen. Sie führe dies auf die Behandlung durch einen Magnetopathen zurück, die vor vielen Jahren stattgefunden habe. Dieser Mann habe ihr einen unheimlichen Eindruck gemacht und ihr von spiritistischen Sitzungen erzählt. Sie habe von anderen gehört und auch in Büchern gelesen, welch schlimme Folgen eine solche Behandlung nach sich ziehen könne. Seit jener Zeit sei sie im Gemüt bedrückt und lebensüberdrüssig, auch habe sie bis vor einigen Jahren eine lähmende Schwere und Unruhe in sich verspürt. Vor drei Jahren sei sie in eine freikirchliche Gemeinde aufgenommen worden. Seitdem habe sie eigenartige Empfindungen an ihrem Körper. Als sie auf Veranlassung des Predigers das Absagegebet gesprochen habe, sei etwas rundherum um ihren Kopf gesaust wie ein Wirbelwind. Während sie bei der Taufe den Segen empfangen habe, sei ihr Leib vom Feind hin und her geworfen worden, so daß sie nicht still hinknien konnte. Bei dem Besuch eines auswärtigen Predigers habe sie während des Gottesdienstes hinauslaufen und schreien müssen. Deshalb habe dieser eine Teufelsaustreibung bei ihr vorgenommen. Sie habe dabei eine Befreiung im Leibe gespürt. Weil es aber im rechten Arm stark geklopft habe, habe sie gemerkt, daß der Teufel nicht ganz weggegangen sei. In der darauffolgenden Nacht habe sich etwas Großes und Schweres auf ihre Brust gelegt. Durch Gebet sei diese Empfindung geschwunden, doch sei sie bald wieder eingetreten. In der nächsten Nacht sei etwas wie ein Schwarm von wilden Raben auf sie zugeflogen, auch habe sie schwarze Eulen gesehen. Sie habe immer Püffe und Stöße im Bett bekommen. In einer anderen Nacht habe sie einen Druck im Kopf von hinten nach vorn bemerkt. Dabei habe sie in völlig wachem Zustand das Bild eines Mannes gesehen, der hemdsärmelig mit finsterem Gesicht vor dem Bett gestanden sei. Besonders oft werde sie von dem Dämon sexuell belästigt. Sie spüre dies deutlich an einem Kribbeln bei Nacht, so daß sie nicht wisse, wie sie sich hinlegen solle, um sich gegen die feindlichen Angriffe zu schützen. Auch am Tage spüre sie manchmal das Kribbeln, besonders wenn sie beten wolle. Der Feind habe zu ihr gesagt: Du hast den Heiligen Geist gelästert! Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Gib den Geist auf! Es sei eine innere Stimme gewesen, die sie gehört habe, so wie man auch mit dem geistigen Auge etwas sehen könne. Einmal sei etwas von ihrem Kopf heruntergeflogen, dann sei etwas wie ein Kampf in ihr durcheinandergegangen. Plötzlich habe sie wieder Verbindung mit Gott gehabt. Man könnte aus ihren Worten schließen, sie sei nicht ganz normal; aber das sei nicht der Fall. Ihre Freunde verstünden sie und wüßten, daß sie nicht geisteskrank sei. Eine Stimme habe ihr laut zugerufen: “Armes, gefesseltes Menschenkind!” Aber als sie daran dachte, daß Jesus bei ihr sei und für sie kämpfe, sei es ihr gewesen, als habe sie ein Lichtstrahl getroffen. Sie habe sofort gewußt, daß es ein Engel Gottes war, der mit dem Satan kämpfte. Als sie in der Bibel gelesen habe: Seine Barmherzigkeit hat kein Ende”, habe es warm und hell in ihr aufgeleuchtet. Das sei Jesus gewesen. Es sei ihr vorgekommen, als würde eine Hand an ihr Herz greifen. In einer Nacht habe sie mit ihren inneren Augen gesehen, wie Jesus in den Wolken saß und auf sie herunter sah. Auf einmal leuchteten seine Augen sie ganz lieb an. Da habe sie gewußt, daß sie keine Angst zu haben brauchte. Sie habe öfters solche herrlichen Erscheinungen gehabt. Bei einer zweiten Teufelsaustreibung, die eine gläubige Frau bei ihr vorgenommen habe, habe sie gemerkt, wie der Feind in ihr furchtbar gezappelt habe, wie wenn eine Hummel in ihr zappeln würde.
Obwohl die Frau ihr erklärt habe, sie sei freigeworden, habe das Zappeln nicht aufgehört und sie sei von neuem belästigt worden. Im letzten Jahr habe alles in ihr zwei Monate lang pestartig gerochen. jetzt verspüre sie noch oft ein Zappeln und intensive Ströme an verschiedenen Stellen des Körpers sowie bei Nacht das Kribbeln, so daß sie nur wenig schlafen könne. Da sie noch nicht frei sei, könne sie sich nur schwer zum Beten konzentrieren. Einen Beruf könne sie nicht ausüben, weil sie vieles vergesse und dauernd müde sei. Manchmal höre sie, wenn sie beten wolle, Lästerworte. Den Namen Jesu könne sie oft nicht aussprechen. Bei einer dritten Teufelsaustreibung habe sich der elektrische Strom in ihrem Körper gesenkt, doch sei er hernach wieder heraufgestiegen. Einmal habe sie bei der Morgenandacht plötzlich ein Zittern im Körper gespürt. Es sei ihr gewesen, als wenn der Dämon in ihr sich vorbeugte und gegen den Sprecher wütende Handbewegungen machte. Das seien alles nüchterne Tatsachen. Daß die Gemeinde, zu der sie gehöre, in letzter Zeit bei ihr keine Besessenheit mehr annahm, bedrücke sie sehr. Aber es sei die Absicht des Feindes, daß man sie als geisteskrank ansehe, damit er auf diese Weise in Ruhe gelassen werde.<

Diese Angaben der Patientin waren nur ein geringer Teil ihrer zahlreichen Beschwerden. Sie war unermüd¬lich im Erzählen ihrer abnormen Empfindungen. Wenn auch einige ihrer Äußerungen zunächst den Verdacht auf eine Dämonie erweckten, so bestand doch bald keinerlei Zweifel mehr daran, daß es sich um eine Schizophrenie handelte. Die unzusammenhängenden, absonderlichen und verschrobenen Vorstellungen und Empfindungen, die Gesichts  und Gehörstäuschungen, die ständigen Angaben über die Tätigkeit der in ihr wohnenden Dämonen waren ohne Zweifel krankhafter Natur. Eine wirkliche Besessenheit geht ohne die erwähnten Vorstellungen und Empfindungen einher. Nicht ein Dämon oder Engel mit ihren Botschaften redeten zu ihr, wie die Patientin meinte, sondern aus ihrem kranken Gehirn kommende Stimmen. Es wäre daher verkehrt, alles, was ein solcher Mensch über in ihm hausende Dämonen aussagt, für bare Münze zu halten. Dadurch würde er in seinen Wahnvorstellungen nur noch bestärkt werden.

Bei  G l ä u b i g e n  tritt die Schizophrenie meist in fast rein religiösem Gewande auf. Der Kranke ist der Auffassung, sein Glaubensleben sei durch satanische Beeinflussung krank geworden, weil oft eine furchtbare Unruhe über ihn komme, die ihm den Frieden mit Gott, und die Freude am Gebet nehme und dem Heiligen Geist aus seinem Herzen reiße. Alles sei dunkel in ihm, will Gott ihn verlassen und eine finstere Macht von ihm Besitz ergriffen habe, könne die Stimme Jesu nicht mehr vernehmen und Seinen Geist nicht mehr verspüren. Es sei ihm nicht mehr möglich, den Namen Jesu auszusprechen, so gerne er dies tun möchte. Er träumt unsinnige Dinge, aus denen er wichtige Schlüsse zieht.

Für kürzere Zeit kann er überglücklich im Glauben sein und überschwengliche Äußerungen tun; aber bald bricht er in lautes Weinen aus und ist völlig verzweifelt. Er ist nicht mehr imstande, sich zu den einfachsten Verrichtungen zu konzentrieren, und deshalb bald gezwungen, seine Arbeit aufzugeben. Gegen die immer wiederholte Auffassung seiner Umgebung, sein Zustand beruhe auf einer Krankheit, wehrt er sich mit Entschiedenheit.

So schrieb mir ein junger Mann:
>Vor einem Jahr hatte ich an einem Abend in der Bibel gelesen und gebetet und wollte einschlafen. Da kam mir ganz plötzlich ein furchtbares Fluchwort in den Sinn. Es fuhr etwas aus mir heraus, und ich glaubte sterben zu müssen. Ich sprang aus dem Bett und rannte durchs Zimmer, und noch einmal kam das Gefühl über mich, zu sterben. Ich fühlte, wie etwas, vielleicht der Heilige Geist, aus mir fuhr. Ich zitterte, nahm meine Bibel, ging auf die Knie und bat um Vergebung. Aber eine große innere Unruhe erfaßte mich, die bis heute nicht gewichen ist. Es ging mir von Tag zu Tag schlechter. Ich ging zum Hausarzt, von dort zum Nervenarzt und wurde von ihm in die Psychiatrische Klinik eingeliefert, wo ich viele Monate weilte und mit Medikamenten und Elektroschocks behandelt wurde. Ich bin überzeugt, daß ich verloren bin. Bitte, schreiben Sie mir, ob ich in die Hölle komme. Täglich, ja stündlich steigen die schlimmsten Fluchgedanken und Worte in mir hoch. (Er nannte mir über ein Dutzend von schweren Flüchen.) Ich habe an nichts mehr Freude, sondern nur noch Angst. Der leichten Arbeit, die ich tue, kann ich nur mit Mühe nachkommen. Mit okkulten Dingen haben weder ich noch meine Eltern zu tun gehabt. Ich war ein frohes Gotteskind. Nun habe ich allen Frieden und alle Heilsgewißheit verloren. Das Furchtbare ist, daß ich an allem schuld bin. Das Wort Hebräer 10, 26 31 trifft auf mich zu. Zwar haben mir viele erklärt, diese Stelle beziehe sich nicht auf mich; aber ich kann einfach nicht anders, ich muß sie für mich nehmen. In letzter Zeit habe ich auch Selbstmordgedanken. Kann ich wieder gesund werden? …<

Ein anderer Patient, der vor seiner Erkrankung in frohem Glauben an seinen Herrn gestanden hatte, war seit einiger Zeit öfters von entsetzlicher Furcht vor der ewigen Verdammnis erfüllt, dann wieder kam vorübergehend eine nie gekannte Freude über ihn. Einmal hörte er eine Stimme, die sich für Gott ausgab und ihm den Befehl erteilte, die Straßenbahn zu besteigen, um durch Gesang die frohe Botschaft zu verkünden. Ein anderes Mal sprang er bei Nacht aus dem Bett, warf sich auf die Knie und schrie voller Furcht zu Gott, weil er sich in die Hölle versetzt fühlte. Dann wieder hielt er sich für den Antichristen, bäumte sich gegen Gott auf und berief sich auf den Teufel. Oft fühlte er sich von bösen Geistern gequält. Auch im Leib spürte er die vermeintliche Einwirkung des Feindes: ein starkes Brennen sei der Beweis, daß die Dämonen in seinem Leibe sitzen. Harmlose Begebenheiten deutete er als dämonische Beeinflussungen und okkulte Machenschaften, die die Menschen mit ihm treiben. In völliger Uneinsichtigkeit lehnte er jede ärztliche Hilfe ab. Er erklärte sich lediglich bereit, den Rat eines Seelsorgers anzunehmen, wenn dieser auf seine Besessenheit eingehe. Ein Austreibungsversuch, den ein Seelsorger vornahm, verschlimmerte den Zustand. Aufgrund seines ganzen Verhaltens war auch für den Nichtarzt mehr und mehr zu erkennen, daß eine Geistesstörung vorlag.

In manchen Fällen beobachten wir ein gleichzeitiges Zusammentreffen von Geisteskrankheit und Dämonie. Auch hierfür sei ein Beispiel kurz erwähnt.

Die Vorfahren des Patienten waren Besprecher, seine Mutter war Trinkerin, seine Schwester war geisteskrank und starb in einer Heilanstalt. Er selbst leidet an Trunksucht mäßigen Grades. Er ist Heilpraktiker und gibt durch Pendeln treffsichere Auskunft über Vermißte und Verstorbene. Mehr und mehr entwickelte sich bei ihm ein Verfolgungswahn, der nicht beeinflußt werden konnte, obwohl er völlig unbegründet war. Ein bevollmächtigter Evangelist löste vorübergehend den Bann, die Wahngedanken ließen jedoch nicht nach. Sie machten auf seine Angehörigen durchaus den Eindruck einer echten Geistesstörung.

In diesem Falle handelt es sich offenbar um eine typische erblich bedingte Geisteskrankheit. Die daneben vorliegende dämonische Gebundenheit, die auf das Besprechen der Vorfahren zurückzuführen ist, zeigt sich in dem magischen Pendeln sowie in einem häufigen Fluchen und Schimpfen auf alles Fromme.
Aber nicht nur zahlreiche Fälle von Schizophrenie werden als Besessenheit angesehen, es muß auch mit der umgekehrten Möglichkeit gerechnet werden, daß nämlich ein wirklich Besessener für geisteskrank gehalten wird. Ein Mensch z. B., der die Symptome des in den Evangelien beschriebenen Gadareners aufweisen würde (Mark. 5,1 ff.), würde mit Bestimmtheit unter der Bezeichnung “geisteskrank” in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen werden. Sein Schreien und Toben, seine Nacktheit, seine Selbstbeschädigung, seine Gemeingefährlichkeit   das alles trifft man in der Tat auch bei einer schweren Geisteskrankheit an. Daß aber dennoch hinter diesem Zustand eine Besessenheit steckte, ersehen wir nicht nur aus der raschen und völligen Heilung nach der Austreibung durch Jesus, sondern auch aus der Tatsache, daß eine fremde Stimme sinnvolle Worte aus ihm sprach, wie: “Was habe ich mit dir zu schaffen, Jesu, du Sohn Gottes, ich beschwörei dich bei Gott, daß du mich nicht quälst!“  Ein unruhiger Geisteskranker dagegen redet unsinniges Zeug, kann stundenlang dieselben Worte oder Sätze sprechen und sich mit Gestalten unterhalten, die er zeitweise vor sich sieht. Er gebraucht vielfach eine absonderliche Ausdrucksweise und äußert ungereimte Ideen. All dieses widerspricht einer Besessenheit, bei der der Mensch völlig klar bleibt, auch wenn er zeitweise unruhig oder sogar tobsüchtig werden kann.

So kann man sagen: ein Geisteskranker ist wirklich krank, auch wenn er manche der Besessenheit ähnliche Züge aufweisen sollte. Ein Besessener dagegen ist geistig gesund, auch wenn ihm zeitweise seelisch abnorme Zeichen anhaften sollten. Ferner spricht der Geisteskranke meist in lebhafter Weise von seinen Ideen, der Besessene dagegen redet vielfach nur stockend und erst dann, wenn man ihn unermüdlich ausfragt. Während ein Geisteskranker in phantastischer Art von in ihm wohnenden Dämonen spricht, scheut sich der Besessene, solange er religiös noch nicht angefaßt ist, von Dämonen etwas auszusagen. Denn der Dämon sucht es zu verhindern, daß sein Opfer seine Existenz verrät.

Das Vorliegen einer Geisteskrankheit ist auch dann wahrscheinlich, wenn der Mensch bis zu seiner Erkrankung in lebendiger Verbindung mit Gott gestanden hatte, ebenso wenn okkulte Bindungen nicht nachzuweisen sind, dagegen andere geistige oder seelische Störungen in der Familie des Betreffenden vorliegen. Wenn ferner bei religiöser Beeinflussung ein solcher Mensch sich nicht wehrt oder gleichgültig zuhört und auch bei dem Versuch der Austreibung nicht unruhig wird, oder wenn er den Namen Jesu ohne Widerstand aussprechen kann, so spricht dies alles für eine Geisteskrankheit. Denn der Besessene sträubt sich gegen das Beten und gegen jede religiöse Einwirkung, weil der Dämon in ihm fürchtet, seine Behausung verlassen zu müssen. Ein ausgesprochener Widerstand bei seelsorgerlicher Beeinflussung legt daher von vornherein den Verdacht auf Dämonie nahe.

Ein besonderes Merkmal, das häufig zu verschiedenen Deutungen Anlaß gibt, ist das Stimmenhören. Dieses wird von Unkundigen meist in eine direkte Verbindung mit teuflischer Einwirkung gebracht. Es wird jedoch bei Schizophrenie wesentlich häufiger beobachtet als bei Besessenen. Krankhaft sind die Stimmen, wenn der Betreffende meint, diese rührten von fremden Menschen her, die über reden, ihn beobachten, belästigen, verfolgen. Oft befiehlt ihm die Stimme etwas, das seiner Natur völlig zuwider ist, wie etwa: wegzulaufen, nichts mehr zu essen, sich das Leben zu nehmen; und doch muß er der Stimme folgen. Wenn er aber seinem eigenen Willen entsprechend handeln möchte, verwehrt ihm dies die Stimme. Vielfach sind es auch ganz unsinnige Worte, die der Geisteskranke hört. Besonders wenn das Stimmenhören mit Wahnvorstellungen verbunden ist, besteht kein Zweifel daran, daß eine Geistesstörung vorliegt.

Ganz anders die satanischen Stimmen, die ein Besessener häufig hört. Sie sind psychologisch durchaus begreiflich, indem sie dem Menschen gottwidrige Dinge einreden. Er hört etwa eine Stimme, die ihm sagt: “Du bist zu Großem berufen. Glaube doch nicht, daß es einen Gott gibt! Was die Bibel und der Seelsorger sagen, ist Quatsch! Dein Beten hilft dir nichts, du kommst nicht frei von mir, du bist mein. Nimm dir doch das Leben!” Die Stimmen können von unheimlichen Gestalten herrühren, die der Besessene als anwesend empfindet oder gar sieht. Eine meiner Patientinnen, die sich früher okkult betätigt hatte, sah ihren Vater seit seinem Tode fast jede Nacht vor sich und hielt Zwiesprache mit ihm wie mit einem lebenden Menschen. Eine andere, die sich dem Teufel verschrieben hatte, hörte oft eine Stimme, welche ihr verbot, die Anweisungen des Seelsorgers zu befolgen, und ihr drohte, es würde ihr schlecht ergehen, wenn sie das Gehörte ihm weitersage. Auch sah sie oft den Teufel vor sich, der ihr gebot, sie solle ihm angehören; wenn sie sich Gott übergäbe, würde dieser sie ihres bisherigen Sündenlebens bestrafen. Im allgemeinen ist festzustellen: dämonische Stimmen sagen nur das, was den Menschen von Gott abbringen soll; krankhafte Stimmen dagegen reden unnatürliche und unsinnige Dinge.
Mit Vorsicht aufzunehmen sind die Angaben der Angehörigen von Schizophrenen, es sei früher mit dem Kranken Zauberei getrieben worden, weshalb mit Bestimmtheit eine Besessenheit vorliegen müsse, zumal er selbst sich von fremden Menschen beeinflußt fühle. Zweifellos kann durch eine früher ausgeübte Zauberei eine seelische Störung hervorgerufen worden sein. Aber wesentlich häufiger sind die Fälle, in denen eine typische anlagebedingte Schizophrenie nachzuweisen ist, die nichts mit okkulter Behaftung zu tun hat.

2. Epilepsie oder Dämonie?

Können wir bei der mit Anfällen von Bewußtlosigkeit einhergehenden E p i l e p s i e zu einem klaren Urteil hinsichtlich der Entstehungsweise gelangen? Manche Seelsorger neigen zu der Auffassung, die Epilepsie sei, wie überhaupt die meisten A n f ä l l e von Bewußtlosigkeit, ein Kennzeichen der Dämonie. Sie stützen sich dabei auf den biblischen Bericht von dem von Anfällen geplagten “mondsüchtigen” Knaben, aus dem Jesus einen Teufel austrieb. Wenn wir bei einem Epileptischen eine dämonische Einwirkung annehmen wollen, muß auch eine der eingangs erwähnten Ursachen vorliegen. Davon ist aber bei den meisten Epileptikern nichts nachzuweisen. Auch sind unter ihnen nicht wenige Gläubige, die in lebendiger Verbindung mit Gott stehen. Und ferner würde, wenn die Epilepsie dämonischen Ursprungs wäre, keine Besserung der Anfälle durch bestimmte Medikamente erfolgen, wie dies meist der Fall ist. Ich glaube vielmehr, daß der “mondsüchtige” Knabe von Jugend auf an einer Besessenheit litt, die in epilepsieähnlichen Erscheinungen sich äußerte. Seine Anfälle wurden von dem Dämon wohl zu dem Zweck verursacht, ihn aus dem Leben zu schaffen. Denn es ist stets das Endziel der Besitzergreifung finsterer Mächte, den Menschen zu töten, um ihn auf diese Weise an Satan auszuliefern. So sagte der Vater des Knaben zu Jesus: “Oft hat er ihn in Feuer und Wasser geworfen, daß er ihn umbrächte” (Mark. 9, 22). Noch im letzten Augenblick, ehe er ausfahren mußte, hatte der Dämon einen solchen Versuch unternommen.

Die Epilepsie ist aber nicht nur mit Anfällen von Bewußtlosigkeit verbunden, sondern sie kann statt ihrer auch unter dem Bilde von V e r s t i m m u n g e n verlaufen, die alle paar Wochen auftreten und ein bis zwei Tage dauern. Meist beginnt die psychische Veränderung beim Aufwachen am Morgen ohne erkennbare Ursache. Der Kranke ist mißmutig, finster, mürrisch, eigenwillig, abweisend, er nörgelt und schimpft leicht, ärgert sich über Kleinigkeiten, gebraucht unflätige Ausdrücke, ist reiz¬bar, streitsüchtig und neigt zu Gewalttätigkeiten. Oder er ist lebensüberdrüssig und äußert Selbstmordgedanken. Das Bewußtsein ist dabei im allgemeinen klar, doch kann es zeitweise getrübt sein, ja, es können ausgesprochene Dämmerzustände eintreten, so daß der Kranke sich hinterher an sein Verhalten nicht erinnert. In gesunden Tagen ist ein solcher Mensch durchaus empfänglich und offen für alles Religiöse.

Daß der beschriebene Zustand den Eindruck einer Dämonie erwecken kann, ist ohne weiteres begreiflich. Und doch wäre es in solchen Fällen unberechtigt, wollten wir eine Dämonie annehmen, zumal wenn die elektrische Hirnstromkurve auf das Vorliegen einer Epilepsie hinweist. Es ist daher verhängnisvoll und nicht zu verantworten, wenn manche Seelsorger nahezu jede Epilepsie und die meisten Zustände von Anfällen und Bewußtseinsstörungen als Folgen einer Dämonie ansehen.

3. Schwermut oder Dämonie?

Betrachten wir die S c h w e r m u t (Melancholie). Auch bei dieser Krankheit vertreten nicht wenige Seelsorger die Auffassung, daß ihre Merkmale für das Vorliegen einer dämonischen Gebundenheit oder einer Besessenheit sprechen. Eine solche scheint in der Tat besonders dann vorzuliegen, wenn der Schwermütige auf dem Höhepunkt seines Leidens nicht fähig ist, das Wort Gottes, die vergebende Gnade, die Gotteskindschaft, die Heilsgewißheit zu erfassen, wenn er sich für innerlich tot und verstockt hält, wenn er keine Liebe zu Gott empfindet oder sich des Mangels an Reue anklagt. Auch vermag er sich zum Beten und Bibellesen weder aufzuraffen noch zu konzentrieren, oder er sieht sich selbst als besessen an.

Alle diese Merkmale sind jedoch keinerlei Zeichen einer tatsächlichen Gottentfremdung, sondern typische, auf krankhaften Hemmungen beruhende und im religiösem Gewand auftretende Symptome der Schwermut. Es wäre daher verkehrt, wollten wir dem Kranken, der von der Echtheit seiner Besessenheit überzeugt ist, Glauben schenken. Eine solche Meinung ist vielmehr als ein ausgesprochen krankhafter Wahngedanke anzusehen. Dies geht schon daraus hervor, daß der Besessenheitsglaube oft mit anderen Wahnvorstellungen verbunden ist (Versündigungswahn, Verarmungswahn, Beziehungswahn, Unheilbarkeitswahn), Befürchtungen, die sich meist als völlig unbegründet erweisen. Auch lehrt, ebenso wie bei der Schizophrenie, die ärztlich seelsorgerliche Erfahrung, daß bei demjenigen, der immer wieder von Besessenheit redet, eine solche nicht vorliegt. Im Gegensatz dazu, denkt der wirklich Besessene gar nicht an eine Besessenheit,  selbst wenn sein Zustand ihm unbegreiflich sein sollte. Denn Satan ist alles daran gelegen, möglichst unerkannt zu bleiben. Ferner handelt es sich bei den Schwermütigen, selbst bei denen, die sich, etwa infolge früher begangener Zaubereisünden, besessen wähnen, oft um Menschen, deren Vergangenheit vor Gott völlig geordnet ist und die bis zu ihrer Erkrankung in wahrem Glauben an Gott und Christus standen. Es ist daher nicht anzunehmen, daß sie nun plötzlich einem Dämon zum Opfer gefallen sind. Schon deshalb kann man bei einem Schwermütigen nicht von Dämonie reden, weil in seiner Seele Traurigkeit und Verzagtheit herrschen, nicht aber Finsternis und Haß.
Nun wird aber von zahlreichen Seelsorgern der Standpunkt vertreten, das Vorhandensein von Lästergedanken sei bei der Schwermut das sichere Zeichen einer Dämonie. So ist in dem weitverbreiteten Buch eines bekannten Evangelisten zu lesen: Wer mit Lästergedanken zu tun hat, der kann daraus mit Sicherheit schließen, daß er, vielleicht in früher Jugend, besprochen worden und nun unter einen Bann des Teufels geraten ist.” Eine solche Schlußfolgerung ist jedoch bei Schwermütigen völlig unbegründet. Dies muß ausdrücklich betont werden, damit nicht all den Schwermütigen, die von Lästergedanken geplagt sind, ein großes Unrecht angetan wird. Lästergedanken finden sich nämlich gerade bei gläubigen Schwermütigen recht häufig. Sie sind bei ihnen als krankhafte Zwangsgedanken anzusehen. Besonders bei der übergewissenhaften und ängstlichen Form der Schwermut entstehen solche Gedanken aus der Befürchtung des Kranken heraus, er könnte sich zu einer Lästerung gegen das Heilige hinreißen lassen.

