Emerging-Church (R.Ebertshäuser)

Wohin führt die „Emerging Church“-Strömung?

Eine Beurteilung des Buches von McManus: Eine unaufhaltsame Kraft

Von Rudolf Ebertshäuser

 

Erwin Raphael McManus veröffentlichte sein Buch „An Unstoppable Force. Daring To Become The Church GOD Had In Mind“ im Jahr 2001; die deutsche Übersetzung erschien 2005 bei Gerth-Medien. Ich habe nur das amerikanische Original gelesen und beziehe mich im folgenden darauf. Das geschieht u. a. deshalb, weil ich die Erfahrung gemacht habe, daß die deutschen Übersetzungen gewisser amerikanischer Autoren (z. B. Rick Warren) von den Verantwortlichen vielfach stillschweigend „geglättet“ werden, so daß Aussagen, die ihnen für das deutsche Lesepublikum zu „gefährlich“ sind, einfach gar nicht oder verharmlosend wiedergegeben werden. Ich übersetze die Zitate deshalb selbst aus dem Englischen und gebe hin und wieder das englische Original in Klammern wieder. Diese Stellungnahme ist Teil meiner Untersuchungen für ein ausführlicheres Buch mit dem Arbeitstitel „Der breite Weg der modernen Evangelikalen“, in dem ich u. a. auf die Lehren von Rick Warren, Bill Hybels, die „Emerging Church“ und die „Neue Spiritualität“ eingehen möchte, und das, so Gott will, 2007 erscheinen soll.

McManus und die „Emerging-Church“-Strömung
Erwin Raphael McManus, etwa Mitte 40, studierter Psychologe und Absolvent eines baptistischen Predigerseminars, ist zur Zeit der leitende Pastor der „Mosaic“-Gemeinde in Los Angeles, einer aus verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzten „postmodernen“ Gemeinde mit vielen Künstlern und über 2000 Besuchern, die der „Emerging-Church“-Strömung zugerechnet wird. Er ist ein viel gefragter Redner, der u. a. auch bei „Willow-Creek“-Kongressen auftritt, und hat mehrere Bücher geschrieben, die fast alle auch auf Deutsch erschienen sind: An Unstoppable Force. Daring To Become The Church GOD Had In Mind (2001), dt. „Eine unaufhaltsame Kraft. Gemeinde, die die Welt verändert“ (2005), Seizing Your Divine Moment. Dare to Live a Life of Adventure (2002), dt. „Gottes Träume leben. Aufbruch in ein heiliges Abenteuer“ (2004), neu hrsg. als Chasing Daylight (2006); Uprising. A Revolution of The Soul (2003), dt. „Aufstieg aus der Asche. Wie unser Glaube Flügel bekommt“ (2006); The Barbarian Way. Unleash The Untamed Faith Within (2005), dt. „Go wild! Schluß mit dem braven Christsein“ (2005), Stand Against The Wind. Awaken The Hero Within (2006).

Bevor wir auf das Buch eingehen, soll zunächst einiges über die „Emerging-Church“-Bewegung gesagt werden, zu der auch McManus gerechnet wird, und die unter amerikanischen evangelikalen Kreisen rasch Einfluß gewinnt. Diese Strömung versteht sich als Vorhut der neu „aufkommenden“ oder „auftauchenden“ (engl. emerging) postmodernen Kirche oder Gemeinde des 21. Jahrhunderts. Sie ist geprägt vom Erbe der „Gemeindewachstumsbewegung“ (Donald McGavran, C. Peter Wagner, Robert Schuller, Bill Hybels, Rick Warren), von dem sie sich allerdings in manchem auch etwas abgrenzt, von der Charismatischen Bewegung, besonders von gewissen Irrlehren über das „Reich Gottes“ und „Lobpreis“, sowie vom geistigen Klima des modernen Evangelikalismus, der der Bibeltreue längst abgesagt hat.

Der „Emerging-Church“-Strömung gehören zumeist jüngere, intellektuell geprägte Absolventen von Predigerseminaren an, die als Pastoren bzw. Gemeindegründer einen neuen Weg gehen wollen, um die „postmodernen“ Menschen, insbesondere die Generation der 16-30jährigen, anzusprechen. Dabei sind sie selbst von der postmodernen weltlichen Philosophie und Lebenshaltung geprägt. Diese kann man vereinfacht so beschreiben: 

*  Bewußte Abwendung vom Denken der „Moderne“, das von Vernunft- und  
    Wissenschaftsgläubigkeit geprägt war
*  Öffnung für intellektuellen Zweifel, das Irrationale, Gefühle, das Übernatürliche
*  Ablehnung aller absoluten Wahrheiten und „dogmatischen“ Lehraussagen
*  Zweifel an der Fähigkeit der menschlichen Vernunft, zuverlässig zu erkennen
*  hinterfragendes Auflösen aller sicheren Lehraussagen und ihre Umwandlung in einem nur noch relativen Deutungsrahmen („Rekonstruktion“/„Wiedererfinden“/„reimagining“)
*  Gespräch, offener Dialog und Erzählen von bedeutungsvollen Geschichten anstatt lehrhafter Vermittlung und Festsetzung von bestimmten Grundsätzen, Überzeugungen usw.
*  Betonung der Erfahrung, des Gefühls und der mystischen Eingebung gegenüber Lehre und Verstand
*  Betonung des ehrlichen Sich-Selbst-Seins und des „authentischen“ (echten) Lebens gegenüber Normen und Geboten; existentialistische Lebenshaltung

Das sind Denkweisen, Werte und Grundsätze, die zutiefst heidnisch sind und ihre Wurzeln in der griechischen Philosophie und antiken heidnischen Religionen haben. Sie sind keineswegs etwas Neues unter der Sonne; sie waren im 20. Jahrhundert bereits von Existentialisten, Hippies und New-Age-Anhängern propagiert worden. Daß das nachchristliche Neuheidentum einen solchen Relativismus immer anziehender findet, hat nicht nur etwas mit dem offenkundiger werdenden Bankrott der weltlichen „Vernunftreligion“, des Rationalismus mit seiner naiven Wissenschaftsgläubigkeit, zu tun. Es hängt auch damit zusammen, daß die Weltgeschichte mit immer rascheren Schritten auf das Kommen des Antichristen zugelenkt wird, und für den Eintritt in dieses Neue Zeitalter (New Age) bereitet der Gott und Fürst dieser Welt seine Anhänger vor, indem er sie zunehmend öffnet für Mystik, falsche Propheten und falsche Wunderzeichen.

Die Religion und das Denken in der antichristlichen Endzeit müssen, wenn man die Bibel daraufhin studiert, offen sein für mystische Geistererfahrungen, Wunder und falsche „Botschaften von Gott“. Wenn alle Wahrheit relativ ist, dann gibt es auch viele verschiedene Wege, die alle gleichberechtigt zu dem „Gott“ dieser Welt führen. Die Postmoderne führt auf religiösem Gebiet zur Gleichberechtigung aller religiösen Überzeugung und darüber hinaus zu religiösen Einheit aufgrund einer gefälschten mystischen „Gotteserfahrung“. Damit ist die Verbindung mit den verschiedenen New-Age-Lehren vorgegeben.

Die Verfechter der „Emerging-Church“-Bewegung sind sich bei allen unterschiedlichen Ausprägungen darin einig, daß die Bibel für sie nicht mehr die verbindliche, völlig genügende Grundlage und Norm für all ihr Glauben, Denken und Leben ist. Ohne es deutlich zu formulieren, nehmen sie den Standpunkt von Barth, Bultmann und anderen bibelkritischen Theologen ein, der besagt, daß die Bibel nicht die völlig genügende, vollkommene Selbstoffenbarung Gottes ist, das „Wort der Wahrheit“, auf das wir im Glaubensgehorsam unser ganzes Leben bauen können, sondern daß sie angeblich nur „Gottes Wort enthält“, daß sie ein „Mythos der Gemeinde“ ist – „erhaben“, „bedeutsam“, aber nur Rohstoff für das Denken und die Religion, nicht vollkommene Norm. Die Anhänger der „Emerging Church“ suchen in Abgrenzung zum „modernen“ Christentum nach einer „alten“, „ursprünglichen“, „aufs Wesentliche zurückgeführten“ Spiritualität, aber ohne die Bindung an die Bibel landen sie nur bei Anleihen an die katholische heidnische Falschreligion oder an die heidnische Spiritualität des New Age.

Die postmodernen „Jesus-Nachfolger“ reden noch von „Glauben“, von „Leidenschaft für Jesus“, von Opfer und brennendem Einsatz für „das Evangelium“ – aber sie haben die Grundlage des echten, biblischen Christentums bewußt verlassen, sie haben dem ein für allemal den Heiligen überlieferten Glauben (Jud 3) abgesagt. Sie basteln sich einen falschen „Jesus“ aus den Evangelien zurecht, verwerfen aber das Wort des erhöhten Herrn in der Lehre der Apostel. Ihre Abneigung gegen jede Art von Lehre überdeckt die Tatsache, daß sie die gesunde Lehre und das wahre apostolische Evangelium verlassen haben. Die „mutigeren“ unter ihnen haben bereits die Lehre des stellvertretenden Sühnopfers Jesu Christi, des erlösenden Blutes, der realen Hölle und ewigen Verdammnis für alle Ungläubigen offen verworfen; andere, wie McManus, die noch unter konservativen Evangelikalen wirken wollen, begnügen sich mit in Frage stellenden Bemerkungen (s. u.). Weit verbreitet ist die Irrlehre, daß auch Angehörige anderer Religionen ohne Glauben an Jesus Christus gerettet werden könnten (so hat es neuerdings auch Billy Graham geäußert). Manche Sprecher der „Emerging Church“, wie z. B. Brian McLaren, halten verschiedene Wege zu Gott für legitim.

Eine Gemeinsamkeit der „Emerging-Church“-Leute besteht darin, daß sie eine konsequente Anpassung an die Kultur und Denkweise ihrer postmodernen Zielgruppe für wichtig halten. Das bedeutet Übernahme der weltlichen, gottlosen Pop- und Rockkultur, Einsatz von Videos, Tanz, Theater, moderner Kunst und Internet. Sie sind stark auf „Erfahrung“ und „Erlebnis“ ausgerichtet und meinen, Fernstehende vor allem durch das Erlebnis „authentischer Gemeinschaft“ erreichen zu können. Sie sind meist stark mystisch orientiert, d. h. sie suchen eine heidnisch geprägte religiöse Erfahrung der „Gegenwart Gottes“, die u. a. in Meditation und Stille erfahrbar sei. Sie greift in ihrer Praxis viele verführerische katholische Praktiken auf, so z. B. die Benutzung von Weihrauch, Kerzen und Bildern in den „Gottesdiensten“, bis hin zur Meditation und „Anbetung“ vor Ikonen. Es ist durchaus folgerichtig, daß diese Strömung offen ökumenisch ist und die Vermischung verschiedener christlicher und teilweise auch nichtchristlicher religiöser Ansätze befürwortet.

Die „Emerging-Church“-Strömung ist in den USA zunehmend mit der verführerischen Strömung der „Neuen Spiritualität“ verbunden, die von den katholischen Priestern Thomas Merton und Henri Nouwen, von dem Quäker Richard Foster und anderen (Brennan Manning, Dallas Willard, Tony Campolo z. B.) geprägt wurde. Der Kern der „Neuen Spiritualität“ ist die Suche nach einer intensiven Beziehung mit Gott über das „kontemplative [= betrachtende, meditative] Gebet“ und verschiedene Meditationstechniken, die alle darauf hinauslaufen, mithilfe von „Mantras“ (d. h. ständig im inneren Gebet wiederholten Wörtern; vgl. Mt 6,7) oder mit Atemtechniken den Verstand zu entleeren und auszuschalten, damit eine „Gotteserfahrung” erreicht werden kann. Das ist nichts anderes als die heidnische Mystik des Zen-Buddhismus oder Hinduismus in einem „christlichen“ Gewand. Auf diesem Weg kommt es zu dämonisch gesteuerten „Geisterfahrungen“, aber nicht zur Gemeinschaft mit dem wahren Gott. Die Verfechter der „Neuen Spiritualität“ treten folgerichtig vielfach dafür ein, daß es verschiedene Wege zu Gott geben kann und daß die Mystik der Buddhisten oder Moslems ebenfalls echte Gottesbegegnungen ermögliche.

Die Strömung der „Emerging Church“ hat eine stark verführerische Anziehungskraft vor allem auf jüngere, intellektuelle, nicht wirklich wiedergeborene Christen im evangelikalen Umfeld. Besonders evangelikale „Gemeindeleiter“ und „Gemeindegründer“ werden von ihrer Botschaft angesprochen, sowie vor allem Jugendmitarbeiter in evangelikalen Gemeinden, denen der mystisch-ursprüngliche Ansatz der „Emerging Church“ empfohlen wird, um junge Leute zu angeln. Sie wird in Deutschland vor allem von Ulrich Eggers („Aufatmen“) und der „Stiftung Christliche Medien“ gefördert, in deren Brockhaus-Verlag viele entsprechende Bücher erschienen sind. Zu den wichtigsten Vertretern in den USA gehören neben Erwin McManus auch Brian McLaren, Dan Kimball, Leonard Sweet, Tony Jones, Rob Bell, Donald Miller, Spencer Burke, Doug Pagitt, Chris Seay.

Wichtige Aussagen des Buches „Eine unaufhaltsame Kraft“
Das Buch „Eine unaufhaltsame Kraft“ handelt davon, wie nach der Sicht von Erwin McManus die Gemeinde wieder zu einer bestimmenden und umwälzenden Kraft in der heutigen Kultur und Gesellschaft werden kann. Er hält dazu eine radikale Umformung (engl. transformation) für nötig. Er will die Gemeinde von Verkrustungen und Traditionen befreien und sie angeblich zu der Kraft und Authentizität (Echtheit) der Apostelzeit zurückführen; andererseits fordert er eine radikale Anpassung an die heutige postmoderne Denkweise und Kultur. Nur so könne die Gemeinde verhindern, daß sie ihren Einfluß auf die suchenden Menschen verliere und allmählich aussterbe. Sie müsse wieder neu erkennen, daß es ihre Berufung sei, der Welt zu dienen und die Welt durch ihren Dienst zu verändern. Dabei müsse sie sich von erstarrten Dogmen befreien und ganz neu herausfinden, wie man die Kreativität und Begabung der Menschen freisetzen könne und ihre Bedürfnisse nach Gemeinschaft und echtem spirituellem Leben erfüllen könne. McManus setzt sich für ein radikales, „ganzheitliches“ (holistic) Christsein ein, das einen bestimmenden Einfluß auf die Kultur und Gesellschaft des 21. Jahrhunderts ausübt.

Das hört sich vordergründig interessant an und spricht manchen modernen, besonders jüngeren Christen sicherlich aus dem Herzen. McManus hat eine provozierende, intellektuell anregende, halb-literarische Art zu schreiben; er verwendet auffällig viele sprachliche Bilder (Metaphern) und bringt eine Menge „kreativer“ Gedanken vor, an denen manches dem Leser zunächst richtig erscheint. Insbesondere kritisiert er die heutige „Christenheit“ mit sehr radikalen Worten; sie sei zu einer Institution und einer menschlichen Religion verkommen, während Jesus ursprünglich eine „Revolution“ und eine „Bewegung“ beabsichtigt hätte. Er kritisiert die Ichbezogenheit, Selbstzufriedenheit und Passivität vieler heutigen Christen, ihren Mangel an Opferbereitschaft und Glaubensmut und ruft zu einer Neubesinnung und „Erweckung“ auf, und in all dem könnte man ihm zustimmen. Aber wenn man die Aussagen dieses Buches tiefergehend erfaßt und biblisch nüchtern prüft, muß man feststellen, daß McManus nicht nur die satte, selbstzufriedene Laodicäa-Namenschristenheit angreift, sondern die Grundlagen des biblischen Christentums überhaupt.

In diesem Zusammenhang sollte auch eine Äußerung von McManus aus einem Interview mit dem Christian Examiner aufwachen lassen, wo er sagt: „Mein Ziel ist es, das Christentum als eine Weltreligion zu zerstören und als ein Katalysator zu wirken für die Bewegung von Jesus Christus. Manche Leute regen sich über mich auf, weil es so klingt, als sei ich antichristlich. Ich denke, sie könnten recht haben.“ [hier das englische Original: “My goal is to destroy Christianity as a world religion and be a recatalyst for the movement of Jesus Christ. Some people are upset with me because it sounds like I’m anti-Christian. I think they might be right.”]

Wahre, von Gott geschenkte Erweckung und Erneuerung bedeutet immer eine Umkehr zu Gottes Wort und den ewigen Grundsätzen und Lehren der Heiligen Schrift. Aber McManus tritt in seinem Buch letztlich für einen bewußten Bruch mit den Grundsätzen des biblischen Evangeliums und des biblischen Gemeindelebens ein. Er will eine andere Gemeinde, die die Fundamente des biblischen Christentums hinter sich läßt und zu neuen, noch nicht klar sichtbaren Ufern aufbricht. Vieles in seinem Buch läßt erkennen, daß sein Modell einer „postmodernen Gemeinde“ letztlich von heidnisch-weltlichen Philosophien und New-Age-Mystik geprägt wird. Einige seiner Grundgedanken sollen im folgenden kurz skizziert und der Lehre der Bibel gegenübergestellt werden:

1. Eine falsche Lehre über Gott, die Gemeinde und die Welt:

Die Bibel lehrt, daß die wahre Gemeinde aus der Welt herausgerufen und herausgerettet ist, daß sie als ein heiliges Priestertum abgesondert für Gott lebt und sich nicht eins machen darf mit der gottfeindlichen, sündenverseuchten Welt. McManus jedoch vermittelt eine völlig unbiblische, verkehrte Sicht, die vom New-Age-Denken und weltlicher Ökologie geprägt ist. „Nach der Schrift ist alles miteinander verbunden, und jede Handlung hat zumindest eine gewisse Wirkung auf das Ganze. Auf dieselbe Weise ist die Gemeinde Teil des Ganzen; sie wird von der Welt um sie herum beeinflußt und ist ihrerseits berufen, die Welt zu beeinflussen, in der sie existiert. Allzu oft erkennt die Gemeinde nicht, daß sie ein Teil eines größeren gesellschaftlichen und spirituellen Ökosystems ist, und daß ihre Rolle darin besteht, gerade das Element zu sein, das in diesem ökologischen System Gesundheit bewirkt“.

Diese Lehre, daß das ganze Universum eins und miteinander verbunden sei, ist eine der Fundamente des New-Age-Denkens. Die Anwendung auf die Gemeinde ist klare Irrlehre. Die Gemeinde ist gerade nicht Teil der Welt und auch niemals berufen, die Welt gesund zu erhalten oder gesunden zu lassen. Sie ist nicht von der Welt; sie ist die heilige Braut des Christus. Sie bezeugt der Welt, daß sie unter dem Zorngericht Gottes steht und bald vergehen muß (2. Petrus 3) und ruft Menschen heraus aus dieser Welt (vgl. Joh 17,13-18; Eph 5,25-32; Phil 2,14-16; Tit 2,11-14; 2Pt 1,4; Jak 4,4; 1Joh 2,15-17). Aber diese klare biblische Lehre hat McManus längst hinter sich gelassen; er redet offen davon, man müsse die Gemeinde „neu definieren“.

McManus behauptet, es sei die Berufung der Gemeinde, der Welt zu dienen und dabei sich selbst (und damit vor allem ihre Heiligkeit und Absonderung von der Welt) aufzugeben. „Der einzige Weg, wie Gemeindehäuser über Generationen hinweg gefüllt bleiben können, besteht darin, daß die Gemeinde immer wieder neu lebt und stirbt und wieder geboren wird (…) wenn die Gemeinde zu einem apostolischen Ethos erwacht, wird sie bereit sein, sich selbst wegzugeben, damit andere leben können“ (18/19). „Doch die Gemeinde ist nicht berufen, in der Geschichte zu überleben, sondern der Menschheit zu dienen“. „Das Leben der Gemeinde ist das Herz Gottes. Das Herz Gottes ist es, einer gebrochenen Welt zu dienen“. „Wenn die Gemeinde eine Bewegung ist, wird sie ein Zufluchtsort für eine ungläubige Welt“ (65). Die Bibel sagt aber ganz klar, daß die Gemeinde berufen ist, dem lebendigen und heiligen Gott zu dienen (1Th 1,9) und sich für Ihn zu heiligen (1Pt 1,14-16). Gerade durch ihren heiligen, von der Welt abgesonderten, gottesfürchtigen Wandel ist sie ein Zeugnis für Gott (Phil 2,15; Tit 2,12-14).

Die Gemeinde wird so bei McManus zur Dienstmagd der Welt, die sich der Welt anzupassen hat, um sie durch ihren Einfluß zu „heilen“ und zu „verbessern“. Das ist genau die Lehre der liberalen Theologie und des Glaubensabfalls, aber in neuen, radikal klingenden Phrasen verpackt. Der wahre Gott der Bibel herrscht über die Welt und wird sie einmal blutig richten – der falsche Gott von McManus will die „gebrochene“, „kranke“ Welt durch eine falsche Kirche, die sich mit ihr verschmelzt, reformieren und ihr Leben einhauchen. Für das wahre Evangelium ist das Zorngericht Gottes über alle Sünde und Sünder ein wesentliches Fundament – aber McManus tritt für eine „menschenfreundliche“ Neuorientierung des Evangeliums ein, ganz im Sinne von Robert Schuller, dem Boten des falschen „positiven Evangeliums“: „Wenn wir das Evangelium von Jesus ansprechen, dann scheinen wir irgendwie immer festgefahren zu sein bei der Botschaft von Sünde, Verdammnis und Hölle. Kein Wunder, daß viele Leute meinen, die Kirche habe ihnen nur schlechte Nachrichten mitzuteilen. (…) Was würde passieren, wenn die Leute das Evangelium als eine Botschaft der Hoffnung hören würden und nicht als eine Botschaft des Gerichts?“ (160).

Im biblischen Evangelium gibt es keine Botschaft der Hoffnung ohne die Botschaft des Gerichtes Gottes. McManus spielt beides auf trügerische Weise gegeneinander aus.
McManus stellt kein offen vom biblischen Glauben abweichendes Lehrsystem vor, dazu ist er viel zu gescheit, und das entspricht auch nicht der Methode der „postmodernen“ falschen Lehrer. Aber seine Aussagen über Gott blenden Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit, wie sie die Bibel lehrt, völlig aus, ebenso Seinen Zorn über die gottlose Welt und den einzelnen Sünder. Sein „Gott“ ist der falsche Gott der „bedingungslosen Liebe“ (212), der nur Annahme, Heilung und Befreiung kennt, ein Gott, der nicht herrscht und richtet, sondern angeblich nur danach verlangt, „einer gebrochenen Welt zu dienen“. Wir finden bei McManus verführerische, der Bibel widersprechende Aussagen wie „Gott ist der Wind der Geschichte“ (166) und „Gott ist ein Diener“ (175).

Der „Christus“ dieses Buches ist ein anderer, falscher Christus, dessen sühnendes Blutopfer nirgends wirklich klar genannt wird, dessen Wiederkunft in die weiteste Zukunft verschoben wird und so gut wie bedeutungslos erscheint, weil ja die Gemeinde das Reich Gottes auf Erden bauen soll („ […] mit der Weisheit, daß er womöglich in den nächsten tausend Jahren oder darüber hinaus nicht wiederkommt“ -19). Der „Geist“, von dem McManus angebliche prophetische Gottesoffenbarungen erhält, ist nicht der wahre Heilige Geist, der die Bibel als unfehlbares Wort Gottes eingehaucht hat und jeden Gläubigen durchs Wort zu Christus führt und dann ins Wort immer tiefer hineinleitet, sondern ein falscher Geist, der widerbiblische Offenbarungen gibt und vom Wort wegführt.

2. Abschied von der biblischen Lehre und von der Bindung an das Wort Gottes:

Ohne daß er das offen aussprechen würde, löst sich McManus in seinem Buch radikal von der Grundlage alles bibeltreuen Gemeindelebens, nämlich von der verbindlichen Ausrichtung der Gemeinde auf die geoffenbarte Lehre der Heiligen Schrift. Seine Argumente für eine postmoderne Gemeinde sind praktisch durchgängig aus der modernen Sozialwissenschaft und Philosophie abgeleitet, manches auch aus eigenen Erfahrungen oder kühnen Übertragungen aus der Naturwissenschaft. Geschickt umgeht er die Tatsache, daß der Gemeinde in den Briefen des Neuen Testaments die klare Lehre der Apostel als Leitlinie für alle Zeiten vorgegeben ist.

Stattdessen redet er davon, daß Vieles in der Bibel immer noch ein „Geheimnis“ [mystery] sei, daß Gott unsichtbar sei und wir Ihn nicht klar erkennen könnten. Darin ähnelt er dem Sprachgebrauch der Mystiker und der katholischen Kirche. „Wir wissen, daß es Gott gibt und daß sein Name Jesus ist. Es gibt viele Dinge, die wir nicht wissen, aber was wir wissen, ist genug“ (58). „Und, ganz ehrlich, die Kirche klingt so gewiß in bezug auf alle Dinge. Es scheint gar kein Vielleicht zu geben. Wir handeln, als hätten wir alles kapiert. Wir haben alle Antworten. Wenn du verwirrt bist, dann komm zu uns, wir haben alles auf der Karte eingezeichnet. Es wirkt manchmal so, als gäbe es gar kein Geheimnis, wenn es um Gott oder das Evangelium geht, aber Paulus spricht davon als von einem Geheimnis. Und das letzte Mal, als ich es nachprüfte, war der Gott der Bibel immer noch der unsichtbare Gott“ (59). Hier wird die typische postmoderne Relativierung der absoluten Wahrheit der Bibel über Nebenbemerkungen eingestreut.
Sehr aufschlußreich ist die Aussage von McManus in einem Internet-Interview mit dem RELEVANT-Magazin über sein Verhältnis zur Heiligen Schrift: „Ich baue mein Leben nicht auf das Wort, sondern auf die Stimme Gottes“. An anderer Stelle im selben Interview sagt er: „Unter der Oberfläche dessen, was wie Erfindung, Neuerung und Kreativität aussieht, liegt in Wirklichkeit ein Kern von Mystizismus [a core mysticism], der von Gott hört, und der wird von etwas wirklich Uraltem genährt. … Wir [Mosaic] sind zutiefst mystisch und schämen uns nicht dafür. Worum es uns wirklich geht, ist, uns mit dem Schöpfer des Universums auf einer tief mystischen Ebene zu verbinden“. Die „uralte“ Quelle, aus der dieser Mystizismus (im Griechischen eine Bezeichnung für den Eingeweihten einer okkulten Geheimreligion) gespeist wird, ist nichts Göttliches, sondern die babylonische Mysterienreligion (vgl. Offb 17,4-5)! Zusammen mit der Betonung von Träumen und kreativen Vorstellungen, durch die der Gläubige angeblich von Gott geleitet wurde, zeigen diese Äußerungen, daß McManus die biblische Ausrichtung auf die Heilige Schrift aufgegeben hat zugunsten einer mystisch-charismatischen falschprophetischen Eingebung.

McManus entfaltet seine Ideen so gut wie überall ohne begründeten Bezug auf die Apostellehre, die zeigt, wie Gott Seine Gemeinde haben will – und zwar vom 1. Jahrhundert bis zum letzten ihres Daseins auf Erden! Wenn er die Bibel heranzieht, dann arbeitet er mit willkürlichen, frei erdachten Umdeutungen und Ableitungen. So benutzt er die Entscheidung des Apostelkonzils gegen die Beschneidung der Heiden, um zu „beweisen“, daß die Gemeinde sich den Ungläubigen anpassen müsse, um ihnen den Schritt zu Gott leichter zu machen (87).

Seine Ablehnung von Lehre (die im klaren Widerspruch zum NT steht – vgl. Apg 2,42; Röm 6,17; 1Tim 4,6+16; 1Tim 6,3; Tit 1,9; Tit 2,1; 2Joh 1,9) begründet er mit Aussagen wie „Biblische Auslegung muß missiologisch sein, nicht theologisch … Sie nehmen die Bibel in Dienst, um die Antworten zu finden, die für Ihr Leben erforderlich sind“ (72). Damit meint er, sie müsse einseitig aufs Handeln bezogen sein statt auf begründeter und systematischer Auslegung der Schrift zu fußen, und sie müsse der „Sendung“ der Kirche, wie er sie versteht, untergeordnet sein. Folgerichtig befürwortet er auch das bedürfnisorientierte Predigen, das auf praktische Anwendung ausgerichtet ist statt auf Lehre und Erkennen (126).

Er fordert die Leser auf, alle Annahmen und Voraussetzungen ihres Bibelverständnisses wegzulegen und es zuzulassen, „daß die Bibel ganz neu zu uns spricht“ (188). Damit meint er auch die ganze Frucht der gesunden Lehre, die in der wahren Gemeinde über Jahrhunderte von Gott gegeben wurde. In typischer New-Age-Sprache formuliert er ein „Gesetz“, das der Bibel völlig zuwiderläuft: „Wenn ein neues Paradigma [= Grundsatz, Denkweise, ein typischer New-Age-Begriff, RE] aufkommt, kann unser Wissen im Rahmen des früheren Paradigmas unwesentlich und sogar hinderlich für einen Erfolg im neuen Paradigma werden … die entscheidende Regel, um im neuen Paradigma zu überleben und zu gedeihen, ist die „Zurück-auf-Null“-Regel, die besagt, daß alles auf Null geht, wenn ein Paradigma sich ändert. … Für uns bedeutet das Zurückgehen auf Null, daß wir die Schrift neu in Dienst nehmen und uns zugleich von allen unseren Annahmen in bezug auf Methodologie trennen“ (187/188). Das ist die heidnisch-postmoderne Methode der „Dekonstruktion“, der Auflösung bibeltreuer Lehre, um dann eine Umdeutung an deren Stelle zu setzen. Zugleich fordert er die neuen Führer auf, die Sprache der biblischen Verkündigung entweder als veraltet und untauglich zu verlassen oder ihre Bedeutung neu zu definieren (126), was er selbst auch vielfältig tut.

Was soll nun an die Stelle der biblischen Lehre treten? Nach McManus müssen dies Bilder und Geschichten sein, denn das sei der heutigen postmodernen Kultur alleine angemessen. Er versteigt sich zu der Behauptung: „Die Gemeinde auf eine gänzlich vom Wort geleitete [text-driven] Art zu betreiben bedeutet den Todeskuß für sie“ (17). Stattdessen solle man bedeutungsvolle Bilder (auch im Sinne künstlerischer Darstellungen) und Metaphern (sprachliche Bilder) verwenden. McManus tut dies am laufenden Band. So benennt er die Rolle des Pastors/Gemeindeleiters mit bildhaften Bezeichnungen wie „spiritueller Künstler“ (137), „kultureller Architekt“ (132), „spiritueller Umweltschützer“ (165) – und alle dienen sie dazu, Dinge zu lehren, die völlig von der klaren Lehre der Bibel über den Aufseher oder Ältesten abweichen! Ja, für ihn ist das Kreuz nur noch die „zentrale Metapher“ der Kirche! (33).

Schlimmer noch wird es, wenn McManus die Elemente der von ihm geforderten spirituellen Transformation (ein New-Age-Begriff) bildhaft mit den klassischen esoterischen „Elementen“ (vgl. Kol 2,8 Alte Elberfelder!) Wind (Luft) – Wasser – Holz – Feuer – Erde darstellt. Die dazugehörenden Illustrationen von Künstlern aus der „Mosaic-Gemeinde“ enthalten die entsprechenden chinesischen Schriftzeichen (wie im Taoismus) sowie kleine Symbolbilder, die an das okkulte taoistische Yin-Yang-Symbol angelehnt sind – am deutlichsten die Illustration zu „Wasser“ auf S. 169! Auch hier zeigt sich, daß das Bild [gr. eidolon, das Idol, auch das Götzenbild] das Medium des Satans, des Verführers ist, während die Wahrheit Gottes durch das WORT vermittelt wird. Es ist bezeichnend, daß in der babylonischen Falschreligion das Bild immer wieder ein wesentliches Mittel der Verführung war und ist (Götzenbilder, Mandalas, Ikonen, katholische Kirche).

Der andere Ersatz, den McManus für das Wort und die Lehre der Schrift anbietet, sind Geschichten (stories). In klassischer weltlicher Art definiert er: „Verpackt in den Metaphern einer Gemeinschaft sind die Geschichten. Jede Kultur hat Geschichten, die in ihrer Religion, ihrer Mythologie oder ihren Volkserzählungen eingepackt sind“ (117). Hier setzt er „Geschichten“ im Grunde mit dem griechischen Begriff „Mythen“ gleich und unterstellt, dies sei für alle Kulturen und Völker zutreffend. Im nächsten Schritt stellt er das Wort Gottes auf dieselbe Ebene wie die „Geschichten“ oder Mythen der Heidenvölker: „Die Bibel ist voller großer Geschichten (…) Letztlich ist die Bibel eine große Geschichte (…) Die Geschichte der Bibel ist Gottes Absicht, die Nationen zu sich zu bringen“ (117). Damit steht er auf der Ebene der klassischen Bibelkritiker, die die Bibel ebenfalls mit den Mythen der Völker gleichsetzten. Er verleugnet damit praktisch, daß die Bibel eine inspirierte Offenbarung Gottes ist, die neben objektiv wahrer Geschichte sehr viel Lehre über Gott und Sein Heilshandeln enthält.

McManus treibt diese bibelkritische Haltung weiter, wenn er hinter die Schriften des Neuen Testaments auf die anscheinend „authentischeren“ mündlichen Geschichten zurückgehen will: „Die Gemeinde wurde aus Geschichten heraus geboren [!!]. Die Gemeinde des ersten Jahrhunderts wurde durch die Erzählung geleitet. Es gab kein Neues Testament, es gab keine Evangelien, um die Geschichte von Jesus weiterzugeben. Seine Geschichte wurde Geschichtenerzählern anvertraut. Der christliche Glaube wuchs durch Geschichtenerzählen, nicht durch Text [d. h. fixierte Worte – RE]. Erst später wurden die Geschichten zur Schrift. Wir müssen zwar die Schrift mit größter Hochachtung behandeln, aber wir dürfen auch die Macht der erzählten Geschichte nicht vernachlässigen“ (117/118).

Auch hier übernimmt McManus den bibelkritische Ansatz, der hinter das geschriebene Wort auf eine  „vorliterarische“ mündliche Überlieferung zurückgehen wollte, die angeblich „ursprünglicher“ ist als die niedergeschriebene, und wertet damit das geschriebene Wort ab. Außerdem leugnet er im Endeffekt die große Bedeutung der apostolischen Lehrbriefe, die ja der Gemeinde und dem einzelnen Gläubigen keine „Geschichten“, sondern verbindliche, von Gott inspirierte Lehre vermitteln. Hier zeigt sich wieder die postmoderne Abneigung gegen das festgeschriebene, autoritative Wort, das mit seinem „Es steht geschrieben“ der Infragestellung widersteht.

Es ist nur folgerichtig, wenn statt des biblischen Gebots „Verkündige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen; überführe, tadle, ermahne mit aller Langmut und Belehrung!“ (2Tim 4,2) das Erzählen von Geschichten als Aufgabe der Pastoren und Führer betont wird: „Apostolische Führer sind große Geschichtenerzähler, und sie sorgen dafür, daß die große Geschichte eine zentrale Rolle bei der Formung des Ethos der Gemeinschaft spielt“ (117). Damit sind nicht einmal ausschließlich biblische Geschichten gemeint, sondern auch rein menschliche Geschichten, bedeutungsvolle Erlebnisse aus dem Leben des Leiters oder einzelner Gemeindeglieder. „Geschichten enthalten in sich das Wesen des Ethos. Du kannst entweder zu den Leuten von Gottes Macht reden, oder du erzählst ihnen die Geschichten, die Gottes Macht enthüllen. (…) Großartige Führer sind großartige Geschichtenerzähler. Großartige Gemeinden haben großartige Geschichten. Großartige Geschichten erschaffen eine großartige Zukunft“ (122).

Wir werden hier an die prophetische Aussage in 2Tim 4,3-4 erinnert, die uns warnt: „Denn es wird eine Zeit kommen, da werden sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich selbst nach ihren eigenen Lüsten Lehrer beschaffen, weil sie empfindliche Ohren haben; und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Legenden [gr. mythoi = Geschichten, Mythen] zuwenden.“ Das Wort Gottes warnt uns also vor solchen, die lieber Geschichten hören als das klare Wort Gottes und die gesunde Lehre der Apostel. Diese Warnung finden wir auch in 1Tim 1,3-4 in bezug auf Irrlehrer: „Ich habe dich ja bei meiner Abreise nach Mazedonien ermahnt, in Ephesus zu bleiben, daß du gewissen Leuten gebietest, keine fremden Lehren zu verbreiten und sich auch nicht mit Legenden [mythoi = Geschichten, Mythen] und endlosen Geschlechtsregistern zu beschäftigen, die mehr Streitfragen hervorbringen als göttliche Erbauung im Glauben …“ 

Ohne die biblische Lehre und das biblische Evangelium direkt anzugreifen (er ist immerhin noch bei den „Südlichen Baptisten“ [Southern Baptists] und will dort noch viele beeinflussen), macht McManus immer wieder Äußerungen, die zeigen, daß er die bibeltreue Lehre ablehnt. „Die Idee, daß Menschen ohne Jesus in die Hölle kommen, ging solchen Christen viel zu leicht ein, die nur Christen kannten. Alles beginnt sich zu verändern, wenn die Welt Ihr Freund wird, wenn die Nationen Ihre Nachbarn werden“ (52/53). „Wenn wir vom Evangelium Jesu Christi sprechen, dann kreisen wir irgendwie zwanghaft um die Botschaft von Sünde, Verdammnis und Hölle. Kein Wunder, daß viele Leute das Gefühl haben, die Gemeinde habe nur schlechte Nachrichten für sie“ (160). Nebenbei erfährt man, daß er offensichtlich dafür ist, daß auch Katholiken und Homosexuelle in seiner modernen Gemeinde einen Platz haben sollten (143).

3. Anpassung an die Kultur und das Denken der Welt und eine falsche „Reichgottes“-Lehre:

McManus verwirft die biblische Lehre, daß die Gemeinde von der Welt abgesondert und heilig für Gott leben und dienen soll. Er behauptet, wie wir oben gesehen haben, daß die Gemeinde sich selbst aufgeben müsse, um der Welt zu dienen. Dem entspricht seine Forderung, die Gemeinde müsse ihre Botschaft und ihr geistliches Leben an die vorherrschende Kultur anpassen – angeblich, damit sie die Menschen besser erreichen könne. Er begründet das mit einer völlig falschen Anwendung Darwinscher Gedanken auf die Gemeinde: „Jedes lebende System, das fruchtbar ist und sich vermehrt, muß sich an die Umwelt anpassen, in die es gesetzt worden ist … Die Gemeinde muß sich akklimatisieren an eine Welt, die sich ständig verändert, oder sie wird sich zur Bedeutungslosigkeit oder sogar zum Aussterben verurteilen“ (17).

Das ist ein ganz wichtiger, verführerischer Grundsatz bei McManus und anderen modernen Gemeindewachstums-Lehrern. Völlig im Gegensatz zur Bibel lehrt er, die Gemeinde müsse in ständiger Veränderung existieren und sich immer wieder selbst „neu erfinden“. Damit wird die beständige Bindung an das Wort Gottes und die inspirierten Gemeindeordnungen der Schrift außer Kraft gesetzt. McManus fordert die Leiter auf: „Sie müssen eine klare Theologie der Veränderung entwickeln – eine Theologie, die den Übergang zu Neuem und die Umgestaltung verlangt“ (189). Die einfachen Gemeindemitglieder werden durch die ständigen – von den Führern vorgegebenen – Veränderungen verwirrt und entmündigt und ihrer festen Orientierung beraubt. Nur die Führung mit ihrer „Vision“ und den „großen Träumen von Gott“ hat das Heft noch in der Hand.

Wenn schon der Ausgangspunkt dieser ständigen Veränderungen ein unbiblisches und weltförmiges Gebilde ist, bis in welche Tiefen des Glaubensabfalls wird dann die „Emerging Church“ in 20 Jahren mutiert sein? Die völlig unbiblische Vorgabe der „ständigen Veränderung“ ist ein Mittel auch der modernen Managementtheorien zur Manipulation und Steuerung von Organisationen. Das Ziel ist eine angebliche Höherentwicklung und Selbstvervollkommnung durch ständige bessere Anpassung – und dieses Ziel hat in den Managementlehren eines Peter Drucker oder Ken Blanchard mystische und New-Age-Hintergründe.

McManus fordert die Gemeinde auf, geistliche Ordnungen und Grundsätze des biblischen Gemeindelebens preiszugeben, die er als „Traditionen und kulturelle Vorlieben“ abtut (34). Wie die Vorläufer der „Gemeindewachstumsbewegung“ macht er den modernen ungläubigen Menschen zum Maßstab, an dem sich das Gemeindeleben auszurichten hat. „Wir müssen jedes nicht wesentliches Hindernis beseitigen, das denen gegenübersteht, die Gott suchen, aber ihn noch nicht gefunden haben“ (87). Das bedeute, daß niemand die Kultur hinter sich lassen müsse, in der er lebt (87). Damit leugnet er völlig, daß unsere heutige „Kultur“ völlig gottfeindlich und durch die Sünde verdorben ist. Für ihn ist „Kultur“ ein neutraler, ja ein positiver Begriff. „Eine Kultur ist ein schönes Kunstwerk, das Menschen als seine Leinwand benutzt. Die Formung einer Kultur ist sowohl spirituell als auch natürlich“ (112). Ohne Hemmungen fordert er, man müsse „Anbetung schaffen, die die Kultur ausdrückt, in der wir leben“ (25), und schildert die dämonische Pop- und Rockmusik ganz positiv als Widerspiegelung der heutigen Kultur, als „weltliche Anbetung“ und als das, was in der Erfahrung der Massen einem spirituellen Erlebnis am Nächsten kommt (127).

Er redet von der „aufkommenden [neuen] Kultur“ [emerging culture], der auch die „aufkommende [neue] Kirche“ [emerging church] entsprechen müsse. Diese Kirche müsse eine „Revolution“ und eine „Bewegung“ sein, ständig in Veränderung, um mit der Kultur Schritt zu halten und angeblich die Menschen für Jesus zu erreichen. Er verleugnet damit die Tatsache, daß die Gemeinde ein von Gottes Geist gewirkter Organismus ist, der auf ewigen, seit zwei Jahrtausenden gleichen Grundsätzen aufgebaut ist und nicht dem Diktat dieser Weltzeit und ihrer antichristlichen Entwicklungen folgt, sondern dem ewigen Wort Gottes und dem Herrn, von dem geschrieben steht: „Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit“ (Hebr 13,8). Eine weltförmig gewordene Gemeinde ohne biblisches Fundament, die ein angepaßtes humanistisches Falschevangelium verkündet, hat gar keine geistliche Kraft, sündige Menschen wirklich zur Buße und Wiedergeburt zu führen. Sie kann nur scheinchristliche Mitläufer in ihre Reihen ziehen, die wiederum die Weltförmigkeit und Abfallstendenzen in dieser „emporkommenden Kirche“ nur verstärken. So ist diese Kirche, die da „auftaucht“ und „emporkommt“, zugleich eine geistlich zum Untergang verurteilte Kirche.

Aber McManus geht über die bloße Anpassung an die „postmoderne“ Kultur weit hinaus. Er vertritt in seinem Buch eine uralte, aber sehr gefährliche Irrlehre, die besagt, die Kirche (Gemeinde) sei die führende Kraft der Gesellschaft, die berufen sei, auf allen Gebieten das „Reich Gottes“ voranzutreiben, d. h. auch, es in Politik, Gesellschaft und Kultur ohne Christus und anstelle von Christus aufzurichten. Diese falsche „Reichgottes“lehre hat ihre Wurzeln im frühen Katholizismus, wo sie u. a. von Augustin vertreten wurde. Heute wird sie in radikalcharismatischen Kreisen, von denen McManus eindeutig beeinflußt ist, als „dominionism“ gelehrt und praktiziert; sie ist mit der verführerischen Strömung der „Neuen Apostolischen Reformation“ verbunden. Sie macht aus der von der Welt abgesonderten, leidenden reinen Braut des Christus die weltförmige und machtausübende Hurenkirche, die der weltlichen Macht dient und sie zu beeinflussen sucht.

Das war der Weg der katholischen Kirche seit dem 4. Jahrhundert; das war die Wurzel der „christlich-abendländischen Kultur“, auf die sich McManus positiv bezieht. Es ist eine Verfälschung der wahren Gemeindegeschichte, wenn McManus sagt: „Die Kirche des ersten Jahrhunderts veränderte die Zeit. Sie schrieb die Geschichte neu. Sie beeinflußte die Kultur radikal. Die Kirche lief voraus, nicht hinterher. Und aus dem Einfluß der Kirche kam die größte Kunst, die größte Musik, und die größten Denker“ (66). Das alles trifft nicht auf die Gemeinde des ersten Jahrhunderts zu, sondern auf die Hurenkirche des vierten Jahrhunderts. Die abgesonderte, heilige Gemeinde des 1. Jahrhunderts gewann durch ihr mutiges, der damaligen „Kultur“ völlig entgegenstehendes Zeugnis viele Menschen für Christus und verbreitete das wahre Evangelium. Die Weltkirche nach dem 4. Jahrhundert verriet das Evangelium und beeinflußte die weltliche Kultur und Gesellschaft mit ihrem Namenschristentum. Wie unbiblisch und weltlich McManus denkt, zeigt sich, wenn er als die „größten Denker“ die gottlosen Verführer Voltaire und Nietzsche (!!) sowie Einstein und Hawking nennt.

McManus lehrt, die Gemeinde sei dazu berufen, die führende Kraft in der Gesellschaft zu sein, die Kultur und die Werte (das „Ethos“) der Gemeinschaft zu prägen und umzugestalten, in der sie lebt. Das widerspricht ganz klar der Lehre der Bibel, nach der die Welt (das umfaßt eindeutig die nichtbiblischen Begriffe „Kultur“ und „Gesellschaft“) der wahren Gemeinde unversöhnlich feindlich gegenübersteht, daß sie im Bösen ist und bleibt, bis Christus persönlich wiederkommt, um an ihr Gericht zu üben und Sein Reich selbst als der persönlich herrschende König aufzurichten. Die Lehre von McManus ist eindeutig weltlich und letztlich antichristlich, weil sie Menschen etwas zuschreibt, was sie anstatt Christus vollbringen sollen, das die Bibel nur dem Herrn Jesus Christus selbst zuschreibt. Nicht Menschen, auch nicht „Christen“, können diese Welt zum Guten verändern und Frieden und Gerechtigkeit auf gesellschaftlicher und internationaler Ebene einführen, sondern das kann nur der Herr selbst tun.

Gegen die ausdrückliche Anweisung der Schrift: „Habt acht, daß euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß“ stützt sich McManus bei seinen Lehren auf die griechische Philosophie (er zitiert mehrfach okkult beeinflußte Philosophen wie Sokrates, Heraklit und Platon) und auf die katholischen Irrlehren statt auf die Bibel. Seine heidnischen „Ethos“lehren entbehren jeder biblischen Grundlage und verführen die Gemeinde. Einige Zitate sollen hier angeführt werden: „Ethos: der grundlegende Charakter oder Geist einer Kultur; das zugrundeliegende Empfinden, das die Glaubensüberzeugungen, Sitten und Handlungen einer Gruppe oder Gesellschaft beeinflußt“ (97).
„(…) wir müssen erkennen, daß es gewichtige unsichtbare Mächte gibt, die unser Leben formen. Einige davon hängen mit unserer Beziehung zu den unsichtbaren Königreichen zusammen. Andere sind Teil einer unsichtbaren Macht, die wir Ethos, Kultur oder Umwelt nennen. Viel zu lange haben wir die Stärke dieser unsichtbaren Macht unterschätzt.“ (98/99) „Ethos hat die Fähigkeit, alles in unserem Leben zu beeinflussen und zu formen“ (100). „Kein Reich ist mächtiger als der Ethos. (…) Es ist entscheidend, daß wir [in der Kirche] die Macht des Ethos wieder gewinnen. Wenn wir dies tun, werden wir nicht nur die evangelistische Ausrichtung der örtlichen Gemeinde wiederherstellen, sondern wir werden auch den transformierenden Einfluß hervorbringen, der die Kultur formt und umformt“ (102/103).

McManus verleugnet die biblische Wahrheit, daß das „Ethos“ unserer „Kultur“ von der unsichtbaren Macht des Satans geprägt ist; die Bibel nennt das beim Namen: „in denen ihr einst gelebt habt nach dem Lauf dieser Welt, gemäß dem Fürsten, der in der Luft herrscht, dem Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirkt“ (Eph 2,2) „… die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, … die geistlichen [Mächte] der Bosheit in den himmlischen [Regionen]“ (Eph 6,12).

Für McManus ist Ethos und Kultur neutrales Land, das die Kirche angeblich heute schon führend beeinflussen kann. „Kann die Gemeinde die Kultur erschaffen und formen? Ich bin überzeugt, daß die Antwort ‚Ja’ lautet. Dieses ganze Buch ist eigentlich auf der Überzeugung aufgebaut, daß die Gemeinde genau das tun muß, mehr als irgend etwas anderes“ (101). „[Gottes] höchstes Ziel für die Kirche ist nicht, daß sie der kulturellen Veränderung folgt, wie der Wasserskifahrer dem Boot, sondern daß sie die dynamische, als Katalysator wirkende Gemeinschaft ist, die Veränderung in eine Welt bringt, die den Gott der Veränderung so dringend braucht“ (82). Mit diesen Irrlehren wird die Gemeinde von ihrem eigentlichen Auftrag abgelenkt, ein heiliges Zeugnis für Gottes Heilsbotschaft zu sein und damit Menschen aus der verdorbenen Welt und ihrer völlig verdorbenen „Kultur“ herauszurufen; sie wird zur innerweltlichen Reformkraft gemacht, die letztlich vom Geist dieser Welt gesteuert ist.

Die Irrlehren von McManus gehen darüber noch hinaus. Sie geben der Gemeinde eine völlig unbiblische Schlüsselrolle in den „globalen Veränderungsprozessen“ des 21. Jahrhunderts. Hier wird es ganz gefährlich, denn nach der Bibel ist die „globale Transformation“, die in der Welt heute vor sich geht, die Vorbereitung auf die Herrschaft des Antichristen! Letztlich laufen die großen Worte von McManus darauf hinaus, eine entartete, verweltlichte Kirche zum Werkzeug der Veränderung (change agent) für die weltweiten antichristlichen Entwicklungen zu machen, die unter der Förderung der (völlig antichristlich und New-Age-beeinflußten) Vereinten Nationen ablaufen. Er spricht davon, daß wir angesichts der Globalisierung in der Welt „globale Christen“ mit einer „globalen Verantwortung“ werden müßten (26; 50); das erinnert uns sehr an die New-Age-Parolen vom „globalen Denken“. „Die Welt wartet darauf, daß die Gemeinde noch einmal zu Gottes Urheber der Veränderung [God’s agent of change] wird“ (29).

Das ist niemals der biblische Auftrag der wahren Brautgemeinde; sie wartet auf den wiederkommenden Herrn, der allein wahre Veränderung zum Guten in dieser Welt bewirken kann. Die Kirche, die sich in die heute ablaufenden „globalen Veränderungen“, „Friedenspläne“ und „sozialen Reformen“ einbinden läßt (wie es auch Rick Warren mit seinem PEACE-Plan tut), ist die abgefallene Hurenkirche. Diesen Irrweg haben die liberaltheologischen Kämpfer für das „soziale Evangelium“ (Ökumenischer Weltrat der Kirchen) schon vor Jahrzehnten beschritten, und nun folgen die Aktivisten der „Gemeindewachstumsbewegung“ ihnen nach.

Die Gemeinde, so McManus, habe es versäumt, „eine Armee von Heilern“ zu sein, „die den Planeten [Erde] anrühren“ (30). „Gott beruft uns, Menschenfischer zu werden und Eroberer von Nationen“ (118). In diesem völlig unbiblischen, von extremcharismatischen Irrlehren der „geistlichen Kriegsführung“ beeinflußten Sinn versteht er auch das Reich Gottes, wenn er schreibt: „Die Kirche zu führen bedeutet, das unsichtbare Königreich voranzubringen. Und so wird vieles sichtbar. Du beginnst, die Pforten der Hölle zu sehen. Du beginnst, die Mächte und Fürstentümer zu sehen …“ (37; vgl. S. 43). „(…) der Führer [einer neuen Gemeinde] wird am besten beschrieben als ein Krieger-Dichter, der Gottes Volk dazu führt, das Reich der Finsternis zu besiegen. Solch ein Führer wird Leute aus der Gefangenschaft befreien und sie zur Freiheit Christi führen und wird das Reich Gottes ausweiten (…)“ (130). McManus versteigt sich zu der Aussage: „Die zukünftigen Führer dieser Welt werden von irgendwoher kommen. Sollte es nicht die Kirche sein?“ (183).

4. Eine gefährliche Betonung „apostolischer Leiterschaft“

Mit dem unbiblischen Machtanspruch in Gesellschaft und letztlich auch Politik geht eine ebenso unbiblische Betonung einer „apostolischen Leiterschaft“ einher, die angeblich eine Schlüsselrolle bei der „Erneuerung“ der Gemeinde zu spielen habe. Dieser Begriff wird von McManus schillernd verwendet; er verweist nicht nur zurück auf die Zeit der ersten Apostel, sondern beinhaltet ziemlich deutlich, daß Gott angeblich auch heute wieder „Apostel“ bzw. „apostolische Führer“ berufe, die in ähnlicher Weise wie die ersten Apostel mit Autorität und Geistesgaben ausgestattet seien. „Die Führer der Gemeinde müssen Apostel, Propheten und Evangelisten sein, nicht einfach Hirten/Lehrer“ (61).

Von den „apostolischen Leitern“ wird zwar gesagt, daß sie „servant leaders“ („dienende Führer“) sein sollten, aber in der Praxis wird ihnen eine sehr weitgehende Autorität zugesprochen, durch „Visionen“ und „Träume“ das Volk Gottes zu neuen Ufern zu führen. Dagegen erscheinen die einfachen Gemeindemitglieder mehr als passive, zu führende und zu formende „Basis“, die zwar großen Freiraum in ihrer „Kreativität“ haben soll, die aber erst einmal „transformiert“ (= im Sinne des „neuen Paradigmas“ umgepolt) werden muß.

Der Leiter ist die Zentralfigur; er hat die „Vision“ und soll sie vorleben, um andere nachzuziehen, er empfängt die „großen Träume“ von Gott und begeistert andere dafür, er erkennt die Menschen und führt sie in ihre „Berufungen“ ein, bevollmächtigt und führt sie dazu, ihr volles Potential auszuschöpfen. Von diesen „begabten Leitern“ wird ganz offen ausgesagt, daß sie Menschen magnetisch an sich ziehen werden (vgl. Apg 20,30: „… und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen in ihre Gefolgschaft.“). „Leute, die Masse haben, sind magnetisch … unsere geistliche Dichte wird uns magnetisch machen … Dein Leben hat nun göttliche Triebkraft, und die, welche nach ihm suchen, werden magnetisch zu deinem Leben hingezogen werden“ (78).

Die „apostolischen Leiter“ ersetzen als „neue Apostel“ im Endeffekt die Autorität der ein für allemal gegebenen Heiligen Schriften, die in der sich ständig verändernden und anpassenden „emporkommenden Gemeinde“ keinen wesentlichen Stellenwert mehr haben. Deshalb steht nicht Verkündigung des WORTES im Mittelpunkt, sondern das Reden der prophetisch begabten neuen Führer, durch die die Gemeinschaft zu neuen Horizonten geführt werden soll. „Die Stimme des spirituellen Führers erzeugt, wenn darin das Herz Gottes widerhallt, eine Resonanz in den Herzen derer, die schon nach Gott suchen“ (195). „Der Pastor ist sowohl Prophet als auch Dichter (!!), der die lebendigen Worte Gottes spricht und Briefe schreibt, die atmen und empfinden“ (138). Unter Berufung auf Joel 3 behauptet er, Gott erwähle sich „Visionäre und Träumer“ als Führer; hier zeigen sich eindeutig radikalcharismatische Irrlehren bei diesem Mann, der als Pastor der „Südlichen Baptisten“ auftritt.

Dabei wird auch angeknüpft an Theorien des New Age über Führerschaft und an ihre okkulte Spiritualität. McManus zitiert nicht nur den esoterisch beeinflußten Mangagement-Experten Peter Drucker (S. 20) und Ray Kroc, den Begründer von McDonald’s, sondern er schreibt auch: „Weltliche Leiterschaft ist spirituell“ und führt als positives Beispiel den üblen Okkultisten und Startrainer Phil Jackson an, der mit seiner Mannschaft „Chicago Bulls“ indianische Zauberrituale praktiziert, sowie Steven Job, der anscheinend die Gründung der Computerfirma „Apple“ als eine „Sendung von Gott“ bezeichnet und seine Verkäufer „Evangelisten“ nennt.

McManus formuliert völlig unbiblisch und ohne Unterscheidung der Geister: „Alles, was Führer einmalig macht, ist spirituell … das Wesen ihrer wahren Führerschaft bleibt unfaßbar … Ob in der Geschäftswelt, im Sport, in der Politik oder in der Religion, die Fähigkeit, eine Kultur des Erfolges zu schaffen, wird mit mystischer Sprache beschrieben … Großartige Organisationen haben ein Ethos der Großartigkeit … Großartige Vorstandsvorsitzende schaffen und formen das Ethos. Großartige Präsidenten schaffen und formen das Ethos. Jeder von ihnen ist ein spiritueller Führer“ (134/135).

Genau dieses Ideal eines „spirituellen Führers“ im Sinne der Mystik und des New Age steckt hinter den Lehren von McManus über Leiterschaft. Die demütigen Hirten und Lehrer der „alten“ biblischen Prägung, die sich an das Wort der Heiligen Schrift halten, dieses Wort treu verkündigen und die Herde in Abhängigkeit von ihrem Oberhirten weiden, sind für seine hochfliegenden Pläne geradezu hinderlich. Hier zeigt sich auf die verführerische Gefahr, wenn solche Botschaften vor teilweise noch recht jungen „Nachwuchsleitern“ gehalten werden: Aufgeblasenheit, Hochmut und ein vermessenes Vertrauen auf falschgeistige „Eingebungen“ und „Träume“ können ein böser Fallstrick für manche junge Menschen sein.

5. Verführung zu einer mystischen Welt-Kirche mit New-Age-Prägung

Das Buch von McManus ist insgesamt eine hochgradig verführerische Botschaft, die die Gläubigen aus den bewährten, von der Apostellehre des Neuen Testaments geprägten Bahnen herauslocken soll und sie zu neuen Ufern führen soll, in ein „Neues Zeitalter“, dessen Konturen noch im Nebel bleiben, aber an verschiedenen Stellen schon recht deutlich zutage treten.

Wohin die Reise gehen soll, wird dem wachsamen Leser daran deutlich, daß immer wieder Schlüsselbegriffe des New Age verwendet werden, der okkulten Bewegung des „Neuen Zeitalters“, die die Geheimlehren des Westens mit den okkulten Traditionen der östlichen Völker verbindet und einen mystischen „Christus“ erwartet, den der Bibelleser leicht als den Antichristen entlarven kann. Diese Bewegung redet viel von der „Transformation“ der Kultur und Gesellschaft, von dem neuen Zeitalter der globalen Vernetzung und des globalen Wandels, von einer „Transformation“ des Einzelnen, besonders des Bewußtseins, von der schöpferischen Kraft der Vorstellung und des Denkens, von dem „neuen Paradigma“ (dem neuen Prinzip / der neuen Denkweise), das das „alte Paradigma“ ablösen soll, vom menschlichen Potential, das angeblich auch ins Übersinnliche reicht, von der „neuen Spiritualität“, davon, daß das Leben eine „spirituellen Reise“ sei usw.

Diese Begriffe, die ja vom Denken und den Lehren des New Age geprägt sind, tauchen nun immer wieder im Buch von McManus auf. Einige Beispiele seien angeführt (die meisten kommen öfters vor): Neue Spiritualität (new spirituality – 52); Transformation (transformation – 81); persönliche Transformation (personal transformation 162); spirituelle Reise (spiritual journey – 161; 169); Paradigma (paradigm – 187); holistisch / ganzheitlich (holistic – 27); menschliches Potential (human potential – 108; 110; 181); global (global responsibility – 50; global christians – 26). Ein Bereich soll hier hervorgehoben werden, in denen McManus New-Age-Denken vertritt: die Haltung zum „menschlichen Potential“ und zur „schöpferischen Kraft der Vorstellung“.

Die Bibel zeigt ganz deutlich, daß der natürliche Mensch ein beachtliches „Potential“ hat, aber ein Potential zum Bösen, zur Sünde und Verderbnis! Schon vor der Flut heißt es von dem „menschlichen Potential“: „Als aber der HERR sah, daß die Bosheit des Menschen sehr groß war auf der Erde und alles Trachten der Gedanken seines Herzens allezeit nur böse …“ (1Mo 6,5). Auch ein Paulus muß bekennen: „Denn ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18). Demgegenüber behandelt McManus das „human potential“ ganz im Sinne der damit verbundenen New-Age-Lehren: „(…) wenn wir viele Gemeinden von innen sehen würden, könnten wir sehen, wie die Einzigartigkeit des menschlichen Geistes und das Potential, das Gott in jede einzelne Person gelegt hat, vernachlässigt werden“ (108). „Das Geburtsrecht der Gemeinde ist es, die Quelle der Kreativität und des menschlichen Potentials zu sein“ (110). „Gott ist dabei, das göttliche Potential für sich in Anspruch zu nehmen [to reclaim the divine potential], das er in jede einzelne Person gepflanzt hat“ (180).

Insbesondere die letzte Formulierung zeigt die Verwandtschaft mit den verführerischen Lehren des „Neuen Zeitalters“: dort wird gelehrt, jeder Mensch habe „göttliche Fähigkeiten“, ein „göttliches Potential“ in sich, das entfaltet werden müsse. So steht es auch in der Selbstbeschreibung der von McManus gegründeten Bewegung AWAKEN: „In der Überzeugung, daß die Welt von Träumern und Visionären verändert wird, dient AWAKEN dem Ziel der Geschichte, indem es das göttliche Potential in jedem menschlichen Wesen maximal entwickelt“ [Convinced that the world is changed by dreamers and visionaries, Awaken serves the purpose of history by maximizing the divine potential in every human being. – so nach WIKIPEDIA].

Wie im New Age und radikalcharismatischen Irrlehren auch, wird bei McManus dieses „göttliche Potential“ in Zusammenhang mit der Vorstellungskraft (imagination), mit Träumen und Visionen gesehen, durch die der Mensch angeblich die Realität verändern und für sich erschaffen könne. „Eine Person, die geistlich gesund ist, träumt große Träume mit Gott“ (109), stellt er fest. Unter Bezug auf Joel 3 und charismatische Lehren fragt er: „Was würde von geistlicher Leiterschaft verlangt werden, wenn wir uns als Visionäre und Träumer verstehen würden? (…) Die Gemeinde sollte ein Ort sein, wo Träumer gefördert werden und Visionen verwirklicht werden. Das apostolische Ethos ist eine Sache des Staunens und der kindlichen Neugier, ein Ort, wo Ideen geschätzt werden und wo eine geistinspirierte Vorstellungskraft freien Auslauf hat“ (139).

Aber seine Lehren über die angebliche schöpferische Kraft der Vorstellung gehen noch eindeutiger in den Bereich okkulten und magischen Denkens hinein: „In Ihrem Vorstellungsvermögen [imagination] haben Sie unbegrenzte Hilfsquellen, unbegrenzte Leistungsfähigkeit und einen unbegrenzten Einflußbereich [!!]. In mancher Hinsicht sind wir im unserem Vorstellungsvermögen am meisten Gott ähnlich. (…) wenn unsere Herzen mit Gott verbunden sind, kann unsere Vorstellung der Geburtsort der Träume Gottes für unser Leben werden. So lädt uns der Herr ein: ‚Ruft mich an, und sich werde euch Dinge zeigen, die Ihr euch nicht erträumen oder vorstellen könntet.’ Ich bin überzeugt, daß unsere Vorstellungskraft das Spielfeld Gottes ist, ein Platz, an dem Gott uns begegnet und uns eine Zukunft zeigt, die er durch uns erschaffen kann. Welche Träume hat Gott in Ihr Herz gelegt? Haben Sie es ihm erlaubt, Sie in Ihrer Vorstellung an Orte zu führen, an die er sie jetzt in der [realen] Geschichte führen will? Wenn Gott träumt, formt sich die Wirklichkeit. Wenn wir von Gott [geleitet] träumen, dann werden wir selbst transformiert und werden zu Urhebern der Transformation. Ein apostolisches Ethos ist eine Eruption der Kreativität. Es wird zur Quelle des Idealen und Imaginativen“ (182/183).

Diese Lehren haben nichts mit der Lehre der Bibel zu tun. Wohl aber finden wir solche Gedanken bei dem Irrlehrer Robert Schuller, der davon sprach, daß Gott uns „einen neuen Traum geben“ wolle, „der das Reich baut“, und bei Schullers Vorbild, dem Freimaurer Norman Vincent Peale, der z. B. schrieb: „Ihr unbewußter Geist … [hat eine] Kraft, die Wünsche in Wirklichkeit verwandelt, wenn die Wünsche stark genug sind“ (zit. n. Hunt, Okkulte Invasion, S. 117). Wir finden sie bei charismatischen Irrlehrern wie Yonggi Cho und bei allen Arten von Schamanen und Okkultisten. Das New Age lehrt, die Menschen seien Götter, die sich mit ihrem eigenen Geist ihre eigene Realität erschaffen könnten (vgl. Hunt, Okkulte Invasion, S. 9).

Letztlich steckt hinter McManus’ Forderung nach ständiger Veränderung der Gemeinde auch der New-Age-Gedanke von einer spirituellen Höherentwicklung durch Transformation, nicht nur in bezug auf Einzelne, sondern auf die ganze Gemeinde, und dieser Gedanke ist pure Verführung und ganz gegen die Lehre der Bibel gerichtet: „Das letzte Ergebnis des Veränderungsprozesses ist nicht die Einführung irgendeiner einzelnen Veränderung, ganz gleich wie wichtig sie sein mag. Es besteht darin, das Volk Gottes durch eine Reise zu bewegen, die sie vom Übergang zur Transformation [Umgestaltung] führt“ (198). „Wir dürfen nicht zufrieden sein, bevor wir in eine explosionsartige globale Transformation eintreten, die dem herausfordernden Auftrag gerecht wird, die uns anvertraut wurde“ (48).

Mit mystischen, vagen und verführerischen Worten lädt McManus seine zumeist jüngeren Leser ein, sich auf eine „spirituelle Reise“ zu begeben, die sie weit weg führt von dem biblischen Herrn Jesus Christus und von der wahren Gemeinde Jesu Christi: „Der weite Ozean des Unbekannten kann nur befahren werden mithilfe des Kompasses eines uralten Textes. Die Karten, die dich leiten, widerspiegeln eine edle Vergangenheit, die willig ist, den gegenwärtigen Kontext zu entziffern. Die Reise, zu der du aufgebrochen bist, sucht nicht nach der Welt, die du bisher gekannt hast, sondern nach den Geheimnissen der zukünftigen Textstrukturen [textures]“ (10). „Eine Bewegung beginnt. Sie mißachtet die Tradition. Seltsam heilig und zugleich frevlerisch. Ohne Titel oder Privileg. Revolutionär. Aus der Unbekanntheit in die Geschichte. – Eine Bewegung beginnt. Gegen alle Wahrscheinlichkeit. Unaufhaltsam. Alles in Frage stellend und nur Gott verantwortlich“ (11). Diese Worte sind nicht vom Heiligen Geist Gottes, vom Geist der Bibel geprägt; sie sind aus einem fremden, mystischen, heidnischen Geist. Wohl dem, der noch die Geister unterscheiden kann!

Was McManus an heidnischen Irrlehren in bezug auf die Gemeinde zu Papier gebracht hat, bringt er in seinem Buch The Barbarian Way. Unleash the Untamed Faith Within [w. „Der Weg des Barbaren. Entfessele den ungezähmten Glauben, der in Dir steckt“; dt. Titel: „Go Wild! Schluß mit dem braven Christsein“] im Hinblick auf das nachchristliche „Glaubensleben“ zum Ausdruck. Hier verwirft er bewußt das biblische, von Bewußtheit und Nüchternheit (1Tim 3,2; Tit 2,2), Selbstbeherrschung (Gal 5,22; Tit 1,8), Geisteszucht (2Tim 1,7) und Anstand (Röm 13,13; 1Th 4,12) geprägte geistliche Leben und stellt dem Leser das verführerische Bild eines heidnisch-keltischen „mystischen Kriegers“ vor Augen. Er wirbt für einen „ungezähmten“, „urtümlichen“, rohen und wilden „Glauben“, den er im Vorbild der heidnischen Barbaren findet, der wilden Kriegervölker, die zwar Mut und Kraftentfaltung aufweisen, aber auch Grausamkeit und Verschlagenheit, übelsten okkulten Götzendienst und böse Mißachtung des Nächsten. Bei McManus wird dieses heidnische Kriegertum idealisiert und die verführerische Losung ausgegeben: „Wir müssen den Mut und die Freiheit finden, wir selbst zu sein!“

In einem Interview redet McManus davon, daß es im menschlichen Geist etwas gebe, das sich danach sehne, ein edles, heroisches Leben zu führen. Seine Vorstellung von „Heldentum“ ist aber heidnisch und damit antichristlich. Im Buch schreibt er: „Der Barbar ergreift den gefährlichen Ruf Gottes zu einem Abenteuer“. Zu dem „barbarischen Weg“ gehört nach McManus auch, daß ein gewisses Maß an Geistesgestörtheit [insanity] vorkommen kann und daß Gläubige von Gott „um den Verstand gebracht“ würden. Hier finden wir wieder den Einfluß extremcharismatischer und mystischer Irrlehren. Tatsächlich wirbt er wiederholt für einen mystischen Weg und behauptet, wir müßten „mystische Krieger“ werden. Er behauptet völlig zu unrecht: „der Glaube der Schriften ist ein mystischer Glaube“.

Diese üble Vermischung von brutalem Heidentum und angeblicher „Jesusnachfolge“ geht einher mit einer verzerrten und verächtlichen Darstellung des „zahmen“ „zivilisierten“ echten biblischen Christentums, das Sanftmut und Eifer, Besonnenheit und Glaubensmut, Zucht und Hingabe ausgewogen miteinander verbindet. Lästerlich wird es, wenn er dem Herrn Jesus und den Aposteln anhängt, sie seien „barbarisch“ gewesen. Seiner Feindseligkeit gegen das biblische Christentum läßt er offen Lauf: „Der Weg von Jesus ist viel zu wild für ihre [der gezähmten Christen] Empfindlichkeiten … Warum ein rücksichtsloser Aufruf, den barbarischen Glauben in uns aufzuwecken, auch wenn wir damit riskieren, diese großartige Zivilisation zu gefährden, die wir als Christenheit kennengelernt haben? … Es ist Zeit, den barbarischen Ruf zu hören, einen barbarischen Stamm zu bilden und den barbarischen Aufstand zu entfesseln. Laßt den Einmarsch beginnen!“

Wie die „Verwegenheit“ und der „rohe Glaube“ der „barbarischen Krieger“ in der Praxis aussehen kann, zeigt sich in Einträgen auf der Webseite „into the mystic“ von Alex McManus, dem Bruder und engen Mitstreiter von Erwin. Dort teilt er mit, daß er einen besonders radikalen und effektiven „barbarischen Jesusnachfolger“ einmal fragte, ob er sich vorstellen könne, ein Bordell zu eröffnen, um die „Kunden“ dort zu „erreichen“. Er antwortete: „Das hört sich gut an“. Auch wenn Alex McManus dagegen Bedenken anmeldete, ist allein die Erörterung einer solchen Möglichkeit und die Antwort des verführten Aktivisten ein Beleg dafür, in welche Verirrungen dieses verwegene heidnische Pseudochristentum führen kann. Laut Alex McManus gibt es „missionarische Aktivisten“ im Umkreis von „Mosaic“, die sich als Barkeeper ausbilden lassen, um eine Bar zu eröffnen und so „Menschen zu gewinnen“. Tatsache ist, daß sich eine „Mosaic“-Versammlung in einem Nachtclub abspielt und „Mosaic“-Gottesdienste in einem Club abgehalten werden, in dem zahllose Maya-Götzenbilder und gespenstisch anmutende künstliche Felsen die Kulisse bilden.

Ein Wort der Warnung
Ich kann nur vor der Bewegung der „Emerging Church“ warnen. Sie kommt nicht aus dem Geist Gottes, sondern aus den verführerischen Geistesmächten, die in der Endzeit immer offener eine falsche Christenheit aufbauen, die die Bibel und den wahren Herrn Jesus Christus verlassen hat und auf einem verschlungenen Weg zu der Endzeit-Welteinheitsreligion ist. Dort wo die Bibel als absolute Wahrheit und verbindliche Grundlage für Denken und Leben verlassen wird, da gibt es keinen festen Halt mehr, und der Strom des gegenwärtigen Zeitlaufs trägt die irregeführten „modernen“ und „postmodernen“ Christen immer weiter in den Abgrund der Hure Babylon, deren Ende das Gericht und der Feuersee ist.

Auch vor Erwin McManus möchte ich warnen. Dieser Mann hat die nötigen intellektuellen und rhetorischen Fähigkeiten und die Ausrüstung verführerischer Geister, um unreife, noch nicht entschiedene Gläubige durcheinanderzubringen und zu verführen. Seine Lehren und seine Bücher werden, so steht es zu befürchten, auch im deutschsprachigen Raum bewirken, daß jüngere Christen vom biblischen Christentum abgewandt werden und sich auf die neuheidnische Verführung der „Emerging Church“ einlassen. Im November 2006 ist er eingeladen, in der Schweiz vor zahlreichen Jugendleitern und Jugendmitarbeitern, überwiegend aus evangelikalem Hintergrund, zu sprechen.

Gerade Jugendliche, die sich vielleicht von den geschickten Worten eines Erwin McManus und anderer Größen der „Emerging Church“ blenden lassen, möchte ich ernst und in Liebe warnen, sich an die Bibel und das biblische Christentum zu halten. Aber die Warnung muß auch an die Gemeindeältesten und Verantwortlichen in christlichen Werken gerichtet werden. Sie müssen vor Gott Rechenschaft ablegen, wo sie ihre jungen Leute hinschicken und wen sie als Redner einladen. Möge der Herr uns doch allen die Augen öffnen über die Verführungen dieser letzten Zeit und uns nüchtern und wachsam machen!

Da nun dies alles aufgelöst wird, wie sehr solltet ihr euch auszeichnen durch heiligen Wandel und Gottesfurcht, indem ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und ihm entgegeneilt, an welchem die Himmel sich in Glut auflösen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden! Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. Darum, Geliebte, weil ihr dies erwartet, so seid eifrig darum bemüht, daß ihr als unbefleckt und tadellos vor ihm erfunden werdet in Frieden! Und seht die Langmut unseres Herrn als [eure] Rettung an, wie auch unser geliebter Bruder Paulus euch geschrieben hat nach der ihm gegebenen Weisheit, so wie auch in allen Briefen, wo er von diesen Dingen spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen, was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften, zu ihrem eigenen Verderben. Ihr aber, Geliebte, da ihr dies im voraus wißt, so hütet euch, daß ihr nicht durch die Verführung der Frevler mit fortgerissen werdet und euren eigenen festen Stand verliert! Wachst dagegen in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus! Ihm sei die Ehre, sowohl jetzt als auch bis zum Tag der Ewigkeit! Amen. (2Pt 3,11-18)

Hervorhebungen
von Horst Koch, Herborn, im November 2006

www.horst-koch.de
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Die künftige Weltreligion (Hunt)

Dave Hunt


Die künftige Weltreligion

 

Der Materialismus ist tot. Die Wissenschaft hält nicht länger an der Auffassung fest, dass es nichts anderes als Materie gäbe, sondern gesteht nun die Realität einer immateriellen Dimension ein, die von geheimnisvollen Kräften gesteuert und von immateriellen Intelligenzen bewohnt ist, die sie weder identifizieren noch erklären kann. Jede Facette des Okkultismus wird nun erforscht als die neue Hoffnung in Medizin, Bildung, Psychologie, Wirtschaft, Militär und Astronomie; man sucht den Kontakt zu Geistern und befolgt deren Rat, obwohl ihre Vertrauenswürdigkeit nicht durch wissenschaftliche Mittel nachgeprüft werden kann. Psychische Kräfte, die man irrtümlicherweise einem angeblichen inneren menschlichen Potenzial zuschreibt, werden auf vielen Gebieten eifrig gefördert, doch werden sie nur tiefer in das Okkulte hineinführen.

Das Okkulte war schon immer die Grundlage der nichtchristlichen Religionen, und es drang ins Christentum ein, als Konstantin angeblich Christ wurde und die Kirche mit dem Heidentum liierte. Der Katholizismus, der unter Konstantin geboren wurde, war seit eh und je mit dem Okkultismus verwoben, und das nicht allein mit der Übernahme heidnischer Praktiken, wo immer er sich verbreitete, sondern heute besonders mit dem noch offeneren Ökumenismus unter Papst Johannes Paul II. Durch ihre neue Partnerschaft mit Rom haben sich die Evangelikalen der okkulten Invasion noch weiter geöffnet.

Die Psychosekten wie »Christliche Wissenschaft«, »Universelles Leben« u.a. lassen sich zutiefst mit dem Okkulten ein. Die für sie typische Form des Okkultismus ist durch die »Positives Bekenntnis« – Bewegung von Hagin, Copeland, Cho, Wimber, Hinn und anderen falschen Propheten und Heilern in die charismatischen und pfingstlerischen Gemeinden eingefallen. Derselbe »positive« Okkultismus ist durch Norman Vincent Peale, Robert Schuller und ihre Anhänger in die evangelikale Gemeinde eingedrungen. »Christliche« Psychologie und die verwandten Praktiken der inneren Heilung, der Heilung durch Erinnerung und das Zwölf-Schritte-Programm haben diese Invasion ebenfalls beschleunigt.

Durch die ökumenische Bewegung fließen diese Ströme nun alle zusammen und bilden so ein nie zuvor dagewesenes Ausmaß an Okkultismus. Was wir sehen, kann nur der große Abfall sein, von dem Paulus sagte, dass er kommen muss, damit der Tag Christi hereinbrechen und der Antichrist offenbart werden kann. Was am endgültigen Triumph der okkulten Invasion noch fehlt, ist die Einführung einer Neuen Weltreligion in Partnerschaft mit einer Weltregierung. Man müsste blind sein, wenn man nicht sieht, wie diese von George Bush und dem Papst angekündigte Neue Weltordnung mit hohem Tempo auf uns zukommt.

Nur wenige Stimmen melden Alarm, und nur wenige beachten Warnungen wie die folgende des früheren Vineyard-Pastors John Goodwin. Goodwin fand aus dem Okkultismus zu Jesus Christus und erkannte schließlich, dass die Vineyard-Bewegung genau in dieselben okkulten Praktiken verfallen war, von denen er sich getrennt hatte: »Ich war Pastor in einer Vineyard-Gemeinde, und wie John Wimber sagte, konnte ich >diese Aufgabe erfüllen … überall und zu jeder Zeit …<. Ich war auf gleicher Wellenlänge mit Johns Lehren … und folgte ihnen auf Schritt und Tritt … Ich war buchstäblich auf Hunderten von Vineyard-Konferenzen … Ich bin hier, um darzulegen, dass es sich hier um einen Teil der Irrlehre der letzten Tage handelt, die die Gemeinde in das Neue Zeitalter und in die Neue Weltordnung bringt … Es ist alles ein Teil des antichristlichen Systems einer Kirche der vereinten Welt, der Regierung einer vereinten Welt und der Wirtschaft einer vereinten Welt.« (J. Goodwin, Testing the Fruit, Discernment Ministries, Lapeer, MI).

Vorbereitung für den Antichristen

Es wird oft argumentiert, der Antichrist sei keine Person, sondern ein Geist. Die Bibel stellt jedoch klar heraus, dass es zwar einen Geist des Antichristen und viele kleinere Antichristen gibt, dass es aber einen besonderen Menschen geben wird, der der Antichrist und die Verkörperung des Bösen sein wird. Über seine Identität zu spekulieren, ist müßig, weil er erst zu der von Gott bestimmten Zeit offenbar werden kann. Lesen wir dazu die folgenden Bibelstellen:

… und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen aufgetreten … (1. Joh. 2,18).

… und der Mensch der Gesetzlosigkeit geoffenbart worden ist, der Sohn des Verderbens; der sich widersetzt und sich überhebt über alles, was Gott heißt oder Gegenstand der Verehrung ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich ausweist, dass er Gott sei … damit er zu seiner Zeit geoffenbart wird … und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden … dessen Ankunft gemäß der Wirksamkeit des Satans erfolgt mit jeder Machttat und mit Zeichen und Wundern der Lüge … (2. Thess. 2, 3-9).

»Und es öffnete seinen Mund zu Lästerungen gegen Gott, um seinen Namen und sein Zelt und die, welche im Himmel wohnen, zu lästern. Und es wurde ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden; und es wurde ihm Macht gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Sprache und jede Nation. Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an« (Offb 13, 6-8).

Diese Verse weisen eindeutig darauf hin, dass der Antichrist im wiedererbauten jüdischen Tempel auf dem Tempelberg in Jerusalem sitzen wird, wo er sich selbst zum Gott erklären und von der ganzen Welt angebetet werden wird.

Es gibt jedoch noch einen anderen »Tempel«, nämlich den menschlichen Körper, der ein Tempel sein soll, in dem Gott wohnt (1.Kor. 3,16). Zum ersten Mal in der Geschichte blicken nicht nur einige wenige fernöstliche Yogis und Gurus in sich selbst hinein, sondern mittels okkulter Techniken auch immer mehr Millionen im Westen, und kommen bei diesem Blick in ihren Körper, der ein Tempel für Gott sein sollte, zu dem Schluß, dass sie selbst Gott sind! Durch erweiterte Bewußtseinszustände wird nichts anderes als die okkulte Religion des Antichristen angenommen – von der Welt ohnehin im Großen und Ganzen, aber auch von der sich im Abfall befindenden Kirche.

Die Welt und auch die Kirche werden auf den Antichristen und seine Weltreligion vorbereitet. Alexander Solschenizyn identifizierte die ursächliche Wurzel des moralischen Verfalls in der westlichen Welt als »Selbstvergöttlichung des Menschen als das Höchste … ein rationalistischer Humanismus … [der den Menschen] zum Mittelpunkt von allem erhebt«.
Der Historiker Herbert Schlossberg meint, dass diese Entwicklung heute ihren Gipfel erreicht und warnt vor den Konsequenzen dieser um sich greifenden Verführung:
Das Erhöhen des Menschen auf den Status einer Gottheit geht bis auf die ersten Anfänge des Altertums zurück, doch seine Entwicklung zu einer Ideologie, die die Masse ergreift, ist ein Charakterzug der Moderne.

Anti ist eine griechische Vorsilbe, die allgemein mit der Bedeutung »gegen« verstanden wird. Sie hat jedoch noch eine weitere Bedeutung: »an Stelle von oder als Ersatz für.«
Der Bibel zufolge wird der Antichrist beide Bedeutungen verkörpern. Er wird sich tatsächlich gegen Jesus Christus richten, indem er als Christus auftritt und so die Christenheit von innen her zersetzt. Somit werden die Anhänger des Antichristen tatsächlich »Christen« sein. Von daher ist es kein Wunder, dass diesem Aufstieg zur Macht der Abfall vorausgehen muss. Ein falsches ökumenisches und antichristliches »Christentum« muss zur Vorbereitung der Machtübernahme des Antichristen die Welt überspülen.

Eine weltweite antichristliche »Christenheit«

Die Bezeichnung »christlich« hat bereits ihre wahre Bedeutung verloren und kann schon jetzt an jeden antichristlichen Glauben angeheftet werden. Eine aktuelle Umfrage wies 26 % der Mormonen als »wiedergeborene Christen« aus, und doch ist ihr »Gott« ein erhöhter Mensch und ihr »Christus« der Halbbruder Satans!

In allen Denominationen gibt es Gemeindeleiter und andere Führungspersonen, die ein falsches Evangelium verbreiten. Sie stellen Jesus Christus und seine Lehren falsch dar und führen ganze Gemeinden in die Irre. Sie geben vor, Christus zu repräsentieren, akzeptieren aber nicht, was er lehrt. Der Christus, den sie vorstellen, ist eher wie der Antichrist. Das ist die Art von »Christentum«, für das das Weiße Haus nun anscheinend Partei ergreift.