Hier gilt das psychologische Gesetz: was man befürchtet, tritt ein. Und weil eine solche Angst besonders leicht beim Bibellesen, beim Beten oder während des Gottesdienstes und Abendmahls einsetzt, drängen sich gerade bei diesen Gelegenheiten die Lästergedanken oft mit stärkster Macht auf. Mit einer teuflischen Beeinflussung haben sie jedoch nichts zu tun. Dies geht schon daraus hervor, daß sie gleichzeitig mit der Heilung der Schwermut schwinden. Auch wäre es bei der Annahme einer dämonischen Einwirkung unverständlich, daß die Lästergedanken oft allein durch eine fachärztliche Behandlung sich beseitigen lassen. Etwas anderes ist es dagegen, wenn bei einem gottfernen Menschen Lästergedanken zusammen mit häufigem Fluchen sich finden, wobei keine Anzeichen von Schwermut, wohl aber okkulte Machenschaften oder andere schwere Versündigungen vorliegen. Hier besteht kein Zweifel an einer dämonischen Ursache der Lästergedanken.
So läßt sich geradezu die Regel aufstellen: wenn Lästergedanken aus dem Herzen kommen, bewußt ausgesprochen und nicht bereut werden, sind sie satanischer Art. Wenn sie dagegen ohne den Willen des Menschen zwanghaft auftreten und nicht ausgesprochen, vielmehr verabscheut und aufrichtig bereut werden, sind sie krankhafter Natur. Der dämonische Mensch macht sich aus seinen Lästerungen gar nichts, während der Schwermütige es aufs tiefste beklagt, daß er solcher Gedanken fähig ist. Auch kann letzterer manchmal den Namen Jesu nicht aussprechen aus Angst, ihn lästern zu müssen oder seinen Namen zu beflecken. Bei Dämonie dagegen kann der Name Jesu nicht ausgesprochen werden, weil der Mensch diesen Namen verabscheut oder haßt.

Ebenso muß zwischen den S e l b s t m o r d g e d a n k e n bei Schwermut und bei Dämonie grundsätzlich unterschieden werden. Der dämonische Mensch will nicht mehr leben, weil er Satan gehorchen muß, der ihn in den Selbstmord hineintreibt. Die Tat begeht er, wie schon oben erwähnt, bei klarem Bewußtsein, weshalb er die volle Verantwortung dafür trägt. Bei Schwermütigen dagegen ist es zunächst der ihn beherrschende krankhafte Gedanke, er könne nicht mehr leben, weil er sich zu schwer versündigt habe. Diesen Lebensüberdruß benützt Satan, um ihn zur Selbstmordabsicht zu verführen. Geht er in den Tod, so deshalb, weil zuletzt die Klarheit der Gedanken völlig ausgeschaltet ist. Er ist daher für die Tat nicht verantwortlich zu machen.
Nur zwei Beispiele seien aus der Vielzahl von Krankengeschichten depressiver gläubiger Menschen herausgegriffen:
>Ein unverheiratetes Mädchen in den dreißiger Jahren gibt an, ihre verstorbene Mutter sei äußerst verschlossen gewesen, ihre vier Geschwister seien seelisch gesund. Die ganze Familie sei gläubig. Okkulte Belastungen seien ausgeschlossen. Sie selbst sei von jeher still und ernst gewesen und mit dem Leben nur schwer fertig geworden. Nach dem Tode der Mutter, mit der sie eng verbunden war, sei erstmals eine Schwermut über sie gekommen. Seitdem habe sie Angst vor dem Leben. Sie habe deshalb in ein Kloster gehen wollen, um sich geborgen zu fühlen und ganz für Gott leben zu können.
Mit zwanzig Jahren habe sie ein sehr schweres Erlebnis gehabt, über das sie sich niemals habe aussprechen können. Seitdem sei sie nie mehr ganz frei von depressiven Verstimmungen gewesen und habe in den Jahren darnach an starkem Lebensüberdruß gelitten, so daß sie mehrmals Selbstmordversuche unternommen habe. Mit 21 Jahren sei sie in ein Diakonissenmutterhaus eingetreten, doch habe sie infolge eines Lungenleidens bald wieder austreten müssen und habe seitdem nur leichtere Arbeiten tun können. Mehrere Versuche, eine ihren Kräften entsprechende Arbeit zu finden, seien gescheitert. Dies habe zu einer Verschlimmerung ihrer häufigen Depressionen geführt. Sie habe viel gegrübelt, doch sei eine Aussprache mit ihren Angehörigen nicht möglich gewesen, weil diese von ihrem Beruf zu sehr in Anspruch genommen waren.
Das Glaubensleben der Patientin ist durch die Angst vor der Zukunft beeinträchtigt. Auch empfindet sie wegen des früheren Erlebnisses zeitweise einen Groll gegen Gott und sieht auch keinen Sinn mehr hinter dem Leben, zumal sie auch von schweren körperlichen Nöten befallen ist. Vielfach ist sie nicht imstande, ihre Grübeleien wegzulegen. Zeitweise hat sie den Eindruck, ihr Zustand sei eine Strafe Gottes für eine ihr vielleicht nicht bewußte Schuld. Doch hat sie ehrliche Bestreben, ihr körperliches und seelisches Leiden im Blick auf Gott zu tragen. Besonders am Morgen ist es ganz dunkel in ihrer Seele, so daß sie kaum zu beten und in der Bibel zu lesen vermag. Von ihren Geschwistern fühlt sie sich nicht verstanden und nicht für vollwertig angesehen, weil sie kein lebendiges Glaubensleben führen kann. Besonders bedrückend empfindet sie die Unmöglichkeit einer Gebetsgemeinschaft. Es wird ihr vorgeworfen, sie gewähre dem Teufel noch zuviel Raum in ihrem Herzen, sonst müßte sie doch ihre Depressionen mehr und mehr überwinden können. Daß diese krankhafter Art sind, können ihre Angehörigen nicht begreifen. Sie sehen sie vielmehr als die Folge einer Bitterkeit gegen Gott oder einer anderen Schuld an. Falls eine gewisse Bitterkeit in ihr hochkommt, kann sie diese sofort Gott bekennen und sich vergeben lassen. Der innere Zwiespalt bringt sie oft in eine richtige Schwermut hinein, wobei sie viel weinen muß. Nur durch ihre Arbeit wird sie von ihren trüben Gedanken etwas abgelenkt.«

Aufgrund zahlreicher Unterredungen, die mit der Patientin geführt wurden, unterliegt es keinem Zweifel, daß die Gemütsverstimmungen auf einer depressiven, von ihrer Mutter ererbten Anlage beruhen. Abgesehen von den früheren Selbstmordabsichten und der zeitweiligen Bitterkeit haben die Zustände mit einer teuflischen Einwirkung oder gar einer dämonischen Gebundenheit nichts zu tun.

Das besondere Problem des Selbstmords schwermütiger Christen sei an einem weiteren Beispiel näher erörtert:
>Ein in den vierziger Jahren stehender Pfarrer stammte aus belasteter Familie: seine Mutter und zwei ihrer Brüder waren schwermütig wie auch einer seiner eigenen Brüder. Eine okkulte Vorgeschichte ist nicht nachweisbar. Der Patient selbst war von jeher schwernehmend, leicht gedrückt und viel allein. Er machte infolge strenger Erziehung eine freudlose Jugendzeit durch. Einen Fehltritt, den er mit 18 Jahren begangen hatte, konnte er nicht verwinden, obwohl er vor Gott und Menschen echte Buße getan hatte. Nach Abschluß seines Theologiestudiums befiel ihn erstmals eine richtige Depression, die mit großer Angst vor dem Predigen einherging, weil er sich nicht begabt genug und des Pfarrberufs nicht würdig fühlte. Er heiratete eine gesunde Frau, die seinem melancholischen Wesen liebevolles Verstehen entgegenbrachte und ihm zwei Kinder schenkte. Die Ausübung seines Berufes machte ihm große Not, er grübelte viel und hatte immer Schwierigkeiten bei der Vorbereitung seiner Predigten. Besonders wurde er von zahlreichen Selbstvorwürfen und Minderwertigkeitsgefühlen, von Apathie und Willenshemmungen wie auch von Selbstmordgedanken geplagt. Dazu kam die Sorge um seine schwer herzleidende Frau. Während einer Reihe von Jahren befand er sich mehrfach, monatelang wegen schwerer Depressionen in klinischer Behandlung. Er war überzeugt, diese furchtbare Krankheit niemals mehr zu verlieren, und geriet öfters in starke Anfechtungen. Dennoch wußte er sich als ein Kind Gottes und zweifelte nicht an der Macht seines Herrn, dessen Verheißungen er Ihm immer wieder vorhielt. Aber die Nichterhörung seiner Gebete rieb ihn nahezu auf. “Mein Schreien um Hilfe stößt auf verschlossene Türen; das ist ja auch so schwer, daß man sich in der Schwermut stundenlang mit Gottes Wort und Gebet befassen kann und daß nichts vorhält und Krafl gibt. Und doch hoffe ich, daß Gott mich nicht fahren läßt”, schrieb er einmal. Eines Abends befiel ihn, wie so oft eine große innere Unruhe und Angst. Er suchte einen Seelsorger auf, mit dem er eine lange Aussprache hatte. Danach schrieb er mehrere Briefe, in denen er seine Angelegenheiten regelte. Bald darauf vollführte er die Tat, die zu einem raschen Tode führte. In seinem Arbeitszimmer landen sich die Briefe samt dem Gesangbuch, in welchem das Lied “Jesus nimmt die Sünder an“ aufgeschlagen war.

Die Dorfbewohner konnten nicht verstehen, daß ein Pfarrer Selbstmord beging, und meinten, wenn man einen solchen Glauben habe, wie er ihn auf der Kanzel verkündigt hatte, müsse man doch aufsteigende Selbstmordgedanken abwehren können. Als nun vollends seine herzleidende Frau infolge ihres schweren Erlebens bald darauf ebenfalls vorübergehend gemütskrank wurde und Selbstmordgedanken äußerte, fragten sich die Gemeindeglieder, ob Schwermut denn ansteckend sei, ja sie erklärten zuallermeist rundweg, der böse Geist des Pfarrers sei in seine Frau gefahren; es könne nicht anders sein, als daß satanische Einflüsse den Selbstmord verursacht hätten. In ungläubigen Kreisen war zu hören, da könne man sehen, wie weit man komme, wenn man fromm sein wolle. Sowohl die Schwermut des Pfarrers als auch sein Tod wurden vom rein moralischen Standpunkt beurteilt. Besonders konnte man nicht begreifen, daß er noch kurz vor seinem Tode ausführliche Briefe schrieb; denn sie waren der Auffassung, dann müsse er doch bei klarem Bewußtsein die Tat begangen haben.<

Aus dem Verhalten der Dorfbewohner geht hervor, wie verbreitet die Unkenntnis über die Schwermut ist. Wir sahen oben, daß sie als eine Gemütskrankheit anzusehen ist, bei der in der Seele des Menschen sich oft ein furchtbares Ringen abspielt. Wenn die Krankheit stärkere Grade erreicht, wird der Mensch vielfach von lebhaften Wahngedanken befallen, die er sich in keiner Weise ausreden läßt. Sehr häufig sind es die Gedanken, Gott habe ihn wegen seiner Schuld, die er dauernd in krankhaft gesteigertem Maße vor sich sieht, verstoßen, so daß er ewig verloren sei. Er wird völlig von dem Gedanken beherrscht, nicht mehr leben zu können und nicht mehr leben zu dürfen, ja es sei Gottes Wille, daß er aus dem Leben gehe, um seine Schuld zu büßen. Alle vernünftigen Gedanken sind mehr und mehr ausgelöscht. Wenn er dann zur Tat schreitet, weiß er nicht mehr, was er tut. Er befindet sich in einem Zustand geistiger Verwirrtheit. Eine solche kann ganz plötzlich über ihn kommen, während er unter Umständen noch kurz vorher eine klare Unterhaltung hatte führen können. Ein Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung ist die Tatsache, daß der Kranke, falls ihm sein Vorhaben nicht gelang, oft keine Erklärung für sein Handeln geben kann, ja sich des Vorgangs nur dunkel zu erinnern weiß. Vor allem ist er sich dessen oft nicht bewußt, daß der Feind die Krankheit benützt, um ihn umzubringen. Wir müssen annehmen, daß Gott es dem Feinde erlaubt, den Kranken zu diesem Schritt zu veranlassen, diesem aber die Tat nicht als Schuld anrechnet. Gott urteilt und handelt oft ganz anders, als wir Menschen es tun und es begreifen können. Den Grund dafür wissen wir nicht und brauchen ihn auch nicht zu wissen, Seine Wege sind unerforschlich. Nur das wissen wir: “Von Ihm und durch Ihn und zu Ihm sind alle Dinge” (Röm.11,32ff). Auf keinen Fall steht es uns daher zu, einen Menschen zu richten, wenn wir dessen Handeln nicht verstehen.
Wenn aber der Feind der Meinung ist, er könne den gläubigen Schwermütigen, den er zum Selbstmord verführt hat, an seinen Herrn, den Satan, ausliefern, so täuscht er sich. Es ist für mich kein Zweifel, daß Gott eine solche Tat zuläßt, weil der Kranke nidit in Satans Hände, sondern in die offenen Arme Gottes fällt, zumal wenn er zuvor den Namen des Herrn anrief (Apg. 2, 21). Wir dürfen es dem barmherzigen Gott unbedingt zutrauen, daß Er einen verzweifelten Schwermütigen, der für seine Tat nicht verantwortlich gemacht werden kann, aufgrund seines Glaubens in Sein Reich aufnimmt, wo es weder Tränen noch Leid noch Geschrei noch Schmerzen gibt. Wenn der Kranke vor Beginn seines Gemütsleidens in lebendiger Verbindung mit seinem Herrn stand, wird er, auch wenn er seinem Leben ein Ende machen zu müssen glaubte, nicht verloren gehen. Denn er wird von Gott nach dem Glauben beurteilt, den er vor seiner Erkrankung gehabt hatte. Der Selbstmord ist in diesem Fall nur ein Scheinsieg des Bösen, der eigentliche Sieger ist Jesus.

Es sei ausdrücklich betont: das Gesagte gilt nur für die erblich bedingte Schwermut, nicht für die reaktiven und psychopathischen Depressionen, bei denen der Kranke zwar auch häufig mit Selbstmordgedanken zu tun hat, jedoch bei klarem Bewußtsein bleibt, wenn er zur Tat schreitet. Er ist daher für sie voll verantwortlich zu machen.
Nun kann das beschriebene Bild der reinen Melancholie vom Teufel als Einfallstor benutzt werden, weil die seelische Widerstandskraft des Schwermütigen naturgemäß stark herabgesetzt ist. In diesem Falle macht der Kranke nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Angehörigen schwere Vorwürfe und gerät in heftiges Klagen und Murren gegen Gott, oder er ist überzeugt, seinem Leben ein Ende machen zu müssen, weil der Feind ihm einredet, er sei auf alle Fälle verloren, und ihn unablässig mit Selbstmordabsichten plagt, die er oft auch in die Tat umsetzt.

Aber auch dieses Zustandsbild ist zu unterscheiden von dem Gemütsdruck des dämonischen Menschen. Ein solcher zeigt sich häufig, wenn der Mensch schwere Versündigungen begangen hat oder wenn okkulte Machenschaften seitens seiner Vorfahren erfolgt sind. Seine Depressionen gehen vor allem mit großer innerer Unruhe und Angst, mit Trotz und Jähzorn und dem Widerwillen gegen alles Göttliche einher. Sie unterscheiden sich daher deutlich von den typischen endogenen Depressionen gläubiger Menschen. Jede Art von Gemütsdruck erfordert daher eine genaue Erforschung der Vorgeschichte des Betreffenden, auch hinsichtlich okkulter Einflüsse, sowie eine eingehende Aufdeckung der Symptome, um eine richtige Beurtelluii  zu ermöglichen.

Zur Illustrierung diene ein Beispiel, bei dem die Frage: Schwermut oder Dämonie? schwierig zu beantworten ist.
>Der Urgroßvater einer älteren Patientin war zeitweise sehr depressiv und neigte zum Selbstmord. Der Großvater trank viel und erhängte sich im Rausch. Ihr Vater plagte die ganze Familie durch wochenlang anhaltende Verstimmungen, wobei er oft kein Wort sprach oder die Drohung ausstieß, er werde sich eine Kugel durch den Kopf schießen. Im Kreise von Gästen war er äußerst gesellig und liebenswürdig. Die fast immer übliche Unterhaltung der Gäste bestand in Tisch  und Gläserrücken, Pendeln, Kartenlegen und Befragen von Verstorbenen, die ihre Antwort durch verschiedenartiges Klopfen des Tisches kundgaben. An all diesen magischen Gebräuchen beteiligte sich auch die Patientin, ohne sich der Bedeutung ihres Tuns bewußt zu sein. Die Mutter ihres Vaters, eine Hebamme, besprach oft Tiere und Menschen. Die Patientin selbst wurde als Säugling bei einer schweren Hautkrankheit zuerst über ein Feuer, auf dem Kräuter verbrannten, gehalten; als dies nichts half, wurde sie von einer Frau mit bald einsetzendem Erfolg besprochen.

Die Patientin legte schon als kleines Kind ein scheues und gedrücktes Wesen an den Tag und fühlte sich von jeher einsam, wobei sie sich oft einschloß und mit sich selbst redete. Auch war sie sehr stark beeindruckbar. Als Halbwüchsige ging sie mit einer Kameradin zur Wahrsagerin. Diese erzählte ihr wahre Dinge, die sie auf natürlichem Wege nicht wissen konnte, und sagte ihr auch die Zukunfl richtig voraus. Sie machte eine strenge Erziehung durch mit viel Schlägen seitens ihres Vaters. Einmal erlebte sie, wie ihre Mutter, als diese dazwischentrat, von dem Vater geschlagen und, ohnmächtig geworden, von ihm an den Haaren die Treppe heruntergezogen wurde. So wuchs in ihrem Herzen schon frühzeitig die Furcht vor ihrem Vater und später auch der Haß gegen ihn, besonders als er ihre Mutter in der Ehe betrog. Auch später litt sie viel unter Vereinsamung und unter dem Mangel einer Aussprachemöglichkeit mit ihren Eltern.

Mit 25 Jahren versuchte sie das erste Mal, infolge beruflicher Schwierigkeiten aus dem Leben zu gehen, worauf sie in eine Nervenklinik verbracht wurde. Einige Jahre darauf erfolgte nach dem Tode ihrer Mutter der zweite ernsthafte Selbstmordversuch. Sie wurde in ein christliches Sanatorium aufgenommen, wo sie zum lebendigen Glauben an Jesus kam. Ihre Depressionen traten daraufhin, besonders auch durch den Umgang mit einer gläubigen Freundin, weniger häufig auf. Dennoch empfand sie auch in der Folgezeit oft viel Bitterkeit und Murren gegen Gott und hatte schwere Depressionen durchzumachen, in denen ihr das Bewußtsein der Wirklichkeit Gottes und die Gewißheit der Sündenvergebung abhanden gingen. Von dem Gedanken und dem ernsten Willen, ihrem Leben selbst eine Ende zu machen, kam sie nicht los. Auch jetzt noch befällt sie zuweilen ein überstarker Drang, aus dem Leben zu gehen. Sehr schwer ist ihr in den depressiven Zeiten die Unfähigkeit zum Bibellesen und Beten, da sie sich von Gott wie durch eine dicke Mauer getrennt fühlt. Sie klagt dann in völliger Verzagtheit und Verzweiflung Gott an. Auch der Abgrund, der sich in solchen Zeiten zwischen ihr und ihren Mitmenschen auftut, ist äußerst quälend für sie, weil sie das Gefühl hat, von allen mißverstanden und alleingelassen oder gar abgelehnt und verachtet zu werden, so daß sie ihnen ein starkes Mißtrauen entgegenbringt.

In den depressionsfreien Zeiten jedoch beseelt sie eine innige Liebe zu Gott. Sie ist überzeugt, daß all ihre Schuld vergeben ist, und kann dafür danken, daß Jesus sie rein und frei gemacht hat. Das Gebet und Bibellesen sowie die Teilnahme am Gottesdienst wie an jeglicher Wortverkündigung ist ihr ein tiefes Bedürfnis. Sie selbst hat dann, wenn auch nach Überwindung starker Anfechtungen, große Freudigkeit, für ihren Herrn zu wirken. Auffallend ist dabei: während sie in ihrem Beruf vor einer großen Schar von Anwesenden ohne jegliche Hemmung zu reden vermag, gerät sie, wenn sie von Gott den Auftrag zur Wortverkündigung bekommt, in das Gefühl völligen Unvermögens hinein, das nur auf seelsorgerlichen Zuspruch hin überwunden werden kann.

Hier handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Melancholie auf der Grundlage einer depressiven Veranlagung erheblichen Grades, die durch eine schwere okkulte Belastung eine besondere Färbung bekam. Im Glaubensleben bestand gleichzeitig jahrelang eine dämonische Gebundenheit. Diese ist jedoch infolge der Übergabe der Patientin an Jesus sowie der Lossagung von Satan und der Lösung von dem Bann der Vorfahren seitens des Seelsorgers als nahezu überwunden anzusehen. Daß ein Rest von Gebundenheit noch vorliegt, zeigt ihr Unvermögen zur Wortverkündigung. Sie deutet dieses, wohl mit Recht, als eine Absicht des Feindes, sie von der Ausführung des göttlichen Auftrages abzuhalten.

 

4. Neurose oder Dämonie?

Gehen wir zu den erlebnisbedingten Seelenstörungen, den Neurosen, über. Es gibt zahlreiche seelisch empfindsame Menschen, die infolge schwerer Erlebnisse ihre Fassungskraft völlig verlieren und dadurch mit allerlei krankhaften Erscheinungen reagieren können: mit großer Unruhe und Angst, mit Weinkrämpfen und Jammern, Schreien und Davonlaufen, Dämmerzuständen und Visionen wie auch mit körperlichen Beschwerden der verschiedensten Art. Auch hierbei wird nicht selten allzu rasch eine dämonisdie Einwirkung angenommen. Aber eine eingehende Erforschung des Seelenlebens führt meist zu dem Ergebnis, daß ein vorher unerklärlicher oder als dämonisch beurteilter Zustand eine natürliche, psychologisch erklärbare Ursache aufweist.

So entpuppen sich nicht selten V i s i o n e n des Teufels oder angebliche Erscheinungen von Jesus und von Engeln als psychisch bedingte Angst  oder Wunschvisionen.
Eine Patientin z. B., die sich immer den Tod wünschte, sah eines Nachts den Tod als skelettartige Gestalt an ihrem Bett stehen. Als sie infolge dieses Erlebnisses große Angst vor dem Teufel und dem jüngsten Gericht bekam, sah sie bei Nacht den Bösen vor sich, der sie holen wollte. Eine Dämonie lag hier nicht vor; denn als der Patientin diese Zusammenhänge aufgedeckt wurden, verschwanden die Visionen sofort und für immer.
Es gibt also nicht nur satanische oder durch Geisteskrankheit hervorgerufene, sondern auch seelisch bedingte Visionen, die streng voneinander unterschieden werden müssen.

Ein weiteres Beispiel seelisch bedingter Visionen:
Ein gläubiges Mädchen litt an Angstzuständen, innerer Unruhe und dem Unvermögen, zu beten und die Bibel zu lesen. Auch sah sie oft finstere Geister vor sich, die sie verklagten. Sie hielt sich daher für besessen und war innerlich völlig verzweifelt. Ein psychologisch nicht geschulter Seelsorger hätte mit größter Wahrscheinlichkeit eine Besessenheit angenommen und dementsprechend mit ihr verfahren. Die Aufdeckung des Unterbewußten ergab jedoch eindeutig, daß der Zustand von einem bestimmten Erlebnis herrührte. Das Mädchen hatte nämlich eine Frau kennengelernt, die ihr von bösen Geistern erzählt und ihr gesagt hatte, diese würden auf sie übergehen und ihr Unglück bringen. Sie wurde infolge ihrer abnormen Beeindruckbarkeit von diesen Worten tief betroffen und in Angst versetzt. Durch die Klärung der Zusammenhänge konnte sie jedoch völlig beruhigt werden und wurde frei von allen Beschwerden. Damit war zugleich erwiesen, daß ihre vermeintliche Besessenheit nur die Folge einer Angstidee gewesen war.

Des öfteren wandten sich Menschen mit Depressionen, innerer Unruhe und Angst an mich. Sie fühlten sich durch angeblich besessene Menschen, mit denen sie zusammenkamen, stark belastet und waren von lebhafter Furcht vor einem Überspringen der feindlichen Mächte erfüllt. Manche von ihnen glaubten sogar, bereits selbst besessen zu sein. Da in sämtlichen Fällen festgestellt werden konnte, daß es sich bei den “Besessenen” nur um Neurosen handelte, konnte ihnen mit Bestimmtheit gesagt werden, daß ihre Befürchtungen unbegründet seien. Als sie sich davon überzeugen ließen, schwanden ihre Beschwerden sehr rasch.

Auch Dämmerzustände sind in erster Linie auf seelische Ursachen zurückzuführen und als hysterisch anzusehen. Der Kranke versetzt sich hierbei bewußt oder unbewußt in eine Art Selbsthypnose zu dem Zweck, sich der rauhen Wirklichkeit zu entziehen und in eine Wunschwelt zu flüchten. Erfolgt die Aufdeckung des wahren Grundes, können solche Zustände rasch zum Schwinden gebracht werden. Es ist mir jedoch kein Zweifel, daß es auch dämonisch gewirkte Dämmerzustände gibt. So beobachtete ich bei mehreren Besessenen Dämmerzustände, in denen sie schrien und tobten, die Bibel zerrissen oder höhnisch lachten, wenn von dem Erlöser Jesus die Rede war. Wenn nach einiger Zeit das Erwachen erfolgte, wußten sie nichts oder nur wenig von dem, was vor sich gegangen war. Auch bei Gottliebin Dittus sowie bei dem philippinischen Besessenen, den Kurt Koch beschreibt, traten während der Gebetskämpfe immer wieder dämonische Dämmerzustände ein. Während also die psychogenen Dämmerzustände aus dem Unterbewußtsein stammen und durch Einwirkung von außen abgebrochen werden können, werden die dämonischen Dämmerzustände vom Teufel zu seinen Zwecken benützt. Sie sind meist so tief, daß ein Aufwecken nicht möglich ist. Bei den spiritistischen Medien handelt es sich zum Teil um seelisch bedingte, zum Teil um dämonische Dämmerzustände.

Sogar bei Klopfgeräuschen muß mit einem neurotischen Ursprung gerechnet werden, wenn sie von stark beeindruckbaren, ängstlichen Menschen gehört werden, denen von Spukerscheinungen erzählt wurde. So hörte eine neurotische Patientin immer dann Klopfgeräusche, wenn sie bei Nacht an ihren verstorbenen, ungläubigen Vater dachte; sie fürchtete nämlich, sein Geist könnte auf sie übergehen. Diese Furcht bewirkte in ihr das eingebildete Hören von allerlei Geräuschen. Von den anderen Hausbewohnern wurde das Klopfen nicht wahrgenommen.