US-Präsident Bill Clinton und sein Vizepräsident Al Gore (ein bekennender New Ager, der heidnische Religionen ehrt) behaupten beide, Christen zu sein. Clinton wählte den Vers, den Robert Schuller bei Clintons Amtseinführung zitierte, zum Motto seiner zweiten Legislaturperiode: »Die Grundmauern vergangener Generationen wirst du aufrichten; und du wirst genannt werden: Vermaurer von Breschen …« (Jes 58,12). In einem Artikel sagte Schuller: »Unter der Wirkung dieses Bibelverses war er [Clinton] aufrichtig zu Gott.«  Eine solche Heuchelei gehört zu der neuen Weltreligion.

Bei Clintons geistlichen Beratern Robert Schuller und Tony Campolo sucht man vergeblich nach einem Anliegen für die gesunde biblische Lehre. Campolo, der Vergebung ohne Buße und Veränderung propagiert, sagt: »O, wie sehr haben wir es nötig, zu Vergebenden zu werden, hinweg über die Grenzen von Parteiungen, Religionen und Nationen.«

Jerry Falwell sagte: »Ich denke, der Präsident hat in den letzten vier Jahren dem moralischen Rückgrat dieses Landes viel Schaden zugefügt. Mir macht es große Probleme, die Bibel in der Hand Bill Clintons und seine prophetische Rolle mit Stumpf und Stiel zu schlucken, während er weiterhin Abtreibung und Kindesmord fördert und sogar Schwule und Lesben in seine Regierung einbringt, die wir – wenngleich wir uns um Menschen mit moralischen Problemen kümmern sollten – sicher nicht unseren Kindern als Vorbilder fürs Leben präsentieren sollten«. –  ABC News, März 1997)

Sogar der ehemalige Präsident der Sowjetunion Michail Gorbatschow, ein ehemaliger Atheist und jetziger Pantheist, wagt von den Sozialisten zu sagen: »Wir treten für die Sache Christi ein!«

Eine Fülle von Artikeln, die zu zahlreich ist, um hier zitiert zu werden, berichten von Gorbatschows Treffen mit religiösen Führungspersonen wie Jesse Jackson und James Parks Morton, Dekan der New Age Episcopal Cathedral in New York, und davon, wie er anpreist, wie wichtig »Religion« in der Neuen Weltordnung sein wird.

Wofür er eintritt, hört sich an wie die aufkommende Weltreligion des Antichristen. In Unheil verkündender Weise hat der US-Außenminister Warren Christopher erklärt, dass das neue vereinte Europa keine religiösen Trennungen mehr anerkennen werde.

Jesus Christus wurde gehaßt. Die Propheten sagten voraus, dass Jesus als Teil des Erlösungsplans verworfen werden und sterben mußte. Er erklärte: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt« (Joh 18,36). Er kam, um aus dieser Welt Jünger für ein himmlisches Bürgertum herauszurufen: »Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo Motte und Fraß zerstören und wo Diebe durchgraben und stehlen; sammelt euch aber Schätze im Himmel …! Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein« (Mt 6,19-21).  –  Doch der Antichrist, Satans falscher Messias, wird von der Welt angebetet werden.
 

Gorbatschow, der Papst und die Irreführung

Gorbatschow ist sicher nicht der Antichrist, aber er gibt einen sehr guten Prototyp für ihn ab. In Israel landete eine Friedenstaube auf Gorbatschows Kopf, bei der Verleihung von »drei Ehrentitel für die Beschleunigung der jüdischen Immigration … und eines besonderen Preises – eine nach ihm benannte Kartoffelsorte … und er lobte Jesus als den ›ersten Sozialisten‹«.
Gorbatschow »formuliert eine ›Erd-Charta‹, die Sozialismus und Mystizismus zu einer von der UNO gebilligten neuen Weltreligion fusionieren soll. Die Erd-Charta soll der UNO-Generalversammlung irgendwann vor dem Jahr 2000 vorgestellt werden, und Gorbatschow besteht darauf, dass es unbedingt notwendig ist, diese Charta anzunehmen … um die Erde vor ihren habgierigen Bewohnern zu retten.«

Gorbatschow und Papst Johannes Paul II. sind dicke Freunde und gegenseitige Bewunderer. Gorbatschow bekennt sein Interesse an Spiritualität (jedoch ohne Wahrheit), und der Papst ermutigt ihn auf seinem Irrweg. Gorbatschow schreibt:

Seit unserem Treffen im Vatikan im Dezember 1989 habe ich mit Papst Johannes Paul II. eine ausgiebige Korrespondenz gepflegt … wir teilen den starken Wunsch, vorwärts zu kommen und zu vollenden, was wir zusammen begonnen haben … Was ich an dem Denken und den Ideen der Päpste stets hoch geschätzt habe, ist ihr spiritueller Gehalt, ihr Streben danach, die Entwicklung eine neuen Weltzivilisation zu fördern.
Heute kann man sagen, dass alles, was sich in den letzten Jahren in Osteuropa ereignet hat [der Niedergang des Kommunismus], ohne die Bemühungen des Papstes und seine gewichtige Rolle nicht möglich gewesen wäre, einschließlich der politischen Rolle, die er in der Weltarena gespielt hat (The Toronto Star, 3. März 1992).

Dem »spirituellen Gehalt« der Ideen des Papstes und seiner einflußreichen »politischen Rolle« kann Gorbatschow zustimmen. Sie sind Partner in der Planung einer neuen Welt. Es ist undenkbar, dass Christus, der von der Welt gehaßt wurde und gehaßt wird, eine politische Rolle in Partnerschaft mit den Cäsaren dieser Welt spielt – doch seine angeblichen Stellvertreter nehmen diese Rolle seit Jahrhunderten ein.
Der Papst sagte über Gorbatschow: »Er bekennt sich nicht als Gläubiger, aber ich erinnere mich, dass er von der enormen Wichtigkeit des Gebetes und der inneren Seite des menschlichen Lebens sprach. Ich glaube wirklich, dass unser Zusammenkommen durch Vorsehung vorbereitet war. Ich glaube, dass er ein Mann ist, der zu seinen Prinzipien steht und in geistlichen Dingen sehr reich ist …« (The Toronto Star, 9. März 1992).

Man kann sich nur fragen, welche Art Gebet der Papst meint, welches Gorbatschow beten würde (und zu wem), und wie ein Atheist »in geistlichen Dingen sehr reich« sein kann. Gorbatschows »Spiritualität« ist für jeden annehmbar – das ist genau das, was für die neue Weltreligion notwendig ist. Der Papst vertritt und fördert den Gedanken einer internationalen Organisation, in welcher sich die »slawische Spiritualität« behaupten könnte, und hat vorgeschlagen, dass Gorbatschow der ideale Mann für den Vorsitz einer solchen Organisation wäre. Ein Atheist, der mit dem Siegel des Papstes einer internationalen spirituellen Organisation vorsteht, hört sich verdächtig nach der künftigen Weltreligion des Antichristen an!

Weit entfernt von einer etwaigen Buße über das entsetzliche Gebetstreffen von Heiden in Assisi, bestätigt der Papst dieses vielmehr immer wieder. Vom 7. bis 10. Oktober 1996 trug die katholische St. Ägidius-Gemeinschaft in Rom eine ökumenische Konferenz aus, bei der »über 400 Repräsentanten verschiedener Religionen (Christen, Juden, Muslime, Buddhisten, Hindus, Shintoisten sowie eher obskure japanische und indische Sekten)« im selben Geist zusammenkamen wie 1986 in Assisi unter der Führerschaft von Papst Johannes Paul II., »um für eine Welt ohne Krieg zu beten«.
Die Konferenz fand in Roms Stadtteil Trastevere statt, wo Bill Bright wenige Monate zuvor seine Ansprache zur Verleihung des Templeton-Preises gehalten hatte, und trug den Namen »Friede ist Gottes Name«. Johannes Paul II., der zu dieser Zeit einer Blinddarmoperation unterzogen wurde, sandte seine Botschaft an die Konferenz:
Ich wäre gerne … dabei gewesen … ich werde mit euch sein im Geist und mit Zuneigung und Dankbarkeit gegenüber denen, die sich mit Hingabe dem Anliegen widmen, den Geist von Assisi lebendig zu bewahren, sodass er eine wachsende Zahl von Männern und Frauen erreicht …
In dieser Welt wünschen wir wie in einem globalen Dorf, dass jede religiöse Tradition zu einer Quelle des Friedens wird. Das ist hier und jetzt schon der Fall, an diesem geschichtsträchtigen Ort Travestere. Wir wünschen, es wäre so an jedem Ort auf Erden … (Inside the Vatican, Nov. 1996)

Niemand hat zur Förderung der Einheit unter den Weltreligionen mehr beigetragen als Sir John Marks Templeton und seine jährliche Auszeichnung. 1997 ging der Preis ein weiteres Mal an einen Okkultisten: »Pandurang Shastri Athavale, Gründer und Leiter einer spirituellen Selbsterkenntnis-Bewegung in Indien, die sich auf über 100.000 Dörfer ausgewirkt hat … Die Verleihungsfeier wurde am 6. Mai 1997 in der historischen Westminster Abtei begangen, und der Geldpreis von 1.210.000 US-Dollar wurde von Prinz Philipp, dem Grafen von Edingburgh, überreicht«, der ähnliche Schecks von Templeton bereits an Graham, Colson und Bright ausgehändigt hatte.

Das Spiel des Antichristen

Die Bereitschaft, sich auf jede Art von Spiritualität einzulassen, ist eine immer mehr Verbreitung findende Haltung selbst unter solchen, die sich selbst als Evangelikale bezeichnen. Pat Robertson bezeichnet die Mitglieder seiner »Christlichen Koalition« (Katholiken, Mormonen, Moon-Jünger und Anhänger anderer Religionen) als Menschen des Glaubens, die, wie er sagt, »Angriffen wie nie zuvor ausgesetzt sind … von Seiten von Kräften, die alle religiösen Werte, jede Form der Anbetung und jede Freiheit zerstören wollen … Deshalb müssen wir bestimmte protestantische Unterschiede beiseite legen und uns die Hände reichen, um die Dinge zu fördern, bei denen wir uns einig sind …«

Die Mitglieder der Koalition halten in Wirklichkeit an vielen verschiedenen Überzeugungen fest, deren »religiöse Werte« und »Form der Anbetung« miteinander völlig unvereinbar sind. Von zusammenhaltenden »Menschen des Glaubens« zu sprechen, ist irreführend, wenn der Glaube des Einzelnen dabei außer Acht gelassen werden muss. Ebenso ist es nicht ehrlich, eine Organisation »Christliche Koalition« zu nennen, wenn ihr auch andere Religionen angehören. Und für einen Christen ist der letzte gemeinsame Nenner, bei dem sich alle einig sein können, die Ablehnung Jesu Christi selbst, den die Welt haßt und den ihre Religion verwirft oder umdefiniert. Christen müssen weit mehr als »protestantische Unterschiede« ignorieren, wenn sie sich mit Nichtchristen vereinen wollen! Robertsons Koalition hört sich eher an wie das, was der okkulte Führer und Priester Matthew Fox vertritt:

»Eine tiefe Ökumene ist die Bewegung, die die Weisheit aller Weltreligionen freisetzen wird – von Hinduismus und Buddhismus, Islam und Judentum, Taoismus und Shintoismus, Christentum in all seinen Formen und Stammesreligionen und Göttinnen-Religionen in der ganzen Welt. Dieses Freisetzen von Weisheit ist die letzte Hoffnung auf das Überleben des Planeten, den wir unsere Heimat nennen«. (Fox, Cosmic, S.228)

Robert Schuller, den US-Präsident Clinton bei seiner Antrittsrede im Januar 1997 als »einer der bekanntesten Pastoren Amerikas«  bezeichnete, hat seit vielen Jahren den Okkultismus innerhalb der Kirche gefördert. Im Vorwort von Yonggi Chos Buch »Die vierte Dimension« sagte Schuller von der okkulten Technik der Visualisierung, für die Cho eintrat:
»Versuchen Sie nicht, diese Technik zu verstehen. Fangen Sie nur an, sie zu genießen! Sie ist wahr. Sie funktioniert. Ich habe es versucht.«

Schuller bestätigt anscheinend eine Weltreligion, der alle zustimmen können: »Das unterscheidet mich von den Fundamentalisten, die versuchen, jeden zu dem zu bekehren, woran sie selbst glauben … Wir kennen die Dinge, in denen die wichtigsten Religionen übereinstimmen. Wir versuchen, uns darauf zu konzentrieren, ohne diejenigen anzugreifen, die andere Auffassungen haben, oder ohne die Integrität meines eigenen christlichen Bekenntnisses zu kompromittieren.«

»Die Dinge, in denen die wichtigsten Religionen übereinstimmen«? In Wirklichkeit stimmen sie noch nicht einmal in der Frage überein, wer Gott ist, geschweige denn darin, was Jesus Christus betrifft (den alle Weltreligionen ablehnen). Anhand dieses Kriteriums kann Schuller (der von sich behauptet, ein Diener am Evangelium zu sein) gar nicht das Evangelium verkündigen. Man kann sich nur fragen, was für ein »christliches Bekenntnis« Schuller nicht kompromittiert.

Paulus überredete Menschen, an das Evangelium zu glauben (2.Kor.5,11), weil ihm etwas an ihrem ewigen Schicksal lag. Nicht so bei Schuller – oder N. V. Peale, Schullers Lehrer.

Norman Vincent Peale erklärte: »Ich versuche über das zu sprechen, was in Katholizismus, Protestantismus und Judentum grundlegend ist: Liebe. Liebe, Gemeinschaft, Wertschätzung der Menschen … das verstehen alle.« – Doch die wahre Liebe zu Jesus Christus und den Menschen würde Jesu Auftrag Gehorsam leisten, das Evangelium zu verkünden.

Ein ähnlicher Kompromiß wurde in der Oxford-Gruppenbewegung begangen, die später in »Moralische Aufrüstung« umbenannt wurde und tiefgehend die Anonymen Alkoholiker beeinflußte, wie wir an früherer Stelle gesehen haben. Frank Buchman, Gründer der Moralischen Aufrüstung, erklärte, dass er »bei keiner seiner Zusammenkünfte jemals irgendeine Lehrfrage berührt habe, da er niemanden verärgern oder verletzten wollte«.

Bill Wilson, Gründer der Anonymen Alkoholiker, beschrieb die Oxford-Gruppenbewegung als  … eine nichtdenominationelle evangelikale Bewegung, der modernen Welt angepaßt … Sie beschäftigen sich mit den einfachsten gemeinsamen Nennern aller Religionen …

Schuller, der behauptet, sich denselben gemeinsamen Nennern aller Religionen zu widmen, hat die Prediger gegeißelt, »die ihre zornigen, haßerfüllten Predigten von Feuer und Schwefel umhersprühen«. Doch Jesus sprach häufig und überzeugend über die Hölle und warnte die Menschen ohne Entschuldigung, und das in – wie Peale und Schuller sagen würden – »negativen« Begriffen.

Schuller hat die okkulte Lehre der »Kraft des positiven Denkens« von seinem Lehrer Norman Vincent Peale übernommen, sie zu »Denken in Möglichkeiten« modifiziert und alles, was man sich je wünschen könnte, dieser okkulten Kraft zugeschrieben. Über 20 Jahre lang hat er behauptet: »Denken in Möglichkeiten läßt Wunder geschehen … Die größte Kraft der Welt ist die Kraft des positiven Denkens.«  – Was ist mit Gott geschehen?

In einem Zeitungsartikel sagte Schuller: »Wir können die gute Religion von der schlechten Religion daran unterscheiden«, ob sie »positiv« ist. Er richtete seinen Aufruf an »religiöse Führungspersonen … welche Theologie sie auch vertreten … dass sie ihren Glauben in positiven Begriffen formulieren«. Dann rief er auf zu einem »massiven, vereinten Einsatz von Führern aller Religionen [einschließlich der heidnischen und okkulten]« zur Proklamation »der positiven Kraft … von religiösen Werten, die eine Weltgemeinschaft errichten können«. Der Antichrist könnte es kaum besser ausdrücken!

Als Papst Johannes Paul II. das letzte Jahrzehnt dieses Jahrhunderts der »Weltevangelisation« verschrieb, rief John Wimber begeistert aus: »Das ist eines der großartigsten Dinge der ganzen Kirchengeschichte … Ich bin zusammen mit dem Papst hingerissen und froh, dass er die Kirche zu ihrem Ziel aufruft …«

1986 trafen sich in Amsterdam über 10.000 christliche Führungspersonen, um eine Strategie zur Evangelisation der Welt zu entwerfen. Finanziert wurde dieses Treffen mit 21 Millionen Dollar von der Billy Graham Evangelistic Association. Auf dieser Konferenz erklärte Leighton Ford: »Predigt das Evangelium, aber seid nicht so negativ, dass ihr euch weigert, euch mit denen zusammenzuschließen oder zusammenzuarbeiten, die zu einer Gruppe gehören, die ein anderes Evangelium verkündet.«

Lebenswichtige Unterscheidungen: Die Bedeutung von Begriffen

Die Psychologie hat der Welt wie auch der Gemeinde beigebracht, eine positive und nichtprovozierende Sprache zu verwenden. In dem Wunsch nach Einheit, sei sie politisch oder religiös, wählt man Wörter (wie z. B. Colson und Bright in ihren Ansprachen bei der Verleihung des Templeton-Preises), die annehmbar für alle sind, weil jeder seine eigene Bedeutung daran knüpfen kann. Wenn zwei Parteien bestimmten Schlüsselbegriffen unterschiedliche Bedeutungen zuschreiben, ist ein erlangtes »Abkommen« eine Irreführung.

Beispielsweise verwenden sowohl Katholiken als auch Evangelikale den Begriff »wiedergeboren«, doch die von ihnen jeweils zugeschriebenen Bedeutungen sind einander diametral entgegengesetzt. Der Katholik wird »wiedergeboren«, wenn er als Säugling getauft wird, der Evangelikale hingegen durch persönlichen Glauben an Jesus Christus. Wenn man also sagt, beide glauben an die Errettung durch Wiedergeburt, ist das irreführend. Beide stimmen darin überein, dass Christus für ihre Sünden starb, begraben wurde, am dritten Tag von den Toten auferstand und wiederkommen wird. Doch die Bedeutung von jedem Aspekt des Werkes Jesu sowie die Art und Weise, wie seine Segnungen in Anspruch genommen werden, ist derart unterschiedlich, dass jahrhundertelang Millionen von Protestanten eher bereit waren zu sterben, als die römisch-katholische Interpretation anzunehmen. Und ihre katholischen Peiniger waren ebenso überzeugt, dass der Unterschied von solcher Tragweite war, dass er den Tod derer rechtfertigte, die an der protestantischen Auffassung fest hielten.

Wir haben einige dieser unterschiedlichen Bedeutungen aufgezeigt – so große Unterschiede, dass bis heute das maßgeblichste Dokument der römisch-katholischen Kirche 100 Verdammungsurteile gegen die evangelikalen Glaubenssätze enthält. Zusammengefaßt richten sich die zuvor zitierten Verdammungsurteile gegen folgende Gläubigen:
jeder, der glaubt, dass die Errettung allein durch Glauben an Jesus Christus, unabhängig von Sakramenten und der römisch-katholischen Kirche geschieht;
jeder, der glaubt, dass er für seine Sünden nicht leiden muss, weil Jesu Leiden völliges Genüge getan hat;
jeder, der leugnet, dass Jesus Christus auf den katholischen Altären immer wieder und buchstäblich als Opfer für Sünden dargebracht wird, und der statt dessen seinen Glauben auf das Opfer richtet, das ein für allemal am Kreuz vollbracht wurde;
und jeder, der mit Gewißheit behauptet, dass er errettet ist und ewiges Leben hat.
In jedem dieser Fälle wird ein römisch-katholisches Anathema gegen eine solche Person ausgesprochen.

Die Unterschiede zwischen dem evangelikalen und dem katholischen Evangelium und dem jeweiligen Verständnis der Errettung sind riesengroß. Nur eine Seite kann Recht haben. Und die Vortäuschung, es gäbe keinen Unterschied, weil sie dieselben Worte benutzen, ist Manipulation der schlimmsten Art.
Seit der Zeit, als beide Seiten noch ehrlich genug waren und sich entweder für ihren Glauben umbringen ließen oder den anderen umgebracht haben, haben sich weder die römisch-katholische noch die evangelikale Lehre irgendwie geändert. Wenn sich also Katholiken und Evangelikale einander als »Brüder und Schwestern in Christus« bezeichnen und behaupten, sie würden an ein und dasselbe Evangelium glauben, muss ein schwerwiegender Fehler vorliegen. Entweder starben die Märtyrer wegen eines bloßen semantischen Mißverständnisses, das heute plötzlich geklärt worden ist, oder andernfalls ist diese neue gegenseitige Akzeptanz und das damit verbundene Bekenntnis der Einheit ein Betrug.

Das Dokument, auf das wir uns beziehen (Evangelikale und Katholiken zusammen: die christliche Mission im dritten Jahrtausend), ist nur ein Beispiel dafür, wie es zu einer Illusion der Einheit kommt, die in Wirklichkeit überhaupt nicht existiert, wenn man versäumt, die Begriffe zu definieren. Wenn solche christlichen Führungspersönlichkeiten vom Format eines J. I. Packer, Charles Colson, Pat Robertson und Bill Bright den Weg vorangehen, kann man nur erwarten, dass Millionen von Christen dem Urteil dieser Glaubensmänner vertrauen und ihnen folgen. Der christliche Fernsehsender TBN hat jahrelang den Irrglauben verbreitet, das römisch-katholische Evangelium sei biblisch. Bill Hybels ist eine weitere Führungsperson, die als Pastor der Willow Creek Community Church in Illinois (die als einflußreichste Gemeinde Nordamerikas bezeichnet wurde) weitere Massen in dieselbe Richtung in die Irre geführt hat.

Bill Hybels, dessen Lehrmeister Robert Schuller ist, führt eine weltweite Bewegung an. An einer kürzlich … abgehaltenen Trainingskonferenz nahmen mehr als 2300 kirchliche Leiter teil. Sie kamen aus Australien, den Bahamas, Kanada, England, Holland … Indien, Japan, Korea … Norwegen, Schottland, Schweden, den USA [und anderen Ländern] … Augenblicklich ist Willow Creek für Tausende von Gemeinden das Vorbild, wie man Kirche ›betreibt‹ … Willow Creek hat mehr als 270 Mitarbeiter …

Schuller sagte:
»Ich war der Erste, der wirkliches Gemeindewachstum bei den amerikanischen Kirchen einführte … Er (Hybels) war der erste Bursche, der diese Prinzipien übernahm, sie verbesserte und sie so stark ausweitete, dass sie die Grenzen ihrer Möglichkeiten erreicht haben … Ich bin stolz auf ihn … ich betrachte ihn als meinen Sohn … Ich halte ihn für eines der größten Dinge, die der Christenheit unserer Tage widerfahren sind … Bill Hybels macht seine Sache besser als alle anderen, die ich kenne!«
 

Fehlinformation von vertrauenswürdigen Führern

Pastor Hybels lud einen katholischen Priester, Pfarrer Med Laz von der Pfarrei Heilige Familie, auf seine Willow Creek-Kanzel ein. Er sollte der Gemeinde mitteilen, »was Protestanten von Katholiken lernen können«. Bei seiner Vorstellung von Laz berichtete Hybels, dass er auf Laz’ Einladung hin auf einer Konferenz katholischer Führungspersonen in der Pfarrei Heilige Familie gesprochen und »eine gewaltige Anerkennung und Bewunderung für diesen Mann als Bruder in Christus entwickelt« habe. Doch Laz erzählte, dass er »wirklich Christ geworden« sei, nachdem er bereits katholischer Priester war. Dies habe sich folgendermaßen zugetragen: Um 2.00 Uhr morgens sei er zu einem Hotelzimmer gegangen, um eine junge Bekannte zu treffen. Er habe vor der Versuchung gestanden, mit ihr ins Bett zu gehen, habe dieser Versuchung widerstanden und sich dabei so gut gefühlt, dass er wusste, seit diesem Moment ein Christ zu sein. Dieses »Zeugnis« wurde mit begeistertem Applaus begrüßt, obgleich es wohl kaum ein Beispiel für eine Errettung nach biblischem Verständnis ist, und aufzeigt, dass die katholische Priesterschaft aus Männern besteht, die Christus nicht kennen.

Hybels gab zwar zu, dass er und der Priester nicht in allem übereinstimmen, doch alle Unterschiede seien zu belanglos, um erwähnt zu werden. Vom Katholizismus und seinem falschen Evangelium hatte Hybels nur Gutes zu sagen. Er sagte der Gemeinde, die ihn als Führer und Leiter achtet: »Ich glaube, dass wir einiges von der katholischen Kirche lernen können, und ich würde Med gerne bitten … dass er uns einiges Lobenswertes aus der römisch-katholischen Kirche mitteilt, woraus Protestanten seiner Meinung nach dazulernen können …«

Pfarrer Laz schwärmte, dass Mutter Teresa der katholischen Kirche angehöre, und Hybels setzte voraus, dass Protestanten darauf neidisch seien. Kein Wort fiel über ihr eigenes fragwürdiges Zeugnis. Ferner rühmte Laz die Kirche damit, dass Amerikas größte Zufluchtsstätte für Ausreißer (»Covenant House«, mit sechs Niederlassungen) von katholischen Ordensschwestern betrieben wird. Auch hier antwortete Hybels ausschließlich mit Gutheißung.

Die traurige Wahrheit kann man in einem Buch mit dem Titel Am I Going to Heaven? (»Komme ich in den Himmel?«) nachlesen, das von der Leiterin von Covenant House Schwester Mary Rose McGeady geschrieben wurde: Der Titel des Buches stammt aus der ersten Geschichte, in der McGeady von einem 17-jährigen Mädchen berichtet, das kurz vor dem Tod steht:

Sie versuchte ihren Kopf vom Kissen des Krankenbettes anzuheben … aber sie schaffte es nicht. »Schwester, ich muss etwas wissen«, flüsterte sie. »Bitte, sagen Sie es mir.«
»Ich sage dir alles, Michelle«, sagte ich. »Was möchtest du wissen?«
»Schwester … komme ich in den Himmel? Selbst so ein Straßenkind wie ich?«

Ich beugte mich zu ihr und nahm sie in den Arm und sagte ihr, dass ich weiß, dass Gott einen besonderen Platz für sie bereit hält. Ich sagte ihr, wie sehr ich sie liebe und wie sehr ich an sie glaube … Sie weinte in meinen Armen und hauchte »danke«. Am nächsten Tag schlief Michelle still und friedlich für immer ein.

Man kann um Michelle nur weinen, die wissen wollte, wie sie Gewissheit der Errettung erlangen konnte, man ihr aber das Evangelium nicht sagte! Man kann ebenfalls weinen um die 31.000 kaputten Leben, die Covenant House jährlich in Ordnung bringen möchte, Kinder und Jugendliche, die dringend eine Antwort auf das Woher und Wohin und Wozu brauchen und wie Michelle keine Antwort bekommen, weil McGeady und ihre katholischen Mitschwestern das Evangelium nicht kennen. In McGeadys ganzem Buch voller herzzerreißender Geschichten findet sich kein einziger Hinweis auf die einzige Lösung der Probleme, über die sie schreibt, kein einziger Hinweis auf das Evangelium von Jesus Christus.

Pfarrer Laz schwärmte außerdem von Roms fester Haltung zur Ehe, woraufhin Hybels wiederum seine ungeteilte Zustimmung ausdrückte. Kein Wort wurde gesagt von den über 60.000 jährlichen Annullierungen, die – gegen eine Gebühr – von der katholischen Kirche in den USA erteilt werden und die die Ehe zum Hohn machen. Viele Annullierungen werden aus »psychischen« Gründen gewährt, wie z. B. eine Kindheit in »gestörten Familienverhältnissen« oder »fehlende psychische Bereitschaft« zur Ehe, die Jahrzehnte zuvor geschlossen wurde und eine Reihe von Kindern hervorgebracht hat – der Gipfel an Heuchelei und Zynismus. Typisch ist die Verzweiflung einer gläubigen Katholikin, deren Ehemann nach 30 Ehejahren und fünf Kindern eine Annullierung beantragte und von der Kirche auch bekam, damit er erneut »kirchlich« heiraten konnte.

Traurig, dass manche Katholiken mittlerweile zur Zeit der Eheschließung geheime Briefe beim Rechtsanwalt hinterlegen, in denen sie ihre Zweifel ausdrücken – nur für den Fall, dass sie später einmal eine Annullierung beantragen wollen. Die Fernsehsendung »Prime Time« behandelte am 9. Januar 1994 das Thema katholische Annullierungen. Ein gastierender katholischer Priester erinnerte sich, wie ein katholischer Kirchenrechtler ihm gesagt hatte: »Charlie, in den USA gibt es keine katholische Ehe, die wir nicht annullieren könnten.« Eine Reihe von Frauen, die als Gäste eingeladen waren, berichteten von ihren Ex-Männern, die nach der Scheidung eine Annullierung beantragt hatten, damit sie wieder kirchlich heiraten konnten: Barbara Zimmermann, 27 Jahre verheiratet und Mutter von fünf Kindern; Pat Cadigan, 23 Jahre verheiratet; Sheila Rauch Kennedy, 12 Jahre verheiratet mit dem Kongreßabgeordneten Joseph P. Kennedy II. und Mutter seiner beiden Zwillingssöhne. Das ist eine Verlästerung und Entwürdigung der Ehe, doch Hybels konnte die »feste katholische Haltung zur Heiligkeit der Ehe« nur loben.

Gott sagte: »Mein Volk kommt um aus Mangel an Erkenntnis« (Hosea 4,6). Es gibt christliche Führungspersonen, die das Wort Gottes dementsprechend lehren und die faktische Erkenntnis bringen könnten, die zur Bewahrung der Evangelikalen vor der heutigen ökumenischen Verführung nötig ist.

Graham, Schuller und Peale

Robert Schuller sagte: »Es war Dr. Peale, der mich nach Los Angeles brachte … und es war Graham, der mich als Erster ins Fernsehen brachte.«

Vor kurzen interviewte Schuller Billy Graham bei seiner »Hour of Power« (»Stunde der Kraft«), die mit an die 20 Millionen Haushalten die größte Einschaltquote aller christlichen Sendungen hat. Die folgenden Auszüge stammen aus der landesweit ausgestrahlten Sendung:

Schuller: Sag mal, erinnerst du dich noch, wie es mit dieser Fernsehsendung mit dem Namen »Hour of Power« angefangen hat?
Graham: Oh, ich erinnere mich an einige Dinge … ich hielt ein Treffen [1969] in Anaheim, und du kamst Abend für Abend zu mir und hast in dem kleinen Wohnwagen gesessen, den ich dort als Büro aufgestellt hatte, und wir unterhielten uns und beteten …
Schuller: Und du sagtest: »Bob, du solltest mal überlegen, deinen Gemeindegottesdienst ins Fernsehen zu bringen« … Und ich meine, es warst du oder Fred [Deinert], der vorschlug, es »Hour of Power« zu nennen. Dieser Titel »Hour of Power« stammt von dir …
Graham: Oh, meine Güte, ich werde geehrt …
Schuller: Billy, wenn du in die Zukunft schaust, welche Herausforderungen würdest du den Christen oder Pastoren bieten – Tausenden von Pastoren, Hunderten von Rabbis und – wie man mir sagt – über eine Millionen Moslems, die jede Woche diese Sendung sehen? Vor welche Herausforderung würdest du die Zuschauer stellen? Das ist dein Podium; du hast die Hour of Power in Gang gesetzt, du hast mich dazu gebracht, und jetzt hast du das letzte Wort. Sag den Leuten eine Botschaft aus deinem tiefsten Herzen!
Graham: Nun, die Botschaft lautet, dass Gott dich liebt. Wer du auch bist, wo du auch bist, was dein religiöser Hintergrund ist: Gott liebt dich, er möchte in dein Herz kommen und die Richtung deines Lebens ändern und dir einen Frieden und eine Freude geben, die du niemals zuvor hattest. Und er wird dies heute tun, wenn du dich ihm anvertraust. [Wieder: kein Christus, kein Kreuz, kein Evangelium!]
Schuller: Billy, mein Lehrmeister war Norman Vincent Peale. Und ein wichtiger Lehrer war für mich … Erzbischof Fulton Sheen, ein sehr lieber Freund … Du kennst Fulton Sheen und auch Norman Peale. Was hältst du von diesen beiden Männern?
Graham: Ich kenne sie beide, so wie du auch, und ich habe sie beide geliebt. Und in meinem Buch steht eine Geschichte, wie Fulton Sheen einmal in einem Zug in mein Abteil kam und wir zwei oder drei Stunden zusammen verbrachten … Die römisch-katholische Kirche … öffnet ihre Arme und heißt uns willkommen, und fast überall wo wir hingehen erfreuen wir uns der Unterstützung durch die katholischen Kirche …

In einem exklusiven Interview in einer Sonntagsbeilage der Zeitung Parade sagte Billy Graham: »Ich selbst und mein Missionsdienst halten völlig fest an den fundamentalen Glaubenssätzen des christlichen Glaubens. Aber als Amerikaner respektiere ich andere Wege zu Gott – und als Christ bin ich aufgerufen, sie zu lieben.«  –  Doch es gibt keine »anderen Wege zu Gott«, es sei denn, Jesus habe sich geirrt, als er sagte: »Ich bin der Weg … niemand kommt zum Vater als nur durch mich« (Joh 14,6).

Ein ernsthafter Christ aus Neuseeland schreibt:
Im Carlaw-Park-Stadion in Auckland (Neuseeland), nach einer klaren Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi und einem gefühlsbetonten Aufruf von Dr. Billy Graham, »eine Entscheidung für Christus zu treffen«, hatte es der Schreiber dieser Zeilen eilig, sein Leben Christus zu übergeben.
Das war im Jahr 1957 und … ich kann mich noch immer gut an die Kraft jenes Abends und die Liebe dieses Mannes zu Gott, seinem Wort und die Wahrheit erinnern …!
Die Stürme des Teenagerlebens brachten mich bald in Bedrängnis und ich vergaß meine »Bekehrung« … Ich wurde Akademiker … reiste in der Welt umher, heiratete, hatte eine Familie, ließ mich scheiden und heiratete wiederum. Dann … zog Gott mich in seiner Allmacht zu Christus und einer ordentlichen Bekehrung! Ich erinnerte mich an den Abend mit Billy Graham von 1957 und … nahm mit sehnsüchtigen Gefühlen Nachforschungen auf, was aus Dr. Billy Graham geworden war.
Im Jahr 1985 kam Dr. Leighton Ford … mit einem Evangelisationsfeldzug nach Sydney und ich trug mich als Platzanweiser bzw. Seelsorger ein und besuchte die erforderlichen Schulungsseminare – und die allabendlichen Treffen.
Von dem was ich während dieser Zeit sah, hörte und las, widersprach vieles dem, was ich 1957 erlebt hatte! Irgendetwas war anders geworden … Die Billy Graham Evangelistic Association war »political correct« – der Gesellschaftsnorm entsprechend – geworden. Sie war nun weltweit Freund von Politikern und Regierungen, und willkommener Gast im Vatikan! Ein näheres Nachprüfen erwies sich als deprimierend und alarmierend … Der Abstieg von evangelikaler Rechtgläubigkeit zum ökumenischen Abfall war innerhalb von nur 40 Jahren vollzogen! …
Es ist traurig, aber wahr: Meine Reise in meine geistliche Vergangenheit führte mich zu einem ernsthaften, tiefen Anliegen für die Zukunft …

Die Heidnisierung der Christenheit

Der Trappistenpater und katholische Mystiker Thomas Merton (1915 – 1968) war einer der hoch angesehensten (sowohl von Katholiken als auch Protestanten) katholischen Führungspersönlichkeiten dieses Jahrhunderts. Harvey D. Egan, ein jesuitischer Gelehrter, schreibt über Merton, dass er »in seinen Schriften folgendes Spektrum zusammenbrachte: die Schrift, die Kirchenväter, die Eremitenmönche, die großen christlichen Mystiker, die russisch-orthodoxen Mystiker, zeitgenössische katholische und protestantische Theologie, moderne Psychologie … Existenzialismus, Taoismus, Buddhismus … mit einem unglaublichen Gespür für soziale Gerechtigkeit, städtische Gewalt, Armut, Ökumene und Ost-West-Dialog.« Er war eine »Stimme der Autorität in der amerikanischen [katholischen] Kirche, und weit über ihre Grenzen hinaus«.

Merton begrüßt die »Offenheit gegenüber den orientalischen Religionen seitens des II. Vatikanischen Konzils«, und »identifiziert sich selbst stark mit östlichem Mystizismus, insbesondere dem Zen [Buddhismus]«. Er schwärmt von den hinduistischen, buddhistischen und islamischen Mystikern, die »Einheit mit dem Gott der Wahrheit und Liebe erfahren haben«.  Merton sah »keinen Widerspruch zwischen Zen und Christentum«.

Obwohl er kein Theologe ist, griff Phil Jackson, Trainer der »Chicago Bulls«, dieselbe Idee auf. Er schreibt: »Durch das Zusammenbringen von Zen und Christentum konnte ich wieder Kontakt zu meinem spirituellen Inneren aufnehmen und anfangen, mein Herz und mein Denken miteinander zu integrieren. Je mehr ich über die Ähnlichkeit der beiden Religionen lernte, desto kompatibler zueinander schienen sie mir. War Christus ein Zen-Meister? Das wäre vielleicht etwas zu weit gegangen, aber er praktizierte eindeutig eine Form von Meditation, als er sich von den Jüngern absetzte und eins mit ›dem Vater‹ wurde.«

Selbstverständlich ist Jesus Christus nicht eins mit dem Vater geworden; er ist eins mit dem Vater, von Ewigkeit her und in alle Ewigkeit. Jesaja beschrieb ihn in prophetischer Vorankündigung seiner Geburt als »starker Gott, Vater der Ewigkeit« (Jes 9,6), der in die Welt geboren werden sollte.

Leider hat Jackson den christlichen Glauben nie wirklich verstanden. Er sagt, seine Mutter habe Johannes 3,16 in seinem Kinderzimmer aufgehängt, als er vier Jahre alt war. Er zitiert den Vers korrekt und sagt dann: »Seitdem war ich darauf bedacht, den Glauben zu bewahren, damit auch ich ewiges Leben finden könnte.« Das ist jedoch nicht, was dieser oder irgend sonst ein Vers der Bibel besagt. Die Bibel lehrt, dass das ewige Leben ein Geschenk der Gnade Gottes ist, das niemand sich verdienen kann. Es war nicht der christliche Glaube, den Jackson ablehnte, sondern seine falsche Auffassung davon.

Jackson betet mit seinen Spielern häufig das so genannte »Gebet des Herrn«. Es beginnt mit den Worten: »Vater unser im Himmel …« Wer dieses Gebet aufrichtig beten will, muss Gott als seinen Vater kennen gelernt haben, und zwar mittels einer neuen Geburt in die Familie Gottes durch Glauben an Jesus Christus. Seiner eigenen Aussage nach hat Phil Jackson, wie die meisten seiner Spieler, den Jesus Christus der Bibel verworfen, und somit ist es für sie ein Widerspruch, das Vaterunser zu beten. Diese leichtfertige Vermischung des christlichen Glaubens mit jeder x-beliebigen Art von Spiritualität ist es, die die künftige Weltreligion charakterisieren – und das Christentum zerstören – wird.

Ein evangelikaler Gemeindeleiter verbrachte zehn Tage auf einer ökumenischen Konferenz des Weltkirchenrates (ÖRK bzw. WCC) und des amerikanischen nationalen Kirchenrates (NCC), die unter der Schirmherrschaft des Auburn Theological Seminary (New York) durchgeführt wurde. Es schockierte ihn, dass der christliche Glauben unverhohlen abgelehnt und von Heidentum ersetzt wurde. Das Okkulte wurde verehrt, als sei es Gott. Hier ein Auszug aus seinem Bericht:

Ich wusste, dass wir Probleme bekämen, als unser erster Anbetungs- »Gottesdienst« draußen an einem Gartenteich stattfand und den »Sieben Geistern der sieben Richtungen des Universums« Gebete und Wasseropfer dargebracht wurden (»O Geist des Nordens, wehe auf uns … O Geist des Ostens … des Westens … des Südens …«).  Was für jeden objektiven Beobachter pures Heidentum gewesen wäre, wurde uns dargestellt als einfach eine Übung im Entdecken der ökumenischen Vielfalt spiritueller Ausdrucksweisen und Erfahrungen, die wir einüben müssten, wenn wir wahrhaft eins sein wollten …

Die Lehre von der Dreieinigkeit wurde in Bausch und Bogen geleugnet … als archaisches Symbol für Gott, das so voller klassisch abendländischem Sexismus stecke sowie voller Bilder der Unterdrückung, sodass es verbannt werden müsse zugunsten etwas anderem, das solch erleuchteten feinsinnigen Wesen … [wie] Sophia … besser gefällt.

Manche von uns sprechen zwar von Jesus lieber als unserer persönlichen »Christus-Gestalt«, doch wagen wir es nicht, ihn exklusiv zu machen. Wir müssen inklusiv sein gegenüber allen potentiellen »Christus-Gestalten«, sodass wir lernen können, durch sie und hinter ihnen allen diesen einen »Retter-Geist der Befreiung« zu sehen, der durch all die verschiedenen Formen von »Christus-Gestalten« der Weltreligionen wirkt …

Die Ideologien des Befreiungsdenkens haben eindeutig den Kurs des ÖRK und des NCC übernommen und führten sie in nichts anderes als in synkretistisches Heidentum. Und am bestürzendsten ist, dass, von den Teilnehmern dieser Konferenz her beurteilt, viele ökumenische Führungspersonen des Protestantismus freudig diesem Rosenpfad in den Abfall folgen.

Die Weltreligion kommt

Kurz vor seinem Amtsantritt als Vizepräsident der USA schrieb Senator Al Gore ein Buch, in dem er »die Weisheit, die sich durch alle Religionen herauskristallisiert«, anpreist. Er schreibt weiter: »Diese panreligiöse Perspektive kann sich als besonders wichtig erweisen, was die Verantwortung unserer globalen Zivilisation gegenüber der Erde betrifft.« Er schwärmt von der Verehrung von Göttinnen und klagt das Christentum an, »die letzte Spur organisierter Göttinnen-Anbetung« ausgetilgt zu haben. Er ist begeistert vom Islam, Hinduismus, von der Sikh- und Bahai-Religion sowie vom New Ager und okkulten katholischen Priester Teilhard de Chardin. In seiner Ansprache vor dem 1990er Weltforum in Moskau erklärte Gore, der die Erde als Muttergöttin Gaia anbetet, dass die ökologischen Probleme nur durch eine allen Religionen gemeine »neue Spiritualität« gelöst werden könnten.

Dass unser Kurs in diese Richtung steuert, ist klar. Es würde einen ganzen Band in Anspruch nehmen, wollte man mit einer Darstellung vom Ausmaß dieser Bewegung nur anfangen. Einige wenige Beispiele müssen an dieser Stelle ausreichen. Zusammen mit Nikkyo Niwano, dem Gründer der buddhistischen Bewegung Rissho Koseikai, eröffnete Papst Johannes Paul II. die 6. Weltversammlung der Weltkonferenz für Religion und Frieden im Vatikan Ende des Jahres 1994.

»Dieses internationale Konzil mit Sitz in Genf widmet sich der Förderung des Friedens durch den Bau von Brücken der Kommunikation und des Vertrauens zwischen den verschiedenen Weltreligionen. Papst Johannes Paul II. ist ein überzeugter Förderer …« (The Toronto Star, July 1991)

Dieser Traum wird weltweit in die Praxis umgesetzt. Denken wir z. B. an die »synkretistische Liturgie«, mit der in der anglikanischen Lukas-Kirche in Auckland (Neuseeland) die Vielfalt der »fünf großen Religionen« zelebriert wurde. Der anglikanische Bischof von Auckland, Rev. John Paterson, hieß zur Feier Hindus, Juden, Buddhisten, Muslime wie Christen willkommen.

1996 fand in San Francisco ein Treffen von 60 Religionsführern aus aller Welt statt, die zur Gründung einer weltweiten Vereinigung der Religionen aufriefen, eine »UNO der Religionen«.

Der Bischof der Episkopalkirche von Kalifornien, William Swing, der gerade von einer Weltreise zurückgekehrt war, auf der er versucht hatte, eine Einheit unter allen Religionen herbeizuführen, erklärte: »Ich bin überzeugt, dass die Zeit reif ist für eine globale Initiative, die die Weltreligionen zusammenruft …« (San Francisco Chronicle, Juni 1996).

Am 23. Juni 1997 trafen sich »200 Delegierte aus den weltweiten religiösen Vereinigungen« an der Stanford-Universität unter der Leitung von Bischof Swing. Dort wurden Pläne vereinbart, am 26. Juni 2000 die »Vereinten Nationen für alle Religionen« zu gründen, wie es Swings Traum war. Die Initiative »Vereinte Religionen« ist bestrebt, »Religionen und spirituelle Traditionen an einen gemeinsamen Tisch zu bringen, einer permanenten globalen Versammlung. In gegenseitiger Achtung der jeweiligen Unterschiede werden sie versuchen, Frieden unter den Religionen herzustellen, sodass sie zugunsten allen Lebens und der Heilung der Erde zusammenarbeiten können.« (URI News Update, Dec. 1996).

Bischof Swing, der seit 1993 die Welt bereist, um dieses Projekt auf die Beine zu stellen, sagt:
Ich habe viel Zeit im Gebet mit Brahmanen verbracht, in Meditation mit Hindus und im Schweigen oder Singen mit Buddhisten. Ich fühle, dass mich das Öffnen gegenüber diesen Völkern innerlich ungemein bereichert hat. Auf der Promise-Keepers Konferenz in Atlanta (Georgia), bei der 39.000 Kirchenleute zusammenkamen, sagte der PK-Gründer Bill McCartney:
»Hier wird ein Traum wahr … es ist faszinierend zu sehen, dass die Barrieren der Denominationen abgerissen werden: Protestanten wie Katholiken [und Mormonen] sind hier zusammen. Der Zweck dieses Treffens ist die Einheit der Kirche.«

Die Konferenz brachte den ÖRK, das NCC, Pfingstler und Charismatiker, Evangelikale, Mormonen und Katholiken einschließlich 600 Priester zusammen. Vizepräsident Dale Schlafer, der die Konferenz organisierte, erklärte, diese neue Einheit sei nicht auf Lehre gegründet, sondern auf Beziehungen. Tom Watson, Gemeindeleiter aus Texas, warnt:
Sollte es uns nicht Sorgen machen, dass der Ruf zur Einheit auf Kosten der Lehre nicht nur von den Evangelikalen ausgeht, sondern auch von dem abgefallenen ÖRK und von New Agern, die ihre Weisheit von jenseitigen Wesen beziehen?

Warnt die Schrift uns nicht, dass dieser Tag kommen werde (2.Tim 4,3-4)?

Das Anliegen für Moral und Ökologie wird zur Entschuldigung für die Kompromittierung des Glaubens.
Kenneth S. Kantzer,
ein früherer Herausgeber der Zeitschrift Christianity Today (CT) schrieb: »Aufgrund der Verbreitung der moralischen Verderbnis, die die Wurzeln einer freien Gesellschaft zerstört, haben wir Evangelikalen es nötig, uns mit unseren katholischen Nachbarn zusammenzuschließen. Und mit den Mormonen, konservativen Juden und Säkularisten, die unsere Werte teilen …«

Hätte Jesus sich in einer solchen Koalition zur moralischen Besserung mit den Rabbis zusammengetan, dann wäre er sicherlich ein großer ethischer Reformer geworden, der viel Gutes erreicht hätte – und alles, ohne ans Kreuz zu gehen!

Gleichzeitig wird der christliche Glaube mit dem Amerikanismus verwechselt. Millionen von »Christen« aller Schattierungen, von den Evangelikalen bis hin zu Katholiken, Mormonen und Moon-Jüngern, haben sich zusammengeschlossen, um Amerika zu christianisieren, indem sie das Land zurück zu den »traditionellen moralischen Werten« rufen, auf denen es gegründet wurde. Irgendwie hat diese »Mission« die Phantasie und Loyalität von unzähligen Evangelikalen in Beschlag genommen und hat in ihrem Herzen und Denken den biblischen Missionsauftrag ersetzt.

Es liegt ein neuer Optimismus in der Luft, eine Hoffnung, dass »Amerika gerettet werden kann«, und zwar durch ein kompromittiertes ökumenisches Evangelium. Sogar J. I. Packer scheint sich dieser Verblendung gebeugt zu haben. In einem Artikel in CT verdreht er Jesu Befehl, das Evangelium zu verkünden, in einen Aufruf zur »Re-Christianisierung des nordamerikanischen Milieus … und zum Wiederaufbau der Ruinen … der nordamerikanischen Kultur …«! (CT, 12. Dec. 1994).

Wo legt die Bibel einen solchen Gedanken nahe?

Llewellyn Rockwell schreibt:
Das Christentum wird nun regelrecht politisiert. Die [katholischen] Bischöfe und Ralph Reed haben keine Skrupel, von der Wichtigkeit einer familienfreundlichen Gesetzgebung oder den Errungenschaften des religiösen Pluralismus zu reden, doch schämen sie sich, solche grundlegenden Dinge wie die christliche Lehre der Errettung anzusprechen. Je länger der Prozess der Politisierung fortdauert, desto dünner wird der Glaube. Politische Motivation veranlasst Christen, zugunsten des persönlichen Ansehens ihren Glauben zu verwässern … Die erste Stufe des Ausverkaufs kommt mit der Erhöhung des politischen Pluralismus über die lehrmäßige Wahrheit, die zweite Stufe mit der kompletten Verleugnung lehrmäßiger Wahrheit zugunsten von politischen Zielen. (New Oxford Review, Juni 1996).

Die Bibel weist darauf hin, dass die künftige Weltreligion die Grundlage für das Weltreich des Antichristen sein wird. Dieses wird das wieder erstandene Römische Reich unter dem Antichristen sein, das in zehn Bereiche gegliedert ist, wie die zehn Zehen von Nebukadnezars Traumbild (Dan 2,42-44), die zehn Hörner von Daniels viertem Tier (Dan 7,7) und die zehn Hörner des Tieres in der Vision des Johannes (Offb 12,3; 13,1; 17,3; 12) andeuten. Dabei wird auf einige Merkmale der antiken römischen Religion hingewiesen, wie z. B. auf den Kaiserkult, dessen Missachtung mit der Todesstrafe bezahlt wird (Offb 13,8; 14,15). Von daher ist es eine vernünftige Schlussfolgerung, dass es sich bei der künftigen Weltreligion um dieselbe Mischung aus Christentum und Heidentum handeln wird, wie es unter Kaiser Konstantin und von ihm an unter dem Katholizismus der Fall war.

Evangelikale und Katholiken zusammen

Das Dokument »Evangelikale und Katholiken zusammen: die christliche Mission im dritten Jahrtausend« war keine plötzliche Entwicklung, sondern das unvermeidbare Ergebnis von viel früheren Vorbereitungen. Charismatische Zeitschriften und Führungspersonen haben Papst Johannes Paul II. ungeachtet seines falschen Evangeliums mit Lob überschüttet. Jack Hayford sagt in Begeisterung über den Papst als christlichen Führer: »Man muss kein Katholik sein, um aufrecht stehen und sagen zu können: ›Ich bin auch ein Christ.‹«
Billy Graham hat Johannes Paul II. als »die größte religiöse Führerperson der modernen Welt und eine der größten moralischen und geistlichen Führerpersonen dieses Jahrhunderts« bezeichnet.
James Dobson, Amerikas führender Familienexperte und einer der anerkanntesten christlichen Psychologen der Welt, nennt den Papst »den herausragendsten religiösen Führer, der den Namen Jesu Christi nennt«.
Die ökumenische Partnerschaft mit Rom ist auf den Seiten von Christianity Today seit langem vorangetrieben worden. Bereits 1985 bezeichnete Kenneth Kantzer in einem CT-Editorial Papst Johannes Paul II. als den »Nachfolger des hl. Petrus«, der »von Gott berufen« sei, um »eine vereinte Kirche zu schmieden … und dessen Priorität für die christliche Botschaft … ihn in den Herzen der Evangelikalen beliebt macht«.

Ein Jahr später erklärte Kantzer, dass »traditionelle Katholiken … vieles vom biblischen Christentum bewahrt haben und Eigenschaften besitzen, die ich bewundere und denen ich nacheifern möchte. Zum Beispiel … ihre häufige Feier des Herrnmahls [der Messe] und ihre Loyalität zur Bibel …« – In Wirklichkeit verdammt Rom, wie wir bereits erwähnt haben, all jene, die das Mahl des Herrn auf evangelikale Weise als Gedächtnismahl begehen:
Wer sagt, das Messopfer sei … das bloße Gedächtnis des Kreuzesopfers, nicht aber ein Sühneopfer … und man dürfe es nicht für Lebende und Verstorbene, für Sünden, Strafen, zur Genugtuung und für andere Nöte aufopfern, der sei ausgeschlossen [anathema, d. h. verdammt]. 

Ralph Reed (Leiter von Pat Robertsons »Christlicher Koalition« bis zu seinem kürzlichen Rücktritt) sagte: »Eine aufkommende Partnerschaft zwischen Katholiken und evangelikalen Protestanten wird ab den 90er Jahren die wirksamste Kraft in der Wählerschaft sein … die Menschen des Glaubens« zum Allgemeinwohl der Nation zusammenbringt. Das wird anscheinend jeder »Glaube« tun können. Aus einer derartigen Verbindung zugunsten des Allgemeinwohls wurde wohl der Schulterschluss »Evangelikale und Katholiken zusammen« (ECT) geboren. Die New York Times berichtete:
Sie arbeiten zusammen in der Bewegung gegen Abtreibung und Pornografie, und jetzt fragten sich die führenden Katholiken und Evangelikalen, ob sie einen einzigartigen Glaubensschritt tun sollten: Sich endgültig gegenseitig als Christen anzuerkennen.
John Wimber schwärmte oft vom Papst und vom Katholizismus.
John Goodwin berichtet: »John Wimber treibt aktiv die Wiedervereinigung von Protestanten und Katholiken voran. Ich war auf einem Seminar, einer Konferenz für Gemeindeleiter in Anaheim mit etwa 5000 anwesenden Gemeindeleitern. Der Erzbischof der Erzdiözese war dabei und saß mit seinen Gewändern in der ersten Reihe … John bat ihn aufzustehen und sagte zu ihm:
›Ich möchte im Namen aller Protestanten um Entschuldigung dafür bitten, dass wir die katholische Kirche verlassen haben und für all die Dinge, die wir über Sie und die Kirche gesagt haben.‹«

Der Fernsehevangelist Jack van Impe ist ein weiterer führender Evangelikaler, der den Papst als Evangelisten anpreist, von Mutter Teresa schwärmt und sogar die »Marienerscheinungen« zitiert, als seien sie von Gott.

Ein Gemeindeleiter schreibt:
Ich sah mir Jack van Impe im Fernsehen an. Die Sendung galt dem Lob Papst Johannes Pauls II. für seine gute »christliche« Arbeit, seine Ökumenebestrebungen, seine Liebe und Sehnsucht nach christlicher Einheit …
Drei Viertel der Sendung stellte van Impe die Haupthindernisse zur christlichen Einheit heraus, die von Fundamentalisten aufgestellt werden … Er zeigte, wie töricht dies sei, indem er verdeutlichte, dass der Papst und alle rechtgläubigen Katholiken an den selben Grundsätzen des Glaubens wie die Evangelikalen fest halten …
Es ist zum Heulen, wenn ich diese Einheit-um-jeden-Preis-Mentalität sehe … Außerhalb der Wahrheit gibt es keine Einheit … Keine einzige Verkündigung eines römischen Konzils ist jemals widerrufen worden. Wenn man will, kann man dem Lehrpunkt ausweichen oder ihn ignorieren, aber im Grunde ihres Glaubens stehen die Protestanten immer noch unter dem Anathema der römischen Kirche!

Eine Entscheidung steht an

Bei all seinen Erfindungen und modernen Errungenschaften hat der Mensch sich doch nicht geändert. Immer noch ist er der Nachkomme Adams, der in Sünde gefallen ist und der Versöhnung mit seinem Schöpfer bedarf. Immer noch braucht er Liebe, Sinn und Ziel nicht nur in diesem Leben, sondern auch darüber hinaus. Die Ewigkeit ist alles, worauf es ankommt, und diese hat sich nicht verändert. Gott hat weder den Himmel renoviert, um mit den aktuellen Vorstellungen auf der Erde mithalten zu können, noch hat er die Eintrittsbedingungen revidiert, um das Glaubensspektrum der künftigen Himmelsbürger zu erweitern.

Gott beauftragt kein innovatives Werbe- und Propagandateam, um uns zu überzeugen, dass der Himmel ein netter Ruheort sein wird.
»Buße zu Gott und Glauben an unseren Herrn Jesus Christus« (Apg 20,21), selbst unter Evangelikalen nicht mehr populär, ist immer noch die einzige Eintrittskarte in den Himmel. Wer Gott nicht von ganzem Herzen liebt und sich nach Gemeinschaft mit ihm sehnt, dem würde es dort schlecht ergehen.

Himmel und Hölle sind keine Bewußtseinszustände, wie es sich Templeton und seine Gefolgschaft vorstellen, sondern das wirkliche und ewige Schicksal jeder menschlichen Seele. Die Hölle ist der Ort, an dem diejenigen die Ewigkeit verbringen werden, die sich in Ablehnung Gottes okkulten Mächten zugewandt haben, die entschieden sind, ihren eigenen Weg zu gehen, ihre eigenen Leidenschaften zu genießen und sich ihr eigenes Universum mit ihren eigenen Vorstellungen zu schaffen. Die Bewohner dieser Hölle sind egoistische, völlig einsame Seelen. Das Selbst ist bei ihnen derart vereinnahmend geworden, dass es keinen Raum für irgend etwas anderes mehr gibt.

Der Herr Jesus wurde als Retter der Sünder geboren. Wie wunderbar ist es, dass er, der er Gott und im Heiligen Geist eins mit dem Vater ist, uns so sehr liebt, dass er bereit war, von einer Jungfrau geboren in diese Welt zu kommen, in einer Welt aufzuwachsen, die ihn haßte, verachtete, verwarf, verspottet, geißelte und kreuzigte – und mehr noch als nur das körperliche Leiden: Er war sogar bereit, unsere Sünden zu tragen und den unendlichen Preis unserer Erlösung zu zahlen, den seine eigene unendliche Gerechtigkeit erforderte! Und immer noch ist er von der Welt verlästert und verworfen, und sein Evangelium wird selbst in der bekennenden Kirche verdreht.

Irrlehre und Kompromiß auf Seiten derer, die behaupten, seine Nachfolger zu sein, ist vielleicht die für ihn schmerzlichste Verlästerung. Dadurch wird er verworfen als der, der er wirklich ist und sein eigentlicher Zweck, weshalb er auf diese Erde gekommen ist, wird verschleiert. Jeder wahre Christ sollte zutiefst betroffen und besorgt darüber sein, dass nicht nur in der Welt, sondern auch in anscheinend lebendigen Gemeinden und unter angesehenen führenden Evangelikalen schwerwiegende Irrtümer verbreitet werden.

Unsere Liebe zu Christus – unsere Antwort auf seine Liebe zu uns – und unsere Liebe zu den Verlorenen, die auch er liebt und retten möchte, veranlaßt uns, Irrlehre zu verabscheuen, dem Angriff des Okkulten die Stirn zu bieten und ernstlich für den ein für allemal den Heiligen überlieferten Glauben einzutreten. Mögen wir ihm treu bleiben, bis er kommt und uns ins Vaterhaus führt!

Wenn der Herr noch zögert, kann es sein, dass eine Zeit der Prüfung auf uns zukommt. Kürzlich sah der Autor im Fernsehen eine Unterrichtsreihe mit John Bradshaw. Während Bradshaw über Glauben an Gott redete (für beides – Glaube und Gott – hat er seine eigenen unbiblischen Definitionen), denunzierte er solche, die behaupten gerettet zu sein und damit »das Selbstbild anderer zerstören, die nicht genau dasselbe glauben wie sie«. Die ganze Sendung war äußerst geschickt und überzeugend aufgemacht. Das Publikum stimmte offensichtlich allem zu, was Bradshaw sagte. Man kann sich leicht vorstellen, dass der Tag kommt, an dem solche Argumente verwendet werden, um Evangelikale als Bedrohung der Gesellschaft zu unterdrücken oder mundtot zu machen.
In der ganzen Kirchengeschichte hätten sich die christlichen Märtyrer – einschließlich der heutigen Märtyrer, insbesondere in muslimischen Ländern – für einen ökumenischen Weg des Kompromisses und der Zustimmung zum »gemeinsamen Glauben aller Religionen« entscheiden können und wären so den Flammen oder dem Schwert entkommen. Doch statt dessen waren sie entschlossen, fest für die Wahrheit einzustehen, ernsthaft für die Wahrheit zu kämpfen. Wagen wir, es anders zu tun?

Für uns, die wir an diesem historischen Scheideweg stehen, sind noch mehr Streitfragen dazugekommen. Die todbringenden Tentakel des Okkulten in seinen vielen Spielarten haben die Welt umschlungen, doch ebenso die Kirche. Wie werden wir darauf reagieren? Eines Tages werden wir für unsere Entscheidung vor Gott Rechenschaft ablegen müssen. Welche Freude ist es jetzt und ewig, ihm treu zu sein!

Die Hervorhebungen sind von mir. Horst Koch, Herborn, im November 2006

Aus: Dave Hunt

Die okkulte Invasion – Die unterschwellige Verführung der Christenheit

Inhaltsverzeichnis

1.   Wozu dieses Buch?
2.   Die Rolle der Evolutionstheorie
3.   Was ist das Okkulte?
4.   Der Tod des Materialismus
5.   Fernwahrnehmung
6.   Eine dunkle und eine helle Seite?
7.   Naturalismus oder Supranaturalismus?
8.   Eingeborene und Naturreligionen
9.   Spiritistische Kommunikation und Besessenheit
10.  Drogen, Fantasie und das Okkulte
11.  Ökologie, Schamanismus Wissenschaft und Christentum  
12.  Der Einfluss des fernöstlichen Mystizismus
13.  Eine neue Ehrbarkeit in einem neuen Zeitalter
14.  Holistische Medizin
15.  12 Schritte mit »Gott nach deiner Auffassung«
16.  Die Verführung der Jugend
17.  Gott spielen: die Lust auf Macht
18.  Ufos, Außerirdische und Nahtod-Erlebnisse
19.  Engel-, Geister- und Marienerscheinungen
20.  Okkultismus in der römisch-katholischen Kirche
21.  Psychologie und das Okkulte
22.  »Christliche« Psychologie  
23.  Charismatischer und evangelikaler Okkultismus
24.  Geistliche Kriegsführung und Erweckung
25.  AD 2000: Der Wahnsinn der Jahrtausendwende
26.  Die künftige Weltreligion

www.horst-koch.de  –  info@horst-koch.de

 




Holistische Medizin (D.Hunt)

Dave Hunt

 

Holistische Medizin

Dem New England Journal of Medicine zufolge lassen sich alljährlich etwa ein Drittel der US-Amerikaner auf »unkonventionelle medizinische Behandlungen« ein. Das Time-Magazin berichtete, dass »die Amerikaner jährlich schätzungsweise 30 Milliarden Dollar für ›alternative Therapien und Glaubensheiler‹ ausgeben«…  Bei den meisten alternativen Therapien handelt es sich um New-Age-Methoden, zu denen östliche Meditation, Yoga, Visualisierung, Akupunktur, Irisdiagnose, Homöopathie, Biofeedback und andere mystische Techniken gehören«.

Eine offensichtliche Gefahr ist das Fehlen von Vorschriften. »Jeder, der einen Kursus anbieten möchte, kann das tun«, sagt Medizinprofessor Wallace Sampson. »Die Kontrolle geht praktisch gegen Null.« Außerhalb der USA ist die Kontrolle sogar noch geringer. Manche Patienten sind überzeugt, dass sie endlich Hilfe gefunden haben; doch für die meisten bedeutet es die Katastrophe. Als Pat Paulsen von den Ärzten gesagt bekam, dass das Stadium seines Darmkrebses alle Heilungschancen überschritten habe, wandte er sich an »eine der etwa 35 alternativen Kliniken kurz hinter der Grenze [zwischen USA und Mexiko] in Tijuana«. Nach Injektionen »von einem Haifisch-Embryo« fühlte Paulsen sich so viel besser, dass er sich daran machte, ein Buch zu schreiben. Doch stattdessen teilte er das Schicksal vieler anderer und starb.

Weit schlimmer als möglicher körperlicher Schaden ist die Gefahr der okkulten Bindung, die daraus resultieren kann. Unter Aufsagen bestimmter Formeln bereitet man ein Kräutergebräu zu, um diesem okkulte Kraft zu verleihen. »Glaube« an das Geheimnisvolle kann eine Antwort aus der Welt der Dämonen einbringen. Dessen ungeachtet berichtete kürzlich die USA-Weekend:

»Da sich jeder dritte Amerikaner an alternative Heiler wendet, hat ein Gremium der Regierung nun eine Änderung in der Ärzteausbildung vorgeschrieben. Jetzt studieren mehr angehende Mediziner Kräuter- und Gebetstherapien …
An 50 der 135 medizinischen Ausbildungsstätten der USA wird Anatomie und Biochemie jetzt mit Akupunktur, Homöopathie, Ernährungslehre, Massage und Gebet ergänzt … Ein Gremium … des Nationalen Gesundheitsinstituts (NIH) empfahl, dass alle Studenten und Schüler in Medizin und Pflege mit alternativen Theorien und Techniken vertraut gemacht werden müssen …
Wir sagen nicht, jeder Medizinstudent müsse ein versierter Akupunkteur oder Hypnotiseur werden«, sagt Allen Neims, ein Arzt aus Florida und Vorsitzender des NIH-Gremiums. »Aber sie sollten genügend von diesen Techniken verstehen, um sich vernünftig mit ihren Patienten und anderen Heilpraktikern darüber auseinander setzen zu können …«

Holistisch heißt ganzheitlich

Die »holistische Medizin« des New Age wird auch »ganzheitlich« genannt, weil sie angeblich die ganze Person einbezieht: Geist, Seele und Leib. Drei einfache Fragen sollten jedem holistischen Heilpraktiker gestellt werden:
1.) Mit welcher Art »Medizin« würden Sie einen Geist behandeln?
2.) Haben Sie wirklich eine medizinische oder pflegerische Ausbildung, um einen Geist zu diagnostizieren und zu therapieren?
3.) Ist »Geist« nicht vielmehr ein religiöser Begriff? Welche Religion praktizieren Sie an Ihren Patienten im Namen von Wissenschaft?

Holistische Medizin ist in Wirklichkeit Schamanismus, der im Abendland zu neuem Leben erweckt wurde.

Das Gebiet der Medizin hat zwar aufgrund der Habgier mancher Mediziner und der Inkompetenz einiger Heilpraktiker selbst ihre Probleme und Missbräuche, aber das soll hier nicht das Thema sein. Hier soll es nur um das Okkulte gehen. Die holistische Medizin behauptet, sich geheimnisvoller und übernatürlicher Kräfte zu bedienen. Deshalb können holistische Therapien nicht durch eine medizinische bzw. physiologische Erklärung unterstützt werden. Die angebliche »wissenschaftliche« Grundlage besteht einfach darin, dass sich in einigen Fällen gezeigt hat, dass die Methode »funktioniert«. Außer den bereits angeführten Techniken gehören auch Reflexzonenmassage, Strahlentherapie, Vitamin-Kinesiologie, Heilung durch Kristalle und Berührungstherapie zu den ganzheitlichen Methoden. Mangels Raum können wir hier nicht auf jede einzelne eingehen.

Nehmen wir beispielsweise Homöopathie. Jedermann kann sich geschäftlich als Homöopath niederlassen. Die ursprüngliche Lösung irgendeiner Substanz soll angeblich durch wiederholte Verdünnung zu einem Heilmittel werden, wenn keine messbare Spur dieses Elementes mehr in der Lösung verblieben ist. Solche wiederholten Verdünnungen verleihen der Homöopathie ihre einzigartige Kraft: eine geheimnisvolle »Kraft« in der Lösung, die kein Chemiker oder Physiker identifizieren kann. Ein amerikanisches Ärzteblatt warnte kürzlich: »Abgesehen von den spukenden Molekülen enthält eine homöopathische Lösung nichts anderes als Wasser und Alkohol. Somit können sie Ihnen wahrscheinlich keinen Schaden zufügen. Aber können Sie Ihnen etwas nutzen? Hüten Sie sich vor jedem – und jedem Produkt –, der oder das Ihnen verspricht, dort zu heilen, wo nichts anderes hilft.«

Eine erfolgreiche Invasion

Ein Leitartikel der Jerusalem Post schrieb kürzlich: »Wir leben in unbarmherzig stressreichen Gesellschaften … Unsere Ernährung strotzt von hormonverseuchtem Fleisch, Weißbrot ohne jede Nährstoffe und mit Chemikalien vollgestopften Früchten und Gemüse.«
Dann erklärte der Artikel das Ergebnis der weit verbreiteten Unzufriedenheit mit diesem Zustand:
»Der Trend schlug vor ungefähr 30 Jahren um, und zwar mit … der »alternativen« Medizin.  Zuerst hat das Ressort der wählerischen … und seltsamen, alternativen Medizin sich beträchtlich ausgeweitet … Heute wird sie von Ärzten in Universitäten und Krankenhäusern in Nordamerika, Europa und ganz Israel angewendet.
Israels erste Abteilung für Integrierte Medizin wurde 1991 am Assaf-Harofeh-Hospital eröffnet und behandelt bis zu 14.000 Patienten jährlich … Der Leiter, Dr. Shay Pintov, sagt: »Das ist Bestandteil des Trends in der gesamten westlichen Welt: Die Leute machen sich heute immer mehr Gedanken über ihre eigene Gesundheit und sind die chemischen Mittel leid …«

In den USA bieten jetzt über 400 Universitäten auf irgendeiner Ebene Schulung in verhaltensmäßiger [alternative] Medizin an … Erforschungen natürlicher und volkstümlicher Heilungsmethoden ist weltweit ein im Wachstum begriffenes Gebiet … Integrierter bzw. natürlicher Medizin … obliegt eine wichtige Rolle … Ihre Betonung der Geist-Körper-Beherrschung und Entspannung kann den unnachgiebigen Stress des postindustriellen Lebens beantworten. Ihr Nachdruck auf eine gesunde naturbelassene Ernährung spricht für sich selbst.

Dem Trend zu besserer Ernährung und weg von übermäßigem Gebrauch chemischer Präparate können wir nur beipflichten. Doch das abendländische Gesundheitswesen ist durch das Vertrauen auf mysteriöse, übernatürliche Kräfte aus holistischen Mitteln von einer Invasion des Okkulten befallen worden. Akupunktur beispielsweise wurde in China entwickelt, um den Körper wieder in Einklang mit der universalen Kraft namens Tao zu bringen, die sich aus Yin und Yang zusammensetzt. Ja, eine durch die Haut gebohrte Nadel kann durchaus eine förderliche Reaktion in einer Nervenbahn auslösen, aber das ist nicht die ursprünglich dahinter stehende Theorie. Dem Anthropologen Michael Harner zufolge (der der holistischen Bewegung sehr zugeneigt ist), ist der Begriff »holistisch« eine beschönigende Form für Hexerei, die jetzt als Schamanismus bekannt ist:
»Das aufkeimende Feld der Ganzheitsmedizin zeigt eine ungeheure Menge von Experimenten, welche viele bereits lange im Schamanismus praktizierte Techniken wiederfindet, wie beispielsweise Visualisierung, veränderte Bewusstseinszustände, Aspekte der Psychoanalyse, Hypnotherapie, Meditation, positive Einstellung [positives Denken/Denken in Möglichkeiten], Stressabbau und mentaler und emotionaler Ausdruck des persönlichen Willens zur Gesundung und Heilwerdung [positives Bekenntnis]. In gewissem Sinne wird Schamanismus im Westen wiederentdeckt, weil er gebraucht wird.«

Ein vor kurzem in der Los Angeles Times erschienener Artikel war betitelt: »Alternative Behandlung schleicht sich in die Schulmedizin.«
Okkulte Techniken wie Visualisierung von inneren Führern (die grundlegendste und wirksamste schamanische Praktik) und »Heilung durch Berührung« (der Versuch, durch meditierendes Halten der Hände ein paar Zentimeter über dem Körper des Patienten »Liebe und Wohlbefinden« zu vermitteln und die innere psychische Kraft neu auszurichten) werden in Krankenhäusern in ganz Amerika offen praktiziert.

Diese Bewegung, die »Spiritualität« in die Medizin einbringt, gewinnt in erstaunlichem Maße an Zuspruch und Aufschwung. Die bereits zitierte Psychologin von Harvard, Joan Borysenko, verkündet diese Botschaft allerorts. Eine Werbeanzeige für ihren Vortrag an der Universität von Alberta (Kanada) beschrieb sie als ausgebildet »in den großen spirituellen Traditionen der Welt« und als »fesselnde Rednerin … die Wissenschaft, Psychologie und Spiritualität auf einzigartige und vielsagende Weise in Verbindung bringt … und in Krankenhäusern ebenso zu Hause ist wie in Synagogen, Kirchen und öffentlichen Einrichtungen«.
Dr. Borysenko berichtet von ihrem ersten Versuch, professionelle Mediziner von der Idee zu begeistern, dass »spirituelles Wohlbefinden tatsächlich den Unterschied zwischen unserem Leben und Sterben bedeuten kann«:

Bei einem fachspezifischen Treffen sprach ich vor einer Gruppe von Gynäkologen und Geburtshelfern … und ich nahm alle meine Nerven zusammen und fing an, über das Wesen des Geistes und des Bewusstseins zu sprechen, über Gebet, Nahtod-Erlebnisse, Wunderheilungen … Ich hatte keine Vorstellung, wie sie reagieren würden und ich war … nervös, aber es wurde zu einer unglaublichen Erfahrung.
Noch nie zuvor waren hinterher so viele Leute zu mir gekommen, um mir von ihren Erfahrungen zu berichten, und das ging den ganzen Tag so weiter. Im Foyer hörte ich sie an jenem Abend an jeder Ecke ihre Geschichten austauschen.

Der »wissenschaftliche« Segen des »Gebets«

Eine Umfrage von 1996 ergab, dass 82 % der US-Amerikaner an die »Heilkraft des persönlichen Gebets« glauben und 77 % glauben, dass »Gott manchmal eingreift, um Menschen zu heilen, die unter einer schweren Krankheit leiden«, während nur 28 % an die »Fähigkeit von Wunderheilern glauben, andere durch ihren Glauben oder ihre persönliche Berührung heilen zu können«. Das Gebet als »spirituelle« Praktik gehört ebenfalls zur holistischen Herangehensweise – allerdings nicht das biblische Gebet zu dem einen wahren Gott.

Robert Schuller sagte beim »Larry King Live« zum 31. Mai 1997, dass Positives Denken oder Denken in Möglichkeiten eine Form des Gebets sei. Leider verbreitete Schuller damit das holistische bzw. okkulte Gebet. Anhänger jeder Religion – und sogar Atheisten – können Positives Denken praktizieren. Wie Harner aufzeigt, beinhaltet Schamanismus positive Erklärungen, die eine universale Kraft aktivieren sollen. Ein solches »Gebet« kann von daher an jeden Gott oder jede Kraft oder angebliche »höhere Macht« nach eigener Wahl gerichtet sein, oder sogar an die eigene innere Kraft oder das höhere Selbst.

Religion und Spiritualität jeder Art scheint da hilfreich zu sein. Infolgedessen ist »Glaube« zu einem wissenschaftlichen Begriff geworden, der nichts mit Wahrheit oder dem einen wahren Gott zu tun hat, auf den allein echter Glaube gerichtet sein kann. Eine Studie aus dem Jahr 1995 ergab, dass einer der »entscheidendsten Vorhersage-Faktoren für das Überleben nach offenen Herzoperationen das Maß an Kraft und Hoffnung ist, das die Patienten ihren Angaben zufolge aus [irgendeiner] Religion schöpfen … Menschen, die regelmäßig [irgendwelche] religiösen Veranstaltungen besuchen, haben … einen niedrigeren Blutdruck, weniger Herzkrankheiten, weniger Depressionen und einen allgemein besseren Gesundheitszustand als solche, die keine solchen Veranstaltungen besuchen«. Die Daten, die der international bekannte Herzspezialist Dr. Nicholas Fortuin zusammengetragen hat, besagen: »Menschen mit Glauben genesen um etwa 70 % schneller« als solche ohne Glauben. Und anscheinend bewirkt das jeder Glaube.

William Dempsey Jr., Arzt in einer Notaufnahme, glaubt, dass Ärzte »mit den Kirchenleuten zusammenarbeiten sollten« und dass die Zeit gekommen sei, dass »die Mauer zwischen Wissenschaft und Religion niedergerissen wird«. (Wir haben bereits gesehen, zu welcher Zerstörung des wahren Glaubens dieser Prozess führt.)

Dr. Dale Matthew, ein bekennender Christ und Mitglied von John Marks Templetons »Beratungsgremium des Informationszentrums für Bescheidenheits-Theologie«, stimmt zu: »Wissenschaftliche Erkenntnis hat die positiven Auswirkungen von Religion erwiesen. Als Arzt und Wissenschaftler kann ich sagen … dass Gebet – wissenschaftlich gesehen – nützlich für Sie ist. Die medizinischen Effekte von Glauben auf die Gesundheit sind keine Frage des Glaubens, sondern der Wissenschaft.«

Eine Patientin von Dr. Matthew, die »sich selbst nicht als religiös bezeichnete«, fand dennoch »Matthews Beachtung der spirituellen Dimension extrem hilfreich«. Sie sagte: »Wenn nicht diese spirituellen Besserungen gewesen wären, wäre ich heute wahrscheinlich nicht mehr am Leben.« Wenn man sich einem Geist öffnet, der nicht der Heilige Geist Gottes ist, kann das vielleicht für eine Zeit Vorteile mit sich bringen, aber für die Ewigkeit hat das bedrohliche Konsequenzen.

Herbert Benson aus Harvard fragt sich, ob es einen Gott gibt, der wirklich Gebet erhört. Jeffrey Levin sagt dazu: »Ich kann dieser Frage nicht direkt auf den Grund gehen, aber als aufrichtiger Akademiker kann ich sie nicht ausschließen.« Benson verweist jedoch auf den Placebo-Effekt:

»Jahrzehntelange Forschungen zeigen: Wenn ein Patient wirklich glaubt, dass eine Therapie hilfreich ist – selbst wenn es sich um eine Zuckerpille oder um Schlangenöl handelt –, dann hat dieser Glaube eine wirksame Heilkraft … Glaube an die medizinische Behandlung … [hat eine] wunderbare therapeutische Wirkung und führt in 60 bis 90% der behandelten Fälle üblicher medizinischer Probleme zum Erfolg. Doch … Glaube an eine unbesiegbare und unfehlbare Kraft birgt sogar noch mehr Heilkraft in sich … Das ist ein absolut wirksamer Glaube.«

Widerlegung von Jesu einzigartigem Anspruch?

Da religiöser Glaube jeder Art – und das trotz schwerwiegender Widersprüche zwischen den Religionen – zu denselben Erfolgen führt, kann man die Ergebnisse nicht der Wirksamkeit irgendeiner dieser Religionen zuschreiben. Alle diese »Glaubens«-Heilungen müssen auf den Placebo-Effekt zurückzuführen sein, der nicht von einer etwaigen Kraft in der Religion ausgelöst wird, sondern von dem Glauben, dass eine solche Kraft existiert.

Der Psychiater Peter Breggin sagt, es sei »wiederholt gezeigt worden, dass bis 50 % oder mehr von depressiven Patienten erfolgreich mit einer Zuckerpille behandelt werden können. Bei einigen Studien zeigten 90% der Patienten Erfolge aufgrund des Placebos.«

Für Heilungserfolge ist es offensichtlich belanglos, an was oder wen man glaubt (sei es an Buddhismus oder Hinduismus, an Mohammed oder Christus). Vielmehr scheint der Glaube an sich irgendeine innere Heilkraft auszulösen, die zur Heilung führt. Das stimmt allerdings nur bei psychosomatischen Problemen. Ein fester Glaube an ein angebliches Heilmittel sollte logischerweise das heilen können, was von einer Depression oder der Angst, krank zu werden, verursacht worden ist. Die meisten Gebrechen, unter denen US-Amerikaner leiden –, sowie die meisten »Heilungen« von »Glaubensheilern«, fallen in diese Kategorie. »Zwischen 60 und 90 % der Arztbesuche gehören in den Bereich des Geist-Körper-Zusammenhangs bzw. gehen auf Stress zurück«, meint Dr. Herbert Benson.

Die Bibel selbst unterstützt diese Vorstellung: »Ein fröhliches Herz bringt gute Besserung, aber ein niedergeschlagener Geist dörrt das Gebein aus« (Spr 17,22).
Mit dieser Aussage ist jedoch keine unbegrenzte innere Heilkraft oder ein grenzenloses menschliches Potenzial gemeint. Sie begrenzt die Wirksamkeit der Verbindung zwischen Geist, Emotionen und dem Körper auf die Art von heilender Förderung, wie man sie auch von einem guten Medikament erwarten könnte. Schlichte Tatsache ist, dass eine entspannte, glückliche und optimistische Haltung die normale Selbstheilungsfähigkeit des Körpers unterstützt.

In einem Artikel in Christianity Today (CT) schreibt der führende Evangelikale und Theologe J. I. Packer: »Anhand von Statistiken ist ersichtlich, dass jede Form von Gebet, ob von einem Christen oder Nichtchristen, die Genesung des Patienten fördert … Wenn Patienten den bestimmten Gott, zu dem sie üblicherweise beten, bitten, dass er sie behütet und heilt und die [ihrem] Gott vertrauen, dass er dies tun wird, entspannen sich innerlich auf eine Weise, die eine ganz natürliche therapeutische Wirkung hat.«

CT berichtet mit offensichtlicher Gutheißung: »Stiftungen, Regierungsbehörden, Schulkrankenhäuser und Universitäten fördern jetzt zahlreiche Studien, die einen wissenschaftlichen Nachweis für die Wirksamkeit von Gebet suchen. Im Juli … kamen Forscher von den Universitäten Georgetown, Duke und Harvard sowie vom Nationalen Institut für Gesundheitsforschung (NIHR) zusammen, um »eine Explosion der Forschung auf dem Gebiet von Religion und Gesundheit auszulösen«.
Die Konferenz war insbesondere darauf ausgelegt, »die Realisierbarkeit und Methodik zu ermitteln, wie ›der Glaubensfaktor‹ in die herkömmliche Gesundheitsfürsorge einzubringen ist«.
»Akademiker entwickeln … Methoden zur Erforschung eines wissenschaftlich erfassbaren Zusammenhangs zwischen Gebet und Heilung … Die bahnbrechende Studie, die zu diesem neuen Interesse führte, wurde 1984 von Randolph Byrd durchgeführt … [und untersuchte] annähernd 400 Patienten im San Francisco General Hospital.«

Die Begeisterung von CT ist schwerlich zu begreifen. Wir haben bereits gesehen, dass Vermischen von Wissenschaft und Christentum zu Verirrungen führt und auf Kosten der Wahrheit geschieht. Darüber hinaus würde ein Nachweis, dass das Beten zu irgendeinem Gott nach eigener Wahl heilt, gerade den Glauben an den Gott der Bibel untergraben, den CT doch eigentlich verkündet. Wozu auf Jahwe vertrauen, der Heiligkeit fordert, wenn es mit einem liberalen Gott doch genauso gut funktioniert? Der Artikel zitiert mehrere Kapazitäten (angebliche Christen) dahingehend, dass Siang-Yang Tan, Professor für Psychologie am Fuller Theological Seminary und Autor des Buches »Umgang mit chronischen Schmerzen«, sagt:
»Auf der Grundlage von Byrds Untersuchungenkönnen wir nicht sagen, dass ein durch Jesus dargebrachtes Gebet besser ist als das an Allah gerichtete Gebet eines Moslems … wir können nur sagen, dass überhaupt ein Gebet besser ist als gar kein Gebet … Man wird nie beweisen können, dass der jüdisch-christliche Gott der wahre Gott ist. Das kann man nur durch Glauben wissen.«

»Glaube« und »Beweise«

Ganz im Gegenteil: wir können und müssen beweisen, »dass der jüdisch-christliche Gott der wahre Gott ist«. Wenn Tan Recht hat, warum sollte dann überhaupt noch jemand an den Gott der Bibel glauben anstatt an die Macht aus »Krieg der Sterne« – oder weiterhin an Christus und nicht an Buddha oder einen Medizinmann? Wahrer Glaube ist kein Sprung ins Ungewisse, um überhaupt an »irgendetwas zu glauben«. Es muss einen festen Grund für den persönlichen Glauben geben. Petrus ermahnte die Christen:
Seid immer dazu bereit, denen Rede und Antwort zu stehen, die euch nach der Begründung eures Glaubens fragen (1.Petr. 3,15;

Wie wir bereits in anderen Büchern gezeigt haben (z. B. Jerusalem – Spielball der Völker und Die Frau und das Tier), gibt es Hunderte klar formulierter biblischer Prophezeiungen über Israel und den Messias. Die ganze Welt ist Zeuge geworden, wie diese Voraussagen in der Geschichte Israels und im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi unbestreitbar in Erfüllung gegangen sind. Es sind zu viele und zu spezifische Prophezeiungen, als dass ihre präzise Erfüllung durch Zufall erklärt werden könnte. Das ist ein einleuchtender Beweis, dass der Gott der Bibel der eine wahre Gott ist, dass die Bibel sein Wort und dass Jesus Christus der wahre und einzige Retter der Menschheit ist. Wenn es keinen derartigen Beweis gäbe, wäre der Glaube töricht. Wenn man sein ewiges Schicksal irgendeiner Religion, Kirche oder menschlichen Führung anvertraut, ohne einen hinreichenden Beweis für deren Vertrauenswürdigkeit zu haben, ist das geistlicher Selbstmord. Und ein solcher Beweis findet sich in keinem Buch als nur in der Bibel und für keine andere Person als nur für Jesus Christus.

Ja, Christus lebt im Herzen der Christen (Röm 8,9-11; Kol 1,27) und Gottes Geist bezeugt mit unserem Geist, dass wir seine Kinder sind (Gal 4,6). Doch Nichtchristen brauchen einen objektiven Beweis, und die Bibel bietet einen solchen. Jesus hat sich nicht zurückgehalten, zu beweisen, dass er lebt, und Paulus bewies aus dem Alten Testament, dass Jesus der Christus ist (Apg 9,22); Gleiches tat Apollos (Apg 18,28) und Gleiches müssen auch wir tun.

Wenn jemand einen solchen Beweis verstanden hat, kann er die Entscheidung treffen, sich dem Herrn Jesus Christus als seinem persönlichen Retter in Ewigkeit anzuvertrauen. Danach gibt Gott oftmals den nötigen Glauben an ihn, um Heilungen zu erleben, die spontan geschehen und keinesfalls als Placebo-Effekt erklärt werden können. Es gibt viele Berichte von unbestreitbar übernatürlichen Heilungen, die völlig von medizinischer Seite bestätigt werden. Solche Dokumentationen hier anzuführen, ist an dieser Stelle jedoch sowohl unnötig als auch nicht dem Sinn des Buches entsprechend.

Dr. Tan freut sich darüber, dass »die Menschen offener für Religion werden«, aber er ist zugleich besorgt, dass sie »offen werden für alle Religionen, einschließlich für alle Spielarten des New Age«. Damit hat er Recht. Und ohne den Beweis, dessen Existenz Dr. Tan leugnet, gibt es keine vernunftgemäße Grundlage für die Entscheidung zugunsten einer Religion oder eines Retters vor allen anderen.

Glaube an den Glauben – oder an Gott?

Viele Menschen, die sich selber als Christen bezeichnen, sind auf rein subjektiver und emotionaler Basis zu dieser Entscheidung gekommen.

Ihr Christsein ist auf sich selbst fixiert und hängt von ihren Gefühlen ab. Sie ziehen von Gemeinde zu Gemeinde und suchen nach Zeichen und Wundern, immer in der Hoffnung, eine neue Erfahrung zu machen und fleischlich Aufregendes zu erleben. Wie Paulus sagte, »ertragen sie nicht die gesunde Lehre« (2.Tim 4,3), die allein eine solide Grundlage für das Leben als Christ bietet. Viele meinen, sie seien Christen, weil sie ein offensichtlich übernatürliches Heilungserlebnis hatten, weil sie in einen tranceartigen Zustand gefallen sind, als sie von einem Glaubensheiler berührt wurden, weil ihnen heiße oder kalte Schauer über den Rücken gelaufen sind oder weil sie heftige Schüttelanfälle bekommen oder seltsame und unfreiwillige Laute von sich gegeben haben.

Für solche Christen (wenn sie überhaupt Christen sind) ist Gebet eine religiöse Technik, um das zu bekommen, was man möchte. Sie beten mit aller Kraft, um Gott zu überreden, ihnen doch ihre Wünsche zu erfüllen. »Glaube« ist dann der Kampf, das zu glauben, dass man das bekommt, wofür man betet. Wenn etwas jedoch eintrifft, weil man glaubt, dass es geschieht, braucht man Gott offensichtlich nicht. In Wirklichkeit ist man dann zu seinem eigenen Gott geworden und kann die Realität kraft des eigenen Geistes durch »glauben« schaffen.

Scharen von Menschen ist beigebracht worden (von Autoren und Fernsehevangelisten), sich nach persönlicher Aneignung von »übernatürlicher Kraft« auszustrecken. John Wimber und die Vineyard Christian Fellowship standen bei der Verbreitung dieser Illusion in vorderster Front. Zwar wird eine christliche Terminologie benutzt und manchmal werden zur scheinbaren Begründung Bibelverse zitiert, doch die Heilungsbewegung innerhalb eines großen Teils der heutigen Christenheit ist eher eine Mischung aus Irrlehre und Okkultismus, die mehr der Holismus-Bewegung gleicht als dem biblischen Christentum. Dieser »christliche Okkultismus«, auf den wir später noch zurückkommen werden, wird von John Goodwin, dem ehemaligen Pastor einer Vineyard-Gemeinde, beschrieben:
Wimber spricht von Heilung, als sei sie eine Technik, die jedermann erlernen könnte …
In seinem Heilungs-Video sagt er sogar: »Wenn ich für jemanden bete und dabei Informationen über meine fünf Sinne aufnehme und auswerte … strecke ich meine Antenne auch in die kosmische Realität aus und fange an, Informationen zu sammeln … Wenn du diese Hitze in deinen Händen spürst, weißt du, dass jemand geheilt werden wird.«

Das ist gefährlicher Tobak. Es ist wichtig zu verstehen, welche Verbindung besteht … zwischen den Vorgängen bei den Vineyards einerseits und der okkulten und New-Age-Bewegung andererseits … Sie sind alle miteinander verwandt, weil sie dieselbe Quelle haben.

Was aber ist dann wahrer Glaube? Jesus sagte: »Habt Glauben an Gott« (Mk 11,22). Glaube ist die Überzeugung, dass Gott das Gebet erhören wird – aber nur gemäß seinem Willen, zu seiner Zeit und auf seine Weise. Glaube versucht nicht, durch eine bestimmte Gebetstechnik Gottes Willen den eigenen Zielen zuzuneigen. Der wahre Gläubige versucht nicht, durch positives Denken, Denken in Möglichkeiten oder positives Bekenntnis die Erfüllung seiner Wünsche mental zu erzeugen, sondern betet in Unterwerfung unter Gottes Souveränität, Liebe und Weisheit ernstlich so, wie Jesus selbst gebetet hat: »Doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe« (Lk 22,42).

Im Gegensatz dazu vertritt holistische Medizin kein Anliegen für Wahrheit oder für den Willen Gottes, sondern nur für etwas, das funktioniert. Und sie beruht auf Techniken, die dem Gewissen und der Bibel widersprechen. Holistische Medizin versucht, eine okkulte Kraft anzuzapfen, und gerade mit diesem Versuch verwirft sie die Gnade des einen wahren und persönlichen Gottes, dessen Existenz und Souveränität sie leugnet. Die faszinierende Magie des Okkulten bringt gerade genug Ergebnisse zustande, dass ihre Opfer weiterhin an diesem Köder knabbern.

Eine neue internationale Illusion?

Die meisten Menschen denken zuallererst an ihr eigenes Befinden und Wohlergehen. Da sie von einer egozentrischen Sorge um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden vereinnahmt sind, werden viele zu leichtgläubigen Opfern von »Glaubensheilern« bzw. den Verfechtern der neuesten »alternativen« Therapien und Wundermethoden. Auf der Suche nach ewiger Jugend wenden sie ihre Zeit und ihr Geld auf, indem sie auf verlockende Angebote eingehen, die ihnen unglaubliche Ergebnisse versprechen. Das war der Fall bei Will Baron, der sagt: »Der Psychotherapeut Peter Blythe hat mein Leben total verändert. Aber ich bin ihm nie begegnet.« Alles begann, so sagt Baron, mit Blythes Buch Stress Disease (»Stresskrankheit«):

»Es führte in das »holistische« New-Age-Konzept ein, nämlich die Vorstellung, dass Körper, Verstand und Geist untrennbar zusammenhängen und dass alle drei harmonieren müssen, damit vollkommene Gesundheit resultiert …
Begeistert las ich von … Akupunktur, Homöopathie, Psycho-Chirurgie, Chakra-Gleichgewicht, Rebirthing, Urschrei-Therapie, Reiki, Edelsteinen und Bioenergetik. Die Beschreibungen dieser Methoden sprachen viel von »Energien«, »Gleichgewicht« und »Ganzheitlichkeit«. Durch alternative Heilungstechniken zum New Age verführt zu werden … scheint ein allgemeines Phänomen zu sein.«

Einer der bekanntesten Holismus-Gurus von heute ist Deepak Chopra, den Time in bewundernden Tönen als den »Kaiser der Seele« bezeichnete. Der London Daily Telegraph nennt seinen Bestseller Die Körperzeit »brillant und berauschend«. Die Washington Post beschreibt ihn als »blendend«, die San Francisco Chronicle als »erleuchtend«. Doch dieses Buch ist nichts anderes als ein Aufguss von fernöstlichem Mystizismus in pseudowissenschaftlichen und medizinischen Begriffen, eine clevere Präsentation des Hinduismus in einer für Abendländer attraktiven Weise:

»In dem vereinten Bewusstsein kann die Welt als ein Fluss des Geistes erklärt werden, welcher Bewusstheit ist. Unser ganzes Ziel ist es, eine vertraute Beziehung zum Selbst als Geist herzustellen. In dem Maße, wie wir diese Vertrautheit schaffen, machen wir uns die Erfahrung eines alterlosen Körpers und eines zeitlosen Verstandes bewusst …

Wenn Sie mit Ihrer eigenen inneren Intelligenz in Berührung kommen, kommen Sie in Berührung mit dem kreativen Zentrum des Lebens … Durch Lücken in unserer Selbsterkenntnis werden wir zu Opfern von Krankheit, Alterung und Tod.«

»Lücken in unserer Selbsterkenntnis« verursachen »Krankheit, Alterung und Tod«? Somit befinden wir uns einfach in Unwissenheit über unsere eigene Göttlichkeit und Unsterblichkeit? Das gesamte Buch, das so hoch gefeiert und in millionenfacher Auflage verkauft wurde, ist ein einziger Versuch zu beweisen, dass die Lüge der Schlange aus Eden wirklich die geheime Wahrheit ist und dass Chopra dies demonstrieren kann. Der verführerische Untertitel des Buches lautet Jung werden – ein Leben lang.
Doch Chopra selbst wird älter – genau wie wir alle. Mit einer entsprechenden Ernährung und Lebensweise lebt er unter Umständen länger als andere, doch schon bald wird der Tod seinen Tribut fordern. Doch noch immer schenken seine Anhänger solchen Torheiten wie der folgenden Glauben:
»Diese Möglichkeit [über Krankheit und Tod erhaben zu leben] ist im Osten immer als Tatsache angenommen worden. In Indien und China glaubt man von einigen spirituellen Meistern, dass sie infolge des Erreichens eines zeitlosen Bewusstseins Hunderte von Jahren gelebt haben …
Wenn der Fluch der Sterblichkeit gebrochen ist, können Sie die Angst, die dem Tod seine Kraft verleiht, fahren lassen … wenn Sie sich selbst in Begriffen eines zeitlosen, todeslosen Wesens sehen, erwacht jede Zelle zu einer neuen Existenz. Wahre Unsterblichkeit kann hier und jetzt erfahren werden … die Erfahrung eines zeitlosen Verstandes und eines alterlosen Körpers, die vom neuen Paradigma für uns vorbereitet wurde.

So sind wir also alle »todeslose Wesen«, die nur vom »Fluch des Todes« hinters Licht geführt wurden? Und es gibt tatsächlich intelligente Menschen, die dieser Lüge glauben? Niemand braucht den Tod zu fürchten, schreibt Chopra, weil wir als Bestandteile des universalen Energiefeldes alle unsterblich sind. Scharen von Menschen setzen ihre Hoffnung auf dieses Fantasievorstellung. »Wir sind überhaupt keine individuellen Wesen«, sagt Chopra, »sondern lediglich lokale Ausdrücke eines unendlichen, universalen Energiefeldes«.

Energie ist unpersönlich und unbewusst und hat deshalb mit dem menschlichen Geist und individueller Persönlichkeit nichts zu tun. Energie tritt in vielen Formen auf, einschließlich der Moleküle, die die Zellen von Pflanzen, Tieren und unseren Körpern bilden. Für uns ist es kein Trost zu wissen, dass bei Tod und Verwesung unseres Körpers die Energie nicht vernichtet wird, sondern nur in andere Formen übergeht. Die eigentliche Frage ist das Schicksal unserer unsterblichen Persönlichkeit in Seele und Geist – und nicht die Energie, die in unseren vergänglichen Körpern gebunden ist.
Chopra bietet zwar eine Menge richtiger Ratschläge für eine gesündere Lebensweise, doch macht er zugleich unrealistische Hoffnungen. Die Holismus-Bewegung wird von einer erstaunlichen Leichtgläubigkeit angetrieben, die von egozentrischen Motiven geschürt wird.

Ein Maß für die öffentliche Leichtgläubigkeit

Deepak Chopras Mitteilungsblatt vom November 1996 enthält ein interessantes Interview mit Dr. med. Christiane Northrup. Diese »Ärztin und Holismus-Wegbereiterin« verbreitet fernöstlichen Mystizismus und erklärt:
»Die Art und Weise, wie das Universum funktioniert, ist, dass wir alles auf uns ziehen, was wir in Schwingung versetzen.« John Marks Templeton lehrt ziemlich das Gleiche. Sagen Sie das einmal den Opfern von Vergewaltigung, Diebstahl und Mord! Haben sie etwa die erlittene Gewalt »in Schwingung versetzt« und somit auf sich gezogen?
Northrup sagt weiter: »Deepak spricht von einem Feld des absoluten Glücks und Wohlbefindens … das ist unser Geburtsrecht. Das ist es, wer wir sind.« Wirklich? Warum müssen wir uns dann in einen erweiterten Bewusstseinszustand versetzen, um zu erfahren, »wer wir sind«? Das Ausmaß dieser Wahnvorstellung wird nur noch von dem monumentalen Stolz übertroffen, der diese Idee bereitwillig akzeptiert. Doch die Bereitschaft zur Annahme eines solchen Unsinns hat Chopra zu einem Multimillionär und einem Prominenten gemacht. Seine Bücher haben sich in kurzer Zeit in 7 Millionen Exemplaren verkauft und die Gebühren für seine Seminare betragen 300 Dollar pro Paar oder mehr.

Chopra ist ein Hindu, der glaubt, dass das individuelle Selbst (Atman) identisch ist mit dem universalen Selbst (Brahman). Seltsam, dass wir uns nicht dementsprechend verhalten und uns selbst illusionieren müssen, um zu »erkennen«, was wir angeblich bereits sind! Er versucht unsere fehlende Brahman-Erfahrung dadurch zu erklären, dass »Ansammlungen von Gift … den freien Energiefluss durch Körper, Verstand und Geist beeinträchtigen«. Diese Illusion durchzieht die ganze holistische Medizin. Seine Ratschläge sind eine Mischung aus Hinduismus, insbesondere Agni (dem hinduistischen Feuergott) und Pranayama (Atemtechniken aus dem Yoga), zusammen mit allgemein üblichen Vorstellungen von gesunder Ernährung sowie den Lehren der hinduistischen Ayurveda-Medizin. »Das Gleichgewicht nach der Ayurveda-Medizin ist die Grundlage der Gesundheit«, sagt Chopra. Viele seiner Mediziner-Kollegen würden diese Aussage bestreiten.

Nachdem ein Leukämiekranker die Ayurveda-Praktik übernommen hatte und angeblich als geheilt erklärt wurde, starb er dennoch kurz darauf. Seine Witwe führte einen Gerichtsprozess, bei dem auch Chopra erwähnt wurde. Die Klage wurde schließlich abgewiesen und Chopra behauptete, nur minimal damit zu tun zu haben. Doch »in Chopras Büchern wird der Mann, der diese angebliche ›Heilung‹ erklärte … als ›vielleicht der bedeutendste … heute lebende Ayurveda-Arzt‹ beschrieben«
Chopra rät, um optimale Gesundheit zu erlangen, solle man »Schuldgefühle aufgeben«. Doch weder Chopras Hinduismus noch seine New-Age-Lehren bieten eine Grundlage für wirkliche Vergebung. Er sagt, dass Schuld »natürlich einfach eine Anklage gegen sich selbst ist«. Im Gegenteil: Der Mensch sündigt gegen Gott und das ist die Ursache seiner Schuld. Chopras Philosophie ist sowohl amoralisch als auch antichristlich.

Die Los Angeles Times bezeichnete Chopra als »New-Age-Superstar«. Chopra und zwei andere Ärzte indianischer Abstammung hatten einen Artikel in einer Ärztezeitschrift veröffentlicht, »der mit glühenden Worten für die Ayurveda-Medizin eintrat … Monate später veröffentlichte ein Schreiber [dieser Ärztezeitschrift] einen langen, ausführlich dokumentierten Artikel, der das Trio beschuldigte … aufgewärmte Transzendentale Meditation feilzubieten, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt … Chopra schlug mit einer Klage gegen [die Zeitschrift] zurück … die inzwischen abgewiesen wurde.«

Deepak Chopra behauptet: »Wir haben eine neue Wissenschaft.«In Wirklichkeit bietet Chopra keine Wissenschaft, sondern Religion an. Traurigerweise erliegen die Anhänger von Chopras Ratschlägen oftmals der okkulten Illusion und verfallen auch dem Hinduismus.

Marty Kaplan, Leiter eines Hollywood-Filmstudios, Drehbuchautor und Produzent, war einst »kultureller Jude, Agnostiker und heimlicher Nihilist«. Aus einem Buch von Chopra ließ er sich zur Meditation anregen und nahm den maßgeschneiderten falschen Gott des Okkulten – das Selbst – als seinen »Gott« an. Sein Wahn geht so weit, dass er glaubt, das wäre auch der Gott Jesu Christi gewesen. In einem Artikel mit dem Titel »Überraschungsangriff der Spiritualität« berichtet Kaplan begeistert von seiner tragischen Verstrickung im Okkultismus:

»Was mich an der Meditation so anzog, war ihre offensichtliche religiöse Neutralität. Man muss dazu an nichts glauben; man braucht sie nur einfach auszuüben … Ihre Spiritualität überfiel mich wie in einem Überraschungsangriff. Unwissentlich ließ ich mich auf eine Praktik ein, die seit Jahrtausenden das Herz des religiösen Mystizismus ist …

Der Gott, den ich gefunden habe, ist Mose und Mohammed, Buddha und Jesus gemein … was die Kabbala Ayin nennt, das Nichts … Geist, Dasein, das Alles.
Zuvor hielt ich übersinnliche Phänomene für New-Age-Unsinn. Reinkarnation hielt ich für einen Mythos. Die Seele hielt ich für eine Metapher. Jetzt weiß ich, dass es einen Gott gibt – meinen Gott, hier drinnen, der nicht Glauben fordert, sondern Erfahrung.«

Die Maharishi / TM-Connection

Als Chopra 1983 des Rauchens und Trinkens müde wurde, mit dem er sich als viel beschäftigter Chefarzt emotional über Wasser zu halten versuchte, besuchte er die indische Zentrale von Maharishi Mahesh Yogi auf. Er wurde zu einem nahezu fanatischen Konvertiten zur TM und reiste fortan durch die Welt, um Maharishis patentierte Ayurveda-Produkte unters Volk zu bringen. Bis 1987 war Chopra »Vorsitzender und alleiniger Aktionär von Maharishi Ayurveda-Produkte International. Er war ein Millionär, dem Maharishi einen Titel verlieh, der so viel bedeutet wie »Herr der Unsterblichkeit«. Wenngleich er sich inzwischen mit Maharishi überworfen hat,  hilft uns der folgende Auszug aus einem acht Jahre alten Zeitungsartikel, Chopra heute zu verstehen:

Der Mann, der gegenwärtig am verantwortlichsten für die Ausbreitung der Ideen des großen Weisen [Maharishi] zeichnet … ist Deepak Chopra, früherer Chefarzt des New England Memorial Hospital und jetzt Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für Ayurveda-Medizin …
Unter Maharishis Leitung hat Chopra zur Eröffnung von 60 Zentren für Ayurveda-Medizin in 23 Ländern verholfen … [und damit] die alte indische Heilkunst in der westlichen Welt eingeführt …
Der 42-jährige Chopra, der zweimal täglich 40 Minuten meditiert, verschreibt sie [Transzendentale Meditation] seinen Patienten routinemäßig. Er fing vor acht Jahren mit Meditation an … er und seine Frau Rita nahmen beide Unterricht …
Das veränderte sein Leben … Er brach mit Zigaretten, Kaffee und Alkohol und wurde »zehnfach effektiver …«

Inzwischen … gibt Chopra auf seinen Quantenheilungs-Seminaren Materialien heraus: »Wie ich meinen Körper sehe, wie ich ihn wahrnehme, bestimmt darüber, wie ich ihn erfahre. Meine Erfahrung des Körpers bestimmt meine Realität in Bezug auf ihn. Meine Interpretation meines Körpers bestimmt seine Realität, ja seine Moleküle … Jetzt bin ich bereit, meinen Körper neu zu interpretieren als ein Feld wechselnder Muster, die ich in Wirklichkeit unter Kontrolle habe.«

Es ist klar, dass sich Chopras Auffassung von Gesundheit und dem Körper von seiner TM-Praxis und der hinduistischen Lehre des Maya herleitet: Dass es »da draußen« keine objektive Welt gibt und wir selbst individuell unsere eigene Realität in unserem Verstand erzeugen. Wie absurd diese Auffassung ist, haben wir bereits gesehen. Chopra bestimmt die molekulare Zusammensetzung und Funktion seines Körpers ebenso wenig, wie er auf Essen und Trinken verzichten kann. Er kennt noch nicht einmal die Moleküle seines Körpers.

Wenn jemand erklärt, seine Gedanken würden die Moleküle seines Körpers erzeugen – Moleküle, die er weder sehen noch mit seinen Gedanken erfassen kann – verrät das eine psychotische Wahnvorstellung. Dass Scharen von Menschen Chopra glauben und für sich selbst das Erreichen eines solchen Zustandes erhoffen, zeugt von der verblendenden Macht des Okkulten. Es ist unbestreitbar, dass es sich bei Chopras Aussagen um absoluten Nonsens handelt. Die Moleküle seines Körpers bestehen aus Elektronen und subatomaren Teilchen, die die Wissenschaft noch gar nicht erklären kann. Aber er hat sie unter Kontrolle? Schwachsinn!

Wie intensiv TM mit dem Okkultismus verbunden ist, haben wir bereits an früherer Stelle gesehen. Chopras tiefe Verstrickung in die TM kann seine Wahnvorstellungen erklären. Der ganze Name »Transzendentale Meditation« ist unehrlich. Nichts Transzendentales ist daran. Mit TM kann man den wahren Gott nicht kennen lernen, der wahrhaft transzendent über allem steht. Stattdessen blickt man in sich selbst und versucht zu erkennen, dass man selbst Gott ist. Schauen wir uns das folgende Zeugnis von zwei weiteren ehemaligen TM-Lehrern an, Joan und Craig:

Joan: Die Initiation, die jeder durchexerzieren muss, ist ein hinduistisches Anbetungsritual zur Ehre der Hindugötter und Aufgestiegenen Meister, einschließlich Maharishis verstorbenem Guru Dev.

Als TM-Lehrer wurde ich aufgefordert zu lügen … ich sollte [den Initianten] sagen, dass das Mantra, das sie erhielten, ein bedeutungsloser Klang ist, dessen wiederholtes Aufsagen zur Entspannung verhelfen würde – wobei es in Wirklichkeit der Name einer Hindugottheit war, hinter der enorme okkulte Kräfte stehen.

Für diejenigen, die sich wirklich in TM hineinbegaben, war sie wie ein Raketenboot in einen anderen Bewusstseinszustand … Schließlich würden sie glauben, dass … sie zu Gott werden können.

Craig: Ich war mehrere Jahre tief in TM verstrickt, bevor ich allmählich merkte, dass ich mich einer Hindusekte angeschlossen hatte. Zu jener Zeit war ich jedoch so sehr darin eingebunden … als dass ich zurück gekonnt hätte …
Mehrere Hundert von uns aus aller Welt studierten einen Monat lang mit Maharishi in Europa, um TM-Lehrer zu werden … und die Auswirkungen davon waren zeitweise erschreckend.

Einige sahen beim Meditieren groteske Geister neben sich sitzen. Einige wurden von den Geistern angegriffen. Andere … überkam blinde Wut, sodass sie zum Mord genötigt wurden … Maharishi erklärte, dass so böses Karma aus vergangenen Leben abgebaut würde – ein notwendiger Teil unserer Reise zum »höheren Bewusstsein«.
Schließlich erreichte ich das »Einheits-Bewusstsein« … Das anfänglich euphorische Gefühl, endlich »am Ziel« zu sein … wich schon bald einer Panik. Ich hatte die Fähigkeit verloren, entscheiden zu können, was »real« war und was nicht.

Maharishi sagte mir, ich sollte mit dem Meditieren aufhören. Allmählich gelange ich einigermaßen zur Normalität zurück – doch litt ich weiterhin unter häufigen Rückfällen ins Einheits-Bewusstsein, ähnlich einem Flashback nach LSD. Nachdem ich in die USA zurückgekehrt war, arbeitete ich an Maharishis Internationaler Universität. Mein dortiger Zimmergenosse beging Selbstmord und ich wurde in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert.

Jenseits des Placebo-Effekts

Der Psychologe Albert Ellis, Präsident des Instituts für Rational-Emotive-Therapie, lässt sich von »wissenschaftlichen Nachweisen für Gebet« nicht beeindrucken. Er glaubt, dass »Besserung bei Patienten durch Gebet darauf zurückgeht, dass der Glaube ihr Immunsystem stärkt und nicht, weil tatsächlich ein persönlicher Gott eingreift. Ellis redet in den gleichen Tönen wie Sigmund Freud und witzelt, dass Religion ›irrationalem Denken und emotionaler Störung gleichkommt‹.«

Bei den Fällen, die mit einem Placebo-Effekt erklärt werden können, kann Ellis nicht widersprochen werden. Doch nicht alle Heilungen fallen in diese Kategorie. Es gibt spontane organische Heilungen, die unmöglich aus der Kraft der Suggestion resultieren können.

Darüber hinaus liegen kontrollierte Experimente vor, bei denen weder die Forscher noch die Probanden wussten, auf welche Gruppe das Gebet gerichtet war. Somit war ein Placebo-Effekt ausgeschlossen. Eine aktuelle Studie von Elisabeth Targ, der Leiterin der psychosozial-onkologischen Forschung eines medizinischen Zentrums in San Francisco, umfasste »20 zufällig ausgewählte schwerkranke AIDS-Patienten«. Für die Hälfte von ihnen wurde von »20 Glaubensheilern gebetet«. Niemand wusste, für wen gebetet wurde, doch die Ergebnisse waren ermutigend genug, »um eine größere Folgestudie mit 100 AIDS-Patienten zu rechtfertigen«.

Eine typische »Heilerin« bei dieser Studie war Eetla Soracco, die »aus christlicher, buddhistischer und indianischer Tradition schöpft«. Was sie als »christlich« bezeichnet, ist offensichtlich nicht biblisch, sonst stünde es in ernstem Widerspruch mit den »buddhistischen und indianischen Traditionen«. Bei solch einer Religions-Mixtur auf Seiten der beteiligten »Glaubensheiler« kann ein erzielter Erfolg keinem bestimmten »Gott« und keiner bestimmten Religion zugeschrieben werden.

Die Ergebnisse konnten auch nicht etwa dem »Glauben« der Patienten zugeschrieben werden. Ebenso wenig konnten die Ergebnisse auf eine Kraft zurückgeführt werden, die von den Betern projiziert wurde, da sie weder die betreffende Person selbst (nur den Namen) noch ihren Aufenthaltsort kannten. Es muss eine intelligente Regie über diese Sache gegeben haben, und zwar von einer nichtmenschlichen Quelle.

Joan Borysenko, Professor an der Harvard Medical School, sagt: »Wir sind bereits ganz. Unser eigenes innerstes Selbst, unsere höhere Natur … war stets vollständig und wird es immer sein. Was wir noch tun müssen, ist, unsere Kämpfe einzusetzen als Weg zurück zu diesem allerwichtigsten Teil unseres Selbst.« Borysenkos Erklärung klingt nicht wahr. Warum sollten wir kämpfen, um zu dem zurückzugelangen, was wir bereits sind? Und warum wurden nur die zehn Patienten »zufällig« als Gebetsobjekte ausgewählt, die sich in einem solchen Kampf befanden?

Auf der Suche nach einer Erklärung

Bei einer Konferenz an der Harvard Medical School wurde kürzlich »Spiritualität« mit Gesundheit in Verbindung gebracht, und die Referenten sprachen von einer »Spiritualität bei Patienten« als »ungenutzte Ressource«. Herbert Benson von Harvard schreibt in seinem neuesten Buch Heilung durch Glauben:

Unser genetischer Plan hat zum Glauben an einen unendlichen, absoluten Teil unserer Natur geführt. Die Evolution hat uns so ausgestattet, um unsere einzigartige Fähigkeit zur Reflexion unserer eigenen Moralität auszugleichen. Um dieser fundamentalen Existenzangst zu begegnen, haben Menschen auch einen Anschluss zu Gott.

Wieder stehen wir vor dem höchst erstaunlichen Unsinn aus dem Munde eines Universitätsprofessors: Obwohl Gott nicht existiert, ist es für Menschen vorteilhaft, an einen nichtexistenten »Gott« zu glauben. Da die »Kraft« hinter der Evolution wusste, dass der Glaube an diesen imaginären »Gott« einen wirksamen Placebo-Effekt haben würde, führte sie deshalb diese Fantasie in unseren genetischen Bauplan ein. Welch haarsträubende Fantastereien die Leute sich doch zurechtbasteln, wenn sie versuchen, der moralischen Verantwortung gegenüber dem Gott zu entkommen, der sie erschaffen hat!

Wenn nur ein Placebo-Effekt funktionieren soll, ist es egal, was oder an wen man glaubt. Der Glaube an sich aktiviert eine innere Kraft. Die Evolution braucht uns dann gar nicht mit einem »Glaubensanschluss an Gott« ausgestattet zu haben. Wäre es nicht besser gewesen, die Evolution hätte uns mit dem Glauben an uns selbst ausgestattet, damit wir nicht Seminare besuchen müssen, wie man sein Selbstbild aufbaut und Yoga praktiziert, um zu erkennen, dass unser wahres Selbst Gott ist?

Dessen ungeachtet erklärt Rhawn Joseph, ein Neurologe an einem medizinischen Zentrum in Kalifornien, in offensichtlich voller Übereinstimmung mit Benson: »Die Fähigkeit zu religiösen Erfahrungen hat eine neuroanatomische Grundlage.« Wie erstaunlich ist es doch, dass dieser Fantasieglaube an einen nichtexistenten Gott in Verbindung mit neurologischen Mechanismen funktioniert, die die Evolution entwickelt hat, damit sie diesen Glauben begleiten! Und diejenigen, die diesen unverschämten Hokuspokus verbreiten, spotten dem wahren Glauben an Gott! Jesu Worte treffen sicherlich auch auf die heutigen Pharisäer der religiösen Wissenschaft zu: »Ihr blinden Führer, die ihr die Mücke seiht, das Kamel aber verschluckt!« (Mt 23,24).

Vorsicht, Betrug!

Obgleich wir vor dem Okkulten (dämonischen Mächten) hinter einem Großteil der Holismus-Bewegung warnen müssen, ist nicht alles daran Okkultismus. Es gibt auch viele Schwindel, die auf Täuschung beruhen, während sie vorgeben, eine geheimnisvolle Kraft zu haben. Das gilt insbesondere für viele so genannte Psycho-Chirurgen, vor allem auf den Philippinen und in Mexiko. Trickkunst wird ebenfalls von Hexenmeistern im Dschungel angewendet, wo man meinen würde, das wäre nicht nötig, weil Satan dort unangefochtene Macht habe.

1930 veröffentlichte Franz Boas einen Teil einer Autobiografie eines Schamanen vom kanadischen Kwakiutl-Stamm. Dieser berichtet, wie sich seine Initiation in den Schamanismus vollzog, als er die Heilungstechniken der Schamanen in seinem Stamm beobachtete. Während der Heilungszeremonie lokalisiert der alte Schamane unter Beistand von vier anderen Schamanen den Krankheitsherd in der Brust des Patienten, saugt etwas daraus hervor, das wie ein blutiger Wurm aussieht, erklärt, er habe die Krankheit entfernt und singt sein heiliges Lied. Er erbricht Blut und ein Stück eines leuchtenden Quarzes, den er in die Luft wirft. Mit dessen »Verschwinden« verkündet er, dass er es in den Magen des künftigen Schamanen geschossen habe. An diesem Punkt wird Letzterer eingeladen, Schamane zu werden und entschließt sich, die Einladung anzunehmen.

Der vierjährige Kursus umfasst Techniken zur Täuschung von Patienten und überzeugt zum Glauben, dass Magie stattgefunden habe, während in Wirklichkeit alles auf Täuschung beruht. Bei dem »blutigen Wurm« handelt es sich lediglich um ein Stück Adlerdaunen, das vor der »Heilung« im Mund platziert und in Blut getränkt wurde, indem sich der Schamane seine Zunge anbeißt. Der vielleicht interessanteste Teil dieser Geschichte ist die Tatsache, dass seine Techniken derart einleuchtend waren, dass die Leute scheinbar tatsächlich geheilt wurden. Sie waren nämlich überzeugt, dass er die Krankheit oder das Übel entfernt hat. Das ist wieder der Placebo-Effekt.

Das soll nicht heißen, dass alle Schamanen Gaukler sind. Manche sind tatsächlich Diener Satans und Dämonen wirken durch sie auf erstaunliche Weise, damit ihre Anhänger an ihre falsche Religion gebunden bleiben. Wade Davis erklärt etwas von der holistischen Medizin in der haitianischen Voodoo-Gesellschaft. Das hört sich alles wohlvertraut an:
In der Voodoo-Gesellschaft ist der Arzt zugleich der Priester, denn der Zustand des Geistes … bestimmt den natürlichen Zustand des Körpers. Gute oder schlechte Gesundheit resultiert … aus dem richtigen oder falschen Gleichgewicht der Person … Gesundheit ist ein Zustand der Harmonie … etwas Heiliges … für die Götter …
Zur Wiederherstellung der Gesundheit des Patienten gehört u. U. eine Anzahl von Techniken. Auf materieller Ebene umfassen sie Kräuterbäder und Massagen … und, was vielleicht am wichtigsten ist, ein Opfer: dass der Patient der Erde eine Gabe der Lebensenergie zurückbringt.

Aber es ist der Eingriff auf der spirituellen Ebene, der letztlich das Schicksal des Patienten bestimmt, und dazu wird der Priester zum Sklaven der Naturgeister. Der Geist wird entweder in den Kopf des Priesters oder eines Helfers gerufen, und wie ein Orakel teilt der natürliche Körper des Menschen das Wissen der Götter mit.
Es gibt viele holistische Heilpraktiker, die aufrichtig sind, die aber selber verführt sind und wirkungslose Techniken erlernt haben. Wir haben einige davon aufgeführt. Der Leser mag nun selber nachforschen und bedenken: Wenn es keine natürlich-medizinische Erklärung gibt, ist die Therapie entweder ein Betrug oder aber, wenn sie funktioniert, steht womöglich eine okkulte Kraft dahinter.

Holistische Medizin ist eindeutig ein wichtiger Brückenkopf für die okkulte Invasion. Sie scheint die Existenz einer geheimnisvollen Heilkraft nachzuweisen, die jeder durch »Glauben« nutzen kann. Sie unterstützt die These von Al Gore, dass diese Welt »Glauben an eine höhere Macht braucht, welchen Namen auch immer man ihr gibt«. Holistische Medizin ist nur ein weiterer Riesenschritt der Menschheit hin zur künftigen Weltreligion des Antichristen.

Aus : Dave Hunt   DIE  OKKULTE  INVASION

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Aids – Strafe Gottes? (G.Huntemann)

Georg Huntemann

AIDS –  Strafe Gottes für eine lustverfallene Zivilisation?

1. Lust und Last einer lustbetonten Zivilisation

«Was habe ich erreicht?» war die Lebensfrage eines alten Menschen im patriarchalischen Zeitalter. «Wie habe ich mich gefühlt?» ist die Frage im matriarchalischen Zeitalter der lustbetonten Zivilisation. Heute geht es weniger um ein zu erkämpfendes Ziel als um den erfüllten Augenblick eines Wohlgenusses. Emotionale Revolution bedeutet, daß Lebensqualität nicht mehr als sinnhaftes Dasein erkämpft, sondern lustvoll verbraucht werden soll. So treten an die Stelle der alten Werte wie Sinn, Pflicht, Opfer, Entscheidung. Verzicht, Leidensfähigkeit usw. die neuen emotionalen Werte wie Einfühlsamkeit, Zuwendung, Annahme, Wohlfühligkeit, Lust, Spaß, Zärtlichkeit, Anpassung usw. Frauliche Werte lösen männliche ab.

In der emotionalen Revolution sucht eine neue Generation die emotionale Ekstase. Befreiung von der Last des Gewissens und Klarheit des Bewußtseins, vor allem von der fordernden Realität des Alltags wird durch Eintauchen in die Welt der Gefühle wie in eine Rauschkugel ermöglicht. Durch ekstatisch-rhythmische Rock-Pop-Musik im Electronic-Water dröhnender Geräuschfluten mit gleichzeitig visuellen Stimulierungen durch verwirrende Lichtkaskaden wird das Eintauchen in die Gefühlsorgie perfektioniert. Junge Leute geraten in Verzückung – in die Ekstase.

Ek-stasis ist Dasein außerhalb der personalen Ganzheitlichkeit von Dasein, Fühlen und Gewissen. Ekstase depersonalisiert und chaotisiert menschliches Leben. Neben orgiastischer Musik sind Droge und Sexualität die Mittel, um ekstatisches Dasein oder besser ekstatisches Außersichsein zu verwirklichen.

Heute wird Sexualität weitgehend zu einem Instrument des Abtauchens aus der Wirklichkeit in die bergende Schutzhülle einer emotionalen Rauschkugel. Sexualität beschreitet daher nicht mehr den langen und umständlichen Weg der Liebe oder des Verliebtseins, auf dem die eigene Existenz selbst als personales Engagement eingebracht werden muß. Sexualität ist heute im Zeitalter des häufigen Partnerwechsels geradezu die Flucht vor dem Ich und der Wirklichkeit der Welt. Apersonale Sexualitätsmanie zerstört jene Ordnungen, die das biblische Gebot als Schöpfungsordnungen bejaht und beschützt: Die Ehe und die Familie. In der Bundesrepublik Deutschland kommen auf drei Eheschließungen eine Ehescheidung. Dabei sind jene Partner, die voneinander getrennt leben, aber aus wirtschaftlichen bzw. steuerlichen Gründen keine Ehescheidung eingehen, noch unberücksichtigt – sie sind auch gar nicht zählbar. 2,5 Millionen leben unehelich in freien Partnerschaften und zweihundert- bis dreihunderttausend ungeborene Menschenleben werden jährlich abgetrieben.

Die emotionale Revolution ist die grausame und zugleich schleichende Herausforderung des Christentums in dieser zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Kann so etwas gutgehen? Kann solch eine Rebellion gegen Gottes Gebot ohne Folgen bleiben?

Im Höhepunkt dieser emotionalen Revolution brach eine neue, bisher unbekannte Krankheit aus, die man Ende der siebziger Jahre in den USA als AIDS, d. h. als erworbenes Immundefektsyndrom registrierte. Sie wird durch ein Virus ausgelöst, das als HIV Virus (Human Immunodeficiency Virus) das Abwehrsystem des menschlichen Körpers gegen Krankheit zerstört. Dieses Virus wurde in jenen Randgruppen der US Zivilisation entdeckt, in denen die emotionale Revolution in der Szene von Drogen, Homophilie und Prostitution die Grenze zum Extremen überschritten hat.

Mit den sich ausbreitenden Zerstörungsflächen dieser Krankheit aus den Randgruppen heraus bewegt sich die emotionale Revolution dieses Jahrhunderts am Rande einer Katastrophe. Ein amerikanisches Forscherteam (Masters, Johnson, Kolodny – «Das verdrängte Risiko», 1988) geht davon aus, daß die wirkliche Gefahr dieses Virus heute entweder noch gar nicht hinreichend erkannt sei oder bewußt heruntergespielt würde. Statt 1,5 Millionen gäbe es heute in den USA in Wirklichkeit schon 3,0 Millionen – abgesehen von den mindestens 10 Millionen Infizierten in Afrika. Vor allem sei beunruhigend, daß sich das AIDS Virus langsam aber sicher auf die jungen Mitglieder der Bevölkerung zu bewege, vor allem auf die 14- bis 25jährigen, wobei nicht nur die Randgruppen der emotionalen Revolution erfaßt werden, sondern auch die sich nach unseren gegenwärtigen Maßstäben sexuell normal verhaltenden Bürger. Damit wären nicht nur die Homophilen, Prostituierten und Drogensüchtigen, sondern auch jene Gruppen der Bevölkerung von der AIDS Gefahr bedroht, die nach Maßstäben leben, die in diesem emotionalen Zeitalter als völlig normal gelten. Gleichzeitig ist es eine Erfahrung der Menschheit, daß eine Seuche sich solange ungehindert und mit Vehemenz ausbreitet, bis ein wirksames Gegenmittel gefunden ist, wobei die planetarisch verkehrstechnische Vernetzung ein unvergleichlich forcierender Faktor bei dieser Ausbreitung ist. Das HIV-Virus wurde 1984 zwar genetisch entschlüsselt, aber ein Mittel zu seiner Bekämpfung gibt es bis heute nicht. Für das Jahr 1991 rechnet die Weltgesundheitsorganisation darum mit 50 bis 100 Millionen AIDS Infizierten auf dieser Erde.

Man kann mit einem HIV-Virus keine Experimente an Menschen machen, denn das Virus ist tödlich. Aus diesem Grunde herrscht immer noch weitgehend Unklarheit darüber, wie groß die Übertragungsgefahr wirklich ist. So kann z. B. ein Virus im getrockneten Blut bei Zimmertemperaturen drei Tage überleben. Es kann durch Blut und Körperflüssigkeit (Speichel) und im Blut auch außerhalb des Körpers übertragen werden. Auch gilt als sehr wahrscheinlich, daß jeder mit einem HIV Virus Infizierte eines Tages auch wirklich durch AIDS ruiniert wird.

Zweifellos gäbe es ohne die emotionale Revolution diese AIDS Krankheit nicht. Kein AIDS ohne emotionale Revolution, keine emotionale Revolution ohne AIDS. Ist AIDS die Rache Gottes für diese emotionale Revolution einer lustverfallenen Zivilisation?

Auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Frankfurt 1987 konnte der Hamburger Theologe Linder Jubel und Jauchzen ernten, als er meinte, Sexualität müsse Spaß machen und sei nicht an eheliche Partnerschaft gebunden, und die Theorie mit der Strafe Gottes sei theologisch nicht zu rechtfertigen.

Um so eindringlicher stellt sich die Frage: Ist AIDS Rache Gottes, wie ein amerikanischer Prediger einmal gesagt haben soll?
Um diese Frage zu beantworten, soll ein Bereich dieser emotionalen Revolution, eben die sexuelle Revolution, als Herausforderung des Christentums bedacht werden.

2. Die Revolution der Haut

Wann die sogenannte sexuelle Revolution begann, läßt sich rückblickend gar nicht so einfach beantworten. Für Deutschland könnte der Erste Weltkrieg und die Zeit danach vielleicht als der Beginn dieser sogenannten sexuellen Revolution angesehen werden. Seit den Zwanzigern, aber auch in den dreißiger Jahren und dann nach dem Zweiten Weltkrieg hat die «sexuelle Freizügigkeit» als eine Enttabuisierung der Sexualität sich fast geradlinig und konsequent durchgesetzt. Wie ich in meinem 1971 veröffentlichten Buch «Aufstand der Schamlosen» bereits nachgewiesen habe, wurde dabei die Enttabuisierung, also die Überwindung der Scham als totale Versachlichung der Sexualität, immer mehr propagiert. In den sechziger und ablaufend in den siebziger Jahren wurde für diese sexuelle Revolution dann so etwas wie eine Art Doktrin ausgebaut. Worum ging es? Ein einfaches Beispiel:

Arno Plack schrieb im Jahre 1971 das Buch «Die Gesellschaft und das Böse». Hier geht er davon aus, daß die Ursache des Bösen (und das war für ihn die Aggression) als Ursache allen Unheils in unserer modernen Gesellschaft darin zu suchen sei, daß Sexualität verdrängt werde. Darum wurde ihm die Emanzipation der Sexualität gerade zum Heilmittel für die Gesellschaft überhaupt.

Emanzipation bedeutet im Blick auf Sexualität, daß es nichts geben darf, was die Entfaltung der sexuellen Lust hindert. Dabei geht man von der Voraussetzung aus   so etwa Herbert Marcuse ganz im Gegensatz zu Siegmund Freud   daß der Mensch durchaus die Möglichkeit habe, glücklich zu werden, wenn er sein Bedürfnis nach Lusterfüllung restlos und vor allen Dingen hemmungslos betätige. Es steht also ein ganz bestimmtes Verständnis hinter der sexuellen Revolution: Der Mensch lebt auf einem Ozean von Lustfähigkeit. Er muß nur diesen Ozean von Lustfähigkeit entdecken und ausleben. Das kann er aber nur, wenn Sexualität enttabuisiert wird. Denn alles, was der Auslebung der Sexualität entgegensteht, wie Scham, Gesetze, Verbote und Ordnungen, muß aufgehoben werden. Man könnte so sagen: Die sexuelle Revolution geht von der Voraussetzung aus, gut ist, was Lust schafft, böse ist, was Lust unterdrückt.

So sagte beispielsweise Günther Amend in seinem Buch «Sexfront», das 1970 erschien, im Blick auf die Onanie: «Es gibt keine Onanie Richtlinien. Onaniere so oft, so viel oder so wenig wie du willst und solange es dir Spaß macht.» Ja es sei sogar nötig, zur Entfaltung des Lustpotentials Jugendliche darüber aufzuklären, wie man sinnvoll masturbiere. In diesem Zusammenhang zitierte er das Kirchenlied «So nimm denn meine Hände und führe mich»   als Anleitung zur Masturbation. Das Kirchenlied als Masturbationsdemonstration führt zum Kern der Christentumskritik: «Mir ist beim Studium der katholischen, teilweise auch der protestantischen Sexualaufklärungsschriften erstmals klar geworden, was der Begriff ‘Sexualverbrechen’ eigentlich meint und auf wen die Bezeichnung Sexualverbrechen zutrifft – auf die Verfasser dieser Schriften.»

So erhebt Amend schwere Anklage gegen das Christentum, weil es die Auslebung der Sexualität hindere. Vor allem geht es ja in der sexuellen Revolution darum, – wie es in der «Broschüre zur Jugendpolitik» der Grünen aus dem Jahre 1987 heißt – über die «heterosexuelle Mann Frau Kombination» hinauszukommen und alle Möglichkeiten sexueller Lusterfüllung wahrzunehmen. So hat Claesson in seiner «Sexualinformation für Jugendliche» schon Ende der sechziger Jahre auch den geschlechtlichen Verkehr mit Tieren durchaus als eine Möglichkeit geschlechtlicher Verwirklichung hingestellt unter der einzigen Voraussetzung, daß Tiere dabei nicht gequält werden. Und die Grünen regen an, lesbische und schwule Emanzipationsgruppen zu forcieren, damit die Sexualität nicht nur in der Begegnung zwischen Mann und Frau erlebt werden kann.

Klassisch war in den siebziger Jahren für den gezielt antiautoritativen Charakter der Sexualrevolution das Mitspieltheater «Rote Grütze», eine Übertragung des schwedischen Aufklärungsbuches «NY – Du der Same, ich das Ei». In diesem Schauspiel, das sich als Mitspieltheater verstand, ging es darum, schon das sexuelle Verhalten der Kinder zu verändern. Im Anhang dieses Stückes heißt es darum: «Meine Arbeit für mich war nun, die Lust beim Vögeln und Schmusen und Ficken und Bumsen und Küssen und Streicheln auszudrücken und auszusprechen.» So gibt dieses Regiebuch Anweisungen, wie man dieses Stück aufführt mit dem Ziel, verändernd auf das Sexualverhalten der Kinder einzuwirken. Ziel ist, die Kinder sexuell zu stimulieren.

Darum ordnet die Regie an, daß bei der Vorführung dieses Aufklärungstheaters Kinder von den Eltern getrennt werden. Um so eher meint man Scham und Tabus abbauen zu können. Zwänge sollen aufgehoben werden. Zwänge können aber nur dann aufgehoben werden, wenn Autorität zerstört wird.

Keine sexuelle Revolution ohne die Zerstörung der Autorität – das ist ein Grundelement der sexuellen Revolution, das heute weitgehend verkannt wird. So werden die Kinder aufgerufen, Mutter und Vater zu spielen. In diesem Vater Mutter Kind Spiel wurden dann die Eltern zum Symbol für repressive Autorität, die also letzten Endes den Spaß der Sexualität unterdrücken. Schon dieses, daß Kinder von ihren Eltern zu Sauberkeit und Ordnung angehalten werden, sei Unterdrückung der Lust. Besser lustbetont in Unordnung und Schmutz, als lustverdrängend in Sauberkeit und Ordnung.

Vor allem aber soll die Scham abgebaut werden. In dem sogenannten Traum von Kacke und Kakao sagt der Vater: «Ich schäme mich so, wenn ich kacken tu». Und alle Kinder sagen nun: «Der Mensch ist ein Mensch, und der Mensch kackt ins Klo, drum schäm’ dich nicht, drum schäm’ dich doch nicht.»

Was irgendwie mit Lustentfaltung zu tun hat, soll auch «veröffentlicht» werden. Die Sexualität soll heraus aus der privaten Sphäre oder aus der Intimsphäre. Warum soll der sexuelle Akt nicht öffentlich, in der Gemeinschaft mit anderen Menschen ausgeübt werden? Dies ist natürlich nur dann möglich, wenn Scham und Tabus überwunden werden. Erst dann sei der Mensch – so der Sinn dieser sexuellen Revolution – vollauf gemeinschaftsfähig und von aller Repression befreit.

Aus dieser Sicht der Dinge kann die Ehe natürlich nur repressiv beurteilt werden. So sagt in diesem Mitspieltheater «Rote Grütze» die Spielerin Helma: «Muß man verheiratet sein, wenn man zusammen schmusen will und vögeln?» Die Kinder werden nun durch geschickte Regie von Frage und Antwort gegen die Ehe sensibilisiert. Es wird die Frage gestellt: «Wer ist dafür, daß man nicht verheiratet sein muß?» Auf diese Frage hin erfolgt eine Abstimmung. Die Indoktrinierung durch dieses Mitspieltheater hat sich meistens dann so ausgewirkt, daß die meisten Kinder gegen das «Verheiratet sein-müssen» votieren.

Es geht in solchen Stücken oder ähnlichen Aufklärungsschriften, mit denen unsere Kinder im Rahmen einer sexuellen Revolution konfrontiert werden, nicht nur darum, daß Tabus und Scham abgebaut werden, sondern die Jugendlichen werden auch direkt zur Sexualität stimuliert. So werden sie in diesen und ähnlichen Stücken aufgefordert zum Zärtlichkeitsspiel. Sie sollen einander anfassen und streicheln. Der direkte körperliche Kontakt ist das Ziel dieser Unternehmung. Aus diesem Grunde wurden sie ja im Mitspieltheater «Rote Grütze» vorher von den Eltern getrennt. Und eine Puppe demonstriert nun, wie man Zärtlichkeit als sexuelle Vorspielhandlung verwirklicht. Die leiblichen Kontakte sind wichtig. Natürlich geht es dabei nicht nur um heterosexuelle Kontakte, also zwischen männlichen und weiblichen Kindern, sondern ganz im Gegenteil – Mädchen mit Mädchen, Jungen mit Jungen, aber auch Jungen mit Mädchen – alles, was durch Berührung Lustgefühle schafft, ist gut.

Aber diese sexuelle Revolution hat nicht nur einen antiautoritären, sondern vor allem auch einen politischen Zweck. Sexuelle Befreiung hat seit jeher ein politisches Ziel. Ja man kann fragen, ob die emotionale Revolution nicht im Grunde genommen das Instrument einer politischen Revolution ist. Ein Verhaltensforscher wie etwa B. S. Skinner gibt offen zu, daß der «Einstieg» in die Sexualität eigentlich nur dazu dient, an dem Punkt, an dem der Mensch am unmittelbarsten betroffen ist, eine Veränderung des Menschseins auch im politischen Sinne vorzunehmen. Befreiung der Sexualität ist das vorletzte Ziel. Das letzte Ziel war und ist die herrschaftsfreie Gesellschaft, die Zerstörung der elterlichen Autorität, die Vernichtung der Familie.

In dem besagten Mitspieltheater «Rote Grütze» fordern Hänsel und Gretel die Eltern auf, zu schmusen «in einem Spiel ohne Grenzen», wobei die Kinder kritisch zusehen sollen. Und sie fragen nun die Eltern: «Warum tut ihr das so selten, warum so wenig?.» Und die Antwort der Eltern bekennt, daß sie durch Ängste gelähmt seien, Ängste vor dem Vater, vor dem Lehrer, dem Arbeitgeber und dem Vorgesetzten, die ihnen von Jugend an eingeimpft seien. Angst vor der Arbeit und dem Arbeitgeber, eben vor der Autorität und Arbeit schlechthin, ist Ursache des Unglücks. Dann, nachdem die Eltern sich so vor ihren Kindern ausgesprochen haben, besser noch: vor den Kindern gebeichtet haben (wobei die Kinder als lustbetonte Menschen in diesem Stück den neuen Menschen verkörpern, die Eltern, die in Herrschaftsstrukturen groß geworden sind, noch der alte Mensch sind, kommt es zu einem Lied, das alle auffordert, sich als die Werktätigen zusammenzutun und gegen die Bosse zu kämpfen. Und dann heißt es: «Und so, liebe Freunde, hört das Märchen auf und fängt das Leben an. Vater, Mutter, Hänsel und Gretel streichen die Angst Stück für Stück aus ihrem Leben heraus und was holen sie in ihr Leben rein?» Die Antwort der Kinder im Chor: «Die Freude, das Glück, den Mut, die Freundlichkeit, die Liebe, das Ficken.»

Es ist auffällig, daß in diesem Mitspieltheater Ausdrücke gebraucht werden, die man bislang als obszön verurteilt hatte. Der Gebrauch dieser Ausdrücke ist keine Nachlässigkeit oder zufällige Schlamperei oder «Verproletarisierung». Ganz im Gegenteil – die Anwendung dieser Ausdrücke erfolgt völlig bewußt, weil die Meinung besteht, durch die Anwendung dieser lustbetonten Vulgärsprache sexuelle Lust zu stimulieren. Die emotionale Revolution als solche zeigt sich hier als eine Absenkung des herkömmlichen Lebensniveaus. Formen der Höflichkeit, Zurückhaltung und Scham werden bewußt durchbrochen. Das Vulgäre, Unbeherrschte zieht ein in unsere Gesellschaft.

Diese Beispiele mögen deutlich gemacht haben, daß die sexuelle Revolution eine antiautoritäre Revolution ist. Familie, Ehe und Eigentum sind in der emotionalen Revolution dieses 20. Jahrhunderts die Erzfeinde des Umsturzes.

Schon 1936 hat der Kommunist Wilhelm Reich die Ehe als eine Privatisierung der Sexualität verstanden. Ehe bedeutet, daß der Mann sein Privateigentum auf die Frau anmeldet. Ernest Borneman hat dann in seinem Buch «Das Patriarchat» diese These in den siebziger Jahren nun schon im Übergang zum Feminismus noch schärfer herausgestellt. Die Ehe sei das Urbild, ja die klassische Form des Privateigentums und deswegen der Feind einer sich emanzipierenden Gesellschaft. Folgerichtig hat dann Barbro Brackberger 1967 in dem Buch «Das verkrüppelte Frauenideal» die Ehe dadurch bekämpft, daß sie die Mütterlichkeit als eine heilige Kuh darstellte, die man endlich einmal schlachten müsse. Und Sebastian Haffner, den man als einen politischen Journalisten von Format schätzt und kennt, hat 1968 in seinem Buch «Emanzipation und Ehe» die These aufgestellt, daß die Ehe Entsexualisierung der menschlichen Beziehungen bedeute.

So wird also die Ehe verneint. Ja die Ehe ist eigentlich – so kann man es immer wieder im Bereich dieser sozialrevolutionären Schriften hören – Ursprung der Verfehlung in der sexuellen Verwirklichung des Menschen. In diesem Zusammenhang werden natürlich Vorwürfe gegen den christlichen Glauben erhoben. Erstaunlicherweise sind aber die direkten Angriffe gegen das Christentum sehr zurückhaltend. Das hängt einmal damit zusammen, daß die Theologen als die sogenannten Repräsentanten des Christentums weitestgehend bereit sind, die Bibel durch kritische Analyse und Interpretation auszuschalten und die Lebens- und Wertordnungen der Bibel zu relativieren. Andererseits sind die «Macher» der sexuellen Revolution wohl der Meinung, daß das Christentum beider großen Konfessionen in unserer gegenwärtigen Gesellschaft keine große Bedeutung und keinen starken Einfluß auf die Sexualität mehr habe. Rundfragen verschiedenster Art haben längst ergeben, daß sich auch die Glieder der römisch-katholischen Kirche nur noch als Minderheit um die Regeln kümmern, die die Kirche im Blick auf das geschlechtliche Zueinander von Mann und Frau aufgestellt hat.

Dennoch ist beachtenswert, daß die sexuelle Revolution in drei Punkten das Christentum herausfordert:

a) Das Christentum, so sagt man, sei heteronom. Es lebe von einem Ethos, das von außen wie ein Zwang an den Menschen herangetragen werde und ihn autoritativ zum Triebverzicht auffordere.

b) Das Kreuz selbst sei ein Zeichen der Lebensverneinung. Es müßte eigentlich verstanden werden als ein Symbol des Sadomasochismus, also der Freude am Quälen und Gequältwerden.

c) Das Reden von Sünde und Schuld mache den Menschen die Sexualität madig. Und gerade dieses Reden von Sünde und Schuld habe dazu beigetragen, daß der Mensch seine Sexualität nicht frei und ungehemmt entfalten könne.

Die sexuelle Revolution hat also sozusagen einen «weltanschaulichen» Hintergrund. Viele, nur allzu viele verstehen die sexuelle Revolution leider in dem Sinne falsch, als ob es hier um mehr Freizügigkeit, Großzügigkeit oder Lebensbejahung ginge. Man sei in allem – so denken viele – nun etwas lebensbejahender und toleranter geworden. Aber dieses Verständnis der sexuellen Revolution ist grundfalsch. Hinter der sexuellen Revolution steht eine massive Ideologie und wer diese Ideologie, die sich mit der Revolution der Haut gleichsam wie mit einem Mantel eingekleidet hat, nicht versteht, kann auch nicht begreifen, was Sexualaufklärung an unseren Schulen und in der Öffentlichkeit überhaupt bedeutet und welche Folgen sie hat.

Es steht mehr oder weniger hinter dem Ganzen dieser Revolution der Haut die Doktrin der sogenannten negativen Dialektik, die manchmal auch als «Frankfurter Schule» bezeichnet wird. Das sei doch alles längst überholt und «Schnee von gestern», werden viele Leser sagen. Aber die Doktrin dieser negativen Dialektik ist mitnichten überholt, sondern sie hat uns nur schon lange eingeholt und ist längst zur gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit geworden. Wir leben schon lange nicht mehr mit den Vätern, sondern mit den Enkeln oder gar Urenkeln dieser Doktrin.

Von all den Vertretern dieser neomarxistischen Schule ist für dieses Thema Herbert Marcuse am interessantesten. Er wirkte in die Studentengeneration der 60er Jahre hinein bis zur Studentenrevolution, die 1968 in Berlin begann und in Berlin hat Herbert Marcuse als Gastprofessor in den 60er Jahren seinen Haupteinfluß ausgeübt. Marcuse unterscheidet sich von Siegmund Freud, dem sogenannten Vater der Psychoanalyse dadurch, daß Freud der Meinung war, daß es nicht möglich sei, durch Triebbefriedigung glücklich zu werden. Ja, er war der Meinung, daß der Mensch, wenn er menschenwürdig leben wolle, ohne Triebverzicht gar nicht existieren könne. Freud hatte darüber hinaus neben dem Lusttrieb auch den Zerstörungstrieb erkannt und die ganze Spannung in seinem Denken zwischen Lebenstrieb und Zerstörungstrieb durchschritten. Das Verständnis des Menschen bei Siegmund Freud war sehr realistisch und todernst und es stand dem biblischen Verständnis des Menschen viel näher als das der negativen Dialektik. Im Gegensatz zu Freud ist Marcuse der Auffassung, daß es durchaus möglich sei, Sexualität grenzenlos freizugeben und in einer lustbetonten Gesellschaft das Glück zu finden. Die Technik sei mittlerweile so fortgeschritten, daß der Mensch es sich leisten könne, nun wirklich ganz seiner Bedürfnisbefriedigung zu leben. Marcuses Konzept nennt man auch orphisch narzißtisch.

Was meint orphische Sexualität? Orpheus ist ein tragischer Gott, der mit seinem Singen Tiere, Bäume und Felsen verzaubert und die harmonische Vereinigung mit der Natur herstellt. Orpheus ist der Mann der Aussöhnung mit allem, was ist, auch mit dem Gott der Unterwelt, der ihm seine Frau Eurydike zurückgibt. Orpheus ist für Marcuse das Symbol dafür, daß Sexualität nicht unbedingt Heterosexualität sein muß, sondern daß Sexualität als solche auch völlig losgelöst von der Begegnung zwischen Mann und Frau ihren Sinn in sich hat. Darum gibt es nach dem Standpunkt der orphischen Sexualität keine perversen sexuellen Handlungen. Dieses Verständnis der Sexualität hat sich in unserer modernen Gesellschaft längst durchgesetzt. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß in Schweden die Strafbarkeit des Inzest, also des geschlechtlichen Verkehrs zwischen Vater und Tochter, Mutter und Sohn und den Geschwistern aufgehoben worden ist. Nach dem allgemeinen Verständnis des normalen Menschen ist alles, was straffrei ist, auch erlaubt und letztlich gut. Es besteht kein Grund anzunehmen, daß dieser Weg in die totale sexuelle Vergleichgültigung nicht weiter beschritten wird. Wenn jeder mit jedem zu jeder Zeit und an jedem Ort geschlechtlichen Verkehr haben kann, wenn es keine Differenzierung mehr gibt, dann ist wirklich die kommunistische Urhorde wieder hergestellt. Hier ist nun nichts mehr differenziert, hier wird nicht mehr gesagt: «Dies ist mein Eigentum» oder «Dieses gehört mir», «Dieser ist mein Mann» oder «Diese ist meine Frau», «Das ist meine Tochter», «Das ist mein Sohn», «Das sind meine Eltern». Was für Christen Ordnung der Schöpfung Gottes ist, wird nun zur austauschbaren Funktion. In dieser Art des sexuellen Kommunismus haben wir schon jetzt den östlichen Kommunismus weit überholt. Die sexuelle Revolution   das haben wir nur noch nicht begriffen   hat unsere Gesellschaft im Prinzip schon jetzt kommunistisch gemacht. Es geht in der sexuellen Revolution ja gar nicht vornehmlich um Sexualität als solche, sondern um die Verwirklichung einer neuen radikalen kommunistischen Gesellschaft – viel radikaler als Marx, Engels und Lenin es sich je vorstellen konnten.

Die orphische Sexualität wird nur noch weiter vertieft durch die narzißtische Sexualität in der Philosophie des Marcuse. Narziß ist der Sohn des griechischen Flußgottes Kephisos. Er verschmähte die Nymphe Echo, weil er sich in sein eigenes Spiegelbild im Wasser verliebte. Zur Strafe mußte er nach der griechischen Mythologie sterben. Aber aus seinem Blut kamen lauter schöne Blumen. Das bedeutet für Marcuse: Narziß, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt, hat sich selbst sozusagen «durchsexualisiert». Der in sich selbst Verliebte betreibt nun die ganz und gar lustvolle Verwandlung seines eigenen Selbst, seines eigenen Leibes. So tauchen Orpheus und Narziß ganz und gar ein in die Emotionalität und folgen ausschließlich dem Verlangen ihrer Emotionen. Hier gibt es keine Sünde und keine Schuld. Gut ist in jedem Falle nur, daß man dem emotionalen Bedürfnis folgt.

Die sexuelle Revolution wurde und wird also als die große Möglichkeit gesehen, den wirklich herrschaftsfreien und damit ganz und gar lustbetonten Urhordenmenschen zu schaffen. Wer die sexuelle Revolution ohne diese politische Komponente sieht, hat sie nicht verstanden. Es gibt viele Sexualtheoretiker, die diesen politischen Hintergrund auch ganz klar, ohne rot zu werden, aussprechen. Freigabe der Sexualität soll ja bedeuten, daß man sich nicht mehr irgendwelchen Zwängen der Gesellschaft unterordnet. Es geht nicht mehr darum, sich selbst zu überwinden, dem eigenen Gewissen zu folgen, im Gehorsam gegenüber dem Gebot Gottes zu leben. Das alles wäre Repression, die der Mensch sich selbst schafft. Nach diesem Verständnis ist der sich an der Bibel orientierende Mensch der durchaus repressive   also ein ganz und gar gefährlicher Mensch. Eine lustbetonte Gesellschaft wird keine Gebote, keine Individuation (Menschwerdung durch Überwinden im Triebverzicht), und keine Autorität anerkennen.

Es gehört zum Wesen des Heidentums, des alten wie des neuen, des antiken wie des nachchristlichen Heidentums, daß es naturalistisch ist. Der Tanz um den goldenen Stier, den Gott durch Mose mit seinem Zorn verfolgte, war ja nichts anderes als ein rauschhafter ekstatischer Kult in der Anbetung der Fruchtbarkeit, also der Sexualität. Also nicht Tanz um das goldene Kalb in der Anbetung des Geldes, sondern Anbetung der Sexualität in der Verehrung des Stieres als Symbol der Fruchtbarkeit! Gegen diese Utopie, daß der Mensch durch das Eintauchen in seine Emotionen und damit durch die Versöhnung mit der sogenannten Natur frei oder sein Glück erlangen würde, hat die Bibel immer gekämpft. Der Protest, der Kampf und sogar das Martyrium der alttestamentlichen Propheten gegen den Kult «unter den Bäumen» und «heiligen Pfählen» stand gegen die Vergötzung der Natur und Emotion. Steht damit die Bibel verneinend dem Leben und der Natur gegenüber? Ist es wirklich so, wie wir es nun immer hörten in diesem antichristlichen 20. Jahrhundert, daß das Christentum lebensfeindlich ist?

Im Urteil der Bibel gibt es keinen Bereich des Lebens, durch den als solchen der Mensch glücklich werden kann. Der Mensch kann nicht glücklich werden dadurch, daß er Besitz anhäuft. Der Mensch kann nicht glücklich werden dadurch, daß er viel Macht gewinnt. Der Mensch kann auch nicht glücklich werden dadurch, daß er sich sexuell auslebt. Sondern – das ist eine Kernaussage der Bibel – die ganze Schöpfung ist gefallene Schöpfung. Und weil die Schöpfung gefallene Schöpfung ist, kann der Mensch durch diese Schöpfung sein Heil – oder sagen wir es in der Sprache dieser Zeit – sein Glück nicht erreichen. Ausleben der Sexualität oder gar hemmungsloses Ausleben der Sexualität schafft nicht Glück, sondern die Erfahrung des Verbrauches. Und das hemmungslose Anbeten oder Raffen von Reichtum schafft nicht Glück, sondern Öde und Leere – das Gespenst der Sinnlosigkeit. Und das Gefühl der Macht bringt den Menschen nicht auf den Gipfel seiner Selbstverwirklichung, sondern läßt ihn als Menschenverächter erst recht die Abhängigkeit von der Macht anderer erfahren.

Das neutestamentliche «Habt nicht lieb die Welt» (1. Joh 2, 15) will sagen, daß wir in dieser Liebe zur Welt, so wie sie ist, das Glück nicht erreichen können. Heißt es doch im 90. Psalm, daß der Mensch ist wie das Gras, das verwelkt und wie die Blume, die verblüht. Der Mensch lebt in der Struktur des Kreuzes. Er kann sich an der Schöpfung und an sich selbst als Geschöpf nicht festhalten, weil dort kein Bestehen ist. Er lebt in der Vergänglichkeit, sein Leib welkt, seine sexuelle Lust erschöpft sich und stirbt mit der Vergänglichkeit, mit dem Hinwelken seines Leibes. Diese Welt, diese Schöpfung ist als eine gefallene und zwiespältige Schöpfung untauglich, den Menschen glücklich zu machen. Der enttäuschte Lusttrieb schlägt um in Aggression. Aus dem frustrierten Lusttrieb kann der Zerstörungstrieb entstehen. Darum ist ja das Charakteristische unseres Zeitalters, daß Terrorismus wie ein Abgrund die sexuelle Revolution begleitet. Aggression kommt nicht aus unterdrückter Sexualität, sondern Aggression folgt aus dem gescheiterten Versuch, durch Ausleben der Sexualität   wie auch immer   das Glück zu erlangen. Vor allem aber ist die Konsequenz der sexuellen Revolution der Weg in die Drogen. Weil die sexuelle Ekstase eben doch nicht die Möglichkeit des Aussteigens aus dem Alltag gibt, steigt der Aussteigewillige auf radikalere Mittel um, um so in das Wohlgefühl der Rauschkugel zu gelangen.

Echte Verwirklichung der Geschlechtlichkeit im Sinne der Bibel hat Karl Barth einmal so formuliert: «Kein Koitus ohne Koexistenz». Damit spricht er das spezifisch Menschliche und spezifisch Christliche der Sexualität in doppelter Weise an:

a) Sexualität ist die Begegnung und ausschließliche Begegnung zwischen Mann und Frau. Das ist in der Schöpfung eindeutig so vorgesehen. Jede andere Verwirklichung der Sexualität wird ausdrücklich von der Bibel als tödliche Sünde verworfen. Inzest, Lesbismus und Homosexualität sind vom Standpunkt des biblischen Ethos in jeder Weise verwerflich. Die Verwirklichung der Geschlechtlichkeit in der Begegnung zwischen Mann und Frau ist der Sinn biblischer Schöpfungsordnung.

b) Die spezifisch menschliche Sexualität ist die eigentliche Erfüllung der Sexualität. Sie wird begleitet, besser noch: sie wird getragen von der Liebe zwischen Mann und Frau. Sexualität ohne diese Liebe in der Begegnung von Person zu Person, also die rein versachlichte Sexualität, kann keine Erfüllung in der geschlechtlichen Begegnung zwischen Mann und Frau bringen.

Die gegenwärtige sexuelle Revolution offenbart sich in ihrer feministischen Komponente darin, daß sie anscheinend bemüht ist, aus Frauen mehr oder weniger männliche Wesen und aus Männern mehr oder weniger weibliche Wesen zu machen. Sie erhebt sich damit gegen die Schöpfungsordnung Gottes und ist deswegen nihilistisch. Da nun der Mensch als Mann und Frau existiert, kann die geschlechtliche Begegnung zwischen Mann und Frau selbstverständlich nicht verwerflich sein. Die geschlechtliche Begegnung zwischen Mann und Frau ist Teilhabe an der Schöpfungslust Gottes. Sie hat ihren Ort in der Ehe, die nach der eindeutigen Aussage Jesu niemals geschieden werden kann.

Nun ist es ganz offensichtlich so, daß es viele Mißverständnisse in der Geschichte der christlichen Sexualität gab und gibt. Viele meinen, durch eine geminderte oder gedämpfte Sexualität könne man sich zu einem besonderen Stand der Heiligkeit vor Gott emporarbeiten und zu einer spezifisch christlichen Sexualität kommen. Dieser Irrweg ist zu verwerfen. Die Bibel weiß davon nichts. Die Geschlechtlichkeit zwischen Ehepartnern soll ihre volle Erfüllung finden. 1943 schrieb Dietrich Bonhoeffer gegen das pseudochristliche Mißverständnis der Sexualität in der Ehe: «… daß ein Mensch in den Armen seiner Frau sich nach dem Jenseits sehnen soll, ist, milde gesagt, eine Geschmacklosigkeit und jedenfalls nicht Gottes Wille. Man soll Gott in dem finden und lieben, was er uns gerade gibt; wenn es Gott gefällt, uns ein überwältigendes irdisches Glück genießen zu lassen, dann soll man nicht frommer sein als Gott und dieses Glück durch übermäßige Gedanken und Herausforderungen und durch eine wild gewordene Phantasie, die an dem, was Gott gibt, nie genug haben kann, dieses Glück wurmstichig werden lassen. Gott wird es dem, der ihn in seinem irdischen Glück findet und ihm dankt, schon nicht an Stunden fehlen lassen, in denen er daran erinnert wird, daß alles Irdische nur etwas Vorläufiges ist und daß es gut ist, sein Herz an die Ewigkeit zu gewöhnen … »

Man wird also die Schönheit der Schöpfung Gottes in der Schöpfungslust dankbar hinnehmen und sie nicht mindern. Gott gibt alles zu seiner Zeit. Aber entscheidend dabei ist   wie Bonhoeffer es ausdrückt   «daß man mit Gott Schritt hält und ihm nicht immer schon einige Schritte voraus ist». Damit ist gesagt, daß wir nicht in einer ewigen Wonne der Schöpfungslust leben werden, sondern daß die Zeit schon kommt, in der das Kreuz auf uns gelegt wird. Aber diese Zeit überlassen wir Gott. Und in der Ehe geht es darum, daß dann auch diese Zeit des Kreuzes gemeinsam getragen wird.

Gerade im Neuen Testament gibt es viele Aussagen, die es uns sehr deutlich machen, daß der Christ in der Nachfolge auf manches verzichten muß. Er kann auf seine Gesundheit, seinen Besitz, auf Macht und auch auf Sexualität verzichten, wenn die Stunde kommt, in der es durch die Nachfolge von ihm verlangt wird. Aber das, worauf dann verzichtet wird, ist als solches nicht böse   denn dann wäre es ja weder Verzicht noch Opfer, sondern Ekel vor der Welt.

Der moderne Mensch lebt in Sorge und Angst   der technische Fortschritt hat ihm Angst und Sorge nicht genommen. Ein geängstigter oder von Sorge niedergedrückter Mensch wird aber in der Fähigkeit, seine geschlechtliche Lust zu verwirklichen, gelähmt. Da aber der christliche Glaube Freiheit von Angst und Sorge gibt («Eure Sorge werfet auf ihn, denn er sorgt für euch»), da also der Christ überwinden kann durch Vertrauen in die Fügung seines Lebens durch Gott, wird er bis in die Tiefen seines Daseins eine Entspannung erleben, die ihn zur Geschlechtlichkeit umso mehr bereit macht. Vergebung der Schuld und Befreiung von der Angst und das Wegwerfen der Sorge   also dieser Kernprozeß christlicher Existenz   wird eine christliche Ehe in der vollen Entfaltung der Schöpfungslust charakterisieren. Schon von daher ist die Ermöglichung geschlechtlicher Freude größer und schöner als bei jenen, die in der Sorge und in der Angst   eben in der Glaubenslosigkeit dieser modernen Zeit   leben müssen.

Die Revolution der Haut hingegen als ein Teil des emotionalen Aufstandes gegen Gott und seine Gebote und seine Ordnung fördert nicht das Glück des einzelnen und in der Gemeinschaft sondern zerstört es. Die Revolution der Haut mit ihrem ideologischen Hintergrund ist in ihrem Wesen nihilistisch.

3. AIDS –  Rache Gottes für die emotionale Revolution?

Die Gebote der Bibel sind dem Menschen gegeben, damit er lebt. Wenn er sich gegen die Gebote erhebt, richtet er sein Leben zugrunde. Das Leben gegen die Gebote ist wie ein Leben gegen die Naturgesetze  – die Folge ist der Untergang. Die Sünde, das Nein zu den Geboten Gottes, richtet sich selbst.

Rache hängt zusammen mit Gerechtigkeit. Die Rache Gottes, von der die Bibel sehr wohl zu berichten weiß, ist die lebendige Gerechtigkeit Gottes, denn Gott ist ein «eifernder Gott, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern, am dritten und vierten Glied derer, die mich hassen … » (Ex 20,5) , so also steht es in den Zehn Geboten. Der Tod ist der Sünde Sold und somit auch die Krankheit, die immer das Vorletzte zum Letzten des Todes ist. AIDS ist also Rache Gottes gegen die emotionale Revolution.

Woher kommt das HIV Virus? Diese Frage kann letztendlich genauso wenig beantwortet werden wie die Frage nach der Entstehung der Syphilis, jener Geißel der Menschheit von den Tagen des Kolumbus bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts, als durch die Erfindung von Salvasan, den Sulfonamiden und des Penicillin diese Krankheit beherrschbar gemacht wurde.

Jede Krankheit hat ihr eigenes, für ihre jeweilige Zeit geradezu typisches Gesicht. Es gibt so etwas wie eine Geistesgeschichte der Krankheit. Das Typische des HIV Virus besteht darin, daß es bestimmte Lymphozyten angreift, in deren Zellkern es eindringt, dort genetisches Material sozusagen indoktriniert und die Wirtszelle zwingt, ihn, den HIV Virus zu kopieren. Wenn dann die Zelle im Kampf gegen die Krankheit aktiv werden müßte, wird sie zuerst zerstört. Widerstandslos fällt der menschliche Körper einer Krankheit anheim. Dieser Vorgang ist typisch für die Zeit:

1. Die Kultur des christlichen Abendlandes hat kein Immunsystem mehr, sie kann sich nicht wehren gegen die brutale Herausforderung einer nach  und antichristlichen Kultur  und Moralrevolution.

2. Unbemerkt ist der Kern unseres geistig geistlichen Abwehrsystems zuerst befallen worden. Die christliche Kirche ist abgefallen von der Treue zum Worte Gottes und zum Bekenntnis der Väter. Das Gericht beginnt   wie es das Neue Testament unmißverständlich formuliert   zuerst am Hause Gottes, und der Apostel Johannes sagt, daß der Antichrist aus der Gemeinde kommen wird, wenn er auch nicht zu ihr gehört. So ist die Zerstörung der christlichen Gemeinde die Folge des Aufbaus einer antichristlichen Macht. Gleichsam im Kern unseres christlich abendländischen Abwehrsystems richtet sich die Macht des Bösen ein. Die Kernzelle unseres Abendlandes, die christliche Gemeinde, ist von einem Virus befallen, der sie zwingt, ihn sogar noch zu kopieren. Die Kirche gebiert aus sich heraus den Antichristen.

3. Unsere abendländisch christliche Kultur zerfällt. Sie kann nicht widerstehen, weil die Zellen der Abwehr, die Macht des Aufhaltenden, eben die christliche Gemeinde, im Kern zerstört ist. Das christliche Abendland stirbt, weil es seinen Feinden nicht widerstehen kann   das ist die Drohung, die sich am Horizont unserer Existenz abzeichnet.

4. AIDS ist als Krankheit symbolisch für diese Zeit. Das christliche Abendland könnte so untergehen, wie ein HIV Infizierter an AIDS untergeht – wehrlos, schmerzhaft, in unaufhörlichem und schnellem Zerfall.

Das Abendland ist noch in einem Stadium, in dem es einem HIV Infizierten zu vergleichen ist, der seine Infektion noch nicht einmal bemerkt hat und bei dem die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist. In diesen Untergang unserer christlich abendländischen Zivilisation   sollte sie denn geschehen und kein Widerstand aufkommen   würden alle einbezogen, Schuldige und Unschuldige, heute noch Lebende, heute noch nicht Geborene.

Von AIDS können auch Unschuldige befallen werden: Der Ehepartner, der von dem Ehebruch seines anderen Partners nichts weiß, der Kranke, der eine HIV infizierte Bluttransfusion erhält, das Kind, das von einer AIDS kranken Mutter geboren wird.

Der Apostel Paulus betont ausdrücklich, daß Gottes Wege und Gerichte unausforschlich sind. Die Rache Gottes ist eine Wirklichkeit   verstehen können wir sie nicht. Alle irdischen Gerichte sind überdies vorletzte Gerichte und stehen unter dem Gericht, dem Jüngsten Gericht Gottes am Ende dieser Zeit. Jesus sagt bei der Heilung eines blind Geborenen, daß weder dieser noch seine Eltern gesündigt haben, sondern daß alles nur geschehe, «daß die Werke Gottes an ihm geoffenbart werden». Auf das Vorletzte von Krankheit, Tod und Schuld folgt das Letzte der Gnade und Erlösung   Christen glauben daran und sie wissen und erleben das Ziel dieses Dramas von Welt  und Heilsgeschichte.

Mit Bonhoeffer werden wir Christen, wenn wir von der Gnade sprechen, immer daran erinnert, daß niemals die Sünde als Sünde, sondern immer nur der bußfertige Sünder gerechtfertigt wird. Wir verneinen das Gerede von der billigen Gnade.

Im Drama der emotionalen Revolution erkennen wir Christen, daß eine Herausforderung göttlicher Gebote im Gange ist, die auf keinen Fall ohne Rache bleiben wird. Die Geißel der AIDS Krankheit ist ein Zeichen dieser Rache Gottes für die eine Menschheit, die das Gebot Gottes hemmungslos vergleichgültigt. Dabei ist diese Krankheit zugleich ein Symbol für die Immunschwäche unserer abendländisch christlichen Zivilisation gegen den Ansturm einer emotionalen Kultur  und Moralrevolution. Dieses alles nehmen wir nicht hin wie ein Schicksal. Schicksal kennt die Bibel nicht. Sondern wir Christen nehmen es als ein Zeichen, das uns aufruft, diese Gesellschaft ganz entschieden zur Umkehr aufzurufen.

Der Autor:

Georg Huntemann wurde 1929 in Bremen geboren und wirkte von 1957 – 1987 als Pastor in der Bremischen Evangelischen Kirche. Er studierte an deutschen und schweizerischen Universitäten und promovierte 1953 zum Dr. phil. in Erlangen und 1957 zum Dr. theol. in Bern. Seit 1970, also seit der Gründung, ist er Professor für Ethik und Konfrontationstheologie an der FETA (Freie Evang. Theol. Akademie) Basel. Seine Forschungen bewegen sich auf dem Gebiete der Konfrontation biblischer Offenbarung mit dem säkularisierten und ideologisch geprägten Selbstverständnis des modernen Menschen, besonders auf dem Gebiet der Ethik und der Bibelkritik in der modernistischen Theologie.

Veröffentlichungen:

«Utopisches Menschenbild und utopisches Bewußtsein im 19. und 20. Jahrhundert», 1953.
«Die Kritik der dialektischen Theologie am spekulativen Idealismus Hegels», 1958.
«Morgen wird man wieder Christ sein», 1962.
«… und was die Bibel dazu sagt. Weg und lrrweg der Sexualität», 1964.
Angriff auf die Moderne», 1966.
«Provozierte Theologie in technischer Welt», 1968.
«§ 218. Um Leben und Tod der Ungeborenen», 1971.
«Streit in der Kirche», 1971.
«Autorität oder Chaos», 1971.
«Aufstand der Schamlosen», 1971.
«Die politische Herausforderung des Christen», 1973.
«Was kommen wird – Die Bibel über die Zukunft der Welt», 1973.
«Als Christ leben – aber wie?», 1975.
«Am Anfang die Wahrheit», 1977.
«Diese Kirche muß anders werden», 1979.
 «Die Zerstörung der Person», 1981.
«Friede oder Krieg auf Erden?», 1982.
«Der verlorene Maßstab – Gottes Gebot im Chaos der Zeit» 1983.
«Die verratene Reformation», 1983.
«Das Glaubensbekenntnis. Aktuell ausgelegt für Menschen von heute», 1988.
«Der andere Bonhoeffer. Die Herausforderung des Modernismus», 1989.