Wenn nun einerseits zahlreiche dämonisch erscheinende Zustände sich als rein neurotisch erweisen, so müssen andererseits auch manche scheinbaren Neurosen auf eine Dämonie zurückgeführt werden. Hierfür diene das folgende Beispiel:

>Ein fünfundzwanzigjähriges Mädchen litt unter öfters auftretenden Zuständen von Gereiztheit, die sich zeitweise zu richtigen Erregungszuständen steigerten und auch mit Selbstmordgedanken einhergehen. Ihr Vater sei vor mehreren Jahren bei einem Unglücksfall tödlich verletzt worden. Von ihrer Mutter sei sie als kleines Kind wegen eines Hautausschlags besprochen worden. Als Ursache ihres Zustandes gab sie das schlechte Verhältnis zu ihrer Mutter an, die sie auch jetzt noch wie ein Kind behandle und beaufsichtige, so daß sie sich völlig unfrei fühle. Sie habe schon oft Mordgedanken gegen sie gehabt. Auch stoße sie die christliche Einstellung ihrer Mutter völlig ab, so daß sie sich vorgenommen habe, niemals ihren Glauben anzunehmen. Sie habe dadurch einen Abscheu vor allen entschiedenen Christen bekommen, die sie geradezu hasse. Durch ihren Beruf sei sie mit einem Mann bekannt geworden, der sie schon mehrmals zu spiritistischen Sitzungen mitgenommen habe. Sie konnte dies bisher ihrer Mutter gegenüber verheimlichen. Auch mit ihren Freundinnen habe sie sich infolge ihrer Gereiztheit verkracht. In dieser Lage habe sie Gott mehrmals gelästert und ihre Mutter verflucht.
Der Zustand der Patientin ging entschieden über eine neurotische Protesthaltung gegenüber ihrer Mutter hin¬aus. Auch hysterische Anzeichen waren nicht nachweisbar. Die Angaben wurden völlig sachlich und nüchtern vorgebracht. Eine kürzere therapeutische Behandlung wurde von ihr abgebrochen. Mit Wahrscheinlichkeit stand eine Dämonie leichten Grades im Vordergrund.<

Auch die eigenartigen Erscheinungen, die Johann Christoph Blumhardt bei Gottliebin Dittus beobachtete, werden zumeist für eine schwere Hysterie, genauer für eine eingebildete Besessenheit gehalten. Dennoch glaube ich an eine wirkliche Besessenheit bei diesem Mädchen, und zwar einmal deshalb, weil mehrmals fremde Stimmen in höhnischer und gotteslästerlicher Weise in verschiedenen Sprachen, die der Gottliebin selbst unbekannt waren, aus ihr redeten, und ferner, weil häufig Poltergeräusche von neutralen urteilsfähigen Personen festgestellt wurden. So hielten sich sowohl der behandelnde Arzt als auch mehrere Gemeinderäte von Möttlingen bei Nacht in der Wohnung auf, wobei sie Töne, Schläge, Klopfen der verschiedensten Art sowie Bewegungen des Tisches bemerkten. Alles wurde genau untersucht, ohne daß eine natürliche Erklärung dafür gefunden werden konnte. Gerade solche Spukerscheinungen trifft man, wie erwähnt, nicht selten in der Umgebung von Besessenen an.

Zu den hysterischen Neurosen zählt auch die eingebildete Besessenheit, deren Verwechslung mit echter Besessenheit schon zu folgenschweren Irrtümern geführt hat. Ein geradezu erschütterndes Bei¬spiel aus neuester Zeit könnte angeführt werden. Ich habe bereits an anderen Stellen kurze Ausführungen über diese Zustände gemacht. Doch sei in diesem Zusammenhang ebenfalls einiges über die Pseudobesessenheit erwähnt, die nach meiner Erfahrung die echte Besessenheit an Häufigkeit weit übertrifft. Sie hat auch in den Anfängen der Pfingstbewegung eine erhebliche Rolle gespielt, wenn auch damals wirkliche Besessenheitsfälle vorkamen. Auch im Raum der katholischen Kirche gibt es zahlreiche Fälle von hysterischer Besessenheit wohl aus dem Grunde, weil sie dem Besessenheits Phänomen eine große Bedeutung beilegt, während die evangelische Kirche der Frage der Besessenheit nahezu völlig interesselos gegenübersteht.

Wenn ein leicht beeindruckbarer Mensch besonders weiblichen Geschlechts in einer Umgebung lebt, in der viel über Teufel, Dämonen und Besessenheit gesprochen wird, oder gar wenn ein wirklich Besessener von sich reden macht, kann ein solcher Mensch von der Angst befallen werden, er könnte selbst vom Teufel besessen sein. Oder er kann in einem vermeintlichen Sendungsbewußtsein von dem unterbewußten Wunsch durchdrungen sein, sich besessen zu fühlen, um durch den Mund der “Dämonen” wichtige Aussagen machen zu können. Dabei vermag er infolge seines lebhaften Vorstellungsvermögens oder seiner Nachahmungsfähigkeit sich vollkommen in die Rolle eines Besessenen zu ver¬setzen, so daß seine Umgebung keinen Zweifel an wirklicher Besessenheit hat. Er windet sich auf dem Boden, tobt, schreit, spricht Schimpfworte, ja sogar Lästerungen aus und spricht verächtlich über den Christenglauben, als wenn der Teufel aus ihm spräche. Wird der “Dämon” vom Exorzisten gefragt, warum er in den Menschen gefahren sei, wie er heiße, ob noch andere Dämonen anwesend seien, wann er ausfahren werde u. a., fällt seine Antwort so aus, wie sie nach seiner Vorstellung der in ihm wohnende “Geist” geben würde. Dabei läßt er meist eine klare Absicht seiner Worte erkennen. So bittet er etwa den Exorzisten, auf die Austreibung zu verzichten, oder er sagt den Termin seines Ausfahrens voraus, oder er läßt den Teufel über seine Verdammnis und über seine Angst vor dem Gericht reden. All diese Aussagen erfolgen in dem Tonfall, der dem “Besessenen” im natürlichen Zustand eigen ist. Nach anhaltendem Gebet und Kampf der anwesenden Beter kann ein wiederholtes auffallendes Aushusten erfolgen, das das Ausfahren der “Dämonen” demonstrieren soll. Ein derartiges Gebaren wirkt in einer suggestiblen Umgebung hochgradig ansteckend. So ist es kein Wunder, wenn ein solcher Mensch eine richtige Besessenheitsepidemie auslösen kann.

Bei einer derartigen Verhaltensweise eines vermeintlich Besessenen sind deutliche Unterscheidungsmerkmale gegenüber der echten Besessenheit festzustellen. Zunächst sind die Aussagen bei hysterischer Besessenheit durchaus menschlich gefärbt. Es kann nachgewiesen werden, daß der “Teufel” aus dem “Besessenen” solche Worte redet, die dessen eigener Vorstellungswelt entsprechen oder durch bestimmte Eindrücke von außen in sein Unterbewußtsein gelangt sind. Auch die ausführlichen Selbstgespräche oder die lebhafte Unterhaltung mit dem Seelsorger sprechen für eine Pseudobesessenheit, zumal wenn der Betreffende nicht in einer fremden Sprache redet, die ihm nicht geläufig ist. Nicht zuletzt deutet auf unechte Besessenheit auch der Umstand hin, daß der Betreffende außerhalb der Gebetskämpfe den Eindruck eines seelisch ausgeglichenen, frohen Menschen macht.

>Eine abnorm beeindruckbare und sehr suggestible Patientin fiel beim Beten und bei Hausandachten in einen Trancezustand, in dem sie in theatralischer Weise Aussagen des vermeintlich in ihr wohnenden Dämons machte. Dabei konnte festgestellt werden, daß die Trancezustände auf Autohypnose beruhten. Die Stimme, die aus ihr sprach, glich in der Klangfarbe und Sprechweise völlig ihrer eigenen Stimme. Auch der Inhalt ihrer Äußerungen entsprach den unterbewußten Erlebnissen, die nach eingehender Erforschung ihres Seelenlebens aufgedeckt worden waren. Bei ihren Trancezuständen handelte es sich daher nicht um eine dämonische Bewußtseinsstörung, sondern um eine unbewußt erfolgte Vortäuschung. Als die Patientin zur Erkenntnis dieser Zusammenhänge kam, schwanden die Trancezustände samt den “Geisterreden” sehr rasch.<

 

5. Psychopathie oder Dämonie?

Was haben wir von den anomalen Charakterzügen seelisch abwegiger Menschen zu halten? Denken wir an die Erregungszustände und Wutausbrüche des reizbaren P s y c h o p a t h e n, die Roheiten des Gefühllosen, die Launen des Willensschwachen, die Intrigen und Gehässigkeiten des Hysterischen, die Unwahrheiten des Lügensüchtigen, die sexuellen Verirrungen des sittlich Belasteten, die Gewalttätigkeiten des Alkoholsüchtigen, die Prahlereien des Geltungssüchtigen. Handelt es sich bei diesen Menschen um psychopathische Merkmale, die einer Dämonie ähnlich sehen, oder um eine dämonische Gebundenheit, die im Gewand einer Psychopathie auftritt?

Zunächst kann angenommen werden, daß bei den erwähnten Zuständen mit Wahrscheinlichkeit erblich bedingte krankhafte Seelenstörungen vorliegen. Aber gerade seelisch labile und leicht versuchliche Menschen, wie es die Psychopathen sind, sucht der Teufel zu sündigen Handlungen zu verleiten und an sich zu ketten. Er benützt die krankhafte Anlage solcher Menschen als willkommenen Angriffspunkt. So kann ein Psychopath sich gewohnheitsmäßig solchen Sünden hingeben und dadurch in eine dämonische Bindung geraten. Aus diesem Grunde finden wir die Psychopathie häufig in Verbindung mit Dämonie, so daß sich beide Zustände vielfach kaum voneinander trennen lassen. Wir sollten uns daher beim Vorliegen psychopathischer Symptome nicht mit der Annahme einer erblichen Belastung begnügen, sondern uns fragen, wieweit dämonische Einflüsse, etwa infolge einer okkulten Belastung, vorliegen.

Wie schwierig die Frage: Psychopathie oder Dämonie? zu klären ist, soll das folgende Beispiel verdeutlichen:
>Ein Kriegsversehrter in den fünfziger Jahren war von jeher leicht erregbar und depressiv. Sein Großvater war gedrückt und nahm sich das Leben. Sein Vater war ebenfalls leicht depressiv, dazu oft sehr aufbrausend; er wurde in der Jugend wegen einer Krankheit besprochen. Der Patient selbst war ein unerwünschtes Kind und litt sehr unter der Verachtung seiner Eltern und der Ungerechtigkeit seiner Mitmenschen. Mit 22 Jahren bekam er seine erste Depression. Daraufhin ließ er sich durch eine Wahrsagerin die Zukunft deuten; die Voraussage traf ein. Eine zweite Depression erfolgte nach schwerem Erleben während des letzten Weltkrieges. Sobald er sich von seinen Nebenmenschen nicht verstanden oder ungerecht und lieblos behandelt fühlt, wird er laut und erregt und kann ihnen allerhand Unfreundlichkeiten an den Kopf werfen, so daß diese sich oft von ihm zurückziehen. Dadurch aber wird er noch empfindlicher, wobei er dazu neigt, den anderen die ganze Schuld an seiner Erregtheit zuzuschieben, und ihnen mißtraut, wenn sie sich versöhnlich zeigen. In erregungsfreien Zeiten ist der Patient dagegen ruhig und kontaktfähig, er erkennt, daß er selbst auch schuld hat, bereut ehrlich, den anderen wehegetan zu haben, und sucht sich mit ihnen auszusöhnen. Auch erweist er ihnen Liebe und Hilfsbereitschaft und legt ein echtes christ¬liches Verhalten an den Tag, ja er kann anderen gegenüber öfters ein Zeugnis von seinem Glauben ablegen. Über kurz oder lang gerät er jedoch schon bei einem geringfügigen Anlaß aufs neue in Erregtheit, Ärger, Verzweiflungsausbrüche und Lebensüberdruß. Ist die auslösende Ursache beseitigt oder erfährt er liebevollen Zuspruch, so beruhigt er sich rasch wieder.<

Ob es sich hier um eine rein krankhafte Erbanlage (reizbare und depressive Psychopathie) handelt oder ob die okkulte Vorgeschichte eine ursächliche oder auslösende Rolle spielt, ist nicht mit Sicherheit festzustellen.
Einige Merkmale zur Unterscheidung von Psychopathie und Dämonie seien jedoch angeführt:
Empfindet der Mensch immer wieder aufrichtige Reue über seine Erregungszustände, seine Unwahrheiten und Launenhaftigkeiten, kann von der Annahme einer Dämonie abgesehen werden. Ebensowenig sind Zwangsbefürchtungen und  handlungen des Zwangskranken, die ängstliche Selbstbeobachtung des Hypochonders, die Menschenscheu und die Minderwertigkeitsgefühle des Selbstunsicheren, das hemmungslose Benehmen des hypomanischen Psychopathen auf eine Dämonie zurückzuführen. Eine Gewalttat dagegen, die der Patient im Jähzorn unter Fluchen vollbringt, oder eine ausgesprochene Sucht, von der er sich weder lösen kann noch will, ist ein Zeichen dafür, daß der Teufel ihn an sich gebunden hat.

Wenn ferner trotz intensiver Seelsorge keine oder eine nur vorübergehende Befreiung eintritt, ist an eine psychopathische Erbanlage zu denken. Erreicht diese ei¬nen stärkeren Grad, so brechen ihre Merkmale trotz guten Willens des Betroffenen immer wieder durch. Beim Vorliegen einer Dämonie jedoch tritt meist allmählich oder rasch eine befreiende Wirkung ein, wenn der Mensch den Mut aufbringt, in voller Offenheit alles zu bekennen, das Absagegebet zu sprechen und sich von seinen Bindungen zu lösen.

6. Alterserscheinungen oder Dämonie?

Auch bei alten Menschen wird die Frage der Dämonie oft aufgeworfen. Da die Verkalkung der Ge¬hirngefäße meist eine Erschwerung der Konzentrationsfähigkeit zur Folge hat, macht sich diese auch beim Beten und Bibellesen bemerkbar. So fehlt dem alten Menschen häufig die Freudigkeit zum Beten, wie sie vorher bestanden hatte. Er muß sich zum Beten zwingen, ja er bringt ein richtiges Gebet oft kaum mehr zustande, obwohl er weiß, wie wichtig das Beten für ihn ist, um die Verbindung mit Gott aufrecht zu erhalten. Er macht sich daher leicht schwere Vorwürfe, daß er nicht mehr richtig im Glauben stehe. Und doch haben solche Erscheinungen nichts mit Dämonie zu tun, sie sind vielmehr ohne Zweifel als krankhaft zu bewerten.

Grundsätzlich zu unterscheiden von solchen krankhaften Erscheinungen sind die A n f e c h t u n g e n des Feindes, wie sie bei Gläubigen im Alter, zumal auf dem Kranken  und Sterbebett, nicht selten auftreten. Der Teufel weiß, daß der alte Mensch oft genug in beson¬derem Maße für Versuchungen anfällig ist. Um ihn aus der Verbindung mit Gott zu lösen, sucht er ihm einen ausgesprochenen Widerwillen gegen das Beten, wie auch den Zweifel am Wort Gottes und am Glauben einzugeben. So kann den Bibellesenden plötzlich der Gedanke befallen, es sei alles Unsinn, was die Bibel sage. Auch kann der Teufel ihm einreden, er sei verloren, weil Gott ihn verstoßen habe. Oder er wird zu sexuellen Gedanken und Handlungen verführt, deren er sich nur schwer zu erwehren vermag, so daß er oft in Depressionen gerät. Auch können ihm unschöne Erinnerungen aus seinem früheren Leben zu schaffen machen, die das Gefühl der Gottesferne in ihm erwecken. Er selbst hat den Eindruck, als suche der Feind ihn durch all diese Gedanken der Verzweiflung und dem Selbstmord auszuliefern. Doch handelt es sich in solchen Fällen weder um eine dämonische Gebundenheit noch um Besessenheit, da diese letzteren Zustände, wie eingangs besprochen, sich nur bei solchen Menschen finden, die sich bewußt von Gott entfernt haben. Deshalb darf der Gläubige sich im Alter durch solche Anfechtungen nicht bedrücken lassen. Wenn er immer wieder Gott um Hilfe anruft oder dem Feinde im Namen Jesu zu weichen gebietet, schwinden diese Versuchungen meist rasch.

7. Vorsicht bei fraglicher Dämonie !

Durch die bisherigen Ausführungen wurde zu zeigen versucht, wieviele Irrtümer uns unterlaufen können, wenn wir nicht größte Vorsicht bei der Beurteilung einer Dämonie walten lassen. Vorsicht ist daher auf diesem Gebiet ganz besonders erforderlich. Denn die Unterscheidung zwischen Krankheit und Dämonie ist vielfach nicht nur eine schwierige, sondern auch eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Wenn es einerseits nötig ist, der Frage der Dämonie unvoreingenommen und aufgeschlossen gegenüberzutreten, so ist es andererseits dringend geboten, mit der Annahme einer dämonischen Gebundenheit und besonders einer echten Besessenheit größte Zurückhaltung zu üben. Dennoch besteht bedauerlicherweise, wie schon eingangs erwähnt, bei nicht wenigen Gläubigen die Neigung, in unklaren Fällen von seelischen Störungen ohne nähere Erforschung eine Dämonie anzunehmen. Mit dem Wort “besessen” wird vielfach geradezu Mißbrauch getrieben. Bei jedem Vorliegen einer seelischen Belastung wird nur allzu rasch der Verdacht auf Dämonie geäußert. Eine solche ist aber von vornherein fraglich, wenn keine der eingangs angeführten Ursachen nachzuweisen ist. Und selbst wenn deutliche okkulte Machenschaften bei den Vorfahren oder erhebliche Versündigungen bei dem seelisch Gestörten vorliegen, darf dennoch nicht ohne genauere Prüfung eine Dämonie angenommen werden. Entscheidend für diese Diagnose ist nach Ausschluß einer krankhaften Störung allein das Vorhandensein von mehreren der in Abschnitt I angeführten Merkmalen der dämonischen Gebundenheit und der Besessenheit.

Vorsicht bei der Beurteilung ist schon deshalb erforderlich, weil es sich bei den Menschen, bei denen eine Dämonie in Frage kommt, häufig um seelisch sehr empfindsame Naturen handelt. Wenn einem solchen Belasteten ohne eingehende Untersuchung vorgehalten wird, er sei ein Gebundener Satans oder gar er sei besessen, kann dieser durch einen solchen Vorwurf derart stark beeindruckt werden, daß er in schwere innere Unruhe, Angst und Depression gerät. Besonders wenn einem Schwermütigen, dessen Glaubensleben infolge krankhafter Hemmungen erstarrt ist oder der von Lästergedanken geplagt ist, vom Seelsorger gesagt wird, es liege ein teuflischer Bann auf ihm, ist es verständlich, daß ein solcher Kranker nun erst recht sich ewig verloren glaubt, zumal wenn eine “Teufelsaustreibung” zu keinem Erfolg führte. Ich habe in zahlreichen Fällen erlebt, welch ungünstige Wirkungen auf einen seelisch kranken Menschen ausgehen können, wenn er fälschlicherweise als dämonisch gebunden bezeichnet wird. Es ist ein großes Unrecht, wenn ein unter seinem Zustand leidender Gemüts  oder Geisteskranker den Vorwurf hören muß, er sei in die Gewalt des Teufels geraten. Wer ohne Kenntnis des krankhaften Seelenlebens und dämonischer Zustände sich ein solches Urteil anmaßt, der handelt höchst voreilig, ja geradezu grausam. So berichtete mir eine Patientin, die in einem christlichen Erholungsheim geweilt hatte, daß während ihres dortigen Aufenthalts ein Gast mit den bekannten Zeichen der Schwermut aufgenommen wurde. Der Hausvater erklärte ihn nach kurzer Unterredung für dämonisch und schickte ihn, als die entsprechende Seelsorge keine Wirkung zeigte, nach wenigen Tagen nach Hause zu¬rück. Ich selbst mußte oft ähnliche Erfahrungen machen.

Während wir solchen Menschen, bei denen man eine Dämonie vermuten könnte, zunächst mit Zurückhaltung in der Beurteilung gegenüberzutreten haben, ist es erforderlich, einem einwandfrei dämonisch Belasteten mit aller Deutlichkeit, aber zugleich mit verständnisvoller Liebe zu sagen, daß Satan ihn an sich gekettet oder gar von ihm Besitz ergriffen hat. Selbst wenn er sich gegen eine solche Äußerung wehren oder darüber erschrecken sollte, ist es doch ein heilsames Erschrecken. Denn er muß nun den Feind seiner Seele klar erkennen lernen und gemeinsam mit dem Seelsorger und, wenn möglich, mit Hilfe eines Kreises von Betern ihm zu widerstehen suchen.

Weil die Unterscheidung einer krankhaften Störung von einer Dämonie eine hohe Verantwortung in sich schließt, ist in allen fraglichen Fällen die Zuziehung eines gläubigen Nervenarztes oder eines auf diesem Gebiet kundigen und erfahrenen Seelsorgers dringend anzuraten. Aber daneben gilt es, ernstlich um die Gabe der Geisterunterscheidung zu bitten, die eine Gabe des Heiligen Geistes ist (1. Kor. 12, 10). Denn letztlich vermag der Geist Gottes allein uns die rechte Erkenntnis über die uns anbefohlenen Menschen zu vermitteln und uns vor verkehrten Worten und unbedachten Schritten zu bewahren.

 

IV. Christenglaube und Dämonie

Drei Fragen, die viele Gläubige stark beschäftigen, seien zum Schluß besprochen.

1. Kann bei einem Christen eine Dämonie vorliegen?

Wenn vielfach die Auffassung geäußert wird, der Teufel könne auch einen Jünger des Herrn an sich ketten, so ist zu sagen, daß in der Bibel kein Beispiel einer Dämonie bei einem an Jesus glaubenden und Ihm im Gehorsam treu bleibenden Menschen sich findet. So zeigt uns Maria Magdalena, die von sieben Teufeln besessen war (Mark. 16,9; Luk. 8,2), daß ein besessener Mensch durch die Verbindung mit jesus freiwerden kann. So wie in Ägypten jedes Haus, dessen Oberschwelle und Türpfosten mit dem Blut des Lammes besprengt war, den Vernichtungsengel nicht zu fürchten brauchte (2. Mose 12,13), so ist jeder, der im Glauben das Blut des gekreuzigten Christus als Sühnopfer für seine Schuld in Anspruch nimmt, vor einer Bindung an Satan geschützt. Es ist kein Zweifel: der Feind kann den nicht antasten, der durch das Blut seines Herrn gedeckt ist. Wer unter der ständigen vergebenden Gnade Jesu lebt, kann nicht in die Macht Satans geraten (Kol. 1,13.14).

Andererseits macht das Schicksal des Ananias und der Saphira wie auch der Fall des Judas Ischarioth deutlich, daß selbst Christen, die der Gemeinde Jesu angehören, oder daß ein von jesus erwählter und zum Dienst berufener jünger, wenn sie dem Geist Gottes bewußt Widerstreben und sich versündigen, ohne die Vergebung zu begehren, immer mehr unter den Einfluß Satans gelangen können, so daß dieser sie schließlich an sich kettet oder gar Besitz von ihnen ergreift. Der Anlaß hiezu war bei Ananias und Saphira ihre Lüge gegen den Heiligen Geist und gegen Gott (Apg. 5,3.4), bei Judas seine Gebundenheit an das Geld und sein wiederholter Diebstahl (Joh. 12, 6; Luk. 12, 3). Solche Menschen können zwar Buße tun wie Judas, der seine Schuld erkannte, bekannte, bereute und wiedergutzumachen suchte. Aber der Feind, der Gewalt über ihn hatte, redete ihm ein, seine Schuld sei zu groß, als daß er noch Vergebung finden könnte; es bleibe ihm daher nichts anderes übrig, als seinem Leben ein Ende zu machen. So unterließ er es, sich mit der Bitte um Vergebung an Gott zu wenden, und vollzog an sich selbst das göttliche Gericht.

2. Kann ein dämonisch Gebundener frei werden und wie geschieht dies.?

Oft ist selbst von gläubigen Christen zu hören, Satan habe heutzutage eine solch große Gewalt über viele Menschen, daß sie für die Verkündigung des Evangeliums unempfänglich seien, weil er sie eingeschläfert oder gar zur Gegnerschaft gegen Gott verführt habe. Daher sei auch die Fürbitte für diese Menschen nahezu wertlos; sie seien von solch einer Menge von Dämonen umgeben, daß die Gebete der Christen kaum noch zu Gott empor dringen könnten. Diese Auffassung ist jedoch das Zeichen eines ausgesprochenen Glaubensmangels. Wer mit Vollmacht im Vertrauen auf Jesu Sieg dem Feind entgegentritt und in eindringlichem Ringen für die dämonisch Gebundenen verharrt, der darf mit der Erhörung seiner Gebete rechnen. Wenn der Mensch Jesus als seinen Erlöser und Herrn annimmt und ernstlich bemüht ist, Ihm nachzufolgen, kann er von jeglicher Dämonie gelöst werden. Bei noch nicht allzu starker Gebundenheit tritt die Befreiung oft schon nach einer einzigen oder nach wenigen seelsorgerlichen Unterredungen ein. Allerdings kann die Befreiung sich über eine längere Zeit hinziehen, wenn die Versündigung des Menschen besonders schwer ist oder wenn der Seelsorger sich nicht der ganzen geistlichen Waffenrüstung bedient und es an dem entschiedenen Glaubenskampf fehlen läßt. Ebenso kann eine vollständige Lösung aus den Ketten Satans zunächst ausbleiben, wenn der Gebundene es mit der Übergabe an jesus nicht ganz ernst nimmt und dem Feinde, vielleicht unter dem Einfluß einer ungünstigen Erbanlage, weiterhin einen bestimmten Raum in seinem Herzen gewährt. Ein solcher Mensch kann zwar den Eindruck machen, wiedergeboren zu sein, weil in der Tat eine gewisse Wesensände¬rung bei ihm beobachtet werden kann. Und doch befindet er sich noch in Unkenntnis über die listigen Angriffe und betrügerischen Einflüsterungen des Teufels und erliegt ihnen zeitweise ohne seinen Willen. Er liebt zwar die Sünde nicht mehr, tut aber noch das Böse, das er nicht will. (Röm. 7, 15.19). In diesem Falle bleibt eine R e s t   D ä m o n i e bestehen, d. h. der Mensch ist zwar nicht mehr an Satan gebunden, aber der Feind sucht ihn mit allen Mitteln aufs neue durch V e r f ü h r u n g e n an sich zu binden, was ihm noch manchmal gelingt. Die Verführung äußert sich darin, daß die Lieblingssünden des Gebundenen sich noch zeitweise bemerkbar machen. So können etwa Trotz oder Lüge, Unversöhnlichkeit und Bitterkeit, Groll gegen Gott und Menschen, unreine Gedanken und sinnliche Begierden, häufiges Fluchen oder eine abnorm starke Empfindlichkeit mit Kurzschlußhandlungen den Menschen befallen; auch mediale Fähigkeiten bleiben oft noch längere Zeit bestehen. Besonders häufig kommen, auch wenn er nicht depressiv veranlagt ist, Selbstmordgedanken und  absichten über ihn.
Solche Zustände von Rest Dämonie sind vielfach zu beobachten. Nur ein Beispiel sei angeführt:

Eine Patientin hatte von Jugend auf mit schweren sexuellen Verirrungen zu tun. Jahrelang litt sie, besonders unter dem Einfluß ihres dämonischen Vaters, unter eindeutiger teuflischer Gebundenheit. Sie brachte es nicht fertig, sich mit eigener Kraft aus ihr zu lösen, bis schließlich unter dem Einfluß eines Seelsorgers ihre Hingabe an Christus erfolgte und sie von ihren sünd¬lichen Neigungen frei wurde. Nach einiger Zeit jedoch band der Feind sie wiederum an sich, sie suchte bewußt die Sünde auf, an der sie Gefallen hatte. Dieser Zustand datierte mehrere Jahre. Endlich wurde sie durch die schriftliche Beeinflussung des Seelsorgers und das regelmäßige Hören des Evangeliums Rundfunks so stark beeindruckt, daß sie eine wesentliche Besserung erleben durfte, die seit Jahren anhält. Doch der Teufel läßt sie noch nicht völlig in Ruhe. Jeden Abend vor dem Einschlafen gaukelt er ihr sinnliche Bilder vor und redet ihr ohne besonderen Grund Selbstmordgedanken und Angst ein. Sie aber wendet sich im Gebet zu Gott und gibt dem Teufel zu verstehen, daß sie nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Die Sünde, die ihr jahrelang zum Fallstrick geworden war, verabscheut sie nun, und doch fällt sie ihr noch hin und wieder zum Opfer. Auch die Selbstmordgedanken und Ängste machen ihr immer wieder zu schaffen. Sie selbst ist der Überzeugung, daß der Teufel hinter diesen Gedanken und Rückfällen steht, um sie aufs neue in seine Gewalt zu bekommen.