Hervorhebungen im vorliegenden Text vorgenommen von Horst Koch, Herborn, im November 2006

info@horst-koch.de

www.horst-koch.de

 




Sodom und Gomorrah

Kurt Quadflieg

 

SODOM UND GOMORRAH HEUTE

 

  –  Im Vorfeld der Apokalypse  –  

 

INHALT

Welt ohne Gott
Verfälschung des Evangeliums
Im Sog geistlicher Prostitution
Vermählung mit dem Zeitgeist
Unter dem Fluch Gottes
Die Macht der Finsternis
Inkarnation der Welt
Quo vadis Deutschland?
In “Gottes eigenem Land“
Wie vor der Sintflut
Mahnung zur Umkehr

Es wird sein wie in den Tagen Lots: Sie aßen und tranken, sie kauften und verkauften, pflanzten und bauten, bis zu dem Tag, als Lot die Stadt Sodom verließ. Da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel, und alle kamen um. Genau so wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn erscheint.(Lukas 17,28 30)


Gott hat die Städte Sodom und Gomorrah zum Untergang verurteilt und sie in Schutt und Asche sinken lassen. Er hat an diesem Beispiel gezeigt, wie es den Gottlosen ergehen wird.
(2. Petrus 2,6)

 

VORWORT

Dieses Buch ist eine Herausforderung an alle wiedergeborenen Christen, in einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Verfallserscheinungen das Evangelium aggressiver und konsequenter zu präsentieren. Wir dürfen dem Zeitgeist nicht erliegen und einer falsch verstandenen Toleranz zu huldigen.

Wo staatliches Gesetz und Recht der Heiligen Schrift und den Geboten Gottes zuwiderlaufen, müssen wir unsere Stimme dagegen erheben   ist Verweigerung angesagt. Wir Christen wollen “der Stadt Bestes” (Jer. 29,7) und dasselbe auch für unser Land und Volk. Deshalb beten wir für alle Menschen, insbesondere für alle Regierenden, wie es uns die Schrift gebietet. Das heißt aber nicht, daß diese ihr Tun nicht auch messen und beurteilen lassen müssen an dem Wort der Wahrheit, der Heiligen Schrift.

In dem vorliegenden Buch werden Fakten angemahnt, die sicherlich nicht den Beifall eines jeden finden werden. Wer jedoch im glaubensgestärkten Aufblick zu seinem Herrn den Tod nicht fürchtet, ist nur schwer zu erschrecken. “Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht” (2. Tim. 1,7).

Gottlob Ling, Pforzheim, Verleger

 

ZUM GELEIT

Hesekiel, der dritte große Prophet des Alten Testaments, war von Gott dazu berufen, das Volk Israel zu warnen. “Sie sind ein widerspenstiges Volk, das sich gegen mich auflehnt … frech und trotzig … Sage die Botschaft von mir weiter, damit sie wissen, was auf sie zukommt”, lesen wir dazu im 3. Kapitel des Buches Hesekiel. Und im Vers 18 auferlegt Gott dem Propheten noch einmal ganz deutlich die persönliche Verantwortung für das Schicksal der Menschen seines Volkes: “Wenn ich dem Gottlosen sage: Du mußt des Todes sterben! und du warnst ihn nicht, damit er am Leben bleibe   so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern.”

Bei dieser eindringlichen Warnung Gottes geht es im Hintergrund um die Katastrophe, die Jerusalem kurz darauf treffen sollte, als Folge der Gottlosigkeit der Menschen. Auch in unseren Tagen gebietet uns die Bibel ein Wächteramt, das uns veranlassen soll, die Mißstände und das Unrecht in der Welt aufzudecken und die Menschen vor dem drohenden Absturz in die Katastrophe zu bewahren. Wir leben heute in ähnlichen Verhältnissen wie damals die Israeliten, bevor Gott sein Strafgericht über dieses Volk aussprach und es in die Gefangenschaft nach Babylon verschleppen ließ. Die Parallelität mit unserer heutigen Welt ist unübersehbar.

Die fast unbeschreibliche sittliche Verwahrlosung in unseren Tagen entspricht in zunehmendem Maße den erschreckenden Verhältnissen im damaligen Jerusalem, das in Hesekiel 16 mit einem treulosen Weib verglichen wird. Infolge der schändlichen Abtrünnigkeit von Gott seien dort die Zustände schlimmer als in Sodom gewesen. Dabei wird in der Bibel die Allegorie mit verblüffender Offenheit durchgeführt, weil wohl nur durch eine stellenweise schockierende Darstellung die damaligen Verhältnisse, die ganze Dekadenz der Gesellschaft, beschrieben werden konnte. Als wäre man aus dem Jerusalem vor zweieinhalbtausend Jahren in eine Großstadt unserer Tage versetzt, lesen wir im Buch des Propheten: “An jeder Straßenecke hast du deine Hurenlager aufgeschlagen und hast deine Schönheit in den Schmutz gezogen. Du warst unersättlich und … du hast deinen Ehemann mit fremden Männern betrogen, und während man eine Hure bezahlt, da hast du deine Liebhaber noch mit Geschenken angelockt,… Ich verfahre mit dir, wie es das Gesetz für eine Ehebrecherin und Mörderin vorschreibt. Weil du meinen Zorn gereizt und meine Eifersucht geweckt hast, verurteile ich dich zum Tod.”

Das angedrohte Gericht ist dann über diese entartete Generation auch unerbittlich hereingebrochen. Auch heute, in unseren Tagen, hat die totale Demontage moralischer Werte bereits Ausmaße erreicht, die an die Verhältnisse zur Zeit Hesekiels und die vor der Sintflut erinnern, wo Gott wegen des schamlosen Treibens der Menschen sagen mußte: “Ich will sie vertilgen von der Erde …” (1. Mose 6,7).

Die Boshaftigkeit der Menschen ist heute dieselbe wie in biblischen Zeiten und sie eskaliert augenscheinlich. Politisch, moralisch und auch religiös befindet sich diese Welt, die mit atemberaubendem Tempo ihrem Ende zugeht, in den Fängen antichristlicher Machenschaften. Es ist längst Mitternacht auf der Weltenuhr.

Als die Jünger Jesu auf dem Ölberg in Jerusalem ihren Herrn fragten, was das Zeichen sein wird für sein Kommen und für das Ende dieser Weltzeit, da verwies er auf eine Reihe von Drangsalen, die über all jene kommen werden, die den Sohn Gottes abgelehnt haben. Und weil auch die Gottlosigkeit überhand nehmen und die Liebe unter den Menschen verkümmern wird, wird es eine Zeit moralischer Verdorbenheit wie nie zuvor sein. In diesen Tagen leben wir bereits. Dies zeichnen auch die Bilder und Geschehnisse in den nachfolgenden Kapiteln dieses Buches.

Jesus hat uns nachdrücklich aufgefordert, auf die Zeichen der Zeit zu achten, und im Gleichnis vom Feigenbaum kleidet er seine Mahnung zur Wachsamkeit in die Worte: “Denn wie es in den Tagen Noahs war, so wird auch sein das Kommen des Menschensohnes” (Matth. 24, 36-40). Auch Paulus und andere Apostel haben die Mißstände und den Abfall vom Glauben angeprangert, der am Ende der Zeiten in nie zuvor dagewesenem Ausmaß vorherrschen wird. Sie haben unablässig gegen die Zersetzung und Auflösung der Gebote Gottes gepredigt. Dies verpflichtet auch uns, im Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber zu warnen und auf die Zustände hinzuweisen, die die prophetischen Aussagen der Schrift bereits überdeutlich kennzeichnen.

Den Charakter unserer Zeit kann nur derjenige richtig erkennen, der die Heilige Schrift kennt. Der natürliche Mensch versteht nichts vom Geist Gottes, sagt uns die Bibel. Er kann hinter dem vordergründigen Geschehen nicht die unheimlichen Entwicklungen im Hintergrund durchschauen. Allein der Heilige Geist führt in alle Wahrheit.

Christen wissen, die Bühne für das letzte große apokalyptische Szenarium ist vorbereitet und sämtliche Mitwirkenden haben bereits ihre Plätze eingenommen. Was wir heute erleben, ist die größte Manifestation von Gottlosigkeit, Ungerechtigkeit, Zügellosigkeit und moralischer Entartung, die die Welt je gesehen hat. Der Schriftsteller Wolfgang Borchert hat dies einmal auf den Punkt gebracht: “Wir sind die Generation ohne Grenze, ohne Hemmung und Behütung. Wir sind die Generation ohne Gott.”

Aus der Fülle der aktuellen Themen, in bezug auf den Zustand der völligen Degeneration unserer Gesellschaft, konnten in diesem Buch natürlich nur Fragmente zur Illustration angeführt werden. Das tatsächliche Ausmaß der Sündhaftigkeit und Gottabwendung kann bestenfalls erahnt werden.  –  Der Verfasser

 

Welt ohne Gott

Vor einiger Zeit las man in christlichen Zeitschriften Schlagzeilen wie: “Gott hat in Deutschland die Mehrheit verloren.” Oder: “Nur noch ein geringer Prozentsatz glaubt an Gott.” Die Gottlosigkeit schreitet in unserem Land immer weiter voran. Der Mensch hat sich von Gott emanzipiert. Er hat Gott ganz einfach abgeschrieben, will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er hat den lebendigen Gott durch die Götzen unserer Tage ersetzt. Heute wird nur noch der Lebensstandard angebetet.

Selbst vor den Kirchen macht der Atheismus nicht halt. Während nur 26 Prozent der Bundesbürger an Jesus Christus glauben, wird er lediglich noch von etwas mehr als der Hälfte der Kirchenmitglieder als Sohn Gottes anerkannt. Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, auch nur die Hälfte der Zehn Gebote anzugeben oder die vier Evangelien zu benennen. Sieben von zehn Deutschen wissen nicht, wer die Bergpredigt gehalten hat. Traditionelle christliche Wertvorstellungen und Glaubenssysteme bleiben zunehmend auf der Strecke.

Der ehemalige britische Missionar in Indien, Leslie Newbigin, sieht in der herausforderndsten missionarischen Aufgabe unserer Zeit die Mission in den westlichen Ländern. Er schreibt: “Der größte Teil Westeuropas ist im Bann eines aus der Ablehnung des Christentums entstandenen Heidentums. Dieses postchristliche Heidentum ist daher weitaus schwieriger zu durchdringen und resistenter gegenüber dem Evangelium als das prächristliche Heidentum, mit dem sich die Missionare der letzten 200 Jahre im Ausland zu befassen hatten.”

Zu dieser erschütternden Tatsache kommt, daß inzwischen auch die Geistlichkeit in zunehmendem Maß Abschied vom Christentum genommen hat. Humanismus und zerstörerische Bibelkritik unterhöhlen den Glauben unserer Väter. Die neutestamentliche Lehre wird von der liberalen Theologie verdrängt und macht immer stärker einem volkskirchlichen Pluralismus Platz. Immer mehr maßgebliche Kirchenführer verneinen neuerdings sogar den Absolutheitsanspruch Christi. So zum Beispiel die Generalsekretärin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK), die unter anderem aufforderte, die Lehrverurteilungen zwischen den Religionen aufzuheben und eine “Toleranzerziehung in den eigenen Reihen durchzuführen”. Zur ACK gehören sämtliche evangelische Landeskirchen und fast alle Freikirchen sowie die katholische und orthodoxe Kirche.

Ein weiterer prominenter Vertreter der Kirchenhierarchie, der mit dem Absolutheitsanspruch Christi Schwierigkeiten hat, ist der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD Klaus Engelhardt. Als er in einem Interview gefragt wurde, was im innerreligiösen Dialog der Absolutheitsanspruch des Christentums, wie er im Neuen Testament zum Ausdruck kommt, überhaupt noch bedeute, da meinte der Kirchenobere, daß dies unter keinen Umständen bedeuten würde, “den anderen zu vereinnahmen”. Mit einer solchen Feststellung wird der Missionsbefehl Jesu, der in der Bibel als betont vordringlich gilt, offen sabotiert.

Bei den ökumenischen Einheitsbestrebungen für eine antichristliche Weltreligion wird Jesus Christus, der von sich sagte, daß nur er die Wahrheit ist, natürlich immer mehr zum Störfaktor Wenn aber an die Stelle der Heiligen Schrift und ihrer von Gott gegebenen Aussagen ein anderes Evangelium tritt, dann gerät die Kirche unweigerlich in Gefahr, zu einer Institution Satans zu werden.

Engelhardt, der sich als einen “modernen Menschen” bezeichnete, sagte in dem genannten Interview weiter: “Ich selbst bin dankbar, daß ich in meinen Studien die historisch-kritische Auslegung der Bibel kennengelernt habe . ..” Es verwundert somit auch keineswegs, daß gerade unter seiner Amtszeit der christliche Grundkonsens, auf dem unsere Gesellschaft jahrhundertelang aufgebaut war, immer mehr abgebröckelt ist.

Bei der weiteren Frage: “Wenn Sie jetzt ein Moslem fragt, ob er auch in seinem Glauben selig werden kann, oder ob er dazu unbedingt Christ werden müsse, was würden Sie ihm antworten?” wand sich Engelhardt mit den bezeichnenden Worten: “Ich werde hier nicht einfach mit ja oder nein antworten …” Also auf jeden Fall kein Ja, was natürlich auch eine unmißverständliche Antwort ist. Es ist angebracht, sich an dieser Stelle daran zu erinnern, daß Jesus einmal gesagt hat: “Wer nicht für mich ist, ist gegen mich . ..”

Das gilt übrigens auch für die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen, die nicht nur als schriftverachtende Feministin und für ihr Engagement für die “gesellschaftlichen Randgruppen” der Schwulen und Lesben bekannt ist. Darüber hinaus lehnt sie den Absolutheitsanspruch des Christentums mit der Bemerkung ab, das sei “Glaubensarroganz”.

Einer der mit ihr sympathisierenden Pfarrer und Synodale der Nordelbischen Kirche hat ein Buch geschrieben, in dem auch er die Christen auffordert, ihren Absolutheitsanspruch aufzugeben. Jesus Christus sei nur “einer von vielen. … Im Rahmen eines spirituellen Supermarktes wird Christus gleichgestellt mit Religionsstifter und Idolen wie Buddha, Mohammed, dem Dalai Lama und Prinzessin Diana.

Ich las dieser Tage in einer christlichen Zeitschrift von einem Mann, der sich nicht damit abfinden konnte, daß in zunehmendem Maß behauptet wird, alle Religionen seien legitime Heilswege und göttliche Offenbarungen. Um diesen fundamentalen Irrtum beispielsweise an den Aussagen des Islam aufzuzeigen, gab er in seiner Heimatzeitung ein Inserat auf, in dem er lediglich zwei Suren aus dem Koran anführte: “Darum haut ihnen die Köpfe ab und haut ihnen alle Enden ihrer Finger ab (8,13 )” und “Schlagt sie tot (die Juden und Christen), Sure 2,187”. Dazu gab er bewußt seine Telefonnummer an.

“Das Echo war riesig”, schreibt er später. “Das Telefon klingelte noch nach zehn Tagen. Ich wurde meistens beschimpft. Als ich versuchte, noch einmal ähnliche Annoncen aufzugeben, wurde mir von der Zeitungsredaktion mitgeteilt, daß man ab sofort keine religiösen Anzeigen mehr annehmen würde … Im August fand im Rathaus von Lennestadt eine als Islamausstellung getarnte Islammission statt, die ich auch besuchte. Als Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen den Islam in den Himmel lobten, griff ich Mohammed, Allah und den Koran an, worauf ich mit heftiger Kritik bedacht wurde. Als zum Schluß der Moderator der Diskussion mit einem Gebet zu Allah endete, fragte ich, ob ich denn nun auch zu Jesus Christus beten dürfte. Daß man mich nicht gesteinigt hat, lag wohl an dem Mangel an Steinen im Rathaus …”

Und das mitten im Land der Reformation. Auch hier haben wir ein typisches Spiegelbild unserer geistlichen Landschaft und davon, wie versucht wird, die biblische Lehre immer mehr zu unterhöhlen. “Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen”, ermahnt uns Jesus in Matthäus 4,10, und im Buch der Offenbarung lesen wir: Fremde Religionen sind “Wohnstätten der Dämonen, Schlupfwinkel für unreine Geister” (18,2).

Gegen Jesus und seine göttliche Autorität stellte sich auch die Evangelische Familienhilfe in Bremen, die genau am 26. November 1996 den Namen Jesu Christi aus ihrer Satzung gestrichen hat. Begründet wurde dies damit, daß sich “aus dem Namen Christus ein männlicher Herrschaftsbegriff” ableiten lasse. “Bremer Richterspruch über Jesus Christus” betitelte eine Zeitung diesen Abschied einer sich Christen nennenden Gemeinschaft vom Sohn Gottes.

Gottes Gebote gelten heute im christlichen Abendland kaum noch etwas und sind keinen Pfifferling mehr wert. Der Mensch hat sie längst abgeschafft und durch seine eigenen ersetzt. Pastor A. Dächsel hat vor fast genau hundert Jahren geweissagt: “Christus wird wie ein Sturmlauf aus dem Staate, aus dem Hause, aus der Schule und selbst aus der Kirche hinausgedrängt werden, damit der materialistische, von Gott sich lossagende Zeitgeist alle diese Gebiete in Besitz nehme.“ Nur ein Blinder nimmt diese Zeichen heute nicht wahr.

Die Bibel sagt, daß ein Volk ohne Gott in die Irre geht. Christian Morgenstern hat einmal geschrieben: “Es gibt für Unzählige nur ein Heilmittel – die Katastrophe.” Die Menschen bereiten sich ihre Hölle selbst. Es war Dostojewski, der gesagt hat: “Die Hölle ist da, wo Gott nicht mehr hinsieht …” Die eigentliche Krise hat eine geistige und geistliche Dimension. Es ist der Säkularismus und die Permissität der Gesellschaft. Die Bibel unterstreicht dies unter anderem auch im Buch des Propheten Jeremia, im 2. Kapitel, über das untreue Volk, wo Gott sagt: “Deine Bosheit ist schuld, daß du so geschlagen wirst, und dein Ungehorsam, daß du so gestraft wirst. Und du mußt innewerden und erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott, zu verlassen und ihn nicht zu fürchten“.

Mit ungeheurer Wucht überrollt eine gewaltige Lawine der Gesetzlosigkeit und Sittenlosigkeit unser Land und reißt das Volk immer mehr in den Abgrund des Verderbens. Zuerst wurde die Gotteslästerung freigegeben. Später bildhafte Darstellung von Unzucht. Alsbald Abtreibung als Mord im Mutterleib. Ihm folgten perverse Geschlechtlichkeit wie Homosexualität und Lesbianismus. Und sexueller Umgang mit Tieren und Verwandten ruft schon nach Legalität. Diese Reihe ist zwangsläufig. Wenn es soweit ist, hat die Welt den gleichen Zustand erreicht wie die Menschheit vor der Sintflut und die Städte Sodom und Gomorrah vor ihrem Untergang. Es gibt nur noch eine Steigerung nach unten in offener Anbetung Satans und des Antichristen.

Es ist für den Durchschnittsbürger in unserem Land ein kaum zu ertragender Schock, wenn in den Massenmedien, wie zum Beispiel im Fernsehen, immer offensichtlicher und in zunehmendem Maß lesbische und homosexuelle Lebensweisen als völlig normal und gesellschaftsfähig dargestellt werden, und zwar mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit, die gleichzeitig ein Höchstmaß an abscheulichen und widerwärtigen Details körperlicher Perversion schamlos und ungeniert demonstriert.

Vor nunmehr über 20 Jahren wurden unter dem damaligen Bundesjustizminister Gustav Heinemann (SPD) die Schleusen zur “Entrümpelung des Sexualstrafrechts” geöffnet. Er meinte, man könne einer modernen Gesellschaft keine christlichen Lebensnormen mehr zumuten. Und dann verloren nach und nach noch viele weitere christliche Normen ihre Bedeutung.

Es war einer der ranghöchsten katholischen Theologen, Joseph Kardinal Ratzinger, der den Satz prägte: “Ein Staat, der von Gott nichts mehr wissen will und nur auf Mehrheitsmeinungen aufbaut, sinkt zur Räuberbande ab.”

Man spürt es heute überall, wie der Hauch der Hölle bereits über diese Erde streift, wie die dämonische Welt sich zum Endspurt rüstet. Wir stehen im “Krieg”. Alle Lebensgebiete des Menschen sind einbezogen. Die Erde ist das gewaltige Operationsgebiet dieses Endkampfes zwischen Satan einerseits und dem Nazarener und den Heiligen andererseits.

Es gibt kaum noch Tabus in jüngster Zeit. Immer nachhaltiger wird die Frage aufgeworfen, ob die Nennung Gottes im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch berechtigt sei. Man müsse ernstlich darüber nachdenken. In der Präambel des deutschen Grundgesetzes von 1949 heißt es unter anderem, daß sich das deutsche Volk dieses Gesetz “im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott” gegeben hat. Angesichts der auffallend zunehmenden Gottabwendung der verantwortlichen Politiker muß man sich heute ernstlich fragen: Wie würde wohl heute die Präambel des Grundgesetzes einleitend formuliert werden? Vor über vier Jahrzehnten haben sich die Deutschen noch auf ihren christlichen Ursprung besonnen und die Verfassung mit der “Verantwortung vor Gott” beginnen lassen. Aber inwieweit betrachten sich Politiker und Staatsdiener in Deutschland heute noch daran gebunden?

Der ehemalige Generalsekretär der FDP, Günter Verheugen, schreibt: “Für mich ist ganz klar, daß es in der Verfassung … keine Berufung auf Gott geben darf.” Derselben Meinung sind auch die Grünen, die außer der Streichung des Gottesbezuges aus dem Grundgesetz auch den Paragraphen 166 StGB abschaffen wollen. Nach dieser Gesetzesvorschrift macht sich strafbar, wer das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Man sagt heute, der § 166 beschneide die “Meinungs- und Kunstfreiheit”. Er gehöre längst in die Mottenkiste. Es ist offensichtlich die Absicht dieser Leute, christlich abendländische Werte systematisch zu zersetzen.

Zur verheerenden Entwicklung in unserer Gesellschaft und deren fatalen Folgen schreibt L. Ravenshill in “Sodom hatte keine Bibel”: “Welche Verpflichtungen sollte Gott eigentlich einem Volk gegenüber haben, dessen vielfältige Sünden eines einzigen Tages größer sind als alle, die in Sodom und Gomorrah in einem Jahr begangen wurden? Wenn wir dann außerdem noch bedenken, welches Vorrecht wir genießen, weil bei uns seit Jahrhunderten das Evangelium von Jesus Christus gepredigt wird, das Sodom nie zu hören bekam. Sodom hatte keine christlichen Gemeinden und Kirchen. Wir haben viele Tausende. Sodom hatte keine Bibeln. Wir haben Millionen davon. Sodom hatte keine Pastoren und Verkündiger des Evangeliums. Wir haben Zehntausende. Sodom hatte keine Universitäten mit theologischen Fakultäten, keine theologischen Seminare und Bibelschulen. Wir haben davon eine ganze Anzahl. Sodom hatte keine Möglichkeit, die christliche Botschaft in gedruckter Form oder im Radio oder über das Fernsehen zu empfangen. Wir haben alle diese Möglichkeiten. Sodom konnte nicht aus der Erfahrung jahrtausendealter Geschichte schöpfen, die uns den Zorn und das Gericht, aber auch die Gnade und Barmherzigkeit Gottes zeigt. Obwohl Sodom so im Nachteil war, mußte es zugrunde gehen.”

Und dann fragt der Verfasser mit Recht danach: “Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, von dem sonntags ein minimaler Prozentsatz eine Stunde in die Kirche geht, die weitaus größere Anzahl aber am gleichen Tag absolut nicht nach Gott fragt, sondern Gottes heiligen Namen verunehrt? Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, an dessen Zeitungskiosken man kaum einmal ein christliches Blatt sieht, dafür aber genügend Magazine mit sexuell frivoler Zurschaustellung nackter Körper? Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, das immer kinderfeindlicher wird, dafür aber Geldmittel in Millionenhöhe aus öffentlichen Krankenkassen dafür ausgibt, die Kosten für Abtreibungen zu bezahlen? Welche Verpflichtungen hat Gott einem Volk gegenüber, dem er in seiner Gnade geholfen hat, eines der reichsten Länder der Erde zu werden, das aber für Missionsarbeit in den Ländern der Dritten Welt nur einen winzigen Bruchteil dieses Reichtums übrig hat? Eigentlich haben Völker, die in einem solchen Zustand sind, nichts anderes verdient, als daß Gott die Gerichte, die er im Alten Testament wegen Mißachtung seiner Gesetze androhte, über sie kommen läßt.“

 

Verfälschung des Evangeliums

Unsere Zeit ist geprägt von einer Fülle widergöttlicher Ereignisse. Wir befinden uns bereits mitten im großen Abfall von Gott. Betroffen sind von diesem Werteverfall längst auch eine Reihe kirchlicher Institutionen. Das Heidentum ist in Deutschland bis weit in die Kirchen vorgedrungen. Landessynoden votieren für Abtreibung; Bischöfin toleriert Homosexualität; Horoskopkurse in Württemberg; Verbrüderung mit dem Islam; Tiergottesdienste; Verteilung von Präservativen auf Kirchentagen; Yoga-Abende als “Passionsandachten”; Homosexuellen Gottesdienst im Ulmer Münster (innerhalb der EKD soll es 300 homosexuelle Geistliche geben); lesbische Frauen leiten EKD Bildungsstätte. Man könnte die Reihe dieser Skandale innerhalb der evangelischen Kirche noch beliebig fortsetzen. An Schlagzeilen der vorgenannten Art fehlt es nicht. Die Kirche hat sich dem gesellschaftlichen Zeitgeist in erschreckender Weise angepasst.

Der Informationsdienst der Evangelischen Allianz zitierte unlängst den Theologen Ernst Panzer, der seinen Kirchenaustritt unter anderem mit der Feststellung begründet: “Mit großer Erschütterung mußten wir jüngst zur Kenntnis nehmen, daß Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt nun öffentlich die Sünde Sodoms und Gomorrahs für gesellschaftstüchtig befand. Ferner eröffnete Engelhardt am 9. Juli 1994 in Gelnhausen das Frauenstudien- und Bildungszentrum im Rahmen einer gottesdienstlichen Feierstunde und führte dabei die beiden Feministinnen Herta Leistner und Renate Jost in ihr Amt ein.

Beide Studienleiterinnen stellen sich bewußt gegen den in Jesus Christus geoffenbarten Gott. Lästerhaft äußern sie sich über das Sühneblut Christi, wenden sich gegen Normen und Wertsetzungen der Bibel, ja setzen sich für die Anerkennung lesbischer bzw. homosexueller Lebensbeziehungen in Kirche und Staat ein und leben zum Teil selbst bereits in solch widernatürlichen Lebensbeziehungen. Damit ist nun in der evangelischen Kirche Deutschlands grundsätzlich Tür und Tor für solche antichristliche Lehre geöffnet worden.”

In der von zahlreichen bibelgläubigen protestantischen Theologen unterzeichneten “Hirzenhainer Erklärung” der Konferenz bekennender Gemeinschaften heißt es zu dem vorgenannten skandalösen Vorgang in Gelnhausen: “H. Leistner und R. Jost vertreten einen radikalen Feminismus. Der Dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, ist für sie keine geoffenbarte Realität, sondern Ausdruck einer historisch bedingten patriarchalisch geprägten Denkweise von Menschen. Den Offenbarungsgehalt der Bibel verändern, ergänzen oder ersetzen sie durch feministisches Gedankengut. Der Begriff ’Göttin’ wird von ihnen selbstverständlich benutzt, bis in die Liturgie hinein.

Der stellvertretende Sühnetod Jesu Christi am Kreuz ist für diese Feministinnen nicht die Heilstat Gottes, sondern eine ’sadomasochistische Auslegung’ des Todes Jesu. Damit richten sie ihren Angriff gegen das Herzstück der Offenbarung Gottes, gegen die Versöhnung und Erlösung der Menschheit mit Gott und gegen die Entmachtung Satans. So erkennen sie die Bedeutung des Blutes Christi in der Feier des heiligen Abendmahls für sich als Frauen nicht an. Gotteslästerlich fragen sie: ’Wieso brauchen die Männer eigentlich das Blut aus einer Wunde, auch das Blut aus der Kreuzeswunde, und nicht das Blut, das die Frau ständig vergießt … ?’“

Im 3. Kapitel der Offenbarung warnt der erhöhte Herr die Gemeinde in Thyatira. Dort hat man das Weib Isebel, eine selbsternannte ’Prophetin’, geduldet, mit der Folge, daß Unzucht und Götzendienst in der Gemeinde Einlaß fanden und selbst die Diener Gottes zur Sünde verführt wurden. Ab dem Vers 20 droht Jesus all denen Gericht an, die der Hurerei Isebels anhangen: “Aber ich habe gegen dich, daß du Isebel duldest, diese Frau, die sagt, sie sei eine Prophetin, und lehrt und verführt meine Knechte, Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen. Und ich habe ihr Zeit gegeben, Buße zu tun, und sie will sich nicht bekehren von ihrer Hurerei. Siehe, ich werfe sie auf’s Bett, und die mit ihr die Ehe gebrochen haben in große Trübsal, wenn sie sich nicht bekehren von ihren Werken.”

Wenn wir solche Worte aus dem Mund Jesu hören, dann entspricht dies im großen und ganzen auch dem, was wir heute auf religiösem Gebiet um uns her sehen und erleben. Zwar wird in unserem Land noch jedes Stadtbild geprägt von den Türmen jener alten Gebäude, die man Kirchen nennt, sie sind aber nur noch geisterhafte Denkmäler einer längst erloschenen Epoche des Glaubenslebens. Da wo heute noch volles Evangelium gepredigt wird, das sind lediglich Oasen inmitten einer gottlosen Welt.

Nach neuesten demoskopischen Umfragen predigt und lehrt die große Mehrheit der landeskirchlichen Pfarrer nicht mehr schriftgemäß. Sie kommen weitgehend aus einer bibelkritischen Ausbildung und bringen damit in die Gemeinden geistliche Selbstzerstörung. Die Unterwanderung durch Irrlehren nimmt rapide zu. Die biblische Aussage “Das Jüngste Gericht wird kommen”, wird nur von 34 Prozent der Pfarrer akzeptiert. Mit der Überzeugung, daß die Menschen die Erlösung von der Sünde brauchen, ist es ähnlich, da sind es 52 Prozent. Allgemein werde das Christentum zwar noch als ethische Vorgabe verstanden, es dürfe aber die persönliche Freiheit nicht einschränken. Daß Gott allmächtig ist, sagen nur noch 42 Prozent der Pastoren.

Wenn ferner nur jeder fünfte Pfarrer Jesus Christus, den Sohn Gottes, als sein Vorbild betrachtet, dann wundert es auch nicht, wenn immer mehr Theologen offen bekunden, daß die Bibel nicht Gottes Wort ist. Sie sei vielmehr das “Ergebnis von Machtkämpfen der frühen Christengemeinschaften”, so einer der maßgeblichen Repräsentanten liberaler Theologie, Professor Gerd Lüdemann von der Universität Göttingen. Nachdem in den letzten Jahren grundlegende biblische Wahrheiten wie Auferstehung und Himmelfahrt immer mehr ins Zwielicht geraten sind   Lüdemann schrieb, der Leichnam Jesu sei verwest  , gerät nun neuerdings auch der Apostel Paulus zunehmend in die Schußlinie. Seine Briefe seien zum großen Teil fingiert oder gefälscht, sagt man. Der Berliner Theologe Hermann Detering hat dazu ein Buch geschrieben, dessen Titel “Der gefälschte Paulus” lautet. Für den Verfasser ist Paulus lediglich eine “literarische Erfindung”. Er spricht von einer “Paulus Legende”. Zur Charakteristik der Person von Hermann Detering muß noch gesagt werden, daß er an der Kirchlichen Hochschule Berlin bei Walter Schmithals promoviert hat, der ein überzeugter Schüler Rudolf Bultmanns ist.

Viele Theologen die heute auf der Kanzel stehen sind während ihres Studiums in die anrüchige Schule von Rudolf Bultmann gegangen. Wer dieser Mann war, das demonstriert am besten eine Presseerklärung aus dem damaligen Leningrad. In den achtziger Jahren wollte dort das Museum für Atheismus “beweisen, daß die Bibel nicht recht hat”. An entsprechenden Stellen aufgeschlagen, lagen dann dort Bücher von Bultmann zur Einsicht aus. Kein Wunder, daß die Kommunisten dann freudig erklären konnten: “Dieser deutsche Gelehrte ist der gleichen Meinung wie wir: die Bibel ist ein Märchenbuch.”

Die moderne Bibelkritik findet, das kann man wohl sagen, ihre radikalste Vollendung im Entmythologisierungsprozeß Bultmanns und seiner Schüler. Sie führt zu dem Ergebnis, daß ein großer Teil der neutestamentlichen Berichte keine zuverlässige Wiedergabe der Worte Jesu und der von ihm gewirkten Wunder seien, sondern auf “literarische Fiktionen späterer Redaktoren zurückgehen”. Auch wird die leibliche Auferstehung des Herrn als “Mythos” bezeichnet: “…weil die Rückkehr eines Gestorbenen in das Leben der diesseitigen Welt unglaubhaft ist.”

Auch die Wiederkunft Jesu ist für Bultmann kein ernsthaftes Thema. Ferner bestreitet Bultmann ausdrücklich, daß die Schuld der Menschen “durch den Tod eines Sündlosen getilgt werden kann”, also den Sühneakt von Golgatha, dazu die Jungfrauengeburt, und so geht es Punkt für Punkt weiter, bis das Evangelium total zerfetzt und ruhmlos zu Grabe getragen ist.

Nun muß man wissen: Wer solche theologische Lehrmeister hat wie Bultmann, bei dem braucht man sich nicht zu wundem, wenn er ebenfalls aus der Art schlägt. Die Bibel sagt: “Wer mit Weisen umgeht, der wird weise; wer aber der Toren Geselle ist, der wird Unglück haben” (Sprüche 13,20).

 

Im Sog geistlicher Prostitution

Es sind nun schon einige Jahrzehnte, seit sich die Kirche in einer rapiden Auflösung biblischer Werte befindet. Der Teufel versucht auf vielerlei Weise, christliches Bekenntnis, Ethik und Ordnung zu untergraben. Und der Unkrautsamen, den er ausgesät hat, ist inzwischen längst aufgegangen. Das zeigen zum Beispiel auch die verschiedensten Arten “neuer Gottesdienstformen”, die zum Teil derart widerlich sind, daß selbst dem abgebrühtesten Betrachter dabei stellenweise die Haare zu Berge stehen.

So wurde im Februar 1996 in der Hamburger Katharinen-Kirche eine sogenannte Techno Party veranstaltet, bei der im wahrsten Sinne des Wortes “die Sau herausgelassen” wurde. Ein christliches Blatt beschrieb diese Show: “Die Kirche wurde zu einer Tanzkneipe umfunktioniert. Bänke kamen heraus. Dafür wurden eine Bühne und Musikcomputer hineingestellt. Bei ohrenbetäubender Techno Musik (monoton hämmernde Computermusik) tanzten etwa 2000 Menschen bis zu zwei Stunden. Wo sonst Abendmahlswein ausgeschenkt wird, standen nun Schnaps , Wein  und Bierflaschen, wovon reichlich konsumiert wurde.

Das greulichste an diesem Höllenspektakel (bei 100 Dezibel Phonstärke), das sogar 60 Mark Eintritt kostete, war der Auftritt des Pyro Space Ballets, einer Gruppe, die so gut wie nackt tanzte (nur mit hautengem, hauchdünnem Stoff bekleidet). Die gotische Hallenkirche in Hamburg wurde so zu einem Tanztempel und einem tiefen Kniefall vor Satan. Auf diese Weise will man die Jugend für die Kirche gewinnen. Der nordelbische Synodale O. Löwa verteidigte das Teufelsfest so: Mit Techno fängt man Mäuse.“

Der Vollständigkeit halber wäre diesem Bericht noch hinzuzufügen: Während die Bar mit Grabsteinen (!) dekoriert wurde, heizte ein Discjockey aus Frankfurt den ausgerasteten Besuchern in hämmerndem Rhythmus mächtig ein. Das Wochenmagazin “Der Spiegel” nannte ihn einen “Barbarenfürsten” und sein Pult mit den Plattentellern ironisch “Altar”.

Sehr erfreut über diesen trivialen Massenkult, der von der Nordelbischen Evangelisch Lutherischen Kirche mitveranstaltet wurde, war der Manager der Party, Pastor Stefan Wolfschütz, der diesen “Gottesdienst” begeistert als “einmalig auf der Welt” bezeichnete. Auch der Hauptpastor von St. Katharinen verteidigte in der EKD Wochenzeitung “Das Sonntagsblatt” die Veranstaltung, die er als “musikalische Begegnung zwischen altkirchlicher Gregorianik und der säkularen Technokultur” pries.

Die Tageszeitung “Die Welt” (Hamburg) schrieb: “Man kann es drehen und wenden wie man will: Mit der Lehre vom Evangelium und der Liebe Christi hat das, was Luthers Erben in der Hansestadt veranstalteten, nichts zu tun. Aber es ist konsequent. Es reiht sich nahtlos in die vielen Versuche, mit denen ein Teil der Pfarrer seit 30 Jahren versucht, eine ’zeitgemäße’ Kirche zu zimmern. Weil sie sich von Luthers Weg entfernten, leerten sich die Kirchen.”

Nicht zuletzt ist die St. Katharinen Kirche in Hamburg unrühmlich dafür bekannt, daß sich in ihren Mauern immer wieder Dinge abspielen, die nicht gerade zur Ehre Gottes gereichen. So hatte dort vor kurzem der Altbundeskanzler Helmut Schmidt Gelegenheit, eine ganz besondere Tirade loszulassen, indem er öffentlich bekannte, daß er die Auferstehung Jesu Christi nicht akzeptieren könne. Wörtlich sagte er: “Ich glaube nicht an die Wunder und an das leere Grab … Auch mit der Lehre von der Dreifaltigkeit habe ich ganz große Schwierigkeiten.” Außerdem   und das paßt haargenau zu seinen verschwommenen religiös humanistischen Ansichten   sprach er sich für eine intensivere Zusammenarbeit der Weltreligionen aus.

In einmalig gotteslästerlicher Weise mißbraucht wurde auch ein Gotteshaus in Köln. In der dortigen Luther Kirche wurde am 1. Februar 1997 eine Modenschau veranstaltet, bei der auf dem Laufsteg, der mitten durch das Kirchenschiff ging, auch weibliche Unterwäsche präsentiert wurde. Der Gemeindepfarrer Hans Mörtler hatte die freizügige Mode Party damit begründet, daß die Gemeinde pleite sei und dringend Geld brauche. Mörtler ist übrigens bereits 1994 schon ins Zwielicht geraten, als er zwei Homosexuelle in einer trauungsähnlichen Zeremonie segnete.

Aus “Diakrisis” (Sept./96) ist zu entnehmen, daß am 1. Juni 1996 in der Petri Kirche in Braunschweig mit Transparenten in den Seitenschiffen für einen Huren Kongreß geworden wurde. Während des Gottesdienstes wurden etwa 70 Huren und Strichjungen von einer evangelischen Diakonin sehr herzlich begrüßt. Der Pfarrer der Petri Kirche meinte anschließend in einer Predigt, man müsse den Huren und Strichern “Abbitte tun”. Danach griff er zur Gitarre und sang mittelalterliche Balladen von unkeuschen Mönchen und einer Nonne, “die nicht gerne allein schläft“…

Die Reihe der sittlichen Verwahrlosungen ist endlos. Vor der evangelischen Nikolai Kirche in Potsdam wurde im Rahmen einer Werbeaktion für eine Aids Austellung in der brandenburgischen Landeshauptstadt ein 13 Meter hoher Obelisk mit einem rosa Kondom aus Segeltuch umhüllt. Wenn dies alles so weitergeht, dann könnte es eines Tages möglicherweise sogar einmal einen “christlichen” FKK Strand geben.

Der Gemeindeausschuß der Evangelisch Lutherischen Landeskirche in Braunschweig hat in einer Beschlußvorlage für das Kirchenparlament vorgeschlagen, Homosexualität nicht mehr als “Sünde” zu bezeichnen. In dem Papier heißt es unter anderem, daß Homosexualität lediglich “eine angeborene Ausprägung menschlicher Sexualität” und “eine Variante der Natur” sei.

Im Jahre 1995 war in der Reformierten Kirche in Wuppertal ein “Gottesdienst zum Hurentag” anberaumt worden. Damals berichtete das rheinische Kirchenblatt “Der Weg” (26/95), daß in dieser illustren Versammlung die Forderung erhoben wurde, Prostitution als normalen Frauenberuf gesellschaftlich anzuerkennen. Die predigende Pfarrerin erhielt darob viel Beifall.

 

Vermählung mit dem Zeitgeist

Die Vermählung mit dem Zeitgeist seitens der Kirchen macht vor keiner sich bietenden Gelegenheit halt. Jede Gelegenheit, und sei sie noch so lapidar und niveaulos, wird eifrig wahrgenommen. Bei der Fußball Europameisterschaft, dem Kontinentalwettbewerb der kickenden Millionäre, im Sommer 1996 in England, wurden die Spiele auf Großleinwand in die Säle von insgesamt 250 Gemeinden in ganz Deutschland übertragen. Darunter befanden sich auch als konservativ evangelikal bekannte Gemeinden, die damit Kirchenfremde in die Gemeindehäuser zu locken versuchten. Diese Fußball Party in der Kirche nannte man auch fälschlicherweise “Die missionarische Chance für die Gemeinde”. Bei der Übertragung der Spiele befanden sich die Zuschauer in einem wahren Fußballfieber, zum Teil mit Fahnen behängt und in den Trikots bekannter Bundesligavereine.

Auch “idea” berichtete seinerzeit über dieses Spektakel unter anderem: “Grenzenloser Jubel … in ganz Deutschland von Dresden bis nach Mönchen Gladbach und von Cuxhaven bis nach Freiburg im Breisgau … Mit einer Polonaise tanzten die Fans durch den Saal und starteten nach der Überreichung des Cups durch Königin Elisabeth zu einem Autocorso durch Wetzlars Innenstadt.”

Ferner war zu erfahren, daß nach Beendigung des Endspiels im Londoner Wembley Stadion neben Grillfest und Disco noch ausführliche Gespräche über “Gott und den Fußball” geführt wurden. “Fußball als Einstieg in das Christsein.”

Während der “Mannheimer Morgen” vom “König Fußball auf dem Altar” berichtete, schrieb der “Reutlinger Generalanzeiger”: “Fußballfest im Gotteshaus und Sierra Madre statt Ave Maria. 300 Jünger des runden Leders pilgerten zum Gebetssaal der Christlichen Gemeinde … Statt Psalmen gab’s Pizza und statt des üblichen Predigttextes gab’s die gesammelte Vielfalt der Stadionssprechchöre   eine denkbar weltliche Szenerie. Die Kollekte für Mozambique konnte der gläubige Anheizer Johannes Kadel über die Versteigerung eines Fußballs aufbessern, den die deutsche Nationalmannschaft signiert hatte. Die La Ola Welle klappte links wie rechts herum. Gerstensaft floß in Strömen, und das Gemeindehaus glich einem Vereinsheim.” …

Beim Christival Kongreß im Herbst 1996 in Dresden hing über der Ruine der Trinitatis Kirche ein Transparent mit der Aufschrift “Gott ist geil”, und in der Festzeitschrift stand unter anderem zu lesen: “Jesus läßt euch nicht in der Scheiße sitzen. Er hat keinen Bock darauf, euch zu verarschen.” Ein Missionar aus Rumänien, der an diesem von 30.000 Teilnehmern besuchten Kongreß ebenfalls teilgenommen hatte, bemerkte anschließend: “Statt im Geist und in der Wahrheit betet man jetzt immer mehr im Gefühl und frommer Berauschung an. Das ist stimulierte Psyche und geistliche Selbstbefriedigung. Es ist die Ausdrucksform einer Generation, für die biblische Wahrheit Nebensache, die religiöse Wohlfühlatmosphäre und seelisch manipulierte Einheit Hauptsache geworden ist … Manches erinnert uns an Karneval, und das ist beklagenswert. Die Verführung ist zum Teil so weit gediehen, daß Verhaltensweisen, die man früher eindeutig als fleischlich erkannte, nun als geistlich deklariert werden.”

A pro pos Karneval und kirchliches Engagement. In der christlichen Publikation “Wort zur Zeit” (2/95) war dazu passend zu lesen: “Die Unterländer Faschingsvereine drängten sich, gleich Sardinen in der Dose, in farbenprächtiger Maskerade wie am Rosenmontagsball in der Kathedrale der St. Augustinus Kirche zum Narrengottesdienst’. Der Pfarrer der lutherischen Wartberggemeinde hielt dann eine büttenreife Predigt in Reinform. Thema: Jesus der Narr. Darin kreuzigte er den Sohn Gottes mit beißenden Nägeln des Spottes wiederum und beschrieb ihn als Königsgestalt, abgemagert, hässlich und alt. Er wurde dafür von der anwesenden Karnevalsprinzessin mit dem obligatorischen Küßchen bedacht. Die leibhaft Anwesenden waren vom Dargebotenen ebenso entzückt wie die unsichtbare Hölle.”

Die Lokalzeitung aus Pinneberg in Schleswig Holstein berichtete am 28.2.1990 über einen Faschingsball im Gemeindehaus der Heilig Geist Kirche: “Sahira, die Blume der Wüste, mußte mehrere Zugaben ihrer Bauchtanz Kunst geben. Die Gäste dankten es ihr mit frenetischem Beifall … Pastor Matthias Burmann war einer der eifrigsten Tänzer auf dem Faschingsball … Nicht nur die aus Buntpapier zurechtgeschnittenen Moscheen an den Wänden des Gemeindesaales vermittelten einen morgenländischen Eindruck …“

Der frühere Superintendent und evangelische Pfarrer Manfred Kock aus Köln sieht im Karneval “etwas herrlich Respektloses. Es gereicht zur Ehre, wenn einem die Narren den Spiegel vorhalten. Das kann auch unserer Kirche nur gut tun. So ein bißchen Distanz zu sich selbst finden mit Augenzwinkern und Alaaf’ und unter den Paukenschlägen der ,Jecken’. Wenn Pfarrerinnen und Pfarrer bald wieder zu Sitzungen’ in kirchliche Gemeindehäuser einladen, dann ist garantiert, daß die Augen vor Lachen feucht werden und nicht von Tränen über leere Kassen. Der Karneval mag vieles freisetzen in Herzen und Köpfen.”

Was der Karneval, der heidnischen Ursprungs ist, beträchtlich freisetzt, das ist jedoch keine Freiheit, sondern Versklavung durch Satan. Das ist am augenscheinlichsten in den deutschen Bischofs  und Kardinalzentren wie München, Mainz und Köln wahrzunehmen. Der frühere Dompropst, Prälat Ketzer aus Köln, der auch den berüchtigten “Karnevalsorden wider den tierischen Ernst” erhielt, kleidete seine Einstellung zu den bedenklichen Randerscheinungen des rheinischen Karnevals in die bezeichnenden Worte: “Leute mit kleinen Lastern sind mir am liebsten. Wenn niemand mehr sündigt, verliere ich meine Existenzberechtigung … Weihwasser und Kölner Bier inspirieren gleichermaßen.” Ferner hielt der “jecke” Dompropst im Kölner Dom ein festliches Hochamt zu Ehren aller lebenden und verstorbenen Karnevalisten. Mit Weihrauchdüften und Kerzenschein empfing er fast alle Kölner Narren am Hauptportal und geleitete sie zum Altar. Dort gab er der neuen Standarte den kirchlichen Segen.

Vor einiger Zeit berichtete der Kölner “Express” darüber, daß beim Kölner Karneval “Christus als Tünnes am Kreuz hing, dem eine Nonne lüstern in den Lendenschurz schaute”. Schamlosigkeit dieser Art kann kaum noch übertroffen werden.

Der Essener Pfarrer H. Engel predigte in einer vom Westdeutschen Rundfunk übertragenen Morgenandacht: “Ich liebe den Karneval. Prinz Karneval ist ein legitimes Kind der Mutter Kirche. Es gibt eine Blutsverwandtschaft zwischen dem Helau und Alaaf der Narren und dem Halleluja und Hosianna der Christen . ..”

Die Bibel sagt uns: “Die Narren treiben Gespött mit der Sünde” (Spr. 14,9) und “. . . sie werden an ihrer Torheit sterben” (Spr. 10,21). Jesus unterstreicht den Ernst dieser Aussagen noch mit den Worten: “Ich sage euch aber, daß die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben” (Matth. 12,36).

Große Teile der Geistlichkeit sind im Trend der Zeit inzwischen zu modernen Baalspriestern geworden und die Kirche weitgehend zu der in der Bibel beschriebenen Babylon Kirche der Endzeit. Bekannt ist der Name Babylon hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Turmbau zu Babel geworden (1. Mose 11,19). Das Wort Babylon bedeutet soviel wie “verwirren” oder “zerstreuen”. Die Bibel berichtet uns, daß die Menschen sich entschlossen, sich dem Befehl Gottes und seinen Geboten zu widersetzen und sprachen: “Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen, des Spitze bis an den Himmel reicht, daß wir uns einen Namen machen …” Das Gericht Gottes, das das ungehorsame Handeln der abgefallenen Menschen traf, hatte schwere Folgen. Seither geht der Name Babel durch die ganze Bibel hindurch bis zum Buch der Offenbarung. Johannes bezeichnet die ungläubige und religiöse Welt in der Endzeit als Hure Babylon.

“Der Ausdruck Hure wird im geistlichen Sinne gebraucht”, schreibt Heinrich Müller in seiner Schrift “Die Wiederkunft Jesu” und fährt fort: “Er will uns sagen, daß es sich um Menschen handelt, die sich einmal Gott geweiht haben. In Jesaja heißt es: ’Wie geht das zu, daß die fromme Stadt zur Hure geworden ist?’ und Jakobus sagt: ’Ihr Ehebrecher, wißt ihr nicht, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist?’ Die große Hure ist die abgefallene Kirche, die gelobt hatte, Jesu Eigentum zu sein und nun mit der Welt Ehebruch treibt. Sie ist das Sinnbild der verweltlichten Religion.“

 

Der Hauch der Hölle

Satan rast heute um die Welt, weil er weiß, daß er nicht mehr viel Zeit hat (Offb. 12,12). Er will noch schnell einen Sieg nach dem anderen erringen, bevor seine Stunde schlägt. Wie nie zuvor in ihrer Geschichte ist die Menschheit dem Teufel untertan. Durch den Propheten Jesaja sagt Gott erzürnt über die Menschen: “Böse ist, wonach sie streben, und ihre Stärke ist Unrecht. Sie sind alle vor mir gleich wie Sodom und Gomorrah.” Es ist finster geworden auf dieser Erde. So furchtbar wie heute hat die Sünde noch nie grassiert. Sie beherrscht die Menschen immer mehr. “Entweiht liegt die Erde da unter ihren Bewohnern, denn sie haben die Gebote übertreten …“, sagt die Bibel.

Neben einer Reihe anderer Perversitäten ist es hauptsächlich die totale Sex Emanzipation, die inzwischen sämtliche Hemmschwellen überschritten hat. Das Resultat ist der Zusammenbruch jeglicher Moralvorstellungen, der Verlust aller ethischen Werte. Professor Wilder Smith kommentierte diese Entwicklung: “Religiös bedingte Sex Begrenzungen gelten heute direkt als rückständig. Dagegen gilt Sex Emanzipation als fortschrittlich und als eine Errungenschaft heutiger Ideologien. Ein promiskes Leben ist, so lehrt man in gewissen ’progressiven’ Kreisen, normal und physiologisch bedingt und hat nichts mit Religion zu tun. So wie man essen und trinken muß, so müssen auch die Sex Instinkte voll ausgelebt werden können, wenn man sich selbst verwirklichen will … Gegen Promiskuität darf man heute nichts mehr sagen, und Religion ist irrelevant. Homosexualität, lesbische Liebe und auch die Abtreibung entspringen den Gedanken der Sex Emanzipation und sind heutige Normen, die legalisiert sind, obwohl die Bibel sie verbietet.”

Schon der Prophet Jesaja sagte vor 2800 Jahren: “Von ihrer Sünde sprechen sie offen wie Sodom, sie verhehlen sie nicht. Wehe ihrer Seele! Denn sich selbst bereiten sie Böses.” Was Jesaja damals über seine Zeitgenossen sagte, ist heute allgemeine Praxis geworden. Nichts ist zu pervers und nichts ist zu gemein, um es nicht öffentlich darzustellen. Das offene Reden der Leute von Sodom über ihre Sünden war der Beweis, daß Gott in ihrem Denken überhaupt keinen Platz mehr hatte. Leider hat sich inzwischen auch bei uns die Öffentlichkeit längst diese Haltung zu eigen gemacht und sich mit den derzeitigen Verhältnissen als etwas ganz Normales abgefunden. Aber Gott nicht.

William McDonald schreibt zu Römer 1,18, wo davon gesprochen wird, daß Gottes Zorn vom Himmel her geoffenbart werden wird über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen: “Wir sündigen Menschen sollten uns nicht damit beruhigen, daß Gott anscheinend zu unserem Verhalten schweigt und nichts unternimmt. Wenn er Sünde nicht immer sofort bestraft, so heißt das noch lange nicht, daß er sie niemals ahnden wird … Ganz offensichtlich erschlägt er die Menschen nicht sofort als Reaktion darauf, daß diese Sünden begehen. Denn wenn er das täte, dann hätte sich die Weltbevölkerung schon drastisch verringert. Doch er hat bei einzelnen Gelegenheiten deutlich seine Meinung gesagt, um die Menschheit zu warnen: Ihr Vergehen wird nicht ungestraft bleiben.“

Es ist ferner bemerkenswert, was zum Beispiel japanische Wissenschaftler und Ärzte bei einer kritischen Betrachtung des Fernsehens festgestellt haben: “Das Fernsehen als solches hat eine direkte hypnotische Ausstrahlung. Mit TV ist ein neuer Mediumismus, eine Geistesmacht, über die Welt gekommen, die über der Wirklichkeit des Lebens steht und depressives Irresein damit hervorruft. Es wird eine Geistes- und Handlungsweise aufgebaut, die dem echten Sein des Menschen zuwiderläuft, womit ihm aufgezwungen wird, was er eigentlich gar nicht will. Die Individualität des Menschen wird zu einer knetbaren Masse. Ihnen erscheint das Anormale und Unnatürliche als das Normale. Daher diskutieren und handeln sie unter der Einwirkung der medialen Beeinflussung wie Schlafwandler.”

Wenn man darüber hinaus weiß, daß viele Jugendliche durch ihren Computer Anschluß an die internationalen Datennetze wie “Internet” oder “Compuserve” haben und damit unkontrolliert zu allen Arten von Sex und Pornographie, dann wird damit das Gesamtbild erschreckend abgerundet.

Der bekannte evangelische Jugendpfarrer Wilhelm Busch aus Essen hat bereits Anfang der sechziger Jahre in bezug auf die sittlichen Maßstäbe unserer Zeit, die einen bisher nie dagewesenen Tiefstand erreicht haben, festgestellt: “Die Menschen sind heute davon überzeugt, daß Sexualität mit Gut und Böse gar nichts zu tun hat, weil sie Gottes Gebote aus ihrem Leben längst verabschiedet haben. Wenn ich einen totschlage, so sagen sie, das ist böse, wenn ich aber ’liebe’, so hat das doch mit Gut und Böse nichts zu tun. Und wer sorgt dafür, daß so etwas geglaubt wird? Es ist der Teufel, der dazu unter anderem das Fernsehen benutzt, wo erotische Filme zeigen, wie interessant Ehebruch ist. Der ’unverstandene Mann’ wird endlich bei einer anderen glücklich, weil sie ihn ’versteht’. Die Psychiater haben uns darüber hinaus jahrelang erklärt, wie gefährlich ’verdrängte Komplexe’ sind, so daß schließlich das ganze Volk glaubte, verdrängte Sexualkomplexe zu haben.”

Vor einiger Zeit berichtete die “Süddeutsche Zeitung” über den Auftritt der britischen Skandaltruppe “Rockbitsch”, bei dem es “zu Geschlechtsverkehr auf offener Bühne” gekommen sei. Beschrieben wird diese Rocksex Orgie als eine “Pepshow, deren Elemente sich auf die Genitalbereiche reduzierten“, und im einzelnen: “Die Gruppe (sechs Frauen und ein Mann), die weitgehend unbekleidet aufzutreten pflegt, zeigt so ziemlich alles, was man schon immer über Sex wissen wollte, sich aber nie vorzustellen wagte. Die Mädels befummelten sich an allen nur erdenklichen Körperpartien, zeigten, was man mit einer Colaflasche alles anstellen kann, und urinierten sogar ins Publikum.“

Wenn sich die an sich eigentlich seriöse Zeitung aus München hier einer ungeschminkten Darstellung bedient, die die Fäkalien Mentalität der “Rockbitsch” zum Ausdruck bringt, zeigt dies, wie drastisch inzwischen die Zustände allüberall geworden sind, und daß kaum noch eine Institution den Sog der Zeit unbeachtet lassen kann.

Zu einer der schlimmsten Kunstorgien der jüngsten Zeit gestaltete sich die Aufführung der Oper “Moses und Aaron” im Bremer Theater. Nackte Jungfrauen verzehrten einen Phallus, eine Blondine läßt sich den Darm eines geschlachteten Jünglings schmecken. Aaron verrichtet auf dem Donnerbalken seine Notdurft, als ihn der Ruf zur Gründung einer Religion ereilt, ein fetter halbnackter Spion des Pharao wird mit dem Hackebeil zerlegt und zum Schmaus zubereitet und im Hintergrund leuchtet eine Leuchtschrift: “Die Party ist in vollem Gange.”

Kein Richter in Deutschland schreitet heute mehr gegen diese satanischen Verunglimpfungen ein, die immer drastischer in unserem inzwischen dämonisierten Abendland ausgegossen werden. Anders dagegen, wenn zum Beispiel heidnische Religionen karikiert werden. Als sich vor Jahren der TV Showmaster Rudi Carell über Moslems lustig machte, da gab es sofort einen Aufruhr, und sogar die Bundesregierung sah sich in die Pflicht genommen und entschuldigte sich offiziell bei den islamischen Gottesstaatlern in Teheran.

In vollem Gange sind heute alle möglichen Formen wilder Lustbarkeit und pervertierter Unterhaltungsspiele. Man kann heute kaum noch eine Tageszeitung aufschlagen, ohne zahllosen Kontaktanzeigen von männlichen und weiblichen Prostituierten zu begegnen. Die Einnahmen aller deutschen Verlage bei dem Geschäft mit der käuflichen Liebe belaufen sich auf ca. eine Milliarde pro Jahr. Unsere Gesetzeshüter drücken aber beide Augen zu, wenn Sexclubs, Fotomodelle und Prostituierte, also professionelle Huren, unter Angabe ihrer Telefonnummer ihre “Dienste” anbieten. Diese Sex Vermittlungsanzeigen, die vom Staat großzügig geduldet werden, erfüllen übrigens den Tatbestand des § 18 la, Abs. 3 des StGB (kupplerische Zuhälterei). Es gab einmal eine Zeit, die liegt lediglich ein paar Jahrzehnte zurück, da wurde die Offerte von Unzucht gegen Bezahlung strafrechtlich verfolgt.

“Ein Aufschrei der Entrüstung geht durch unser Land”, schreibt der Vorsitzende der Europäischen Ärzteaktion, Dr. Siegfried Ernst, “angesichts der Entwicklung zur totalen Enthemmung und radikalen Schamlosigkeit. Es fehlt nur noch die Forderung: ’Wollt ihr den totalen Sex?’ Wobei man ein Volk mit der totalen sexuellen Enthemmung genauso zerstören kann wie mit einem totalen Krieg. Die völlige Unfähigkeit etwa, den logischen Zusammenhang der Massenpornographie mit ihrem letzten Schrei, der Kinderpornographie und der Vergewaltigung und Ermordung von Kindern, zu begreifen, zeigt eine große Abstumpfung. Deshalb verwundert es nicht, wenn auch Politiker sich weigern, wenigstens die alten Strafgesetze gegen Pornographie und Blasphemie wieder herzustellen (§ 184 und 166 StGB), um diese Zerstörung der Menschenwürde etwas zu bremsen. Sodom und Gomorrah werden durch diesen Zustand unserer Gesellschaft in den Schatten gestellt.

Jüngst fand in der Hauptstadt Kenias, Nairobi, eine große Demonstration gegen die weiße Entartung durch die Sexüberflutung statt. Sexliteratur und  filme aus Europa wurden öffentlich verbrannt. Unsere Massenmedien schwiegen selbstverständlich dieses Ereignis weithin tot.

Die systematische Zerstörung aller lebenswichtigen Verhaltensnormen und Tabus und besonders des Schamgefühls zwischen den Geschlechtern und im Sexualbereich bedeutet im Endeffekt die Beseitigung des Gewissens auch in allen anderen Lebensbereichen aus einem Volk. Das aber führt in Chaos, Anarchie, Verbrechen und zum Untergang einer solchen gewissenlos gewordenen Gesellschaft.” – Soweit Dr. Ernst.

Man muß sich tatsächlich nach den sittlichen Normen einer Gesellschaft fragen, die, wie es die Nordrhein westfälische Regierung fertig bringt, auf der einen Seite Mittel für Kindergärten zu sperren, auf der anderen Seite aber Mittel für die Einrichtung eines Schwulen  und Lesbenreferats mit sieben Mitarbeitern im Sozialministerium zu bewilligen. Oder einem sich öffentlich als schwul bekennenden Aidskranken das Bundesverdienstkreuz um den Hals hängt. Das sind Totengräber der Moral, die mit dem Teufel paktieren (Joh. 10,10).

Es gibt da in Bonn einen Bundestagsabgeordneten mit Namen Volker Beck. Er ist 36 Jahre alt und gehört zur Fraktion der Grünen. Vor nicht allzu langer Zeit bekannte er sich öffentlich zur Homosexualität und erklärte: “Ich lebe mit einem Partner in einer festen Beziehung. Mein Gatte ist Franzose. Ich liebe ihn und möchte ihn heiraten.” Beim Standesamt in Köln hatte er das Aufgebot bestellt. “Auch für Schwule und lesbische Paare sollen die Hochzeitsglocken läuten”, ist sein sehnlichster Wunsch. In Deutschland gibt es ca. 3,2 Millionen Homosexuelle, die sich öffentlich bekennen. Die Dunkelziffer ist mindestens doppelt so hoch.

Leute wie Beck machen in Bonn (heute Berlin) und zum Teil auch in den Bundesländern Politik. Sie werden möglicherweise in einer Koalition über die Einführung von ihnen besonders gelegenen Gesetzen entscheiden. So haben die Grünen in Bonn bereits den Entwurf eines sogenannten Antidiskriminierungs Gesetzes vorgelegt. Danach soll die Diskriminierung z. B. von Homosexuellen zivilrechtlich verboten werden. Sie soll, wie es heißt, “teuer zu stehen kommen”. Daran ist zu erkennen, was uns in Zukunft noch alles ins Haus steht, während die Herren Beck Arm in Arm mit ihren perversen Partnern und mit einer Blume im Knopfloch fröhlich zum Standesamt marschieren, um sich dort zivilrechtlich trauen zu lassen. Bei der derzeitigen politischen Konstellation werden wir spätestens zu Beginn des neuen Jahrtausends soweit sein.

Wie bereits vorerwähnt, macht die Verwahrlosung der Sitten selbst vor den Kirchentoren nicht halt. Lesbischer und homosexueller Lebensstil wird offen von oben toleriert. Kein Wunder, da die Bischofsstühle fast nur noch von liberalen, bibelkritischen und linksgerichteten Kandidaten besetzt sind, die die Gebote Gottes neu interpretieren. Die Zeitgeist Bischöfin von Nordelbien, Maria Jepsen, befürwortet, Homo-Partnerschaften anzuerkennen. Menschen in solchen Partnerschaften sollten auch gesegnet werden, da sie ihre Sexualität “verantwortlich gestalten” würden. Man sollte diese Art von Sexualität als Gabe Gottes betrachten.

Der Theologe Hans Georg Wiedemann schreibt in einem Kommentar zur Orientierungshilfe der EKD “Mit Spannungen leben”: “Leitbild kann überhaupt nicht eine Lebensform, also die Institution Ehe sein, sondern nur das Leben in ihr. Es ist längst an der Zeit, daß sich besonders die evangelische Kirche von ihrer Ehe mit der Ehe trennt. Diese Ehe hat es verhindert, daß die Kirche der Vielfalt der menschlichen Lebensformen überhaupt ansichtig wurde.”

Diese “Vielfalt” erstreckt sich nach Ansicht des Schreibers natürlich auf alle Formen des menschlichen Zusammenlebens außerhalb der Gebote Gottes. Solche Leute sehen in den diesbezüglichen biblischen Texten lediglich “zeitbedingte” und für heute nicht mehr relevante Aussagen. Man muß sie dem heutigen Empfinden, dem Empfinden des modernen Menschen und seiner veränderten Ansichten anpassen. Zu gut deutsch: Gottes Wort ist stellenweise inzwischen überholt, nicht mehr zeitgemäß, von dem man sich zumindest da und dort distanzieren muß, wenn man mit der modernen Gesellschaft Schritt halten will.

Gott verweist am Ende der Bibel nochmals mit allem Nachdruck auf die Unabänderlichkeit der Schrift, indem er sagt: “Wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches, so wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen am Baum des Lebens …” (Offb. 22,19).

 

Unter dem Fluch Gottes

Es ist weithin bekannt, daß Homosexualität im selben Atemzug mit Sadismus, Voyeurismus, Masochismus, Inzest und Sodomie genannt wird, also etwas Verwerfliches und Abartiges, von dem sich der normale und anständige Mensch angewidert fühlt. Nicht nur, daß es zumindest sonderbar erscheint, wenn angesichts zweier sich in der Öffentlichkeit ungeniert gebender Homosexueller zum Beispiel ein Kind seine Eltern ahnungslos fragt: “Warum geben sich denn die Onkels Küsse?” Die scheußlichen und sehr speziellen Praktiken dieses unnatürlichen Verkehrs (anal) zwischen männlichen Personen kann man nur als ausgemachte Schweinerei betrachten. Es ist für einen normalen Menschen unverständlich, wie man sich in seinem Sexualverhalten animalisch auf der primitiven Stufe von Tieren produzieren kann. Gott nennt dies eine Schande, von der er sagt: “Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Greuel ist, und sollen beide des Todes sterben” (3. Mose, 20,13). Der Psalmist sagt: “Denn siehe, die von Gott abweichen, werden umkommen” (73,27).

So wird es all denen gehen, die die Gebote Gottes mißachten und den Sünden frönen, die auf den vorangegangenen Seiten aufgezeigt worden sind. Was der Herr damals durch seinen Knecht Mose dem immer wieder in Ungehorsam fallenden Volk Israel sagen ließ, gilt auch für die Menschen unserer Tage.

Wir lesen im 5. Buch Mose, Kapitel 28: “Wenn du aber nicht gehorchen wirst der Stimme des Herrn, deines Gottes, und wirst nicht halten und tun alle seine Gebote und Rechte, die ich dir heute gebiete, so werden alle diese Flüche über dich kommen und dich treffen … der Herr wird dich schlagen mit Auszehrung, Entzündung und hitzigem Fieber, bis du umkommst … der Herr wird dich schlagen mit ägyptischem Geschwür, mit Pocken, Grind und Krätze, daß du nicht geheilt werden kannst. Der Herr wird dich schlagen mit Wahnsinn, Blindheit und Verwirrung des Geistes … Alle diese Flüche werden über dich kommen und dich verfolgen… so wird der Herr schrecklich mit dir umgehen und dich und deine Nachkommen schlagen mit großen und anhaltenden Plagen, mit bösen und anhaltenden Krankheiten …“

Zu den Plagen gehört auch die Lustseuche Aids, bei der wir es mit einer Geisel Gottes zu tun haben. Aids, vier todbringende Buchstaben, die um die Welt geistern, wobei die Spur dieser verheerenden Krankheit bereits von Millionen Toten gekennzeichnet ist. Die Sintflut naht, und keine Arche ist in Sicht. Die apokalyptischen Reiter sind auf dem Weg. Auf ihrem Banner steht die Zahl 666   Sex, Sex, Sex! (Offb. 13,18). Keine Therapie kann diese endzeitliche Seuche jemals in den Griff bekommen. Sie ist eine Strafe Gottes an denen, “die nicht gehorchen der Stimme des Herrn und halten seine Gebote” (3. Mose 26,25).

Es ist die Sünde der Homosexualität, die dieser schrecklichen Krankheit erst den Weg geebnet hat, und es ist ein Leiden, das den schlimmsten Qualen gleicht, die Menschen treffen können. Sie werden furchtbar gezeichnet von Schmerzen, die sie zum Wahnsinn treiben: bösartige Geschwüre, geschwollene Lymphdrüsen, Atemnot, Fieber, Hautausschläge, Darmblutungen, verbunden mit Gehirnzerfall bis zur Blindheit. Ihre Körper werden langsam verfaulen und der Fluch ihrer Sünden wird sie auffressen. Sie werden nicht einmal wie normale Tote versorgt. Ihre Leichen kommen in einen Plastiksack aus schwerem, reißfestem Material. Dann wird der breite Reißverschluß zugezogen und der Sack luftdicht verschlossen. Obenauf erhält er einen deutlichen Vermerk: “Hochgradig ansteckend! Nicht mehr öffnen!” Dann erst wird dieses verschnürte Bündel in den Sarg gelegt.

Die Bibel sagt, der Tod ist der Sünde Sold. Und so werden sie alle sterben, alle, die Gottes Gebote mißachtet, die sich eingebildet haben, sie bräuchten sich einen Dreck darum zu kümmern, was in der Heiligen Schrift steht. Gott hat die Menschen in diesem Buch gewarnt und uns eine Reihe Beispiele überliefert, die die unweigerlichen Folgen sittlicher Verderbtheit aufzeigen. Eines davon finden wir in 1. Mose 19.

“Darum sagte der Herr: ’Über die Leute von Sodom und Gomorrah sind schwere Klagen zu mir gedrungen. Ihre Schuld schreit zum Himmel. Deshalb will ich jetzt hingehen und mit eigenen Augen sehen, ob sie es tatsächlich so schlimm treiben.’“  Seine beiden Begleiter waren Engel. “Es war schon gegen Abend, als sie nach Sodom kamen“, heißt es in der Schrift. Lot, der Neffe Abrahams, lud sie ein, in seinem Haus zu übernachten, wozu sie sich nach einigem Zögern auch bereiterklärten. “Die beiden wollten sich eben schlafen legen”, lesen wir weiter, “da liefen alle Männer von Sodom, alt und jung, zusammen und umstellten das Haus. ’Lot, Lot’, riefen sie, ’wo sind die Männer, die heute abend zu dir gekommen sind? Gib sie heraus, wir wollen mit ihnen Verkehr haben.’ Lot trat vor das Haus und zog die Tür hinter sich zu. ’Begeht doch nicht solch ein Verbrechen’, rief er. ’Ich habe zwei Töchter, die noch kein Mann berührt hat, ich will sie euch herausbringen; macht mit ihnen, was ihr wollt. Aber die beiden Männer behelligt mir nicht. Sie sind meine Gäste und stehen unter meinem Schutz.’

Sie aber schrien: ’Mach, daß du wegkommst! Du bist ein Fremder und willst uns Vorschriften machen? Wir werden dir noch ganz anders mitspielen als denen.’ Sie fielen über Lot her und versuchten die Tür aufzubrechen. Da zogen die beiden Männer Lot ins Haus und verschlossen die Tür. Sie schlugen die Leute von Sodom mit Blindheit, so daß sie die Tür nicht mehr finden konnten.”

Wie wir sehen, waren die Männer von Sodom völlig verdorben. Die Bibel spricht auch ausdrücklich davon, daß alle Männer Lot und die Engel bedrohten. Sicher hatten die Bewohner dieser Stadt noch eine Reihe anderer Sünden. Aber Gott hat gerade die Sünde der Homosexualität für so widerwärtig und verabscheuungswürdig befunden, daß er sie, und ausschließlich nur sie, in der Bibel wörtlich benannte.

Wie es mit Sodom weiterging, blieb uns auch nicht verschwiegen. Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, ließ Gott auf sämtliche Städte in der Jordangegend Schwefel und Feuer vom Himmel fallen. Sie wurden restlos zerstört, ihre Bewohner getötet und das Land verwüstet, so daß nichts mehr darauf wuchs. Lot, der als einziger Mann zusammen mit seinen beiden Töchtern der Katastrophe entging, sah, als er später auf die Gegend am Jordan herabschaute, wie von dort eine einzige Rauchwolke aufstieg, “wie von einem Schmelzofen”, wie die Bibel sagt.

Das geschah um 1800 vor Christi Geburt. Die beiden Städte Sodom und Gomorrah konnten bis heute nicht lokalisiert werden. Man nimmt an, daß sie unter dem Toten Meer begraben sind. Sie wurden wegen der Sünden ihrer Bewohner vernichtet.

Eine ganz ähnliche Geschichte berichtet uns die Bibel in dem Buch der Richter, und zwar in den Kapiteln 19 21. Das zentrale Geschehen dieser drei Kapitel ist das Verbrechen von Gibea in Benjamin. Es ist ebenfalls ein Höhepunkt der Gottlosigkeit und Gesetzlosigkeit jener Tage, eines der schlimmsten Verbrechen, die in der Bibel überhaupt erwähnt werden. Was war geschehen?

Ein Levit kam mit seiner Frau und seinem Knecht von Bethlehem nach Gibea, um dort zu übernachten. Nach eini¬gen Schwierigkeiten fand er dann auch eine Herberge bei einem alten Mann, der sie in sein Haus führte und sie und ihren Esel versorgte. Wörtlich heißt es dann ab Vers 22: “Und als ihr Herz nun guter Dinge war, siehe, da kamen die Leute der Stadt, ruchlose Männer, und umstellten das Haus und pochten an die Tür und sprachen zu dem alten Mann, dem Hauswirt: ’Gib den Mann heraus, der in dein Haus gekommen ist, daß wir uns über ihn hermachen.’ Aber der Mann, der Hauswirt, ging zu ihnen hinaus und sprach zu ihnen: ’Nicht, meine Brüder, tut nicht solch eine Schandtat! Siehe, ich habe eine Tochter, noch Jungfrau, und dieser hat eine Nebenfrau; die will ich euch herausbringen. Die könnt ihr schänden und mit ihnen tun, was euch gefällt, aber an diesem Mann tut nicht eine solche Schandtat.’

Aber die Leute wollten nicht auf ihn hören. Da faßte der Mann seine Nebenfrau und brachte sie zu ihnen hinaus. Die machten sich über sie her und trieben ihren Mutwillen mit ihr die ganze Nacht bis an den Morgen. Und als die Morgenröte anbrach, ließen sie sie gehen. Da kam die Frau, als der Morgen anbrach, und fiel hin vor die Tür des Hauses, in dem ihr Herr war, und lag da, bis es licht wurde.”

Als der Levit festgestellt hatte, daß die Frau tot war, legte er ihre Leiche auf den Esel und zog nach Hause ins Gebirge Ephraim. Er war entschlossen, sich auf eine furchtbare Weise zu rächen. Dazu zerteilte er die Leiche in 12 Stücke und verschickte diese an die 12 Stämme Israels, um so den Haß des ganzen Volkes gegen die Benjaminiter zu entfachen, und er hatte Erfolg damit. “Es versammelten sich gegen die Stadt alle Männer Israels, geschlossen wie ein Mann.”

In den Kapiteln 20 und 21 des Buches der Richter lesen wir von der fast völligen Ausrottung des Stammes Benjamin. Obwohl in der Stadt, die “geschlagen wurde mit der Schärfe des Schwertes”, nur etwa 700 Männer gewohnt hatten, wird nahezu der ganze Stamm vernichtet. 25 000 Männer mußten ihr Leben lassen. Die Stadt Gibea ging auf in Flammen, und auch alle anderen Städte im Lande Benjamin wurden mit Feuer verbrannt. Die Ursache der Tragödie von Gibea war die Homosexualität ihrer Bewohner.

Um der Vollständigkeit dieser Thematik zu genügen, sollte dieses Kapitel nicht abgeschlossen werden, ohne dem immer wieder erhobenen Einwand zu begegnen, warum zum Beispiel auch unschuldige Kinder oder betrogene Ehepartner Opfer der tödlichen Lustseuche Aids werden, obwohl sie nie eine Beziehung zu irgendwelchen Risikoherden hatten. Die Ansteckung in diesen Fällen geschieht außer durch Geschlechtsverkehr hauptsächlich durch Bluttransfusion. Verseuchte Babys kommen in der Regel bereits mit dem tödlichen Virus der infizierten Mutter zur Welt. Selbst unschuldig, zahlen sie für die Sünden ihrer Väter oder Mütter, und kaum, daß sie in die Welt gekommen sind, müssen sie diese schon bald wieder verlassen.

Wie in so vielen Fällen dieser Art, wird auch hier von kurzsichtigen Betrachtern immer wieder die uralte Frage gestellt: “Warum läßt Gott so etwas zu?” Es ist die älteste Frage der Welt. Sie wurde schon von den ersten Menschen gestellt – wohlweislich, nachdem von ihnen die erste Sünde begangen wurde. Gott hatte sie dazu nicht animiert, im Gegenteil, er hatte sie ausdrücklich gewarnt.

Wie wir bereits hinreichend festgestellt haben, hat Gott den Menschen seine Gebote gegeben, die bei Beachtung alle schlimmen Folgen   auch eine Geisel wie Aids   ausschließen. Wenn nun beispielsweise eine schwangere Frau von ihrem Mann angesteckt wird, der zwischenzeitlich bei einer aids infizierten Hure gewesen ist, oder wenn die Ansteckung der Mutter durch eine unsaubere Injektionsnadel erfolgte, dann kann man doch nicht so naiv sein und Gott die Schuld zuschieben, wenn Kinder infiziert werden. Was hat das offensichtliche Vergehen der Eltern mit Gott zu tun? Es ist eine biologische Gesetzmäßigkeit, daß sich bestimmte Dinge von den Eltern auf die Kinder vererben. Oder will man von Gott   den man ja ansonsten auch nicht braucht   in solchen speziellen Fällen verlangen, daß er die biologischen Gesetze, die in seinem Schöpfungsplan verankert sind, vorübergehend umstößt? Wer ist denn nun eigentlich gerecht und wer ungerecht? Gott hat ja schließlich den Vater nicht ins Hurenhaus geschickt. Er ist aus eigenem Entschluß dorthin gegangen.

Ein anderes Beispiel: Eine Frau, die raucht, dem Alkohol verfallen oder drogensüchtig ist, während sie mit einem Kind schwanger geht, muß wissen, daß sie dem Neugeborenen oft in verheerender Weise schadet. Trotzdem rauchen und trinken viele werdende Mütter verantwortungslos weiter. Es ist dann aber nicht die Schuld Gottes, wenn das Kind ein bedauernswertes Opfer der Sucht der Mutter geworden ist, sondern die Folgen ihrer Sünden.

Wie sieht es denn heute bei uns aus? Männer schlafen mit Männern, Frauen mit Frauen und was es sonst noch alles gibt. Das finden wir alles in bester Ordnung. Wehe, es wagt mal jemand zu sagen: “Kehrt um und tut Buße!”, wie es Johannes der Täufer gesagt hat. Obwohl der Mensch die Krönung der Schöpfung ist, ist er durch eigenes Verschulden zutiefst gesunken.

Betrachten wir einmal unsere Tierwelt. Die Tiere halten sich an die von Gott gegebene Ordnung. Nur der Mensch meint, er könne sich alles erlauben. Kommt dann eine Krankheit wie Aids, dann darf man auf keinen Fall von Umkehr und Einsicht über den Lebenswandel reden, sondern man muß schnell irgendein Mittel finden, das einem erlaubt, genauso weiterzumachen wie zuvor.

Erinnern wir uns: Als seinerzeit werdende Mütter das Arzneimittel Contergan nahmen, brachten sie mißgebildete Kinder zur Welt. Lange hat sich damals die zuständige Pharmaindustrie gegen den Vorwurf der offensichtlichen Schädlichkeit des von ihr hergestellten Medikaments gewehrt. Dann mußte sie Milliarden an Entschädigung zahlen. Trotzdem aber bekam keines der Kinder dadurch wieder gerade Glieder. Sie blieben gezeichnet, und so mancher kurzsichtige Zeitgenosse schielte vorwurfsvoll zum Himmel, wenn er so ein behindertes Kind sah: “Wie kann Gott nur so etwas zulassen … ?” Es war aber nicht Gott, der in der Giftküche des Pharma Konzerns das verhängnisvolle Präparat zusammengemixt hatte.

Noch bis Mitte 1986 sind bei uns in Deutschland amerikanische Blutkonserven verwendet worden. Jahre zuvor hatte man schon davor gewarnt, nachdem andere Länder das US-Plasmaderivat, das zur Versorgung von Blutern verwendet wurde, bereits kategorisch verboten hatten. Doch das Gesundheitsministerium in Bonn hatte lange geschlafen. Die Folge davon war, daß mehr als die Hälfte der von der Bonner Universitätsklinik betreuten und behandelten Bluter Patienten durch die Übertragung aidsverseuchter Gerinnungspräparate infiziert wurden.

Oder nehmen wir in bezug auf das Leiden gerade der Kinder das klassischste aller Beispiele, den Krieg. Wie viele unschuldige Kinder kommen dabei um. Die Schuld haben ihre Väter, die Gottes Gebote mißachten durch Haß, Machthunger, Eroberungslust und das Töten überhaupt. Gott hat den Menschen immer wieder mit Nachdruck auferlegt, sich untereinander zu lieben, ja sogar ihre Feinde zu lieben. Wenn die Menschen dann aber für ihr Fehlverhalten die Rechnung präsentiert bekamen, klagten sie Gott an. Hinzu kommt dann noch, daß Leute, die solche anklagenden Reden führen, in der Regel gar nicht an Gott glauben. Sie leben zumeist in totaler Gottesferne. Wie können sie Gott kritisieren, dessen Existenz sie bewußt leugnen? Hier wird doch der ganze Widersinn einer solchen Handlungsweise offenkundig.

Wenn es beispielsweise allein in Schwarzafrika über 20 Millionen Aidskranke gibt, dann ist dies neben der Homosexualität und der weit verbreiteten Prostitution auch auf die chaotischen Verhältnisse des wahllosen Geschlechtsverkehr der Männer zurückzuführen, die völlig zügellos und primitiv nur ihrer animalischen Lust leben und damit den Aids Virus epidemisch über den ganzen Kontinent streuen.

Die Bibel sagt uns schon lange, was richtig und was falsch ist. Aber der Mensch sagt: “Ich will tun, was ich will …” Und der Gesetzgeber unterstützt ihn dabei noch, indem er Schwulengesetze macht, die das widerwärtige Treiben der Homosexuellen rechtfertigt, hoffähig macht und legalisiert. Anschließend wundern sich dann alle, wenn Gott den Menschen die Konsequenzen für ihr sündiges Tun auferlegt.

 

Die Macht der Finsternis

Aus Jesu Endzeitreden wissen wir, daß in den letzten Tagen überall Finsternismächte auftreten und gewaltig zunehmen werden. Ihr Wirken unter den Menschen wird riesengroß sein und sich auf alle natürlichen und übernatürlichen Bereiche erstrecken. Die derzeitige Situation unseres gesellschaftlichen Lebens bietet sich für diese unheilvolle Entwicklung geradezu an. Wenn   wie dies in unseren Tagen augenscheinlich geschieht   auch der letzte Rest von Gottesglauben aus den Herzen der meisten Menschen vertrieben wird, dann entsteht hier ein Vakuum. Und in dieses Vakuum stoßen gezielt die Mächte der Finsternis. Sie füllen diesen Leerraum mit allen nur erdenklichen Formen des Okkultismus und des Aberglaubens. In dem Maß, in dem sich die Menschen von der Verehrung Gottes abwenden, öffnen sie sich bereitwillig übernatürlichen Dingen und Strömungen aller Art. Eine Welle des Bösen rollt über unser Land, und die Beschäftigung mit dem Übersinnlichen treibt überall Blüten. Es ist heute schlimmer als im Mittelalter. Die okkulte Invasion hat in unserer westlichen Welt bereits Ausmaße angenommen, die als alarmierend angesehen werden müssen.

Wer kümmert sich heute noch darum, daß Gott einmal gesagt hat: “Du sollst keine anderen Götter neben mir haben”?

Unlängst haben sich bei einem Kongreß in Berlin 700 Sterndeuter ein Stelldichein gegeben. Die Zahl der Handlinienleser, Kartenleger und Tischrücker wird bei uns auf über 100.000 geschätzt. Es ist eine blühende Dienstleistungsindustrie. Der geschätzte Jahresumsatz geht in die Milliarden… Die esoterische Literatur zur Zeit einen Anteil von über 10 Prozent des gesamten Bücherangebots. Darunter befinden sich Publikationen besonders über Astrologie, Magnetismus, Hypnotismus, Spiritismus und Hellsehen…

Dies alles sind Gewächse der Hölle. Der inzwischen heimgegangene Evangelist Walter Wilms hat dazu einmal geschrieben: “Wer mit seiner Not nicht zu dem lebendigen Gott und seinem Wort Zuflucht nimmt, sondern zu solchen Mitteln und Irrlehren, geht mit dem Teufel ein Vertrauensverhältnis ein. Ob er es weiß und will oder nicht, die Verbindung ist geknüpft. Natürlich denkt man nicht, daß dieses Tun üble Folgen haben könnte. Man nimmt diese Hilfe gern an. Manche denken: Es ist gleich, ob Gott hilft oder Satan. Sie wissen aber nicht, daß Satan sich diese Hilfe teuer bezahlen läßt. Das Schlimmste aber ist, daß solche Seelen dann nicht mehr an den lieben, helfenden Gott glauben können, der in Jesus Christus allen Menschen eine Erlösung geschaffen hat.”