Je mehr jedoch der Geist Gottes in dem Glaubenden Raum gewinnt, um so mehr Siege darf er erleben. Zwar kann der Teufel, wenn er merkt, daß er seinen Einfluß völlig aufgeben muß, letzte schwere Angriffe unternehmen, indem er sein bisheriges Opfer auf jede erdenkliche Weise von dem entscheidenden Glaubensschritt abzuhalten sucht. Er kann dadurch eine erhebliche seelische Krise in dem Betreffenden auslösen und so die Gefahr eines schweren Rückfalles heraufbeschwören. Aber wenn dieser im Verein mit dem Seelsorger die endgültige und völlige Hingabe an den Befreier vollzieht und wenn im Namen Jesu dein Feinde geboten wird zu weichen, trägt zuletzt Jesus den Endsieg davon.

Der Glaubende wird allerdings auch weiterhin von dem Feind seiner Seele in Versuchung geführt; aber er behält dabei seinen freien Willen und kann nicht mehr, wie der Gebundene, zur Sünde gezwungen werden. Vielmehr schenkt der Heilige Geist dem Jünger Jesu die Fähigkeit, Satan zu widerstehen und die Sünde zu hassen, so daß dieser schließlich seine ständigen Angriffe aufgeben und fliehen muß (Jak.4,7). Die “feurigen Pfeile des Bösewichtes” prallen an dem Glaubensschild des Wiedergeborenen ab. Denn dieser ist von dem Gesetz der Sünde freigemacht, weil seine aufsteigenden sündlichen Begierden immer wieder durch den Geist Gottes getötet werden (Röm. 8, 2.13). Und wenn er dennoch der Versuchung zum Opfer fällt, bedeutet dies nur eine Überrumpelung. Er hat kein Gefallen mehr an der Sünde, sondern bereut sofort von Herzen seine Schuld und darf der Vergebung gewiß sein, so daß keine unvergebenen Sünden mehr dem Feinde Macht über ihn einräumen können.
Weil die Worte “Gebundenheit”, “Verführung” und “Versuchung” häufig durcheinandergeworfen werden, ist eine klare Unterscheidung dieser Begriffe erforderlich. Während bei der Gebundenheit und in abgeschwächtem Maße bei der Verführung von Dämonie geredet werden muß, sollte bei der Versuchung das Wort “Dämonie” nicht gebraucht werden.

3. Kann der Umgang mit dämonischen Menschen, besonders die Fürbitte für sie, irgendwelchen Schaden oder gar eine Krankheit verursachen?

Diese Auffassung, die immer wieder geäußert wird, ist auf den Glauben an das überspringen finsterer Mächte zurückzuführen. Zum Beweis wird auf die Tatsache hingewiesen, daß manche Menschen bei der Fürbitte für dämonisch Belastete in Angstzustände und innere Unruhe oder in Depressionen und Anfechtungen geraten. In der Bibel wird jedoch an keiner Stelle von einem übergehen von Dämonen auf Gläubige berichtet. Bei der Geschichte von den Söhnen des Skevas (Apg. 19,13 ff.), die vielfach als Beleg für diese Auffassung herangezogen wird, handelt es sich zwar um eine schwere Schädigung dieser Menschen durch einen Dämon. Doch waren sie nicht an Jesus gläubig, sondern sie maßten sich als jüdische Teufelsbeschwörer an, im Namen Jesu die bösen Geister aus Besessenen auszutreiben um ihrer Ehr- und Gewinnsucht willen. Von ihnen gilt das ernste Wort Jesu Matth. 7, 22.23.

Ein echter Jünger Jesu braucht jedoch keine Schädigung durch den Teufel zu befürchten. Hiervon ist auch in der Heiligen Schrift nirgends die Rede. Vielmehr verheißt jesus ausdrücklich den Seinen, daß niemand sie aus Seiner und Seines Vaters Hand reißen werde (Joh. 10, 28.29), ferner, daß Er ihnen Macht gegeben habe über alle Gewalt des Feindes und daß nichts ihnen schaden könne (Luk. 10, 19). Auch Paulus schreibt, daß der treue Herr die an Ihn Glaubenden vor dem Bösen bewahren werde (2. Thess. 3, 3) und daß keine finsteren Mächte sie von der Liebe Gottes zu trennen vermögen (Röm. 8, 3 8.3 9).

Auch die vielfach gehörte Warnung vor dem Beten für dämonische Menschen kann biblisch nicht begründet werden. Paulus ermahnt im Gegenteil, daß man vor allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen (l. Tim. 2, 1). Nur eine Ausnahme gibt es, nämlich bei dem, der eine “Sünde zum Tode” begangen hat, indem er jesus in bewußter Verstocktheit ablehnt. Bei einem solchen Sünder rät Johannes von der Fürbitte ab (l. Joh. 5, 16), weil es für diesen keine Vergebung gibt (Hebr. 10, 26 30), nicht aber weil ein solcher Sünder dem Fürbittenden Schaden antun könnte. Daher braucht ein Christ, der mit einem dämonischen Menschen in Berührung kommt oder für ihn betet, nicht in Angst vor Schädigungen zu geraten, falls er in lebendiger Gemeinschaft mit seinem Herrn steht, sich durch das Sühnopfer Jesu frei von Schuld und Bindung weiß und in vollem Vertrauen die erwähnten Schriftworte für sich in Anspruch nimmt.
Immerhin ist es sehr wohl möglich, daß ein Christ, der okkult belastet ist oder sich in unvergebene Schuld verstrickt hat, vom Feind angegriffen und in seiner Arbeit für Gott gelähmt wird, wenn er sich in den Kampf um dämonisch gebundene Menschen einläßt. Dafür sei ein Beispiel erwähnt:

Ein Seelsorger, der von seinem Großvater her okkult belastet war und in seiner Jugend infolge Krankheit öfters besprochen wurde, war nach seiner Bekehrung nicht klar und vollständig von dämonischen Einflüssen gelöst worden. Als er sich nun an Gebundenen seelsorgerlich betätigte und dabei in Selbstsicherheit geriet, ließ er sich von dem Schmutz, dem er begegnete, beeinflussen, wodurch er in seinem Dienst beeinträchtigt wurde. Dadurch fand der Teufel Gelegenheit, sich an ihm zu rächen und ihn selbst in Gebundenheit zu versetzen. Diese äußerte sich darin, daß er in Groll und Bitterkeit, ja in unversöhnlichen Haß  und in Mordgedanken gegen einen Menschen geriet, der ihm beruflich geschadet hatte. Auch wurde er oft von Jähzorn und Rechthaberei befallen, so daß er manchen seiner Nebenmenschen zum Anstoß wurde. Seine Arbeit an den Gebundenen erfolgte ohne Vollmacht und wurde immer mehr gelähmt. Er bereute zwar seine Schuld und doch mußte er gegen seinen Willen dem Feind gehorchen. Jahrelang litt er stark unter dem Bewußtsein der klar erkannten dämonischen Bindung, Schließlich suchte er einen Seelsorger auf, vor dem er in echter Buße ein restloses Bekenntnis ablegte. Er erlangte alsbald die Gewißheit der Vergebung und konnte nach Lossprechung von seinen Bindungen befreit werden. Auch wurde ihm die Kraft geschenkt, den Groll gegen seinen Feind aufzugeben und ihn um Vergebung zu bitten, worauf dieser ihm alles verzieh. Seitdem darf er vollen Frieden und Freude in Gott erfahren und den Sieg Jesu rühmen. Auch wurde ihm neue Freudigkeit zur Arbeit für seinen Herrn geschenkt.

Aber auch einen seelisch labilen Jünger Jesu, der im Gebet gegen Satan ankämpft, vermag dieser durch Spukerscheinungen in einen kurzdauernden Schrecken zu versetzen oder ihm Anfechtungen im Glaubensleben einzuflößen oder Zwietracht zwischen ihm und seinem Nächsten zu säen. Jeder, der um dämonische Menschen ringt, muß sich darauf gefaßt machen, daß der Feind sich zu rächen versucht. Aber wer seine heimtückischen Pläne und Einflüsterungen sofort als satanisch erkennt, wird sie auch rasch im Glauben abwehren können. Es wäre für ihn ein Zeichen von mangelndem Gottvertrauen, würde er durch die teuflischen Angriffe sich ernsthaft einschüchtern lassen. Auf keinen Fall darf der Christ die Fürbitte für die Gebundenen fürchten. Dies wäre ein Beweis dafür, daß seine Sorge um das eigene Wohlbefinden größer ist als die Sorge um das Seelenheil des in Ketten Befindlichen. Es ist ihm vielmehr aufgetragen, angetan mit dem Schild des Glaubens, dem Helm des Heils und dein Schwert des Geistes den Kampf mit dem Feind aufzunehmen (Eph. 6,12 17).

Wie ist es aber zu erklären, daß tatsächlich manchen Jüngern des Herrn, die für dämonisch Belastete Fürbitte tun oder in nähere Berührung mit ihnen kommen, Schädigungen in Form von schweren und längerdauernden Angstzuständen und Anfechtungen zustoßen? Es handelt sich nach meiner Erfahrung in solchen Fällen um leicht beeindruckbare, ängstlich veranlagte Menschen. Wenn diese von einem Überspringen von Dämonen hören oder lesen und einen dämonischen Menschen vor sich zu haben glauben, oder wenn sie auf die angebliche Gefahr der Fürbitte für Gebundene hingewiesen werden, befällt sie leicht eine lebhafte Unruhe und Angst, ja sie können sogar körperlich nervöse Beschwerden verspüren, die sie auf dämonische Einflüsse zurückführen. Solche Beschwerden sind jedoch nur durch die Angst vor Schädigungen durch die Feindesmacht hervorgerufen. Dies läßt sich deutlich daran erkennen, daß die Beschwerden nach eingehender Aufklärung und Beruhigung schwinden. Nur wenn der andere auf seiner Meinung beharrt, halten die Beschwerden an. Ein nervlich und seelisch gesunder, mit seinem Herrn verbundener Christ bleibt beim Umgang mit dämonischen Menschen und bei der Fürbitte für sie von körperlichen und seelischen Störungen frei.

So konnte Johann Christoph Blumhardt am Schluß seines Gebetskampfes um Gottliebin Dittus seiner Behörde berichten: “So groß auch meine Anstrengung war, so fühlbar war mir ein göttlicher Schutz, indem ich nicht die geringste Ermüdung und Angegriffenheit fühlte, selbst nicht nach vierzigstündigem Wachen, Fasten und Ringen.” Ich selbst wie auch eine Anzahl von Mitkämpfern und Mitbetern durften dieselbe Bewahrung beim Kampf um Gebundene und Besessene erfahren. Es erweist sich als eine Tatsache, daß ein wahrhafter Jünger des Herrn, wie bereits erwähnt, vor den Angriffen des Bösen bewahrt bleibt (l. Joh. 5, 18.19). Jesus selbst bittet als der himmlische Hohepriester Seinen Vater, Er möge die Seinen vor dem Einfluß des Teufels bewahren (Joh. 17,15). Und Paulus war bis ins Alter hinein von dem zuversichtlichen Glauben erfüllt, daß der Herr ihn auch fernerhin allen Anschlägen des Bösen entreißen werde (2. Tim. 4, 18).

Deshalb hat der Christ, der auf die bewahrende Macht seines Herrn vertraut, keinerlei Anlaß, den Umgang mit dämonischen Menschen zu scheuen und von der Fürbitte für sie Abstand zu nehmen. Gegen einen glaubensstarken Beter kann Satan keine ernstlichen Angriffe unternehmen. Wenn auch der Fürst dieser Welt schwerstes Unheil anzurichten vermag, darf der Jünger des Herrn in freudiger Zuversicht mit Martin Luther singen:

Und wenn die Welt voll Teufel wär’
und wollt’ uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr,
es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt, wie sau’r er sich stellt,
tut er uns doch nicht;
Das macht: er ist gericht’,
ein Wörtlein kann ihn fällen.

Die Hervorhebungen sind von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, 4. November 2008
 www.horst-koch.de
info@horst-koch.de

Dr. med. ALFRED LECHLER

war viele Jahre lang ärztlicher Leiter einer Kuranstalt im Taunus. Durch seine zahlreichen Veröffentlichungen, in denen er akute Probleme und Nöte unserer Zeit aufzeigt und Mittel und Wege zu ihrer Meisterung weist, ist er einem sehr großen Kreis von Menschen aller Lebensbereiche bekanntgeworden.

Weitere Titel von Dr. med. Lechler  –  evtl. unter amazon.de oder booklooker.de

Leg deine Nerven in Gottes Hand, 21. Auf l., 48 S.
Frei von Angst, 6. Auflage, 32 Seiten.
Der Dämon im Menschen, 4. Auflage, 84 S.
Briefe an Angefochtene, 3. Auflage, 78 S.
Was sagt die Bibel über die Krankheit und ihre Heilung? 56 Seiten.
Belastung und Befreiung –Die seelsorgerliche Behandlung der okkult Belasteten

 

 




Weltreligionen

Prof. Dr. Peter Beyerhaus, D.D.

 

Kennen die Religionen den wahren Gott?

– Das Christuszeugnis in der interreligiösen Begegnung –

 

– Vortrag –    

Das universal menschheitliche Vorkommen von Religion läßt sich einleuchtend nicht mit Feuerbach und Freud rein psychologisch erklären als bloße Projektion bewußter oder unbewußter seelischer Vorgänge in eine mythische Überwelt. Vielmehr verdanken sich Religionen der verschiedensten Gestalt jeweils einem überwältigenden Anstoß einer geheimnisvollen Übermacht, auf welche dann erst in einem zweiten Schritt der betroffene Mensch, bzw. die soziale Gemeinschaft, reagiert. So sieht es auch die Bibel: Israels Glauben fand seine Begründung in einem heilsgeschichtlichen Offenbarungshandeln von oben her, nämlich Gottes Begegnung mit Abraham und mit Mose. In negativer Entsprechung sieht die Bibel auch die heidnischen Kulte durch transzendentale Einwirkung entstanden. Denn auch deren Göttern wird sehr wohl eine übermenschliche Wirklichkeit zuerkannt, wenn auch – v.a. für Israel – keine Legitimität.

Die gemeinsame Überzeugung fast aller Religionstheologen ist nun die, daß die Religionen sich in ihrer überirdischen Verursachung zumindest teilweise oder aber – hier gehen die Urteile auseinander – sogar ganz der Selbstmanifestierung des einen Gottes verdanken. Es handele sich hier also letztlich, auf der seinsmäßigen Ebene, um denselben Gott, den die Bibel als den Schöpfer und Herrn des Himmels und der Erde bezeugt, und zu dem sich die Kirche als dem Dreieinigen bekennt.

Hier ist nun allerdings ein beträchtlicher Meinungsunterschied zu konstatieren, und an diesem gehen die Schulrichtungen auseinander, – d.h. die (dialektisch) exklusive, die inklusive und die pluralistische Theologie der Religionen. Die entscheidende Frage lautet: Ist die aus der eben genannten Überzeugung zu folgernde Identität der höchsten Gottheit, die in vielen Religionen unter verschiedenen Namen und Vorstellungen verehrt wird, mit dem alleinigen Gott direkt oder indirekt zu erklären? Vollzieht man also eine völlige Gleichsetzung? Oder aber denkt man eher an eine Transparenz gewisser außerchristlicher Gottesbilder für den biblischen Gott, wobei man zugleich erkennt, daß die konkreten Gottesbilder der einzelnen Religionen auch durch sehr andersartiger Einflüsse mitbestimmt sein mögen und sich hinter den heidnischen Götterbildern (gr. eidola = Götzen!) auch ganz andere Wesen verbergen bz w. durch sie reden und sogar handeln können.

Letzteres ist die meinen folgenden Ausführungen zugrundeliegende Schau. Ich setze also mit den mir nahestehenden Theologen – Dogmatikern und Missiologen – voraus, daß sich der dreieinige Gott für sein universales, zielgerichtetes Wirken an der Menschheit auch der vorchristlichen Religionen bedient und daß sich seine Manifestationen in diesen diakritisch aufspüren lassen. Wir müssen aber – das ist ist nun mein besonderes Anliegen – bei den konkreten religionsgeschichtlich aufgetretenen Gottesvorstellungen drei Verursachungen – bzw. Pole – unterscheiden, die in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander stehen: Es sind dies 1. der theonome,d.h. göttliche, 2. der anthropologische d.h. menschliche und 3. der dämonologische Faktor. Ich bezeichne diese Analyse als die “tripolare Schau der Religionen”. Diese Sichtweise durchzieht alle meine Äußerungen zu diesem Thema seit dem Jahre 1967. Ich teile sie auch m it meinen Brüdern und Schwestern im Präsidium des Theologischen Konvents; denn sie ist sowohl biblisch, patristisch als auch reformatorisch gut begründet. Sie findet ihren Niederschlag auch in dem Ihnen vorliegenden Entwurf zu einer Theologischen Erklärung zur Beurteilung der Religionen im Licht des Evangeliums: “Kein anderer Name !”

 

I. Der theonome Faktor: Gottes Besorgtsein um den gefallenen Menschen.

a) Das auch völkerkundlich aufweisbare universale Vorkommen der Idee einer höchsten Gottheit – (Pater Wilhelm Schmidt nannte ihn Hochgott, Nathan Söderblom Urhebergott) – läßt sich im Widerspruch zu allen evolutionistischen Hypothesen am einleuchtendsten aus der ursprünglichen Einheit der menschlichen Geschichte (vgl. Apg 17,26) erklären. An deren Anfang stehen jene Ereignisse, von denen die alttestamentliche Urgeschichte (1Mo 1-11) berichtet. Hier machte das Menschengeschlecht seine grundlegenden Segens-, Gerichts- und Errettungserfahrungen mit Gott, von denen auch zahlreiche Urmythen weit verstreuter Völker erzählen. Am Anfang der sich später aufspaltenden Religionsgeschichte steht demnach eine monotheistische Urreligion. Diese schimmert noch durch zahlreiche empirische Religionen hindurch und bietet der missionarischen Begegnung willkommene Anknüpfungspunkte.

Eine den gesamten weiteren Verlauf der Menschheitsgeschichte bestimmende Uroffenbarung an die Stammväter aller menschlichen Rassen ist Gottes in 1Mo 8,21-9,17 berichteter Bundesschluß mit Noah und seinen Söhnen. In diesem Akt verbürgt sich Gott feierlich, künftig die Schöpfung vor einer zweiten kosmischen Katastrophe zu bewahren. Er tut dies mit der erstaunlichen, fast paradoxen Begründung: “denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf” (1Mo 8,21b). Die tiefeingewurzelte Sünde aller Menschen ist also gerade die Ursache einer fortdauernden göttlichen Zuwendung zu ihnen, in welcher Er ihnen Nahrung, Segen, Schutz und für die sozialen Bezüge grundlegende Erhaltungsordnungen gibt (Apg 14,16f; auch Mt 5,45). Die scheinbare Illogik dieses “denn” findet ihre zunächst verborgene Auflösung in Gottes heilsgeschichtlichem Plan. Er möchte nämlich die sündige Menschheit in Seiner Geduld (anoche Rö 3,26; makrothymei in 2Petr 3,9) auf ihre künftige Erlösung durch Jesus Christus bewahren. Das Dankesopfer Noahs ist also das Urbild eines monotheistischen Kultes, der noch vor und außerhalb der mit Abraham einsetzenden biblischen Heilsgeschichte praktiziert wurde. Dieser war dem Dank und Lobpreis für die von Gott, dem Schöpfer und Erhalter, erfahrene Lebensrettung und seine Wohltaten gewidmet. In Rö 1,21 läßt Paulus erkennen, daß genau das diejenige Verehrung und der Dank sei, welche Gott aufgrund Seiner seit Erschaffung der Welt von allen Menschen vernehmbaren ewigen Macht und Größe erwartet. Zwar macht der Apostel diese Aussage im Sinne eines Vorwurfes gegenüber der tatsächlichen Entartung des Kultes in der empirischen heidnischen Religionsgeschichte. Trotzdem läßt sich nicht ausschließen, daß die sich im Noachitischen Bundesschluß exemplarisch dokumentierende Urreli gion tatsächlich noch in vielen nachfolgenden Generationen praktiziert worden war. Als Vorbild dafür kann Melchisedek genannt werden, der geheimnisvolle König von Salem – dem späteren Jerusalem. Er wird als “Priester des höchsten Gottes” (1Mo 14,18) bezeichnet und übt die Vollmacht aus, den Abram von “Ihm, dem Schöpfer des Himmels und der Erde” her, zu segnen.

Gott beläßt dem Menschen also trotz dessen gefallenem Zustand die Möglichkeit, Ihn in wesentlichen Zügen – und zwar noch vor bzw. außerhalb der besonderen heilsgeschichtlichen Offenbarung! – durch seine Vernunft, d.h. hier seine inneren Anschauungsorgane, zu erkennen. Aufgrund dessen erwartete Gott einen Seinem erhabenen Wesen entsprechenden Gottesdienst bei allen Menschen in allen Völkern. Diese Sicht bildet nicht etwa ein Sondergut des Paulus. Er spricht hier vielmehr eine Überzeugung des hellenistischen Judentums aus, die wir auch im Buch der Weisheit (Kap. 13-15) finden: “Denn aus der Größe und Schönheit der geschaffenen Werke wird vergleichsweise auch ihr Schöpfer wahrgenommen” (13,5). Zwar erfolgt dieser ihm geschuldete Gottesdienst im Sinne der reinen Urreligion offensichtlich nirgends mehr, wie Paulus in Rö 1,21 ff. beklagt.Und doch findet der Apostel in der Verehrung des “unbekannten Gottes” in Athen (Apg 17,23 ) zumindest eine Abschattung eines solchen Kultes, dem er die Transparenz für den wahren, von ihm verkündigten Gott zuerkennt.

Eine andere Weise, wie sich Gott den Heiden weiterhin zu erkennen gibt, ist die Einpflanzung der Forderung Seines allgemeinen Sittengesetzes in das Menschenherz (Rö 2,15). Bestätigt durch das Gewissenstellt dieses ungeschriebene Gesetz auch die Heiden unmittelbar in Verantwortung vor Gott, aufgrund welcher Er sie am jüngsten Tage richten wird (V. 16). Die Heiden kennen also Gott hinsichtlich Seiner ethischen Forderungen. Eine Gestalt, in welcher diese ihren gesellschaftlich verbindlichen Niederschlag gefunden haben, sind die verschiedenen Religionen; deren moralische Anweisungen stehen nämlich vielfach in überraschender Nähe zu den biblisch offenbarten Geboten (Rö 2,14). Ja, in den Mythen der Völker schlägt sich auch die erschütternde Erfahrung nieder, daß die Götter über die Einhaltung der sittlichen Ordnung wachen und den schuldig Gewordenen unentrinnbar heimsuchen.

Insofern können die Religionen, weil sie den sittlichen Forderungen die metaphysische Sanktion verleihen, als Instrumente des Welthandelns Gottes verstanden werden. Durch sie bewahrt Er Seine für den Bestand allen menschlichen und kreatürlichen Lebens grundlegende Ordnung vor der Zerstörung. In den Religionen bekundet sich der dreieinige Gott also vornehmlich in Seiner ersten Person als Schöpfer und Erhalter. Dieses sein segnendes, lebenspendendes, sinngebendes, schützendes und richtendes Handeln spiegelt sich dementsprechend in bisweilen ergreifender Weise in zahlreichen Gebeten und Hymnen wider. Manche könnten auch in christliche Textsammlungen aufgenommen werden, ohne daß sich ihr außerchristlicher Ursprung störend bemerkbar machen würde.

b) Kann von einem Wirken in außerchristlichen Religionen theologisch legitim auch im Blick auf Gott, den Sohn, die zweite Person der Dreieinigkeit, gesprochen werden? Dogmatisch ließe sich das mit Augustin folgern aus der unteilbaren Einheit der opera Trinitatis ad extra (des Wirkens der drei göttlichen Personen nach außen, d.h. auf die Schöpfung hin). In der zeitgenössischen inklusiven Religionstheologie, zumal im christozentrischen Modell, bildet sowohl auf ökumenischer als auch auf römisch-katholischer Seite das Wirken Christi in den Religionen und durch sie sogar die Grundvoraussetzung. Die Begründungen dafür sind unterschiedlich: Sie sowohl aus der Schöpfungsmittlerschaft des Sohnes (“kosmischer Christus” von Neu-Delhi 1961), aus Gottes universalem Geschichtshandeln oder aus der Gnadenlehre (Karl Rahner) gefolgert werden. (In fast allen diesen Fällen handelt es sich um eine – allerdings zuweilen vergröbernde – Aktualisierung der patristischen Konzeption vom logos spermatikos).

Eine biblische Basis für eine gründliche Behandlung der gestellten Frage läßt sich am ehesten im Prolog des Johannesevangeliums (Joh 1,1-10) finden. Hier wird von dem vorzeitlichen logos, der geschichtlich in Jesus Christus Fleisch angenommen hat, ausgesagt, er sei “das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen” (V. 9). Alle Einsicht, welche Menschen – und zwar auch solche außerhalb der biblischen Offenbarung –, in Gottes Wesen gewinnen können, ja alle tiefere Wahrheitserkenntnis überhaupt, ist bewirkt

durch den ewigen Logos, das schöpferische Wort, das bei Gott war und selbst Gott ist. Das bedeutet, daß sich auch die in den Religionen vorhandenen Teilwahrheiten in dogmatischer und ethischer Beziehung dem Licht zu verdanken sind, das der in ihnen anwesende Logos entzündet und das die Erleuchtung wirkt.

Es darf nun aber – um das biblische Zeugnis in Joh 1,8 nicht für falsche, d.h. religiös universalistische Behauptungen zu mißbrauchen – nicht der unmittelbare Textzusammenhang übersehen werden, in welchem diese Aussage des Johannesprologes erscheint. Ihr geht nämlich schon voraus die kontrastierende andere Aussage in V. 5, daß das Licht in der Finsternis scheine, “und die Welt hat es nicht begriffen” bzw. “nicht erfaßt”. Das innere Zeugnis des Logos wird von der gottentfremdeten, unter der Herrschaft des Bösen stehenden Masse der Menschheit entweder gar nicht oder falsch verstanden. Sie gewinnt von diesem inneren Licht des Logos nicht eine allgemeine Gotteserkenntnis, die gerade auch durch die Religionen vermittelt würde. Erst recht darf man aus Joh. 1 keine Heilsmächtigkeit der Religionen folgern.. Denn um die Erlösung der Menschheit zu vollbringen, mußte ja der ewige Logos in Jesus von Nazareth Mensch werden und unter Pontiu s Pilatus sein Leben zum Sühneopfer hingeben. Die Präsenz des Logos spermatikos in den Religionen macht diese, auch wo sie angenommen werden darf, keineswegs zu ordentlichen Heilswegen der nichtchristlichen Völker. Aber sie kann die von ihm innerlich Erleuchteten für den Empfang der Erlösungsbotschaft von Jesus Christus vorbereiten. Das bedeutet, daß die christologische Beeinflussung der Religionen bei deren Anhängern die Sehnsucht nach der Wiederherstellung der verlorenen Gottesgemeinschaft erweckt und sie nach einem Erlöser Ausschau halten läßt.

In diesem Sinn gibt es in der Tat bei den Heiden Ahnungen, welche der authentischen Erfüllung im Christusereignis erstaunlich entsprechen. Solche Vorstellungen können entweder in Form von Mythen, Träumen, Gebeten oder seherischer Vorschau auftreten. Ebenso gibt es Parallelen zwischen manchen außerchristlichen Ritualen und den christlichen Sakramenten. Auf solche Analogien wurde sogar Paulus aufmerksam, woraufhin er sie in den Dienst seiner pastoralen Unterweisung der jungen Heidenchristen stellt (z.B. 1Kor 10,20-21).

c) In den neueren Entwürfen zu einer ökumenischen Theologie der Religionen, die im Rahmen der Arbeit des Weltkirchenrates vorgelegt werden, tritt seit der umstrittenen Vollversammlung zu Canberra 1991 eine starke Tendenz hervor, das Prinzip der Vermittlung zwischen Christentum und anderen “lebendigen Glaubensweisen” (Fremdreligionen) von der zweiten auf die dritte Person der Trinität, den Heiligen Geist, zu verlagern. An die Stelle der traditionellen christologischen Betrachtung tritt also eine pneumatologische. Angesichts der in Canberra und danach sogar massiv aufgetretenen synkretistischen Konsequenzen stellt sich hier die Frage, ob und inwieweit es theologisch berechtigt ist, von einem Wirken des Heiligen Geistes auch in den nichtchristlichen Religionen zu sprechen.

Bei der Behandlung dieser Problematik wird man ebenso wie bei der christologischen Komponente der Religionen so auch bei der pneumatologischen auszugehen haben von der Untrennbarkeit des Welthandelns der drei göttlichen Personen. Damit verbunden ist besonders in der Ostkirche bewahrte Erkenntnis der griechischen Kirchenväter, daß die Bibel selbst von einem universalen Wirken des Geistes spricht. Dieses geht dem endzeitlichen Kommen des Hl. Geistes zu Pfingsten voraus.

Wenn man nun die Religionen prinzipiell als solche Instrumente verstehen darf, die dem Welthandeln Gottes dienen, so hat folglich daran auch der Heilige Geist einen wesentlichen Anteil, – in Ausführung der Ihm eigenen Aufgaben. Wir können fünf Wirkungen des Geistes an der außerchristlichen Menschheit erkennen, die wir im vorbereitenden Zusammenhang mit Seiner besonderen heilsgeschichtlichen Sendung zu verstehen haben:

1. Der Geist ist der Mittler des vom Vater geschenkten kreatürlichen Lebens und läßt die Menschen Erfahrungen machen, durch die sie sich selbst als Objekt seiner gütigen Zuwendung bewußt werden. In diesem Zusammenhang kann erweiternd von allen Zuteilungen göttlichen Segens auch im geschöpflichen Bereich gesprochen werden. Dieser ist zwar in der Regel vom Heil als der endgültigen Wiederherstellung der personalen Beziehung zwischen Gott und den Menschen zu unterscheiden; aber er ist doch schon antizipierend darauf bezogen.

2. Der Geist erhält den Menschen das Wissen um ihre eigene Geisthaftigkeit. So ermöglicht Er es ihnen, Erlebnisse des schöpferischen Reichtums Gottes geisthaft zu deuten und darauf kreativ zu antworten. Von diesem geistigen Gestaltungsvermögen legen auch die Religionen im Reichtum ihrer Weisheit und ihrer Kunst eindrucksvoll Zeugnis ab. Solche Einsichten und Kunstwerke entstanden oft im Bewußtsein um die dafür nötige Inspiration durch eine höhere geistige Macht. Sie können und sollen darum auch den Respekt des christlichen Betrachters erheischen.

3. Zur Geisthaftigkeit des Menschen gehört wesentlich auch das Fragen nach der Wahrheit, also der Übereinstimmung zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Diese ist bei dem gefallenen Menschen radikal gestört, zum einen, weil er sich selbst seine sündhafte Gottentfremdung nicht eingestehen will, zum anderen, weil er den Täuschungsmanövern Satans und der Dämonen ausgesetzt ist. Bemerkenswerter Weise bildet die Umfangenheit von der Unwissenheit (avidya) den Ausgangspunkt der Elendsdiagnose in den mystischen Religionen, während das Erkennen der Wahrheit ihr wichtigstes Heilsziel darstellt. Das Erwachen des unstillbaren Verlangens nach Erleuchtung kann sehr wohl eine Auswirkung der Berührung von jener göttlichen Macht sein, die im Johannesevangelium (14,17) der “Geist der Wahrheit” genannt wird.” Gewiß ist es erst Jesus Christus, der sich selbst die Wahrheit nennt (Joh 14,6), der den Menschen in den Religionen die echte Befreiung b ringt (Joh 8,31f.). Aber er sagt dem Heiden Pilatus, daß Seine Stimme von dem gehört werde, der aus der Wahrheit ist (Joh 18,37).

4. Das nach Rö 2,15 (vgl. 1,32) den Menschen ins Herz gepflanzte Sittengesetz und das Gewissen verdanken sich einer Vermittlung durch Gott den Heiligen Geist. Das gilt auch für die dem Schuldbewußtsein entspringende Furcht vor dem göttlichen Zorn, bzw. auch das Schuldbewußtsein, das sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen äußert (Rö 2,15b).

5. Der Geist bewahrt dem Menschen die innere Hörfähigkeit für die Stimme Gottes, ebenso wie er sie dazu anregt, “Gott zu suchen und ihn zu ertasten” (so wörtlich), wodurch sie seiner unsichtbaren Anwesenheit ja sogar ihrer Wesensverwandtschaft mit Ihm gewahr werden (Apg 17,27f).

Angesichts der hier offenbar werdenden inneren Zusammenhänge zwischen dem universalen und dem heilsgeschichtlichen Wirken des Geistes wollen wir einer theologischen Deutung der Religionen auch vom Dritten Glaubensartikel her eine grundsätzkiche Berechtigung nicht bestreiten. Jedoch haben wir uns gerade hier zu hüten vor allzu direkten und pauschalen Aussagen, als ob jede einzelne Religion sich einer Vollinspiration ihres Stifters – Zarathustra, Lao Tse, Gautama Buddha oder Mohammed – verdanke. Vielmehr müssen wir angesichts der enormen Gefahr einer Verwechslung des Heiligen Geistes mit Geistvorstellungen und Geist-erfahrungen fremdartigen Charakters gerade an dieser Stelle diakritische Wachsamkeit üben. Besonders im Blick auf den Heiligen Geist in den Religionen gilt das, was über das vorbereitende Wirken des dreieinigen Gottes in den Religionen überhaupt zu bedenken ist: Dieses Wirken ist ein verborgenes, in der unmittelbaren Betrachtung weder auffällig noch nachweisbar. Erst im Nachhinein, im Licht der Erfüllung der Religionen durch das Evangelium, werden sich die in ihnen enthaltenen Wahrheitselemente in ihrer vorbereitenden Funktion erkennen lassen. Solche Elemente sollten in der missionarischen Begegnung bereits als stepping stones angesprochen und aufgenommen werden. Aber entsprechende Vorschläge bedürfen zunächst einer sorgfältigen Überprüfung im Licht des Evangeliums.

Zusammenfassend sind hinsichtlich des theonomen Faktors in den nichtchristlichen Religionen drei Erkenntnisse festzuhalten:

1. Das Hineinstrahlen der allgemeinen Gottesoffenbarung auch in die Religionen macht deren Anhänger vor dem Urteil des dreieinigen Gottes verantwortlich und darin für die missionarische Verkündigung ansprechbar.

2. Nirgends sind die Erfahrungen des Welthandelns des dreieinigen Gottes so eindeutig, daß sie nicht einer sorgfältigen Prüfung und Deutung im Licht des Evangeliums von Jesus Christus bedürften.

3. Angesichts des gleichzeitigen Wirkens auch des dämonischen Faktors in den Religionen verbietet es sich, alle in der religiösen Erfahrung, z.B. in Ekstase, wahrgenommenen geisthaften Mächte mit dem biblischen, trinitarischen Gott in eins zu setzen.

 

II. Die anthropologische Dimension der Religion:

Die zwiespältige Suche des gefallenen Menschen nach Gott

Eine biblisch stimmige Analyse der Religionenen muß zusammen mit deren von Gott gewirkten Komponente auch das Menschenbild der Hl. Schrift voll einbeziehen.. In Konzentrierung auf die religionstheologische Frage möchte ich das hierfür Entscheidende zunächst in drei Grundaussagen zusammenfassen:

1. Dem Menschen ist als Ebenbild Gottes ein wesensmäßiger Bezug auf diesen eingepflanzt, ein Gespür für das Göttliche (der sensus divinitatis). Dadurch wird er auch noch in seinem gefallenen Zustand dazu veranlaßt, unaufhörlich nach seinem Schöpfer zu suchen.

2. Die Religionen sind als Aufwärtsbewegung des gefallenen Menschen in ihrem Erkenntnisvermögen begrenzt. Sie kommen deswegen nur zu einer unvollkommenen, getrübten Wahrnehmung Gottes.

3. Aufgrund der durch die Sünde verkehrten Willensrichtung des gefallenen Menschen sind alle seine religiösen Gestaltungsbemühungen zugleich auch vom Aufruhr gegen Gott und der Flucht vor Ihm geprägt.

Ich entfalte diese Thesen nun im einzelnen:

Daß der Mensch, auch in seiner Gottentfremdung, ein zutiefst religiöses Wesen ist, wird von den Vertretern aller drei zeitgenössischer religionstheologischer Hauptrichtungen – der exklusiven, der inklusiven und der pluralistischen – gesehen. Das kann mit mannigfaltigen Ausdrücken beschrieben werden, z.B.: “Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit” (Schleiermacher), “religiöses a priori” (Troeltsch), “Sinn für das Numinose” (Otto), transzendentales Existential” (Rahner), “Bewußtsein um die äußerste Realität” (Hick). Dietrich Bonhoeffer hat zwar in der Beobachtung recht, daß die Religion für das Selbst- und Weltverständnis des modernen Menschen kaum noch eine Rolle spielt. Die bleibende religiöse Verankerung auch des Sünders (Pred 3,11) ist die menschliche Entsprechung zu jener allgemeinen Selbstbekundung Gottes, die wir als den “theonomen (bzw. göttlichen) Faktor der Religionen” bezeichnet haben. Durch diese Entsprechung, d.h. das wechselseitige Entgegenkommen von Gott und Mensch in der natürlichen Religion, gibt Gott der menschlichen Suche nach Ihm Seine Zustimmung und ihren heilsgeschichtlich vorlaufenden Sinn. Gott will, sagt Paulus den heidnischen Athenern, daß die Menschen “ihn suchen, ob sie ihn wohl wahrnehmen und ihn finden möchten” (Apg 17,27a). Gewiß ist dieser Suche als solcher das Finden des Heils schon vor Christus und außerhalb seiner nicht versprochen. Aber der der suchende Mensch wird durch die gottgefällige Betätigung seiner religiösen Veranlagung unter dem Einfluß von Gottes zuvorkommender Güte (Apg 14,17; Rö 2,4) und Gnade (Joh 6,44; 12,32) vorbereitet für die heilsgeschichtliche Begegnung mit dem Evange lium. Darum findet die missionarische den ins uns Wohnung nehmenden Heiligen Geist, ganz schenken will. In Jesus allein will Gott uns und allen Menschen wahre und volle Erkenntnis seiner selbst geben.

Das bedeutet nicht, daß wir jetzt das widerrufen, was wir zuvor über die natürliche Gotteserkenntnis auch in den Religionen gesagt haben. Es gibt, daran halten wir fest, auch in diesen schon ein gewisses Maß des Wissens von Gott. “Denn was man von Gott erkennen kann, ist unter ihnen [den Heiden] offenbar; denn Gott hat es ihnen offenbart” (Röm 1, 19). Aber dieses “Wissen”, wie Paulus es in VV. 19 + 20 beschreibt, ist ein unvollständiges. Außerdem ist es aufgrund der menschlichen Undankbarkeit gegen Gott und der Abtrünnigkeit von Ihm in sich gebrochen und pervertiert (VV. 21-25). Es ist günstigstenfalls noch rudimentär vorhanden.

Neureformatorische Theologen wie der junge Karl Barth und auch manche evangelikalen Hyperbarthianer – Vertreter einer radikal exklusiven Religionstheorie – neigen dazu, das grundsätzliche Wissen der Heiden von Gott zu bestreiten. Aber wir dürfen auch an dieser Stelle nicht biblischer sein wollen als die Bibel. Die Heilige Schrift, besonders der Apostel Paulus, gibt den Tatbestand der natürlichen Gotteserkenntnis nicht nur zähneknirschend zu; er ist vielmehr brennend daran interessiert, ihn aufzuweisen. Warum ist es auch für uns unverzichtbar, an der Lehre von der allgemeinen Gottesoffenbarung festzuhalten? Aus drei wesentlich missionarischen Gründen:

Erstens gilt es, den Menschen bewußt zu machen, daß auch sie zumindest unterbewußt von Gott her bestimmt sind, und daß sie ohne ihn gar nicht leben können, weder als einzelne noch als Gemeinschaft.

Zweitens hält das Wissen auch der Heiden von Gott sie in ihrem sittlichen Leben und auch in ihrem Kult vor Gott verantwortlich, so daß sie – wenn sie ihm ungehorsam blieben – im Jüngsten Gericht unentschuldbar dastehen werden (Röm 3,19).

Drittens gibt das Wissen von Gott – und sei es noch so rudimentär – der Missionspredigt die Chance, die Anhänger nichtchristlicher Religionen von ihren eigenen Voraussetzungen her abzuholen und sie pädagogisch von der unvollkommenen Vorstufe auf die Stufe der vollen Erkenntnis in Jesus Christus weiterzuführen, so wie Paulus dies in Athen getan hat.

Man begegnet bei solcher Argumentation gelegentlich dem Einwand: Wenn es stimmt, daß es auch in den nichtchristlichen Religionen schon Gotteserkenntnis gibt, warum sollen wir dann noch Mission unter ihnen treiben?

Aber diese Schlußfolgerung ist oberflächlich, Das Entscheidende ist doch nicht, daß Menschen an die Existenz Gottes – bzw. eines “höheren Wesens” – vage geglaubt haben; denn ein solcher sog. Glaube, wie ihn nach Jak 2,19 sogar die Dämonen haben, würde uns doch noch nicht aus unserer Verlorenheit unter dem Zorn Gottes über alle menschliche Schuld retten. Entscheidend ist noch nicht die Frage: Gibt es einen Gott?, sondern vielmehr wie Luther sie stellte: “Wie kriege ich einen gnädigen Gott?” Der Mensch kann ihn nicht von sich aus, auch nicht durch ethische und religöse Werke, gewinnen. Gott selber mußte uns entgegenkommen, und Er hat es getan und tut es immer noch: In Jesus Christus, seinem eingeborenen Sohn, in ihm allein, und in ihm ganz. Jesus hat den Abgrund überbrückt, der uns von Gott trennt. Er hat die Entfremdung zwischen der abtrünnigen Menschheit und dem sich von ihm im Zorn abwendenden Schöpfer dur ch sein Kreuzesopfer überwunden, so daß wir gerechtfertigt durch den Glauben an ihn Frieden mit dem Vater haben (Röm 5,1). Ohne diese Liebesoffenbarung in seinem Sohn Jesus Christus aber bleibt Gott ein Deus absconditus Gott), d.h. ein verborgener, ferner Gott, dessen Walten uns oft rätselvoll erscheint und ängstigt.

Solche erschreckende Gotteserfahrung schlägt sich auch in den Göttervorstellungen der nichtchristlichen Religionen nieder, in paradoxer Spannung zwischen ihren eudämonistischen (die Dämonen als gütig empfindenden) Erfahrungen einerseits und ihrem Horror vor deren Furchtbarkeit. So ist die nordindische Göttin Kali bzw. Durga einerseits die von den Frauen geliebte Geberin der Fruchtbarkeit; aber als der Rächerin des Bösen geht von ihr auch Terror aus. Das wiederum macht sie widersprüchlicher Weise für Diebe und Räuber attraktiv, und die Statuen in ihren Tempeln zeigen sie mit grausig aufgerissenen Augen, mit nach Blut lechzender Zunge und mit abgeschlagenen Menschenköpfen in den Pranken.

Ähnlich bleibt den Muslimen ihr Gott Allah – trotz ihrer gehorsamen Unterwerfung unter seinen Willen – ein Willkürgott, der in seinem unerforschlichen Ratschluß die einen für das Paradies, die andern für die Hölle bestimmt hat. Darum kennt der Islam keine Heilsgewißheit.

Ich sage es noch einmal: Die Vermittlung zwischen dem zu fürchtenden, letztlich verborgenen Gott einerseits und dem uns sein Antlitz leuchtend zuwendenden Vater andererseits ist allein in seiner Heilsoffenbarung durch seinen Sohn Jesus Christus gegeben. Jesus ist die Erfüllung der alttestamentlichen messianischen Verheißungen. Er ist auch die Antwort auf die Heilssehnsucht in den nichtchristlichen Religionen. Er erschließt uns das liebende Vaterherz. Er antwortet auch dem menschlichen Herzen, das unruhig in uns schlägt, bis es Ruhe findet in Gott (Augustinus).

Doch ist Jesus nicht allein die Erfüllung der Religionen; er ist zugleich deren Gericht und ihr Ende. Nach biblischer Lehre ist die Zeit, in welcher die außerisraelischen Völker in ihren eigenen Religionen fremden Göttern dienen – nach 5 Mo 4,19 sind es Gestirnsmächte – eine vorläufige Zeit. Es ist eine Zeit der Unwissenheit und steht als solche unter Gottes heilsgeschichtlicher Geduld (Röm 3,26; Apg. 14,16; 17,30). Um ihretwillen hat er sich – in Treue zu seinem universalen Bund mit Noah – den Menschen nicht unbezeugt gelassen. Vielmehr hat er ihnen beständige Erweise seiner Güte geschenkt. Trotzdem aber haben die Heidenvölker Gottes

Verkündigung hier ihren wesentlichen Ansatzpunkt.

Ausgelöst wird die menschliche Suche nach Gott im allgemeinen dadurch, daß der gefallene Mensch in der bedrängenden Erfahrung seines Elendes sich seines verlorenen Zustandes bewußt wird. Indem wir diesen Verlust als ein Abgeschnittensein von der lebensspendenden, himmlischen Quelle erkennen, wird der Wiederanschluß an diese zum Leitmotiv unseres Strebens. Beflügelt wird die Suche durch die Hoffnung, daß ihr Mühen nicht vergeblich ist, sondern ihr die Erlösung schlußendlich zuteil werden wird.

Es ist religionsvergleichend auffällig, daß die Betätigung des menschlichen Drangs, die abgerissene Verbindung mit der Gottheit wieder aufzunehmen, sich in den vorfindlichen Religionen in sehr ähnlichen Formen ausdrückt: Der Mensch hat das Bedürfnis zu beten, opfern, meditieren, sich rituell zu reinigen, sich asketischen Disziplinen zu unterwerfen und Pilgerreisen zu Heiligtümern zu unternehmen. Durch all diese Übungen möchte er die Gottheit wohlgefällig stimmen. Dabei ist ihm vielfach auch bewußt, daß diese bei ihm eine die äußeren Riten beglaubigende innere Haltung, die Frömmigkeit, sucht. Beispiele einer solchen, die sich sogar in inbrünstiger Liebe zu Gott äußern kann, finden sich in vielen Religionen.

Ebenso wissen alle Religionen wenigstens ansatzweise, daß sich mit der Zuwendung zu Gott auch ein sittliches Verhalten den Mitmenschen und ihrer Gemeinschaft gegenüber verbinden muß. Dementsprechend gibt es keine menschliche Religion ohne ethische Gebote, die inhaltlich den Forderungen der zweiten Gesetzestafel sehr ähnlich sein können. Daß unter den Heiden de facto eine wenigstens teilweise Erfüllung des von Gott ihnen gegebenen Naturgesetzes geschieht, erkennt auch Paulus (wie Rö 2,14f. u. 26) positiv an, – trotz seiner vorhergehenden, das Gesamtbild düster schildernden Anklage des Heidentums in Rö 1,18 – 2,32.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich in der Menschheit die Wirklichkeit einer sich in allen Religionen äußernden Religiosität erkennen läßt, die – wenigstens teilweise – auf Gottes in der allgemeinen Offenbarung geschenkte Vorgaben positiv antwortet. Diese Schau liegt offensichtlich dem Gottesausspruch in Maleachi 1,11 zugrunde, der in seiner innerbiblischen Einzigartigkeit erstaunlich ist: “Denn vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang ist mein Name groß unter den Völkern, und überall werden meinem Namen Weihrauch und Opfer dargebracht, und zwar reine Gaben; denn groß ist mein Name unter den Völkern”.

2. Dies ist allerdings nicht als allgemeine Zustandsbeschreibung der vorfindlichen Religionen zu verstehen. Paulus macht nämlich in seiner berühmten Missionspredigt auf dem Areopag in Athen (Apg 17,16-34) deutlich, daß die von den Heiden in ihrem Kult demonstrierte Gotteserkenntnis eine sehr beschränkte und gebrochene geblieben ist. Trotz seiner positiven Anknüpfung an den einem unbekannten Gott geweihten Altar ist das eigentliche Ziel der Predigt nicht aufzuzeigen, wie weitgehend die athenische Religion, bzw. Philosophie mit dem biblischem Glauben übereinstimme. Vielmehr will Paulus gerade umgekehrt den Griechen aufdecken, “daß ihnen trotz gewissen Wahrheitselement ihres Glaubens alles Wesentliche ‘unbekannt’ ist und sie in die Irre gehen.” Die in sich lobenswerte religiöse Suche der Heiden hat also noch nicht bis zur Erkenntnis des wahren Gottes geführt. Bestenfalls sind sie zu einem ihnen unbekannten Gott gelangt, hint er und über dem allerdings letztlich der eine, lebendige Gott Himmels und der Erde steht: “Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkündigen wir euch”(Apg. 17, 23b).

3. Das Scheitern der religiösen Bemühungen des gefallenen Menschen zeigt sich aber nicht nur in der Unvollkommenheit der Gotteserkenntnis, die er mit seinem natürlichen Wahrnehmungsvermögen gewonnen. hat. Die Tragik der nichtchristlichen Religion beruht vielmehr darauf, daß das menschliche Streben, aus der innerweltlichen Eingeschlossenheit durchzubrechen zur wahren himmlischen Wirklichkeit, selbst hineingenommen worden ist in die gottwidrige Willensrichtung des Sünders. Der religiöse Mensch sucht nämlich nicht wirklich “von ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Gemüte” (5Mo 6,5; 10,12; Mt. 10,12) den heiligen Gott, um Ihn zu lieben und zu ehren. Vielmehr sucht er in seiner sündigen Verkehrung bei Gott oder gar an Ihm vorbei, was ihm, dem sündhaften Menschen, selbst zur Bereicherung seines Lebensgenusses wertvoll erscheint, ohne dem Schöpfer dafür die schuldige Verehrung und den kindlichen Dank zu erweisen. Das wahre Erkennen Gottes is t nämlich von dem rechten Respekt Ihm gegenüber untrennbar. Deswegen tritt im selben Augenblick, wo sich der Mensch von Gott dem Geber abwendet zugunsten Seiner Gaben, oder wo er sich egozentrisch in sich selbst verkrümmt (Luther), die schon angesprochene Verdunkelung seines Herzens ein: Gott überläßt den sich von Ihm trennenden Menschen sich selbst und den Auswirkungen seiner Sünde (Rö 1,18ff.). Die Religion der Heiden ist, wie Paul Althaus sagt, zustande gekommen durch Abfall von dem lebendigen Gott, von der Wahrheit, die er in seiner ur-offenbaren Wirklichkeit ist”. Ein abstößiger abergläubiger “Naturkult” verdrängt die reine Gottesverehrung. In der Magie und dem Spiritismus bemächtigt sich der Mensch selbst durch Beschwörungsriten des Objektes seines Begehrens. Damit gerät der Götzendiener in die Gefangenschaft der von ihrem Schöpfungszweck isolierten naturhaften Kräfte und Triebe, wie besonder s schamlos in Gestalt homosexueller Praktiken (Rö 1,26f.).

Weil der gefallene Mensch vergißt, daß er in allem seinem Tun von Gott abhängig ist, sucht er den ns Elend bringenden Konsequenzen seiner Sünde dadurch zu entrinnen, daß er sich Wege und Mittel ausdenkt, sich selbst zu erlösen. Die vielgestaltigen rituellen, gesetzlichen oder asketischen Bemühungen kennzeichnen den eigenmächtigen Charakter der nichtchristlichen Erlösungsreligionen. Segen und Heil – auch wenn man sie im Prinzip noch von Gott erwartet – werden so als Verdienst des frommen Bemühens des Menschen mißverstanden. In jedem religiösen Akt seitens des sündigen Menschen schwingt immer auch ein Element des Aufruhrs gegen Gott mit, wie zugleich auch eine Fluchtbewegung; denn der schuldig Gewordene wagt nicht, sich dem Heiligen verantwortungsbewußt zu stellen.