Und Pfarrer J. Chr. Blumhardt, der bekannte Kämpfer gegen Aberglauben und Zauberei, stellte in einem seiner Bücher fest: “Die traurigste Folge für den Menschen, wenn er seine Abgötterei nicht bekennt und bereut, kommt nach dem Tode …”

Gott warnt uns: “Was der Mensch sät, das wird er auch ernten” (Gal. 6,7), und Paulus sagt uns im 1. Korintherbrief: “Götzendiener werden das Reich Gottes nicht ererben.” Im letzten Buch der Bibel steht geschrieben, daß Zauberer und Götzendiener, wenn sie in ihrer Sünde beharren, auf ewig verloren gehen (Offb. 21,8 u. 22,15).

Es ist inzwischen überall Mitternacht geworden. Fragwürdige diesbezügliche Angebote bieten unter anderem die Volkshochschulen überall in Deutschland, besonders im Bereich der Esoterik und New Age. Aber auch auf dem Gebiet der “Gesundheitsbildung” gibt es einen Boom mit Yoga, autogenem Training und Bioenergetik. Psycho-Kulte aller Art breiten sich wie ein Steppenbrand aus. Da blühen Okkultismus, Esoterik, Magie, Hexenglauben, New Age, Geistheilung, Reinkarnation, Schamanismus, Satanismus usw. Wir leben, wie gesagt, in einer Welt, in der die dämonischen Bewegungen aller Art oben auf sind, wo sie gesellschaftsfähig geworden sind und sich immer größerer Beliebtheit erfreuen.

Wir leben in der von der Bibel vorausgesagten Abfallzeit, wo Glaubenssubstanz verworfen wird und wo man Gott längst in Pension geschickt hat. Er paßt nicht mehr in die Vorstellungswelt der meisten Menschen. Man ignoriert sein Wort, die Heilige Schrift, wo immer man kann. Bekämpft jede sittliche Ordnung, soweit sie sich auf die Richtlinien der Bibel bezieht. Die Menschen suchen sich selbst zu helfen, ohne Gott, ohne Bibel, ohne Gebet. Sie sagen: Hilf dir selbst. Sie vertrauen nur auf ihre Intelligenz, auf ihr Geld usw. …

Besonders schlimm ist es auf dem Gebiet der Gesundheit, dem Hauptproblem, der Nummer eins. Dabei suchen immer mehr Menschen Hilfe im okkulten Bereich, bei paramedizinischen Heilmitteln. Die Folgen sind oft schrecklich, verheerend. Es geht bei den okkulten Heilmethoden um die sogenannte weiße Magie. Dazu gehören alle fernöstlichen Heilpraktiken, die zum großen Teil ausgesprochen unwissenschaftlichen Praktiken zuzuordnen sind und einen medialen Hintergrund haben. Sie kommen meistens aus der chinesischen Philosophie mit all ihren okkulten Inhalten. Auffallend ist unter anderem, daß medial veranlagte Menschen viel eher auf diese Heilmethoden ansprechen als zum Beispiel gläubige. Es gibt chinesische Ärzte, die weigern sich deshalb Patienten zu behandeln, die aus christlichen Kulturkreisen kommen.

Nun, wir wissen, daß auch die Wunderheiler Erfolge aufzuweisen haben. Das spricht aber noch lange nicht für die Richtigkeit ihrer Methoden. Heilungen dieser Art geschehen auch bei Magiern, bei den Medizinmännern im Busch und bei den Zauberdoktoren und den Naturreligionen in Afrika, Asien und Südamerika. Es sind zum Teil sogar verblüffende Erfolge. Sogar solche, die im Namen Jesu heilen, wie zum Beispiel die Christliche Wissenschaft, kann mit beachtlichen Heilerfolgen aufwarten.

Aber damit ist noch lange nicht gesagt, daß sie auch in göttlichem Auftrag handeln bzw. unter göttlicher Salbung stehen. Ein gläubiger Christ sollte sich niemals in diese Bereiche begeben. Mediale Kräfte sind immer gefährlich. Ein Christ sollte sich in allen Dingen stets unter den Schutz Jesu stellen. Auf keinen Fall sollten wir nach dem Motto handeln: Gesundheit um jeden Preis.

Ein junger Mann kam mit einer lebensbedrohenden Krankheit in die Praxis eines dieser ominösen Heiler. Zuvor hatten ihm die Ärzte wenig Hoffnung auf eine Besserung seines Zustandes gemacht. Der Heiler bediente sich während der Untersuchung seiner Apparaturen und stellte dabei eine hundertprozentig treffsichere Diagnose. Auch die anschließende Behandlung war erfolgreich, und der junge Mann wurde wieder gesund. Er wußte aber nicht, daß er sich in die Hände eines medialen Heilers begeben hatte, und so mußte er seine Gesundheit teuer bezahlen. In der Folge stellten sich bei ihm gravierende körperliche Veränderungen ein. Wenn er in die Kirche ging oder daheim die Bibel lesen wollte, bekam er plötzlich körperliche Schmerzen. Auch hatte er keine Freude mehr am Beten. Wenn er christliche Lieder singen wollte, versagte ihm die Stimme. Dazu stellten sich gleichzeitig auch charakterliche Veränderungen ein. Er wurde Alkoholiker und Kettenraucher, der am Tag bis zu 80 Zigaretten rauchte. Dazu kamen Depressionen und zuletzt ein völliger seelischer Bankrott. Er war zwar zunächst körperlich geheilt gewesen, aber schließlich seelisch ruiniert.

Okkulte Praktiken befreien nicht, sie knechten. Die Bibel sagt in Galater 5,1: “Zur Freiheit hat Christus uns befreit. So stehet nun fest und lasset euch nicht wieder in das knechtische Joch fangen.” Leider haben dunkle Mächte inzwischen auch in christliche Kreise Einlaß gefunden. So entstand vor einiger Zeit in Stuttgart ein “Arbeitskreis für christliche Meditation und Yoga”. Man suchte dort neue Wege zu religiösem Erleben und spirituellen Erfahrungen. Übungen aus anderen Religionen seien gefragt. Die Leiter dieses Kreises sind evangelische Pfarrer.

Die Meditation, von der hier die Rede ist, ist eine Art Selbsthypnose durch Autosuggestion, eine Technik der psychischen Selbstbeeinflussung. Wenn sich der Mensch etwas selbst einsuggeriert, dann ist das immer eine ungöttliche Handlung. Die Meditation gehört in den Bereich der Psychoanalyse und ist aus der Hypnose entstanden. Im Mittelpunkt steht immer das Ich des Menschen. Eine Innenschau, eine Versenkung, ein Zustand der Entrückung, eine Traumwelt der Phantasie. Der Mensch konzentriert sich nur auf sich, nicht auf Gott.

Ähnlich ist es beim Yoga. Yoga ist heute weit verbreitet und kommt aus dem Buddhismus und dem Taoismus. Letzteres ist eine chinesische Volksreligion und hat mit Aberglaube und Zauberei zu tun. Es ist ein Teilbereich des Spiritismus und total unvereinbar mit dem christlichen Glauben. Wenn es das Ziel von Meditation und Yoga ist, eine Art Selbsterlösung zu erlangen, dann ist Jesus Christus natürlich überflüssig geworden.

Wir sollten grundsätzlich festhalten: Es gibt in dieser Welt zwei Quellen, aus denen der Mensch schöpfen kann. Die eine Quelle ist Gott und die andere die Macht der Finsternis mit ihrem beherrschenden Fürsten   Satan. Wir können Hilfe von der einen Seite bekommen, wir können uns aber auch der anderen Seite zuwenden und den Weg der finsteren Mächte wählen. Aber Letzteres führt unweigerlich in Gebundenheit, Ausweglosigkeit und ewige Nacht. Im übrigen verbietet uns die Heilige Schrift ausdrücklich, Hilfe bei der Quelle zu suchen, die nicht von Gott kommt, denn das würde bedeuten, fremde Götter und Götzen anzurufen. Gott, unser Herr, mahnt uns in 2. Mose 20,3 6: “Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem. was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.” Auch der Apostel Paulus warnt in seinem Brief an die Gemeinde in Galatien eindringlich vor Götzendienst und Zauberei und sagt dazu, daß die, die solches tun, das Reich Gottes nicht erben werden.

Das sind harte Urteilsworte Gottes. Sie sind umso ernster zu nehmen, da, wie es uns die Bibel sagt, unser Universum von okkulten Kräften voll durchdrungen ist. Das ist genau das, was Paulus an anderer Stelle sagt:

“Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.”

Der “Gott dieser Welt” verblendet seine Opfer mit Geheimwissen aus allen möglichen dunklen Quellen. Dabei ist eine weitverbreitete Greuelsünde, wie gesagt, der Aberglauben.

Was ist Aberglauben? In dem Wort Aberglauben finden wir zunächst das Wort Glauben. Aber es steht nicht allein, denn es wird von dem Wort “aber” begleitet. Aberglauben ist also nicht dasselbe wie Glauben. Es ist vielmehr ein Irrglauben. Glauben ist für wahre und überzeugte Christen ausschließlich der Glauben an den lebendigen Gott und seine übernatürliche Kraft. Was den Aberglauben betrifft, so bezieht sich dieser dagegen nicht auf Gott, sondern auf einen anderen, den “Fürsten der Welt”.

Das heißt also, auf der einen Seite steht Gott und auf der anderen Satan. Dazwischen steht der Mensch. Diese Konstellation ist gerade heute in unseren Tagen ausgeprägter denn je. Wenn der Mensch an Gott glaubt, dann kommt er auch unter göttlichen Einfluß. Glaubt er dagegen an den Teufel und seine Macht, so kommt er unter dessen Einfluß. Es gibt ein Sprichwort, das besagt: “Wenn man dem Glauben die Tür weist, kommt der Aberglaube zum Fenster herein.”

“Wenn euch Jesus nun frei macht, so seid ihr wirklich frei” (Joh. 8,36). Und an anderer Stelle heißt es: “Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, daß er die Werke des Teufels zerstöre” (l. Joh. 3,8).

 

Quo vadis Deutschland?

Die Bibel zeichnet ein sehr drastisches Bild von der sittlichen Verwahrlosung der Menschen in der Endzeit, die ihren Impulsen unbeherrscht und betont egoistisch freien Lauf lassen, ungeachtet der Gebote Gottes. Bei dem Bestreben eines totalen Auslebens sündhafter Bedürfnisse spielt auch bei uns in Deutschland immer wieder die Forderung nach genereller Abschaffung des Abtreibungsparagraphen 218 eine Rolle.

Begonnen hatte die Debatte um die Liberalisierung dieser Gesetzesvorschrift bereits im Jahre 1976. Damals zur Zeit der sozialliberalen Koalition in Bonn lag die Zahl der Kindestötungen bei etwa 8000 im Jahr. Heute gehen die Zahlen bereits in die Hunderttausende. Als dann die C-Regierung wieder an die Macht kam, wurde es keineswegs besser. Inzwischen wurden Millionen Kinder ermordet als Folge der Inkonsequenz auch der sogenannten christlichen Politiker, die nur noch Wenn und Aber Paragraphen zustande brachten. Das Töten geht ungehindert weiter, und das 5. Gebot Gottes, “Du sollst nicht töten”, ist regierungsamtlich außer Kraft gesetzt. Töten wurde damit legal.

Bei den mit staatlicher Duldung einhergehenden Verbrechen am ungeborenen Leben besteht ein sichtbarer Zusammenhang mit der schwindenden Bindung an den christlichen Glauben. Kaum ein anderes Vorkommnis charakterisiert so sehr das sich in permanenter Auflösung befindliche Rechtsbewusstsein wie der Kinder Holocaust in Deutschland, der alljährlich 300.000 Abtreibungsopfer fordert. Das sind dreimal mehr Menschen, als der Hiroshima Bombe zum Opfer fielen. In einer einzigen Woche werden bei uns 2500 Kinder qualvoll im Mutterleib ermordet. Umgerechnet sind das täglich rund 15 Schulklassen mit jeweils 23 Schüler. Für sie gibt es nicht mal ein Grab, noch Blumen, noch Tränen …

In einer Gesellschaft, in der selbst bei Schwerstkriminalität die Todesstrafe abgeschafft ist, hat jede Mutter das Recht, gegen ihr Kind ein Todesurteil zu fällen. Welch eine Ironie. Dabei hat solch ein Kind überhaupt nichts verbrochen, außer unerwünscht zu sein. Die Tötung unschuldiger Menschen zu legalisieren, das heißt, sie beliebig ausradieren zu können, war bisher nur in Unrechtssystemen möglich.

Das ist eine einmalige Katastrophe auf dem Gebiet der Rechtsordnung unseres Landes und eine bewußte Entscheidung, den Weg ohne Gesetz zu gehen. Somit kann die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr als Rechtsstaat betrachtet werden. Es kann angesichts der Erosion des Unrechtsbewußtseins nicht genug über Abtreibung und die damit zusammenhängende Problematik geschrieben werden. Ein Theologe sagte einmal sehr richtig: “Wenn man der Mutter das Recht gibt, ihre ungeborene Tochter zu töten, weil sie ihr eine Last ist, dann gibt man der Tochter dasselbe Recht, ihre Mutter aus demselben Grund zu töten. Freie Abtreibung bedeutet früher oder später freie Euthanasie, weil man in beiden Fällen dasselbe Recht zu töten bestimmten Personengruppen in besonderen Umständen überläßt. Das zugrunde liegende Denkschema ist exakt dasselbe.

Inzwischen haben wir in der Bundesrepublik einen Keller voller Leichen, und man muß sich fragen, wie unsere verantwortlichen Politiker, besonders die mit dem “C”, mit einer solchen Hypothek leben können. Ein Journalist fragte einmal einen Politiker in Bonn: “Herr Abgeordneter, beten Sie?” Die Antwort war kurz und unmißverständlich: “Ich führe keine Selbstgespräche.“ Für solche Leute ist Gott tot. Sie sind aber mitverantwortlich dafür, daß unsere Welt zunehmend in einem Chaos landet, weil sie sich nur vom Zeitgeist leiten lassen und nicht von dem, was die Bibel den Menschen als Maßstab ihres Handelns vorschreibt.

Ein verantwortungsbewußter Arzt hat dem Kanzler der Bundesrepublik Deutschland einmal einen Brief geschrieben, indem es unter anderem heißt: “Haben Sie, Herr Bundeskanzler, nicht folgenden Eid geschworen: Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohl des deutschen Volkes widmen … Schaden von ihm abwenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen … und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde? Meine Freunde und ich bitten Sie, diesen Schwur in die Tat umzusetzen, das heißt unter anderem, das im Grundgesetz garantierte Lebensrecht zu verteidigen, Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben, also auch gegen das wehrlose Ungeborene, um so Schaden von unserem Volk abzuwenden …

Auch Sie, Herr Bundeskanzler, werden einmal vor dem Thron des Weltenrichters stehen müssen, des wirklichen Herrn über Leben und Tod. Dort werden bei der letzten, für jeden von uns entscheidenden Abstimmung, auch diejenigen Stimmrecht haben, deren Stimmen hier auf Erden vorzeitig zum Schweigen gebracht wurden, aus mangelnder Opferbereitschaft, Feigheit oder ideologischer Verblendung … Denn das Blut dieser unschuldigen Kinder, die nach Gottes Ebenbild geschaffen sind, schreit zum Himmel. Und was wollen Sie einst dem Schöpfer antworten, wenn er Sie nach den Kindern fragt, die unter Ihrer Kanzlerschaft nicht geboren werden durften, obwohl er sie in seinem Schöpfungsplan vorgesehen hatte?”

Eine christliche Informationsschrift hat einmal, was die Leichtfertigkeit in den politischen Entscheidungen der Regierenden unseres Landes betrifft, halb ironisch und halb “prophetisch” festgestellt: “Wäre zum Beispiel Helmut Kohl heute ein ungeborenes Kind, wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit abgetrieben worden. Nach einer Befragung im Auftrag des Bundestages sehen fast 55 Prozent von befragten Frauen eine Veranlagung zu Übergewicht als hinreichenden Grund für eine Tötung des Kleinstkindes aus eugenischen Gründen. So sehr hat das schwergewichtige Kabinett schon gegen sich selbst gearbeitet.”

Speziell zum Thema “Kohl und Abtreibung” äußerte sich auch der inzwischen als konsequenter Gegner der Abtreibung bekannt gewordene lutherische Theologe Dr. Johannes Lerle aus Erlangen, indem er zunächst auf die frommen Worte des Bundeskanzlers hinwies, die dieser auf der EKD-Synode Anfang November 1997 in Wetzlar lauthals von sich gegeben hat. Dr. Lerle fuhr dann fort: “Doch im Jahre 1995 stimmte Kohl für ein Gesetz, das die Bundesländer verpflichtet, ’ein ausreichendes Angebot zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen’ sicherzustellen. Das heißt, auch Kohl hat durch seine Zustimmung andere beauftragt, Tötungskapazitäten bereitzustellen. Auf diesen Auftrag können sich Kindermörder berufen.

Zum Boykott der bundesdeutschen Rechtsstaatlichkeit und der von allen ethischen Imperativen abgekoppelten Moralauffassung unseres Volkes schreibt der Politologe Professor Günter Rohrmoser in “Der Ernstfall – Die Krise unserer liberalen Politik”: “Wenn etwa die Tötung unschuldigen wehrlosen Lebens für rechtens gehalten und für straffrei erklärt wird, wie das im Beschluß des Bundestages zur Fristenlösung geschehen ist, dann wanken die Fundamente unseres Rechtsstaates. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist zum einen gegeben vor Gott. Sie hat die Würde und damit das Leben des Menschen zum höchsten Gesetz des Staates erklärt, und sie hat das natürliche Sittengesetz anerkannt. Bei der Debatte um den Abtreibungsparagraphen hat sich gezeigt, daß das Gefühl für Sittlichkeit sich so gut wie verflüchtigt hat. Wenn sich aber die Einsicht in die sittliche Natur auflöst, dann kann auch der Rechtsstaat auf Dauer nicht mehr bestehen bleiben. Ein Rechtsstaat, der zu seiner Grundlage und Voraussetzung nicht die gelebte Sittlichkeit seiner Bürger hat, wird sich auf Dauer selbst vernichten und wird neue Formen der Barbarei ermöglichen, von denen wir einige Erfahrungen in unserem Jahrhundert schon gemacht haben.”

Wir alle kennen die Geschichte im 1. Buch Mose, wo der Herr sprach: “Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorrah, daß ihre Sünden schwer sind … und die Sonne war aufgegangen auf Erden, als Lot nach Zoar kam. Da ließ der Herr Feuer und Schwefel regnen vom Himmel herab auf Sodom und vernichtete die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und alles, was auf dem Land gewachsen war.” Sodom wurde so vollständig in Schutt und Asche gelegt, daß es selbst den tüchtigsten Archäologen später nicht gelang, auch nur die geringste Spur dieser Stadt wiederzufinden. In der Bibel steht Sodom für Gottlosigkeit, denn in dieser Stadt waren die greulichsten Sünden zu Hause. Die sexuelle Perversion in dieser Stadt ist inzwischen sprichwörtlich geworden. Dort wurden Homosexualität, Lesbianismus und alle Arten sexueller Abartigkeit offen praktiziert, genau wie heute in unseren Tagen und in unserem Land.

Wie nahe stehen wir heute Sodom? Der bibelgläubige amerikanische Autor Dr. M. Panton schreibt dazu: “Sodom ist ein Beispiel für das kommende Weltgericht. Unser Herr sagt ausdrücklich, daß die Zustände am Ende der Tage im Prinzip denen von Sodom gleich sein werden. In Gottes Wort finden wir häufige Parallelen in bezug auf die Welt als auch auf die Heilsgeschichte. Gott handelt unter gleichen oder nahezu gleichen Umständen immer gleich. So kann man den Untergang Sodoms und das Entkommen Lots dem Untergang der Welt und der Entrückung der Gemeinde Jesu gleichsetzen.

Es gibt eine Grenze für die Sünde. Ist diese Grenze überschritten, dann ist das Gericht unausweichlich und beschlossen. Übergroße Bosheit ist immer der Beweis bevorstehenden Gerichts, weil von denen, die freiwillig Gott den Rücken zugekehrt haben, gesagt wird: ’Darum hat Gott sie auch dahingegeben’ (Röm. 1,24).”

 

In den Fußstapfen von Herodes

Jeder Bibelleser kennt die Geschichte der unschuldigen Kinder. Sie ist eng mit dem Namen Herodes verbunden. Wir lesen über den Kindermord des Königs von Judäa im Matthäus Evangelium im 2. Kapitel. Dort heißt es, daß der König sehr zornig über die Geburt Jesu war und alle Kinder “in Bethlehem und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren“, töten ließ. Herodes lebt heute noch, tausendfach sogar, in all den feigen Kindermördern überall in der Welt, wo unschuldige, menschliche Wesen rücksichtslos und brutal getötet werden. Damals, vor 2000 Jahren, war es Machtgier und Angst vor einem “Konkurrenten”. Heute ist es Egoismus, der Menschen veranlaßt, unerwünschtes Leben grausam zu vernichten. Geändert haben sich die Zeiten lediglich um eine unwesentliche Nuance. Damals waren es rohe Soldaten mit dem Schwert, die den Babys den Kopf abschlugen, heute ist es der Herr Doktor im weißen Kittel, der mit Hilfe modernster medizinischer Technik den Körper des werdenden Kindes zerstückelt und absaugt. Überall in der Welt sind Ärzte am Werk, die diese grausame Schlachterei für eine Handvoll Silberlinge ausführen.

Diese hochgebildeten und gelehrten Akademiker haben allesamt einmal einen Eid geschworen, den man den Hippokratischen Eid nennt und der für die Ärzte seit Jahrhunderten als moralischer Grundsatz verbindlich gilt und von dem ihre Tätigkeit an den Menschen geleitet werden sollte. In diesem Eid, der an den Wänden vieler Arztpraxen stilvoll eingerahmt hängt, heißt es: “Ich werde keinem, und sei es auf Bitten, ein tödliches Gift verabreichen, noch einen solchen Rat erteilen, desgleichen werde ich keiner Frau ein abtreibendes Mittel geben.” Es mutet darum schon schizophren an, wenn man weiß, daß durch Abtreibung weniger als ein Prozent der Ärzte mehr Menschenleben beenden, als die anderen 99 Prozent jährlich durch ihre Arbeit erhalten können.

Vor einigen Jahren erzählte die Krankenschwester Anne-Katrin Asmussen in “Idea-Spektrum” von der Zeit ihrer Ausbildung in einem kleinen Kreiskrankenhaus in der Nähe von Hamburg. Dort war sie im OP eingesetzt und es war regelmäßig ihre Aufgabe, das abgesaugte “Material” eines “Schwangerschaftsabbruchs” unter fließendem Wasser in einem Sieb zu spülen, mit einer Pinzette die Teilchen in Formalinlösung zu legen und an ein Institut zur Gewebeuntersuchung zu schicken. “Oft fischte ich dabei winzige Ärmchen und Beinchen heraus”, schreibt sie. “Mir wurde dabei immer übel … Einmal erlebte ich ein Schwangerschaftsende im sechsten Monat mit. Die Frau hing am Wehentropf, das heißt, die Wehen wurden mit einem Medikament künstlich eingeleitet. Die Preßwehen setzten ein. Ich rief den Arzt. Der im Bett liegenden Frau wurde ein Steckbecken untergeschoben, und das Kind fiel hinein. Es wimmerte. Die Frau fragte ungläubig: ’Lebt es etwa? Schreit es?’ Das Kind wurde vom Arzt abgenabelt und der Deckel auf das Steckbecken gelegt. Ich brachte das Becken in den Spülraum unserer Station, wo es nach Vorschrift zwei Stunden stehen mußte. Dann war das Kind schließlich tot. Es kam zum klinischen Müll.

In einem anderen Fall war das abzutreibende Kind im fünften Monat in einer sogenannten Querlage und konnte im Mutterleib nicht gedreht werden. Die Mutter wurde in den OP gebracht, da die Hebammen sich weigerten, diese ’Geburt’ durchzuführen. Der operierende Arzt erzählte mir nach dem Eingriff, daß er das Kind im Mutterleib zerschneiden und die Teile einzeln herausholen mußte, um einen Kaiserschnitt zu verhindern.”

Melody Green berichtet in ihrem Artikel “Kindersachen zum Wegwerfen?” von einem Arzt, dem, nachdem er seine erste Abtreibung durchgeführt hatte, so schlecht wurde, daß er glaubte, sterben zu müssen. Wochenlang hat er Depressionen gehabt und an Selbstmord gedacht. Er sagte: “Das erste Mal fühlte ich mich wie ein Mörder, aber ich tat es immer wieder … und jetzt, 20 Jahre später, muß ich erkennen, was aus mir als Arzt und Mensch geworden ist. Natürlich wurde ich verhärtet. Natürlich war das Geld wichtig. Und es war ja so leicht, als ich erst einmal den Schritt getan hatte, diese Frauen wie Tiere anzusehen und diese Babys als bloßes Gewebe.”

Melody Green beschreibt dann die am häufigsten angewandten Abtreibungsmethoden. Zunächst die sogenannte Curettage. Dabei “wird die Öffnung des Muttermundes mit einer Reihe von Instrumenten erweitert, um das Einführen des Bogenmessers oder eines scharfen Instruments zum Schaben in dem Uterus zu ermöglichen. Oft wird dabei der Fötus in Stücke geschnitten und dann von der Gebärmutter abgeschabt.”

Beim Absaugen “wird der Muttermund ebenfalls zunächst erst einmal erweitert und durch ihn ein flexibler Plastikschlauch eingeführt. Das Kind wird dann durch einen Sog, der etwa zehnmal stärker ist als der eines Staubsaugers, auseinandergerissen und als Gewebebrei abgesaugt.”

Die Salzvergiftung wird in der Regel ab der 16. Schwangerschaftswoche angewandt, “wenn sich in der Fruchtblase um das Baby genug Flüssigkeit angesammelt hat. Etwas von dem Fruchtwasser wird entnommen und statt dessen eine starke Salzlösung eingespritzt. Das hilflose Baby schluckt dieses Gift und leidet sehr stark. Es stößt und zuckt heftig, da es durch diese Lösung buchstäblich bei lebendigem Leib verbrannt wird. Bei dieser Methode dauert es über eine Stunde, bis das Baby tot ist. Die äußere Schicht der Haut wird vollständig verbrannt. Innerhalb von 24 Stunden setzen gewöhnlich die Wehen ein, und die Mutter bringt ein totes Kind zur Welt.”

Dann gibt es noch die chemische Abtreibung (Prostaglandin). Bei dieser neuesten Form der Abtreibung “werden Chemikalien verwendet, die bewirken, daß sich der Uterus stark zusammenzieht und dabei das Baby hinausgestoßen wird. Die Kontraktionen sind so außerordentlich stark, daß manche Babys dadurch schon geköpft wurden. Die Nebenwirkungen für die Mutter sind zahlreich. Einige starben sogar an Herzinfarkt, als ihnen die Chemikalien eingespritzt wurden.”

Nicht zuletzt noch ein Wort zur Abtreibung durch Kaiserschnitt. Da wird das Baby losgeschnitten, in einen Behälter geworfen und ebenfalls dem Tod überliefert. Babys in einem bestimmten Alter bewegen sich dabei noch, atmen und schreien, bevor sie zitternd im Mülleimer sterben. Anstelle einer warmen Wiege finden sie ein kaltes Grab.

Der Jude Dr. Bernhard Nathanson war Leiter der größten Abtreibungsklinik der USA und verantwortlich für 75 000 Abtreibungen. Eines Tages verspürte er in seinem Gewissen die schwere moralische Last, die er sich durch das Töten unschuldiger Kinder aufgeladen hatte, und nahm eine radikale Kehrtwendung vor. Seither führt er einen entschiedenen Feldzug gegen die Abtreibung und hält Vortragsreihen überall in der Welt. Dazu schuf er einen Film “Der stumme Schrei”, der zu den erschütterndsten Dokumenten über den Kindermord gehört. Ein Sprecher der “Aktion SOS Leben”, der den Film sah, schrieb zu diesem Streifen, in dem die Reaktionen des Kindes im Mutterleib während der Abtreibung gezeigt werden: “Sie hätten dabei sein sollen, um den Widerstand des Kindes zu erleben. Man glaubt einen ausgewachsenen Menschen im Augenblick der Folter zu erkennen. Der Mund öffnet sich wie zum Aufschrei … Das Kind versucht, auf die dem Folterwerkzeug und dem Tod entgegengesetzte Seite des Mutterleibes zu entfliehen … Solche Grausamkeit geschieht   allein in der Bundesrepublik durchschnittlich alle zwei Minuten.”

Eine Abgeordnete der Grünen, Jutta Oesterle Schwerin, hat einmal vor Jahren gesagt: “Das Abholzen alter Kastanien tut mir viel, viel mehr weh als das Absaugen von Zellgewebe, das eine Frau in ihrem Körper nicht haben will … Es ist Urschleim, von dem sich die Frau um ihrer Selbstbestimmung willen trennen kann.”

Nun ist es eine Tatsache, und das wird auch von den Ärzten nicht bestritten, daß sich ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei und Samenzellen und deren Einnistung in die Gebärmutter bereits menschliches Leben entwickelt hat. Beide werden zu einer vollständigen genetischen Einheit, die darauf programmiert ist, sich zu einem erwachsenen Menschen zu entwickeln. Es ist medizinisch nachgewiesen, daß das Herz des Babys bereits ab dem 18. Tag nach der Zeugung zu schlagen beginnt. Bis zum 30. Tag haben fast alle Organe schon angefangen sich zu bilden. Nach sechs Wochen bewegt es Arme und Beine, und nach 43 Tagen können sogar die Gehirnströme des Babys abgelesen werden. Es kann Reiz empfinden und Schmerz spüren. Es ist kein Teil der Mutter, sondern eine völlig andere Person. Es hat nämlich nach acht Wochen auch schon eigene Fingerabdrücke. Von diesem winzigen Wesen wird es in der Geschichte der Menschheit kein zweites Exemplar mehr geben. So einzigartig ist das Kind bereits im Mutterleib.

Und die Bibel sagt uns, daß nur Gott das Recht hat, den Mutterleib zu öffnen und zu schließen. Wenn der Mensch diese Dinge in die eigene Hand nimmt, dann bricht er Gottes Gesetze, und das wird nicht ohne Folgen für ihn sein. Wir täuschen uns, wenn wir glauben, Gott würde nicht sehen, was in den Abtreibungskliniken Tag für Tag geschieht. In Sprüche 15,3 lesen wir: “Die Augen des Herrn sind an jedem Orte, schauen aus auf Böse und auf Gute.”

Bei den meisten Frauen bleibt eine Abtreibung “nicht in den Kleidern hängen”, wie man sagt. Es ist inzwischen erwiesen, daß nahezu jede zweite Frau, die abgetrieben hat, diese Entscheidung früher oder später bereut und den Schwangerschaftsabbruch am liebsten wieder rückgängig machen würde. Wie die Ärztezeitschrift “Medical Tribune” berichtet, haben zwei von drei Frauen nach einer Abtreibung “für lange Zeit Reue  und Schuldgefühle sowie Angstzustände oder schwere Depressionen”. Hinzu kämen auch nicht selten körperliche Leiden wie Migräne, Herzrhythmusstörungen oder Magen-Darm-Beschwerden. Auch in der Beziehung zum Partner würden sich Probleme wie Haßgefühle, Gefühlskälte oder Launen bis hin zur Frigidität ergeben.

In der Schülerzeitung “Scheibenkleister” in Bad Neustadt in Bayern gab eine junge Frau, die abgetrieben hatte, ihren Erlebnisbericht wieder, um junge Menschen davor zu warnen, daß sie sich durch eine unüberlegte Handlung ihr ganzes späteres Leben kaputtmachen. Sie war gerade im ersten Lehrjahr, als sie schwanger wurde. Zusammen mit ihrem Freund ging sie zur Beratungsstelle, nachdem ihr zuvor “liebe Freunde” geraten hatten, das Kind nicht zur Welt zu bringen. Bei der Beratungsstelle schrieb ihr die Sachbearbeiterin eine Indikation. Das ist eine Bescheinigung, die eine angebliche Notlage begründen soll und mit der man dann zum Arzt gehen kann, um “es wegmachen zu lassen”.

“Der Arzt überwies mich dann in eine Privatklinik”, erzählt die Frau. “Der Tag, an dem die Abtreibung vorgenommen wurde, ist wie ein Brandmal, das ich niemals verlieren werde. So wie dieses Kind dann gestorben ist, ist auch etwas in mir gestorben, das niemals mehr zum Leben erweckt werden kann. Ich würde es heute nie wieder tun, egal, wie meine Umwelt darauf reagiert. Ich lebe nur noch mit der Angst, und ich werde damit nicht fertig. In meinen Alpträumen sehe ich, wie ein kleines Mädchen mit ausgestreckten Armen auf mich zugelaufen kommt und mich immer wieder fragt: ’Warum, Mami, warum’? Danach wache ich schweißgebadet auf. Und dieser Traum und der Blick des Mädchens verfolgen mich, seit ich den Eingriff habe machen lassen.”

Zum Schluß fügt die junge Frau dann noch das Übliche hinzu: “Heute bin ich ganz allein, denn mein Freund hat mich inzwischen verlassen. Er wollte seine Freiheit wieder haben …”

Der “Arbeitskreis Leben” in Emden hat in einer Aufklärungsschrift einmal festgestellt: “Die einzige Möglichkeit, Ungeborene zu schützen, geht nur durch ein Gesetz, das die Abtreibung strickt verbietet, ohne den Zusatz eines Wenn und Aber Paragraphen. Die Ansicht, daß ein Kind erst ab der Geburt ein Mensch ist, gehört der Vergangenheit an. Die Zwölf Wochen Frist, in der eine Abtreibung erlaubt ist, ist daher pure Ironie. Jede Frau ist für ihre Schwangerschaft selbst verantwortlich … Daß es Probleme geben kann, wenn eine Schwangerschaft eintritt, ist nicht von der Hand zu weisen, doch dann müssen die Probleme beseitigt werden und nicht das Kind … Erzwungene Beratungen durch den Staat, bei denen der Freifahrtschein zur Abtreibung ausgestellt werden muß, sind nutzlos, da die Frau dann immer noch die letzte Entscheidung hat, über das Leben oder den Tod ihres Kindes zu bestimmen.”

Nun, da der Bundestag ein Gesetz beschlossen hat, das das ungeborene Kind der Willkür von Müttern, Vätern, Familien und Ärzten preisgibt, ist der sonst schützende Mutterleib inzwischen zum lebensgefährlichsten Platz in Deutschland geworden, wie in einer großen deutschen Tageszeitung zu lesen war. Der Staat erlaubt die Tötung von Ungeborenen. Die Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen, sofern sie nur die Bestimmungen beachten, die vom Gesetzgeber im § 218 festgelegt sind. Es darf getötet werden, ohne daß eine Anklage erhoben wird, ein Verhör stattfindet und ein Richterspruch erfolgt.

Da alle Parteien, auch die, die sich am Anfang ihres Namens “christlich” nennen, den Kinderholocaust legalisiert haben, ist es damit auch die Mehrheit unseres Volkes, die den Mord an Kindern zuläßt. Die Regierung ist ja schließlich vom Volk gewählt, und auch die Abgeordneten im Parlament. Damit hat das Volk zur Mißachtung von Gottes Geboten freie Bahn gegeben. Des Volkes Stimme wird höher gewertet als Gottes Stimme. Somit wird die Meinung der Mehrheit zum Maßstab für Recht und Unrecht. Die Rechtsprechung entwickelt sich zur Unrechtsprechung. Das Resultat ist verheerend, wenn die öffentliche Meinung nur noch auf subjektiven Grundlagen und egoistischen Gesichtspunkten beruht, wobei sich jeder selbst der Nächste ist. Dann ist der Mensch und nicht mehr Gott der Maßstab aller Dinge. Er ist sein eigener Gott, sein eigener Gesetzgeber geworden. Recht ist, was die Mehrheit will.

Wenn der Antichrist einmal auf der Bildfläche erscheinen wird, um seine verderblichen Pläne in die Tat umzusetzen, dann wird er hierfür einen vorbereiteten Boden finden, auf dem jegliche satanischen Auswüchse gedeihen können. Auch die staatliche “Infrastruktur” steht ihm dann perfekt zur Verfügung. Staat und Behörden tun heute schon alles, um hergebrachte christliche Lebensnormen und das Bestreben ihrer Befürworter, diese zu schützen und zu erhalten, im Keim zu ersticken.

Da gibt es in Nümberg ein Krankenhaus, das nennt sich Klinikum Nord. Auf dem Gelände des Klinikums betreibt ein Gynäkologe eine Praxis, in der Schwangerschafsunterbrechungen ambulant vorgenommen werden. Der Mediziner namens Andreas Freudemann wird für sein spezielles Handwerk sogar noch von der Krankenkasse bezahlt. Der 45jährige Johannes Lerle aus Erlangen verteilte daraufhin Flugblätter unter dem Titel “Kindermord im Klinikum Nord” , Es stand dann noch zu lesen: “Die Opfer werden zu Tode gequält und lebendig in Stücke gerissen…”

Natürlich gefiel dies dem Herrn Doktor keineswegs, obwohl er nicht das Gegenteil beweisen konnte. Aber die Anschuldigung, als Mörder bezeichnet zu werden, kann dem Ruf eines Mediziners nicht gerade förderlich sein. Also erstattete er bei den staatlichen Behörden Anzeige wegen “Beleidigung und Rufschädigung”. Was bei solcher Sachlage geschädigt werden kann, das ist doch wohl ausschließlich nur das ungeborene Kind. Der abtreibende Arzt macht dabei nur Profit. Ein Betrachter hat dazu in einer christlichen Zeitschrift unter anderem festgestellt: “Wer die genannte Zahl von jährlich 2500 Entkindungen multipliziert mit dem Einzelpreis von rund 350 Mark, der gewinnt eine Vorstellung von der finanziellen Macht, die der widerärztliche Arzt besitzt. Dem hat der mittellose Johannes Lerle in einer (möglichen) Gerichtsverhandlung nichts entgegenzusetzen   außer Gebet.”

Eigentlich sollte es in einem solchen Fall selbstverständlich sein, daß sich alle bibeltreuen Gemeinden in ganz Deutschland aufmachen und wie ein Mann hinter Johannes Lerle stellen. Aber selbst viele Christen haben sich in den letzten Jahren bequemerweise daran gewöhnt, die Augen einfach zuzumachen, wenn sie ihr Weg an einer medizinischen Anstalt vorüberführt, von der bekannt ist, daß darinnen auch ungeborene Menschen getötet werden. Und nicht wenige von ihnen berufen sich im Zusammenhang mit der vom Staat legalisierten Abtreibung   und ihrer passiven Haltung dazu   fälschlicherweise sogar auf Römer 13, 1, wo Paulus vom Gehorsam gegenüber der Obrigkeit spricht. Sie übersehen dabei aber, daß diese Aussage in unserem speziellen Fall wohlweislich zusammen mit Apostelgeschichte 5,29 gelesen werden muß, wo die angeklagten Apostel vor dem Hohen Rat standen und Petrus unmißverständlich erklärte, daß man Gott mehr gehorchen muß als den Menschen.

Weder die Obrigkeit noch ein Arzt, der Leben tötet, braucht sich zu wundern, wenn Bürger sich dagegen wehren und initiativ werden. Natürlich wundert es andererseits auch nicht, wenn sich die Handlanger der Justiz dann unverzüglich auf den Weg machen, so wie im Fall Lerle, um in der Wohnung des bösartigen Abtreibungsgegners “belastendes Material” zu beschlagnahmen. Auf den Flugblättern, die sie dort fanden, stand aber nichts anderes als das, was alle Welt ohnehin schon weiß und was überdies die ehrenwerten Politiker in Bonn vor Jahren schon beschlossen haben. Dies alles hinderte aber die Staatsanwaltschaft in Nürnberg nicht, ein Ermittlungsverfahren in Gang zu setzen. In diesem Fall wird von der Judikatur nicht Mord verfolgt, wie es eigentlich ihre Aufgabe sein sollte, sondem der, der den Mord anzeigt. Eine Praxis, die die Schizophrenie der endzeitlichen Rechtsstaatlichkeit nicht drastitischer aufzeigen kann.

Dieses Spaltungs Irresein, ein psychopathologischer Zustand, wie es die Wissenschaft nennt, ist im Rahmen der bundesdeutschen Justiz stellenweise auch insofern erkenntlich, als es gerichtlich abgesegnet wurde, daß man Soldaten als potentielle Mörder bezeichnen darf, aber Abtreibung nicht als Mord. Auf diesen Widersinn ging auch der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, in einem Kommentar ein. Der Vater von zehn Kindern stellte unter anderem fest, daß die Tötung ungeborener Kinder Mord ist. Und Mord, darin müßten sich die Juristen ja eigentlich einig sein, “ist die besonders schwere Form eines Tötungsdelikts, nämlich, wenn zum Beispiel die heimtückische Art der Tötungshandlung dem Ermordeten keine Chance der Gegenwehr läßt (§ 211 StGB). Und wenn Abtreibung Mord ist, ist eine Abtreibungsklinik ein ’Zentrum des Mordens’. Wenn Abtreibung Mord ist, dann ist einer, der es tut, ein …“ – Daß diese Aussage dem Betroffenen nicht gefällt, wundert nicht. Ebenso, daß es einer Stadt nicht gefällt, wenn man ihr Klinikum ’Zentrum des Mordens’ nennt. Aber das war bei den Euthanasieärzten des Dritten Reiches und bei den dafür mitverantwortlichen Obrigkeiten nicht anders …

Wohin sind wir gekommen, wenn der Ankläger zum Schweigen gebracht, statt der Täter zur Rechenschaft gezogen wird? Wohin steuert ein Rechtsstaat, in dessen Verfassung zwar steht, daß die Würde des Menschen unantastbar ist, er aber zuläßt, daß sie jeden Tag hundertfach durch die Ermordung von Kindern nicht nur angetastet, sondern ausgelöscht wird?

Der radikale und diesbezügliche entscheidende Einbruch in unsere Rechtsordnung geschah, als vor Jahren das Bundesverfassungsgericht der Abtreibung den Weg ebnete, weil man angeblich rechtlich nicht sicher sagen könne, ob es sich in den ersten Tagen des neuen Lebens schon um menschliches Leben handelt. Zuvor hatte bereits eine “große Koalition” von CDU/CSU, SPD und FDP ihre Zustimmung zur Abtreibung gegeben und sich damit endgültig vom Lebensrecht des ungeborenen Kindes verabschiedet. Seitdem leben wir auf einem Berg von Kinderleichen, und es ist überdies kein angenehmer Gedanke, zu wissen, daß man unter so viel Mördern lebt.

Inzwischen hat auch das Landgericht in Nümberg es sich nicht nehmen lassen, zu demonstrieren, was nunmehr “Recht” in Deutschland ist, und hat dem Abtreibungsgegner Johannes Lerle saftige Strafen angedroht, wenn er seine Behauptung, in dem genannten Klinikum geschehe Kindermord, weiterhin aufrechterhalten würde. Das Gericht nannte ein Ordnungsgeld von bis zu 500.000 Mark oder Haft bis zu sechs Monaten… – Der Ausgang dieses unwürdigen Verfahrens vor deutschen Rechtsbehörden war bei Drucklegung dieses Buches nur insoweit bekannt, als Johannes Lerle zunächst zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

 

In “Gottes eigenem Land”

Es kann, wie gesagt, nicht oft genug über Abtreibung geschrieben werden. Schon deshalb, weil die breite Öffentlichkeit inzwischen weitgehend zur Tagesordnung übergegangen ist. In der Denkweise der meisten Menschen ist der tägliche Kindermord im Mutterleib in den letzten Jahren immer mehr verdrängt worden. Eine gefährliche und lähmende Gleichgültigkeit hat, selbst in christlichen Kreisen, der anfänglichen Empörung Platz gemacht. Und da wiederum alles ordnungsgemäß gesetzlich abgesichert ist, besteht bei den meisten Menschen kein Grund, gegen staatlich sanktionierte Maßnahmen ihre Stimme zu erheben. Man will ganz einfach seine Ruhe haben. Es gibt schließlich genug andere Probleme, denen man nicht ausweichen kann.

So ist nun mal der Mensch, überall in der Welt, und darum ist das Problem der Abtreibung auch weltweit. Es schreit zum Himmel, ob in Deutschland oder in Amerika. Heute kommt in den USA auf drei Geburten eine Abtreibung. Man spricht von zwei Millionen Abtreibungen im Jahr.

Die amerikanische Krankenschwester Brenda Shafer schilderte vor nicht allzulanger Zeit einen Fall von Abtreibung, der ihr, wie sie sagte, das Blut in den Adern erstarren ließ. Dies geschah im Frauenmedizinischen Zentrum in Dayton/ Ohio: “Dann schloß der Arzt das Ultraschallgerät an, und ich sah, wie das Baby sich bewegte. Der Doktor zog mit einer Zange erst die Beinchen, dann den Oberkörper heraus, achtete aber genau darauf, daß das Köpfchen im Geburtskanal steckte. Wenn es herausrutscht, und er das Kind tötet, ist es nach US Gesetz Mord. Wenn es aber drinbleibt, keine zehn Zentimeter von der Geburt entfernt, ist es ’nur’ eine Abtreibung. Die Beine strampelten, dann nahm der Arzt eine Schere, stach sie dem Kind in den Nacken, machte ein Loch und saugte das Hirn aus. Der Körper des Babys erschlaffte. Der Arzt zog den Kopf heraus und durchtrennte die Nabelschnur.”

In einem Container eines pathologischen Laboratoriums in Los Angeles, das sich auch mit Befunden für Abtreibung befaßte, wurden die zerstückelten Leichen von 17 000 Kindern gefunden. Teilweise waren die toten Kinder schon sieben Monate alt gewesen. In der Folge ergab sich unter anderem ein Rechtsstreit wegen der Beerdigung der Embryos, der sogar bis vor den Obersten Gerichtshof der USA getragen wurde. Eine feministische Frauengruppe setzte sich für e Ine Verbrennung ein, mit der Begr ündung, daß eine Beerdigung “die Privatsphäre jener Frauen verletzen würde, die sich einem Schwangerschaftsabbruch unterzogen hätten”. Das Gericht entschied dann aber doch zugunsten der Abtreibungsgegner und die Leichenteile wurden in sechs sargähnlichen Behältem in drei nichtgekennzeichneten Gräbern auf einem inoffiziellen Friedhof begraben. Dieser Friedhof trägt den Namen “Odd Fellows Cemetery”, was soviel heißt wie “Friedhof für seltsame Leute”.

Die Mutter des getöteten Babys in Dayton – sie war bereits im 7. Monat schwanger gewesen – war danach so verzweifelt, daß sie zu Gott schrie, er möchte ihr vergeben. Welchen Wert auch das ungeborene Leben schon bei Gott hat, erfahren wir aus zahlreichen Aussagen der Bibel. Paulus bekennt: “Gott hat mich vom Mutterleib an berufen” (Gal. 1,15). Daraus ersehen wir, daß Gott also schon das ungestaltete Embryo, das ungeborene Kind, als Mensch betrachtet. David bezeugt: “Du hast meine Lebensmitte bereitet und hast mich gewoben im Mutterleib. Ich danke dir dafür, daß ich wunderbar gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele” (Ps. 139,13 14). Gott kümmerte sich also um David, noch ehe er geboren war. Der Prophet Jesaja wurde von Gott geformt, als er sich noch im Mutterleib befand. Das lesen wir in Jesaja 49,5.

Um den grausigen Bluttaten im Rahmen der Abtreibungen ein Ende zu bereiten, beschloß der US Kongreß Ende 1995 ein Verbot dieser Schlächterei. Es konnte aber aus einem bemerkenswerten Grund nicht in Kraft treten. Präsident Bill Clinton legte nämlich sein Veto ein. Man muß sich bei dieser Gelegenheit schon fragen, was ist das für ein Mensch, der, obwohl er dazu in der Lage wäre, Unrecht nicht verhindert, das inzwischen zum Himmel schreit.

Der amerikanische Schönheitschirurg Thomas Molnar hatte wegen einer Vielzahl von medizinischen Schweinereien in den USA Praxisverbot erhalten. Daraufhin ging er nach Moskau, um dort einen lukrativen Handel mit abgetriebenen Embryonen zu betreiben. Mit Zustimung des Präsidenten der russischen Ärztekammer und dem Vizepräsidenten der russischen Akademie der Wissenschaften legte er mit Körperteilen ungeborener Kinder (voll entwickelte Organe des Fötus) ein Ersatzteillager für wohlhabende Patienten an.

Was bei der Abtreibung mit den noch lebenden Kindern geschieht, schilderte dieser gewissenlose Arzt dem US Fernsehsender CBS: “Wir zerhacken die Körperteile des Fötus wie eine Zwiebel.” Dann werden die zu Brei zermalmten frischen Zellen der einzelnen Organe künstlich am Leben erhalten und konserviert. Das bezieht sich im einzelnen auf Gehirn, Leber, Milz, Magen, Lunge und Herz. Diese Zellen werden dann den Patienten eingespritzt. Eine Behandlung kostet im Durchschnitt 16000 Mark.

Auch in den USA hat man sich inzwischen mit dem Gedanken vertraut gemacht, medizinische Ersatzteillager der vorgenannten Art anzulegen. Bekannt ist auch geworden, daß Gewebeteile abgetriebener Kinder bereits in das Gehirn beispielsweise von Patienten, die an der Parkinsonschen Krankheit leiden, injiziert worden sind. Darüber hinaus haben amerikanische Wissenschaftler abgetriebene Babys regelrecht enthauptet und die Köpfe dann längere Zeit künstlich am Leben erhalten. Es war zwar bis zum Jahr 1989 in den Vereinigten Staaten verboten, Experimente mit Embryonengeweben mit staatlichen Mitteln zu begleiten, doch bereits drei Tage nach seinem Amtsantritt leistete sich Präsident Clinton auch hierbei ein Husarenstück und hob kurzerhand dieses Verbot auf. Nun herrschen auch dort russische Zustände.

Was ist nur aus diesem Amerika geworden, diesem einst “Gottes eigenem Land”, an dessen Küste die frommen Pilgerväter damals erst auf die Knie gingen, bevor sie ihre Füße auf den Boden setzten und Gott das Land weihten, ein Land, von dem man sagt, daß an jeder Ecke eine Kirche steht.

Immer mehr glaubensbezeugende Traditionen werden dort in Frage gestellt. Nachdem bereits vor über 30 Jahren durch den Obersten Gerichtshof unter anderem das Schulgebet abgeschafft wurde, hat man damit dokumentiert, daß Gott keine Rolle mehr spielt. 1980 wurde der Film “Die zehn Gebote” aus den Oberschulen verbannt. 1987 wurden “Minuten der Stille” untersagt und 1987 Gebete bei Schulabschlußfeiern. Durch ein Gesetz im Staat Louisiana wurde Lehrern verboten, die Lehre der göttlichen Schöpfung in den Schulen darzustellen. Zweiundsiebzig amerikanische Nobelpreisträger bezeichneten die biblische Betrachtung der Schöpfung als “pseudowissenschaftliche Lehre”. In Kalifornien dürfen auf staatlichem Gelände keine Kreuze mehr aufgestellt werden. Ebensowenig harmlose Krippen zur Weihnachtszeit in öffentlichen Parks.

Der vormalige US Präsident George Bush scheute sich nicht, Homosexuelle und Lesbierinnen offiziell ins Weiße Haus einzuladen, damit sie an einer Zeremonie teilhaben konnten, wo ein Gesetz gegen deren “Diskriminierung” unterzeichnet wurde. Im selben Sinne erlauben es Gerichte in Amerika, daß Frauen in der U Bahn “oben ohne”, also mit bloßem Oberkörper fahren dürfen. Ferner können nach gerichtlicher Entscheidung inhaftierte Satanskult Anhänger in den Gefängnissen neuerdings auch Teufelsmessen zelebrieren. Die Richter begründeten die Genehmigung mit dem garantierten Grundrecht auf Religionsfreiheit.

Daß die Vereinigten Staaten immer mehr auf Kollisionskurs mit Gott kommen, ist nicht zuletzt auch deshalb möglich und durchsetzbar, weil diejenigen, die es eigentlich besser wissen müßten, es mit den Geboten Gottes ebenfalls nicht mehr so genau nehmen. Wenn man überlegt, daß die größte protestantische Kirche der USA, die “Southern Baptists”, keine Bedenken mehr gegen eine Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge hat, dann weiß man so ziemlich genau, wo wir im Augenblick stehen. Zu dieser Kirche gehört übrigens auch der derzeitige Präsident Bill Clinton. Ebenso sein Vize Al Gore.

Während des Wahlkampfes für die Präsidentenschaft haben sich die Homosexuellen Organisationen in den USA für Clinton so stark gemacht wie nie zuvor für einen Kandidaten. Und als Clinton es geschafft hatte, da waren die Schwulen Amerikas in Hochstimmung. Clinton hatte ihnen zuvor mehrfach versprochen, er würde dafür eintreten, daß sie nicht länger diskriminiert würden. Schließlich sei die sexuelle Orientierung des einzelnen seine Privatsache. Nach der Wahl nahmen ihn dann die “Gays” natürlich beim Wort, und Clinton ließ sich nicht lumpen. Er besuchte nicht nur, als erster Präsident der Vereinigten Staaten, eine Galaveranstaltung der Homosexuellen Bewegung, er votierte auch unverzüglich gegen das Verbot der Homosexualität bei den US-Streitkräften, und zwar mit Erfolg.

Das Land mit dem Sternenbanner gerät unter Präsident Clinton zunehmend ins “rosa” Zwielicht. Analog seiner demon¬strativ zur Schau getragenen Sympathie für die Homosexuellen, berief er erst unlängst den sich offen zur Homosexualität bekennenden James Hormel in den diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten. Er soll die USA im Großherzogtum Luxemburg als Botschafter vertreten, wobei zwar noch unklar ist, ob sein Lebenspartner als offizieller Botschaftsgatte in Erscheinung treten darf.

Die Clintonsche Lockerungspolitik zielte aber hauptsächlich auf die von seinen Vorgängern verhängten Einschränkungen bei der Abtreibung, so daß wieder grünes Licht zum Massenmord gegeben werden konnte. Der dritte Weltkrieg braucht eigentlich erst gar nicht auszubrechen. Er findet bereits auf den Schlachtbänken der Abtreibungskliniken statt, wo Millionen Ungeborener bestialisch umgebracht werden, ohne sich dagegen wehren zu können. Ihre Zahl wird weltweit mit 60 Millionen jährlich geschätzt.

Dies sind Sittenbilder einer Gesellschaft, wie sie nicht drastischer und grauenerregender gezeichnet werden können. Und dies geschieht, wie gesagt, unter der Verantwortung von Menschen, die mit dem Gesangbuch unter dem Arm und mit frommem Augenaufschlag am Sonntag in die Kirche marschieren und dabei nichts weiter als Heuchelei kundtun. Von Clinton wird unter anderem gesagt, er sei während des Gottesdienstes so ergriffen, daß ihm bei den Chorälen die Tränen in den Augen stehen würden. Dieser Mann, der einmal gesagt hat: “Ich glaube nicht, daß nach der Bibel Abtreibung Mord ist”, und nach dessen Ansicht die Gebote Gottes zur Homosexualität nichts aussagen, ist inzwischen weit und breit bekannt geworden, auch für recht lockere moralische Grundsätze …

So ist eine Sexklage gegen ihn anhängig. Sie bezieht sich auf die Zeit, als Clinton noch Gouverneur des Staates Arkansas war. Damals habe er eine Mrs. Jones “in sein Hotelzimmer bestellt, sich vor ihr entblößt und sie zum Oralsex aufgefordert”, so Presseberichte wörtlich. Dies soll übrigens nicht der erste Fall dieser Art gewesen sein. Wenn man sich in diesem Zusammenhang vergegenwärtigt, daß solche Leute als Staatsmänner und Politiker maßgeblich Einfluß auf die Geschicke der Menschheit haben, dann ist es wahrlich nicht schwer, zu erkennen, daß wir uns bereits mitten im endzeitlichen Sodom und Gomorrah befinden.

Es geht zusehends bergab in “Gottes eigenem Land”. Die Gattin des Präsidenten, Hillary Clinton, die der methodistischen Kirche angehört, hat ebenso wie ihr Mann nicht nur ein wohlwollendes Verhältnis zum Islam und dem Koran, die First Lady knüpft auch mit Hilfe einer “spirituellen Beraterin” fleißig Kontakte ins Jenseits. So soll sie unter anderem mit der 1963 verstorbenen Eleanor Roosevelt sowie mit dem toten Mahatma Gandhi imaginäre Gespräche geführt haben. Jüngst ließ sie sich sogar von einem indianischen Geistheiler “segnen”.

 

Die Hure Politik

Unter den Machtmitteln, aufgrund derer Satan heute die ungläubige Menschheit beherrscht, ist das der politischen Machenschaften aller Art ein hervorstechendes. Es wird immer deutlicher, daß auch noch die letzten vereinzelten Bastionen christlichen Einflusses in der Politik unseres Landes vom antigöttlichen Zeitgeist hinweggefegt werden. Die Politiker sind mitverantwortlich dafür, daß unsere Welt in einem Chaos landet, weil sie sich nur von Zeitströmungen leiten lassen und nicht von dem, was Gottes Gebote den Menschen als Maßstab ihres Handelns vorschreiben. Sie sind nicht mehr bereit, moralische und christlich ethische Werte anzuerkennen und zu bewahren.

Noch vor nicht allzulanger Zeit standen jugendgefährdende Filme wie zum Beispiel “Das Schweigen” von Ingmar Bergmann auf dem Index. Die Kindestötung im Mutterleib war ebenso verboten wie Homosexualität und Pornographie. Ehe und Familie waren geschützt, und Ehescheidung erfolgte nach dem Schuldprinzip. Man nannte Sünde noch beim Namen. Dann aber haben die Politiker dem sich unter satanischem Einfluß entwickelnden veränderten Rechtsbewußtsein Tür und Tor geöffnet. Sozusagen über Nacht wurde die Pornographie freigegeben, die sexuelle Freiheit für alle gefordert, die Abtreibung legalisiert und der Sexualkundeunterricht in den Schulen eingeführt. Damit war das moderne Sodom eingeläutet. Es gibt heute nicht eine Stadt in unserem Land, wo die Sünden dieser verruchten biblischen Stätte nicht offen ausgeübt werden.

Wenn man die Handlungsweise der Verantwortlichen hinterfragt, dann sagen sie sorglos und im Brustton der Überzeugung, sie hätten alles im Griff. Aber das ist eine Lüge. Sie haben überhaupt nichts im Griff. Sie haben nicht mal ihr Privatleben im Griff. Unlängst stellte ein Journalist die berechtigte Frage: “Kann sich ein 82 Millionen Volk an Männer binden, die jeweils drei bzw. zwei Frauen nicht an sich binden konnten? Leben sie doch bereits mit der vierten bzw. dritten zusammen. Führungspersönlichkeiten mit wechselnden ehelichen und außerehelichen Verhältnissen wecken Zweifel an ihrer Fachkompetenz, weil ihre Lebenskompetenz offenbar nicht sonderlich ausgebildet ist.” Damit sind die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und dem Saarland gemeint. Einer von ihnen wird im Herbst 1998 als Kanzlerkandidat für die Bundesrepublik Deutschland aufgestellt (wer von beiden, ist bei der Abfassung dieser Zeilen noch nicht bekannt).

In der ZDF Sendung “Frontal” am 14. Oktober 1997 sagte der Moderator Hauser: “Wer dreimal sein Ja Wort bricht, dem glaubt man nicht.” Und sein Kollege Kienzle meinte: “Der Schröder bricht sein Ja Wort im Schnitt alle zwölf Jahre. Das sind immerhin drei Amtszeiten eines Bundeskanzlers.” Daraufhin wiederum sein Vorredner: “Ein Mann, der drei Frauen sitzenläßt, der läßt irgendwann auch ein ganzes Volk sitzen …”

In einem Leserbrief an eine bekannte deutsche Tageszeitung schreibt eine Frau: “Bin ich altmodisch, weil mir Herr Schröder durch seinen Umgang mit Frauen unsympathisch geworden ist? Bin ich altmodisch, weil ich der Meinung bin, daß dies auf eine menschliche Unreife hinweist und ich mir deswegen nicht vorstellen kann, daß dieser Mann geeignet ist, Führungspositionen innezuhaben? Ich weiß nicht, aber für mich ist dieses Verhalten, immer wieder Ehen aufzulösen, wenn es scheint, etwas Besseres gefunden zu haben, ein Zeichen von Mangel an Konfliktfähigkeit, von Lernbereitschaft und Achtung gegenüber dem Menschen, mit dem eine Partnerschaft eingegangen wurde … Ein Politiker ist kein Showstar. Er sollte auch ein Vorbild in seinem persönlichen Leben sein.”

Der vorgenannte Professor an der Universität Hohenheim/Stuttgart, Günter Rohrmoser, erklärte in einem Interview mit Helmut Matthies zu der Frage, ob die Erneuerung in Deutschland von der SPD und deren Führungskräften kommen könne: “Der SPD Vorsitzende Oskar Lafontaine hat auf die Frage nach seinen Lebensmaximen, die ihn vor dem Mißbrauch der Macht schützen sollen, geantwortet: Fressen, Saufen und F. . .’ Daran sehen Sie, daß von dieser Partei auch keine Erneuerung zu erwarten ist.”

Von Leuten regiert zu werden, die aufgrund ihres Lebenswandels christlich ethische Werte kaum noch repräsentieren können, ist ein Greuel. Es war überdies früher auch nicht denkbar, daß die Inhaber hoher Staatsämter, deren Ehebruch öffentlich bekannt wurde, weiter in ihrem Amt bleiben konnten. Heute darf sich über diese “Privatsachen”, die nur noch als Kavaliersdelikte angesehen werden, kein Mensch mehr ein Urteil erlauben.

“Vor über 60 Jahren noch mußte Englands König auf den schönsten Thron der Welt verzichten, um eine geschiedene Frau heiraten zu können”, schrieb der Publizist Claus Jacobi: “Heute ist der britische Kronprinz selbst geschieden. Mit Ronald Reagan zog der erste geschiedene US Präsident ins Weiße Haus … Im 20. Jahrhundert des Zweifels begannen viele Menschen dem Wert der herkömmlichen Ehe zu mißtrauen (wie so manchem anderen auch). Warum warten, bis der Tod scheidet, wenn’s das Amtsgericht kann. Warum nicht Freuden ohne Fesseln, warum nicht jung gegen alt eintauschen?”

Als sich vor einem Jahrzehnt der amerikanische Präsidentschaftsbewerber Gary Hart anschickte, das Weiße Haus zu erobern, da stolperte er über sein unmoralisches Leben, und seine Karriere war sehr schnell zu Ende. Einige Zeitungen veröffentlichten nämlich Bilder der Geliebten des verheirateten Hart. In den USA muß das Staatsoberhaupt, zumindest nach außen, immerhin noch eine einigermaßen saubere Weste haben. Kandidaten mit drei gescheiterten Ehen wie Gerhard Schröder hätten dort keine Chance.

Wer nun aber glaubt, daß die außerehelichen Liebesaffären der prominenten Spitzenpolitiker (der SPD) ihrer politischen Karriere bei uns schaden würden, der irrt sich. Eine öffentliche Diskussion darüber, ob zum Beispiel Schröder angesichts seiner privaten Beziehungsprobleme für das Kanzleramt geeignet ist, findet in Deutschland nicht statt. Davon sind wir weit entfernt. Das wäre, wie eine Zeitung schreibt, ,,ein Rückfall in die muffige Moral der 50er Jahre”. Heute könnten die Bürger sehr wohl unterscheiden zwischen dem “individuellen Recht auf private Neigungen und dem Umgang mit dem Institut der Ehe”.

Weder Altkanzler Willy Brandt, der, wie er einmal forsch sagte, in seinem Leben “nichts anbrennen” ließ, noch der CSU Vorsitzende Theo Waigel, die beide ihre Ehefrauen wegen einer Jüngeren sitzen ließen, könnten “wegen ihrer amourösen Eskapaden nicht unsolide genannt werden”, so die liberale Presse.

Was Waigel betrifft, so meinte der Münchener Kardinal Georg Wetter seinerzeit nicht ohne Grund, ob man einem solchen Mann überhaupt noch Verantwortung übertragen könne, der einen solchen Lebenswandel führt. Nachdem er 27 Jahre lang mit der ihm angetrauten Frau verheiratet war, verließ er sie unter den unwürdigsten Umständen und wandte sich einer nahezu 20 Jahre Jüngeren zu. Für einen Mann seines Schlages, der nach der Bibel offen in Ehebruch lebt, haben die göttlichen Gebote lediglich den Stellenwert eines Tirolerhutes, wie es einmal jemand ausdrückte.

Um auf die “Neigungen” von Gerhard Schröder zurückzukommen, so hatte er von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, daß er das Land Niedersachsen bewußt ohne Gott regieren möchte. Sechs Minister seines Kabinetts verzichteten bei der Eidesformel anläßlich der Amtsübernahme auf den Zusatz: “So wahr mir Gott helfe …” Sie wollten also von vornherein Gott aus allen ihren politischen Bemühungen ausgeschaltet wissen. Schon seinerzeit, als er noch Bundesvorsitzender der Jungsozialisten war, umriß Schröder knallhart die Richtlinien seiner zukünftigen Politik: “Unsere Aufgabe ist es nicht, Kirchen zu bekämpfen, sondern gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen, in denen Kirchen überflüssig sind.”

Es fällt immer wieder schwer, zu begreifen, daß sich solche Leute nicht nur in verantwortlichen Staatspositionen befinden, sondern auch noch maßgeblich an der Gesetzgebung beteiligt sind. Von ihnen sagt die Bibel: “Weh denen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen …“ (Jes. 5,20). Was das Zusammenleben zwischen Mann und Frau betrifft, so hat uns Gott eine wunderbare Gebrauchsanweisung gegeben, die Bibel, sein Wort. In diesem Buch steht kein Wort zuviel   aber auch keines zu wenig. Die Ehe ist von Gott selbst eingesetzt worden. Sie ist keine menschliche Erfindung und auch keine wissenschaftliche Errungenschaft. Darum kann sie auch nicht willkürlich manipuliert werden. Nur unter der Führung Gottes und bei Beachtung der göttlichen Normen ist eine Ehe wirklich glücklich und gesegnet.

Die meisten unserer Politiker sind total unfähig, auch nur einigermaßen vernünftige Maßnahmen zu treffen. Ihr Handeln besteht weitgehend nur aus Lüge, Betrug, Korruption, Bereicherung und leeren Versprechungen. Einer unserer Kanzler hat einmal lakonisch gesagt: “Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern …” Für das derzeitige Staatsmanagement in unserem Land gibt es nur ein passendes Wort: Lotterwirtschaft! Unsere “lieben” Volksvertreter plündern die Menschen immer mehr aus, während sie selbst sich an erhöhten Diäten, satten Pensionen und fetten Übergangsgeldern mästen.

Es ist im übrigen heute alles derart verkorkst, daß kein Mensch mehr die politischen und wirtschaftlichen Probleme dieser Welt lösen kann. Und es wird auch keinen Frieden mehr geben auf dieser Erde   weder in Israel noch sonst wo. Christen wissen das. Die Bibel sagt es ihnen.

Es gab noch nie so viele Gipfeltreffen wie heute und noch nie so wenig Übereinstimmung in der Lösung der Probleme. Die Großen dieser Welt sind ratlos. Sie wissen weder ein noch aus. Die Quelle, aus der sie Weisheit schöpfen könnten und die Gott die Quelle des Lebens nennt, haben sie längst verlassen und sich statt dessen löchrigen Brunnen zugewandt.

Ein biederer deutscher Pfarrer kam einmal nach Amerika. In New York besuchte er auch den riesigen Palast der Vereinten Nationen am East River. Dort, wo die maßgebenden Führer der Völker zusammenkommen, um die Geschicke der Menschheit zu lenken, um nach Auswegen aus Krisen zu suchen, Elend zu mildern und Kriege zu vermeiden.

Der Pfarrer erzählt dann: “Ich bat einen Ordner, mir die Kapelle zu zeigen. Er sah mich erst etwas eigenartig an, dann sagte er: ’Ach, Sie meinen wohl den Meditationsraum’?“

Wenn man nicht mehr betet, sondern nur noch meditiert, begibt man sich auf einen gefährlichen Irrweg. Bei der Meditation handelt es sich um ein aus dem Buddhismus kommendes östlich religiöses System, um das Unterbewußtsein im Menschen aufzuschließen, des Versinkens in sich selbst, wobei dann eine Passivität entsteht, in die fremde (okkulte) Mächte einströmen können.

Hoffnungen, die sich auf Institutionen wie die korrupte Weltorganisation in New York und deren viele wirkungs¬losen Nebenorganisationen, auf Nato, EU und Europaparlament stützen, auf daß ein kollektives Sicherheitssystem den Weltfrieden bewahren soll, sind genauso zum Scheitern verurteilt, wie sich seinerzeit der ähnlich klägliche Versuch des Völkerbundes als monströser Unsinn herausstellte.

Am 10. Dezember 1948 verkündeten die Vereinten Nationen die “Allgemeine Erklärung der Menschenrechte”. Seitdem hat es mehr Kriege gegeben als je zuvor. Seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges hat es keinen einzigen Tag wirklichen Friedens mehr gegeben. Es gab ca. 140 Kriege, die 37 Millionen Menschenleben forderten. Das ist mehr als die Hälfte der Opfer der beiden Weltkriege, die insgesamt 65 Millionen betrugen. Es gibt unter den Menschen keinen wirklichen Frieden. Seit der Stunde, da Kain seinen Bruder Abel erschlug, seit jenem ersten Mord in der Weltgeschichte, haben die Menschen nie mehr aufgehört zu töten, und die Erde hat seither gewaltige Ströme von Blut getrunken. Bis auf den heutigen Tag ist der Frieden eine Illusion geblieben, weil das Herz des Menschen böse ist, wie die Bibel sagt.

Schon der Prophet Jesaja sagte: “Sie kennen den Weg des Friedens nicht, und Unrecht ist auf ihren Pfaden …”

Die Menschen sehnen sich zwar nach Gerechtigkeit, aber die Ungerechtigkeit wird immer größer in der Welt. Kein Wunder, denn das unrechte Verhalten der Menschen hat seine Ursache in ihrem gestörten Verhältnis zu Gott. Es hat einmal jemand gesagt: “Das Geschöpf ist ohne den Schöpfer bald erschöpft.”

Wir leben in einer Welt, die sich von Gott längst losgesagt hat. Seine Gebote haben für die Menschen keine Gültigkeit mehr. Sie wollen, daß Gott draußen bleibt. Man möchte darum auch in den Foren der Nationen der Welt. wie der UN, aus eigener Kraft schaffen, was sich Gott für eine Welt des Friedens vorbehalten hat. Aber dieses Vorhaben wird nicht gelingen, denn es ist ein Vorhaben ohne den Friedensstifter Jesus. Es mündet vielmehr in die größte Menschheitskatastrophe der Weltgeschichte.

Gott hat uns von Anfang an die Regeln übermittelt, nach denen das Leben in seiner Schöpfung funktioniert. Die Gebrauchsanweisung steht in der Heiligen Schrift. Und darum sollte die Bibel auch unser Kursbuch sein. Darum ist das Evangelium der einzig gangbare Weg zum Frieden. Solange wir Gott nicht erlauben, den wahren Frieden in uns zu schaffen, können wir auch nicht erwarten, daß die Völker in Harmonie leben. Die christlichen Werte, die die Menschen inzwischen zu Grabe getragen haben, müssen wieder erneuert werden. Der Apostel Paulus bringt es auf den Punkt: “Wenn wir gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott …”

 

Wie vor der Sintflut

“Wenn der Menschensohn kommt”, sagt Jesus, “wird es sein wie zu Noahs Zeit. Damals vor der großen Flut aßen und tranken und heirateten die Menschen, wie sie es gewohnt waren   bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche ging. Sie ahnten nicht, was ihnen bevorstand, bis dann die Flut hereinbrach und sie alle wegschwemmte. So wird es auch sein, wenn der Menschensohn kommt.” Es gibt hier eine unübersehbare Parallelität zu den Menschen von heute. Mit den Dingen, die vorstehend genannt werden, sind die Menschen auch heute vollauf beschäftigt. Darum haben sie auch keine Zeit für Gott. “Sie achteten es nicht . . .”, heißt es in einer anderen Übersetzung. Sie beachteten Gott überhaupt nicht, sie nahmen ihn nicht für voll. Statt dessen gingen sie nur den angenehmen Dingen des Lebens nach: “Sie aßen, tranken, freiten und ließen sich freien . ..”

Nun sind Essen, Trinken und Heiraten ja bekanntlich sehr angenehme Dinge und natürlich auch notwendig. Im übrigen sind sie auch von Gott gewollt, brachte Theo Lehmann einmal zum Ausdruck und fügte dem hinzu: “Aber wenn von jemandem weiter nichts zu sagen ist, als er ißt, er trinkt und er hat Geschlechtsverkehr, da weiß man ja noch nicht mal, ob von einem Menschen oder von einem Hund die Rede ist. Denn Essen, Trinken und Sex, diese drei Dinge, hat der Mensch mit dem lieben Vieh gemeinsam. Aber schließlich muß es da doch noch einen Unterschied geben. Und den gab’s damals eben nicht …”

Den gibt es auch heute nicht. Auch heute erschöpft sich alles in Fressen, Saufen und Sex. Mehr ist nicht drin. Jeder denkt nur an sein Vergnügen. Der Gedanke an Gott hat da keinen Platz. Die Menschen sind ausschließlich mit materiellen Dingen beschäftigt. Jesus hat dies damals schon gewußt, und darum sagte er auch, so wie die Leute waren, bevor die Sintflut kam, werden sie auch sein, bevor ich wiederkomme. Sie mißachten Gottes Gebote, sie treten sie mit Füßen. Wir leben heute in einer Gesellschaft, wo der Mensch ohne Gott glücklich zu werden versucht und wo der Name Christi nicht willkommen ist. Es ist ein Zeitalter, das Jesus als das letzte bezeichnet hat. Die Bosheit der Menschen ist heute so groß, daß Gott sie nur noch strafen kann.

Es soll sich niemand einbilden, dies alles würde ewig so weitergehen und Gott würde auch weiterhin stillschweigend zusehen. Dann hätte er uns nicht sein Wort zu geben brauchen. Wenn Jesus uns warnt, mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Noah und seine Zeit, dann sollten wir gut hinhören. Jesus sagt uns, daß dann das Ende kommen wird. Überhaupt hat Jesus sehr ausführlich über dieses Thema gesprochen. Allein im Matthäus Evangelium finden wir zwei Kapitel darüber, das 24. und 25. Kapitel. Das zeigt uns die gewaltige Bedeutung dieser Aussagen.

Damals vor der Sintflut schaute Gott vom Himmel und sah die Gottlosigkeit auf Erden. Es entging ihm nichts, und er drückte auch kein Auge zu. In 1. Mose 6,6 heißt es: “Da reute es Gott, daß er die Menschen gemacht hatte.” Es gab noch nie soviel Gesetzlosigkeit wie heute. Man könnte mit Jesaja sagen: “Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker” (60,2). Jede Nachrichtensendung bestätigt heute die Angaben der Bibel, die Vorzeichen der untergehenden Welt, wie sie Jesus vorausgesagt hat. Aber die Menschen hören nicht auf Jesu Worte. Sie sind genauso verstockt wie zu Noahs Zeiten. “.. . und sie achteten nicht darauf.”

Aber Noah ließ sich nicht beirren. Er baute die Arche, genau so, wie Gott es ihm befahl. Und was für ein Schiff war das. Wir können es in der Bibel nachlesen: 145 Meter lang, drei Decks mit einer Deckfläche von 89 000 Quadratmetern. Das sind ungefähr 18 Fußballfelder. Der Rauminhalt des Schiffes betrug 39 500 Kubikmeter. Das war ein Brummer von der Größe eines heutigen Ozeanriesen. Und das alles mitten in der Wüste. Ringsum kein Wasser. Weit und breit kein Fluß, kein Meer, nur trockenes Land.

Kein Wunder, daß die Leute ihn alle ausgelacht haben. Sie haben ihn verspottet, verhöhnt und überall lächerlich gemacht. Am meisten aber haben sie über die Aussage Noahs gelacht, als er sagte, Gott habe es ihm befohlen, dieses Schiff zu bauen. Genau so, wie sie heute über die Warnungen der Bibel spotten, wenn man ihnen sagt, daß bald das Gericht kommen wird.

Der Bau der Arche erregte viel Aufsehen damals. Und die Nachricht von dem alten “verrückten” Mann verbreitete sich mit Windeseile im ganzen Land. Sicherlich sagten sich viele der Spötter: “Dieser Noah hat bestimmt einen Sonnenstich bekommen. Ist ja auch kein Wunder, mitten in der Wüste ein Schiff zu bauen!” Ich kann mir auch gut vorstellen, daß man überall im Land so eine Art von Kaffeefahrten organisierte, um den neugierigen Zeitgenossen diese Sensation vorzuführen. Und dann kamen sie in Scharen und starrten Noah an wie einen Exoten, wie einen Geisteskranken, der zudem altersschwach und senil ist, bei dem man schon den Kalk rieseln hört. Ein Mann mit Halluzinationen. Und sie sagten sich: “Wie können wir doch froh sein, daß wir normal sind.”

Aber die Bibel berichtet uns: Die Flut nahm sie alle hinweg, alle die Spötter und Ungläubigen. Die Menschen verlassen sich bekanntlich so gerne auf ihren Verstand und auf das, was sie sehen und erklären können. In Sprüche 3,5 warnt uns der weise Salomo davor, uns auf unseren Verstand zu verlassen. Wir sollen statt dessen vielmehr allein auf den Herrn vertrauen und auf das, was er uns sagt. Noah hörte nur auf Gott, und der gab ihm genaue Anweisungen, wie er die Arche bauen sollte, und die befolgte Noah dann auch, denn er glaubte und vertraute Gott.

Er hat sich auch nicht vorstellen können, daß es einmal 40 Tage lang regnen wird. Er sagte auch nicht etwa: “Herr, es gibt doch überhaupt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse und Beobachtungen, die auf eine große Flut hindeuten. Noah hatte in seinem ganzen bisherigen Leben noch nie eine Flut gesehen, und er war bis zu diesem Zeitpunkt immerhin schon 600 Jahre alt. Noah hatte auch keine Wetterkarte. Er hörte keinen Wetterbericht, und es gab damals noch keine Satellitenfotos und auch keine Meteorologen, die ihm hätten sagen können, daß sich ein großes Unwetter entwickelt. Noah konnte sich nur auf das Wort Gottes verlassen. Er argumentierte auch nicht mit Gott, er glaubte an Gott. Gott hatte es ihm ja schließlich gesagt.

Und dann kam der Sturm, dann kam das Wasser, und es stieg und stieg und überschwemmte alles. Die Flut nahm sie alle hinweg. Alle! Nicht nur einige. Die Alten und die Jungen. Ob sie nun erst in der Blüte ihrer Jahre standen oder schon graue Haare hatten. Die Reichen und die Armen, die Bettler und die Fürsten, die Dirnen und die Frommen, die Spötter und die Theologen, die Hurer und die Priester. Die Flut deckte alles zu: die Lehmhütten der Elenden und die Paläste der Könige, die ruchlosen Freudenhäuser und die Tempel der Religiösen. Sie alle waren außerhalb der Sicherheitsarche. So wird es auch einmal am Ende der Zeit sein.

Charles H. Spurgeon, der große Erweckungsprediger im vergangenen Jahrhundert, hat den Spöttern, Zweiflern und Besserwissern einmal ins Stammbuch geschrieben: “Die Flut hat sie alle vertilgt. Doktor der Rechte und der Theologie wurden unbarmherzig dahingerafft. Niemand war imstande, durch alles, was er je gelernt hatte, der Flut zu entrinnen. Wissen ist keine Rettungsboje. Logik ist kein Schwimmgürtel und Rhetorik kein Rettungsboot. Mit ihrer ganzen Wissenschaft versanken sie, gingen sie unter … Und so werden sie alle dahingerafft werden von der Flut des Gerichts, wenn sie sich dem Rettungsangebot Gottes in seinem Sohn Jesus Christus entziehen.”

Das nächste Mal, so sagt Gott, kommt nicht Wasser, sondern Feuer. Das wird am Ende des 1000-jährigen Reiches sein. Dann wird auch das Gericht vor dem großen weißen Thron stattfinden. Im 2. Pertrusbrief heißt es: “Sie wollen nicht wahrhaben, daß es schon einmal einen Himmel und eine Erde gab. Gott hatte sie durch sein Wort geschaffen. Die Erde war aus dem Wasser aufgestiegen, und auf dem Wasser ruhte sie. Und durch das Wasser wurde sie auch zerstört: durch die große Flut. Ebenso ist es mit der jetzigen Welt. Sie besteht nur so lange, wie Gott es bestimmt hat. Wenn der Tag des Gerichts da ist, wird sie durch Feuer untergehen, und mit ihr alle, die Gott nicht gehorcht haben” (4,5 7).

Eines Tages ist der letzte Tag. Eines Tages ist Schluß. Eines Tages ist die Welt zu Ende. Vom 1. Buch Mose bis hin zum Buch der Offenbarung lesen wir davon, daß einmal der Tag kommen wird, an dem Gott Gericht hält. Und dieser Tag ist bereits längst festgesetzt. Es ist der Tag X in der Geschichte der Menschheit. Dann werden einmal alle Menschen Rechenschaft darüber ablegen müssen, was sie auf dieser Erde getan oder nicht getan haben. “Sie werden dann der Tatsache ins Auge sehen müssen, vor der sie bisher die Augen verschlossen haben. Nämlich, daß Jesus lebt, daß die Christen nicht gesponnen haben und daß die Bibel kein Märchenbuch ist. Da kann sich dann keiner drücken, nicht mal durch den Tod. Denn die Toten werden auferstehen. Egal, ob die Menschen am Jüngsten Tag schon gestorben sind oder noch leben   bei diesem Treffen mit Jesus sind sie dabei, auf alle Fälle . ..” So hat es einmal ein gläubiger Pfarrer in einer sehr anschaulichen Predigt zum Ausdruck gebracht.

120 Jahre lang hat Noah gepredigt und gewarnt. Und dann gab Gott nochmals sieben Tage, ganz zum Schluß. Wir können das nachlesen im 1. Buch Mose, 7,4. Wie viele Menschen hat Noah in diesen sieben Tagen noch retten können? Keinen, nicht einen einzigen   trotz dieser Brisanz. Es hat einmal jemand gesagt: “Wer im Zeitraum von 120 Jahren abgestumpft ist, der läßt sich auch in den letzten sieben Tagen nicht mehr retten …” Bei Noah haben nur die eigenen Familienangehörigen auf Gott und seine Ermahnung gehört. Unser Problem heute ist, daß nicht mal mehr unsere eigenen Familienangehörigen auf uns hören.

Es gibt ein Zuspät! Wenn der Mensch die Liebe Gottes mit Füßen tritt, wenn er aus lauter Stolz und Selbstbewußtsein die Liebe Gottes nicht haben will, dann kommt die Stunde, in der auch Gott nein sagt. Dann werden sie rufen, schreien, flehen, sie werden ihre Kleider zerreißen, aber Gott wird nicht antworten. Die Chance ist vertan, und sie wird den Unbußfertigen nie wieder geboten. Die Flut wird sie alle hinwegnehmen. Es wird auch diesmal sein wie zur Zeit Noahs. Die einen sind drinnen, die anderen sind draußen …

Die Menschen haben sich seitdem nicht geändert. Sie spotten und höhnen nach wie vor gegen alles Göttliche. Sie leben und handeln im Geist ihrer Zeit. Bei Noah haben sie gesagt: “Seht euch nur diesen lächerlichen Kasten an . ..” Aber der Kasten schwamm, und die acht Menschen, die sich darinnen befanden, überlebten. Zweitier und Spötter machten sich schon immer lustig über die Vorstellung göttlichen Gerichts und ihres Verlorenseins. Sie lachten nicht nur über Noah, sie lachten ebenso über Jeremia, als er die Zerstörung Jerusalems vorhersagte. Sie lachten auch über Lot, der Sodom warnte, und sie lachten über Amos und seine Gerichtsankündigung. Aber die Gerichte Gottes trafen immer ein, präzise und unerbittlich. Die Zerstörung war jedesmal total.

Auch heute hängt alles davon ab, ob wir uns innerhalb oder außerhalb der Arche befinden. Die Menschen müssen sich entscheiden. Es gibt den Zeitpunkt, wo die Gnadenzeit vorbei ist. Und so wie hinter Noah und seiner Familie Gott selbst die Türe abschloß, wie hinter den fünf Jungfrauen die Türe verschlossen wurde und Jesus den fünf törichten sagte, daß er sie nicht kenne, so gibt es Rettung nur für den, der rechtzeitig die bergende Arche aufsucht. Das muß aber noch vor der Flut sein. Dabei spielt das Maß unserer Sünden keine Rolle, ob wir viel oder wenig gesündigt haben. Gott fragt uns nicht, ob wir die Ehe gebrochen, gestohlen oder gar gemordet haben. Er fragt uns nur, und das ausschließlich, nach unserem Verhältnis zu seinem Sohn. Und solche, die ihn, den Herrn Jesus, im Glauben angenommen haben, werden gerettet, die anderen aber, die ihn abgelehnt haben, gehen verloren. In den Augen Gottes gibt es nur zwei Wege, den breiten und den schmalen. Es gibt nur zwei ewige Bestimmungen, ewige Freude oder ewige Pein. Die Bibel sagt uns: “und wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber und Gold erlöst seid von eurem eitlen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes” (1. Petr. 1,18).

Ohne bewußte Bekehrung zu Jesus Christus sind wir alle verloren und nimmt uns die Flut hinweg. Gott gibt dem unbußfertigen Sünder auch keine zweite Chance. Das Gericht ist eine furchtbare Endgültigkeit. Nur die, die mit Noah in der Arche waren, waren sicher. Sie wurden durch die schreckliche Katastrophe hindurchgebracht. Und so wird Jesus Christus auch alle die erhalten, die sich in ihm bergen. “Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen”, sagt er und fordert uns auf, durch die enge Pforte zu gehen.

Die Arche Noah hatte nur eine Tür. Auch heute gibt es nur eine Tür zur Errettung, und diese Tür ist Jesus, der von sich sagte: “Ich bin die Tür, wer durch mich hineingeht, der wird selig werden” (Joh. 10,9). Außer der Tür hatte die Arche noch ein Fenster   nach oben. Heute ist das nicht anders. Wir können nur nach oben blicken. Wir finden nur Schutz in der Arche des Gnadenbundes, dem Werk und der Person Christi. Jesus sagt eindringlich und nicht ohne Grund immer wieder: “Wachet!” Dieser Befehl kommt im Neuen Testament in Verbindung mit der Wiederkunft des Herrn zehnmal vor; allein neunmal aus dem Mund des Herrn selbst. Noch nie war Wachsamkeit so dringend nötig wie gerade in unseren Tagen. Wir sind in einer Zeit angelangt, wo alles zu Ende gehen wird. Und wir tun gut daran, weniger auf die Nachrichtensprecher zu hören als vielmehr auf das biblische Wort. Bald werden die Bücher geschlossen werden, und wenn der letzte Mensch den Leib Christi vervollständigt hat, dann wird das Gnadentor sich schließen und niemand kann mehr hineinkommen. Das könnte noch heute geschehen. Es hat einmal jemand gesagt: “Der Leib Christi wird keine Mißbildung sein. Er wird keine sechs Finger an einer Hand haben. Es wird ein vollkommener Körper sein. Jedes Glied daran ist im Blute Jesu gewaschen und wiedergeboren.”

 

Mahnung zur Umkehr

In diesem Buch wurden wiederum eine Menge von Fakten zusammengetragen, die in teils erschreckender Form bezeugen, daß sich nicht nur in unserem Volk derzeit ein ungeheuerlicher moralischer, sittlicher und ethischer Bewußtseinswandel vollzieht, der sämtliche menschlichen Grundwerte auflöst. “Ihrer Sünde rühmen sie sich wie die Leute in Sodom und verbergen sie nicht. Wehe ihnen!” (Jes. 3,9). In bedrohlicher Vielzahl werden die Menschen “immer perverser, verhurter, gottloser, satanischer, greulicher, mörderischer, sündiger und antichristlicher. Die Gottlosigkeit schreit zum Himmel …” formulierte es die “Evangeliums Mission”. Mit ungeheurer Wucht überrollt die Lawine der Schamlosigkeit und Hurerei unser Land und reißt das Volk immer mehr in den Abgrund des Verderbens.

Sicher wurden Sünden der vorgenannten Art zu allen Zeiten begangen, aber heute werden sie öffentlich geduldet. Unser Land ist zu einem Tummelplatz der abscheulichsten Formen der Sittenlosigkeit geworden. Das Widergöttliche und Unnatürliche ist inzwischen Norm. Die Kinder gehorchen ihren Eltern nicht mehr. Die Eltern gehorchen Gott nicht mehr. Auch die Obrigkeit gehorcht Gott nicht mehr. Das hängt damit zusammen, daß in den letzten 50 Jahren, wie nie zuvor, Generationen von Gottlosen heranwuchsen. Es begann mit der Preisgabe der Grundlage allen Glaubens, der Heiligen Schrift. Wo das Wort Gottes preisgegeben wird, braucht man sich über die Folgen nicht zu wundern. Unsere Gesellschaftsordnung ermöglicht es, daß gottlose Menschen wiederum gottlose Menschen in das Parlament wählen, die ihrerseits gottlose Gesetze erlassen, damit die Gottlosen so richtig in allerlei Sünden leben können. Eine ganze Anzahl von Moralgesetzen wurden inzwischen “reformiert”. Andere ganz abgeschafft. Mit dieser Art von zügelloser Freiheit haben die liberalen Politiker Deutschland zu einem Schweinestall gemacht. Eine Gesellschaft, die Handlungen wie Homosexualität, Pornographie, Drogenmißbrauch, Abtreibung und andere duldet, oder sogar öffentlich noch fördert, obwohl sie in den Augen Gottes Sünde und Greuel sind, gräbt sich ihr eigenes Grab. Die Bibel sagt uns: “Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben” (Spr. 14,34). “Wenn die Menschen gottlos leben, dann sind die Sitten zügellos, die Mode schamlos, die Lügen grenzenlos, die Verbrechen maßlos, die Völker friedlos, die Schulden zahllos, die Regierungen ratlos, die Politik charakterlos, die Beratungen ergebnislos, die Konferenzen endlos und die Aussichten trostlos . . .” Ein vielzitierter Slogan, der die Situation unseres Volkes treffend kennzeichnet.

Nach wie vor haben die bekannten Verse des Dichters Heinrich Heine, die er im Leiden um seine Heimat im französischen Exil schrieb, brennende Aktualität: “Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht. Ich kann nicht meine Augen schließen und lasse meine Tränen fließen.”

Wenn wir die Nachrichten hören oder die Tageszeitungen aufschlagen, könnte man in der Tat verzweifeln. Nichts als Mord und Totschlag, Kriege, Katastrophen, Terror, Hungersnöte und Verwahrlosung der Sitten. Genau wie es die Endzeitprognosen der Bibel aufzeigen. Die untergehende westliche Kultur stellt nur noch eine verrottete Zivilisation dar. Es ist ein regelrechtes Sodom und Gomorrah, das sich wie ein übelriechender Abfallhaufen direkt vor unserer Haustüre anhäuft. Die Menschen taumeln immer mehr in Angst und Hoffnungslosigkeit in eine Situation ohne Ausweg und nie¬mand ist mehr in der Lage, die Probleme der Menschheit zu lösen, die immer verwirrender werden. Als Christen wissen wir, daß aber das Schlimmste für die Menschen erst noch kommt. Die Bibel sagt es uns.

Vor kurzem las ich in einem Andachtsbuch die ernsten Worte von Fritz Berger, eines aufrechten Gottesmannes und Predigers aus der Schweiz: “Wir gehen einer Zeit entgegen, oder sind schon mitten drin, wo sich der Zorn Gottes gegen die Völker offenbart. Ein Strafgericht über das andere wird kommen. Gott wird mit seinem grimmigen Zorn über alles gottlose Wesen kommen und wird die Spötter spotten und die Schmäher und Lästerer schrecklich heimsuchen, und alles abgöttische Volk muß zuschanden werden, welche meinen, sie können es ohne Gott machen in dieser Welt. Es wird ihnen gehen wie Sodom und Gomorrah. Ja, was angekündigt ist, wird alles kommen, daß er seinen Feinden die Zunge im Maul verfaulen läßt und die Augen in den Löchern   die Zunge, mit welcher sie Gott gelästert haben, und die Augen, mit denen sie sein Volk zu vernichten suchten.”

Was im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, an die Gemeinde in Laodicäa gerichtet ist, läßt sich auf unsere heutige Zeit und Situation gleichnishaft übertragen: “Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du doch kalt oder warm wärst! Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. Du sprichst: Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß” (3,15 17).

Unermeßlich wird der Zorn Gottes sein, wenn die jetzige Gnadenzeit abgelaufen ist und er die furchtbaren Gerichte, die er in seinem Wort angekündigt hat, über diese gottlose, gottvergessene und gottvermessene Menschheit schütten wird. In der Bibel lesen wir: “Und der Herr wird aus Zion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme hören lassen, daß Himmel und Erde erbeben werden” (Joel 4,16). Auch den Propheten Jeremia ließ er im Hinblick auf unsere Zeit verkünden: “Der Herr wird brüllen aus der Höhe und seinen Donner hören lassen aus seiner heiligen Wohnung. Er wird brüllen über seine Fluren hin , wie einer, der die Kelter tritt, wird er seinen Ruf erschallen lassen und über die Bewohner der Erde hin, und sein Schall wird dringen bis an die Enden der Erde. Der Herr wird mit den Völkern rechten und mit allem Fleisch Gericht halten; denn die Schuldigen wird er dem Schwert übergeben” (25,30 31).

Im Wort Gottes wird aber nicht nur das Bild der Apokalypse gezeichnet. Es wird auch die Möglichkeit des Auswegs aus diesem verderblichen Chaos aufgezeigt. Gott verheißt denen, die ernsthaft zu Buße und Neuanfang bereit sind, Gnade und Vergebung. “Siehe, wenn ich den Himmel verschließe, daß es nicht regnet, oder die Heuschrecken das Land fressen oder eine Pest unter mein Volk kommen lasse und dann mein Volk, über das mein Name genannt ist, sich demütigt, daß sie beten und mein Angesicht suchen und sich von ihren bösen Wegen bekehren, so will ich vom Himmel her hören und ihre Sünde vergeben und ihr Land hellen” (2. Chron. 7,13 14).

Noch gibt Gott den Menschen Zeit zur Buße. Vor der Sintflut warnte er durch Noah und ließ diesen die Arche bauen, damit die Glaubenden gerettet werden. Vor der Zerstörung Sodoms durch Feuer und Schwert schickte er Engel, um Lot und die Seinen aus der verfluchten Stadt herauszuholen. Bevor er Ninive richten wollte, sandte er Jona, um die in ihrer Bosheit verstrickte Stadt zu warnen.

Es gibt noch eine Hoffnung für eine bereits am Abgrund taumelnde Menschheit: Jesus Christus, der von sich sagt: “Ich bin das Licht der Weit. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben” (Joh. 8,12). Als Gott vor 2000 Jahren seinen Sohn in diese finstere und verdorbene Welt gesandt hat, da hat er es mit der aus seiner unendlichen Liebe geborenen Absicht getan, die zwischen ihm und den Menschen, zwischen Geschöpf und Schöpfer zerbrochene Verbindung wieder herzustellen. Als Jesus dann starb, trug er stellvertretend für uns unsere gesamte Schuld und Sündenlast, unsere Finsternis und Gottesferne zum Kreuz. “Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten . ..” (Jesaja 53,4). Dieser Friede und die Möglichkeit, wieder ein Leben nach Gottes Gesetzen, seinem Wohlgefallen und Rechtsempfinden zu führen, ist uns allen angeboten. Die Menschen müssen nur wollen und umkehren.

Wir, die wir Gottes Wort kennen und von dessen Wahrhaftigkeit zutiefst überzeugt sind, müssen die Menschen immer wieder eindringlich warnen und ihnen inmitten des dornigen Gestrüpps des Pluralismus, der geistlichen Verwirrung und den vielen Irrlichtem den Weg aus der Finsternis zeigen. Nur der Weg im Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber und in Ehrfurcht und Achtung seiner Gebote und Gesetze führt in die Seligkeit. Es ist der schmale Weg, nicht der breite, der rettet. Christen sind Wegweiser in einer orientierungslosen Welt, Leuchttürme, die mit der erlösenden Botschaft des Evangeliums die Dunkelheit durchdringen und das untrügliche und wahrhaftige Wort der Schrift bewahren.

Der Inhalt dieses Buches sollte uns trotz der vielen schrecklichen Vorkommnisse und des vielen negativen Materials, das hier zusammengetragen wurde, nicht zum Resignieren bringen.

Einer meiner Verleger, Autor und Leiter einer gesegneten Außenmission, Pastor Peter Assmus, hat im Rahmen einer ähnlichen Publikation einmal festgestellt: “Wer das vorliegende Buch liest und den Heilsplan Gottes, so wie er in der Bibel aufgezeichnet ist, nicht kennt, wird entsetzt sein. Er wird vielleicht sagen: Wie kann man nur so etwas glauben und auch noch in einem Buch publizieren? Er wird sagen: Ist die Welt nicht so schon schrecklich genug mit alledem, was man Tag für Tag in der Zeitung liest, am Radio hört nd im Fernsehen sieht? Oder, ist es notwendig, den Menschen mit Horrorgeschichten der Bibel noch mehr Angst zu bereiten?   Nun, ich kann diese Reaktion sehr gut verstehen. Die Perspektive für die nahe Zukunft wird in der Bibel nicht rosig geschildert. Was gesagt wird, klingt schrecklich   und es wird wohl tatsächlich noch schrecklicher sein, als es klingt. Man hat auch wirklich nur die beiden Möglichkeiten, dazu Stellung zu nehmen: Entweder man lehnt die Aussagen der Bibel ab oder man glaubt sie. Auf gar keinen Fall wäre zulässig, das Angenehme zu akzeptieren und das Unangenehme abzulehnen. Leider sind wir in unseren Tagen aber dahin gekommen, daß man vielfach gerade dies tut.”

Vom Chaos der letzten Zeit zu reden, macht die Herzen zwar nicht leichter, aber die Bibel fordert uns dazu auf, die Zeichen der Zeit zu beachten und den Menschen den Weg aus der Verlorenheit zu zeigen. Doch bei all dem dürfen wir wissen, unser Herr sitzt nach wie vor im Regiment und hat alles in seiner Hand. Als Kinder Gottes sind wir auf der Siegerseite. Die Menschen wissen nicht, was auf sie zukommt, Christen wissen es: Jesus kommt wieder. Das ist unsere Zukunft. Es ist das größte Geschenk, das Gott uns machen kann   außer der Errettung. Wir wissen zwar nicht, wann genau das sein wird, wir glauben aber, daß es bald ist.

Der amerikanische Publizist Joseph W. Thach erläutert dazu: “Dann wird Jedes Volk auf Erden anfangen, eine neue Lebensweise zu erlernen. Der König aller Könige und Herr aller Herren wird die Herrschaft über alle menschlichen Machtgebilde antreten und wird Maßnahmen einleiten, die der Welt endlich dauerhaften Frieden bringen. Eine von Grund auf neue Gesellschaft, fußend auf Gottes Gesetz der Liebe und des Friedens, wird für alle Menschen errichtet werden. Und die oberste Instanz dieser vollkommenen und gerechten Herrschaft wird die Macht haben, das Richtige durchzusetzen. Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere (mehr) das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen’ (Jes. 2,4). Gefahrvolle und harte Zeiten stehen uns bevor. Die gute Nachricht aber ist: Gleich danach bricht das herrlichste Zeitalter des Friedens an, das die Menschheit nie gekannt hat.

Wenn Jesus kommt, dann kommt er als König der Könige, als Herr der ganzen Welt (Offb. 19,11 12), und sein Reich wird alle weltlichen Reiche ablösen. In Offenbarung 11,15 steht dazu geschrieben: Es sind die Reiche der Welt unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.’ Das Reich Gottes setzt allen bestehenden Herrschaftsformen ein für allemal ein Ende. Es wird die Machtenthebung aller Regierungen sein, die es auf Erden gibt. Die Länder der Weit werden dann zu Reichen Christi werden und Christus, der König aller Könige, wird oberste Instanz sein. Ihm wird gegeben sein alle Gewalt, und seines Reiches wird kein Ende sein, so sagt es die Schrift.”

Die Zeit ist gekommen, wo der Herr sein Volk auf seine Wiederkunft vorbereitet. Es gibt zwei geistige Mächte in der Welt; die eine ist von Gott, die andere von Satan. Letztere haben wir auf den vorstehenden Seiten zur Genüge kennengelernt. Der Teufel bereitet auf seine Weise seine Handlanger ebenso zu, wie Gott seine Kinder zubereitet. Der Herr hat jedem Menschen das Recht gegeben, demjenigen zu dienen, dem er dienen will. Wir sind an dem Punkt angelangt, bei dem die Geschichte unseres Zeitalters zum Abschluß kommt und an dem wir uns entscheiden müssen.

Die Berichte in diesem Buch wurden nicht zur Befriedigung von Neugierde niedergeschrieben oder etwa wegen der Sensationslust, sondern um die Menschen mit den Zeichen der Endzeit bekannt zu machen und ihnen zu zeigen, wie spät es bereits an der Weltenuhr ist. Es wurde auch durchaus nichts Außergewöhnliches berichtet, denn das Wichtigste und Aktuellste in diesem Buch können Sie in der Bibel selbst nachlesen und das andere in der Tageszeitung. Es wurde nur beides zusammengestellt, verbunden und erklärt, und dabei an die uns vom Wort Gottes auferlegte Pflicht gehalten, unsere Mitmenschen eindringlich vor dem zu warnen, was kommen wird.

Corrie ten Boom sagte dazu einmal ihrerseits: “Ich finde die Tagesnachrichten so schrecklich, daß Zeitungslesen und Nachrichtenhören mich manchmal beinahe verzweifelt und mutlos machen könnten. Ein Ende ist nicht abzusehen. Man beginnt sich zu fürchten und fragt sich, worauf das alles noch hinauslaufen soll. Wie tröstlich ist es dann, die Bibel zu lesen und zu sehen, daß Gott all das, was jetzt geschieht, schon lange vorher gewußt hat, und daß er uns eine herrliche Zukunft verspricht, durch all die schrecklichen Ereignisse hindurch. Der Herr Jesus beschreibt in seinen Abschiedsworten, in Lukas 21, was wir nun in den Zeitungen lesen können. Darum ist es gut, in unseren Tagen die Bibel zusammen mit den Zeitungen zu lesen. Da erfahren wir es, daß Jesus bald kommen kann. Wir wissen jetzt viel mehr von den Zeichen der Zeit als früher, weil wir sie in den Zeitungen finden. Es ist ein Gebot des Herrn, daß wir auf die Zeichen achten sollen. Ich glaube, was über die Wiederkunft Jesu in der Bibel geschrieben steht. Alles, was über die Zeit vor dem Kommen Jesu in der Bibel steht, ist geschehen. So wird auch geschehen, was wir über die Wiederkunft Jesu lesen. Ich sage nicht, daß ich das alles verstehe   das brauchen wir auch gar nicht … Aber auch das oft so schwerverständliche Buch der Offenbarung ist heutzutage viel besser zu verstehen als vor zehn oder zwanzig Jahren.”

Die Bibel sagt uns, daß uns Schuld trifft, wenn wir schweigen. “Jesus weinte über Jerusalem” (Luk. 19,41). Wie lange ist es her, daß wir eine Träne über die schlechte Stadt, in der wir leben, vergossen haben?”, fragte einmal der christliche Publizist W. C. Moore und fuhr fort: “Die größten Verbrecher, die schlimmsten Verräter sind nicht die ehrlosen Politiker, obwohl sie schlecht sind, sondern die Christen, die das schwere Unglück auf unser Land zukommen sehen und weder beten noch handeln, um den Ruin zu verhindern. Gott gab uns die ganze siegreiche Botschaft der Errettung umsonst, damit wir uns daran erfreuen, sie aber auch anderen mitteilen, wie es uns der Herr befohlen hat” (Mark. 16,15 und Matth. 28,18 20).

Im Rahmen des Missionsbefehls, den Jesus den Seinen auferlegt hat, ist es unsere wichtigste Aufgabe und heilige Pflicht, zu mahnen und aufzuklären, damit noch so viele kostbare Seelen wie möglich gerettet werden können. Schweigen wir, so wird uns Schuld treffen (2. Kön. 7,9). Es geht um Leben und Tod, und die Zeit ist knapp. Und so möge Gott Gnade geben, daß auch diese Warnschrift den Lesern Segen bringt und sie erkennen läßt, daß all die Fragen, die die Welt bewegen, letztlich nur von einem Buch beantwortet werden können, das ist die Bibel, die Heilige Schrift Gottes.

Bevor ein Schiff am Sinken ist, ertönt der Ruf SOS. Er ist international bekannt und bedeutet: “Rettet unsere Seelen.” Für die bevorstehende große Lebenskatastrophe, dem drohenden Untergang eines großen Teiles der Menschheit, erschallt der Ruf Gottes mit der Einladung, in das Rettungsboot Jesu Christi zu kommen, das alle aufnehmen kann, die sich retten lassen wollen. Noch ist seine rettende Hand ausgestreckt, aber bald kann es zu spät sein. Darum sagt uns die Bibel auch, daß heute der Tag des Heils ist und “wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht” (Hebr. 4,7). Die seiner Stimme folgen, werden es nie bereuen , die aber die Hand des Erlösers zurückweisen, werden es in alle Ewigkeit bereuen. Er allein ist das Licht der Welt und der einzige Weg in eine glückliche Zukunft.

Um das Bild dieser Zukunft mit menschlicher Vorstellungskraft zu beschreiben, drückte es einmal ein Evangelist mit den Worten aus: “Wo liegt das Land, in dem ein jeder von uns für immer wohnen möchte? Wo gibt es ein Land ohne Sünde, ohne Verbrechen, Gesetzlosigkeit und Blutvergießen, ohne Krankheit, Tod, Schmerz und Herzeleid’? Himmel’ heißt das Land, das nichts von alledem mehr aufweist, was so bezeichnend ist für jedes irdische Land. Im Reich Gottes gibt es keine Grenzen, keine trennenden Mauern oder Vorhänge, keine Rassenschranken, keine Soldaten, denn dort werden keine Kriege geführt; es gibt keine Polizei, denn Sünde oder Verbrechen sind unbekannte Begriffe. Man findet keine Leichenbestatter, denn dort gibt es keine Gräber; keine Ärzte, denn Bakterien, Fieber, Seuchen und Krankheiten fehlen; es gibt dort auch keine Diebe, denn dort herrscht keine Dunkelheit. Wer sehnt sich nicht nach diesem herrlichen, begehrenswerten Land, in dem es keine Trennungen, keine zerrütteten Familien, keine Alkoholiker, keine Drogensüchtigen, keine Gefängnisse, keine Krankenhäuser, keine Bettler, keine Blinden, Tauben, Stummen oder Lahmen gibt? Welch ein Land!
Haben Sie kein Heimweh nach dem Himmel?”

Weitere Beiträge zur gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation:

1. Die Zerstörung der Person – Dr. Georg Huntemann

2. Der Klassenkampf zwischen Mann und Frau – Dr. Georg Huntemann

3. Die sexuelle Revolution – Dr. Georg Huntemann

4. Aids – Strafe Gottes für eine lustverfallene Gesellschaft? – Dr. Georg Huntemann

5. Der Kampf um die Familie – Dr. A. Häussler

www.horst-koch.de

info@horst-koch.de

 

 

 




Zeitgeist u. d. Evangelikalen (Schaeffer)

Francis A. Schaeffer 

DER ZEITGEIST UND DIE EVANGELIKALEN

Inhaltsverzeichnis

Worauf kommt es wirklich an?
Die Wasserscheide der evangelikalen Welt

Das Ausleben der Wahrheit

Erscheinungsformen des Zeitgeistes

Die feministische Subversion

Die große Anpassung

Das Kennzeichen des Christen
Francis A. Schaeffer
ein moderner Apologet

  –  Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch von F.A. Schaeffer: DIE GROSSE ANPASSUNG.   Bearbeitet von Horst Koch, Herborn, im September 2006  –

 

Vorwort

Wenn Sie nun mit der Lektüre dieses Buches beginnen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich in einer Art Dilemma befinde und dies nun schon seit einigen Jahren. Lassen Sie mich das erklären: Während der letzten zwanzig Jahre habe ich dreiundzwanzig Bücher geschrieben. Meine frühen Bücher behandeln hauptsächlich intellektuelle Fragen der Philosophie und Inhalte des kulturellen Bereiches. Ferner schrieb ich Bücher über das geistliche Leben und die Kirche. In der letzten Zeit beschäftigten sich meine Bücher besonders mit dringenden Fragen zu Staat, Gesetz und staatlicher Gewalt.

Durch meine gesamten Werke zieht sich wie ein roter Faden das allen gemeinsame Thema »Die Herrschaft Jesu Christi in der Gesamtheit des Lebens«. Wenn Christus wirklich der Herr ist, dann muß er Herr in allen Lebensbereichen sein in geistlichen Angelegenheiten, das versteht sich von selbst, aber in genau demselben Maße auch im gesamten Spektrum des Lebens, einschließlich der intellektuellen Fragen und den Gebieten der Kultur, der Gesetzgebung und der staatlichen Gewalt.

Dieses ist ein Buch, das sich zu bedenklichen Fragen unserer Zeit äußert. Es ist aus der kritischen Situation heraus entstanden, in der wir uns heute befinden.

Die Anmerkungen am Ende dieses Buches sollten berücksichtigt werden, da sie Aufschluß darüber geben, in welchen meiner übrigen Bücher viele dieser Themen und Gedanken detaillierter behandelt werden. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass meine Broschüre Das Kennzeichen des Christen der vorliegenden Ausgabe beigefügt wurde. Lesen Sie auch die darin aufgeführten Prinzipien, die besonders in den vor uns liegenden schwierigen Zeiten von Bedeutung sein werden.

Abschließend möchte ich erklären, dass die Aussage, die ich in diesem Buch mache, möglicherweise die wichtigste Aussage ist, die ich je niedergeschrieben habe. Sie betrifft das, was ich »die evan­gelikale Katastrophe« nenne.

Francis A. Schaeffer, im Februar 1984

 

I. WORAUF KOMMT ES WIRKLICH AN ?

Die Zeitschrift Time veröffentlichte kürzlich unter dem Titel »The Most Amazing 60 Years« (Die bemerkenswertesten 60 Jahre) eine Sonderausgabe anläßlich ihres sechzigjährigen Bestehens. Indem diese Sonderausgabe die Welt in Erinnerung ruft, in der die Zeitschrift Time entstand, beginnt sie mit folgenden Worten: »The atom was unsplit. So were Most marrlages.« (Das Atom war ungespalten. Ebenso die meisten Ehen.)
Hier werden zwei Geschehnisse unseres Zeitalters in den richtigen Zusammenhang gebracht ‑ das eine, die wissenschaftlich technologische Explosion; das zweite, ein moralischer Zusammenbruch. Diese beiden Dinge haben sich nicht zufälligerweise gleichzeitig ereignet. Es gibt vielmehr etwas, das sich hinter beiden Phänomenen verbirgt. Indem Time dies erkannt hat, bewies es ein erstaunliches Verständnis unserer Zeit.

Das Streben nach Autonomie

In den vergangenen sechzig Jahren hat sich etwas geändert ‑ etwas, das die moralische Grundfeste, auf der unsere Kultur basiert, zerstört hat. In jeden Bereich der Kultur sind verheerende Ereignisse eingebrochen, sei es nun im Bereich der Gesetzgebung oder der staatlichen Gewalt, in den Schulen, in unserem Gemeinwesen oder in der Familie. Und diese Dinge haben sich zu Lebzeiten vieler meiner Leser abgespielt. Mit unserer Kultur und unseren Wertvorstellungen wurde Raubbau getrieben, und sie gingen verloren; sie wurden in großem Maße verworfen. Dies einen morali­schen Zusammenbruch zu nennen ist noch gelinde ausgedrückt. Die Moral selbst wurde auf den Kopf gestellt, indem jede Form moralischer Perversion von den Medien und der Unterhaltungsindustrie anerkannt und verherrlicht wurde.

Wie können wir uns erklären, was geschehen ist? Der Hauptartikel der Time‑Sonderausgabe bietet eine Erklärung. Die Betrachtung unter dem Titel »What really mattered?« (Was spielte wirklich eine Rolle?) schlägt vor: »Um entscheiden zu können, was sich in diesem Wirrwarr (von Ereignissen) wirklich abspielte, muß man wohl einen Sinn für das haben, was sich hinter den jeweiligen Ereignissen verbirgt.« Es ist laut Time notwendig zu entdecken, »welche Auffassung für unser Zeitalter charakteristisch ist«.

Hier hat Timevollkommen recht. Um wirklich einen Sinn in dem zu finden, was in den vergangenen sechzig Jahren geschehen ist, um auch die Gegenwart verstehen zu können und zu wissen, wie wir als Christen heute leben sollten, müssen wir unbedingt erkennen, welche Auffassung unser Zeitalter kennzeichnet ‑ wir könnten dies auch den Zeitgeist nennen, der unsere Kultur seit 1920 in so radikaler Weise verändert hat. Diese Vorstellung, dieser Zeitgeist, so Time, ist der Gedanke der »Freiheit« gewesen ‑ nicht bloß Freiheit als ein abstraktes Ideal oder Freiheit im Sinne einer Befreiung aus der Ungerechtigkeit, sondern Freiheit im absoluten Sinne:

»Die fundamentale Idee, für die Amerika geradezu repräsenta­tiv war, entsprach den Wertvorstellungen der Zeit. Amerika war nicht einfach ein freies Land; es war vielmehr befreit, entfesselt. Dabei hatte man die Vorstellung von etwas, das zuvor in Schach gehalten wurde ‑ die explosive Kraft eines Landes, die sich in planlosen Energiepartikeln umherbewegte und dennoch gleichzeitig an Macht und Erfolg zunahm. Frei zu sein bedeutete, modern zu sein; modern zu sein bedeutete, seine Chancen wahrzunehmen. Das »Amerikanische Jahrhundert« sollte das Jahrhundert der Befreiung, des Ausbrechens aus dem 19. Jahrhundert sein (mit Leitbildern wie Freud, Proust, Ein­stein und anderen) und schließlich zu einer Befreiung von jeglichem Zwang führen.«

Im Verlaufe der weiteren Betrachtungen bemerkt Time: »Hinter den meisten dieser Ereignisse verbarg sich die Annahme, ja fast ein moralischer Imperativ, dass alles Unfreie frei sein sollte, dass Begrenzungen schon in sich unheilvoll seien« und dass sich die Wissenschaft im Geiste einer »selbstsicheren Autonomie« unbegrenzt fortentwickeln sollte. Aber, wie Time schlußfolgert, »wenn Menschen oder Ansichten entfesselt werden, dann sind sie zwar befreit, aber noch nicht wirklich frei«. (Time, Oktober 1983).

Ordnung und Freiheit

Hier ist das wahre Problem der zwanziger bis achtziger Jahre beim Namen genannt worden. Es liegt in dem Versuch, absolute Freiheit haben zu wollen ‑vollkommen unabhängig von allen wesentlichen Begrenzungen zu sein. Es besteht in dem Versuch, alles von sich abzuschütteln, was die eigene, persönliche Autonomie einschränkt. Aber ganz besonders stellt dies eine direkte und bewußte Rebellion gegen Gott und seine Gesetze dar.

In diesem Essay hat Time das deutlich gemacht, was wirklich von zentraler Bedeutung ist, nämlich das Problem von Ordnung und Freiheit. Dies ist ein Problem, mit dem jede Kultur seit dem Beginn der Menschheitsgeschichte konfrontiert wurde. Das Problem stellt sich so dar: Wenn es keine Ausgewogenheit zwischen Ordnung und Freiheit gibt, dann wird sich die Gesellschaft zu dem einen oder anderen Extrem hinbewegen. Freiheit ohne ein angemessenes Gleichgewicht von Ordnung wird zum Chaos und dem totalen Zusammenbruch der Gesellschaft führen. Ordnung ohne ein angemessenes Gleichgewicht an Freiheit wird unausweichlich zu einem autoritären Regierungssystem und zur Zerstörung der individuellen und gesellschaftlichen Freiheit führen.

Und merken Sie sich bitte noch eins: keine Gesellschaft kann in einem Zustand des Chaos existieren. Und jedesmal, wenn das Chaos auch nur für kurze Zeit herrschte, resultierte daraus die Geburt einer tyrannischen Kontrollmacht.

Wir haben in unserem Land enorme menschliche Freiheiten ge­nießen können. Aber gleichzeitig gründete sich diese Freiheit auf solche Formen der Regierung, Gesetzgebung, Kultur und gesellschaftlichen Moral, die dem individuellen und gesellschaftlichen Leben Stabilität verliehen und die dafür sorgten, dass unsere Freiheiten nicht in ein Chaos führten.

Zwischen Ordnung und Freiheit herrscht ein Gleichgewicht, das wir als das Selbstverständlichste von der Welt ansehen. Dabei ist es überhaupt nicht selbstverständlich. Und wir sind äußerst töricht, wenn wir nicht erkennen, dass sich dieses einzigartige Gleichgewicht, das ein Erbe der reformatorischen Denkweise ist, in einer gefallenen Welt keineswegs selbst ergibt. Dies wird klar, wenn wir uns den langen Zeitraum der Geschichte ansehen. Aber genauso klar wird es, wenn wir in der Tageszeitung lesen, dass die halbe Welt totalitär unterdrückt wird.

Die Reformation brachte nicht nur eine klare Verkündigung des Evangeliums hervor, sondern sie formte auch die Gesellschaft als Ganzes ‑ einschließlich der staatlichen Gewalt, der Weltanschauung des Menschen und dem gesamten Spektrum der Kultur. In Nordeuropa und in den Ländern wie den Vereinigten Staaten, die im Grunde genommen nichts anderes als eine Erweiterung von Nordeuropa sind, brachte die Reformation ein enormes Anwachsen der Bibelkenntnis mit sich, das sich durch alle Gesellschaftsschichten zog. Hiermit möchte ich allerdings nicht sagen, dass die Reformation jemals ein »goldenes Zeitalter« gewesen wäre oder dass Jedermann in den reformierten Ländern ein wirklicher Christ war. Aber es steht fest, dass durch die Reformation viele Menschen zu Christus geführt wurden und dass die absoluten Maßstäbe der Bibel eine weite Verbreitung in der gesamten Kultur erfuhren. Die Freiheiten, die daraus erwuchsen, waren gewaltig, und dennoch führten sie nicht zum Chaos, da die Ordnung fest im biblischen Konsens oder Ethos verankert war.

Aber in den vergangenen sechzig Jahren ist etwas Entscheidendes geschehen. Die Freiheit, die sich einst auf den biblischen Konsens und eine christliche Gesinnung gründete, ist zu einer autonomen Freiheit geworden, die sich aller Zwänge entledigt hat. Hier haben wir den Zeitgeist unserer Tage ‑ der autonome Mensch, der sich selbst zum Gott erhebt und sich dabei aller Erkenntnis sowie der moralischen und geistlichen Wahrheit widersetzt, die von Gott gegeben wurde. Hier liegt auch der Grund dafür, warum in jedem Lebensbereich ein moralischer Zusammenbruch zu verzeichnen ist. Die gigantischen Freiheiten, die wir einst genießen konnten, sind von ihren christlichen Beschränkungen abgetrennt worden und entwickeln sich zu einer zerstörerischen Gewalt, die ins Chaos mündet. Wenn so etwas geschieht, dann gibt es wirklich nur wenige Alternativen.

Jegliche Moral wird relativ, die Gesetzgebung willkürlich, und die Gesellschaft bewegt sich ihrem Verfall entgegen. Im persönlichen wie im privaten Leben wird das Mitleid vom Eigennutz verdrängt. Wie ich schon in meinen früheren Büchern herausgearbeitet habe, wird ein manipulierendes, autoritäres Regierungssystem das Vakuum ausfüllen, das dann entsteht, wenn die Erinnerung an den christlichen Konsens, der uns innerhalb der biblischen Ordnung Freiheiten gewährte, immer mehr verblaßt. Hier spielen auch die Begriffe »rechts« oder »links« kaum eine Rolle. Sie sind nur zwei Straßen, die in dieselbe Sackgasse führen; die Ergebnisse sind gleich.
Eine Elite, und zwar ein autoritäres Regierungssystem, wird der Gesellschaft schrittweise eine Ordnung aufzwingen, so dass sie nicht im Chaos endet ‑ und die meisten Menschen werden dies akzeptieren.

Der Kampf, in dem wir uns befinden

Wir evangelikalen, bibelgläubigen Christen haben unsere Sache nicht gut gemacht, weil wir diese Zusammenhänge nicht durch­schaut haben. Der Zeitgeist unserer Tage strebt fortwährend vorwärts; er erhebt den Anspruch der Autonomie und zerstört auf seinem Weg alles, was uns lieb und teuer ist. Hätten wir uns vor sechzig Jahren vorstellen können, dass Millionen ungeborener Kinder in unseren westlichen Ländern getötet werden würden?
Oder dass wir keine Redefreiheit haben würden, wenn wir in den staatlichen Schulen von Gott und den biblischen Wahrheiten erzählen wollten? Oder dass jegliche Form sexueller Perversion von den Medien der Unterhaltungsindustrie gefördert werden würde? Oder dass Ehe, Kindererziehung und Familienleben angegriffen würden?

Traurigerweise müssen wir gestehen, dass nur sehr wenige Christen erkannt haben, in welchem Kampf wir uns befinden. Sehr wenige haben eine eindeutige und mutige Position gegen den Zeitgeist unserer Tage bezogen, der unsere Kultur und die christliche Gesinnung zerstört, die unserem Land einst seine Gestalt gaben.

Die Heilige Schrift macht aber klar, dass wir als bibelgläubige Christen in einen Kampf einbezogen sind, der kosmische Ausmaße hat. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod um den Geist und die Seele des Menschen, ein Kampf, der von Ewigkeitsbedeutung ist; ebenso ist dies auch ein Kampf auf Leben und Tod um das Leben auf dieser Erde.
Auf der einen Ebene handelt es sich um einen geistlichen Kampf, der in den himmlischen Regionen geführt wird. Der Brief von Paulus an die Epheser liefert uns die klassische Ausdrucksweise:

Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die Geister der Bosheit in der Himmelswelt (Epheser 6,12).

Glauben wir wirklich, dass wir uns in einem kosmischen Kampf befinden?
Glauben wir wirklich, dass es »Mächte der Finsternis« gibt, die unser Zeitalter beherrschen?
Glauben wir wirklich, wie der Apostel Johannes sagt, dass »die ganze Welt in der Macht des Bösen liegt« (1. Johannes 5,19)?

Wenn wir diese Dinge nicht glauben (und wir müssen feststellen, dass sich ein Großteil der evangelikalen Welt so verhält, als ob er diese Dinge nicht glauben würde), dann können wir sicherlich nicht erwarten, dass wir in diesem Kampf gute Aussichten auf Erfolg haben. Warum ist das christliche Ethos unserer Kultur so vergeudet worden? Warum haben wir so wenig Einfluß auf unsere heutige Welt? Liegt das nicht daran, dass wir den eigentlichen Kampf nicht ernst genommen haben?

Und wenn wir darin versagt haben, den Kampf ernst zu nehmen, dann haben wir sicherlich auch verfehlt, die Waffen zu ergreifen, die unser Herr für uns vorgesehen hat. Wie der Apostel Paulus schreibt:

Schließlich: Werdet stark im Herrn und in der Macht seiner Stärke! Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr gegen die Listen des Teufels bestehen könnt. … Deshalb ergreift die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag widerstehen könnt.
So steht nun, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit, angetan mit dem Brustpanzer der Gerechtigkeit und beschuht an den Füßen mit der Bereitschaft zur Verkündigung des Evangeliums des Friedens. Bei alledem ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen könnt. Nehmt auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort.
Mit allem Gebet und Flehen betet zu jeder Zeit im Geist, und wachet . . (Epheser 6,10.11.13‑18).

Beachten Sie, dass hier nichts von dem aufgeführt wird, was die Welt für gewöhnlich als Vorgehensweise akzeptiert; aber es gibt keine andere Möglichkeit, den geistlichen Kampf in den himmlischen Regionen zu führen. Wenn wir diese Waffen nicht ergreifen, dann haben wir auch keine Hoffnung auf einen Sieg.

Der eigentliche Kampf ist ein geistlicher Kampf in den himmlischen Regionen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Kampf, in dem wir uns befinden, sich im außerweltlichen Bereich oder außerhalb der Menschheitsgeschichte abspielt. Es ist ein wirklich geistlicher Kampf, aber er findet nichtsdestoweniger ebenso hier auf der Ebene in unserem eigenen Land statt, in unserem Gemeinwesen, an unseren Arbeitsplätzen, in den Schulen und sogar in unseren Häusern. Das Gegenüber des geistlichen Kampfes befindet sich in der sichtbaren Welt, in den Köpfen von Männern und Frauen und auf jedem Gebiet der menschlichen Kultur. Der himmlische Kampf wird im Bereich von Raum und Zeit auf der Bühne der Menschheitsgeschichte geführt. Aber wenn wir den Kampf auf der Bühne der Menschheitsgeschichte gewinnen wollen, dann müssen wir uns zunächst dem geistlichen Kampf mit den Waffen stellen, die die einzig effektiven sind. Dazu benötigen wir eine lebenslange Bindung an Christus, die sich auf die Wahrheit stützt, in der Gerechtigkeit lebt und im Evangelium begründet ist.

Interessanterweise stellt man fest, dass alle Waffen, die Paulus bis zu diesem Punkt aufzählt, Defensivwaffen sind. Die einzige von ihm erwähnte Offensivwaffe ist »das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort«. Während die anderen Waffen uns dazu dienen sollen, uns gegen die Angriffe Satans zu verteidigen, ist die Bibel diejenige Waffe, mit der wir uns zusammen mit unserem Herrn in die Offensive begeben können, um die geistlichen Feinde in ihrer Gottlosigkeit zu besiegen.

Aber wir müssen uns auf die Bibel als Gottes Wort berufen, und zwar in allem, was sie lehrt bezüglich der Errettung genauso wie in ihren Aussagen zur Geschichte, zur Wissenschaft und zur Moral. Wenn wir auf irgendeinem dieser Gebiete Kompromisse eingehen, wie das unglücklicherweise heute bei vielen geschieht, die sich evangelikal nennen, dann zerstören wir die Kraft des Wortes Gottes und liefern uns selbst in die Hände des Feindes. Schlußendlich benötigen wir ein Leben des Gebets: »Betet zu jeder Zeit im Geist«.

Auf dem Gebiet der menschlichen Geschichte ist dieser Kampf jedoch genauso wichtig. Auch hier herrscht ein fundamentaler Konflikt, der das irdische Gegenüber des himmlischen Kampfes darstellt. Dieser Konflikt nimmt zwei Formen an. Die erste hat damit zu tun, wie wir denken ‑ mit unseren Vorstellungen und mit unserer Weltanschauung.
Die zweite Form bezieht sich auf die Art, wie wir leben und handeln. Auf beiden Gebieten finden sich die bibelgläubigen Christen in einem Kampf mit der uns umgebenden Kultur unserer Tage wieder.

Die Weisheit der Welt

Der Kampf, der sich in der Welt der Gedanken abspielt, wird in den Briefen des Apostels Paulus aufs deutlichste dargestellt. Wir stellen fest, dass hier ein fundamentaler Konflikt zwischen der »Weisheit dieser Welt« und der »Weisheit Gottes« besteht. So schreibt Paulus:

Wo ist ein Weiser? Wo ein Schriftgelehrter? Wo ein Wortstreiter dieses Zeitalters? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? Denn weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, hat es Gott wohlgefallen, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten (l. Korinther 1,20‑21).

An dieser Stelle sollten wir zunächst einmal festhalten, dass Paulus hiermit nicht etwa sagen will, Wissen und Bildung hätten keinen Wert. Paulus selbst gehörte zu den Gebildetesten Menschen seiner Zeit. Paulus spricht statt dessen von der weltlichen Weisheit, die nichts von Gott und seiner Offenbarung wissen will. Diese Art der weltlichen Weisheit streicht Gott und seine Offenbarung aus ihrem Weltbild und endet dadurch in einer vollkommen verzerrten Auffassung der Wirklichkeit. Dies wird im ersten Kapitel des Briefes an die Römer klar ersichtlich, in dem Paulus schreibt.

»… weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden… Darum hat Gott sie dahingegeben in den Gelüsten ihrer Herzen in Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden, sie, welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben statt dem Schöpfer« (Römer 1,2125).

Wenn die Bibel von dieser Art menschlicher Torheit spricht, dann will sie damit nicht sagen, dass der Mensch nur auf religiösem Gebiet töricht ist. Hier wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass der Mensch eine innere Haltung eingenommen hat, die im intellektuellen Sinne töricht ist, und zwar nicht nur in Bezug auf das, was die Bibel sagt, sondern auch in Bezug auf die Ansicht über das Universum mit seiner Ordnung und über das menschliche Leben. Die Bibel sagt uns, wie der Mensch in diese Lage geriet: »weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten«; deshalb wurden ihr Urteilsvermögen, ihr Verstand, ja ihr Leben töricht. Dieser Abschnitt der Bibel bezieht sich auf die Ursünde, aber er handelt nicht von der Ursünde allein. Er spricht von jeder einzelnen Epoche, in der die Menschen die Wahrheit kannten und sich vorsätzlich davon abwandten.

Viele Epochen der Geschichte könnten auf diese Weise beschrieben werden. Vom biblischen Standpunkt aus gab es eine Zeit, in der die Menschen in Indien die Wahrheit kannten und sich davon abwandten, eine Zeit, in der die Vorfahren der Afrikaner die Wahrheit kannten und sich ebenfalls abwandten. Dies trifft auf alle wo auch immer lebenden Menschen zu, die die Wahrheit heutzutage nicht kennen.

Aber wenn wir uns jene Zeiten der Weltgeschichte vor Augen führen, in der die Menschen die Wahrheit kannten und sich abwandten, so müssen wir mit Nachdruck betonen, dass es in der gesamten Geschichte kein offenkundigeres Beispiel dafür gibt auch keins, das sich in einer so kurzen Zeitspanne entwickelt hat als das unserer eigenen Generation. Wir, die wir in Nordamerika leben, haben mit eigenen Augen gesehen, wie sich die Aussagen dieses Bibelverses mit furchtbarer Wirksamkeit in unserer Generation erfüllten. Menschen unserer Zeit kannten die Wahrheit und wandten sich dennoch ab ‑ sie verleugneten nicht nur die biblische Wahrheit, sondern wiesen auch den reichen Segen ab, den diese Wahrheit für jedes Gebiet der Kultur mit sich brachte ‑ einschließlich des früheren Gleichgewichts von Ordnung und Freiheit.


Eine nachchristliche Kultur

Nach der Abwendung von dem gottgegebenen Wissen ist der christliche Einfluß auf die gesamte Kultur verlorengegangen. In Europa, einschließlich England, dauerte dieser Prozeß viele Jahre ‑ in den Vereinigten Staaten nur wenige Jahrzehnte. In den USA konnten wir in der kurzen Zeitspanne von den zwanziger bis zu den sechziger Jahren beobachten, wie eine vollkommene Veränderung eintrat. Wir leben in einer nachchristlichen Welt, in der der christliche Glaube nicht mehr länger den Konsens bzw. das Ethos unserer Gesellschaft darstellt ‑ weder in Bezug auf die Anzahl der Christen noch hinsichtlich ihres Gewichts in der Kultur mit all ihren Auswirkungen.

Nehmen Sie dies nicht zu leicht! Für einen Menschen wie mich ist es eine furchtbare Sache, in die Vergangenheit zurückzuschauen und zu erkennen, wie mein Land und meine Kultur zu meinen eigenen Lebzeiten verfallen sind.
Es ist schrecklich, wenn man bedenkt, dass vor sechzig Jahren überall im Lande eigentlich jedermann, auch ein Nichtchrist, das Evangelium kannte. Es ist furchtbar zu wissen, dass unsere Kultur vor fünfzig bis sechzig Jahren auf dem christlichen Konsens basierte, während dies heute überhaupt nicht mehr der Fall ist. Noch einmal möchte ich mich auf Römer 1, 21‑22 beziehen:

» … weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden.« Vers 18 berichtet uns von dem Ergebnis der Abkehr und von der Rebellion gegen die Wahrheit, die sie doch kennen: »Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.«

Wir können die nachchristliche Welt unserer Generation nur aus einer einzigen Perspektive sehen: aus dem Verständnis heraus, dass unsere Kultur und unser Land es verdienen, unter dem Zorn Gottes zu stehen. Hier nützt es nichts zu sagen, dass die USA auf eine ganz bestimmte Weise »Gottes Land« sind. Damit kann die Kluft zwischen dem heutigen Konsens und dem bis vor sechzig Jahren herrschenden christlichen Konsens nicht überbrückt werden. Seit einigen wenigen Generationen haben die Menschen die Wahrheit der Bibel und alles, was diese Wahrheit hervorgebracht hat, zerstört.

Gedanken und Handlungen

Wir haben festgestellt, dass wir uns als bibelgläubige Christen in einem Kampf befinden, der sich in dem Bereich der Gedanken und Auffassungen abspielt. Aber es gibt eine direkte Parallele dazu im Bereich der Handlungen. Denken ist niemals neutral und abstrakt. Gedanken wirken sich auf unsere Lebensweise aus, sowohl in unserem persönlichen Leben als auch in der Kultur als Ganzes. Wir können uns noch einmal auf Römer 1 besinnen, um zu sehen, wie sich diese Gedanken und Auffassungen in Form von Handlungen ausdrücken:

Darum hat Gott sie dahingegeben in den Gelüsten ihrer Herzen in Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden…zu tun, was sich nicht geziemt: erfüllt mit aller Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht, Schlechtigkeit, voll von Neid, Mord, Streit, List, Tücke; Ohrenbläser, Verleumdet, Gottverhaßte, Gewalttäter, Hochmütige, Prahler, Erfinder böser Dinge, den Eltern Ungehorsame, Unverständige, Treulose, ohne natürliche Liebe, Unbarmherzige. Obwohl sie Gottes Rechtsforderung erkennen, dass, die solches tun, des Todes würdig sind, üben sie es nicht allein aus, sondern haben auch Wohlgefallen an denen, die es tun (Römer 1, 24; 28‑32).

Es gibt wohl kaum eine zutreffendere Beschreibung unserer eigenen, heutigen Kultur. Entschlossen nach autonomer Freiheit strebend ‑ dem Freisein von jeglicher Einschränkung, besonders von Gottes Wahrheit und Seinen moralischen Absoluten ‑, hat sich unsere Kultur auf den Kurs der Selbstzerstörung begeben.

Autonome Freiheiten! Wie die Stimmen unserer Zeit das herausschreien!
Ich muß die Freiheit haben, das Kind in meinem Leib zu töten.
Ich muß auch die Freiheit dazu haben, das neugeborene Kind zu töten, wenn ich der Meinung bin, dass das Leben des Mädchens oder des Jungen meinem Maßstab eines »guten Lebens« nicht entspricht.
Ich muß die Freiheit haben, meinem Mann oder meiner Frau untreu zu werden und meine Kinder im Stich zu lassen.
Ich muß die Freiheit haben, schamlose Handlungen mit Menschen meines eigenen Geschlechts zu begehen.

Sollte dies noch nicht ausreichen, darin möchte ich Sie eindringlich bitten, das zweite Kapitel von 2. Petrus zu lesen. Das gesamte Kapitel zeichnet ein genaues Bild unserer Kultur, wie es nicht deutlicher sein könnte ‑ bezüglich der Erkenntnis, die wir einmal besaßen, der Ablehnung der Wahrheit, der moralischen Entartung und bezüglich des Gerichts, das diejenigen erwartet, die die Wahrheit kannten und sich dennoch von ihr abwandten. So schließt Petrus sein Kapitel mit folgenden Worten:

»Denn sie führen stolze, nichtige Reden und locken mit fleischlichen Begierden durch Ausschweifungen diejenigen an, die kaum denen entflohen sind, die im Irrtum wandeln; sie versprechen ihnen Freiheit, während sie selbst Sklaven des Verderbens sind. Denn wenn sie den Befleckungen der Welt durch die Erkenntnis des Herrn und Retters Jesus Christus entflohen sind, aber wieder in diese verwickelt und überwältigt werden, so ist für sie das letzte schlimmer geworden als das erste. Denn es wäre ihnen besser, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als sich wieder abzuwenden von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot« (2. Petrus 2,18‑21).

Irren Sie sich nicht. Wir stehen als bibelgläubige Christen in einem Kampf. Dies ist keine freundschaftliche Diskussion eines Mannes von Bildung. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod zwischen den geistlichen Mächten der Bosheit und denen, die den Namen Jesu Christi geltend machen. Dieser Konflikt spielt sich auf der Gedankenebene ab, und zwar zwischen zwei fundamental entgegengesetzten Ansichten über die Wahrheit und die Realität.
Es ist aber ebenso ein Konflikt auf der Ebene der Handlungen, der sich zwischen einer vollständigen moralischen Perversion, dem Chaos, und Gottes absoluten Maßstäben abspielt.

Aber glauben wir wirklich daran, dass wir uns in einem Kampf auf Leben und Tod befinden? Glauben wir wirklich, dass unsere Rolle in diesem Kampf einen entscheidenden Einfluß darauf hat, ob Männer und Frauen die Ewigkeit in der Hölle verbringen werden oder nicht? Oder ob die Menschen in ihrem irdischen Leben ein sinnvolles oder ein sinnloses Leben führen? Oder ob die Menschen in einem Klima der moralischen Perversion und Degeneration leben werden? Traurigerweise müssen wir feststellen, dass sich nur einige wenige Christen der evangelikalen Welt so verhalten haben, wie es der Wahrheit dieser Dinge entspricht. Es käme der Wahrheit viel näher, wenn wir, statt unsere Leistungen und wachsenden Mit­gliederzahlen hinauszuposaunen, gestehen würden, dass unsere Antwort auf die Zeitströmung einer Katastrophe gleichkommt.

Die Antithese der christlichen Wahrheit

Nachdem wir alles, was ich bis hierhin ausführte, noch einmal im Überblick gesehen haben, ist uns klar geworden, dass der Geist unseres Zeitalters in der autonomen Freiheit besteht ‑ in der Freiheit von allen Einschränkungen und besonders in der Rebellion gegen Gottes Wahrheit und seine absoluten moralischen Maßstäbe.
Wir haben ebenfalls gesehen, dass das Streben nach autonomer Freiheit in den letzten sechzig Jahren das christliche Ethos untergraben hat, das einst einen großen Einfluß auf die Gestaltung unserer Kultur ausübte.

Wie konnte dies geschehen?
In einem bestimmten Sinne können wir sagen, dass es auf die willentliche Rebellion gegen die Wahrheit Gottes und gegen die Offenbarung seines Wortes zurückzuführen ist. Aber in einem anderen Sinne sind diese Veränderungen die Auswirkung der intellektuellen und religiösen Geschichte unserer Kultur und der westlichen Welt. In mehreren meiner Bücher habe ich mich ausführlich mit dem Aufkommen des Humanismus in der westlichen Welt und mit den verheerenden Folgen beschäftigt, die der Humanismus mit sich brachte. Ich möchte Sie ermutigen, dies nachzulesen.
Hier möchte ich mich jedoch nur auf einen Aspekt beziehen ‑ d.h. auf den Einfluß der Aufklärung und ihre besondere Rolle in der Umwälzung, die in den letzten sechzig Jahren in unserem Land stattgefunden hat.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann das Gedankengut der Aufklärung einen bedeutenden Einfluß auf die amerikanische Christenheit auszuüben. An dieser Stelle wird es nun wichtig, die Ansichten der Aufklärung zu begreifen, denn sie haben die Religion in Amerika bis auf den heutigen Tag beeinflußt.
Die Aufklärung war eine geistige Bewegung, die in der Mitte des 17. Jahr­hunderts entstand und ihre eindeutigste Ausprägung im Deutschland des 18. Jahrhunderts erfuhr. Ganz allgemein gesagt war sie eine intellektuelle Bewegung, die betonte, dass die menschliche Vernunft ausreiche und dass die Gültigkeit der traditionellen Autoritäten der Vergangenheit angezweifelt werden mußte. Es ist sehr informativ, wenn man sich einmal die exakte Definition der Aufklärung in The Oxford Dictionary of the Christian Church näher anschaut:

»Die Aufklärung verbindet den Widerstand gegen alle übernatürliche Religion und den Glauben an die allumfassende Fähigkeit der menschlichen Vernunft mit einem großen Verlangen, das Wohl aller Menschen in diesem Leben voranzutreiben. ( … ) Die meisten ihrer Vertreter ( … ) verwarfen das christliche Dogma und waren sowohl dem Katholizismus als auch der protestantischen Orthodoxie feindlich gesonnen, denn sie sahen diese beiden Richtungen als Mächte geistiger Blindheit an, die der Menschheit ihre rationalen Fähigkeiten raubten. ( … ) Ihr fundamentaler Glaube an das Gute im Menschen machte die Vertreter der Aufklärung blind für die Tatsache der Sünde und brachte einen unbekümmerten Optimismus und einen absoluten Glauben an die menschliche Gesellschaft mit sich, wenn erst einmal die Prinzipien eines aufgeklärten Verstandes erkannt werden würden. Der Geist der Aufklärung drang tief in den deutschen Protestantismus (des 19. Jahrhunderts) ein, zersetzte den Glauben an die Autorität der Bibel und förderte auf der einen Seite die Bibelkritik und auf der anderen Seite einen emotionalen Pietismus«.

Dies kann in wenigen Worten zusammengefaßt werden: die zentralen Gedanken der Aufklärung stehen in totalem Widerspruch zur christlichen Wahrheit. Aber mehr noch, sie greifen Gott selbst und sein Wesen an.

Eben diese Gedanken waren es, die im ausgehenden 19. Jahrhundert die Christenheit radikal zu verändern begannen. Der Umschwung setzte insbesondere mit der Übernahme der »historisch-kritischen« Methoden ein, die in Deutschland entwickelt worden waren. Indem die neuen liberalen Theologen diese Methoden anwandten, untergruben sie vollkommen die Autorität der Bibel. Wir können für jene dankbar sein, die sich energisch gegen die neuen Methoden aussprachen und die vollständige Inspiration und die Unfehlbarkeit der Schrift verteidigten. Hier sei besonders an die großen Theologen der Princeton Universität erinnert: A. A. Hodge, B. B. Warfield und später J. Gresham Machen. Aber trotz der Bemühungen dieser Männer und Dutzender anderer bibelgläubiger christlicher Leiter und trotz der Tatsache, dass die große Mehrheit der Laienchristen wahrhaft bibelgläubig war, übernahmen diejenigen, die die liberalen Gedanken der Aufklärung und die destruktiven Methoden vertraten, innerhalb der Denominationen Macht und Kontrolle. In den dreißiger Jahren hatte sich der Liberalismus in den meisten Denominationen verbreitet, und die Schlacht war fast verloren.

Der Wendepunkt

Dann geschah etwas in der Mitte der dreißiger Jahre, von dem ich behaupten möchte, dass es den Wendepunkt unseres Jahrhunderts im Hinblick auf den Zusammenbruch unserer amerikanischen Kultur darstellt. Im Jahre 1936 hatten die Liberalen eine solche Macht über die Northern Presbyterian Church erlangt, dass sie in der Lage waren, Dr. J. Gresham Machen seines geistlichen Amtes zu entheben. Wie ich schon erwähnte, war Dr. Machen ein hervorragender Verteidiger des bibeltreuen christlichen Glaubens, wie man z. B. auch aus seinem Buch Christianity and Liberalism ersehen kann, das 1924 veröffentlicht wurde.
Dr. Machens Amtsenthebung und die darauf folgende Spaltung der Northern Presbyterian Church machte fast landesweit Schlagzeilen in der säkularen Presse und in den Medien. (Ich möchte nur anmerken, dass es so etwas heute nicht mehr gibt. In den dreißiger Jahren wurden religiöse Ereignisse noch als so wichtig erachtet, dass sie auf der Titelseite der Zeitungen erschienen.) Wenn dies auch von Seiten der Herausgeber in weiser Voraussicht geplant war, so machte es dennoch nicht nur aus Gründen der Publikumswirksamkeit Schlagzeilen; vielmehr war dieses Ereignis zu Recht Thema Nummer eins; denn es gab das volle Ausmaß der Umwälzung an, die in der protestantischen Kirche von 1900 bis 1936 stattfand.
Eben diese Umwälzung legte die Grundlage für die kulturellen, sozialen, moralischen, gesetzlichen und staatlichen Veränderungen, die bis in unsere Gegenwart hineinreichen. Ohne diese Strömung in den Denominationen hätten die Veränderungen der letzten fünfzig Jahre in unserer Gesellschaft meiner Überzeugung nach doch sehr andersartige Ergebnisse hervorgebracht, als wir sie jetzt haben. Als sich die Reformationskirchen in ihrer Ansicht änderten, wurde der Konsens der Reformation untergraben

Selbst wenn wir uns nur für Soziologie interessieren, ist es wichtig, diese Veränderung in den Kirchen und die daraus resultierende kulturelle Umwälzung hin zum nachchristlichen Konsens zu sehen, wenn wir wirklich begreifen wollen, was heute in den USA geschieht.
Interessanterweise kann man feststellen, dass zwischen der Einstehung der historischkritischen Methode mit ihrer allgemeinen Akzeptanz in Deutschland und dem Zerfall der deutschen Kultur bis hin zum Aufkommen des Totalitarismus unter Hitler eine Zeitspanne von ca. 80 Jahren lag.

Der neue Konsens

Haben Sie jetzt begriffen, worum es in diesem Krieg der Kultur und der Gedankenwelt geht? In den vergangenen sechzig Jahren hat sich der Konsens, auf dem unsere Kultur begründet war, weit von seinem hauptsächlich christlichen Ursprung fortbewegt (hier müssen wir allerdings sofort hinzufügen, dass dieser alte Konsens weit davon entfernt war, perfekt zu sein). Er hat sich zu einem Konsens gewandelt, der aus der Aufklärung erwächst, d. h. zu einem Konsens, der in jedem Punkt in vollkommenem Gegensatz zur christlichen Wahrheit steht einschließlich der Verneinung des Übernatürlichen , durchdrungen vom Glauben an die allumfassende Fähigkeit der menschlichen Vernunft, der Zurückweisung des Sündenfalls, der Verneinung der Göttlichkeit Jesu Christi und seiner Auferstehung, dem Glauben an die Fähigkeit des Menschen, sich selber zu vervollkommnen, dem Willen, die Botschaft der Bibel zu zersetzen. Damit ging auch ein fast vollständiger Zusammenbruch der Moral einher.

Anpassung

An dieser Stelle müssen wir uns als Evangelikale fragen, wo wir uns in dem Kampf für die Wahrheit und die Ethik in unserer Kultur befunden haben. Haben wir als Evangelikale an der Front für den Glauben gekämpft und uns während der letzten 40 bis 60 Jahre dem Zusammenbruch der Moral entgegengestellt?

Damit wir uns recht verstehen: sich dem Zeitgeist unserer Welt anzupassen bedeutet nicht weniger als die gröbste Form von Weltlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes. Und wenn wir diese wahre Bedeutung von Weltlichkeit anwenden, dann müssen wir unter Tränen feststellen, dass die Evangelikalen abgesehen von wenigen Ausnahmen weltlich sind und nicht treu zu dem lebendigen Christus stehen.

Worauf kommt es wirklich an?

Zum Schluß dieses Kapitels möchte ich gerne eine letzte Frage stellen: »Worauf kommt es wirklich an?« Was ist es, das für unser Leben so wichtig ist? Unserem Herrn Jesus wurde eben diese Frage gestellt, und er antwortete:

»Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen­ Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dies ist das erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten« (Matthäus 22, 3740).

Wir müssen zuerst anerkennen, dass Christus, wenn er unser Erlöser ist, auch Herr in allen Lebensbereichen ist. Er ist unser Herr nicht nur in religiösen Dingen oder in kulturellen Bereichen wie den bildenden Künsten und der Musik, sondern auch Herr unseres intellektuellen Lebens, unseres Geschäftslebens, unserer Beziehung zur Gesellschaft und unserer Haltung zum moralischen Zusammenbruch unserer Kultur. Wenn wir die Herrschaft Jesu Christi anerkennen und uns der gesamten Lehre der Bibel unterstellen, dann schließt das auch ein, dass wir uns unserer Regierung und ihrer Gesetzgebung gegenüber so verhalten, wie es sich für Bürger gehört.
 Christus die Herrschaft über unser Leben zu geben bedeutet, dass wir uns ganz direkt und praktisch gegen den Zeitgeist stellen, der unsere Welt regiert, der sich fortwährend ausbreitet und den Anspruch erhebt, autonom zu sein, indem er auf seinem Weg alles zerstört, was uns lieb und teuer ist.

Wenn wir unseren Herrn wirklich lieben, wenn wir unseren Nächsten wirklich lieben, dann wird uns das Mitleid mit der heutigen Menschheit das Herz brechen. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um Menschen zu helfen, dass sie die Wahrheit des christlichen Glaubens erkennen und Christus als ihren Retter annehmen. Und wir dürfen es nicht zulassen, dass die Bibel durch irgendwelche Kompromisse in ihrer Autorität geschwächt wird, wie subtil die Menschen dabei auch immer vorgehen mögen.

Es ist Gottes lebensverändernde Kraft, die jedes Individuum berühren kann, das dann wiederum die Verantwortung hat, seine Umgebung mit den absoluten Aussagen der Bibel in Berührung zu bringen. Letzten Endes müssen wir erkennen, dass der Zeitgeist unserer Tage mit all seinem Verlust an Wahrheit und Schönheit, an Mitleid und Menschlichkeit nicht bloß eine kulturelle Krankheit ist. Es ist vielmehr eine geistliche Krankheit, die nur durch die in der Bibel geoffenbarte Wahrheit und durch Christus allein geheilt werden kann.

II. DIE WASSERSCHEIDE DER EVANGELIKALEN WELT

Die Kennzeichnung der Wasserscheide

Eine Wasserscheide

Nicht weit von unserem Wohnort in der Schweiz erhebt sich eine Gebirgskette mit einem Tal auf beiden Seiten. Einmal war ich dort, als die gesamte Gebirgskette mit Schnee bedeckt war. Die Schneedecke war völlig geschlossen, sie schien eine Einheit zu sein. Diese Einheit war jedoch eine Illusion, denn sie verlief entlang einer eindeutigen Trennwand; sie befand sich auf beiden Seiten einer »Wasserscheide«. Bei der Schneeschmelze würde der eine Teil des Schneewassers in das eine Tal fließen, der direkt daneben befindliche andere Teil des Schnees würde bei seiner Schmelze in das andere Tal fließen.

Nun verhält es sich bei dieser besagten Gebirgskette so, dass der Schnee, der bei der Schmelze auf der einen Seite des Gebirges hinunterfließt, in ein Tal gelangt und sich in ein kleines Flüßchen ergießt, das wiederum in den Rhein mündet. Der Rhein fließt durch Deutschland und mündet in die kalten Gewässer der Nordsee. Das andere Schneewasser, das direkt an der Wasserscheide des Gebirgskamms auf der anderen Seite hinunterläuft, ergießt sich in einem Sturzbach über die nackten Felsen in das Rhonetal. Dieses Wasser fließt in den Genfer See und gelangt an dessen Ende in die Rhone, die durch Frankreich fließt und in das warme Wasser des Mittelmeers mündet. Der Schnee liegt wie eine geschlossene Decke über dieser Wasserscheide, anscheinend eine Einheit. Aber wenn er schmilzt, liegen die Ziele des Schmelzwassers buchstäb­lich Tausende von Kilometern voneinander entfernt. Das ist eine Wasserscheide. Das ist es, was eine Wasserscheide ausmacht. Eine Wasserscheide trennt. Man kann eine klare Trennungslinie zwischen dem ziehen, was zunächst ein und dasselbe oder doch zumindest sehr ähnlich zu sein schien, was aber in Wirklichkeit auf völlig verschiedene Situationen hinausläuft. In einer Wasserscheide liegt eine Grenzlinie.

Ein gespaltenes Haus

Was hat dieses Bild mit unserer heutigen evangelikalen Welt zu tun? Ich meine, dass es eine sehr genaue Beschreibung dessen ist, was heute passiert. Die Evangelikalen sehen sich in unseren Tagen einer Wasserscheide gegenüber, die die Natur der biblischen Inspiration und Autorität betrifft. In dieser Sache liegt eine ebensolche Wasserscheide vor wie in dem von mir beschriebenen Beispiel. Innerhalb der evangelikalen Welt gibt es eine Anzahl von Menschen, die ihre Ansichten über die Unfehlbarkeit der Bibel abändern, so dass die unumschränkte Autorität der Bibel vollständig untergraben wird. Aber dies geschieht in einer sehr spitzfindigen Art und Weise. Wie der Schnee, der Seite an Seite auf der Gebirgskette liegt, scheinen die neuen Ansichten über die Autorität der Bibel oft nicht so sehr weit von dem entfernt zu sein, was die Evangelikalen bis vor kurzem immer noch glaubten. Aber ebenso wie der Schnee, der Seite an Seite auf dem Gebirgskamm liegt, enden die neuen Ansichten schließlich, wenn man sie konsequent verfolgt, Tausende von Meilen von den alten entfernt.

Was auf den ersten Blick nur ein kleiner Unterschied zu sein scheint, wird zuletzt zu einem sehr bedeutenden Unterschied. Es macht, wie wir wohl erwarten werden, einen großen Unterschied ans, was die Theologie, die Lehre und die geistlichen Fragen angeht, aber es entscheidet auch grundsätzlich über die alltäglichen Dinge im Leben eines Christen und über die Art, wie wir uns als Christen unserer Umwelt gegenüber zu verhalten haben. Mit an­deren Worten: Wenn wir in Bezug auf die unumschränkte Autorität der Bibel einen Kompromiß eingehen, dann wird dies mit der Zeit einen Einfluß darauf haben, was es im theologischen Sinne heißt, ein Christ zu sein, und dieser Kompromiß wird auch Auswirkung darauf haben, wie wir in dein gesamten Spektrum des menschlichen Lebens unser Leben führen.

In einem gewissen Sinne ist das Problem der unumschränkten biblischen Autorität vor nicht allzu langer Zeit schon einmal aktuell gewesen. Bis vor ca. 200 Jahren glaubte eigentlich jeder Christ an die vollständige Unfehlbarkeit der Bibel dies wurde zwar mit anderen Worten ausgedrückt, der Inhalt aber war derselbe. Dies galt sowohl für die Zeit vor der Reformation als auch für die Zeit danach. Das Problem der vorreformatorischen Kirche des Mittelalters lag nicht so sehr darin, dass sie nicht an der Unfehlbarkeit der Bibel festgehalten hätte, sondern vielmehr darin, dass sie den gesamten Umfang unbiblischer theologischer Ansichten und den Aberglauben innerhalb der Kirche anwachsen ließ. Diese Ansichten wurden dann gleichrangig neben die Bibel gestellt, ja sogar über sie erhoben, so dass die biblische Autorität und Lehre untergeordnet wurde. Daraus erwuchs ein Mißbrauch, der schließlich zur Reformation führte. Aber beachten Sie: das Problem lag nicht darin, dass die vorreformatorische Kirche nicht an die Unfehlbarkeit der Bibel geglaubt hätte; es lag vielmehr darin, dass sie die Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift nichtpraktizierte, weil sie die Bibel ihrer eigenen kirchlichen fehlbaren Lehre unterordnete.

Daher ist es auch wichtig zu beachten, dass bis vor kurzem erstens der Glaube an die Unfehlbarkeit der Bibel (auch wenn dies nicht bis zur letzten Konsequenz ausgelebt wurde) und zweitens der Anspruch, Christ zu sein, als zwei Dinge angesehen wurden, die notwendigerweise untrennbar zusammengehörten. Wenn man Christ war, dann glaubte man der vollständigen Zuverlässigkeit von Gottes geschriebenem Wort, der Bibel. Wenn man der Bibel nicht glaubte, dann beanspruchte man auch nicht, Christ zu sein. Bis noch vor 200 Jahren versuchte niemand zu sagen: »Ich bin ein Christ, aber gleichzeitig glaube ich, dass die Bibel voller Irrtümer steckt.« So unglaublich dies für die Christen in der Vergangenheit gewesen wäre, so unglaublich dies auch heute bibelgläubigen Christen erscheinen mag: genau das passiert heute in der evangelikalen Welt.

Dieses Problem, das vor ca. 200 Jahren begann, ist innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte bei den Evangelikalen in den Vordergrund getreten. Es ist ein Problem, das ich (und andere) Mitte der Sechzigerjahre öffentlich auszusprechen begann, in den siebziger Jahren wieder aufgriff und in den Ächtzigerjahren erneut anprangerte. Wir können dankbar für alle die sein, die eine deutliche Meinung dazu vertreten haben; wir müssen traurigerweise aber auch gestehen, dass das Problem immer noch besteht und sogar anwächst.. Die evangelikale Welt ist gespalten, tief gespalten. Und es wird weder hilfreich sein noch der Wahrheit dienen, wenn dies jemand leugnet. Es ist etwas, das sich nicht einfach in Luft auflösen wird, und man kann es auch nicht unter den Teppich kehren. Meine folgenden Ausführungen erwachsen aus dem Studium, dem Denken und Beten (oft unter Tränen) in Bezug auf dieses Problem, diese »Wasserscheide«, mit der ich mich im Laufe meines ganzen Lebens als Christ beschäftigt habe, besonders aber, seit ich meine Reden und Schriften während der letzten beiden Jahrzehnte darauf ausrichtete. Das Folgende stellt daher eine Neuformulierung meiner Ausführungen zu der weiteren Entwicklung dar und somit den Abschluß meiner Arbeiten auf diesem Gebiet.

Die Untergrabung der Grundlagen

Es gibt heute zwei Gründe dafür, warum man eine starke und kompromißlose Ansicht über die Bibel haben sollte. In erster Linie ist dies die einzige Möglichkeit, treu zu sein gegenüber dem, was die Bibel über sich selbst lehrt, gegenüber dein, was Christus über die Bibel lehrt und gegenüber dem, was die Kirche beständig durch die Jahrhunderte hindurch aufrechterhalten hat. Dies sollte in sich schon Grund genug sein. Aber heute gibt es einen zweiten Grund, warum wir uns an eine starke, kompromißlose Ansicht über die Bibel halten sollten. Vor uns liegen schwierige Zeiten für uns selbst und für unsere geistlichen und leiblichen Kinder. Ohne eine feste Meinung zur Bibel als Grundlage sind wir für die schwierigen Zeiten nicht gewappnet. Nur wenn die Bibel ohne Irrtum ist nicht nur, wenn sie über die Erlösung spricht, sondern auch dann, wenn sie über die Geschichte und den Kosmos berichtet , haben wir eine Basis für die Beantwortung von Fragen, die uns im Hinblick auf die Existenz des Universums mit seiner Ordnung und im Hinblick auf die Einzigartigkeit des Menschen gestellt werden. Ohne ein tragfähiges Fundament haben wir auch keinerlei absolute moralische Maßstäbe oder Heilsgewißheit, und die nächste Generation von Christen wird nichts haben, auf das sie sich stützen kann. Unseren geistlichen und leiblichen Kindern wird man einen Boden zurücklassen, den man ihnen unter den Füßen wegziehen kann. Sie werden keine Basis haben, auf die sie ihren Glauben und ihr Leben gründen können.

Der christliche Glaube stellt nicht mehr den Konsens für unsere Gesellschaft dar. Der christliche Glaube bestimmt auch nicht mehr den Konsens, auf dem die Rechtsprechung basiert. Hiermit möchte ich nicht sagen, dass wir jemals eine »christliche Nation« in dem Sinne waren, dass alle oder wenigstens die meisten unserer Einwohner Christen gewesen wären. Es gibt in der Vergangenheit kein goldenes Zeitalter, das wir idealisieren könnten sei es nun Amerika, die Reformation oder die frühe Kirche. Aber bis vor wenigen Jahrzehnten existierte wirklich etwas, das man zu Recht einen christlichen Konsens bzw. ein christliches Ethos nennen kann, die der westlichen Gesellschaft und den USA auf ganz unmißverständliche Weise eine spezifische Gestalt gaben. Nun ist dieser Konsens beinahe gänzlich geschwunden und die Freihei­ten, die er mit sich brachte, werden vor unseren Augen zerstört. Wir befinden uns in einer Zeit, in der der Humanismus seine natürlichen Schlußfolgerungen zieht, sei es in der Ethik, in den Wertmaßstäben oder in der Gesetzgebung. Alles, was die Gesellschaft heute besitzt, sind relativistische Werte, die auf statistischen Durchschnittsberechnungen basieren oder den willkürlichen Entscheidungen jener, die die rechtliche und politische Macht besitzen.


Freiheit mit Ordnung
oder Chaos

Die Reformation mit ihrer Betonung, dass die Bibel in allem, was sie lehrt, die Offenbarung Gottes darstellt, schuf der Gesellschaft eine Freiheit und auch eine Ordnung. Daher bestanden in den Reformatiotisländern Freiheiten (wie die Welt sie vorher noch nie gekannt hatte), ohne dass diese Freiheiten zu einem Chaos führten weil sowohl die Gesetze als auch die Ethik von einem Konsens umgeben waren, der auf der Lehre der Bibel beruhte. Diese Situation besteht nun nicht mehr, und wir können uns selbst und unseren geistlichen und leiblichen Kindern die heutige Gesellschaft nicht erklären, es sei denn, wir verstehen wirklich, was geschehen ist. Im Rückblick können wir sehen, dass nach 1930 der christliche Konsens in den USA zunehmend die Ansicht einer Minderheit darstellt und nicht mehr den gesellschaftlichen Konsens im Hinblick auf Moral oder Gesetzgebung ausmacht. Wir, die wir bibelgläubige Christen sind, stellen nicht länger den maßgebenden gesetzlichen und moralischen Standpunkt unserer Gesellschaft dar, und wir haben auch nicht mehr einen Einfluß auf die Formung eines Standpunktes.

Die primäre Betonung des biblischen Christentums liegt auf der Lehre, dass der unendlichpersönliche Gott die letzte Realität ist, dass er der Schöpfer all dessen ist, was existiert, und dass sich das Individuum dem heiligen Gott auf der Basis des vollendeten Werkes Christi frei nähern kann, und zwar allein auf dieser Basis.

Dem vollendeten Werk Christi braucht nichts mehr hinzugefügt werden, und dem vollendeten Werk Christi kann nichts mehr hinzugefügt werden. Wenn aber der christliche Glaube den Konsens ausmacht, wie dies in den Reformationsländern (und bis vor wenigen Jahren auch in den Vereinigten Staaten) der Fall war, dann bringt der christliche Glaube gleichzeitig auch viele sekundäre Segnungen mit sich. Eine dieser Segnungen bestand in den gigantischen Freiheiten, ohne dass diese Freiheiten in ein Chaos mündeten, denn die absoluten Maßstäbe der Bibel schaffen einen Konsens, innerhalb dessen Freiheit funktionieren kann. Aber sobald der christliche Konsens abgeschafft wird, wie dies heute geschieht, entwickeln sich dieselben Freiheiten, die der Reformation entsprungen sind, zu einer zerstörerischen Kraft, die zum Chaos in der Gesellschaft führt. Deshalb begegnet uns in unserer heutigen Gesellschaft überall der Zusammenbruch der Moral die vollständige Entwertung des menschlichen Lebens, ein totaler moralischer Relativismus und ein alles durchdringender Hedonismus.


Relativismus
oder Gottes absoluter Maßstab

Auf diesem Hintergrund stehen uns bibelgläubigen Christen oder unseren Kindern Zeiten bevor, die uns Entscheidungen abverlangen werden. Die ruhigen Zeiten der Evangelikalen gehören der Vergangenheit an, und nur ein fester Blick auf die Bibel wird es uns ermöglichen, dem alles durchdringenden Druck einer Kultur zu widerstehen, die sich auf den Relativismus und auf relativistisches Denken gründet. Wir sollten uns daran erinnern, dass es der feste Blick auf die absoluten Maßstäbe war, die der unendlichpersönliche Gott der ersten Kirche im Alten Testament gab, Maßstäbe, die sich auch in der Inkarnation des geoffenbarten Christus und in dem dann entstehenden Neuen Testament wiederfinden dass es eben dieser feste Blick auf die absoluten Maßstäbe war, der es der frühen Kirche ermöglichte, dem Druck des römischen Im­periums zu widerstehen. Ohne diese feste Bindung an Gottes absolute Maßstäbe hätte die frühe Kirche niemals treu bleiben können angesichts der ständigen Quälereien und Verfolgungen durch das Römische Reich. Unsere heutige Situation ist dem bemerkenswert ähnlich insofern, als unsere eigene gesetzliche, moralische und soziale Struktur auf einem zunehmend antichristlichen, verweltlichten Konsens basiert.

Aber was geschieht heute in der evangelikalen Welt? Finden wir in ihr die gleiche Bindung an Gottes absolute Maßstäbe, wie sie die frühe Kirche besaß? Traurigerweise müssen wir zugeben, dass diese Bindung nicht vorhanden ist. Obwohl die Zahl derer, die sich als Evangelikale bezeichnen, weltweit wie auch in den Vereinigten Staaten ansteigt, steht die evangelikale Welt nicht geschlossen für eitlen festen Standpunkt zur Bibel ein. An dieser Stelle muß aber gesagt werden: Wenn Evangelikale wirklich Evangelikale sein wollen, dann dürfen wir in unserer Bibelauffassung keinerlei Kompromisse eingehen. Es nützt überhaupt nichts, dass die Zahl der Evangelikalen immer mehr anzuwachsen scheint, wenn gleichzeitig nennenswerte Teile der evangelikalen Welt in Bezug auf die Bibel nachgiebig werden.

Mit traurigem Herzen müssen wir sagen, dass an einigen Orten Seminare, Institutionen und Persönlichkeiten, die als evangelikal bekannt sind, nicht mehr länger die ganze Bibel anerkennen. Die Streitfrage ist eindeutig. Ist die Bibel wahr und unfehlbar in ihren Aussagen, auch dann, wenn sie sich auf Geschichte und Naturwissenschaft bezieht, oder hat sie in gewissem Sinne nur da etwas zu sagen, wo es um religiöse Themen geht? Das ist die Streitfrage.


Die neue Neo
Orthodoxie

Es gibt nur einen Weg, jene zu beschreiben, die nicht länger die gesamte Bibel anerkennen. Obwohl sich viele von ihnen gerne immer noch evangelikal nennen möchten, besteht die einzig rich­tige Beschreibung darin, ihre Ansicht zur Bibel als eine Form der neoorthodoxen Theologie des Existentialismus zu bezeichnen. Der Kern der neoorthodoxen Theologie des Existentialismus besteht in der Auffassung, dass die Bibel uns eine Quelle liefert, aus der wir religiöse Erlebnisse schöpfen können, aber dass die Bibel da fehlerhaft ist, wo sie Gebiete berührt, die überprüfbar sind nämlich die Geschichte und die Wissenschaft. Unglücklicherweise müssen wir sagen, dass dieses Konzept in einigen Kreisen heute als »evangelikal« anerkannt wird. Mit anderen Worten: In diesen Kreisen wird die neo-orthodoxe Theologie des Existentialismus als »evangelikale«-Lehre verkündigt.

Die Streitfrage besteht darin, ob die Bibel eine lehrsatzmäßige Wahrheit bietet (das heißt Wahrheit, die in Form von Lehrsätzen aufgestellt werden kann), wenn sie Geschichte und Naturwissenschaft anspricht, und zwar auch bezüglich der gesamten Spanne bis hin zur vorabrahamitischen Zeit, bis hin zu dem ersten der elf GenesisKapitel; oder ob sie statt dessen nur bedeutungsvoll ist, wenn sie solche Dinge berührt, die zum religiösen Bereich gerechnet werden. T. H. Huxley, Biologe und Freund Darwins und Großvater von Aldous und Julian Huxley, schrieb im Jahr 1890, dass er den Tag nicht weit entfernt sehe, an dem der Glaube von allen Tatsachen getrennt würde, und zwar besonders von aller vorabrahamitischen Geschichte, und dass der Glaube dann triumphal in alle Ewigkeiten fortbestehen würde. Dies ist für das Jahr 1890 eine erstaunliche Aussage, denn sie wurde gemacht, bevor die Philosophie oder die Theologie des Existentialismus entstanden. Huxley sah in der Tat eine Entwicklung klar voraus. Ich bin sicher, dass er und seine Freunde dies als eine Art Witz ansahen, denn es war ihnen wohl klar, dass ein Glaube, der von den Tatsachen und speziell von der vorabrahamitischen Geschichte in Ort und Zeit abgetrennt wird, nur eine andere Form dessen ist, was wir heute einen »Trip« nennen.

Aber unglücklicherweise sind es nicht nur die erklärten neoorthodoxen Theologen des Existentialismus, die heute die Ansicht vertreten, die T. H. Huxley vorhersah, sondern auch solche, die sich evangelikal nennen. Dies kann von Seiten der Theologie kommen, indem gesagt wird, dass nicht die gesamte Bibel Offenbarung ist. Es kann aber auch von Seiten der Wissenschaft kommen, indem behauptet wird, dass die Bibel wenig oder gar nichts lehrt, wenn sie sich über den Kosmos äußert. Es kann aber auch von der kulturellen Seite kommen, indem gesagt wird, dass die moralische Lehre der Bibel lediglich Ausdruck der kulturell bestimmten und relativen Situation ist, in der die Bibel geschrieben wurde, und dass diese Lehre für unsere Zeit nicht mehr maßgeblich ist.