Die Güter, welche der sündige Mensch in seinen Religionen zu erlangen hofft, können sehr unterschiedlich sein. Die Spannweite reicht von der Sicherstellung der elementaren Lebensbedingungen in den Stammesreligionen bis hin zur Überwindung des Todes in einem wiedergewonnenen ewigen Leben, z.B. bei den alten Ägyptern. Leben, Wissen und Macht sind die Objekte des Begehrens, um derentwillen schon das erste Elternpaar willentlich das Gebot Gottes übertrat und dadurch die Gemeinschaft mit Ihm aufkündigte. Diese Objekte werden noch überboten durch das sich mit ihrem Begehren verbindende blasphemische Verlangen, wie Gott zu sein, d.h. sich selbst zu vergotten, statt die Vollendung seiner Gotteskindesschaft von Gott her gehorsam abzuwarten (vgl. Joh 10,34-36; 1Joh 3,1-3; 2Petr 1,4b). Mit diesem überheblichen Begehren ist die totale Emanzipation des Menschen von seinem Schöpfer erreicht. Eva und Adam schieben Gottes ausdrückliches Verbot bei seite und bezweifeltn die Wahrheit Seiner Worte, um die Verwirklichung des Sinnes ihrer menschlichen Existenz in eigene Hände zu nehmen.

Dieses Anmaßen stammte allerdings ursprünglich nicht aus ihrem eigenen Herzen. Vielmehr ist es ihnen gemäß des Urberichts in 1Mo 3 eingeflüstert durch eine außermenschliche, gottwidrige höhere Macht. Das führt uns zum dritten wesentlichen Bezugspunkt unseres tripolaren Religionsverständnisses:

 

III. Die dämonische Dimension:

Die heidnische Religion im Bannkreis des Teufels

Wenn man in die theologische Diagnose der Religionen die Versuchungsgeschichte einbezieht, ja sie sogar zum Ausgangspunkt macht, so wird es offenbar, daß in der biblischen Schau des Heidentums vom 1. Mosebuch bis zur Johannes-Apokalypse die dämonische Perspektive eine mitbestimmende Rolle spielt. Erkennt man in der folgenschweren Versuchung des Weibes durch die Schlange einen kultstiftenden Akt, so wird es unheilsgeschichtlich einsichtig, daß in den Beweggründen der heidnischer Religionen, im Vollzug heidnischer Opfer und in den heidnischen Ekstase-Erfahrungen, okkulte Mächte als real gegenwärtig und wirkend diagnostiziert werden. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament begegnet uns eine Gleichsetzung der heidnischen Götter mit den Dämonen (5Mo 32,17; Ps 106,37; 1Kor 10,20), und die heidnische Religion als solche wird dem Bereich der Finsternis bzw. der Herrschaft des Teufels zugeordnet (Apg 26,18; 2Kor 6,14-18; Eph 2, 2; Kol 1,13). Die dämonische Kompone nte gilt es in Anbetracht ihrer mitbestimmenden Bedeutung, im Auge zu behalten. Allerdings müssen wir dies – gemäß unserer tripolaren Schau – tun in spannungsvoller Zusammenschau mit den beiden oben behandelten Dimensionen, der göttlichen und der menschlichen.

Daß die Religion in der Tat neben allem positiv Beeindruckenden oder unser Mitgefühl Erweckenden auch eine finstere Seite besitzt, vor der bereits die apostolischen Missionare erschraken (Apg 17,16) ist auch die Erfahrung der neuzeitlichen Missionsgeschichte. Nicht nur Missionare berichten über ihre erschreckenden Erlebnisse von Manifestationen okkulter Wirklichkeit sowohl in den “animistischen” als auch in den höheren Religionen. Unwiderleglicher noch sind die Zeugnisse neubekehrter Christen, welche gerade im Kampf mit ihren bisherigen fremdreligiösen Bindungen die versklavende Gewalt der darin wirkenden okkulten Kräfte erfuhren.

Die biblische Schau vom dämonischen Ursprung und Wesen der Fremdgötterverehrung wurde von den altkirchlichen Vätern voll übernommen und aktualisiert. Nach Justinus und Clemens sind die heidnischen Götter böse Dämonen, die die Menschen hassen. Sie veranlassen sie, den trügerischen Mythen zu glauben und entsprechende schamlose Kulte zu praktizieren. Auch noch Augustinus verurteilt unter Berufung auf Ps 56,5, Ps 115,5 und 1Kor 10,19f. den sakrilegischen, dämonischen Charakter der heidnischen Riten. Er erklärt die Götter des Polytheismus als “nutzlose Idole, unreine Geister und verderbliche Dämonen oder ganz gewiß Geschöpfe und nicht Gott”. Diese Schau hat sich weitgehend durch die ganze Geschichte von Kirche, Mission und Theologie gehalten bis in das erste Drittel dieses Jahrhunderts

Dagegen ist die dämonologische Diagnose in der zeitgenössischen Religionstheologie weitgehend zurückgetreten; ja sie ist durch die rationalistische bzw. auch theologische Entmythologisierung sogar völlig ausgeblendet worden. Auch in der offiziellen römisch-katholischen Missions- und Religionstheologie begegnen uns seit dem II. Vatikanischen Konzil nur noch verhaltene Hinweise auf den in der früheren Lehrtradition doch so nachdrücklich hervorgehobenen düsteren Zug der nichtchristlichen Religionen.

Zu Recht konnte Walter Freytag “das Dämonische in den Religionen” als einen “vergessenen Faktor in der Diskussion über die Religionen” bezeichnen.

Die Religion des Menschen hat also schon von Anfang an zwei gegensätzliche transzendentale Veranlassungen, die sich beide auf den “Baum der Erkenntnis” (2Mo 2,9) als religiöses Ursymbol beziehen: Die eine ist das sich gegen den eigenmächtigen Genuß seiner Frucht richtende Verbot Gottes, an welchem der Mensch in seiner Gottesbeziehung reifen sollte; die andere Veranlassung ist die Verlockung der Schlange, welche den religiös Suchenden in die entgegengesetzte Richtung weist: Erlangung des Heils aus eigenen Kräften oder gar aus Satans okkulten Quellen.

Ich fasse zusammen: Die außerbiblischen Religionen haben von Anfang an drei zu unterscheidende Veranlassungen: eine (in sich selbst widersprüchliche) menschliche Motivierung und zwei einander entgegengesetzte tranzendentale Ursprünge, nämlich einen göttlichen und einen dämonischen. Angesichts dieser Ambivalenz ist es theologisch unzulässig, den nichtchristlichen Religionen pauschal eine eindeutige Ausrichtung auf das Evangelium hin zuzusprechen.

 

IV. Jesus Christus – der einzige Weg, Gott wahrhaft zu erkennen

Unsere religions-theologische Untersuchung hat ergeben, daß wir die Frage: “Kennen die Religionen den wahren Gott?” – wenn sie so zugespitzt gestellt wird – mit “Nein” beantworten müssen. Die Hl. Schrift zeigt uns eindeutig, daß die außerisraelischen Völker in ihren heidnischen Kulten fremden Göttern dienen, und daß sie dies in weitgehender Unwissenheit und Täuschung über den wahren, lebendigen Gott Himmels und der Erde tun. Mit diesem biblischen Befund stimmen auch die Ergebnisse der empirischen Religionsgeschichte überein.

Nun finden sich andererseits in zahlreichen Religionen – sogar unter urtümlichen Stämmen – gewisse Anschauungen von der Gottheit, die – wenn auch gebrochen und überfremdet – dem entsprechen, was die biblischen Autoren über Gottes Selbstbekundung in Schöpfung, Geschichte und im menschlichen Gewissen aussagen (Röm 1, 19-23). Deswegen tun wir gut daran, diesen sich von zwei Blickwinkeln her ergebenden dialektischen Tatbestand in einer “natürlichen Theologie” festzuhalten.

Darüber hinaus gibt es später entstandene Religionen, welche zu uns noch vertrauter klingenden Aussagen über Gott gelangt sind. Sie haben diese nämlich übernommen aus der Wirkungsgeschichte des Christentums – v.a. der Missionspredigt -, sie dann allerdings auch synkretistisch verfälscht. Das ist nämlich das Wesen einer “nachchristlichen Religion”, die durch diese Verbindung von Ähnlichkeit und Verkehrung zur “antichristlichen Religion” wird.

Besonders trifft dies für den Islam zu. Dessen Begründer Mohammed hatte ja auf seinen Handelsreisen auch die eindringliche Verkündigung syrischer Mönche gehört und war von dem im Namen des einen Gottes betonten eschatologischen Gerichtsernst tief beeindruckt worden. Das spiegelt sich auch in den ersten, zur mekkanischen Zeit niedergeschriebenen Suren wider. Im Koran wird Allah – der arabische Name für Gott – als allmächtiger und allwissender Schöpfer beschrieben, der die Geschicke der Menschen in seinen Händen hält und ihnen am Jüngsten Tage nach ihren guten und bösen Taten vergelten wird. Diese Aussagen, noch dazu, wenn alle Suren ihn eingangs als den “Barmherzigen und Allerbarmer” bezeichnen, sind ja in sich nicht falsch. Aber aus zwei Gründen vermitteln sie keine zureichende Gotteserkenntnis:

Zum einen fehlen dem islamischen Gottesbild wesentliche Züge der authentischen Gottesoffenbarung im Alten und Neuen Testament: Die Muslime erfahren nicht, daß – wie es im 1. Johannesbrief (4, 8) heißt – Gott Liebe ist. Auch fehlt unter den vielen Beinahmen, welche sie Allah geben, – man zählt 99 solcher – ausgerechnet derjenige, der für uns Christen der wichtigste ist, weil Jesus uns gelehrt und durch seine Versöhnungstat ermöglicht hat, Ihn so anzurufen: Vater! (Matth. 6,9) Abba, lieber Vater! (Röm 8,15)

Zum anderen werden im Koran vehement einige Aussagen über Gott bestritten, die für das christliche Bekenntis zu Gott grundlegend sind, nämlich seine Dreifaltigkeit, die damit verbundene Göttlichkeit Jesu als Sohn Gottes des Vaters, wie schließlich auch die personale Gottheit des Heiligen Geistes. Gott in drei Personen anzurufen, wäre sogar die unvergebbare Sünde “shirk = Beigesellung) und wird als Blasphemie scharf verurteilt.

Aufgrund dessen nimmt das islamische Gottesbild die Züge eines dem Menschen weit entrückten Willkürpotentaten an, der letztlich nur ein anderes Wort für das blinde Schicksal ist. Wenn aber die Muslime meinen, den Willen Allahs nicht nur erkannt zu haben, sondern ihn in gehorsamer Unterwerfung rücksichtslos vollstrecken zu müssen, können im Namen Allahs die grausamsten Verbrechen begangen werden. Dafür liefert der islamistische Terror in vielen Ländern entsetzliche Beispiele.

In Gestalt des koranischen Allah ist also die des biblischen Gottes verzerrt. Das liegt zum einen daran, daß im Islam menschliche Spekulation an die Stelle der persönlichen Selbstoffenbarung Gottes einen rationalen Monotheismus gesetzt hat. Zum anderen – schlimmer noch! – muß bereits der den Mohammed inspirierende Offenbarungsengel Gibrel (=Gabriel) als ein lügenhafter Geist identifiziert werden. Dieser widersprach angeblich im Namen Allahs diametral zentralen biblischen Aussagen über die Gottessohnschaft Jesu (Sure 9,3o; 19,91-93) und seinen Sühnetod am Kreuz (Sure 4,156). Im Licht von 1 Joh 4, 2f müssen wir diesen Geist diakritisch als einen Dämon, ja als den Geist des Antichrist entlarven; denn dieser ist es ja, der die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus bestreitet. .Das aber bedeutet, daß aus den im Namen Allahs getanen antibiblischen Äußerungen des Koran wie auch aus deren fanatischer Anwendung heute, z.B. der islamistischen Anweisung und Praxis, Christen erbarmungslos zu verfolgen – letztinstanzlich Satan selber spricht.

Wie aber konnte es zu zu diesen schrecklichen Entgleisungen des koranischen Ein-Gott-Glaubens kommen? Die Ursache ist die: Schon Mohammed selbst verkannte, daß der ewige, lebendige, eine Gott, auf dessen allmächtiges Walten er in der Tat gestoßen war, sich authentisch, wahrhaftig und abschließend in Jesus von Nazareth geoffenbart hat. Dieser war nicht bloß ein Prophet, wie Mohammed selber einer zu sein meinte. Vielmehr ist in Ihm Gott selbst in Menschengestalt (Matth 11,27), in unlösbarer Verbindung beider Naturen, zu uns gekommen, um uns den Vater zu offenbaren, um uns mit Ihm zu versöhnen und uns zu Seinen Kindern zu machen. Sagt Jesus doch von sich selbst: “Wer mich sieht, der sieht den Vater” (Joh 14,9). Schon im Johannesprolog (1, 18) heißt es ja: “Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat Kunde [d.h. authentische und volle Kenntnis] von ihm gebracht.”

Wahre Gotteserkenntnis, die über die vage Gottesahnung der Religionen weit hinausgeht, ist möglich geworden, weil Gott selber im Kind von Bethlehem als Heiland zu uns gekommen ist und sich uns in ihm, vermittelt durch zurückgehaltenen Zorn in dieser Zeit ständig provoziert, – und dies besonders auch durch die abstoßenden Zügen ihrer Religionen: In der von diesen gedeckten Unmoral – man denke an die hinduistische Witwenverbrennung – im Stolz der Selbstrechtfertigung und schließlich sogar im Streben, sich selbst zu vergotten.

Zu all diesen gottwidrigen Zügen sagt Gott in seiner Volloffenbarung durch Jesus Christus ein schneidendes Nein, zumal die Menschen sich dadurch in einen Selbstwiderspruch zu ihrem besseren eigenen Wissen um Ihn (Röm 1,21.28; Apg. 17,29) begeben. Darum ergeht mit der Verkündigung des Evangeliums an die Heiden zugleich auch ein Gericht über ihre Religionen. Deren Zeit ist nunmehr endgültig abgelaufen; die

 




Die Verführung d. Jugend (Hunt)

Dave Hunt

Die Verführung der Jugend

 

Robert Muller, früher stellvertretender UNO-Generalsekretär und be­kannt als »Philosoph der Vereinten Nationen und ihr Prophet der Hoffnung«, ist eine der heute führenden Gestalten des weltweiten Bil­dungswesens. Er ist Kanzler der Friedensuniversität in Costa Rica und Gründer der Rober-Muller-Schule in Arlington (Texas) sowie Autor ih­res World Core Curriulum Manual (Handbuch zum Weltlehrplan), das in vielen Ländern von Pädagogen in verbreitetem Gebrauch ist.
Muller betrachtet sich selbst als guten Katholiken – und seine Kirche ihn auch. Eine seiner Auszeichnungen ist ein »goldener Kruzifix, der ihm von Papst Johannes Paul II. verliehen wurde«.

Muller leistet bedeutende Beiträge zur okkulten Invasion. Sein »Gott« ist eine »geheimnisvolle Kraft, die das Universum regiert« und für alle Religionen annehmbar ist. Zur Rettung der Welt indoktriniert er die Jugend mit einer universalen Spiritualität (d.h. Okkultismus), wofür er den Lehrplan entwickelt hat. Der frühere Uno-Generalsekretär U Thant, ein hingegebener Buddhist und Atheist, ist einer der spirituellen Lehr­meister Mullers. In seiner Abschiedsansprache an die UNO im Dezem­ber 1971 gab U Thant zu verstehen, daß die globale Erziehung nicht re­ligiös, sondern spirituell sein muß:

Ich würde spirituellen Werten die allerhöchste Wichtigkeit zumessen . . .  Ich vermeide bewußt den Begriff »Religion«. Ich denke an den Glauben an sich selbst, die Reinheit des inneren Selbst, die für mich der höchste Wert überhaupt ist. Mit dieser Herangehensweise al­lein mit diesem Konzept, werden wir imstande sein, die Art von Ge­sellschaft zu gestalten, wie wir sie wünschen. Die Notwendigkeit glo­baler Erziehung muß über die intellektuellen Errungenschaften hinausgehen und sich bewußt auf die Sphären des Moralischen und Spirituellen erstrecken.

Wie funktioniert »Glauben an sich selbst, die Reinheit des inneren Selbst« bei denen, die nicht rein sind?
Bibel wie Alltagserfahrung stimmen darin überein, daß alle Menschen Sünder sind. Wie könnte irgendjemand, ge­schweige denn ein Weltführer, die Zukunft einer innewohnenden mensch­lichen Gottheit anvertrauen, welcher der Geschichte widerspricht? Den­noch sind die Leute an der Weltspitze sicher, dass die globale Erziehung der nächsten Jugendgeneration eine spirituelle Entwicklung des inneren Gottes verkörpert.

Dieses Thema stand beim zweiten jährlichen Weltforum im Oktober 1996 im Vordergrund. Dieses Forum wurde von der Gorbatschow-Stiftung organisiert und zog über 600 Führungspersonen aus aller Welt an, um die neue Weltordnung zu diskutieren.

Rabbi Arthur Hertzberg be­zeichnete in seiner Ansprache vor dem Plenum Religionen als »Anstifter des Hasses«.

Das Forum pries den Buddhismus an, während es das Chris­tentum verunglimpfte.
Ein Großteil der Aussagen gab nur die Behaup­tung des Autors Duane Elgin wieder, dass »die Erkenntnis unserer Ver­bindung mit dem Bewußtsein des lebendigen Kosmos … die Grundlage für die globale Kultur« bereitet. Als Sprecher der anwesenden Jugend­leiter sagte der Harvard-Student Bill Burke-White:

Diese Gemeinschaft [heutiger Schüler] … hat keine Toleranz gegen­über Dogmatismus und Fundamentalismus … wir wurden in eine er­wachende Erde hineingeboren … Stellen Sie sich eine Welt vor … die die Vision des Jugendgipfels vom Bau einer globalen Jugendverbin­dung verwirklicht hat … ein Netzwerk der vielen verschiedenen Ju­gendorganisationen, die diese ersehnte Vision für das neue Jahrtau­send teilen.

Globale Spiritualität in der Erziehung

Was können U Thant, Muller, Gorbatschow und andere Führungsperso­nen mit Spiritualität meinen? U Thants Spiritualität leugnet den Gott der Bibel und stammt von einer okkulten Kraft.

Muller erklärt:
Natürlich erhebt sich sogleich die Frage: Wie kann man von einer glo­balen Spiritualität sprechen in einer Welt so vieler Religionen und Atheisten sowie solchen Religionen wie Buddhismus, Jainismus und Sikhismus, die gar keinen Gott haben? Es gibt jedoch einen gemeinsa­men Nenner, wenn sich die Menschen als Teil eines äußerst geheim­nisvollen und schönen Universums sehen. Aus dieser Ehrfurcht er­wächst ein spirituelles Herangehen ans Leben. Alles wird heilig … und wundersam … im Blick auf die geheimnisvolle Kraft, die das Univer­sum regiert.

Keine Kraft kann, so geheimnisvoll sie auch sein mag, die Quelle irgend­welcher »spirituellen« Qualitäten sein. Wir haben nur deshalb spirituelle Fähigkeiten, weil wir nach dem Bild Gottes geschaffen sind.
»Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten« (Joh 4,24). Die verrückte Vorstellung – dass eine unpersönliche Kraft persön­liche Wesen hervorbringen könnte – wird als Wissenschaft aufgegriffen und verteidigt. So versucht der Mensch, der moralischen Verantwortung gegenüber seinem Schöpfer zu entfliehen.

Muller ist fest entschlossen, die Jugend der Welt mit seiner Spirituali­tät zu indoktrinieren, die mit der Spiritualität von Norman Vincent Peale und John Marks Templeton übereinstimmt. Er ist überzeugt, dass Glau­be – insbesondere wenn er visualisiert wird – zur »Materialisierung« des­sen führt, was wir so sehnlich wünschen.
Mullers Spiritualität stammt von einem verführerischen Geist, der behauptet, einem lange verstorbe­nen tibetischen Meister zu gehören, der im Okkultismus als Djwhal Khul bekannt ist. Im Vorwort von Mullers Weltlehrplan lesen wir:

Die zugrunde liegende Philosophie, auf der die Robert-Muller-Schule basiert, findet sich in den Lehren, die in den Büchern Alice A. Baileys vom tibetischen Lehrer Djwhal Khul dargelegt werden … und den Lehren von M. Morya, wie sie in der Agni-Yoga-Buchreihe beschrie­ben sind … Die Robert-Muller-Schule wurde 1985 voll anerkannt … Die Schu­le wird jetzt als offizielle den Vereinten Nationen angegliederte Schu­le bestätigt, die eine Erziehung zu internationaler Zusammenarbeit und Frieden bietet.

Muller wurde 1989 mit dem UNESCO-Friedenspreis für Erziehung aus­gezeichnet. 1990 trafen sich Abgeordnete aus 155 Ländern in Thailand zur »Weltkonferenz Bildung für alle«, um in Anknüpfung an Mullers Ide­en die Pläne für einen Weltlehrplan weiterzuführen. Weitere Konferen­zen folgten mit der Zusammenarbeit republikanischer und demokrati­scher Behörden: »America 2000« von US-Präsident Bush und Clintons »Goals 2000«, die in das Projekt »Global 2000« mündeten.

Dr. Dennis Laurence Cuddy, ehemals für das US-Bildungsministerium tätig, erklärt:

UNESCO und UNICEF, die Partner bei Global 2000 sind, setzten [welt­weit] die Initiativen in Gang, die bei der Weltkonferenz Bildung für alle [Thailand 1990] entwickelt wurden, der größten Bildungskonfe­renz aller Zeiten.

Erziehung zur Weltbürgerschaft

Ein hauptsächliches Ziel von America 2000 ist die Be­gründung von Schulbildungs- und Prüfungsmaßstäben für die ganze USA, die die gesamte Schulbildung unter die Kontrolle der US-Regierung stel­len. Dazu wurde die Einrichtung »Ergebnisbasierte Bildung« (OBE, Out­come Based Education) eingeführt.
OBE hat wenig mit den Erwartun­gen der Eltern an die Schulbildung zu tun und dafür umso mehr mit der Indoktrinierung der Kinder mit »politisch korrekten Reaktionen« in be­stimmten ethischen Situationen. Wie der Iowa Report es ausdrückt, sind OBE und ML = Mastery Learning (etwa: »Erlernen von Meisterhaftig­keit«) darauf ausgelegt, »Schüler durch Verhaltensmodifikation zu ma­nipulieren, basierend auf den Methoden von B. F. Skinner … [sie] öffnen die Tür zur Zerstörung ihrer traditionellen und religiösen Werte … In einem solchen Programm sind traditionelle christliche Werte unannehmbar …«

Dieses US-weite Programm wurde bereits gestartet, um die »Ergeb­nisse« zu beobachten, d. h. zu bestimmen, ob das Verhalten der Schüler annähernd der erwarteten Transformation entspricht. Die »Nationale Be­urteilung des Bildungsprozesses« (NAEP) wertet die Programme an staat­lichen Schulen aus. Wenn die »Ergebnisse« nicht den Maßstäben ent­sprechen, wird vom »Nationalen Distributions-Netzwerk« (NDN) ent­sprechendes Hilfsmaterial an die Schulen verteilt, damit die Defizite »be­hoben« werden.

Dieses Programm ist international.
Jean-Francois Revel weist auf das gleiche Programm in Frankreich hin.
Wir werden Zeugen der Anhäu­fung von gut vorgetragenen Plänen, die viele Jahre zurück reichen und sogar die Sowjetunion umfassen. 1934 finanzierte die Carnegie Corpora­tion eine Studie über Bildung, worin die Rede davon war, dass »die west­liche Zivilisation in eine Weltordnung übergeht … ein Neues Zeitalter des Kollektivismus [Sozialismus] bricht an«.

1958 unterzeichnete US-Präsident Eisenhower das erste Abkommen zwischen der USA und der Sowjetunion, das auch das Bildungswesen mit einbezog. Die Umgestal­tung des Bildungswesens beschleunigte sich mit dem historischen Gene­ralabkommen, das von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow im No­vember 1985 in Genf unterzeichnet wurde.

Dieses Abkommen »tauschte US-Technologie gegen psychosoziale Stra­tegien der UdSSR ein, die eingesetzt werden, um Kinder zu indoktrinie­ren, ihr Verhalten zu modifizieren und Menschen zu beobachten, um ihre Willfährigkeit sicherzustellen«. Es rief auf zu »gemeinsamen Überprü­fungen der Schulbücher«, was in einen gemeinsamen Lehrplan »für den Unterricht in allen Klassen der Grund- und weiterführenden Schulen so­wie auf Oberschulen und Universitäten« resultierte.

Malachi Martin warnte: Bald ist der Tag gekommen, so nimmt man an, dass Schulkinder in Gorbatschows Geburtsort Privolnoye und in Reagans Geburtsort Tampico in Illinois alle denselben Stoff lernen werden.

Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, wollten wir auf die vielen Organisationen eingehen, die zusammenarbeiten, um die Welt-Schulbildung zu vereinen, bzw. auf den Stand des Fortschritts bei diesem Unter­fangen.
Uns geht es um die okkulte und antichristliche Spiritualität und die damit einhergehende Unmoral, unter deren Einfluß die Jugend steht. Die okkulte Invasion an den öffentlichen Schulen, die unausweichlich den christlichen Glauben zerstört, vollzog sich nicht bei Nacht und Ne­bel.
1972 sagte der Harvard-Professor für Pädagogik und Psychiatrie Che­ster M. Pierce in seiner Ansprache vor der Internationalen Gesellschaft für Kindererziehung:

Jedes Kind in Amerika, das mit fünf Jahren auf die Schule kommt, ist geisteskrank, weil es auf die Schule kommt mit bestimmten Bindun­gen an unsere Gründerväter, an seine Eltern, an einen Glauben an ein übernatürliches Wesen …
Es ist nun Ihre Aufgabe, liebe Lehrer, aus all diesen kranken Kin­dern gesunde zu machen – indem Sie die internationalen Kinder der Zukunft erschaffen.

 

Eine kalkulierte Gehirnwäsche

Da die öffentlichen Schulen sich dem christlichen Glauben gegenüber als zu dogmatisch verschlossen, wurden sie zu Experimentierlabors für die neuesten psychologischen Theorien und alle Arten des Okkultismus, von Indianerspiritualität über Yoga bis zu Hexerei. Die Universitäten wurden zu den Versuchsfeldern der Revolution nicht allein gegen Demo­kratie sondern gegen die konventionelle Familie und alle christlichen Werte.