Martin Luther sagte: »Wenn ich auch mit der lautesten Stimme und klarsten Darlegung jedes Stück der Wahrheit Gottes bekenne mit Ausnahme genau jenes kleinen Punktes, den die Welt und der Teufel im Moment angreifen, dann bezeuge ich nicht Christus, wie lautstark auch immer ich mich zu ihm bekenne. Die Treue eines Soldaten beweist sich da, wo gerade der Kampf wütet. Außerhalb des Kampfes an der Front standhaft zu sein ist nichts anderes als Flucht und Schande, wenn man am entscheidenden Punkt zurückweicht.«

Das Festlegen einer Trennlinie

Dies ist heute eine Frage des Bibelverständnisses. Die Wasserscheide der evangelikalen Welt besteht da, wo man von der Bibel überzeugt ist oder nicht.

Zunächst muß unsere Betonung darauf liegen, dass wir liebevoll, aber eindeutig sagen: der Protestantismus ist so lange nicht konsequent evangelikal, bis eine Trennlinie gezogen wird zwischen denen, die die volle Autorität der Bibel anerkennen, und jenen, die dies nicht tun.

Oft wird vergessen, dass immer da, wo sich eine Wasserscheide befindet, auch eine Trennlinie beobachtet und genau festgelegt wer­den kann. Hätte man zum Beispiel in der Schweiz die Verantwortung dafür, die Strömungen des Wassers in elektrische Kraft umzuwandeln, dann müßte man mit großer Genauigkeit die Topographie des Landes untersuchen und markieren, wo diese Linie verläuft und wo das Wasser sich teilt und bergab fließt. Was bedeutet es in Bezug auf die Wasserscheide der evangelikalen Welt, eine solche Trennlinie zu ziehen? Es heißt nichts anderes, als liebevoll sichtbar zu machen, wo diese Linie verläuft, liebevoll zu zeigen, dass sich einige auf der anderen Seite der Linie befinden, und jedermann auf beiden Seiten der Linie klarzumachen, was dies für Konsequenzen mit sich bringt.

Indem wir sichtbar machen, wo diese Linie verläuft, müssen wir auch verstehen, was dabei wirklich geschieht. Mit der Verneinung der uneingeschränkten Autorität der Bibel hat sich ein bedeutender Teil des sogenannten Protestantismus von der allgemeinen Weltanschauung oder dem Standpunkt unserer Tage infiltrieren lassen. Diese Infiltration ist in Wirklichkeit eine Variante der Gedanken, die in den Kreisen der liberalen Theologie unter dem Namen der NeoOrthodoxie vorherrschend waren.

Eine innere Empfindung oder objektive Wahrheit?

Es ist wirklich erstaunlich, wie deutlich die liberale, neoorthodoxe Denkweise in der neuen, geschwächten Anschauung der evangelikalen Welt wiederzufinden ist. Ein Beispiel: Ich war vor einiger Zeit zusammen mit einem jungen liberalen Pastor in Milt Rosenbergs RadioShow »Extension 720« in Chicago (WGN). Mein junger Gesprächspartner hatte seinen Abschluß an einem sehr renommierten liberaltheologischen Seminar gemacht. Das Programm war in Form einer Diskussion unter drei Partnern zusammengestellt, als eine Diskussion zwischen mir, dem liberalen Pastor und Rosenberg, der sich selbst als nichtreligiös bezeichnet. Rosenberg ist ein geschickter Diskussionsleiter. Indem er Ein christliches Manifest und die Frage der Abtreibung zum Diskussionspunkt erhob, drang er immer tiefer in die Meinungsverschiedenheit zwischen dem Pastor und mir ein. Der junge liberale Pastor führte Karl Barth, Niebuhr und Tillich auf, und wir diskutierten darüber. In diesem Dreiergespräch wurde immer offensichtlicher, dass der junge liberale Pastor niemals auf die Bibel Bezug nehmen konnte, ohne Einschränkungen zu machen. Und dann sagte der junge liberale Pastor: »Aber ich berufe mich auf Jesus.« Ich antwortete ihm in dieser Sendung, dass er angesichts seiner Ansicht zur Bibel nicht wirklich sicher sein könnte, dass Jesus lebte. Er antwortete darauf, dass ihm ein inneres Gefühl, eine innere Empfindung sagen würde, dass Jesus wirklich gelebt habe.

Diesbezüglich hatte ich ein höchst interessantes Erlebnis. Einer der führenden Männer der abgeschwächten Bibelauffassung, der aber als evangelikal bezeichnet wird, war vor einigen Jahren in meinem Hause. Er liebt mit Sicherheit den Herrn. In einer langen, anstrengenden, aber erfreulichen Diskussion trieb ich ihn in die Enge mit der Frage, wie er denn sicher sein könne, dass Jesus Christus wirklich auferstanden ist. Er antwortete mit fast denselben Worten wie der junge liberale Pastor. Er sagte, dass er sich in Bezug auf die Auferstehung sicher sei, denn dies bezeuge ihm sein Inneres. Beide antworteten sie letztendlich auf dieselbe Art und Weise.

Was ich hervorheben möchte, ist, dass ein bedeutender und einflußreicher Teil der Protestanten von einer Ansicht durchsetzt ist, die einen direkten Bezug zu der Anschauung hat, welche in den liberal‑theologischen Kreisen unter dem Namen der Neo‑Orthodoxie vorherrschte. Es war für mich damals besonders merkwürdig, als ich diesen Trend vor einigen Jahren beobachtete, denn das »Gott‑ist‑tot«‑Syndrom von Niebuhr und Tillich hatte schon längst gezeigt, wo diese Entwicklung endet. Die Neo‑Orthodoxie führt in eine Sackgasse mit einem toten Gott, wie die Theologie der sechziger Jahre schon bewiesen hat. Ist es nicht merkwürdig, dass die Ansichten der Neo‑Orthodoxie gerade heute von einigen Evangelikalen wieder aufgegriffen werden, als ob wir genau diese Posi­tion vertreten müßten, um heutzutage »In« zu sein! Aber ebenso bezeichnend ist, dass sowohl der liberale Pastor als auch der Leiter, der sich selbst evangelikal nennt, obwohl er eine abgeschwächte Bibelauffassung vertritt, schließlich an derselben Stelle ankommen mit keiner anderen Rechtfertigung als der eines »Zeugnisses in ihrem Innern«. Sie besitzen keine letztgültige, objektive Autorität.

Dies zeigt deutlich, wie umfassend die Infiltration ist. Denn genauso, wie die neoorthodoxen Wurzeln nur eine theologische Entsprechung der allgegenwärtigen Weltanschauung und Methodologie des Existentialismus darstellen, ist das, was in evangelikalen Kreisen als neue Sicht der Bibel ausgelegt wird, ebenso eine Infiltration durch die allgemeine Weltanschauung und Methodologie des Existentialismus. Indem der Existentialismus die subjektive menschliche Erfahrung radikal betont, untergräbt er die objektive Seite aller Existenz. Für den Existentialisten ist der Gedanke, dass wir etwas wirklich Wahres wissen können, dass es so etwas wie sichere objektive Wahrheit und absolute moralische Maßstäbe gibt, eine Illusion. Alles, was uns bleibt, ist die subjektive Erfahrung, ohne letztgültige Basis für Recht oder Unrecht, für Wahrheit oder Schönheit. Diese existentialistische Weltanschauung beherrscht die Philosophie, einen Großteil der Kunst und der allgemeinen Kultur wie den Roman, die Dichtung und die Leinwand. Obwohl dies im Denken der akademischen und philosophischen Kreise offensichtlich wird, beherrscht es ebenso die populäre Kultur. Es ist nicht möglich, den Fernseher anzustellen, die Zeitung zu lesen oder eine Illustrierte durchzublättern, ohne von der Philosophie des moralischen Relativismus, der subjektiven Erfahrung und der Verneinung der objektiven Wahrheit bombardiert zu werden. In der neuen Sicht der Bibel unter den Evangelikalen finden wir dasselbe nämlich, dass die Bibel keine objektive Wahrheit darstellt; dass sie auf den Gebieten, die überprüfbar sind, Fehler enthält; dass sie da, wo sie die Geschichte und den Kosmos anspricht, nicht glaubwürdig ist; und dass sogar das, was sie zu Moral und Ethik lehrt, kulturell bedingt ist und nicht im absoluten Sinne akzeptiert werden kann. Dennoch betont diese neu abgeschwächte Sicht der Bibel, das irgendwie »ein religiöses Wort« durch die Bibel hindurchdringt was schließlich zu solchen Aussagen führt wie »man habe eine innere Empfindung«, ein »inneres Angesprochensein« oder »ein inneres Zeugnis«.

Eine zweigeteilte Bibel

Die beiden folgenden Zitate stellen eindeutige Beispiele für eine zweigeteilte Bibelauffassung dar. Sie stammen von zwei Männern, die in verschiedenen Erdteilen wohnen, die beide zur evangelikalen Welt gerechnet werden, aber die Auffassung vertreten, dass die Bibel im Bereich der Verstandeswelt Fehler enthält. Der erste Vertreter schreibt:

Es gibt heutzutage einige Menschen, die die Auffassung vertreten, dass die vollständige und wörtliche Inspiration der Bibel sich nicht nur für die Unfehlbarkeit im Hinblick auf ihre erklärte Absicht verbürgt, Gottes mächtige Erlösungstaten zu erzählen und zu interpretieren, sondern dass diese Inspiration auch ihre Unfehlbarkeit sicherstellt in Bezug auf jede kleinste beiläufige Erklärung oder jeden Gesichtspunkt zu solchen Dingen, die nichts mit göttlicher Offenbarung zu tun haben, wie Geologie, Meteorologie, Kosmologie, Botanik, Astronomie, Geographie etc. …

Mit anderen Worten: Die Bibel zerfällt in zwei Hälften. Für jemanden wie mich ist dies nichts Unbekanntes es ist mir sehr vertraut aus den Schriften von JeanPaul Sartre, Albert Camus, Martin Heidegger, Karl Jaspers und aus der Beobachtung Tausender moderner Menschen, die die existentialistische Methodologie übernommen haben. Dieses Zitat drückt dasselbe aus, was sie auch sagen würden; es zeigt ebenfalls, wie die existentialistische Methodologie auf die Bibel angewendet wird.

In einem ähnlichen Zitat schreibt ein evangelikaler Leiter, der in einem weit von den USA entfernten Land wohnt:

Problematischer ist meiner Einschätzung nach die von den Fundamentalisten vorgenommene Ausweitung des Prinzips der Widerspruchslosigkeit der Heiligen Schrift, indem sie die historischen, geographischen, statistischen und andere biblische Aussagen einbeziehen, die nicht in jedem Fall die Frage der Erlösung berühren und die zum menschlichen Element der Bibel zu zählen sind.

Beide dieser Aussagen tun dasselbe. Sie führen eine Dichotomie vor; sie vollziehen eine Trennung. Sie sagen, dass die Bibel Fehler enthält, dass wir uns aber dennoch an das Bedeutungssystem, das Wertesystem und die religiösen Aussagen der Bibel halten müssen. Dies also ist die Form, in der die existentialistische Methodologie in die evangelikalen Kreise eingedrungen ist. Letztendlich trennt sie die Wahrheit der Bibel von der objektiven Welt ab und ersetzt sie durch das subjektive Erlebnis eines »inneren Zeugnisses«. Dies erinnert uns besonders an den Ausdruck, den der säkulare existentialistische Philosoph Karl Jaspers geprägt hat, die »Grenzerfahrung«, und an jede beliebige Anzahl anderer Ausdrücke, die in irgendeiner Form jenes Konzept unterstützen, das von der letztgültigen Autorität des inneren Zeugnisses ausgeht. In der neoorthodoxen Form, in der säkularexistentialistischen Form und in der neuen evangelikalen Form ist die Wahrheit letztlich nur etwas Subjektives.

All dies steht in krassem Gegensatz zu der historischen Sicht, die von Christus selbst vertreten wurde, und zu der historischen Sicht, die innerhalb der christlichen Kirche in Bezug auf die Bibel vorherrschte, nämlich dass die Heilige Schrift objektive, absolute Wahrheit ist. Natürlich wissen wir alle, dass in unser persönliches Bibelstudium und in die kirchliche Bibelauslegung subjektive Elemente einfließen. Aber trotzdem ist die Bibel objektive, absolute Wahrheit auf allen Gebieten, die sie anspricht. Deshalb können wir auch wissen, dass Christus wirklich gelebt hat, dass Christus von den Toten auferstand und was sonst noch in der Bibel über ihn berichtet wird ‑ nicht aufgrund eines subjektiven inneren Erlebnisses, sondern weil die Bibel eine objektive, absolute Wahrheit darstellt. Nur so können wir das wissen. Hiermit möchte ich keineswegs jene Erfahrungen abwerten, die auf dieser objektiven Wahrheit beruhen, aber dies ist der Weg, wie wir es wirklich wissen können: auf der Grundlage dessen, dass die Bibel objektive, absolute Wahrheit ist.

Oder, um es anders zu formulieren: Die Kultur muß ständig aufgrund der Bibel beurteilt und nicht etwa die Bibel ständig der sie umgebenden Kultur unterworfen werden. Die frühe Kirche nahm die Bibel zum Maßstab, um damit die römischgriechische Kultur ihrer Tage zu beurteilen. Die Reformation tat dies zu ihrer Zeit in Bezug auf die Ende des Mittelalters auftretende Kultur. Und wir dürfen nicht vergessen, dass all die großen Erweckungsprediger dasselbe taten, als sie die Kultur ihrer Tage beurteilten. Die christliche Kirche tat dies in jeder ihrer großen Epochen in der Geschichte.

Die neue Hintertür

Um die Dinge noch weiter zu komplizieren, gibt es solche Menschen innerhalb des Protestantismus, die den Ausdruck »Unfehlbarkeit« recht gerne benutzen, aber bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass sie etwas ganz anderes darunter verstehen als das, was dieser Begriff in der Geschichte für die Kirche bedeutet hat. Das Problem wird deutlich, wenn man beobachtet, was mit der 1974 verfaßten Lausanner Erklärung zur Bibel geschah. Diese Erklärung lautet:

Wir bekräftigen die göttliche Inspiration, die gewissmachende Wahrheit und Autorität der alt- ­und neutestamentlichen Schriften in ihrer Gesamtheit als das einzige geschriebene Wort Got­tes. Es ist ohne Irrtum in allem, was es verkündigt, und ist der einzige unfehlbare Maßstab des Glaubens und Lebens.

Auf den ersten Blick scheint diese Erklärung mit fester Überzeugung die volle Autorität der Bibel zu stützen. Aber das Problem ist durch den Satzteil »in allem, was es verkündigt« entstanden. Viele benutzen ihn als »Hintertürchen«. Ich sollte wohl anmerken, dass dieser kurze Zusatz nicht Teil meines eigenen Beitrages zum Lausanner Kongreß war. Ich wußte nicht, dass dieser Satzteil in die Erklärung aufgenommen wurde, bis ich sie in gedruckter Form vor mir hatte, und ich war nicht ganz einverstanden damit. Trotzdem ist sie eine korrekte Erklärung, wenn man ehrlich mit ihren Worten umgeht. Wir möchten natürlich hiermit wiederum auch nicht sagen, dass die Bibel unfehlbar ist in Bezug auf Dinge, die sie nicht lehrt. Ein deutliches Beispiel liegt vor, wenn die Bibel sagt: »Der Tor spricht in seinem Herzen: >Es ist kein Gott!<« Hier lehrt die Bibel nicht, »es ist kein Gott«. Dies ist nicht etwas, was die Bibel behauptet, auch wenn sie eine solche Aussage wiedergibt. Darüber hinaus sagen wir auch nicht, dass die Bibel ohne Irrtum ist in Bezug auf alle die Auffassungen, die von Menschen auf dem Hintergrund der Bibel vertreten wurden. So ist die Aussage, wie sie in der Lausanner Erklärung erscheint, eine in sich vollkommen korrekte Aussage.

Als ich sie jedoch in gedruckter Form vor mir sah, wußte ich, dass sie mißbraucht werden würde. Unglücklicherweise ist die Aussage »in allem, was es verkündigt« von vielen als eine Hintertür benutzt worden. Auf welche Weise wurde sie zu einer Hintertür? Dies geschah durch die Anwendung der existentialistischen Methodologie, die besagt, dass die Bibel ein Wertesystem und gewisse religiöse Dinge zum Ausdruck bringt und bestätigt. Aber auf der Basis der existentialistischen Methodologie haben jene Männer und Frauen, auch wenn sie die Erklärung unterzeichnen, in ihrem Hinterkopf den Gedanken: »Aber die Bibel verkündigt nicht ohne Irrtum das, was sie auf dein Gebiet der Geschichte und des Kosmos lehrt.

Wegen der in einigen Teilen der evangelikalen Gemeinschaft weit verbreiteten Akzeptanz der existentialistischen Methodologie ist das Wort Unfehlbarkeit heute ohne Bedeutung, wenn man nicht einen Nachsatz hinzufügt, wie etwa: Die Bibel ist nicht mir dann unfehlbar, wenn sie von Werten, dem Bedeutungssystem und religiösen Dingen spricht, sondern auch dann, wenn sie von der Geschichte und dem Kosmos spricht. Man sollte besonders beachten, dass das Wort Unfehlbarkeit heute von Menschen gebraucht wird, die dies nicht auf die Gesamtheit der Bibel beziehen, sondern nur auf das Bedeutungssystem, das Wertesystem und einige religiöse Dinge, wobei jene Stellen ausgelassen werden, in denen die Bibel von Geschichte spricht und solche Aussagen macht, für die sich die Wissenschaft interessiert.

Trotz aller Fehler

Es ist nur wenige Monate her, dass ich auf ein klares Beispiel für dieses Denken aufmerksam gemacht wurde. Heutzutage erleben wir, dass dieselbe Bibelauffassung, die von den modernen liberalen Theologen vertreten wird, auch in solchen Seminaren gelehrt wird, die sich evangelikal nennen. Diese Auffassung folgt der existentialistischen Methodologie säkularer Denker, die der Meinung sind, dass die Bibel Fehler enthält, aber dass man ihr dennoch auf die eine oder andere Weise glauben muß. So erhielt ich z. B. kürzlich einen Brief von einem sehr fähigen Denker aus Großbritannien, in dem er Folgendes schrieb:

Es gibt heute viele Probleme, denen die Evangelikalen gegenüberstehen Probleme, bei denen die NeoOrthodoxie in Bezug auf das Schriftverständnis nicht gerade eine geringe Rolle spielt. Ich studiere seit einigen Tagen am Tyndale House (ein Studienzentrum in Cambridge, England). Einige Zimmer weiter arbeitet der sehr liebenswürdige Professor eines bekannten Seminars in Kalifornien, das sich evangelikal nennt. Dieser Professor bezeichnet sich selbst als einen »aufgeschlossenen Evangelikalen«. In einer theologischen Debatte hat er öffentlich erklärt, dass er der Bibel »trotz all ihrer Fehler« glaubt.

Dieser führende Christ in England, der mir den Brief schrieb, hat vollkommen recht, wenn er das eine Neo‑Orthodoxie unter evangelikalem Decknamen nennt. Ist es nicht seltsam, dass einige Evangelikale dies jetzt als etwas Progressives aufgegriffen haben, wo doch die Liberalen zu der Überzeugung kamen, dass die Neo-Orthodoxie zu der »Gott‑ist‑tot«‑Theologie führt? Und als es vor einigen Jahren klar wurde, dass dieses und andere Seminare nichts anderes als eine Form der Neo‑Orthodoxie in Bezug auf die Schrift vertreten, hat da die evangelikale Leiterschaft etwa unverzüglich eine Trennlinie gezogen? Tat die evangelikale Leiterschaft sich etwa unverzüglich zusammen, um die Heilige Schrift und den Glauben zu verteidigen? Leider müssen wir sagen, dass dies nicht der Fall war. Abgesehen von einigen einzelnen Stimmen herrschte ein großes, gewaltiges Schweigen.

Kulturelle Infiltration

Diejenigen, die die Aussagen der Bibel in Bezug auf Geschichte und Naturwissenschaften entkräften, tun dies mit der Begründung, dass diese Aussagen der Bibel kulturell geprägt sind. Das heißt, dass immer da, wo die Bibel von der Geschichte und dem Kosmos spricht, nur die Ansichten wiedergegeben werden, die in der Kultur jener Tage vorherrschend waren, als dieser Teil der Bibel geschrieben wurde. Wenn z. B. die Schöpfungsgeschichte und auch Paulus eindeutig behaupten, dass Eva von Adam abstammt, dann wird gesagt, dass diese Aussage nur der allgemeinen kulturellen Vorstellung jener Tage entspringe, in der diese Bücher geschrieben wurden. Somit werden nicht nur die ersten elf Kapitel aus dem 1. Buch Mose, sondern auch das Neue Testament als etwas Relatives und nicht als etwas Absolutes angesehen.

Aber hier sollten wir uns nun darüber klar werden, dass man einen solchen Prozeß nicht in Gang setzen kann, ohne dass weitere Schritte folgen. Diese Ansichten haben sich ausgebreitet und sind auch von solchen Kreisen angenommen worden, die sich evangelikal nennen. Zwar haben sie versucht, das Wertesystem, das Bedeutungssystem und die religiösen Aussagen der Bibel aufrechtzuerhalten; aber in ihren Augen ist die Bibel lediglich vor dem Hintergrund der damaligen Kultur zu verstehen, wenn sie von der Geschichte und dem Kosmos spricht. Vor wenigen Jahren ist dem noch eine weitere Auffassung hinzugefügt worden. Neuerdings wird behauptet, dass die absoluten moralischen Maßstäbe der Bibel hinsichtlich der persönlichen Beziehungen ebenfalls von der jeweiligen Kultur der damaligen Zeit geprägt wurden. Hierzu möchte ich gerne zwei Beispiele erwähnen, obwohl man noch viele andere anführen könnte. Erstens ist es sehr leicht, sich scheiden zu lassen und sich wieder zu verheiraten. Was die Bibel in eindeutiger Weise über die Begrenzungen lehrt, die der Scheidung und Wiederverheiratung auferlegt sind, wird nun von einigen Evangelikalen in das Gebiet der kulturellen Abhängigkeit abgeschoben. Sie sagen, dass dies nur die Auffassungen jener Zeit widerspiegelt, in der das Neue Testament geschrieben wurde. Was die Bibel über diese Dinge lehrt, ist für jene Evangelikale nur eine weitere kulturell geprägte Angelegenheit, sonst nichts. In den Kirchen gibt es Mitglieder, Älteste und Geistliche, die als evangelikal bekannt sind und die sich nicht länger an das gebunden fühlen, was die Bibel zu diesen Dingen sagt. Sie behaupten, dass alles, was die Bibel auf diesem Gebiet lehrt, nur vor dem Hintergrund der damaligen Kultur zu verstehen ist und nicht als absoluter Maßstab angesehen werden darf.

In einem zweiten Beispiel können wir feststellen, dass dasselbe mit der klaren Lehre der Bibel bezüglich der Ordnung in Familie und Kirche geschieht. Die Gebote in Bezug auf diese Bereiche werden heute von einigen Sprechern und Verfassern aus sogenannten evangelikalen Kreisen ebenfalls als von der damaligen Kultur abhängig angesehen.

Mit anderen Worten: In den letzten Jahren hat sich die Situation geändert; wo man vordem noch das Wertsystem, das Bedeutungssystem und die Religion aufrechterhielt, wobei aber gleichzeitig alle Aussagen der Bibel zur Geschichte und zum Kosmos als kulturell geprägt abgetan wurden, hält man heute zwar noch am Wertsystem, am Bedeutungssystem und an den religiösen Aussagen fest, die moralischen Gebote aber werden zusammen mit den Aussagen zu Geschichte und Kosmos in einen Topf geworfen und als kulturell geprägt abgewiesen. Das Ende ist noch nicht abzusehen. Die Bibel wird zu etwas gemacht, das nur die Ansichten der sie umgebenden Kultur zu unserem Zeitpunkt der Geschichte nachspricht. Die Bibel wird der Kultur unterworfen, anstatt dass die Bibel unsere Gesellschaft und Kultur beurteilt.

Wenn die Gläubigen erst einmal begonnen haben, den Weg der existentialistischen Methodologie unter evangelikalem Decknamen zu beschreiten, dann ist die Bibel für sie nicht länger Gottes unfehlbares Wort jeder Abschnitt der Bibel kann Schritt für Schritt zerstört werden. Wenn Christen an dieser Stelle angekommen sind, was ist dann aus der Bibel geworden? Sie ist zu dem geworden, was die liberalen Theologen in den zwanziger und dreißiger Jahren von ihr behaupteten. Wir finden uns zurückversetzt in die Tage eines Gelehrten wie J. Gresham Machen, der mit Nachdruck darauf hinwies, dass das gesamte Fundament des christlichen Glaubens im Begriff war, zerstört zu werden. Worin besteht dieses Fundament? Es besteht darin, dass der unendlichpersönliche Gott, der wirklich lebt, nicht geschwiegen hat, sondern lehrsatzmäßige Wahrheit in Bezug auf alles, was die Bibel lehrt, ausgesprochen hat einschließlich dessen, was die Bibel zur Geschichte, zum Kosmos, zu den absoluten moralischen Maßstäben wie auch zu den religiösen Angelegenheiten sagt.

Beachten wir aber dennoch, was das ursächliche Problem war und noch immer ist: Infiltration durch eine bestimmte Weltanschauung, die uns umgibt, und die Aberkennung der Bibel als fest­stehende Basis für die Beurteilung der sich ständig verändernden, gefallenen Kultur. Als Evangelikale müssen wir jederzeit wachsam sein, damit wir uns nicht von der sich ständig verändernden, gefallenen Kultur unterwandern lassen, sondern vielmehr diese Kultur auf der Grundlage der Bibel beurteilen.

Was macht das für einen Unterschied?

Liegt der Unterschied in der Unfehlbarkeit? In überwältigendem Maße! Der Unterschied liegt darin: Weil die Bibel ist, was sie ist nämlich Gottes Wort und deshalb Gottes absolute, objektive Wahrheit , brauchen wir uns nicht von der ständig wechselnden, gefallenen Kultur um uns herum gefangennehmen zu lassen, und wir sollten ihr auch nicht ins Netz gehen. Diejenigen, die nicht an der Unfehlbarkeit der Bibel festhalten, besitzen dieses hohe Privileg nicht. In gewissem Maße sind sie der gefallenen, sich ständig ändernden Kultur ausgeliefert. Und die Heilige Schrift wird dadurch gezwungen, sich dem wechselnden Zeitgeist unterzuordnen. Deshalb haben jene Menschen auch keine zuverlässige Grundlage, nach der sie die Ansichten und Werte dieses wechselhaften Zeitgeistes beurteilen können und aufgrund derer sie Widerstand leisten können.

Vor Gott müssen wir aber umsichtig handeln. Wenn wir sagen, dass wir der Bibel als dem unfehlbaren und autoritativen »So-spricht-der-Herr«glauben, dann brauchen uns die Stürme der Veränderungen, die uns mit Verwirrung und Terror umgeben, nicht zu erschrecken. Die Münze hat jedoch auch eine andere Seite: Wenn dies wirklich das »SosprichtderHerr« ist, dann müssen wir auch danach leben. Tun wir das nicht, dann haben wir auch nicht verstanden, was wir sagten, als wir behaupteten, dass wir für die Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift eintreten.

Ich möchte noch einmal die Frage stellen: Führt die Unfehlbarkeit wirklich zu einem Unterschied in der Art, wie wir unser Leben im gesamten Spektrum unserer menschlichen Existenz gestalten? Traurigerweise müssen wir sagen, dass wir Evangelikalen, die wir wirklich an der vollen Autorität der Heiligen Schrift festhalten, in Bezug auf unsere Lebensgestaltung oft versagt haben. Ich habe betont, dass die Unfehlbarkeit die Wasserscheide der evangelikalen Welt darstellt. Aber dies ist nicht nur eine Frage von theologischen Debatten. Es ist der Gehorsam der Heiligen Schrift gegenüber, der die Wasserscheide darstellt! Es ist das Überzeugtsein und die Anwendung auf unser Leben, die zeigen, ob wir tatsächlich daran glauben.

Hedonismus

Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der alle Dinge relativ sind und in der der letztgültige Wert in dein besteht, was das Individuum oder die Gesellschaft »glücklich« macht oder was einem gerade ein momentanes Wohlgefühl vermittelt. Nicht nur der hedonistische junge Mensch tut das, was ihm gerade gefällt, sondern die Gesellschaft als Ganzes verhält sich so. Dies hat viele Aspekte, einer davon besteht in dem Zusammenbruch jeglicher Stabilität innerhalb der Gesellschaft. Nichts steht fest, es gibt keine jetzt-gültige Normen; es zählt nur, was einen »glücklich« macht. Dies gilt sogar für das menschliche Leben. Die Titelgeschichte der Newsweek vom 11. Januar 1982 bestand aus einem sechs oder siebenseitigen Artikel, der überzeugend darstellte, dass das menschliche Leben mit der Empfängnis beginnt. jeder Student der Biologie hätte dies alles schon längst wissen sollen. Wenn man dann die Seiten umblättert, stößt man auf den nächsten Artikel mit der Überschrift: »Aber ist es schon eine Person?«. Die Schlußfolgerung dieser Seite lautet: »Das Problem besteht nicht darin, zu entscheiden, wann wirkliches menschliches Leben beginnt, sondern darin, wann der Wert dieses Lebens andere Überlegungen verdrängt, wie z. B. die Gesundheit oder sogar das Glück der Mutter.« Der erschreckliche Satzteil besteht in »oder sogar das Glück«. Also kann und wird selbst anerkanntes menschliches Leben um des Glücks einer anderen Person willen beendet. Ohne feste Werte ist nur mein eigenes oder das momentane Glück der Gesellschaft von Bedeutung. Ich muß gestehen, dass ich nicht begreife, warum selbst die liberalen Juristen der American Civil Liberties Union an diesem Punkt nicht vom Entsetzen gepackt werden.

Es wird natürlich zunehmend akzeptiert, dass ein neugeborenes Baby immer dann, wenn es eine Familie oder die Gesellschaft vermutlich unglücklich macht, sterben darf Sie brauchen bloß den Fernseher anzuschalten, so kommt es zunehmend wie eine Flut über Sie. Aufgrund einer solchen Ansicht erlaubten Stalin und Mao (und hier benutze ich ein sehr mildes Wort, wenn ich »erlaubten« schreibe), dass Millionen von Menschen für das starben, was Mao und Stalin als das Glück der Gesellschaft ansahen. Dies also ist der Terror, von dem die heutige Kirche umgeben ist. Das individuelle oder das gesellschaftliche Glück hat sogar den absoluten Vorrang vor dem menschlichen Leben.

Sich die Bibel gefügig machen

Der Gehorsam der Bibel gegenüber stellt die wirkliche Wasserscheide dar. Wir können erklären, dass die Bibel ohne Fehler ist, und sie dennoch zerstören, indem wir die Bibel durch unsere Lebensweise der Kultur unterwerfen, anstatt die Kultur aufgrund der Bibel zu beurteilen. Wir können heute beobachten, wie dies mehr und mehr geschieht, genauso, wie Scheidung und Wiederverheiratung immer leichter gemacht werden. Das Scheidungsrecht in vielen Bundesstaaten der USA, das nicht mehr auf dem Schuldprinzip basiert, beruht auch nicht wirklich auf Humanität oder Freundlichkeit. Vielmehr geht das Scheidungsrecht von dem Standpunkt aus, dass es kein Recht oder Unrecht gibt. Daher ist alles relativ, d. h. die Gesellschaft und das Individuum handeln nach dem, was ihnen gerade im Moment Glück verspricht.

Müssen wir dem nicht zustimmen, dass sogar ein großer Teil der evangelikalen Gemeinden, die den Anspruch erheben, von der Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift überzeugt zu sein, die Bibel in Bezug auf das Thema »Scheidung« unserer Kultur unterworfen hat, statt die Bibel über die momentanen Ansichten einer gefallenen Kultur urteilen zu lassen? Müssen wir nicht zugeben, dass auf dem Gebiet der Scheidung und Wiederverheiratung auch unter den Evangelikalen ein Mangel an biblischer Lehre und Disziplin aufgetreten ist? Wenn ich mir, im Widerspruch zur Bibel, das Recht nehme, die Familie anzugreifen nicht die Familie im Allgemeinen, sondern mit meinem Angriff den Zerbruch meiner eigenen Familie herbeiführe , ist das nicht dasselbe wie das, was eine Mutter tut, wenn sie das Recht beansprucht, um ihres eigenen »Glückes« willen ihr eigenes Baby zu töten? Ich finde, dass es eine harte Aussage ist aber die Infiltration durch die Gesellschaft ist ebenso eine Zerstörung der Bibel, wie sie ein theologischer Angriff auf die Bibel ist. Beides ist eine Tragödie. Beide verfälschen die Heilige Schrift, um sie der heutigen Kultur anzupassen.

Das Zeichen unserer Zeit

Was nützt es, dass der Protestantismus zahlenmäßig immer mehr zustimmt, wenn aber eine so große Zahl derer, die den Namen »evangelikal« tragen, nicht mehr an dem festhalten, was den Protestantismus evangelikal macht? Wenn dem kein Einhalt geboten wird, dann sind wir dem Anspruch der Bibel, den sie in Bezug auf sich selbst erhebt, nicht treu ergeben, und wir sind auch nicht ehrlich gegenüber dem, was Jesus Christus in Bezug auf die Bibel geltend macht. Aber ebenso und das dürfen wir nie vergessen werden wir und unsere Kinder nicht für die vor uns liegenden schweren Zeiten gewappnet sein, wenn dies so weitergeht.

Und mehr noch: Wenn wir uns anpassen, sind wir nicht mehr das erlösende Salz unserer Kultur einer Kultur, die von dem Konzept ausgeht, dass sowohl die Ethik als auch die Gesetzgebung nur eine Sache der kulturellen Prägung sind, des statistischen Durchschnitts. Dies ist das untrügliche Kennzeichen unseres Zeitalters. Und wenn wir dasselbe Kennzeichen tragen, wie können wir dann das erlösende Salz dieser kaputten, zerrissenen Generation sein, in der wir leben?

Hierin liegt also die Wasserscheide der evangelikalen Welt. Wir müssen überaus liebevoll, aber deutlich sagen: Der Protestantismus ist so lange nicht konsequent, bis eine Trennlinie gezogen wird zwischen denjenigen, die der gesamten Bibel glauben, und denjenigen, die dies nicht tun. Aber erinnern Sie sich: Wir sprechen nicht bloß über eine abstrakte theologische Lehre Letztendlich macht es keinen großen Unterschied, ob man die Bibel aufgrund theologischer Infiltration relativiert oder ob man das aufgrund der Infiltration durch die uns umgebende Kultur tut. Die Wasserscheide liegt in dem Gehorsam der Heiligen Schrift gegenüber wir müssen der Bibel nicht nur in Bezug auf ihre Lehre gehorchen, sondern unseren Gehorsam in gleicher Weise dadurch dokumentieren, wie wir unser Leben führen.

 

Konfrontation

Wenn wir dies glauben, dann müssen wir Folgendes bedenken: Die Wahrheit bringt Konfrontation mit sich. Die Wahrheit verlangt nach Konfrontation, zwar liebevoller Konfrontation, aber immer noch Konfrontation. Wenn unsere Reflexhandlungen immer zur Anpassung tendieren und wir uns nicht bewußt werden, dass es hier doch um die zentrale Wahrheit geht, darin ist irgendetwas falsch. Wenn wir etwas als heilig bezeichnen, in dem keine Liebe zu finden ist, dann ist das nicht Gottes Art von Heiligkeit, und das, was wir als Liebe bezeichnen mögen, ist nicht Gottes Art von Liebe, wenn es nicht Heiligkeit und, falls notwendig, Konfrontation beinhaltet. Gott ist heilig, und Gott ist Liebe. Unter Gebet müssen wir nein zu den theologischen Attacken auf die Bibel sagen, klar und liebevoll und mit Nachdruck. Und wir müssen nein sagen zu den Angriffen auf die Heilige Schrift, die daher rühren, dass wir in unserer Lebensweise durch den momentanen Zeitgeist infiltriert worden sind, der auf moralischem Gebiet keine Fehler mehr kennt. Auch zu diesen Dingen müssen wir nein sagen.

Die Welt unserer Tage hat keine festen Werte und Normen mehr, deshalb steht das an oberster Stelle, was die Menschen als ihr persönliches oder als das gesellschaftliche Glück ansehen. Wir teilen diese Auffassung nicht. Wir haben die unfehlbare Bibel. Wir müssen auf Christus schauen, damit wir die Kraft bekommen, uns dem ungeheuren Druck des Zeitgeistes zu widersetzen denn an diesem Punkt ist die gesamte Kultur gegen uns und uns ebenfalls der Infiltration der Theologie und des Lebens entgegenstellen. Wir müssen beides tun: die Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift bekräftigen und unser persönliches Leben und unser Leben innerhalb der Gesellschaft danach ausrichten. Keiner von uns kann das in perfekter Weise tun, aber es muß in unser Denken und Leben »Eingepflanzt« sein. Wenn wir dann versagen, dann müssen wir Gott um Vergebung bitten.

Gottes Wort wird nie vergehen, aber wenn wir auf die Zeiten des Alten Testaments und auf die Zeit nach Christus zurückblicken, dann müssen wir unter Tränen sagen, dass Gottes Wort aufgrund fehlender Standhaftigkeit und Treue des Volkes Gottes vielfach herabgewürdigt wurde, um es der gerade aktuellen, aber vergänglichen und sich verändernden Kultur der jeweiligen Zeit anzupassen, statt die Bibel als das unfehlbare Wort Gottes fest gegründet stehenzulassen, um den Zeitgeist und die kulturelle Umwelt der jeweiligen Epoche zu beurteilen. Im Namen des Herrn Jesus Christus: mögen unsere Kinder und Enkelkinder nicht sagen, dass man dies auch von uns behaupten kann.

III.  ERSCHEINUNGSFORMEN DES ZEITGEISTES

Es ist bequem, sich dem anzupassen, was heute um uns herum »in ist, d. h. den Formen des heutigen Zeitgeistes. Diese Anpassung ist tödlich gewesen ‑ sie hat innerhalb der letzten zehn Jahre zum Verlust von über zwölf Millionen Menschenleben durch Abtreibung geführt. Aber dies hört nicht bei der Frage des menschlichen Lebens auf‑, der Zeitgeist ist genauso offensichtlich in Bezug auf wirklich alle anderen Probleme, die von der säkularisierten Mentalität unserer Tage für aktuell erklärt wurden.

Die sozialistische Mentalität

So sehen wir auch auf einem anderen Gebiet, dass ein Großteil des Protestantismus das Reich Gottes mit einem sozialistischen Programm im verwechselt. Auch dies stellt eine reine Anpassung an den Zeitgeist unserer Tage dar. Ein deutliches Beispiel findet sich in einem Rundschreiben, das von einer führenden evangelikalen Zeitschrift veröffentlicht wurde. In einer vor kurzem erschienenen Ausgabe stellte dieses Rundschreiben die Arbeit, die soziale Strategie und die Gesellschaftskritik der »Evangelicals for Social Action« (ESA) vor. ESA erklärt Folgendes:

Kurz zusammengefaßt behauptet diese Kritik, dass die sozialen Probleme, mit denen sich die Christen in dieser Nation am mei­sten beschäftigen (z. B. Kriminalität, Abtreibung, Mangel an Gebet, säkularer Humanismus usw.) wichtig sind, in Wirklichkeit aber Symptome von viel größeren Problemen darstellten ‑ ungerechten sozialen Strukturen in den USA ‑ die diesen legitimierten christlichen Belangen zugrunde liegen. Deshalb liegt die Antwort ganz offensichtlich darin, die Ursachen dieser Krankheit anzugreifen, damit die Symptome verschwinden. Viele Bildungsbemühungen der ESA zielen darauf ab, bibelorientierten Christen die entscheidenden Bereiche unserer Gesellschaft vor Augen zu führen, in denen diese fundamentalen Ungerechtigkeiten herrschen, und sie auf die Notwendigkeit hinzuweisen, eine Änderung zum Guten herbeizuführen.

Worin bestehen diese fundamentalen »ungerechten Strukturen«? ESA glaubt, dass die meisten (aber sicherlich nicht alle) von der Armut und der ungerechten Verteilung des Reichtums auf nationaler und internationaler Ebene herrühren.

Ist Ihnen klar, was hier ausgesagt wird? Bemerkenswerterweise sagt ESA, dass »ungerechte soziale Strukturen« und insbesondere »die ungerechte Verteilung des Reichtums«, die wirklichen Gründe für das Böse in der Welt sind. Gemäß ESA sind es diese Dinge (d. h. ungerechte soziale Strukturen/ungerechte Verteilung des Reichtums), die »Kriminalität, Abtreibung, Mangel an Gebet, säkularer Humanismus usw.« verursachen. Dieses ist schon auf faktischer Ebene Unsinn. Auf jeder Gesellschaftsebene gibt es Kriminalität, ungeachtet irgendwelchen Reichtums; die Abtreibung wird am stärksten von den Wohlhabenden befürwortet. Und glaubt ESA wirklich, daß ein Wandel der ökonomischen Strukturen das Problem »Mangel an Gebet« lösen würde? Hier ist das Evangelium auf ein Programm zur Umformung sozialer Strukturen reduziert worden. Dies ist die marxistische Linie. Es bedeutet nicht, daß diejenigen, die diese Position vertreten, Kommunisten sind. Aber es bedeutet, daß sie das Reich Gottes wirklich vollkommen mit den fundamentalen sozialistischen Konzepten verwechseln. Den Hintergrund hierfür finden wir in der Aufklärung und ihrer Vor­stellung von der Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen, wenn nur die kulturellen und ökonomischen Fesseln gesprengt würden.

Aber bedenken Sie ferner, was dies im theologischen Sinne bedeutet. Was ist aus dein Sündenfall und aus der Sünde geworden? ESA scheint zu sagen, daß der Weg zur Erlösung des modernen Menschen in der Veränderung der ökonomischen Strukturen liegt, da nur dies allein sich mit den grundlegenden »Ursachen der Krankheit befaßt. Ironischerweise ist ihr Programm aber nicht radikal genug! Das Grundproblem besteht im Sündenfall, in der Sünde und im menschlichen Herzen. Das Grundproblem liegt viel tiefer als in den sozialen Strukturen, und indem ESA dies verkennt, offenbart sie ein Verständnis von Erlösung, das sich sehr von dem unterscheidet, was die Heilige Schrift lehrt. Das Problem ist die Sünde, und es gibt keine größere Sünde als die willentliche Gehorsamsverweigerung des modernen Menschen gegenüber Gott und seinen Geboten, sowohl auf dem Gebiet der Gedanken als auch im Bereich des Handelns. Die sozialistische Gesinnung, wie sie von den «Evangelicals for Social Action« und anderen vertreten wird, basiert auf einem zweifachen Irrtum. Zu erst und vor allem ist ihre Vorstellung theologisch falsch find versperrt von Grund, auf die Bedeutung des Evangeliums. Aber ebenso sehr irrt sie in Bezug auf ihre naive Einschätzung der Neuverteilung des Wohlstands und auf die daraus entstehenden Konsequenzen. Die Antwort liegt nicht in irgendeiner Art von sozialistischer oder gleichmacherischer Neuverteilung. Das wäre nämlich viel ungerechter und unterdrückender als unser eigenes System, obwohl auch letzteres unvollkommen ist. Um dies verstehen zu können, müssen wir uns bloß die unterdrückerischen Gesellschaftsformen ansehen, die aus dem Versuch entstanden sind, den Wohlstand nach sozialistischen oder gleichmacherischen Plänen radikal neu zu verteilen. jeder Versuch der radikalen Neuvertellung hat die Wirtschaft und die Kultur des betreffenden Landes zugrunde gerichtet, und jede marxistische Revolution endete in einem Blutbad. Die Menschen blieben mit weniger und nicht mehr zurück; zudem legte man ihnen ein totalitäres Regierungs­system auf In diesem Zusammenhang sind die Bemerkungen des Volkswirtschaftlers und Historikers Herbert Schloßberg sehr aufschlußreich. Schloßberg hebt den »grundsätzlichen Hass« in den Augen der Meinungsmacher hervor, die heutzutage nach sozialistischer Neuverteilung rufen:

Der Hass, der in solchen Aussagen zutage tritt, ist alles, was man heute in einer Gesellschaft erwarten kann, die den Neid institutionalisiert hat und den Begriff soziale Gerechtigkeit benutzt, um damit ein System des legalisierten Diebstahls zu bezeichnen. Dies sollte uns alarmieren in Bezug auf die Phrasendrescherei des alten Schwindels, daß die Eigentumsrechte irgendwie von den Menschenrechten getrennt werden könnten und ihnen zudem auch unterlegen sind. Es gibt keine Gesellschaft, die den Eigentumsrechten gegenüber rücksichtslos ist, die Menschenrechte aber schützt. Der Staat, der seine Hände auf Ihre Geldbörse legt, wird sie auch auf Ihre Person legen. Beides sind Vorgehensweisen einer Regierung, die das transzendente Gesetz verschmäht.

Diejenigen, die den Wettbewerb des Kapitalismus durch die Genossenschaften des Sozialismus ersetzen, verstehen von beidem nichts ( … ). Die sowjetischen »Genossenschaften« kosteten bis 1959 über 110 Millionen Menschen das Leben. Die Alternative zu freier Wirtschaft ist nicht die Bildung von Genossenschaften, sondern Zwangsherrschaft.

Hier möchte ich Sie bitten, noch einmal zum Bild der Wasserscheide zurückzukehren, wie ich es am Anfang des zweiten Kapitels dargestellt habe. Dort beschrieb ich, wie der Schnee, der zunächst aneinander grenzend auf beiden Seiten der Wasserscheide lag, schließlich als Schmelzwasser tausend Meilen voneinander entfernt ins Meer floß. Und wir sahen auch im Fall des Bibelverständnisses, wie zwei Ansichten, die zunächst ziemlich nahe beieinander zu liegen schienen, schließlich bei vollständig unterschiedlichen Standpunkten ankommen und daß dies sowohl ver­heerende Konsequenzen für die Theologie als auch für die Umwelt hat. Wenn wir jetzt also die evangelikale Anpassung an die sozialistische Mentalität betrachten, dann können wir erkennen, daß genau dies geschieht. Mit ihrem Schrei nach Gerechtigkeit und Mitleid klingt sie zunächst, als sei sie dasselbe, oder annäherungsweise das, was die Heilige Schrift über Gerechtigkeit und Mitleid lehrt. Diejenigen, die die sozialistische Mentalität befürworten, bemühen sich, all die richtigen evangelikalen Worte zu benutzen, und sie vermeiden sozialistische »Rote‑Flagge‑Rhetorik«. Tatsache ist aber, daß sie über »ein anderes Evangelium« sprechen. Und wenn wir näher untersuchen, worum es geht, dann entdecken wir, dass die sozialistische Mentalität bei einem ganz anderen Standpunkt endet, und zwar verbunden mit verheerenden Konsequenzen für die Theologie und die Menschenrechte sowie für das menschliche Leben. Die Antwort liegt nicht in einem sozialistischen Programm. Und wenn ein großer Teil der evangelikalen Welt beginnt, das Reich Gottes mit einem sozialistischen Programm durcheinanderzuwerfen  ‑ dann ist dies pure Anpassung an den Zeitgeist unserer Tage. Unsere Reaktion darauf muß Konfrontation sein  ‑ liebevolle Konfrontation -, aber nichtsdestoweniger Konfrontation. Es muß eine Trennlinie gezogen werden.

Drei große Schwachstellen

Auch hier wiederum müssen wir vorsichtig sein und für eine rechte Ausgewogenheit sorgen. Wenn wir uns gegen die sozialistische Mentalität aussprechen, darin müssen wir uns davor hüten, alles und jedes aus der Vergangenheit zu »taufen«. Dies habe ich über die Jahre hinweg wiederholt betont, angefangen mit meinen frühesten Büchern und Vorträgen; aber es muß immer wieder gesagt werden. In der Vergangenheit hat es kein goldenes Zeitalter gegeben. Es gibt keine Zeit, von der wir rückblickend sagen können,

sie wäre fehlerlos oder in vollem Sinne christlich gewesen ‑ einschließlich der Reformation, der frühen Kirche oder des frühen Amerika. Es gab große Schwachstellen, die wir als Christen ablehnen und für die wir heute Abhilfe schaffen müssen; an dieser Stelle möchte ich gerne drei dieser Schwächen erwähnen.

Zunächst ist da einmal die Rassenfrage, in deren Zusammenhang es zwei Arten des Mißbrauchs gab. Aufgrund der Rasse gab es die Sklaverei und auch Rassenvorurteile als solche. Beides ist falsch, und oft war beides gerade dann gegenwärtig, wenn Christen einen stärkeren Einfluß auf den Konsens hatten, als sie ihn heute besitzen. Und dennoch hat sich die Kirche als Kirche nicht genügend dagegen ausgesprochen. Traurigerweise frönten die Amerikaner der Lüge, dass der Schwarze kein Mensch sei und deshalb wie eine Sache behandelt werden könne. Es ist bemerkenswert, dass genau dasselbe Argument in dem Gerichtsbescheid benutzt wurde, um die Abtreibung zu legalisieren. Vor 150 Jahren konnte ein Schwarzer versklavt werden, weil er vor dem Gesetz kein Mensch war; in den letzten 10 Jahren wurden über 12 Millionen ungeborener Kinder getötet, weil der Oberste Gerichtshof entschieden hat, dass sie noch keine Menschen sind. Als Christen müssen wir angesichts unserer früheren Unterlassungen diese falsche und verzerrte Ansicht über die Bedeutung der Rasse eingestehen und darüber hinaus alles versuchen, um heutige Rassenvorurteile aus der Welt zu räumen. Wir können dankbar sein für solche Christen wie Shaftesbury, Wilberforce und Wesley, die aufgrund der absoluten biblischen Maßstäbe sagen konnten, dass dieses Unheil und diese Ungerechtigkeiten absolut falsch sind. Aber wir können es uns kaum erlauben, über die vergangenen Generationen zu Gericht zu sitzen, wenn gerade heute wieder dieselbe Lüge benutzt wird, um mutwillig menschliches Leben zu zerstören.

Zweitens erhebt sich die Frage nach dem mitleidsvollen Einsatz des Reichtums. Wie ich schon in der Vergangenheit hervorgehoben habe, bedeutet dies zweierlei: den Reichtum zunächst in Gerechtigkeit zu erwerben ‑ und ihn dann mit wirklichem Mitleid einzusetzen. In der Tat habe ich mehrfach und an bedeuten­der Stelle gesagt, dass ich folgender Überzeugung bin: wenn Christen in den Himmel kommen und davon sprechen, wieviel Geld sie an Missionsgesellschaften gespendet haben, damit Schulen usw. gebaut werden können, dann wird ihnen der Herr sagen, es wäre besser gewesen, sie hätten weniger Geld zur Verfügung gehabt, dies aber rechtschaffen erworben.

Drittens besteht die Gefahr, Christentum und Heimatland zu verwechseln. In diesem Zusammenhang habe ich betont, dass wir erstens das Christentum nicht auf unsere Nationalflagge schreiben dürfen  und dass wir uns zweitens gegen die Vorstellung einer höheren Bestimmung« verwahren müssen, die es unserer Nation erlauben würde, alles zu tun, was sie will. Wir sind verantwortlich für alles, was wir tun und für alles, was Gott uns gegeben hat, und wenn wir seine großen Gaben mit Füßen treten, dann werden wir eines Tages sein Gericht erfahren.

Die Abwertung der Geschichte

Nachdem wir diese schwerwiegenden Schwächen nun eingestanden haben, müssen wir aber auch anerkennen, dass das Christentum in der Tat einen tiefgreifend positiven Einfluß auf die Gestaltung des Westens hatte. Wenn Historiker den christlichen Einfluß bei der Gründung der USA zu sehr abwerten, dann ist dies keine gute Geschichtswissenschaft und verweigert zudem Gott die Ehre für all das Gute, das aus dem christlichen Einfluß und insbesondere aus dem reformatorischen Christentum hervorging. In jenen Tagen herrschte allgemein im Land ein massives biblisches Wissen, das besonders die großen Erweckungen bewirkt hatten. Dies übte einen tiefgreifenden Einfluß aus, und viele säkulare Historiker stimmen dem zu, dass es einen allgemein christlichen Konsens oder ein entsprechendes Ethos gab.

Aber hiermit soll nicht die törichte Behauptung aufgestellt werden, dass alle Gründer der Vereinigten Staaten Christen gewesen wären. Sie waren es nämlich nicht. jedermann weiß z. B., dass Jefferson ein Deist war. Aber als Deist wußte er, dass ein Gott existiert, und dies machte einen großen Unterschied in Bezug darauf, wie er die Welt verstand. Es bedeutete insbesondere, dass Jefferson das Konzept der unveräußerlichen Rechte auf einen Schöpfer gründete. Auch wenn das Konzept im Fall Jefferson z. B, fehlerhaft war, besteht zwischen seinen und den Gedanken der Aufklärung, die zum Massenblutbad der Französischen und der Russischen Revolution führten, ein drastischer Unterschied. Oder nehmen wir z. B. John Witherspoon, den presbyterianischen Geistlichen und Präsidenten jener Universität, die heute als Princeton University bekannt ist: Von allen Unterzeichnern war er der einzige Pastor, der seine Unterschrift unter die Unabhängigkeitserklärung setzte. Sein Denken war nicht immer folgerichtig, so wie bei uns allen. Aber es ist sehr eindrucksvoll, womit er sich anlegte, als er in einer Predigt Thomas Paine öffentlich beim Namen nannte und ihn als den »Mann der Aufklärung« attackierte. Witherspoon focht in direkter Weise Paines von der Aufklärung übernommene Ansichten an, die die Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen betrafen; er stellte ihnen die biblische Sicht vom Gefallensein und von der Verlorenheit des Menschen entgegen, die zwangsläufig zu einer Unvollkommenheit in allen Bereichen der Regierungsgewalt führen müssen. Witherspoons politische Ansichten waren nicht immer richtig. Aber sein Christsein wirkte sich auf sein Verständnis von der politischen Realität seiner Zeit aus.

Heute aber gibt es in evangelikalen Kreisen Menschen, die unter dem Deckmäntelchen der Gelehrsamkeit alles dies herabwürdigen und so tun, als ob sich der christliche Konsens in einem ständigen Durcheinander befunden hätte. Wie weit dies getrieben wird, kann man bei einem christlichen Historiker erkennen, der dieses Durcheinander bis auf die Reformation zurückführt. So schreibt er also:

(Schaeffers) Verworrenheit beruht auf seiner Unfähigkeit, den Protestantismus als die religiöse Form des Humanismus in der Renaissance zu sehen. Gewiß sagten die Protestanten, ihr Gewissen sei durch die Bibel als der alleinigen Autorität (»sola scriptura«) inspiriert. Trotzdem wissen wir alle von der Unfähigkeit der Protestanten, über die Aussagen der Bibel zu einer einheitlichen Meinung zu kommen, geschweige denn darüber, was für eine Art von Buch sie ist. In seinem Triumph ist Schaeffer blind für die Ironie und Tragik der protestantischen Bewegung, denn er weigert sich, sie als einen Aspekt der humanistischen Bewegung selbst zu sehen. In seinen verschiedenen Werken beschwört Schaeffer die Reformation als die Antwort auf das Problem des Humanismus, wobei sie in Wirklichkeit aber Teil des Problems ist.

Verstehen Sie, was hier gesagt wird? Die Bedeutung der Reformation wird vollständig abgewertet und dem Humanismus untergeordnet. Die Reformation und die Sicht der Reformation von der sola scriptura ‑ der Bibel als der alleinigen Basis für die christliche Wahrheit ‑ wird vollständig verworfen. Alles, wofür die Reformation stand, versinkt in einem Sumpf der Synthese und der Relativität.

Genau dieselbe Richtung vertreten die relativistischen, nichtchristlichen, säkularisierten Historiker unserer Tage. Dies stellt auch keinen Disput über geschichtliche Fakten dar, in der Tat würden viele nichtchristliche Historiker dieser radikal verunglimpfenden Sicht des reformatorischen Gedankens ihre Zustimmung verweigern. Hier liegt vielmehr eine Infiltrierung durch ein gänzlich säkularisiertes Denken vor, das allerdings den Eindruck evangelikaler Gelehrsamkeit erwecken soll. ja, wir müssen uns gegen alle die stellen, die in naiver Art und Weise die gesamte Vergangenheit »taufen« wollen und die das Christentum am liebsten auf die Nationalflagge schreiben würden. Aber genauso müssen wir uns auch gegen die stellen, die sich dem Zeitgeist unserer Tage anpassen und dabei das Deckmäntelchen der Gelehrsamkeit tragen, in ihrem Gedankengang aber nicht nur die geschichtlichen Tatsachen verzerren, sondern auch die christliche Wahrheit.

Akademische Infiltration

Traurigerweise müssen wir gestehen, daß die evangelikale Weit ihre Sache auf dem Gebiet der Bildung nicht gut gemacht hat. Auf jedem wissenschaftlichen Gebiet ist die Versuchung und der Druck, sich anzupassen, übergroß. Die Evangelikalen taten recht daran, den engstirnigen Pietismus zurückzuweisen, der das Christsein auf einen sehr begrenzten Bereich geistlichen Lebens reduzierte. Die Evangelikalen hatten Recht, die Herrschaft Jesu Christi über alle Gebiete der Kultur ‑ Kunst, Philosophie, Gesellschaft, staatliche Gewalt, akademische Belange usw. ‑ hervorzuheben. Aber was passierte dann? Viele junge Evangelikale hörten diese Botschaft, gingen hinaus in die akademische Welt und erwarben ihre akademischen Titel an den besten säkularen Hochschulen. Aber in diesem Prozeß geschah etwas. Umgeben von vollkommen humanistischen Hochschulen und Universitäten mit ihren gänzlich humanistisch ausgerichteten wissenschaftlichen Fachrichtungen ließen sich viele dieser jungen Evangelikalen von der antichristlichen Weltanschauung infiltrieren, die das Denken ihrer Hochschulen und Professoren beherrschte.

 diesem Prozeß wurde jeder spezifisch evangelikale christliche Standpunkt an die säkularistische Denkweise der jeweiligen wissenschaftlichen Fachrichtung und an den Zeitgeist unserer Tage angepaßt. Um den Kreis zu schließen: Viele dieser ehemaligen Studenten lehren heute an evangelikalen Hochschulen, wobei das, was sie in ihren Seminaren vertreten, wenig spezifisch christlichen Inhalt hat.

Beachten Sie, dass diese Kritik keinen Ruf nach intellektuellem Rückzug oder einem neuen Anti‑Intellektualismus darstellen soll. Evangelikale Christen sollten bessere Wissenschaftler sein als die Nichtchristen, denn sie wissen, dass es im Gegensatz zum Relativismus und zum einengenden Reduktionismus jeder wissenschaftlichen Fachrichtung wirklich Wahrheit gibt. Aber allzu oft haben Christen die akademische Welt mit einer naiven, glasäugigen Faszination betreten und ihre kritische Beurteilung nebst der christlichen Wahrheit hinter sich gelassen.

Innerhalb der akademischen Welt tobt der Kampf, in dein wir uns befinden, am heftigsten. jede wissenschaftliche Fachrichtung wird beherrscht von säkularistischem Denken, besonders in der Verhaltensforschung, den Geisteswissenschaften und den Künsten. Es ist Teil unserer Aufgabe als Christen, diese Gebiete zu verstehen und sie zu studieren, um ihnen dann aber aufgrund eines entschiedenen christlichen Standpunktes eine kritische Antwort zu geben. Aber beachten Sie, dass dies, wie ich schon im vorangegangenen Kapitel erwähnte, zweierlei einschließen muß: 1. eine wirkliche Bibel‑Gläubigkeit, und 2. eine liebevolle, aber entschiedene Konfrontation mit den Auswirkungen der falschen Weltanschauung unserer Zeit. Bitte, nehmen Sie dies nicht auf die leichte Schulter. Wir können uns nicht zurückziehen und das Christsein auf ein eng begrenztes geistliches Leben reduzieren, aber in der vollkommen säkularistischen  akademischen Welt herrschen große Gefahren und Versuchungen. Es ist sehr schwierig, in dieser Welt vier Jahre oder länger an einer Universität oder Hochschule zu studieren und sich nicht von der modernen Weltanschauung infiltrieren zu lassen. Und wenn man auch noch Lehrer ist, dann wird die Gefahr noch weitaus größer durch den übermächtigen Druck, sein eigenes Denken anzupassen, damit man innerhalb der vom säkularistischen Denken beherrschten Fachrichtungen als Wissenschaftler geachtet wird.

Die Verantwortung der Professoren an den evangelikalen christlichen Schulen aber nimmt furchteinflößende Dimensionen an. jawohl, sie müssen deutlich und sorgfältig die ganze Bandbreite des Fachwissens ihrer Fachrichtung vorstellen. Aber dies ist gerade erst der Anfang ihrer Verantwortung. Werden sie anschließend die Punkte verdeutlichen, bei denen sich fundamentale Konflikte zwischen den Auffassungen ihrer Fachrichtung und der biblischen Wahrheit befinden? Oder werden sie ‑ im Namen der akademischen Freiheit oder Toleranz oder Neutralität ‑ alles an sich vorbeigehen lassen, ohne eine Gegenüberstellung zu wagen? Die Welt verhält sich da anders. Der marxistische Soziologieprofessor einer säkularen Universität ist nicht an Neutralität interessiert, sondern er wird dafür sorgen, dass seine ideologische Position für seine Studenten verständlich wird. Ich möchte noch einmal betonen, dass die evangelikale Welt oft darin versagt hat, auf dem Gebiet der akademischen Bildung einen klaren Standpunkt zu vertreten. Dies gilt natürlich nicht für jeden Einzelnen, und wir können dankbar für diejenigen sein, die eindeutig Position bezogen haben. Aber gestern wie heute wächst die Anpassung an den Zeitgeist, wie das auf vielen Gebieten zum Ausdruck kommt. Und aus diesem Grunde müssen wir uns fragen: Wie viele Studenten sind an unsere Hochschule gekommen, weil sie nach dem Brot des Lebens suchten, statt dessen aber mit nichts als einer Handvoll Kieselsteine zurückblieben? Auch in den Hochschulen, die als die besten christlichen angesehen werden, ist diese Gefahr präsent. Das Problem kommt nicht erst in der Zukunft auf uns zu, sondern es ist gegenwärtig.

Falsche Prophetie

Anpassung, Anpassung. Wie doch das Trachten nach Anpassung wächst und sich ausbreitet! Ein weiteres Beispiel dafür ist der neue evangelikale Ruf nach Teilnahme am Weltkirchenrat. Es ist wirklich eine Ironie, dass gerade zu dem Zeitpunkt, als die säkulare Presse die Heuchelei des Weltkirchenrats aufdeckte und scharf kritisierte, die evangelikale Leiterschaft und einflußreiche evangelikale Publikationen den Weltkirchenrat priesen. Weil der Artikel der Time »merkwürdige Taktik der Ökumene« eine solche bemerkenswerte Einsicht in die Sache aufweist, möchte ich ein ausführliches Zitat vorstellen:

Vielen konservativen Christen in Westeuropa und in den USA erscheint der Weltrat der Kirchen, eine Dachorganisation für 301 protestantische und orthodoxe Denominationen mit mehr als 400 Millionen Mitgliedern, als ein kirchliches Gegenstück der Vereinten Nationen. Empfänglich für den wachsenden Einfluß der Kirchen in der Dritten Welt, hat sich der Rat anscheinend zu einem Forum für unerbittliche Anklagen gegen die Sünden der amerikanischen Politik und des Kapitalismus entwickelt. Mittlerweile vertritt der Weltrat der Kirchen gegenüber kommunistischen Regierungen eine Politik, die einige Kritiker die »Wir‑sehen‑nichts‑Böses‑Polltik« nennen . ( … )

Die sechste Versammlung des Weltrats der Kirchen an der Universität von British Columbia in Vancouver, die von 838 Delegierten aus 100 Ländern sowie von mehreren tausend Gästen besucht wurde, unternahm nichts, was den Verdacht eines antiwestlichen Vorurteils hätte mildern können. So entwarf z. B. ein Komitee unter Federführung von William B. Thompson, einem der beiden höchsten Männer der amerikanischen Presbyterian Church, in der vergangenen Woche eine formelle Erklärung über Afghanistan. In enger Zusammenarbeit mit Delegierten aus sowjetischen Kirchen legte das Komitee ein Dokument vor, über das Stillschweigen gewahrt wurde. Dieses Dokument forderte den Abzug der sowjetischen Truppen als Teil eines umfassenden politischen Übereinkommens; dies war eine der wenigen Gelegenheiten, in denen die UdSSR vom Weltrat der Kirchen in einer persönlichen Deklaration ausdrücklich genannt wurde. Aber die Erklärung führte in der Tat weiter aus, dass die sowjetischen Truppen so lange in Afghanistan bleiben sollten, bis ein Übereinkommen erreicht wird, und sie empfahl, dass die Hilfe für die antikommunistischen Rebellen eingestellt werden sollte. Thompsons Komitee verfaßt auch eine scharfzüngige Attacke gegen die Politik der USA in Mittelamerika. Das Dokument pries die »lebenssichernden Leistungen« der nikaraguanischen Regierung; Kuba wurde mit keinem Wort erwähnt.

Bischof Alexander Malik von der pakistanischen Kirche, einer Union von anglikanischen und protestantischen Bünden, verlangte, dass die Afghanistanerklärungen das Komitee zurückgeschickt werden sollte, damit der Erklärung ein geziemendes Maß an Aufrichtigkeit beigefügt würde: »Wenn es um irgendeine westliche Nation ginge, wären wir nach meiner Meinung mit den schärfsten Wörtern des Lexikons über sie hergefallen. Die UdSSR hat einem Nachbarstaat gegenüber eine sehr aggressive Tat begangen, und dies muß verurteilt werden< Maliks Empfehlung wurde aber zurückgewiesen, nachdem der russisch orthodoxe Erzbischof Kirill davor gewarnt hatte, dass jedwede schärfere Erklärung seiner Kirche »furchtbare Schwierigkeiten« einbringen und »eine Infragestellung unserer Loyalität der ökumenischen Bewegung gegenüber« bedeuten wurde.

Dies war die Auslese der Politik des Weltkirchenrates! Der Rat ist gewillt, einen weiteren Imageverlust zu riskieren, nicht nur, indem viele westliche Kirchenführer den Angriffen auf die US‑Politik und ihre Alliierten zustimmen, sondern auch, weil vermeintlich der Preis des Schweigens gezahlt werden muß, damit die Kirchen des Sowjetblocks im Rat verbleiben können. Diese pragmatische ‑ einige würden sagen, kurzsichtige ‑ Haltung hält den Weltrat der Kirchen auch davon ab, die Notlage der Gläubigen in der Sowjetunion anzusprechen. Das dramatischste Ereignis der letzten Versammlung vor acht Jahren in Nairobi bestand in der Veröffentlichung eines offenen Briefes zweier sowjetischer Dissidenten, Pater Gleb Yakunin und Lev Regelson, die den Rat verklagten, weil er geschwiegen hatte, als »die russisch‑orthodoxe Kirche« in den frühen Sechzigerjahren dieses Jahrhunderts bis zur Hälfte zerstört worden war«, und sie baten inständig darum, dass gegen die Verfolgung in der Sowjetunion vorgegangen werde.

Später wendet sich derselbe Artikel den Themen des Zeugnisablegens und der Verkündigung des Evangeliums zu. Hier merkt Time an:

Während der Versammlung kam es zu einiger Aufregung um ein nicht‑politisches Dokument mit dem Titel »Witness in a Devided World«. Bischof Per Loninng von der Norwegischen Kirche (Lutherisch) nannte es einen »gefährlichen Rückschlag, weil das Dokument einen »Mangel an missionarischer Eindringlichkeit« aufwies und es versäumte, die Einzigartigkeit des christlichen Glaubens zu betonen. Dem zustimmend, votierten die Delegierten nahezu einmütig für eine Überarbeitung des Dokuments, aber da sie sich hernach mit einem Bündel politischer Erklärungen über alles mögliche beschäftigten, angefangen von Nuklearwaffen (ja zu einem Einfrieren) bis zu den Rechten der Palästinenser (mit emphatischer Zustimmung), bot sich ihnen keine Gelegenheit mehr, in Bezug auf die Überarbeitung des Dokuments tätig zu werden.

Vergleichen Sie dies nun einmal mit dem, was unsere eigene evan­gelikale Führung und Presse berichteten. Ein Artikel in Christiani­ty Today stellte fest:

Die Evangelikalen waren begeistert von der neuen Erklärung des Weltrates der Kirchen zu Mission und Verkündigung des Evangeliums. Diese Erklärung zeigt den Einfluß der evangelikalen Theologie in ihrem starken Ruf nach Verkündigung des Evangeliums und der persönlichen Bekehrung zu Christus. ( … )

Von meinem subjektiven Empfinden her war dies eine der stärksten geistlichen Erfahrungen meines Lebens. Wir befassen uns hier mit nicht‑greifbaren Dingen, aber ich muß einfach bekunden, dass ich mich noch niemals unter so vielen überaus liebenswürdigen, freundlichen Christenmenschen (Anmerkung des Verfassers: damit sind die Abgeordneten des Weltkirchenrates gemeint) befunden habe ( … ). Alles schien durch die Anwesenheit des Heiligen Geistes geadelt zu sein. Die einzigen Auseinandersetzungen in Vancouver hatte ich mit meinen evangelikalen Brüdern. (…)

Die Mehrheit der evangelikalen Fraktion, die an der Versammlung teilnahm, war ebenfalls so begeistert, dass sie eine Erklärung zum Lob des Weltkirchenrates verfaßte und die Evangelikalen einlud, ihre Gaben für die weitere Arbeit zur Verfügung zu stellen.

Im weiteren Verlauf dieses Berichts wurde jeder marxistische Einfluß unberücksichtigt gelassen, die »Verschwommenheit« des Rates bezüglich der »Einzigartigkeit der Erlösung in Christus« bagatellisiert, der Aufruf des Rates zu einseitiger Abrüstung verteidigt und ganz allgemein ein Weg gesucht, um alles, was bei der Versammlung geschah, in angenehmem Licht erscheinen zu lassen.

Ist es dennoch möglich, dass der Verfasser dieses Berichts in Christianity Today an derselben sechsten Versammlung des Weltrates der Kirchen teilgenommen hat wie der Verfasser des Time‑Artikels? Man sollte doch meinen, dass er wenigstens genauso viel Einblick in die Versammlung hätte haben müssen wie die säkulare Zeitschrift Time. Wieder einmal sehen wir, dass die Welt oft besser begreift, was wirklich geschieht, als die auf Anpassung bedachten Evangelikalen. Man kann sich kaum erklären, wie dieser Beobachter mit einem so naiv gefälligen Bericht davonkommen konnte besonders, wenn wir einige andere Dinge bedenken, die während jener Vancouver‑Versammlung geschahen.

Als Beispiel dafür, wie weit die Anpassung fortgeschritten ist, unterzeichneten 200 Evangelikale, viele von ihnen bekannte Führungspersönlichkeiten in der evangelikalen Welt, die Erklärung zur Belobigung des Weltkirchenrates und die Aufforderung zur verstärkten Teilnahme der Evangelikalen. Einer der wenigen evangelikalen Persönlichkeiten, die die Erklärung zur Unterstützung des Weltkirchenrates nicht unterzeichneten, war Dr. Peter Beyerhaus, Professor an der Tübinger Universität in Westdeutschland. In einer alternativen Erklärung kommentierte Dr. Beyerhaus, der schon seit langer Zeit den Weltkirchenrat beobachtet, die Versammlung wie folgt:

Die Geschichte in einem materialistischen Zusammenhang zu sehen, ist das Hauptkennzeichen der marxistischen Ideologie, die in Form der »Theologie der Armen« sogar Zugang zu den Missionsdokumenten in Vancouver gefunden hat. ( … )

Vertreter der traditionellen christlichen Lehren (wurden) zu­sammen mit Männern und Frauen (genannt), die radikale Glaubensansichten vertreten, welche mit den orthodoxen biblischen Überzeugungen unvereinbar sind. Ein besonders herausragendes Beispiel bot Dr. Dorothee Sölle. Sie übte heftige Kritik am biblischen Konzept von Gott und seiner Herrschaft, indem sie dabei von einer »Gottes‑Bewegung« sprach, und sie ging sogar so weit, ihre Zuhörer zu ermutigen, »neue Bibeln« zu schreiben.

Andere Redner ermutigten die Frauen, ihre weiblichen Erfahrungen zum Ausgangspunkt einer vollkommen neu zu entwickelnden Theologie zu machen, in der die Achtung gegenüber dem biblischen Vater‑Gott in den Kult einer Gott‑Mutter umgewandelt werden sollte.

Nicht‑christliche Religionen werden als Wege dargestellt, auf denen Christus selbst ihren Anhängern Leben gibt und auch zu uns als Christen spricht. Die Befürchtung vieler, dass sich der Weltkirchenrat zunehmend auf einen Synkretismus hinbewegt, wird dadurch bestätigt, dass die indische Mythologie in das Anbetungsprogramm aufgenommen wurde ( … ) und dass ein führender Offizieller des Weltkirchenrates ausdrücklich erklärte, (. ..) dass eine evangelistische Erweckung unseren Dialog mit anderen Religionen gefährde.

Die Glaubwürdigkeit des Anspruchs des Weltkirchenrates, eine prophetische Stimme zu sein, die die Unterdrückung der Menschenrechte anprangert, wird wieder einmal durch die politische Einseitigkeit beeinträchtigt, mit der nur auf solche Verletzungen hingewiesen wird, die in der nicht‑marxistischen Welt geschehen; hingegen werden schwerwiegende Verstöße durch sozialistische Staaten, deren ökumenischen Vertretern man in der Versammlung Beifall für ihr leidenschaftliches Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit zollt, sehr zurückhaltend beurteilt oder stillschweigend übergangen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Verfolgung der Kirchen und der bekennenden Christen in diesen Ländern.

Der entscheidende Mangel der Versammlung ist das Fehlen einer wahrhaft biblischen Diagnose über die grundlegend mißliche Lage der Menschheit: unsere Trennung von Gott durch unsere Sünde. Ferner fehlt das Aufzeigen des biblischen Heilsweges, d. h. unserer Wiedergeburt, gewirkt vom Heiligen Geist aufgrund von Buße und persönlichem Glauben an Jesus Christus, wodurch unser gegenwärtiges Leben verändert wird und wir ewige Gemeinschaft mit Gott haben. Eine ziemlich optimistische Sicht von der menschlichen Natur und unserer Fähigkeit, uns selbst zu helfen, führt wieder einmal zu einer universalistischen Ansicht über die Erlösung.

Dr. Beyerhaus führt in seiner Erklärung noch viel mehr an, was ganz offensichtlich beweist, wie grundsätzlich unvereinbar das Programm und die Philosophie des Weltkirchenrates der historischen, christlichen Orthodoxie gegenüberstehen. Aber beachten Sie bitte sorgfältig: Hier geht es nicht um die Frage, ob wir einer Denomination angehören sollten, die Mitglied des Weltkirchenrates ist. Dies ist eine Sache der persönlichen Gewissensentscheidung, die jeder für sich selber fällen muß (obwohl ich persönlich nicht zu einer solchen Denomination gehören könnte). Die eigentliche Frage bezieht sich vielmehr auf die Gemeindezucht als eines der wahren Kennzeichen einer wahren Kirche. Und hier sehen wir nun, wie evangelikale Führungspersönlichkeiten das Prinzip der Gemeindezucht sogar dort verlassen, wo es um die zentralen Glaubensgrundsätze geht‑, sie rufen die Evangelikalen auf, sich mit dem Verbleib in ihren fortdauernd pluralistischen Denominationen zufrieden zu geben ‑ in dieser Mischung aus bibelgläubigen Christen und jenen, die selbst die extremsten Ansichten der liberalen Theologie vertreten. Da jegliche Vorstellung und Hoffnung aufgegeben wurde, dass die Kirche jemals durch die Anwendung der Gemeindezucht gereinigt werden könnte, wird jede beliebige Irrlehre und Unwahrheit in der Kirche Jesu Christi als normal hingenommen. Dr. Beyerhaus’ Schlußfolgerung trifft die Sache ganz genau: »Alle diese Beobachtungen tragen zu unserer Befürchtung bei, dass der Weltkirchenrat in der Gefahr steht, zum Sprachrohr für falsche Prophetie gegenüber der Christenheit zu werden.«

Der neue Utopismus

Interessanter‑weise kann man feststellen, dass es auf der Tagesordnung einen ganzen Katalog von Fragen gibt, bei deren Behandlung sich der Weltrat »auf die falsche Seite begeben hat«, eine Vorgebensweise, der sich die evangelikale Welt in zunehmendem Maße angepaßt hat. Eine dieser Fragen, die ich besonders erwähnen möchte, bezieht sich auf die unbedingte Notwendigkeit der Christen, sich gegen die Tyrannei zu stellen ‑ sei es Tyrannei von rechts oder von links. Dies schließt auch jene Tyrannei ein, die im Ostblock existiert, ebenso wie die Tyrannei, die sich über den Globus auszuweiten sucht, denn die Philosophie des Marxismus und der Sowjetunion ist ihrer Natur nach expansionistisch. Bedenken Sie ebenfalls, dass das Sowjetsystem vollkommen auf derselben Ansicht über die letzte Realität basiert, die heute unter dem Namen des »Humanismus« für die Zerstörung unseres eigenen Landes und unserer eigenen Kultur verantwortlich ist.

Natürlich muß man der Ausgewogenheit halber Folgendes hinzufügen: Ich möchte noch einmal anmerken, dass unser Land niemals perfekt war ‑ unser Land war niemals perfekt, und heute ist es dies mit Sicherheit noch weniger. Vorjahren habe ich noch dafür gebetet, dass unser Land der Gerechtigkeit unterworfen werde, heute flehe ich nur noch um Gnade. All das Licht, das uns gewährt wurde, und all die Errungenschaften des biblischen Einflusses, die wir genossen haben und dann all das verworfen und zertreten zu haben ‑ wirklich, wir verdienen Gottes Gericht. Dies soll uns jedoch nicht vergessen lassen, dass sich die sowjetische Position noch tiefer in der Sackgasse befindet. Unseren Nächsten so zu lieben, wie wir es wirklich tun sollten, heißt zunächst einmal, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um denjenigen zu helfen, die heute unter diesem System verfolgt werden (besonders darf die Verfolgung unserer christlichen Brüder und Schwestern im Ostblock nicht verharmlost werden); zweitens müssen wir uns davor hüten, bei der Ausweitung dieser Unterdrückung in weitere Länder behilflich zu sein. Wir sollten nicht vergessen, dass wir in einer gefallenen Welt leben, und dürfen daher nicht die im Augenblick vorherrschenden utopischen Ansichten über die Abrüstung unterstützen.

Die Bibel ist hier eindeutig: Ich soll meinen Nächsten lieben wie mich selbst, und zwar so, wie die Not es gebietet, auf praktische Art und Weise, inmitten einer gefallenen Welt, zu meinem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte. Aus diesem Grunde bin ich kein Pazifist. In dieser armseligen Welt, in der wir leben ‑ in dieser verlorenen Welt ‑, bedeutet Pazifismus, dass wir jene Menschen im Stich lassen, die unsere Hilfe am nötigsten haben.

Lassen sie mich das veranschaulichen. Ich gehe die Straße hinunter und stoße auf einen großen, stämmigen Mann, der im Begriff ist, ein kleines Kind totzuschlagen ‑ er schlägt also dieses kleine Mädchen ‑ er schlägt ‑ er schlägt. Ich flehe ihn an, aufzuhören. Angenommen, er weigert sich. Was bedeutet Liebe in diesem Zusammenhang? Liebe bedeutet, dass ich ihn auf alle mir zur Verfügung stehende Weise behindere, einschließlich der Möglichkeit” ihn zu schlagen. Dies ist für mich nicht nur aus humanitären Gründen eine Notwendigkeit, es bedeutet vielmehr Loyalität gegenüber Christi Geboten, die sich auf die christliche Liebe in einer gefallenen Welt beziehen. Was geschieht nun mit dem kleinen Mädchen? Wenn ich die Kleine mit dem brutalen Kerl allein lasse, dann bin ich der wahren Bedeutung christlicher Liebe untreu geworden ‑ nämlich der Verantwortung meinem Nächsten gegenüber. Die Kleine, ebenso wie der Mann, sind meine Nächsten.

Die klarste Veranschaulichung zu diesem Thema, die man sich überhaupt denken kann, bietet ui‑is der Zweite Weltkrieg. Wie steht es denn mit Hitlers Terrorismus? Es gab keinen anderen Weg, dem schrecklichen Terror im Hitlerdeutschland ein Ende zu setzen, als durch Waffengewalt. Es gab keinen anderen Weg. Was meine Meinung angeht, war die Waffengewalt das notwendige Außenwerk der christlichen Liebe in einer Welt, die nun einmal gefallen ist. Die Welt ist eine anormale Welt. Aufgrund des Sündenfalls ist sie nicht mehr so, wie Gott sie ursprünglich gedacht hatte. Es gibt in dieser Welt vieles, was Kummer macht, aber dem müssen wir ins Gesicht sehen. Wir können uns niemals den Luxus erlauben, bloß utopisch zu handeln. Utopische Programme haben in dieser gefallenen Welt immer Tragödien hervorgebracht. Die Bibel ist an keiner Stelle utopisch.

Uns alle schmerzt jeder Krieg, und besonders ein möglicher Atomkrieg. Aber in einer gefallenen Welt gibt es viele Dinge, die uns schmerzen, denen wir uns aber stellen müssen. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die Europäer, mehr noch als die Amerikaner, den Schutz durch Nuklearwaffen gewollt und ihn auch gefordert. Wir sind an einem verrückten Punkt angekommen, an dem sich beide Seiten mit wild wuchernden Nuklearwaffenarsenalen gegenüberstehen. Natürlich müssen darüber Gespräche geführt werden, wie auch diese Kapazität, falls möglich, reduziert werden muß. Aber der grundsätzliche Umstand hat sich nicht geändert: Mehr noch als zur Zeit Winston Churchills wäre Europa heute von der militärischen und politischen Herrschaft der Sowjetunion bedroht, gäbe es nicht die Atomwaffen der NATO.

In diesem Zusammenhang sind die Äußerungen, die Yves Montand, der linksgerichtete französische Filmschauspieler vor kurzem machte, interessant. Montand ist übrigens der Ehemann von Simone Signoret, die seit 35 Jahren als die Stimme der Linken in Frankreich bekannt ist; Simone Signoret hat sich sehr in den linksgerichteten politischen Bewegungen Europas engagiert. Im Lichte alles dessen ist Montands Erklärung bemerkenswert, dass die gegenwärtige Friedensbewegung und die Friedensdemonstrationen gefährlicher sind als Stalin selbst.

Eine einseitige Abrüstung wäre in dieser gefallenen Welt, besonders angesichts des aggressiven sowjetischen Materialismus mit seiner anti‑göttlichen Basis, ganz und gar utopisch und romantisch. Sie würde, wie es der Utopismus in dieser gefallenen Welt immer getan hat, zu einer Katastrophe führen. Es mag sich vernünftig anhören, wenn man von einem Einfrieren auf dem jetzigen Stand spricht, oder wenn man sagt: »Wir werden niemals als erste Atomwaffen einsetzen.«Aber wenn wir dies gründlich überdenken, käme beides einer einseitigen Abrüstung gleich. Man darf in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass ein Einfrieren den momentan existierenden Waffen keinerlei Beschränkungen auferlegen würde‑, durch eine solche Maßnahme gäbe es keine gegenwärtige Garantie für die Sicherheit. Man kann die Romantik der liberalen Theologen in dieser Angelegenheit verstehen, denn der Liberalismus stimmt der biblischen Betonung vom Gefallensein dieser Welt nicht zu. Man kann auch den Pazifismus der »Friedenskirchlichkeit«verstehen: Sie haben schon immer das Gebot Christi an den Einzelnen, die andere Wange hinzuhalten, in verfehlter Weise auf den Staat ausgeweitet. Sie verkennen die gottgegebene Verantwortung des Staates, seine Bevölkerung zu schützen und in einer gefallenen Welt für Gerechtigkeit einzutreten. Beide Pinschauungen sind verständlich, aber beide liegen falsch. Wenn sie sich durchsetzen und die Regierungspolitik bestimmen, dann wird aus dem Fehler eine Tragödie werden.