Phil Jacksons vier Jahre älterer Bruder Joe, der ebenfalls »seinen Glau­ben verloren« hatte, obwohl er eine Zeit lang »in Zungen sprach«, führte Phil in die Selbsthypnose und in den Zen-Buddhismus ein. Joe wiederum hatte Letzteren von einem Professor der Universität von Texas gelernt. Das College hatte auf Phil denselben Effekt. Sein Zimmergenosse, ein ehemaliger Lutheraner, ermutigte Phil, »einen unvoreingenommeneren Blick auf das [christliche] Glaubenssystem zu werfen … und das Leben etwas lockerer zu sehen. Das war ein begeisterndes Gefühl. Die 60er waren in vollem Gange und ich widmete mich ganz der Konterkultur... «

Während seinem letzten Hochschul-Jahr (1967) heiratete Phil und bekam mit seiner Frau zusammen eine Tochter. Er schreibt, die große Her­ausforderung der 60er war für ihn »die Betonung von Mitgefühl und Brü­derlichkeit, sich zusammenzutun und einander hier und jetzt zu lieben …«

Doch obwohl er und seine Frau sich die gegenseitige Liebe geschworen hatten, wurden sie geschieden. Jackson erklärt, dass die Jugendlichen »versuchen, aus den antiquierten Ansichten der Eltern auszubrechen und die Welt noch einmal neu zu erfinden«. Und die Schulen förderten die­sen »Ausbruch« bewußt, insbesondere aus dem christlichen Glauben.

Oberstes Ziel ist natürlich, das Denken der Weltbürger zu beherr­schen – und das Christentum steht dem im Weg. Die meisten Regierun­gen der Welt haben Experimente mit verdeckter Hypnose, geheimer Ver­abreichung von Drogen, Behandlung mit Elektroschocks und elektrischer Reizung des Gehirns betrieben. Damit wird versucht, das Verhalten des Menschen zu steuern. Bei diesen Experimenten wurden Tausende gefol­tert, und das nicht nur einst im Nazi-Deutschland und in der Sowjetuni­on, sondern auch heute in muslimischen Ländern und sogar im Abend­land. Die USA sind da keine Ausnahme. Bluebird und Mkultra sind zwei CIA-Programme, die der Öffentlichkeit ein wenig bekannt wurden. Zu ausführlicherer Dokumentation fehlt hier der Platz.

Pädagogen, Psychologen und Psychiater (angefangen von Dewey, Skin­ner, Pierce u.a.) sind fest entschlossen, das Denken unserer Jugend durch scheinbar legitime Mittel zu steuern. Die Regierung hat Gesetze erlas­sen, die eine Manipulation des Denkens an öffentlichen Schulen ermög­lichen. Dem evangelikalen Christentum (das der künftigen Weltreligion im Wege steht) muß der Garaus gemacht werden. An seiner Stelle wird die amerikanische Eingeborenen- Spiritualität eingeführt sowie okkulte Techniken des Schamanismus (wie Visualisierung von inneren Führern).

 

Holistische Pädagogik

Der neue Fahrplan für eine weltweite Pädagogik besteht aus denselben holistischen Konzepten, die auch im Gesundheitswesen um sich greifen. Jeffrey Kane, Herausgeber einer Zeitschrift für holistische Pädagogik, gesteht, dass »Holismus sich auf das Heilige bezieht«. Was aber bedeutet »heilig« für Humanisten? Und was hat »heilig« mit der staatlichen Pä­dagogik in den USA zu tun, wo Kirche und Staat angeblich getrennt sind? Wenn Kane sagt, das Ziel holistischer Pädagogik werde »das Kind zur Entfaltung seiner Spiritualität befähigen«, wissen wir, dass er damit nichts meint, was mit dem Christentum auch nur vergleichbar wäre.

Das Huma­nist Magazine schreibt sogar:
Das Klassenzimmer wird und muß zur Arena des Kampfes werden … zwischen dem faulenden Kadaver des Christentums … und dem neu­en Glauben des Humanismus.

Humanismus ist die Religion des Menschen als sein eigener Gott mit unendlicher Macht und seinen eigenen »Werten« in sich selbst. Er ist die Religion der »Human-Potential«-Bewegung der okkulten Religion von übersinnlichen Kräften, die der Mensch mittels »höherer Bewußtseinszustände« zu entwickeln hofft. Imagination ist die wichtigste Triebfeder holistischer Pädagogik und das Mittel, mit dem dieser Bewußtseinszustand am einfachsten erreicht wird und mit dem man den Wesenheiten der okkulten Sphäre begegnen kann. Donald A. Cowan, früherer Rektor der Universität von Dallas, sagte:

Was wird im kommenden Zeitalter den Platz von Logik, Fakten und Analyse einnehmen? In dieser Ära wird die Imagination der zentrale Weg des Denkens sein. Imagination wird das aktive, kreative Werk­zeug der Kultur sein und primitives Gedankengut in einen höheren, greifbaren Zustand verwandeln …

In ihrem Buch Growing Up Gifted (»Begabt aufwachsen«) spricht sich Barbara Clark für Yoga und Visualisierung und die Entwicklung über­sinnlicher Kräfte aus. »Transzendenz« soll erreicht werden, indem die Schüler einen Sinn für das Einheits-Bewußtsein entwickeln. Das soll mit­tels »transpersonaler Kommunikation« geschehen, die zu einem Vertrauen auf eine innere Reinheit führt, wie U Thant sie vertritt:

Transpersonale Kommunikation ist dazu konzipiert, Menschen zu hel­fen, dass sie Vertrauen auf die Gültigkeit ihrer persönlichen Erfah­rung entwickeln und das annehmen, was sie aus diesen Erfahrungen als ihre beste Quelle der Weisheit und Wahrheit lernen.

Als er noch Gouverneur von Arkansas war, gründete Bill Clinton mit seiner Frau Hillary die »Governor’s School« als »Umstrukturierung« der öffentlichen Schulen dieses US-Staates.

Als Bestandteil einer systemati­schen Gehirnwäsche wurde u.a. ein vulgärer Sprachgebrauch gefördert. Ziel war dabei, die Schüler aller biblischen Moralmaßstäbe zu entledi­gen. Homosexualität, freier Sex, New-Age-Gedankengut und -Praktiken (einschließlich der Anbetung des Selbst und des Universums als Gott), Auflehnung gegen Autorität und Entfremdung von den Eltern wurden als Vorbereitung auf die Führerschaft in einer Neuen Weltordnung in dreister Weise vorangetrieben. Die Clinton-Regierung zielt ab auf die Umstrukturierung des gesamten öffentlichen Schulsystems der USA nach diesem Muster.

In dieser Atmosphäre der offenen Feindseligkeit gegenüber dem christ­lichen Glauben müssen unsere Kinder und Enkel nun aufgezogen wer­den. Wer den Kompromiß eingeht und mitläuft, wird Stück um Stück zugrunde gehen.

Wenn »Werte« biblische »Tugenden« ersetzen

Die Ablehnung des Gottes, der uns zu einem bestimmten Zweck erschaf­fen und Moralmaßstäbe für unser Verhalten bestimmt hat, führte dazu, dass der Mensch haltlos im Universum treibt und seine Imagination sei­ne einzige Orientierung ist. Vor Jahren zerstörte in den USA die Aktion »Werte-Klarstellung« die Moral. Grundschulkindern wurde beigebracht, ihre eigenen »Werte« von sich selbst von innen heraus zu bestimmen. Heute ist es »Konsens-Bildung«, in deren Rahmen individuelle Werte – wie auch immer erlangt – durch »Gruppendenken« niedergerissen wer­den. Der neue globale Maßstab wird allmählich zu dem, worin alle über­einstimmen – »zum Nutzen der ganzen Erde«.

Die Gesellschaft achtet jetzt »homosexuelle Werte« genauso wie »fa­miliäre Werte«. Homosexuelle Werte hält man für tolerant und somit anerkennenswert; familiäre Werte hingegen werden als engstirnig und »negativ« gegenüber Homosexualität und anderen Arten von Unmoral angesehen und gelten somit als unvertretbar. Das ist die unmoralische Atmosphäre in den Schulen, in der unsere Jugend global »erzogen« wird.

Malachi Martin bringt es auf den Punkt:
»Gut« wird nicht länger mit einer moralischen oder religiösen Fär­bung belastet … [sondern] lediglich zu einem Synonym für »global« gemacht … Die Betonung liegt auf der Homogenität der Köpfe, auf der Schaffung und Förderung einer wahrhaft globalen Denkungsart«.

Bruce Logan, Leiter einer neuseeländischen Stiftung zur Förderung der Erziehung, beklagt das Verlassen der Sicherheit biblischer, von Gott be­stimmter Tugenden und deren Ersetzung durch ungewisse »Werte«. Bei Letzteren, so Logan, »kann es sich um Glaubenssätze … Gefühle … Vor­lieben handeln … wie es einer Person, Gruppe oder Gesellschaft gerade gefällt, zu jeder möglichen Zeit und aus jedem erdenklichen Grund … So haben Michael Jackson und [die verstorbene] Mutter Teresa beide ›Wer­te‹, an denen sie jeweils fest halten … wodurch eine Art moralischer Gleichwertigkeit nahegelegt wird …«

Der anglikanische Priester David Guthrie widerspricht Logan. Er schwärmt von der neuen Freiheit von biblischen Geboten und behauptet sogar, seine Unmoral sei christlich:

»Was immer es in der heutigen Welt heißen mag, Christ zu sein, die Annahme eines Gesetze erteilenden Gottes gehört gewiß nicht dazu … Die Welt der globalen Kultur schlägt eine neue Richtung ein, und da­mit wird es auch eine neue Reihe von »Tugenden« geben … Tugenden, die die menschliche Gemeinschaft in einem bestimmten Augenblick sich anzueignen entscheidet, nicht weil sie etwa durch göttliche Auto­rität erlassen wurden … sondern weil die Gesellschaft sie dazu erwählt«.

In Wirklichkeit ist es nicht »die Gesellschaft«, die diese Entscheidung trifft, sondern ein Teil dieser Gesellschaft entgegen den Einwänden der Übrigen. Reicht ein Wahlergebnis von 51 zu 49 % aus, um Recht und Unrecht zu bestimmen? Auch die Meinungen schwanken, so daß die heu­tigen Tugenden die Laster von morgen sein können. »Gut« und »Böse« haben dann keine Bedeutung. Was Homosexualität betrifft, hat eine klei­ne Minderheit durch Einschüchterungsmethoden ihren Willen der gan­zen Gesellschaft aufgedrückt.

Kalkulierte Zerstörung der Moralmaßstäbe

Eine aktuelle Umfrage in den USA zeigt, dass die Gerichte, Medien und öffentlichen Schulen den Kindern humanistische Werte aufzwingen, ge­gen die sich ihre Eltern und die überwältigende Mehrheit der Amerikaner aussprechen. Beispielsweise mißbilligen 80 % die Entscheidung des Ober­sten US-Gerichtshofs, dass es verfassungswidrig sei, bei einer Hochschul-Entlassungsfeier zu beten, wohingegen nur 18 % diesen Entschluß guthei­ßen. Was das (freiwillige und persönliche, nicht reglementierte) Gebet in öffentlichen Schulen betrifft, sprechen sich 75 % dafür und 19 % dagegen aus.

William J. Bennett, von 1985 bis 1988 US-Bildungsminister, erklärt:
»Die Gründerväter wollten, dass die [christliche] Religion als morali­scher Anker unserer Demokratie dient … Doch als US-Bildungsminister wurde ich immer wieder … als »Ayatollah« angegriffen, wenn ich das freiwillige Gebet – und das Aushängen der Zehn Gebote – in den Schulen unterstütze«.

In diesem Land ist ein Kampf im Gange um die Köpfe unserer Kinder.

Das öffentliche Schulsystem der USA hat sich leider der Zerstörung des christlichen Glaubens hingegeben und seiner Ersetzung durch Evoluti­on, Schamanismus, Hinduismus, Buddhismus und amerikanischer Ein­geborenenreligion. In den meisten Schulen der westlichen Welt wird In­doktrination mit Unterricht entschuldigt.

Jean-François Revel zeigt dies auch für sein Geburtsland Frankreich auf:
»Der Vertrauensmißbrauch und die Preisgabe der moralischen Ver­pflichtung der Lehrer zeichnet sich auch hier auf schändlichste Weise ab … Bereits vor 1967 boten französische Schulbücher ein idyllisches Bild der UdSSR, im Einklang mit den optimistischsten Propaganda-Klischees … Der Unterricht bereitete militanter Verkündigung den Weg. So wies ein Autor eines Handbuchs für Lehrer (Vincent, Bordas, 1980) seine Kollegen an: »In der Welt gibt es zwei Lager: ein imperia­listisches und antidemokratisches (die USA) und ein antiimperialisti­sches und demokratisches (die UdSSR) …«

[Noch 1987, als es keine Ausrede für die Unkenntnis der schreckli­chen Wahrheit gab], wurden die Errungenschaften der sowjetischen Wirtschaft in [glühenden] Worten beschrieben … nicht in Untergrund-Zeitungen … sondern in Schulbüchern als Pflichtlektüre der Kinder.

Wenn Eltern sich gegen diesen horrenden Vertrauensbruch auf Seiten des Schulsystems wehren und gegen die kalkulierte Zerstörung der Moral­maßstäbe ihrer Kinder, verwehrt man ihnen das Recht zur »Einmischung« in das Treiben der öffent­lichen Schulen mit ihren Kindern. Für ihre berechtigte Sorge werden sie als »fanatische fundamentalistische Christen« verschmäht, so der heute erniedrigendste Schimpfname.

Der Autor Tom Robbins beschreibt tref­fend die heutige Haltung der Verachtung von Gott und seinem Wort:
»Unser Ziel ist es, bewußt und vorsätzlich auf einen klügeren, emanzi­pierteren und brillanteren Zustand des Seins zuzustreben, nach Eden zurückzukehren, Freundschaft mit der Schlange zu schließen und un­sere Computer unter den wilden Apfelbäumen aufzustellen«.

Die Psychologisierung der Gesellschaft

Zum Zweck der Umgestaltung der Jugend in die Weltbürger der Zukunft gibt die Regierung ihre Sorge um das psychische Wohlergehen des Kin­des zum Besten. Martin L. Gross lamentiert in seinem Buch Die psycho­logische Gesellschaft:

»Das Schulgebäude ist zum pulsierenden Psychozentrum geworden, aus­gestattet nicht allein mit Lehrern, die in »pädagogischer Psychologie« trainiert sind, sondern zudem mit 60.000 Sozialarbeitern und 7.000 Schulpsychologen, deren »Sprechstunde« an Therapie grenzt«.

Was hat der dominante Einfluß der Psychologie in unseren öffentlichen Schulen erreicht? Vor 50 Jahren waren die schlimmsten Probleme, de­nen sich Lehrer und Schulverwalter gegenübersahen, folgende: 1.) Schwat­zen beim Unterricht, 2.) Kaugummi kauen, 3.) Krach machen, 4.) Ren­nen auf den Fluren, 5.) fortgesetztes Schwänzen, 6.) Verstöße gegen die Kleiderordnung, 7.) Verstreuen von Abfall.
Heute sind es: 1.) Drogenmißbrauch, 2.) Alkoholmißbrauch, 3.) Schwangerschaft, 4.) Selbstmord, 5.) Vergewaltigung, 6.) Raub, 7.) Körperverletzung.

Ein Artikel in Reader’s Digest kommentierte:
»Die Amerikaner lernten die Lektionen, dass Magic Johnson sich mit AIDS infiziert hat, dass die Schulen in New York City Kondome an Jugendliche verteilen und dass ein Neffe von Präsident John F. Ken­nedy Sex mit einer Frau hatte, die er in einer Bar aufgegabelt hatte. Jede Nachricht handelte von etwas, was der derzeitigen Kultur insge­samt fremd war: Sünde«.

In den vergangenen 25 Jahren war Sünde nichts, worüber sich viele lange Zeit den Kopf zerbrochen hätten. Aber … Sünde … bot zumin­dest einen Rahmen für das Verhalten. Als dieser Rahmen mit der se­xuellen Revolution abgeschafft wurde, haben wir die Richtschnur für die persönliche Verantwortung verloren … Die USA hat Probleme mit Drogen, Sex an Highschools, AIDS und Vergewaltigung. Keines die­ser Probleme wird verschwinden, solange nicht Verantwortungsträger auftreten und in offener moralischer Sprache erklären, dass einiges von dem, was Menschen heute tun, falsch ist.

Die neuen »Werte«, die auf den öffentlichen Schulen eingeflößt werden, spiegeln sich auch in den amoralischen, bösartigen Idolen und Drogen­abhängigen wider, die die heutige Jugend bewundert.
Marilyn Mansons Album Antichrist Superstar »war in der ersten Woche nach Erscheinen auf dem dritten Platz der Hitliste meistverkaufter CDs [im Herbst 1996]. Mit seinem Künstlernamen, der sich aus dem Sexsymbol Marilyn Mon­roe und dem Massenmörder Charles Manson zusammensetzt, spottet die­ser ordinierte Satanspriester mit seiner headbangenden Band offen je­dem moralischen Prinzip. Mit T-Shirts mit der Aufschrift ›Töte Gott, töte deine Eltern, töte dich selbst‹ feiert die Band Hass, Rassismus, sexuelle Perversion, Gewalt und Gotteslästerung … und verhöhnen Gott und be­schimpfen Jesus. Marilyn [Manson] sagte: ›Ich bin jetzt auf meinem Weg nach unten; ich möchte dich gern mitnehmen.‹«

Die Theologen der Psychologie konnten ihre okkulte Religion nur auf den Ruinen des christlichen Glaubens erbauen.

Carl Rogers gab zu: »Ja, es stimmt, Psychotherapie ist subversiv … Therapie, Theorien und Tech­niken fördern ein neues Menschenbild entgegen der traditionellen Auffassung.« In Psychology Today frohlockte Rollo May: »Wir haben uns von den Theologen verabschiedet, die im Kielwasser unseres toten Gottes treiben.« Schon 1969 erklärte PT: Wir müssen »unsere eigenen inneren Erfahrungen unabhängig von den traditionellen … Grundlagen der jüdisch-christlichen Erfahrung deuten … Wir sind gezwungen, unse­re eigene Moral aufzurichten, unseren eigenen Glauben zu erreichen …«

Der schuldlose Mensch von heute

Recht und Unrecht haben ihre Bedeutung verloren, weil der modernen Psychologie zufolge niemand für irgendetwas, was er tut, verantwortlich ist. Wir alle sind Opfer, durch Kindheitstraumen zu dem getrieben, was wir tun. Diese Traumen, die wir einst erlitten, haben verborgene Motive und Triebe erzeugt, die im Unterbewußtsein vergraben liegen und uns somit unbekannt und von uns nicht zu kontrollieren sind. Heute sind vie­le Eltern von solchen Lügen überzeugt und bestrafen ihre Kinder nicht mehr mit Zucht, weil sie fürchten, sie könnten ihnen seelischen Schaden zufügen.
Gross stellt heraus:

Vor Freud konnte kein gebildeter Erwachsener einen plausiblen Grund finden, die Verantwortlichkeit für sein Verhalten zu umgehen. Die Schaffung eines schuldlosen … Menschen war der Psychoanalyse und psychodynamischen Psychologie vorbehalten. Das ist nicht mit dem Vertuschen seiner Fehler getan, sondern diese Fehler müssen auf sei­ne Kindheit zurückgeführt werden – die Zeit, als er moralisch unschul­dig war … Freud erklärte diese Schuldlosigkeit einmal einem Patien­ten, der sich für seine Feigheit schämte. »Ich zeigte ihm auf, dass er sich selbst logischerweise als in keiner Weise für einen dieser seiner Charakterzüge verantwortlich betrachten solle … Diese verwerflichen Impulse … waren nichts als Abkömmlinge seines infantilen Charak­ters, die in seinem Unbewussten überlebt hatten; und … moralische Verantwortlichkeit kann auf Kinder nicht angewendet werden.«

Das ist die Theorie der fortdauernden Kindheit. Nicht nur Neurose, sondern auch Mißmut oder die Unfähigkeit, Liebe oder Freundschaft zu finden, sind uns von unseren erwachsenen Schultern genommen und zurückverwiesen worden auf die schlaffe Brust der Mutter …

Unglücklich verheiratete 45-Jährige suchen die Antwort nicht in ihrer eigenen Selbstsucht oder Unreife … »Meine Mutter (oder mein Vater) hat dies und jenes getan …«, lautet die Litanei der psychologi­schen Gesellschaft.

Sünde wurde neu definiert als Krankheit und die Liste »mentaler Krank­heiten« wird fast täglich länger. Anstatt zur Verantwortung gezogen und zur Reue aufgerufen zu werden, wird dem Sünder »Therapie« verabreicht. Alles, von Ungehorsam bis zum Mord, wird als irgendein Syndrom oder als Sucht entschuldigt. Ehebrecher sind jetzt »Sexsüchtige«, deren Kran­kenversicherung für langwierige »Behandlungen« in säkularen und sogar »christlichen« Psychiatrien aufkommt.

Die Explosion von Rebellion, Kriminalität und Unmoral unter Jugend­lichen läuft seit Anfang der 50er Jahre parallel zum exponentiellen Wachs­tum der Psychologie. In den Jahren 1980 bis 1987 nahm in den USA die Anzahl der 10- bis 19-Jährigen, die in psychiatrische Klinken eingeliefert wurden, um 43 % zu. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Plätze in privaten Psychiatrien pro 100.000 Personen innerhalb der fünf Jahre von 1983 bis 1988 mehr als verdoppelt. Was für eine Wachstumsbranche! Die Psycho­logie wurde zu Recht bezeichnet als der einzige Berufszweig, der »die Krankheiten erzeugt, die er angeblich heilen soll«.

Die konsequente Disziplin, die Kinder brauchen und die die Bibel an­ordnet (Spr 13,24; 22,15; Hebr 12,6 u.v.m.) wird jetzt »Kindesmißbrauch« genannt. Staatliche Einrichtungen nehmen christlichen Eltern ihre Kin­der weg, weil diese Eltern liebevoll von der korrigierenden Rute Gebrauch gemacht haben. Was einst als Faulheit, Gleichgültigkeit, Widerspenstig­keit oder Rebellion bestraft wurde, wird jetzt als mentale »Störung« ent­schuldigt. Die Zahl der Kinder, bei denen »Lernschwäche« diagnostiziert wird, hat sich von 1977 bis 1992 verdreifacht! Kinder werden auf Ritalin gesetzt, nachdem sie samt ihren Eltern von einem Therapeuten von ihrer Abnormalität überzeugt wurden – ein Stigma (und eine Ausrede), das sie wahrscheinlich fürs Leben behalten werden. Obwohl Ritalin süchtig macht und trotz der fehlender Belege für eine positive Wirkung und trotz der vielen Fälle von Gewalt und Selbstmord infolge des Absetzens wird Rita­lin etwa einer Million amerikanischer Kinder verabreicht.

 

Breiten sich psychische Krankheiten epidemieartig aus?

Zur Steigerung ihrer Macht über die Gesellschaft erfinden Psychiater und Psychologen ständen neue Arten »mentaler Krankheiten«. Die Ameri­kaner leiden jetzt zu Millionen an angeblichen Gebrechen, die vor ein paar Jahren noch unbekannt waren. Diese werden in der »Bibel der men­talen Krankheiten« definiert, dem Diagnostischen und Statistischen Ma­nual Psychischer Störungen (DSM). Als dieses Kompendium 1952 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, führte es 112 psychische Störungen auf, im Vergleich zu einem halben Dutzend bekannter Geistesstörungen 100 Jahre zuvor. Die zweite Ausgabe von DSM im Jahre 1968 umfaßte 163 Störungen; das 1980 herausgegebene DSM-III 224. DSM-IV erschien 1994 und die Liste der mentalen Störungen war auf 374 angewachsen! Ist das eine wütende Epidemie psychischer Krankheiten – oder werden wir an der Nase herumgeführt? Ein Redakteur schrieb sarkastisch:

Hat Ihre 10-jährige Tochter keine Lust auf ihre Mathe-Hausaufgaben? Beordern Sie sie besser auf die nächste Couch, denn sie hat Nr. 315.4, Entwicklungsmentale Arithmetische Störung. Oder vielleicht bist du ein Teenager, der Streit mit seinen Eltern hat. Oh, oh! Schleunigst Medi­zin besorgen, denn du hast Nr. 313.8, Oppositionelle Trotzstörung … Ich übertreibe nicht. (Das wäre nämlich das Fiktions-Störungs-Syndrom.) …

Ich weiß, dass es da draußen einige Zyniker gibt, die … sich im Leben nie auf die Couch eines Psychiaters herablassen würden … Ihr Widerwillen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist an sich ein Symptom für ein schweres psychisches Problem. Das steht hier in dem Buch: Nr. 15.81, Behandlungs-Verweigerungs-Störung.

Eine Sondersendung von CBS-TV berichtete, dass im Denken der inter­viewten Jugendlichen »nagende Zweifel an der eigenen psychischen Gesundheit« vorherrschen. Ein Autor versucht die Unsinnigkeit aufzuzei­gen, von der Amerika befallen wurde:

Seit eh und je waren manche Kinder, wie auch Erwachsene, etwas ak­tiver als andere Altersgenossen. Vielleicht spielen sie eifriger oder sind im Denken sprunghaft, weil sie eine kurze Phase der Aufmerksamkeit haben … die Eltern gingen damit einfach als Gegebenheit des Lebens um … Und kluge Eltern sahen, dass die Kinder, wie die Erwachsenen, ihr Verhalten zu verbessern lernen …

Die Psychologie meinte jedoch, dass etwas im Argen läge … Als sie die Praxis des Psychiaters betraten, dachten das Kind und seine El­tern, es sei normal. Wenn sie herauskommen, denken sie, es ist abnor­mal … Als normales Kind wäre es toleriert, ertragen und bestraft wor­den … wie Eltern es seit Tausenden von Jahren getan haben. Und aller Wahrscheinlichkeit nach wäre das Kind da ohne viel Aufhebens herausgewachsen.

Als abnormales Kind wird es jedoch von seinen Eltern, Lehrern und vielleicht auch seinen Klassenkameraden wesentlich anders be­handelt. Es ist ein »Sonderling« … über die Jahre der Behandlung … Das Kind selbst wird natürlich denken, irgendetwas in seinem Inneren stimme nicht … Dieses Gespür der »Abnormalität« wird es für den Rest seines Lebens begleiten.

 

Okkultismus an öffentlichen Schulen

Ein Artikel in der Zeitschrift Journal of Humanistic Psychology mit der Überschrift »Fantasiereisen in der Pädagogik« erklärt: »Von Delphis ›Er­kenne dich selbst‹ bis zum ›ihr werdet sein wie Gott!‹ der Schrift wird uns versichert, dass wir tatsächlich multidimensionale Wesen sind, die zu Werken imstande sind, die unsere Vorstellungskraft übersteigen, und dass unsere Phantasie und unser hauptsächlicher Lebenssinn ist, zu entdecken, wer wir sind und zu was wir werden können.« Anscheinend ist sich der Autor nicht darüber im Klaren, dass »ihr werdet sein wie Gott« die große Lüge Satans ist. Der Artikel stellt die transpersonale Pädagogik vor und sagt, dass »Meditation und Fantasiereisen der Kern des Lehrplans sind«.

Die Techniken, die den Kindern an öffentlichen Schulen beigebracht werden, sind die gleichen, wie sie von Hexenmeistern gebraucht werden, um Kontakt mit den »Leitgeistern« (Dämonen) aufzunehmen, von de­nen sie ihre Kraft beziehen. Schulkindern wird beigebracht, sich selbst unter Wasser zu visualisieren, den Delfin Duso auf sich zukommen zu sehen, sich auf ihn zu konzentrieren bis sein Bild deutlich wird und dann mit ihm zu sprechen. Er wird antworten. So wird Kontakt mit einem Geist­wesen aufgenommen. Danach braucht DUSO nur visualisiert zu werden und wird sogleich zu Hilfe kommen. Der US-weite Lehrplan für Sprach­kunst Read umfaßt die folgende Visualisierungs-Übung:

Schließe deine Augen und atme tief durch, um dich zu entspannen … Stelle dir in Gedanken einen Platz vor … mache dich mit der Umge­bung vertraut … bitte, einen Führer zu treffen. Ein Tier, eine Person oder ein Wesen wird dich begleiten und wird dir jede Kraft geben, die du brauchst …

Beobachte, was dieser neue Begleiter tut oder dir zeigt. Höre zu, was er dir sagt. Gehe überall hin, wohin dieser Betreuer dich führen möchte. Du bist in Sicherheit …

In Kalifornien bringt man Drittkläßlern bei, einen persönlichen Leit­geist in Form eines Tieres zu visualisieren und dann ihre okkulten Erfah­rungen mit diesem Wesen für eine Ausstellung am Schwarzen Brett auf­zuschreiben. In Oregon wurden Schüler bei einem Mittwinterfest aufge­fordert, sich in Anordnung ihrer Sternzeichen hinzusetzen. Dann sollte der »Sonnengott« und der »Mondgott« den Raum betreten, begleitet von Gesang und Trommelschlägen. »Die Feier des Mittwinterfestes mit ›Tanz um den Sonnenwendbaum‹ ist eine der Alternativen, den der Anti-Vorurteil-Lehrplan als Alternative zu Weihnachten vorschlägt.«

Denen, die den Okkultismus in die Schulbildung einbringen, wird hohe Ehre erwiesen. Die okkulte Psychologin Jean Houston wurde 1984/85 in den USA von Pädagogenvereinigungen zur »Pädagogin des Jahres« ge­kürt. Lamar Alexander, US-Bildungsminister unter Präsident Bush, gab zu, dass das Buch, das sein Denken in den letzten zehn Jahren am mei­sten beeinflußt hat, A God Within (»Ein innerer Gott«) von Rene Dubos war. Der Autor sagt darin, dass »unser Seelenheil von unserer Fähigkeit abhängt, eine Religion der Natur zu schaffen … die dem modernen Men­schen … angepaßt ist«.

Eine Mutter aus Montana entdeckte, dass ihr Kind aus der 4. Klasse behauptete, einem mythischen Indianerstamm anzugehören. Die Kinder sollten sich vorstellen, dass sie sich auf eine Suche »allein in die Wüste begeben … um ihrem Stamm zu beweisen, dass sie würdig sind, als Er­wachsene angesehen zu werden«. In der Sorge, dass diese Suche zur Be­gegnung mit Leitgeistern herangezogen würde, befaßte die Mutter sich näher mit den Lektionen. In einer Lektion begegneten die Kinder einem geheimnisvollen Jugendlichen »vom Modat-Stamm, ›der bekannt ist für seine großen Schamanen‹«. Sie sollten ihm (in Gedanken) »in eine tiefe Schlucht folgen … [wo] du spürst, dass viele Geister aufsteigen … die dich rufen, um diesen unglaublichen Ort aufzusuchen«. Das sind nur ei­nige wenige Beispiele von Okkultismus, der in öffentlichen Schulen klei­nen Kindern beigebracht wird.

 

Spielzeug, Spiele und Filme

Viele der Spiele, Spielzeuge, Videos und Kinofilme, die sich unter Kin­dern und Jugendlichen größter Beliebtheit erfreuen, haben mit dem Ok­kulten zu tun. Spiele wie »Dungeons and Dragons« (D+D) – von dem es sogar ein christliches Gegenstück namens »Dragon-Raid« gibt – ziehen die Spieler in ununterbrochenen Okkultismus. Diese »Fantasie-Rollenspiele« sind extrem gefährlich, weil sie auf Imagination beruhen, und das ist der schnellste Weg ins Okkulte. Hier würde es den Rahmen sprengen, wenn wir diese Spiele auflisten und analysieren wollten. Eltern sollten diese Spiele selbst unter die Lupe nehmen.

Zeichentrickfilme und -serien im Fernsehen und auf Video sind so­wohl eine Verlockung zum wie auch eine Einführung in den Okkultis­mus. Eltern sollten sorgsam auf das Ziel und die Bedeutung dahinter achten. Die Medien haben die Kinder der westlichen Welt in reinste Be­sessenheit mit dem Okkulten gebracht. Sowohl von der äußeren Erschei­nung her als auch was ihre Macht betrifft, besteht eine Parallele zwischen den Helden und Drogenidolen der heutigen Jugend und den antiken heid­nischen Göttern und Göttinnen.

Zu den populärsten Helden gehören die »Teenager Mutant Ninja Turt­les«, die ihre besondere Kraft durch fernöstliche Meditation erhalten, die sie von ihrem Guru »Splinter, die Ratte« lernten. She-Ra ist der An­führer einer Gruppe von Zauberern und Göttinnen, die das Universum von Crystal Castle aus regieren, dem Zentrum und die Quelle aller Macht.

Dann sind da die halb menschlichen, halb tierischen Donnerkatzen, de­ren Augen mit einer inneren okkulten Kraft aufleuchten. Viele weitere könnten angeführt werden.

Oft kommt es vor, dass ein Mitarbeiter einer Kinderbibelstunde oder einer christlichen Kinderfreizeit die Kinder fragt, was sie in Gefahr oder Bedrohung tun würden und als Antwort erhält, dass sie nicht zu Gott bzw. zum Herrn Jesus rufen würden, sondern zu She-Ra, der Fürstin der Macht, oder zu He-Man oder zu den Power-Rangers.

Die Filmreihe Krieg der Sterne setzte vor 20 Jahren einen Trend in Gang. George Lukas machte Werbung für Hexerei, indem er »die Macht« mit einer dunklen und einer hellen Seite vorstellte (schwarze und weiße Ma­gie). Die Jedi-Ritter waren die Anhänger der »alten Religion«, eine an­dere Bezeichnung für Wicca bzw. Hexerei. Das Laserschwert war keine Waffe, sondern ein Weissagungs-Instrument, das nur die benutzen konn­ten, die in seine Kräfte eingeweiht waren. Luke Skywalker konnte es nicht anwenden, bis er gelernt hatte, wie man einen erweiterten Bewußtseinszustand erlangt und so »der Macht die Kontrolle überläßt«. Obi Wan Kenobi wurde Lukes Leitgeist und kommunizierte mit ihm von der ande­ren Seite. Bei Darth Vader, scheinbar die Verkörperung des Bösen, stellt sich heraus, dass er U Thants innere Perfektion hat und er schließt sich Obi Wan jenseits des Todes an. So offenbart er die universale Einheit. Yoda ist ein Yogi, der Luke die Macht des positiven Denkens beibringt. Für Millionen junger Menschen trat die okkulte »Kraft« an die Stelle von Gott.

Auf Krieg der Sterne folgten weitere Filme, die offen Okkultismus ver­breiteten. Da gab es Die unheimliche Begegnung der dritten Art, Poltergeist, Ghost und eine Fülle anderer. Durch Filme und Videos wird die heutige Jugend zu der unheiligen Dreifaltigkeit von sexueller Unmoral, Rebelli­on und Okkultismus verführt. Einer der heißesten Filme des Jahres 1996 war Der Hexenclub. Diese Geschichte von vier Mädchen, die sich in He­xerei verstrickten, war für Teenager konzipiert.

»Wizards« ist ein Spiel, das in den öffentlichen Schulen Südkaliforni­ens eingesetzt wurde, angeblich um Rechtschreibung zu lehren. Es för­dert jedoch Dämonie und Zauberei und stellt Satan auf witzige Weise als großen Macher und Anführer dar. Ein weiteres okkultes Buch ist Medita­tion für Kinder von Deborah Rozman, das viel Anerkennung und Lob gefunden hat. Mit Verweis auf die Wirkung dieses Buches erklärte die Zeitung San Jose Mercury begeistert: »Erzieher, die bei hyperaktiven Kin­dern einst zu Ritalin und anderen Drogen griffen … setzen nun tägliche Meditationsübungen ein – mit positiven Ergebnissen.«

Ein Buch, das den christlichen Glauben darstellt, wäre in den USA an öffentlichen Schulen nicht erlaubt, weil die Trennung von Kirche und Staat in diesem Fall geltend gemacht würde. Aber Rozmans Buch wird allgemein gut geheißen, obwohl es grundlegende religiöse Praktiken des Hinduismus lehrt und Paramahansa Yogananda gewidmet ist, »da einige der Übungen und ein großer Teil der Inspiration zu diesem Buch von ihm stammt«. Seine grundlegende Prämisse ist »die göttliche Natur der Kind­heit«, und sein ausdrücklicher Zweck ist, »Kindern von überall … zu ei­ner Entwicklung zu ihrer spirituellen Bestimmung« zu verhelfen. Das Buch ist ein Kompendium von unverhohlenen Symbolen und Praktiken des Hin­duismus, vom Singen des »Om« und Yogaübungen bis hin zur Selbstver­wirklichung. Doch das East-West-Journal sagt: »Das Fehlen eines religiö­sen Standpunktes macht dieses Buch zu einem exzellenten Lerninstrument.«

 

Ein todbringendes Übel, eine zerstörerische Verschwörung

Okkultismus ist stets mit Unmoral und sexueller Perversion verbunden. Gegen den Willen der Eltern werden an Schulen Kondome verteilt und die Kindern im »Safer Sex« unterwiesen. Die Empfehlung von Verzicht auf vorehelichen Verkehr als bester Schutz wird als religiöse Vorstellung abgewiesen. Doch sogar säkulare Studien haben gezeigt, dass voreheli­cher Verkehr die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine spätere Ehe in der Scheidung enden wird. Das ist genau das Gegenteil dessen, was heute propagiert wird und was jene meinen, die vorehelichen Sex praktizieren.

Eine der todbringendsten Sexualpraktiken ist die Homosexualität. Wer in ausschließlich homosexuellen Kreisen verkehrt, wird sich mit einer 1000­fach höheren Wahrscheinlichkeit AIDS zuziehen als ein Heterosexueller. Homosexuelle Praktiken umfassen die übelsten Ausgeburten pervertier­ter animalischer Fantasie. 37 % der Homosexuellen praktizieren Sado­masochismus.

Wer sich gegen Homosexualität ausspricht, wird als borniert denun­ziert. Doch allein die Statistiken sollten bei jedem zu einer ablehnenden Einstellung führen. Der Volksprotest gegen diese tödliche Gewohnheit sollte weit lauter sein als der Protest gegen Rauchen. Das mittlere Ster­bealter ist bei verheirateten heterosexuellen Männern fast doppelt so hoch wie bei Homosexuellen: 75 Jahre im Vergleich zu 39. Nur 1 % der Homo­sexuellen wird älter als 65. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei verheirateten Frauen ist 79 Jahre, im Vergleich zu 45 Jahre bei Lesben. Die Selbstmordgefahr ist bei Homosexuellen um 87 % höher als bei He­terosexuellen und sie sterben mit einer um 23 % höheren Wahrschein­lichkeit an Herzinfarkt. Aufgrund dieser Fakten ist es allgemein verwerf­lich, für Homosexualität einzutreten.

Diese Zahlen werden jedoch von der Öffentlichkeit ferngehalten. Die Politiker sind eingeschüchtert und müssen sich unter die Wählermacht der Schwulen und Lesben beugen. Das gilt insbesondere für die Clinton-Regierung. Immer mehr religiöse Führungspersonen, Katholiken wie Protestanten, lassen Homosexualität als rechtmäßig gelten. Billy Graham hat sie als Sünde bezeichnet, doch andererseits schweigt er praktisch zu diesem Thema. Während seiner Evangelisation in Portland (Oregon) vom 23. – 27. September 1992 forderte Graham zu Neutralität in politischen Streitfragen auf. Er weigerte sich, zum staatlichen Gesetzesvorschlag 9 Stellung zu nehmen, der die Regierung davon abhalten würde, »Homo­sexualität zu fördern, zu verbreiten oder zu erleichtern«.

Besorgte Konservative rufen zu einer »Rückkehr zu traditionellen ethi­schen Werten« auf. Ja sicher, aber welche »Tradition« soll das sein, und aufgrund welcher Autorität? Im gegenseitigen Einvernehmen mit einer anständigen Gesellschaft? Wer definiert diese Begriffe? Wir haben es dringend nötig, auf den Rat Gottes zu achten! Christus sagte: »Ich über­führe und züchtige alle, die ich liebe. Sei nun eifrig und tue Buße!« (Offb 3,19). Man erweist Homosexuellen einen weit größeren Liebesdienst, wenn man sie korrigiert, als wenn man sie »akzeptiert«. Wer diese irrege­leiteten Seelen wirklich liebt, wird sie auf die Bibel hinweisen, die ihr Verhalten als sündiges Greuel für Gott brandmarkt. Wer sie liebt, wird sie flehentlich bitten, mit dieser Sünde zu brechen, die ihnen und ihren »Partnern« nur einen vorzeitigen und schmerzlichen Tod und letztlich die Hölle einbringen wird.

AIDS erfreut sich eines Status, wie er nie zuvor einer hochgradig an­steckenden und tödlichen Krankheit zugebilligt wurde. Anstatt dass sie als todbringende Plage behandelt wird, hat AIDS sich zu einem bürgerli­chen Recht etabliert. Wer AIDS hat, hat damit einen privilegierten Sta­tus und sogar das Vorrecht, seine Infektion geheim zu halten. Die Hygie­negesetze verbieten jedem, der an Krankheiten wie Hepatitis leidet, die Arbeit in einem Restaurant, doch viele AIDS-Kranke üben eine solche Beschäftigung aus. Die Identifikation von AIDS-Kranken, die der gesun­de Menschenverstand eigentlich fordert, ist als »Diskriminierung« unter­sagt, obwohl es das sichere Todesurteil für jemanden ist, der sich infolge dieser unvernünftigen Rücksichtnahme mit dem HIV-Virus infiziert.

Solche kriminelle Dummheit bedroht uns mit einer beispiellosen Ka­tastrophe. Die Verseuchung von Blutkonserven aufgrund von Ignoranz und Fahrlässigkeit führte zu einer großen Zahl von an AIDS gestorbenen Bluterkranken. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen haben sich auch solche mit AIDS angesteckt, die im medizinischen Bereich arbeiten und mit HIV-Patienten zu tun hatten. Kürzlich wurde eine ganze Familie (Eltern und Kinder) von AIDS ausgelöscht. Wie sie sich den HIV-Virus zugezogen haben, bleibt rätselhaft.

Bei den neuesten, Ende November 1997 veröffentlichten Studien wur­den neue Arten des HIV-Virus entdeckt, die weit schwieriger zu identifi­zieren sind, sowie eine epidemieartige Ausbreitung, die schneller voran­schreitet, als zuvor geschätzt, mit mittlerweile 30 Millionen (1 % aller se­xuell aktiven Erwachsenen) Infizierten. Hilfe erhofft man immer noch von einem Impfstoff, obwohl wissenschaftlich erwiesen ist, dass ein sol­cher niemals gefunden werden wird.

 

Homosexuelle: die neue privilegierte Klasse

Sowohl die Medien als auch die öffentlichen Schulen werden von der kleinen, aber militanten Minderheit von Homosexuellen (Umfragen zu­folge ca. 2 bis 3 %) unter Druck gesetzt und stellen so Homosexualität als natürlich und vertretbar dar. Die Türen der Schulen, die christlichen Rednern verschlossen sind, öffnen sich weit für solche, die sich durch Verdrehung der Tatsachen und offensichtliche Lügen für Homosexuali­tät aussprechen. »Project 10« ist nur eines der öffentlichen Schulprogram­me, das darauf ausgelegt ist, Amerikas Kinder für Homosexualität zu öff­nen. Die Kinder werden aufgefordert zu experimentieren, um ihre sexu­elle »Orientierung« oder »Vorliebe« in Erfahrung zu bringen.

In den gesamten USA werden Lesebücher für das erste Schuljahr zur Förderung von Homosexualität eingesetzt (z. B. Papas Freund, das Ho­mosexualität als normal hinstellt, und Heather Has Two Mommies – »Hea­ther hat zwei Muttis« –, die Geschichte eines Kindes eines lesbischen Paares, das durch künstliche Befruchtung zur Welt kam). Eine Schwulen­zeitung prahlte:

Wenn der religiöse rechte Flügel sich schon über Papas Freund auf­regt, Michael Willhoites bahnbrechendes Kinderbuch über einen Jun­gen, der mit seinem schwulen Vater und dessen Liebhaber zusammen­lebt, dann geht Willhoite davon aus, dass sie erst recht in die Luft ge­hen, wenn er den Nachfolgeband Daddy’s Wedding (»Papas Hochzeit«) fertig gestellt hat. Er spricht bereits von sich selbst und seiner Kollegin Leslea Newman, die das gleichfalls umstrittene Kinderbuch Heather Has Two Mommies schrieb, als »antichristliches Zwillingspaar«.

Sich selbst als »antichristliches Zwillingspaar« zu bezeichnen, ist ein Ein­geständnis des antichristlichen Wesens dieser Perversion. Es wird einge­standen, dass die homosexuelle Gesellschaft fest entschlossen ist, die Ju­gend zu pervertieren. Willhoite sagt: »Ihr Denken [das der Eltern] können wir vielleicht nicht ändern, aber wir können zumindest einen Schuss auf sie abfeuern, indem wir das Denken ihrer Kinder ändern.«  Das ist ein unab­sichtliches Eingeständnis, dass entgegen ihren Behauptungen niemand homosexuell geboren wird, sondern dass man zu dieser Sünde verführt wird.

Die homosexuelle Propaganda verbreitet zahlreiche Lügen. Der Ho­mosexuelle wird als weit liebevoller und freundlicher dargestellt als der Durchschnittsbürger. Wenn das stimmt, warum beharren dann Homose­xuelle in einem Verhalten, das sowohl für ihre »Partner« wie auch für die ganze Bevölkerung lebensbedrohlich ist? Eine weitere Lüge ist die Be­hauptung, AIDS sei nicht wirklich ansteckend. Warum gibt es dann eine AIDS-Epidemie? Dr. John G. Barlett, Leiter der Abteilung für Infekti­onskrankheiten am John Hopkins Hospital, hat AIDS in Wirklichkeit als »die tödlichste Epidemie der Geschichte«
bezeichnet. Dann gibt es den cleveren Missbrauch von Statistiken, dass sich mehr Hetero- als Homo­sexuelle an Kindern vergehen. Ja, auf die 98 % der heterosexuellen Be­völkerung fallen mehr Sexualvergehen als auf die 2 % der Homosexuel­len. Diese Minderheit von 2 % ist jedoch stets für ein Drittel bis die Hälfte allen sexuellen Kindesmißbrauchs verantwortlich und sieht diesen auch noch als normales Verhalten an. Die bis heute ausführlichste Studie über männ­lichen Kindesmißbrauch zeigt, dass Homosexuelle durchschnittlich 7,5-mal so viele Sexualdelikte an Jungen verüben wie Heterosexuelle an Mädchen.

Ein hauptsächliches Ziel einer Schwulenvereinigung (National Gay Task Force) ist die Aufhebung aller Gesetze zur Einschränkung von Min­derjährigen. Schockierende Tatsache ist, dass NAMBLA (die »Nordame­rikanische Liebesvereinigung für Beziehungen zwischen Männern und Jungen«), die ausdrücklich für Pädophilie eintritt, in einer Kirche ge­gründet wurde. Daran war eine Reihe von katholischen wie protestanti­schen »christlichen« Führungspersonen beteiligt, die ihre Stimme zuguns­ten dieser Perversion abgaben. Traurigerweise ist ein bedeutender Pro­zentsatz der Pädophilen römisch-katholische Priester.

Vom 29. Mai bis 1. Juni 1997 fand in Disney World in Orlando der siebte Jahrestag der Schwulen und Lesben statt. In Werbeanzeigen wa­ren Mickey Mouse und Donald Duck Hand in Hand abgebildet, die an einem Schild mit der Aufschrift »Schwulentag in Disney« vorbeispazier­ten. Die Veranstaltung zog 60.000 »Schwule, Lesben, Bisexuelle und ihre Familien« an, im Vergleich zu 30.000 im Vorjahr. Wie böse ist es doch, Kindern eine sexuelle Perversion zu empfehlen, die die Lebenserwartung voraussichtlich halbiert!

Im Rahmen der Festivitäten zur Begrüßung der Clinton-Regierung in Washington DC. im Januar 1993 fungierte die US-Hauptstadt als Gast­geber eines »Homosexuellen-Einführungsballs«, der vom Einführungs­komitee des Präsidenten finanziert wurde und dessen Einladungen das offizielle Siegel des Präsidenten trugen. Über den Köpfen der tanzenden und feiernden Homosexuellen zeigte ein riesiger Videoschirm – unter dem Beifall der Schwulen – Clips aller positiven Aussagen aus Clintons Reden über Homosexuelle. Clinton hat zahlreiche Schwulen und Lesben in Schlüsselpositionen seiner Regierung eingesetzt.

 

Um Ihrer Kinder willen

Nicht lange nachdem Bush und Quayle die Wahl verloren und Clinton und Gore gewonnen hatten, erschien eine Ausgabe des Atlantic Monthly mit einer Titelstory unter der Überschrift »Dan Quayle hatte Recht«. Sie stellte heraus, was jetzt, nach zwei Jahrzehnten Forschung, sogar die So­ziologen zugeben: dass die Auswirkungen von der Zerstörung der Fami­lie katastrophal und verheerend sind. Der zunehmende Spott, der sich gegen heile Familien mit Müttern und Vätern richtet, die um jeden Preis ihre Verbindung der Liebe und Treue erhalten wollen, hat Chaos und Unheil angerichtet. Die Mißachtung biblischer Sexualmoral führt nicht nur zu Scheidungen, allein erziehenden Müttern und Vätern und unehe­lichen Kindern, sondern ist der tiefe Grund der meisten gesellschaftli­chen Probleme, die uns heute große Sorgen bereiten. Auch ein noch so hoher Etat kann weder die von Kriminalität geplagten Städte noch die zerbrochenen Familien heilen, und die »neue Moral« und »alternative Lebensstile«, die von der liberalen Regierung befürwortet werden, ma­chen alles nur noch schlimmer.

Viele christliche Eltern haben den Lügen der Psychologie geglaubt und somit versäumt, ihre Kinder auf liebevolle und biblische Weise mit der nötigen Zucht zu erziehen. Ohne dieses Schutzschild ist dem gefährli­chen Einfluß der Welt nur umso mehr Tür und Tor geöffnet. In vielen Fällen wird der Glaube der Eltern nicht mehr an die Kinder weiterver­mittelt.

Jemand, der in Drogen und Rebellion verstrickt war, aber das Übel erkannte und floh, schreibt:

Ich war ein Kind der 60er, gehörte zur Blumenkinder-Bewegung. Ich erinnere mich, wie aufregend es mir vorkam … zum weltweiten Bünd­nis der Jugend zu gehören, mit einer neuen Vision des Friedens, der Liebe und der Brüderlichkeit, verbunden durch Drogen und Musik.

Anfänglich schien mir alles neu und wunderbar. Am Ende kam et­was ganz anderes dabei heraus. Ich habe Glück gehabt, dass ich da mit intaktem Verstand herausgekommen bin, wenngleich ich Jahre ge­braucht habe, um wieder durchzublicken und von der geistlichen Ge­bundenheit befreit zu werden, in die ich geraten war. Andere Freunde hatten dieses Glück nicht. Tod und Verlust von Verstand und Geist waren an der Tagesordnung. Ich war noch nicht mal ein richtiger Hip­pie – nur ein normales Baptistenkind, das Spaß hatte an Drogen und Spielarten des Satanismus, die ich damals nicht durchschaute …

Ich … staune darüber, wie ich verführt wurde … Ich habe mit Freun­den geredet … und wir haben über diese Zeit nachgedacht … ungläu­big zurückgeblickt, als wären wir eine Zeit lang hypnotisiert gewesen … [Außer den] Drogen … gab es noch eine andere mächtige Kraft … Die Rockbands waren unsere Idole, unsere Gurus … Musik hat sicherlich zur Hinwendung zu Mystizismus, Drogen und dem Geist des Antichristen … beigetragen. Unsere geliebten Beatles wandten sich den östlichen Religionen und den Drogen zu – und wir folgten ihrem Beispiel.

Trotz allen Protests seitens der Eltern sind die Verfechter des Umschwungs fest entschlossen, fortzufahren und ihren spirituellen Fahrplan durchzu­ziehen.
Eltern sollten

1.) tägliche Familienandachten halten und sicher­stellen, dass ihre Kinder Christus persönlich kennen und ihm ihr Leben übergeben und geweiht haben;
2.) darauf achten, dass ihre Kinder dem Herrn aus freier Entscheidung glauben und nachfolgen und dies nicht aufgrund elterlichen oder gemeindlichen Drucks tun;
3.) darauf achten, dass die aufrichtigen Fragen der Kinder beantwortet werden und dass sie auf der Grundlage des Wortes Gottes wissen, was sie und warum sie glau­ben;
4.) wissen, was ihren Kindern auf der Schule beigebracht wird (sei es eine staatliche oder christliche Schule), die Kinder wappnen, um Falschem widerstehen zu können und ggf. die Kinder aus Klassen oder Program­men herausnehmen, die darauf konzipiert sind, ihren Glauben und ihre Moralmaßstäbe zu untergraben;
5.) sorgsam Freundschaften, Aktivitä­ten und andere Einflüsse auf ihr Leben beobachten, die genauso todbrin­gend sein können wie der Einfluß der öffentlichen Schule; und
6.) ernst­lich Gott um Weisheit bitten, die Kinder inbrünstig lieben und alle Zeit zu biblischen Ratschlägen bereit sein, die sie ihnen in Geduld und Liebe mit auf den Weg geben.

Jugendliche sollten vollkommen überzeugt davon sein, dass es aus­schließlich darauf ankommt, was Gott von ihnen denkt und was er ihnen sagen wird, wenn sie eines Tages vor ihm stehen werden. So wie Jim Elli­ot sagte, einer der Märtyrer von Ecuador, der sich als junger Mann auf Kosten einer einträglichen Karriere für das Missionsfeld entschied: »Der ist kein Tor, der hingibt, was er nicht behalten kann, auf dass er gewinne, was er nicht verlieren kann.«

Dem Buch OKKULTE INVASION entnommen von Horst Koch, Herborn, im März 2006

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