Aber wenn diejenigen, die sich selber als Evangelikale bezeichnen, anfangen, in der allgemeinen, gedankenlosen Parade unserer Tage mitzutrotten und sich romantische, utopische Haltungen zu eigen machen, dann wird es Zeit, dem laut und deutlich Widerstand entgegenzusetzen. Wenn wir an diesem Punkt Anpassung akzeptieren, wie können wir dann noch sagen, wir liebten unseren Nächsten?”

Die feministische Subversion 

 

Es gibt noch eine letzte Ebene, die ich erwähnen möchte. Auch hier haben sich Evangelikale dem Zeitgeist unserer Tage angepaßt, was zu tragischen Resultaten geführt hat. Ich meine damit den gesamten Bereich von Ehe, Familie, Sexualmoral, Feminismus, Homosexualität und Ehescheidung. Ich fasse diese Punkte zu einem Gesamtthema zusammen, da sie alle in einem direkten Zusammenhang stehen und in der Tat Teil eines der bedeutendsten Aspekte der menschlicher) Existenz sind.

Das biblische Muster

Warum sind die Ehe und die damit zusammenhängenden Aspekte der menschlichen Sexualität so wichtig? Die Bibel lehrt, dass die eheliche Beziehung nicht lediglich eine menschliche Institution ist, sondern dass sie vielmehr tatsächlich ein heiliges Geheimnis ist, das, wenn es geachtet wird, etwas über das Wesen Gottes enthüllt. Aus diesem Grunde können wir feststellen, dass die eheliche Beziehung zwischen Mann und Frau quer durch die Bibel hervorgehoben wird, als ein Bild, eine Illustration, ein Muster der wunderbaren Beziehung zwischen dem Individuum und Christus und zwischen der Kirche und Christus. So heißt es in Ephcser 5,2532:

Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. So sind auch die Männer schuldig, ihre Frauen zu lieben wir ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes. »Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.« Dieses Geheimnis ist groß, ich aber deute es auf Christus und die Gemeinde.

Beachten Sie, mit wie viel Bedacht das Wort Gottes diese Beschreibung einer normativen ehelichen Beziehung und die Beschreibung der Beziehung zwischen Kirche und Christus miteinander verflechtet. Diese beiden Gestalten sind dergestalt miteinander verbunden, dass es fast unmöglich scheint, sie selbst mit einem scharfen Instrument wie dem Skalpell eines Chirurgen zu trennen So lesen wir in Epheser 5,2125.33:

Ordnet euch einander unter in der Furcht Christ, die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn! Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als des Leibes Heiland. Wie nun die Gemeinde sich dem Christus unterordnet, so auch die Frauen den Männern in allem. Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat. ( … ) jedenfalls auch ihr jeder von euch liebe seine Frau so wie sich selbst; die Frau aber, dass sie Ehrfurcht vor dem Mann habe.

Dies ist jedoch keine Einzelpassage, denn wir finden dasselbe Bild von Braut und Bräutigam an mehreren Stellen des Alten und Neuen Testaments (vgl. z. B. Johannes 3,2829; Römer 7,14; Jeremia 3,14; 2.Korinther 11,12; Offenbarung 19,69).

So sehen wir also, dass die Beziehung von Mann und Frau in der Ehe und die Beziehung von Individuum und Kirche zu Christus aufs Innerste miteinander verbunden sind. Ebenso, wie es zwischen der menschlichen Braut und dem Bräutigam, die sich wirklich lieben, eine echte Einheit gibt, ohne dass die beiden Persönlichkeiten jedoch miteinander verwechselt werden, genauso bleibt in unserem Einssein mit Christus die Braut Braut und Christus bleibt Christus. Dieses großartige Verständnis dessen, wie die Bibel eine Parallele zwischen der Beziehung von Mann und Frau und unserer Einheit mit Christus zieht, lenkt unser Denken in zwei Richtungen. Zunächst läßt es uns die Großartigkeit, das Wunder und die Schönheit der Ehe verstehen; und zweitens verhilft es uns zu einem tiefen Einblick in die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk und zwischen Christus und seiner Kirche.

 

Zerstörtes Leben

Aber was ist in unserer Generation mit diesem wunderbaren Bild von der Ehe geschehen? Es ist zerstört worden. Und wir müssen unter Tränen gestehen, dass die Zerstörung in unseren eigenen evangelikalen Kreisen fast genauso allumfassend ist. Schauen wir uns doch viele unserer evangelikalen Führungspersönlichkeiten und einen Großteil unserer evangelikalen Literatur an: Wir finden dieselben zerstörerischen Ansichten über die Scheidung, den extremen Feminismus und sogar über die Homosexualität, wie sie auch in der Welt vertreten werden! Wie weit es in Bezug auf die Scheidung mit den Evangelikalen gekommen ist, wird anhand der folgenden Beobachtungen und Zitate von Os Guinnes deutlich:

So schreibt z.B. ein christlicher Konservativer, dass der Zerbruch seiner Ehe zwar traurig, aber »auf eigene Art und Weise ein gesunder Neuanfang für jeden von uns beiden war. Und er fährt fort, dass er wie einst Abraham einem Glaubensruf folgte, der ihn dazu aufrief, die Sicherheit des Ehelebens zu verlassen und sich auf eine geistliche Pilgerreise zur emotionalen Selbstfindung zu begeben.

Ein anderer schreibt: »Ich hoffe, dass meine Frau sich niemals von mir trennt, denn ich liebe sie von ganzem Herzen. Aber wenn sie eines Tages das Gefühl hat, dass ich sie herabsetze oder dass ich bei ihr Gefühle der Unterlegenheit hervorrufe oder ihr in irgendeiner Weise im Wege stehe, so dass sie sich nicht zu der Persönlichkeit entwickeln kann, wie Gott sie wollte, dann hoffe ich, dass sie die Freiheit hat, mich rauszuschmeißen, auch wenn sie hundert Jahre alt sein sollte. Es gibt etwas Wichtigeres als den Fortbestand unserer Ehe, nämlich das, was mit Integrität, Persönlichkeit und Lebensziel zu tun hat.«

Das Höchste an Spitzfindigkeit stellen jene hinterhältigen Menschen dar, die behaupten, sich aus Treue zu Christus scheiden zu lassen! Früher hätte dies nur jene Bedeutung haben können, dass der nicht‑christliche Partner seinen christlichen Ehemann oder seine christliche Ehefrau wegen dessen Glauben verlassen hat. Heute bedeutet es aber oft, dass sich ein Christ von einem anderen Christen wegen einer christlichen Streitfrage scheiden läßt.

Hätten Sie jemals gedacht, dass z. B. die Hinwendung zu einem einfacheren Lebensstil zu einer Scheidung führen könnte? Ja! ‑ wie ein bestimmter Verfasser mit Nachdruck betont:

»Der Bruch entsteht schließlich dann, wenn man erkennt, dass man bei dieser Art von Gewissenskonflikt keine Kompromisse schließen kann. Die biblische Ethik lehrt, dass es verschiedene Stufen der Wichtigkeit und Dringlichkeit gibt. Und Jesu brennendes Interesse an dem Kommen seines Reiches als Gegenschlag zu unserer Kultur überwog bei weitem sein Interesse an der Aufrechterhaltung der Familienstrukturen. Es kann genauso viel Sünde in dem Versuch liegen, eine tote oder bedeutungslose Beziehung aufrechtzuerhalten, wie darin, eine zerbrochene Beziehung als solche anzuerkennen, sie Gott abzugeben und dann getrennte Wege zu gehen.«  –  Aufgrund der Treue zu Christus Christus den Gehorsam zu verweigern! Welch exquisite Ironie. (Os Guiness)

Ja, auch hier muß auf Ausgeglichenheit geachtet werden! Wir müssen mit den Geschiedenen Mitleid haben ‑ und mit allen anderen im menschlichen Beziehungsgeflecht, deren Leben infolge einer Scheidung zerstört wurde. Aber ein Großteil der evangelikalen Welt hat unter dem Deckmantel der Liebe jegliche Auffassung von Recht und Unrecht in Bezug auf die Scheidung preisgegeben und nutzt jegliche Ausflucht, um den biblischen Eingrenzungen der Ehescheidung aus dem Wege gehen zu können.

Subversiver Einfluß

Wir können nicht über Scheidung sprechen, ohne gleichzeitig den extremen Feminismus einzubeziehen, denn er zählt mit Sicherheit zu den größten Beeinflussungen der steigenden Scheidungsrate unserer Tage. Es ist interessant, was der Herausgeber einer Zeitschrift, die sich selbst evangelikal nennt, über den Feminismus sagt:

„Seit Jahren vertreten die Rechten die Ansicht, dass der Feminismus die westlichen Werte korrumpiert und die amerikanischen Institutionen zu unterminieren droht. Diese Besorgnis habe ich niemals verstanden, ich hatte immer den Eindruck, dass die Rechten einfach Angst vor einer Veränderung hatten.

Aber heute habe ich zunehmend den Eindruck, dass sie wirklich Recht haben. Der Feminismus ist, zumindest in einigen seiner Wesenszüge, zutiefst subversiv. – Deshalb mag ich ihn“.  (John F. Alexander The Other Side, 1982, S. 8)

Dieser evangelikale Herausgeber hat zumindest in einem Sinne recht. Der Zeitgeist unserer Tage unterstützt eine extrem starke und subversive feministische Anschauung, die lehrt, dass Haus und Familie Wege zur Unterdrückung der Frau darstellten; dass Selbstverwirklichung und Karriere Vorrang vor der Ehe und den Bedürfnissen der Kinder habe, dass Haushalt und Kindererziehung demütigend sind, dass man seine Talente verschwendet, wenn man vollzeitlich Hausfrau ist. Dies alles hat natürlich verheerende Auswirkungen auf die Familie gehabt; ebenso aber auch auf die gesamte Gesellschaft, denn diejenigen, die unter zerrütteten Familienverhältnissen aufgewachsen sind, leben ihr zerrüttetes Leben mitten unter uns.

Der Schlüssel zum Verständnis des extremen Feminismus liegt in der Vorstellung von der totalen Gleichheit oder, besser gesagt, in der Vorstellung von der Gleichheit ohne Unterschied. Auch hier müssen wir wiederum auf Ausgewogenheit achten. Die Bibel lehrt nichts über eine Ungleichheit von Mann und Frau. Jeder Mensch, ob Mann oder Frau, steht in gleicher Weise vor Gott: als eine Person, die nach seinem Bilde geschaffen wurde, und als Sünder, der der Rettung bedarf. Deshalb besitzt jede Person, egal, ob Mann oder Frau, eine uneingeschränkte Gleichheit an Wert vor Gott und voreinander; genauso besteht für jeden Menschen das vollkommen gleiche Bedürfnis nach Christus als dem Erlöser.

Aber andererseits ist diese Gleichheit keine Gleichheit in Form von monolithischer Uniformität oder »Gleichförmigkeit« von Mann und Frau. Es ist vielmehr eine Gleichheit, die die fundamentalen Unterschiede zwischen den Geschlechtern bewahrt und die Verwirklichung und Erfüllung dieser Unterschiede vorsieht; gleichzeitig aber bestätigt sie alles, was Männern und Frauen gemeinsam ist ‑ nämlich, dass beide nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, und zwar als sich ergänzender Ausdruck seines Bildes.

So müssen wir gleichzeitig zwei Dinge bekräftigen: Weil sowohl Männer als auch Frauen nach dem Bilde Gottes geschaffen wurden, ist beiden eine Gleichheit zu eigen, die für das gesamte Leben von enormer Tragweite ist; weil sowohl Männer als auch Frauen mit besonderen Unterschieden als sich ergänzender Ausdruck des Bildes Gottes geschaffen wurden, hat dies enorme Auswirkungen auf das gesamte Leben ‑ in der Familie, in der Kirche und in der Gesellschaft als Ganzes. Innerhalb dieser wunderbaren Ergänzung ist Raum für eine ungeheuer große Bandbreite an Vielgestaltigkeit.

Aber gleichzeitig bedeutet dies nicht Freiheit ohne Ordnung. Die Bibel gewährt Männern und Frauen eine enorme Freiheit, aber diese Freiheit herrscht nur innerhalb der Schranken der biblischen Wahrheit und innerhalb der Schranken dessen, was es bedeutet, ein sich ergänzender Ausdruck des Bildes Gottes zu sein.

Um der Ausgewogenheit willen müssen wir auch mit Nachdruck darauf hinweisen, dass, weil wir eine gefallene Menschheit sind, die Männer ihre Stellung oft verfälscht haben, indem sie eine Tyrannei entwickelten. Es ist Teil der Verantwortung eines Ehemannes, dafür zu sorgen, dass seine Frau so weit wie möglich Erfüllung findet. Auch dies ist Teil der biblischen Ordnung.

Als Gegensatz zu dieser wunderbaren Ausgewogenheit möchte der Zeitgeist unserer Tage uns dazu verführen, auf dem Gebiet der Beziehungen zwischen Mann und Frau eine autonome, absolute Freiheit anzustreben ‑ alle Ordnungen und Begrenzungen in diesen Beziehungen zu verwerfen, besonders aber die Ordnungen, wie sie in der Heiligen Schrift gelehrt werden. So strebt unser Zeitalter nicht nach biblischer Gleichheit und Ergänzung, die im Bilde Gottes ihren Ausdruck findet. Vielmehr verlangt man nach einer monolithischen Gleichheit, die am besten als Gleichheit ohne Unterschied beschrieben werden könnte ‑ d. h., allen Unterschieden zwischen Männern und Frauen und den Auswirkungen auf alle Lebensbereiche wird jegliche Geltung abgesprochen. Letztendlich hat eine Gleichheit ohne Unterschiede sowohl für Männer als auch für Frauen zerstörerische Konsequenzen, denn sie berücksichtigt weder die wahre Identität und die Unterschiede beider Geschlechter, noch ihre Gemeinsamkeiten, die alle in der Bedeutung des Mann‑ und Frauseins zusammengefaßt sind.

Tragische Konsequenzen

Ich habe diesen Punkt ausführlich behandelt, weil er von absolut entscheidender Wichtigkeit ist. Verleugnet man die biblische Wahrheit über die Bedeutung des Mann‑ und Frauseins, dann heißt das, etwas Wesentliches über die Natur des Menschen und über die Persönlichkeit Gottes und seine Beziehung zum Menschen zu verleugnen. Aber dies hat ebenso tragische Konsequenzen für die Gesellschaft wie für das menschliche Leben. Wenn wir die Vorstellung von der Gleichheit ohne Unterschiede akzeptieren, dann müssen wir logischerweise die Gedanken der Abtreibung und der Homosexualität akzeptieren. Denn wenn es keine bedeutenden Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, dann haben wir sicherlich keinen Grund, homosexuelle Beziehungen zu verurteilen. Und wenn es keine bedeutenden Unterschiede gibt, dann kann diese Fiktion nur dadurch aufrechterhalten werden, dass man die »Abtreibung auf Verlangen« benutzt, um mit der eindeutigen Offensichtlichkeit fertig zu werden, dass diese Unterschiede wahrhaftig existieren.

Wieder einmal scheu wir, dass eine Vorstellung, die zunächst biblischen Gedanken sehr nahe zu kommen scheint, schließlich an einer vollkommen anderen Stelle endet. Die Vorstellung eines absoluten, autonomen Freiseins von Gottes Begrenzungen geht über in die Vorstellung von der Gleichheit ohne Unterschied, die wiederum zu der Verneinung dessen führt, was es in Wahrheit bedeutet, Mann und Frau zu sein‑, dies geht seinerseits auf Abtreibung und Homosexualität über, ebenso wie auf die Zerstörung von Haus und Familie, und führt schließlich zur Zerstörung unserer Kultur. Noch einmal müssen wir traurigerweise betonen, dass die evangelikale Welt hier versagt hat. Es gibt jene, die sich evangelikal nennen und die zur evangelikalen Leiterschaft gehören, jedoch das biblische Muster für die Beziehung zwischen Mann und Frau in Familie und Kirche vollkommen verleugnen. Es gibt viele, die den Gedanken von der Gleichheit ohne Unterschied akzeptieren und die biblische Lehre zu diesem Thema vorsätzlich ableh­nen. Und es gibt andere, die sich evangelikal nennen und gleichzeitig behaupten, dass die Homosexualität und selbst die Vorstellung einer homosexuellen »Ehe« annehmbar seien.

Die Bibel den eigenen Zwecken unterwerfen

Aber beachten Sie: Das kann nicht geschehen, ohne dass man die Autorität der Bibel auf dem Gebiet der Sexualmoral verneint. Dies ist keinesfalls ein Disput über eine Interpretationsfrage; es handelt sich vielmehr um eine direkte und vorsätzliche Verleugnung dessen, was die Bibel auf diesem Gebiet lehrt. Einige evangelikale Führungspersönlichkeiten haben in der Tat als direkte Folge ihres Versuchs, mit dem Feminismus zu einer Einigung zu kommen, ihre Ansichten über die Unfehlbarkeit der Bibel geändert. Dies ist nichts anderes als Anpassung. Es stellt eine direkte und vorsätzliche Unterwerfung der Bibel zum Zweck der Angleichung an den Zeitgeist unserer Tage dar, und zwar an genau dem Punkt, an dem das moderne Denken auf die Lehre der Bibel prallt. Das wird auch durch das folgende Beispiel aus dem Bereich der Homosexualität deutlich, dessen Autorin sich evangelikal nennt.

Es ist wahr, dass einige Christen der festen Meinung sind, dass Homosexuelle ihre Gefühle ändern können ‑ dass sie das auch wirklich tun sollen. Aber andere Christen haben angefangen, diese Vorstellung anzuzweifeln ‑ und zwar nicht einfach aus einer Laune heraus, sondern nach sorgfältigem biblischem, theologischem, historischem und wissenschaftlichem Forschen.”

Hier hat diese Autorin, wahrscheinlich unwissentlich, eine genaue Beschreibung davon gegeben, wie Anpassung funktioniert. Zuerst fängt man an, Fragen zu stellen, die auf dem basieren, was die Welt um uns herum sagt; dann schaut man in die Bibel, danach auf Theologie und Wissenschaft ‑ bis die Lehre der Bibel schließ­lich vollkommen dem unterworfen wird, was die Welt gerade denkt. Die Schlußfolgerung der oben zitierten Autorin gibt dies auf eine bemerkenswert kreative Art und Weise wieder: Homosexualität ist mit »händigkeit« zu vergleichen. Das heißt, einige Menschen sind Rechtshänder und andere sind Linkshänder; einige Menschen sind heterosexuell und andere sind homosexuell. Und das eine ist genauso gut wie das andere. Man kann sich kaum vorstellen, wie weit diese Dinge gekommen sind. Auf dem Gebiet der Ehe und der Sexualmoral ist die evangelikale Welt tief infiltriert vom heutigen Zeitgeist. Zwar würden nur wenige so weit gehen wie die oben erwähnten Extremfälle. Aber es gibt viele, die diese Ansichten stillschweigend tolerieren und die die biblische Lehre zur Ehe und zur Ordnung in Familie und Kirche, wenn nicht im Prinzip, so doch in der Praxis, als einen wunderlichen Anachronismus ansehen, der in der modernen Welt kulturell irrelevant ist. Bei einigen geschieht diese Anpassung bewußt und beabsichtigt; bei der Mehrheit jedoch ist sie mit einer unreflektierten Zustimmung zum vorherrschenden Zeitgeist verknüpft. Aber in beiden Fällen sind die Ergebnisse im Wesentlichen die gleichen.

 

Gottes Wort Glauben schenken

Warum ist das gesamte Gebiet der Ehe und Sexualität so wichtig? Zunächst einmal deshalb, weil die Bibel sagt, dass es so ist, und weil sie mit scharfen Worten von denen spricht, die das verletzen, was Gott auf diesem Gebiet festgesetzt hat:

Oder wißt ihr nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige, noch Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Wollüstlinge, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden das Reich Gottes erben (l. Korinther 6,9‑10).

Und wiederum in Bezug auf die Homosexualität:

Deswegen hat Gott sie dahingegeben in schändliche Leidenschaften. Denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in den unnatürlichen verwandelt, und ebenso haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen, sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie Männer mit Männern Schande trieben, und empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst (Römer 1,26‑27).55

Gott verdammt die sexuelle Sünde mit den schärfsten Worten. Das soll nicht heißen, dass sexuelle Sünde schlimmer ist als andere Sünde. Wenn wir mit der Bibel im Einklang sein wollen, dann müssen wir uns eindeutig gegen jede Form der Sünde aussprechen. Aber gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass Gott jede sexuelle Sünde sehr scharf verurteilt und uns niemals erlaubt, die Verurteilung dieser Sünde abzumildern.

Warum ist dieser Punkt so wichtig?

Zuerst einmal natürlich deshalb, weil Gott es sagt. Gott ist Schöpfer und Richter des Universums, seine Persönlichkeit ist das Gesetz des Universums, und wenn er uns sagt, dass irgend etwas falsch ist, dann ist es falsch.

Zweitens dürfen wir niemals vergessen, dass Gott uns in unsere Beziehungen hineingestellt hat, damit wir wirkliche Erfüllung in dem finden, wie er uns geschaffen hat; deshalb ist eine rechte sexuelle Beziehung gut für uns, so wie wir geschaffen sind. Wenn wir Gottes Ordnung für Ehe und Sexualmoral nicht befolgen, dann hat das sowohl für uns als auch für die Gesellschaft zerstörerische Folgen.

Drittens zerstört die Ablehnung der von Gott festgelegten Ordnungen die Bedeutung der Beziehung Gottes zu seinem Volk, die ja anhand der biblischen Lehre von Ehe und Sexualmoral verdeutlicht wird. Es geht hier nicht nur darum, was auf menschlicher Ebene richtig oder falsch ist; eine Ablehnung ist gleichzeitig eine Verleugnung der Wahrheit Gottes und seiner Beziehung zu seinem Volk. Wenn wir Gottes Ordnungen nicht befolgen, dann zer­stören wir das wahre Abbild dessen, was ein Christ persönlich und als Teil der Kirche darstellt.

Zum Schluß müssen wir festhalten, dass sich dies aber auch besonders auf die Ordnung innerhalb der Familie bezieht. Wie wir bereits gesehen haben, zeichnet die Bibel ein wunderschönes Bild von der Beziehung zwischen Mann und Frau in der Ehe und verknüpft dies mit der Beziehung zwischen Christus und der Kirche:

Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi, die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn! Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als des Leibes Heiland. Wie nun die Gemeinde sich dem Christus unterordnet, so auch die Frauen ihren Männern in allem.

Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. So sind auch die Männer schuldig, ihre Frauen zu lieben wir ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes. »Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.« Dieses Geheimnis ist groß, aber ich deute es auf Christus und die Gemeinde. jedenfalls auch ihr ‑jeder von euch liebe seine Frau so wie sich selbst; die Frau aber, dass sie Ehrfurcht vor dem Mann habe (Epheser 5,21‑33).

Dies stellt keine Unterdrückung dar, wie uns heute viele, selbst ii) der evangelikalen Welt, glauben machen wollen. Vielmehr ist es ein wundervolles Bild dessen, was eine Ehe sein sollte, aber eben­so auch eine Illustration der Liebe Christi zu seiner Kirche. Lehnt man dies ab, zerstört man nicht nur die eheliche Beziehung, sondern auch das Wissen um die Wahrheit von Christi unwandelbarer Liebe zu seiner Kirche; gleichzeitig wird ebenfalls die Autorität der Bibel auf dem Gebiet der Sexualmoral untergraben

Die große Anpassung

Anpassung, Anpassung. Wie das Trachten nach Anpassung wächst und sich ausbreitet! Die vergangenen sechzig Jahre haben eine moralische Katastrophe hervorgebracht ‑ und was haben wir dazu gesagt? Traurigerweise müssen wir sagen, dass die evangelikale Welt Teil dieser Katastrophe gewesen ist. Mehr noch: Die evangelikale Antwort selbst ist eine Katastrophe gewesen. Wo ist denn die klare Stimme zu hören, die sich zu den entscheidenden Fragen unserer Zeit äußert und unmißverständlich biblische, christliche Antworten gibt? Unter Tränen müssen wir gestehen, dass diese Stimme im Großen und Ganzen nicht zu hören ist und dass sich ein Großteil der evangelikalen Welt vom heutigen Zeitgeist hat verführen lassen. Aber mehr noch: Wir müssen erwarten, dass die Zukunft zu einer noch viel größeren Katastrophe werden wird, wenn die evangelikale Welt nicht für die biblische Wahrheit und Ethik im gesamten Spektrum des Lebens eintritt. Denn die evangelikale Anpassung an unseren heutigen Zeitgeist repräsentiert die Beseitigung der letzten Barriere gegen den Zusammenbruch unserer Kultur Und mit der Beseitigung dieser Barriere geht ein soziales Chaos und das Aufkommen eines autoritären Regierungssystems zur Wiederherstellung der sozialen Ordnung einher.

Weltlichkeit

Ob wir dies als Gericht Gottes (was es mit Sicherheit ist) oder als die unvermeidbare Folge des sozialen Chaos ansehen, macht letzt­lich wenig Unterschied. Wenn sich die Anpassungsmentalität in­nerhalb der evangelikalen Welt nicht ändert, dann müssen wir zwei­felsohne mit den oben genannten Folgen rechnen. Also ist es an der Zeit, der Fiktion eines vereinigten Evangelikalismus mit Aufrichtigkeit gegenüberzutreten‑, einige Christen werden den Mut aufbringen müssen, eine Trennlinie zu ziehen ‑ und zwar liebevoll, aber in aller Öffentlichkeit. Die Konfrontation muß liebevoll, aber dennoch Konfrontation sein. Dies bedeutet auch, sich der heutigen Gestalt des Zeitgeistes nicht anzupassen, der ohne Schranken vorwärts strebt und beansprucht, autonom zu sein. Im Gegensatz dazu bietet die Bibel wahre Freiheit durch eine Ordnung und eine Lebensweise, die die tiefsten menschlichen Bedürfnisse erfüllt. Die Bibel spricht nicht nur von moralischen Grenzen, sondern von Absolutem und Wahrheit bezüglich des gesamten Lebens.

Der nächste Satz ist entscheidend. Die Annahme des Zeitgeistes dieses Zeitalters ist die gröbste Form der Weltlichkeit im eigentlichen Sinn des Wortes. Und wir müssen leider sagen, dass diese Anpassung an die Form des Zeitgeistes, die sich heute darstellt, im Großen und Ganzen auch in der Gruppe der Evangelikalen vollzogen wurde. Dies muß ich unter Tränen sagen, und wir dürfen auch nicht aufgeben, zu hoffen und zu beten. Wir müssen feststellen, dass viele, die eine grundlegend andere Meinung zu dieser Streitfrage haben, unsere Brüder und Schwestern in Jesus sind. Aber im grundlegendsten Sinn des Wortes sind die führenden Kreise deutlich weltlich geworden.

Konfrontation

Alles, was ich in meinem Buch Das Kennzeichen des Christen und in den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches gesagt habe, muß festgehalten werden.

Inmitten aller Unterschiede müssen wir tatsächlich eine praktische Demonstration der Liebe geben. Aber bei­des, die Wahrheit Gottes und das Werk der Kirche Jesu, zeigt uns zur gleichen Zeit eindringlich:
Die Wahrheit fordert liebevolle Kon­frontation, aber Konfrontation

Es gibt drei mögliche Positionen: 1. lieblose Konfrontation, 2. keine Konfrontation und 3. liebevolle Konfrontation; nur die dritte ist biblisch. Es muß eine Festlegung der Prioritäten geben. Auch wenn alle Dinge wichtig sein mögen, benötigen doch nicht alle in der gegebenen Zeit und den gegebenen Möglichkeiten die gleiche Intensität der Konfrontation. Es ist folgende Trennung zu ziehen: keine Anpassung an den Zeitgeist der autonomen Freiheit und Gehorsam zum Wort Gottes. Dies bedeutet ein Leben im Gehorsam zur gesamten Einheit der Bibel in den entscheidenden moralischen und sozialen Fragen unserer Tage ebenso wie in der Lehre. Der Gehorsam zum Worte Gottes ist die Wasserscheide. So kann das Versäumnis der Evangelikalen, einen klar und deutlich biblischen Standpunkt zu den entscheidenden Fragen unserer Tage zu beziehen, angesehen werden als Versagen, sich unter die volle Autorität des Wortes Gottes in der gesamten Breite des menschlichen Lebens zu stellen.

Natürlich, es muß eine Ausgeglichenheit gegeben sei, und Heiligkeit und Liebe gehören beide dazu. Dies kann aber nicht heißen, dass man sich langsam und zunehmend anpaßt und Kompromisse eingeht ganz langsam, Schritt für Schritt, bis die Positionen unserer Zeit angenommen sind. Es kann nicht heißen, sich vorzutäuschen, dass es so etwas wie einen vereinigten Evangelikalismus gibt. Spätestens an der Wasserscheide ist er geteilt; und die beiden Hälften führen zu Zielen, die Kilometer voneinander entfernt liegen. Wenn Wahrheit wirklich Wahrheit ist, steht dies als Antithese zur Unwahrheit. Dies muß sowohl im Reden als auch im Tun Auswirkung haben. Wir müssen eine Linie ziehen.

Die Waffe der Nebenbedeutungen

Nun kommen wir wieder dorthin, wo dieser Teil des Buches begann, mit Namen und Streitfragen. Aufgrund der Nebenbedeutung des Wortes war es mir unangenehm, ein »Fundamentalist« genannt zu werden. Aber nun sieht es so aus, dass man automatisch als »Fundamentalist« eingeordnet wird, sobald man in Konfrontation gegen Unbiblisches steht (im Gegensatz zur Anpassung). So wurde der Begriff von Kenneth Woodward in Newsweek gebraucht als ein Stempel. Aber wenn dies in gleicher Weise von bibelgläubigen Christen, Brüdern und Schwestern, getan wird, ist dies viel betrüblicher.

Lassen Sie uns ebenso über den Begriff »die neue Rechte« nachdenken. Es gibt eine extreme Rechte, gegen die man sich stellt. Aber auch dieser Begriff »die neue Rechte« hat einen negativen Beigeschmack bekommen und wird als Stempel gebraucht. Wenn man ihn überprüft, stellt man fest, dass auch dieser Begriff gewöhnlich nicht definiert ist und auf alle angewendet wird, die bereit sind, dem Schlittern dieser Tage zu widerstehen, aber nicht, sich anzupassen. Aber man muß bedenken, dass dann, wenn es berechtigt ist, von »der neuen Rechten« und dem religiösen »rechten Flügel« zu sprechen, es genauso berechtigt sein muß, vom religiösen »linken Flügel« zu sprechen ‑ dabei bezieht man sich auf die Evangelikalen, die sich den eindeutigen Zeichen des Zeitgeistes angepaßt haben. Ich habe dies nicht getan, weil ich die kategorisierenden Angriffe liebe, die einige geführt haben, sondern ich habe versucht, mit Fakten und Inhalten umzugehen. Wenn ich nun, um das, was ich beschrieben habe, zu diskreditieren, den Begriff »linker Flügelgebraucht hätte, so wäre es nicht fair gewesen.

Ich möchte es nochmals betonen: Wir brauchen eine Ausgewogenheit. Obwohl unser Land nie vollständig christlich war, ist es doch zu unterscheiden von dem, was aus der Weltanschauung der Französischen oder Russischen Revolution erwachsen ist. Und bis zum Lebensende vieler, die dieses Buch lesen, wird eine umfassende Veränderung zum Heute eintreten ‑ wir hatten einen klaren Einfluß des christlichen Konsens oder Ethos. Natürlich, und dies habe ich häufiger betont, es ist nicht per se besser, einfach konservativ anstatt nicht konservativ zu sein. Ein konservativer Humanismus ist nicht besser als ein liberaler Humanismus; Diktaturen von rechts sind nicht besser als solche von links. Was falsch ist, ist falsch, unabhängig davon, welches Etikett darauf klebt.

Der Begriff »die neue Rechte«, wie er häufig heutzutage benutzt wird zu oft von Christen , scheint doch auszudrücken, dass in allen Fragen, die wir in diesem Kapitel besprochen haben, eine Bereitschaft besteht, einen Standpunkt einzunehmen (bei gleichzeitiger Ausgewogenheit und liebevoller Konfrontation), anstatt mit der Mentalität einer automatischen Anpassung zu leben. Und wenn dies so ist, dann dürfen wir uns nicht scheuen, eine klare Position zu beziehen, nur weil einige die Konnotationen mancher Begriffe gegen uns benutzen könnten, besonders wenn diese Begriffe, wenn man sie genauer untersucht, etwas gänzlich anderes bedeuten können. Und dann wollen wir hoffen, dass unsere Brüder und Schwestern in Jesus, die es besser wissen sollten, die unklaren Begriffe nicht gebrauchen, ohne ausreichend zu definieren und zu analysieren. Es ist nun einmal so, dass  wir von anderen mit irgendwelchen Etiketten versehen werden, egal, ob wir uns selbst so bezeichnen würden oder nicht. Wir sollten alle falsche Rücksicht auf Etikette zurückweisen und keine Angst vor der eigentlichen Konfrontation haben, welches neue Etikett wir dann auch immer bekommen mögen.

SOS

Am Ende dieses Kapitels möchte ich jedem, der dieses Buch liest, eine abschließende Frage stellen: Wenn die Christen in diesem Lande, und vor allem die evangelikalen Leiter, in den letzten acht Jahren in Polen gelebt hätten, wären sie auf der Seite der Konfronta­tion oder der Anpassung gewesen? Wären sie auch, wenn dies mit großer persönlicher Gefahr verbunden wäre, auf den Demonstrationen gewesen? Oder wären sie in der angenehmen Anpassung geblieben? Die polnische Regierung benutzt als Waffe gern Begriffe mit nachteiligen Bedeutungen: »Rowdy«, »Extremist«! Sie beherrschen den Gebrauch von Namen, um Menschen abzustempeln.

Ich bin mir nicht sicher, wo viele Christen zu finden gewesen wären angesichts dieses Ausmaßes von Anpassung in unserem Land ‑ und hier gibt es keine Kugeln, keine Wasserwerfer, kein Tränengas und höchst selten Gefängnisstrafen.

Es sieht so aus, dass jeder evangelikale Leiter und jeder evangelikale Christ die besondere Verantwortung hat, nicht dem »Bluejeans‑Syndrom« zu folgen, ohne zu beachten, dass er in seinem Bemühen, »dabei zu sein«, sich oft nicht länger von denen unterscheidet, die die Existenz oder Heiligkeit des lebendigen Gottes leugnen.

Anpassung führt zu Anpassung ‑ diese wiederum zu noch stärkerer Anpassung …

 

Radikale für die Wahrheit

Als ich im September 1965 im Wheaton College über das Thema »Die Darlegung der historischen christlichen Position im 20. Jahrhundert« sprach, war gerade die Zeit der Jugendrevolte, die Anfang 1960 in Berkeley begann. Einige der Studenten, auch der Studentensprecher in Wheaton, wurden als aufsässig bezeichnet und die Leitung des Colleges hatte Probleme mit ihnen. Jedoch gerade diese verstanden meine Botschaft: Wenn Christentum wahr ist, dann berührt es mein ganzes Leben, und das ist eine radikale Aussage in der modernen Welt. Die aufsässigen Studenten hörten zu, und einige von ihnen änderten ihr Denken.

Wir brauchen mitten in diesem modernen relativen Denken eine radikale Aussage. Mit »revolutionär« und »radikal« meine ich den Widerstand gegen den alles durchdringenden Zeitgeist unserer Tage. Das ist die eigentliche Bedeutung von »radikal«.

Gott hat uns seine Antworten in der Bibel gegeben der Bibel, die wahr ist, ob sie von der Geschichte und vom Kosmos oder über religiöse Belange spricht. Deshalb gibt es Wahrheit in Bezug auf alle Wirklichkeit. Dies erfordert radikalen Widerstand gegen Relativismus und Vermischung, die Zeichen unserer Zeit ‑ unabhängig davon, ob sich diese Vermischung hinter säkularer oder religiöser Terminologie verbirgt, evangelikale Terminologie eingeschlossen.

Wenn wir nun zu den heutigen Problemen kommen, dann benötigen wir im Gegensatz zu der Anpassung um uns herum eine Generation von Radikalen für die Wahrheit und für Jesus. Wir brauchen eine junge Generation und andere, die bereit sind, in Liebe auf Konfrontationskurs zu gehen, sich der uns umgebenden Mentalität der immerwährenden Anpassung an den Zeitgeist und der Mentalität der Anpassung unter den Evangelikalen zu widersetzen.

Durch Evangelikale ist viel geschehen, wofür wir aufrichtig dankbar sein können, aber die Mentalität der Anpassung ist wirklich eine Katastrophe. Wenn wir die gleichen biblischen Prinzipien beachten, sollten wir uns jedoch vor Augen halten, dass eine Zeit kommen kann, wo wir uns gegen den entgegengesetzten Pendelschlag stellen müssen. In dieser gefallenen Welt schwingt alles wie ein Pendel von einem falschen Extrem ins andere. Der Teufel gönnt uns nie den Luxus, nur an einer Front zu kämpfen, und das wird sich nie ändern.

Wir müssen jedoch festhalten, dass sich in dem Zeitraum, den wir betrachtet haben und besonders in diesem wichtigen Moment der Geschichte, das evangelikale Problem der Anpassung beständig in eine Richtung bewegt hat ‑ dies heißt Anpassung an das, was immer gerade durch den Zeitgeist unserer Tage in Mode gekommen ist. Genau dieser Zeitgeist zerstört beides: Kirche und Gesellschaft. Wir müssen ständig auf Ausgewogenheit bedacht sein; aber die Anpassung, über die wir gesprochen haben, führt beständig in den Humanistischen, säkularen Konsens, der die entscheidend zerstörerische Kraft unserer Tage ist. Wenn sich da nichts ändert, ist unsere Gelegenheit vorbei. Nicht nur der kompromißbereite Teil der Evangelikalen geht dem Untergang entgegen ‑wir werden alle mitgezogen.

Wir können nicht annehmen, dass uns dies nichts angeht. Es kommt zum Zusammenbruch, wenn du und ich und jeder von uns, der den Herrn und seine Kirche liebt, nicht bereit ist zu handeln. Deshalb fordere ich dich heraus. Ich rufe nach radikalen Christen, besonders jungen radikalen Christen, die ihren Blick beständig auf Jesus richten, damit sie Kraft empfangen, um sich in liebevoller Art und Weise ‑ gegen alles, was verkehrt und zerstörerisch ist in der Kirche, in unserer Kultur und im Staat, zu stellen.

Wenn wir nicht zur liebevollen, aber mutigen Konfrontation bereit sind, und wenn wir nicht den Mut haben, Trennlinie zu ziehen, selbst wenn wir wünschen, es nicht tun zu müssen, dann wird die Geschichte auf unsere Zeit zurückblicken als eine Zeit, in der gewisse »evangelikale Hochschulen«, gewisse »evangelikale Seminare« und andere »evangelikale Organisationen« für die Sache Jesu für immer verloren gingen.

Das Kennzeichen des Christen

Im Verlauf der Jahrhunderte haben die Menschen mit den verschiedensten Symbolen zu zeigen versucht, dass sie Christen sind. Sie steckten sich Abzeichen an ihre Rockaufschläge, hängten sich Kettchen uni den Hals oder trugen gar besondere Frisuren.

Selbstverständlich ist all das nicht falsch, wenn sich jemand dazu berufen fühlt. Doch es gibt ein viel eindrücklicheres Merkmal ein Kennzeichen, das nicht einfach der Umstände halber für gewisse Gelegenheiten oder gewisse Zeiten erdacht wurde. Es ist ein allumfassendes Kennzeichen, das die Kirche durch alle Zeiten charakterisieren soll, bis Jesus wiederkommt. Welches Kennzeichen? Am Ende seiner irdischen Wirksamkeit blickt Jesus seinem Tod am Kreuz, dem offenen Grab und der Himmelfahrt entgegen. Er weiß, dass er seine jünger bald verlassen wird, und bereitet sie auf das Kommende vor. In dieser Situation sagt er zu den Jüngern:

Kindlein, nur noch eine kleine Weile bin ich bei euch. Ihr werdet mich suchen, und wie ich zu den Juden sagte: Wohin ich gehe, dahin könnt ihr nicht kommen, so sage ich jetzt auch zu euch. Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet, dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt (Johannes 13,3335).

Das ist das Merkmal, mit dem Jesus den Christen auszeichnet, nicht nur zu einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort, sondern zu allen Zeiten und an allen Orten, bis Jesus wiederkommt.

Hier wird also kein schon bestehender Zustand beschrieben. Es ist ein Gebot, das eine Bedingung einschließt: »Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet; dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.« Das ist die Voraussetzung: Wenn ihr gehorcht, werdet ihr das Kennzeichen Christi tragen. Da es ein Gebot ist, kann es gebrochen werden.

Es ist also durchaus möglich, ein Christ zu sein, ohne dieses Merkmal zu tragen; wollen wir aber den Nichtchristen unser Christsein beweisen, dann muß das Kennzeichen sichtbar sein.

Menschen und Brüder

Hier wird uns geboten, unsere Mitchristen, unsere Brüder zu lieben. Natürlich dürfen wir die andere Seite der Lehre Jesu nicht vergessen: Wir sollen unsere Mitmenschen, ja, alle Menschen als unsere Nächsten lieben.

Alle Menschen tragen das Bild Gottes in sich. So sind sie nicht nur als erlöste Menschen wertvoll, sondern als Geschöpfe nach Gottes Bild. Der moderne Mensch, der dies verworfen hat, weiß nicht, wer er ist, und kann deshalb weder in sich selbst, noch in anderen einen wirklichen Wert finden. Folglich entwertet er den Menschen und bringt den üblen Zustand hervor, mit dem wir uns heute auseinander setzen müssen ‑ eine dahinsiechende Kultur, ii‑i welcher die Menschen einander unmenschlich, als Maschinen, behandeln. Als Christen kennen wir jedoch den Wert des Menschen.

Alle Menschen sind unsere Nächsten, die wir lieben sollen wie uns selbst. Dazu verpflichtet uns die Schöpfungstatsache; denn alle Menschen, auch die unerlöstcn, sind wertvoll, weil sie nach dem Bilde Gottes erschaffen sind. Deshalb sollen wir sie lieben, koste es, was es wolle.

Darum geht es doch im Gleichnis Jesu vom barmherzigen Samariter: Weil der Mensch ein Mensch ist, ist er um jeden Preis der Liebe wert.

Wenn nun Jesus also besonders gebietet, unsere christlichen Brüder zu lieben, verneint er damit das andere Gebot nicht. Die beiden Gebote schließen einander nicht aus. Wir sind nicht vor die Wahl gestellt, entweder alle Menschen wie uns selbst zu lieben, oder die Christen ganz besonders zu lieben. f)le beiden Gebote verstärken sich gegenseitig.

Wenn Jesus uns schon so eindringlich gebietet, alle Menschen als unsere Nächsten zu lieben, wie wichtig ist es dann erst, unsere Mitchristen besonders zu lieben. Wenn wir alle Menschen als Nächste ‑wie uns selbst ‑ lieben sollen, wie ungeheuer wichtig ist es dann, dass alle Menschen in uns eine sichtbare Liebe für jene wahrnehmen können, mit denen wir in besonderer Weise verbunden sind ‑ die als Mitchristen durch Jesus Christus einen gemeinsamen Vater haben und in denen ein Geist wohnt. Paulus stellt unsere doppelte Verpflichtung in Galater 6,10 klar heraus: »So laßt uns nun, wo wir Gelegenheit haben, an jedermann Gutes tun, allermeist an den Glaubensgenossen«. Er verneint das Gebot nicht, allen Menschen Gutes zu tun, aber bezeichnenderweise fügt er hinzu: »… allermeist an den Glaubensgenossen.« Dieses zweifache Ziel sollte unsere Haltung als Christen kennzeichnen; wir sollten es stets vor Augen haben und darüber nachdenken, was es für jeden Augenblick unseres Lebens bedeutet. Unser äußerlich sichtbares Handeln sollte von dieser Einstellung bestimmt werden.

Nur zu oft haben aufrichtige, bibelgläubige Christen die Menschen in zwei Lager geteilt ‑ hier die Verlorenen, dort die Erlösten; hier die Rebellen gegen Gott, dort die durch Christus mit Gott Versöhnten ‑ und haben so ein übles Bild der Exklusivität geboten.

Ja, es gibt zwei Gruppen von Menschen. Ein Teil der nach Gottes Bild geschaffenen Menschen steht immer noch in Auflehnung gegen ihn, ein anderer Teil hat durch Gottes Gnade die von ihm gebotene Lösung angenommen.

Und doch gibt es in anderer, sehr wichtiger Hinsicht nur eine Menschheit. Alle Menschen haben einen gemeinsamen Ursprung. Von der Schöpfung her tragen alle Menschen das Bild Gottes. In diesem Sinn sind alle Menschen ein Fleisch und ein Blut.

So sind die Unterschiede der beiden Menschennaturen durch die Einheit aller Menschen überbrückt, und die Christen dürfen nicht ihre gläubigen Brüder unter Ausschluß der ungläubigen Mitmenschen lieben. Das wäre abstoßend. Wir müssen uns stets das Beispiel des barmherzigen Samariters bewußt vor Augen halten.

Ein empfindliches Gleichgewicht

Das erste Gebot ist, den Herrn, unsern Gott, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzem Gemüt zu lieben. Das zweite ist das umfassende Gebot, alle Menschen zu lieben. Das zweite Gebot fordert also nicht nur Liebe zu Christen. Es ist viel ausgedehnter: Wir sollen unseren Nächsten lieben wie uns selbst.

1.Thessalonicher 3,12 trägt dieselbe zweifache Betonung: »Euch aber möge der Herr voll und überströmend machen in der Liebe zueinander und zu allen, gleich wie auch wir sie haben zu euch.« Die Reihenfolge ist hier umgekehrt: Zunächst sollen wir Liebe zueinander haben und danach zu allen Menschen; das ändert aber nichts an unserer doppelten Aufgabe. Hier wird nur auf das empfindliche Gleichgewicht hingewiesen, ein Gleichgewicht, das in der Praxis nicht automatisch erhalten bleibt.

In 1. Johannes 3,11 (später geschrieben als sein Evangelium) sagt Johannes: »Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir einander lieben sollen.« Jahre nach Christi Tod ruft uns Johannes in seinem Brief das ursprüngliche Gebot Christi in Johannes 13 ins Gedächtnis. Er beschwört die Gemeinde sozusagen: »Vergeßt das nicht … Vergeßt das nicht! Dieses Gebot wurde uns von Christus gegeben, als er auf der Erde lebte. Dies soll euer Kennzeichen sein.

Nur für wahre Christen

Wenn wir uns das Gebot in Johannes 13 noch einmal ansehen, fallen uns einige wichtige Punkte auf Zunächst einmal sollen wir alle wahren Christen, alle wiedergeborenen Christen, besonders lieben. Vom biblischen Standpunkt aus sind nicht alle, die sich Christen nennen, wirklich Christen, und das trifft ganz besonders auf unsere Generation zu. Das Wort Christ ist praktisch völlig seiner Bedeutung beraubt worden. Es gibt wohl kaum ein Wort, das (abgesehen vom Wort Gott selbst) so sehr abgewertet worden ist. Im Mittelpunkt der Semantik (Wortbedeutungslehre) steht der Gedanke, dass ein Wort als Symbol keine Bedeutung hat, solange ihm nicht ein Inhalt gegeben wird. Das ist durchaus richtig. Weil das Wort Christ als Symbol zu einer so geringen Bedeutung herabgewürdigt wurde, bedeutet es heute alles und nichts.

Jesus spricht jedoch von der Liebe zu allen wahren Christen. Und das ist ein zweischneidiges Gebot, denn es fordert, dass wir einerseits die wahren Christen von den Scheinchristen unterscheiden und uns andererseits vergewissern, keinen wahren Christen lieblos zu übergehen. Mit anderen Worten: Bloße Humanisten und liberale Theologen, die nur noch den Namen »Christen tragen, oder solche Kirchgänger, für die das Christentum eine reine Formalität ist, können wir nicht als wahre Christen anerkennen.

Andererseits müssen wir uns vor dem entgegengesetzten Irrtum hüten. Wir müssen jeden einschließen, der im historischbiblischen Glauben steht, ob er nun Glied unseres eigenen Kreises oder unserer eigenen Gruppe ist oder nicht.

Aber selbst wenn ein Mensch nicht zu den wahren Christen gehört, ist es dennoch unsere Pflicht, ihn als unseren Nächsten zu lieben. Wir können also nicht sagen: »Soweit ich sehe, gehört der und der nicht zu den wahren Christen; um den brauche ich mich deshalb nicht weiter zu kümmern, ich kann ihn einfach übergehen Ganz und gar nicht.« Auf ihn bezieht sich das zweite Gebot.

Die Qualitätsnorm

Als zweites sehen wir in diesen Worten von Johannes 13 die Qualität der Liebe, die unsere Norm sein soll. Wir sollen alle Christen so lieben »wie ich euch geliebt habe«, sagt Jesus. Nun denken Sie nur an die Art und das Ausmaß der Liebe, die Jesus uns entgegengebracht hat! Gewiß, er ist unendlich, und wir sind begrenzt; er ist Gott, wir sind Menschen. Weil er unendlich ist, kann unsere Liebe der seinen nie gleich sein, unsere Liebe kann nie unendliche Liebe sein. Dennoch muß seine damals wie heute bezeugte Liebe unser Maßstab sein. Eine geringere Qualitätsnorm darf es nicht geben. Wir sollen alle gläubigen Christen so lieben, wie Christus uns geliebt hat.

Nun kann diese Aufforderung zwei verschiedene spontane Reaktionen hervorrufen. Wir können sagen: »Ganz richtig! Ganz richtig!«, und uns dann kleine Flaggen anfertigen mit der Aufschrift »Wir lieben alle Christen!« Im üblichen Trott gehen wir weiter mit den eingerollten Flaggen ‑ »Wir lieben alle Christen!« ‑, um im geeigneten Augenblick die Schnüre zu lösen, die Flaggen zu entrollen und sie im Weitergehen über unseren Köpfen zu schweigen ‑ »Wir lieben alle Christen!« Wie abstoßend!

Unsere Reaktion kann entweder dieses unüberbietbare häßliche Schauspiel sein, oder aber etwas unvorstellbar Tiefes und Großes. Soll es das letztere sein, wird es in der bibelgläubigen Christenheit viel Zeit, viel sachbewußtes Reden und Schreiben, viel ernsthaftes Nachdenken und Beten erfordern.

Die Kirche soll in einer sterbenden Kultur eine liebende Kirche sein. Wie wird uns dann diese sterbende Kultur einschätzen? Jesus sagt: »Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.« Inmitten der Welt, inmitten unserer sterbenden Kultur verleiht Jesus der Welt ein Recht. Kraft seiner Vollmacht erteilt er der Welt das Recht, aufgrund unserer sichtbaren Liebe zu allen Christen zu beurteilen, ob wir, Sie und ich, wiedergeborene Christen sind.

Das ist erschreckend. Jesus wendet sich an die Welt und sagt:

Hört alle her! Kraft meiner Vollmacht verleihe ich euch ein Recht zu beurteilen, ob ein Mensch Christ ist oder nicht, aufgrund der Liebe, die er allen Christen erweist.« Mit anderen Worten: Wir müssen anerkennen, dass Leute, die gegen uns auftreten und uns ins Gesicht sagen, wir wären keine Christen, weil wir anderen Christen keine Liebe erwiesen haben, einfach ein Vorrecht ausüben, das Jesus ihnen verliehen hat.

Darüber dürfen wir nicht böse sein. Wenn Menschen uns sagen: »Ihr liebt andere Christen nicht«, müssen wir nach Hause gehen, die Knie beugen und Gott fragen, ob das stimmt oder nicht. Wenn ja, dann hatten sie auch das Recht, uns das vorzuhalten.

Mangel an Liebe

An dieser Stelle müssen wir jedoch sehr vorsichtig sein. Auch als wahre, wirklich wiedergeborene Christen können wir in der Liebe zu unseren Mitchristen versagen. ja, wenn wir realistisch sind, müssen wir noch mehr erkennen. Es kommt immer wieder vor (und das müssen wir unter Tränen bekennen), es kommt immer wieder vor, dass wir Christen einander nicht lieben. Das ist in einer gefallenen Welt, wo bis zur Wiederkunft Jesu nichts und niemand vollkommen ist, einfach eine Tatsache. Und wir müssen selbstverständlich um Gottes Vergebung bitten, sooft wir fehlen. Aber Jesus will hier nicht sagen, unser Versäumnis, alle Christen zu lieben, beweise, dass wir keine Christen sind.

Das muß sich jeder einzelne von uns einmal klarmachen: Mein Mangel an Liebe zu den Christen beweist nicht, dass ich kein Christ bin. Jesus unterstreicht jedoch, dass die Welt angesichts meiner mangelnden Liebe zu allen anderen Christen das Recht hat, mein Christsein abzustreiten.

Das ist ein wesentlicher Unterschied. Wenn wir der Liebe zu allen Mitchristen ermangeln, brauchen wir daraus nicht verzweifelt zu schließen, wir seien verloren. Niemand, außer Christus selbst, hatte gelebt, ohne Fehler zu machen. Wenn das Christsein von der Erfüllung unserer Liebespflicht unseren Brüdern in Christus gegenüber abhinge, gäbe es keine Christen, denn alle Menschen haben versagt. Jesus gibt aber der Welt sozusagen einen Streifen Lackmuspapier, ein vernünftiges Thermometer: Wenn die Welt unser Kennzeichen nicht sehen kann, darf sie daraus schließen: »Dieser Mensch ist kein Christ.« Natürlich kann die Welt irren; ist der Betreffende in Wirklichkeit doch ein Christ, hat sie ein Fehlurteil gefällt.

Es stimmt, dass sich ein Nichtchrist oft hinter dem, was er bei den Christen sieht, verbirgt und »Ihr Heuchler!« ausruft, nur weil er sich als Sünder nicht vor Christus verantworten will. Das meint Jesus hier nicht. Er spricht an dieser Stelle von unserer Verantwortung als einzelne und als Gruppen, der Welt durch unsere Liebe zu allen anderen wahren Christen indes triftige Argument zu entziehen, mit dem sie unser Christsein bestreiten könnte.

Die entscheidende Überzeugungskraft

Aber unsere Verantwortung ist noch größer. Dazu müssen wir Johannes 17,21 betrachten, ein Wort mitten aus dem Hohepriesterlichen Gebet Christi.

Jesus betet: »Auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.« In diesem seinem hohepriesterlichen Gebet betet Jesus für die Einheit der Kirche, die Einheit, die besonders die Beziehungen der wahren Christen untereinander kennzeichnen sollte. Jesus betet nicht für eine humanistische, romantische Einheit der Menschen im Allgemeinen. Vers 9 macht das deutlich: »Nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast, weil sie dein sind.« Jesus unterscheidet hier sehr sorgfältig zwischen denen, die sich im Glauben an ihn gewandt haben, und denen, die weiterhin in der Aufleh­nung verharren. Wenn er also im 2 1. Vers um die Einheit bittet, so meint er mit dem »sie« die wahren Christen.

Beachten Sie jedoch, dass es in Vers 21 heißt: »Dass sie alle eins seien … « Hier wird interessanterweise dasselbe betont wie in Johannes 13 ‑ nicht ein Teil der wahren Christen, sondern alle Christen ‑ nicht nur die Christen innerhalb bestimmter Gemeindekreise sollen eins sein, sondern alle wiedergeborenen Christen.

Und nun kommt die ernüchternde Aussage. Jesus sagt in diesem einundzwanzigsten Vers etwas, bei dem ich immer wieder zusammenzucken. Wenn wir als Christen an dieser Stelle nicht aufgeschreckt werden, sind wir, wie mir scheint, entweder nicht empfindsam oder nicht aufrichtig, denn hier nennt uns Jesus die entscheidende Apologetik. Welches ist der überzeugendste Beweis für das Christentum? »Auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in nur und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. « Darin liegt die höchste Überzeugungskraft.

In Johannes 13 ging es darum, dass der Christ, der es an Liebe zu anderen wahren Christen fehlen läßt, der Welt das Recht zu dem Urteil gibt, er sei kein Christ. Hier sagt Christus etwas, das noch viel einschneidender und grundlegender ist: Die Welt wird nicht glauben, dass der Vater den Sohn gesandt hat, dass die Behauptungen Jesu wahr sind und dass das Christentum wahr ist, wenn sie in der Realität nichts von der Einheit der wahren Christen sieht.

Das ist erschreckend! Werden wir an dieser Stelle nicht von Angst gepackt?

Sehen wir uns die Stelle noch einmal an. Jesus will nicht sagen, dass die Christen einander auf dieser Grundlage das Christsein zu- oder absprechen sollten. Das müssen wir unbedingt beachten. Das Christsein eines Menschen soll die Kirche aufgrund seiner Lehre, der Aussagekraft seines Glaubens und der Glaubwürdigkeit seines Bekenntnisses beurteilen. Wenn ein Mensch zu einer örtlichen Gemeinde kommt, die ihre Aufgabe ernst nimmt, wird er nach dem Inhalt seines Glaubens gefragt. Wird zum Beispiel in einer Gemeinde jemand wegen einer Irrlehre zur Rede gestellt (das Neue Testament zeigt, dass solche Untersuchungen in der Kirche Christi notwendig sind), so entscheidet sich die Frage der Abweichung am Inhalt der Lehrmeinung des Befragten. Die Kirche hat ein Recht, ja sogar die Pflicht, einen Menschen nach dem Inhalt seines Glaubens und seiner Lehre zu beurteilen.

Wir können jedoch nicht erwarten, dass die Welt von dieser Grundlage her urteilt, denn die Welt fragt nicht nach der Lehre. Das gilt besonders für die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, in der die Menschen aufgrund ihrer Erkenntnistheorie nicht einmal mehr an die Möglichkeit einer absoluten Wahrheit glauben. Und wenn wir schon von einer Welt umgeben sind, die dieses Wahrheitsverständnis aufgegeben hat, können wir doch nicht erwarten, dass sich jemand darum kümmert, ob die Lehre eines Menschen richtig ist oder nicht.

Jesus hat aber das Kennzeichen genannt, das die Aufmerksamkeit der Welt fesseln wird, selbst die Aufmerksamkeit des modernen Menschen, der sich nur noch als Maschine versteht. Weil jeder Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist und deshalb das Verlangen nach Liebe in sich trägt, so gibt es ‑ in jedem geografischen Klima und zu jedem Zeitpunkt ‑ etwas, das seine Aufmerksamkeit unfehlbar fesseln wird.

Was? Die Liebe, die wahre Christen einander erweisen, und zwar nicht nur innerhalb des eigenen Kreises.

Aufrichtige Antworten ‑ sichtbare Liebe

Selbstverständlich dürfen wir als Christen die Pflicht nicht versäumen, auf aufrichtige Fragen ebenso aufrichtig zu antworten. Wir sollten eine intellektuelle Apologetik bieten können. Die Bibel fordert dazu auf, und Christus und Paulus dienen dafür als Beispiel. In der Synagoge, auf dem Marktplatz, in Häusern und in fast jeder nur denkbaren Situation sprachen Jesus und Paulus über die christliche Lehre. Gleicherweise ist es des Christen Aufgabe, eine aufrichtige Frage aufrichtig zu beantworten.

Aber ohne Liebe unter wahren Christen können wir, wie Christus sagt, nicht erwarten, dass die Welt uns zuhört, wie zutreffend unsere Antworten auch sein mögen. Wir müssen wirklich unser Leben lang dazulernen, um aufrichtige Antworten zu geben. Seit Jahren hat die bibelgläubige Kirche hier jämmerlich versagt. So sollten wir viel Zeit darauf verwenden, zu erlernen, die Fragen der Menschen um uns herum zu beantworten. Aber selbst wenn wir alles getan haben, um mit einer verlorenen Welt zu sprechen, dürfen wir nie vergessen, dass die höchste Überzeugungskraft, die Jesus verleiht, die sichtbare Liebe ist, die wahre Christen anderen wahren Christen entgegenbringen.

Obwohl dies nicht der zentrale Punkt ist, den ich hier behandle, so muß doch diese von der Welt her sichtbare Liebe und Einheit unter wahren Christen alle Schranken zwischen den Menschen durchbrechen. Das neue Testament sagt: »Weder Jude noch Grieche, weder Knecht noch Freier, weder Mann noch Frau.«

Die Gemeinde von Antiochia setzte sich aus Juden und Nichtjuden zusammen, und ihre soziale Skala reichte von Herodes’ Pflegebruder bis zu den Sklaven; und die von Natur aus stolzen griechischen Heidenchristen in Mazedonien bewiesen eine praktische Fürsorge für die materiellen Nöte der Juden-Christen in Jerusalem. Die sichtbare und tätige Liebe unter wahren Christen, welche die Welt auch heute mit Recht zu sehen erwartet, sollte sich uneingeschränkt über alles Trennende hinwegsetzen, sei es Sprache, Volkszugehörigkeit, Landesgrenzen, Jugend und Alter, aber Hautfarbe, Bildungsstand und Einkommeiishöhe, Abstammung, örtliche Gesellschaftsklassen, Kleidung, kurzes oder langes Haar, Schuhe tragen oder barfuß gehen, kulturelle Unterschiede oder mehr oder weniger traditionsgemäße Gottesdienstformen.

Wenn die Welt dies nicht beobachten kann, wird sie nicht glauben, dass Christus vom Vater gesandt wurde. Die Menschen werden nicht allein aufgrund zutreffender Antworten glauben. Das eine darf das andere nicht ausschließen. Die Welt muß auf auf­ richtige Fragen zutreffende Antworten erhalten, zugleich aber muß unter allen wahren Christen einmütige Liebe herrschen. Das ist unerläßlich, wenn die Menschen wissen sollen, dass Jesus vom Vater gesandt wurde und das Christentum wahr ist.

Falsche Vorstellungen von Einheit

Wir wollen das Wesen dieser Einmütigkeit ganz klar umreißen und dazu vorweg einige falsche Vorstellungen ausräumen. Zum ersten ist die Einmütigkeit, von der Jesus spricht, keine lediglich organisatorische Einheit. In unserer Generation erleben wir einen starken Trend zur kirchlichen Vereinigung. Er liegt in der Luft ‑ wie die Röteln in Zeiten einer Epidemie ‑ und umschließt uns auf allen Seiten. Die Menschen können sich in allen möglichen Organisationen zusammenschließen, ohne damit der Welt wirkliche Einheit zu beweisen.

Das klassische Beispiel dafür bietet die römisch‑katholische Kirche im Laufe der Jahrhunderte. Sie hat stets eine großartige, äußerliche Einheit besessen ‑ wohl die größte organisatorische Einheit, die die Welt je gesehen hat; und doch wurden gleichzeitig innerhalb dieser einen Kirche gigantische und haßerfüllte Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Orden ausgetragen. Heute besteht ein noch weitaus verschärfter Gegensatz zwischen dem konservativen Römischen Katholizismus und dem progressiven Katholizismus. Die römisch‑katholische Kirche versucht immer noch ihre organisatorische Einheit zu wahren, aber das ist nur noch eine äußerliche Einheit, denn es sind zwei völlig verschiedene Religionen entstanden, zwei verschiedene Gottesbegriffe und zwei verschiedene Wahrheitsverständnisse.

Und genau dasselbe trifft auf die Ökumenische Bewegung im Protestantismus zu. Sie ist ein Versuch, Menschen aufgrund der Bitte Jesu organisatorisch zusammenzufassen, aber es fehlt die wahre Einheit, weil zwei völlig verschiedene Religionen ‑ Christentum im biblischen Sinn und ein »Christentum«, das überhaupt kein Christentum ist ‑ einander gegenüberstehen. Es ist durchaus möglich, eine organisatorische Vereinigung zu schaffen und ein Leben lang alle Kraft darauf zu verwenden, ohne im geringsten an die Einheit heranzukommen, von der Jesus in Johannes 17 spricht.

Damit will ich nichts gegen eine sinnvolle organisatorische Einheit auf einer klaren Lehrgrundlage sagen. Aber hier spricht Jesus von etwas ganz anderem, denn es kann großaufgezogene organisatorische Vereinigungen ohne jegliche Einmütigkeit geben ‑ selbst in Kirchen, die strenge Zucht geübt haben.

Ich befürworte dringend den Grundsatz und die Praxis der Reinheit in der sichtbaren Kirche, aber ich habe Kirchen gesehen, die für die Reinheit gekämpft haben und dabei zu Brutstätten der Gehässigkeit geworden sind. Da sind keine liebevollen persönlichen Beziehungen mehr zu beobachten, nicht in ihrer eigenen Mitte, und erst recht nicht zu anderen wahren Christen.

Aus einem weiteren Grund kann die Einheit, von der Christus spricht, nicht organisatorischer Art sein. Alle Christen »auf dass sie alle eins seien« ‑ sollen eins sein. Aber es kann doch wohl keine Einheitsorganisation geben, die alle wiedergeborenen Christen in der ganzen Welt umschließen würde. Das ist einfach unmöglich. Es gibt zum Beispiel wahre wiedergeborene Christen, die keiner Organisation angehören, und welche einzelne Organisation könnte diejenigen wahren Christen erfassen, die wegen Verfolgung von der Außenwelt abgeschnitten sind? Organisatorische Einheit ist offensichtlich nicht die Lösung.

Nun eine zweite falsche Vorstellung von dem, was diese Einheit bedeutet. Es ist die Auffassung, die oft von evangelikalen Christen vorgeschützt wird, um den Problemen auszuweichen. Nur zu oft hören wir von evangelikaler Seite: »Nun, Jesus spricht hier natürlich von der mystischen Gemeinschaft der unsichtbaren Kirche.« Und damit ist für sie das Thema abgeschlossen, und sie denken nicht mehr darüber nach ‑ nie mehr.

Gewiß, es gibt ‑ theologisch ausgedrückt ‑ eine sichtbare und eine unsichtbare Kirche. Die unsichtbare Kirche ist die wirkliche Gemeinde ‑ sie hat die größte Bedeutung und ist allein berechtigt, diese Bezeichnung zu tragen, weil sie aus all denen besteht, die Christus als ihren Reiter angenommen haben. Sie ist die Kirche Christi. Sobald ich Christ werde, sobald ich mich Christus anvertraue, werde ich ein Glied dieser Kirche, und eine verborgene mystische Einheit verbindet mich mit allen anderen Gliedern. Das trifft zu. Doch das meint Jesus in Johannes 13 und Johannes 17 nicht, denn diese Einheit können wir in keiner Weise zerstören. Beziehen wir also die Worte Jesu auf die mystische Einheit der unsichtbaren Kirche, so würdigen wir sie zu einer sinnlosen Phrase herab.

Entgegen einer dritten falschen Vorstellung spricht Jesus auch nicht von unserer einheitlichen Stellung in Christus. Es stimmt, dass eine standesmäßige Einheit in Christus besteht ‑ sobald wir Christus als Retter annehmen, haben wir einen Herrn, eine Taufe, eine Geburt (die Wiedergeburt) und werden mit Christi Gerechtigkeit bekleidet. Aber darum geht es hier nicht.

Zum vierten haben wir eine rechtmäßige Einheit in Christus, doch auch davon ist hier nicht die Rede. Eine herrliche und unfaßbare rechtmäßige Einheit ist allen Christen gewährt. Der Vater (als Richter des Universums) fällt aufgrund des in Raum, Zeit und Geschichte vollendeten Werkes Christi den Rechtsspruch, dass die echte moralische Schuld all jener, die sich in Christus bergen, für immer gelöscht ist. Das verleiht uns eine wundervolle Einheit; und doch meint Christus an dieser Stelle etwas anderes.

Der gläubige Christ darf nicht in die Vorstellung der unsichtbaren Kirche und dieser verwandten Gebiete Zuflucht nehmen. Wenn wir die Worte in Johannes 13 und 17 lediglich auf die Existenz der unsichtbaren Gemeinde beziehen, wird die Aussage Jesu sinnlos. Wir machen Jesu Worte zu einer leeren Phrase, wenn wir nicht erkennen, dass er von etwas Sichtbarem spricht.

Darum geht es doch: Die Welt kann die Sendung Jesu durch den Vater nur aufgrund eines Sachverhaltes beurteilen, der ihrer Beobachtung zugänglich ist.

Wahre Einheit

In Johannes 13 und 17 spricht Jesus von einer wirklich sichtbaren Einheit, einer tätigen Einheit, einer praktizierten Einheit über alle Grenzen hinweg, unter allen wahren Christen.

Der Christ hat eine doppelte Aufgabe. Sein Verhalten muß Gottes Heiligkeit und Gottes Liebe widerspiegeln. Im Christen soll sichtbar werden, dass Gott als persönlich‑unendlicher Gott existiert, und zugleich soll er Gottes Wesen, seine Heiligkeit und Liebe bekunden. Nicht Heiligkeit ohne Liebe: das wäre bloße Härte. Nicht Liebe ohne Heiligkeit: das wäre nichts als Kompromiß. Wann immer sich einzelne Christen oder christliche Kreise so verhalten, dass sich darin nicht das Gleichgewicht von Gottes Heiligkeit und Liebe ausdrückt, bieten sie einer zuschauenden Welt nicht ein Abbild, sondern eine Karikatur des Gottes, der existiert.

Nach der Heiligen Schrift und der Lehre Christi muß unsere Liebe außerordentlich stark sein. Es genügt nicht, darüber nur von Zeit zu Zeit ein paar Worte zu verlieren.

Sichtbare Liebe

Wie soll sich diese Liebe bekunden? Wie kann sie sichtbar werden?

Zunächst einmal bekundet sie sich auf sehr einfache Art: Wenn ich einen Fehler gemacht und meinen christlichen Bruder nicht geliebt habe, dann muß ich zu ihm hingehen und ihm sagen: »Es tut mir leid.« Das ist der erste Schritt.

Es mag enttäuschend erscheinen ‑ unser erster Punkt so simpel, so banal! Wer aber glaubt, das sei einfach, der hat noch niemals danach zu handeln versucht.

Wenn wir in unserem Kreis, in unserer eigenen, uns naheste­henden Gemeinde oder auch nur in unserer Familie lieblos gewe­sen sind, dann gehen wir doch als Christen nicht automatisch zu dem anderen hin und sagen ihm, dass es uns leid tut! Selbst dieser erste Schritt fällt uns stets schwer.

Es mag einfältig scheinen, unsere Liebe mit der Entschuldigung und der Bitte um Vergebung zu beginnen, aber das Gegenteil ist der Fall. Nur so können wir nämlich die Gemeinschaft wiederherstellen, sei es zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kind, innerhalb einer christlichen Gemeinde oder zwischen den einzelnen Gemeinden. Wenn wir den anderen nicht genug geliebt haben, sind wir von Gott aufgefordert, hinzugeben und zu sagen: »Es tut mir leid … es tut mir wirklich leid.«

Wenn ich nicht bereit bin, »es tut mir leid« zu sagen, wenn ich jemandem Unrecht getan habe ‑ und besonders, wenn ich ihn nicht geliebt habe ‑, dann habe ich noch nicht einmal darüber nachzudenken begonnen, was für die Welt sichtbare christliche Einheit bedeutet. Dann kann sich die Welt mit Recht fragen, ob ich überhaupt ein Christ bin. Und, lassen Sie es mich noch einmal betonen, es steht noch mehr auf dem Spiel: Wenn ich diesen einfachen Schritt nicht tun will, hat die Welt das Recht zu bezweifeln, dass Jesus von Gott gesandt war und dass das Christentum wahr ist.

Wieweit haben wir bewußt so gehandelt? Wie oft sind wir unter der Leitung des Heiligen Geistes zu Christen in unserem Kreis gegangen, um ihnen zu sagen: »Es tut mir leid«? Wie viel Zeit haben wir aufgewendet, um die Verbindung mit Christen in anderen Kreisen wiederherzustellen und ihnen zu sagen: »Ich bereue, was ich getan, was ich ausgesprochen oder was ich geschrieben habe«? Wie oft ist eine Gruppe nach einem Streit zu einer anderen Gruppe gegangen und hat gesagt: »Es tut uns leid«? Dieses Verhalten ist so wichtig, dass es tatsächlich ein Teil der Evangeliumsverkündigung selbst ist. Sichtbar praktizierte Wahrheit und sichtbar praktizierte Liebe gehen mit der Verkündigung der frohen Botschaft von Jesus Christus Hand in Hand.

Ich habe in den Auseinandersetzungen unter wahren Christen in vielen Ländern eines beobachtet: Was wahre christliche Gruppen und einzelne Christen trennt und voneinander scheidet ‑ was über 20, 30 oder 40 Jahre hinweg (oder über 50 bis 60 Jahre im Ge­dächtnis der Söhne) dauernde Bitterkeit hinterläßt ‑ ist nicht die Frage der Lehre oder des Glaubens, an der sich der Streit entzündete. Immer ist es der Mangel an Liebe und die häßlichen Worte, mit denen wahre Christen einander während des Streites bedachten. Die bleiben im Gedächtnis hängen. Im Laufe der Zeit erscheinen die sachlichsten Gegensätze zwischen den Christen oder den christlichen Kreisen nicht mehr so scharf wie zuvor, es bleiben aber die Spuren jener bitteren, häßlichen Worte, die in einer ‑ wie wir meinten ‑berechtigten und sachlichen Diskussion gefallen sind.

Genau darüber aber ‑ über die lieblose Haltung und die harten Worte in der Kirche Jesu Christi, unter wahren Christen ‑ rümpft die nichtchristliche Welt die Nase.

Könnten wir, wenn wir als wahre Christen einander widersprechen müssen, einfach unsere Zunge hüten und in Liebe sprechen, so wäre die Bitterkeit in fünf oder zehn Jahren vorbei. So aber hinterlassen wir Narben ‑ einen Fluch für Generationen. Nicht nur ein Fluch innerhalb der Kirche, sondern ein Fluch in der Welt. In der christlichen Presse macht es Schlagzeilen, und manchmal kocht es in die weltliche Presse über ‑ dass Christen solch häßliche Dinge über andere Christen sagen.

Die Welt schaut zu, zuckt die Achseln und wendet sich ab. Sie hat inmitten einer sterbenden Kultur nicht einmal den Funken einer lebendigen Kirche gesehen. Sie hat nicht einmal den Ansatz dessen gesehen, was nach Jesu Worten die überzeugendste Apologetik ist ‑ sichtbare Einheit unter wahren Christen, die doch Brüder in Christus sind. Unsere scharfen Zungen, der Mangel an Liebe unter uns, verwirren die Welt zu Recht ‑ weit mehr als die notwendigen Hinweise auf Unterschiede, die es zwischen echten Christen geben mag.

Wie weit entfernt sind wir doch von dem schlichten und einfachen Gebot Jesu Christi ‑ eine wahrnehmbare Einheit aufzuweisen, die die Welt mit eigenen Augen sehen kann!

Vergebung

Zu der wahrnehmbaren Liebe gehört aber mehr als das Bekunden von Reue. Die Vergebung gehört auch dazu. Und wenn es schon schwerfällt, »es tut mir leid« zu sagen, so ist es noch schwerer zu vergeben. Die Bibel läßt jedoch keinen Zweifel daran, dass die Welt unter dem Volk Gottes einen Geist der Vergebung sehen muß.

Im Vaterunser lehrt uns Jesus selbst zu beten: »Und vergib uns unsere Sünden, denn auch wir vergeben jedem, der uns schuldig ist« (nach Lukas 11). Dieses Gebet, das sei gleich festgehalten, ist nicht ein Gebet um Errettung. Es hat nichts zu tun mit der Wiedergeburt, denn wir sind allein aufgrund des vollbrachten Werkes Christi wiedergeboren, ohne eigenes Zutun. Das Gebet bezieht sich vielmehr auf die existentielle, Schritt um Schritt erlebte Verbindung mit Gott. Zu unserer Rechtfertigung brauchen wie die >ein für allemal< geschehene Vergebung; wir benötigen aber daneben jeden Augenblick die Vergebung der Sünden aufgrund des Werkes Christi, damit unsere offene Gemeinschaft mit Gott ungetrübt bleibt. Was der Herr uns im Vaterunser zu beten gelehrt hat, sollte einen Christen jeden Tag seines Lebens zur Besinnung führen: Wir bitten den Herrn, uns für die Erfahrung der Gemeinschaft mit ihm zu öffnen, indem wir den anderen vergeben.

Manche Christen behaupten, das Vaterunser sei nicht für unser Zeitalter bestimmt, die meisten von uns sind aber anderer Meinung. Und doch denken wir kaum einmal im Jahr daran, dass ein Zusammenhang besteht zwischen unserem Mangel an Vergebungsbereitschaft und Gottes Vergebung uns gegenüber. Viele Christen sehen nur selten oder nie die Beziehung zwischen ihrem eigenen Mangel an wirklicher Gemeinschaft mit Gott und ihrem Mangel an Vergebungsbereitschaft den Menschen gegenüber, selbst wenn sie das Vaterunser gewohnheitsmäßig im sonntäglichen Gottesdienst nachsprechen.

Wir alle müssen immer wieder eingestehen, dass wir die Vergebung nicht genügend praktizieren. Und doch lautet das Gebet: »Vergib uns unsere Schuld, unsere Übertretungen, wie wir unse­ren Schuldnern vergeben« (nach Matthäus 6). Wir sollen vergebungsbereit sein, ehe der andere sich für seinen Fehler entschuldigt. Das Vaterunser deutet nicht an, dass wir erst dann, wenn der andere bedauert, die Einigkeit durch die Bereitschaft zur Vergebung beweisen sollen. Vielmehr sind wir aufgefordert, einen Geist der Vergebung zu haben, ohne vom anderen den ersten Schritt zu erwarten. Wir mögen festhalten, dass er im Unrecht ist, aber selbst wenn wir dies sagen, soll es in der Vergebung geschehen.

Wir sollen diesen Geist der Vergebung nicht nur unter Christen, sondern allen Menschen gegenüber walten lassen. Wenn wir uns aber allen Menschen gegenüber so verhalten sollen, dann gewiß auch den Christen gegenüber.

Ein solcher Geist der Vergebung zeigt eine Haltung der Liebe zu anderen an. Aber selbst wenn man sie nur als »Haltung« bezeichnet, läßt sich wahre Vergebungsbereitschaft beobachten. Schon ein Blick ins Gesicht eines Menschen läßt uns erkennen, wo er in Bezug auf Vergebung steht. Und die Welt soll uns anschauen und sehen können, ob wir in unseren Kreisen und über unsere Grenzen hinweg Liebe füreinander haben. Kann sie beobachten, dass wir »es tut mir leid« sagen und von Herzen zur Vergebung bereit sind? Ich möchte wiederholen: Unsere Liebe wird nicht vollkommen sein, aber sie muß deutlich genug sein, um von der Welt wahrgenommen zu werden, andernfalls entspricht sie nicht den Anforderungen der Schriftworte in Johannes 13 und 17. Und wenn die Welt dies unter den wahren Christen nicht beobachten kann, steht ihr nach den beiden Schriftstellen das Recht zu, zwei unerbittliche Urteile zu fällen: dass wir keine Christen sind und dass Christus nicht vom Vater gesandt worden ist.

Zurechtweisung unter Christen

Was soll nun geschehen, wenn wir anderen Brüdern in Christus widersprechen müssen, weil wir in Lehre und Wandel auch Got­tes Heiligkeit dokumentieren müssen? Für den Lebenswandel zeigt uns Paulus das richtige Gleichgewicht im 1. und 2. Korintherbrief Dieselben Grundsätze gelten auch für die Lehre.

In 1. Korinther 5,15 wirft Paulus der Gemeinde zu Korinth vor, einen in Unzucht lebenden Mann in ihrer Mitte zu dulden, ohne ihn zurechtzuweisen. Aufgrund der Heiligkeit Gottes, weil diese Heiligkeit der zuschauenden Welt sichtbar sein sollte und weil ein solches Urteil auf der Grundlage des geoffenbarten göttlichen Gesetzes in Gottes Augen recht ist, rügt Paulus die Gemeinde, dass sie den Mann nicht zur Rechenschaft gezogen hat.

Nachdem sie ihn zurechtgewiesen hat, schreibt Paulus wieder in 2. Korinther 2,68 und macht ihr diesmal den Vorwurf, dass sie ihm keine Liebe erzeigt. Diese zwei Gesichtspunkte gehören zusammen. Ich bin dankbar, dass Paulus im ersten und dann im zweiten Brief in dieser Weise schreibt, denn so wird ein Zeitablauf sichtbar. Die Korinther sind seinem Rat gefolgt, sie haben diesen Christen zurechtgewiesen, und nun schreibt ihnen Paulus:

»Ihr habt ihn bestraft, aber warum erzeigt ihr ihm nun nicht auch eure Liebe?« Er hätte fortfahren und Jesus zitieren können: »Ist es euch nicht bewußt, dass eure heidnischen Nachbarn in Korinth das Recht zu dem Urteil haben, Jesus sei nicht vom Vater gesandt worden, weil ihr dein von euch richtigerweise bestraften Manne nun keine Liebe erweist?

Hier stellt sich eine wichtige Frage: Wie können wir die von Christus geforderte Einheit bekunden, ohne an den Fehlern des anderen mitschuldig zu werden? Ich möchte einige Wege aufzeigen, wie wir diese Einheit selbst über unumgängliche Meinungsverschiedenheiten hinweg üben und beweisen können.

Trauer

Zunächst einmal sollten wir an solche Auseinandersetzungen mit wahren Christen nie ohne Bedauern und ohne Tränen herange­hen. Das klingt recht einfach, nicht wahr? Aber glauben Sie mir, evangelikale Christen haben diese Haltung nur zu oft nicht ge­zeigt. Manchmal hat man den Eindruck, dass wir uns begeistert auf die Fehler anderer Leute stürzen. Wir machen uns wichtig, indem wir andere niedermachen. So kann nie eine wirkliche Einheit unter Christen sichtbar werden.

Es gibt nur einen Menschentyp, der die Kämpfe des Herrn in einer einigermaßen angemessenen Weise ausfechten kann, und das ist der von Natur aus friedfertige Mensch.

Ein streitlustiger Mensch kämpft um des Streites willen; zumindest sieht es so aus. Wo Auseinandersetzungen unter wahren Christen unumgänglich sind, da muß die Welt sehen, dass wir uns nicht streiten, weil wir Blut geleckt haben, weil wir die Atmosphäre der Arena oder des Stierkampfs lieben, sondern weil wir zu Gott stehen wollen. Wenn wir sprechen müssen und wir dies unter Tränen tun, kann eine wunderbare Wendung zutage treten.

Ferner ist es wichtig, der Welt bewußt eine Liebe vor Augen zu führen, die um so größer ist, je tiefer die Meinungsverschiedenheiten unter den wahren Christen sind. Nicht alle Differenzen unter Christen sind gleichbedeutend. Einige sind nur Kleinigkeiten, andere sind von überragender Bedeutung.

Je ernster der Fehler ist, um so wichtiger ist es, auf die Heiligkeit Gottes hinzuweisen und das Falsche als falsch zu bezeichnen. Zugleich aber müssen wir, je größer die Meinungsverschiedenheiten sind, um so dringender vom Heiligen Geist die Kraft erbitten, diesen wahren Christen, denen wir entgegentreten müssen, doch Liebe erweisen zu können. Handelt es sich um Kleinigkeiten, fällt es uns nicht schwer, liebevoll zu bleiben. Ist aber die Auseinandersetzung wirklich bedeutend, ist es wichtig, für die Heiligkeit Gottes entsprechend einzustehen. Und um so wichtiger ist es, in dieser Lage der Welt zu zeigen, dass wir einander dennoch lieben.

Als natürliche Menschen reagieren wir genau umgekehrt: In den weniger wichtigen Fällen erzeigen wir den wahren Christen mehr Liebe, geht aber die Auseinandersetzung um wichtigere Fra­gen, neigen wir dazu, weniger Liebe zu zeigen. Das Gegenteil sollte der Fall sein: Wenn die Schwierigkeiten unter den Christen größer werden, müssen wir bewußt lieben und diese Liebe so zum Ausdruck bringen, dass die Welt sie sehen kann.

Wir müssen uns also fragen: Ist mein Streitpunkt mit meinem Bruder in Christus wirklich entscheidend wichtig? Wenn ja, ist es doppelt wichtig, mir Zeit zu nehmen und den Heiligen Geist und Christus auf den Knien zu bitten, sein Werk durch mich und meinen Kreis zu tun, damit ich und wir sogar in dieser grundlegenden Meinungsverschiedenheit mit einem Bruder in Christus oder mit einem anderen Kreis von wahren Christen, dennoch Liebe zeigen können.

Liebe um einen hohen Preis

Als drittes müssen wir inmitten des Dilemmas einen greifbaren Liebesbeweis erbringen, auch wenn er uns etwas kostet. Das Wort Liebe darf nicht nur eine Phrase sein. Mit anderen Worten: Wir sollen alles tun, was zu tun ist, um jeden Preis, um diese Liebe zu beweisen. Wir dürfen nicht sagen: »Ich liebe dich«, und dann bumm, bumm, bumm!

Oft denken die Menschen, das Christentum sei etwas Weichliches, eine Art von verschwommener Liebe, die das Böse wie das Gute liebt. Das ist nicht der biblische Standpunkt. Mit der Liebe Gottes ist gleichzeitig seine Heiligkeit darzustellen. Wir dürfen deshalb nicht sagen, das Falsche sei recht, weder im Bereich der Lehre noch in dem des Wandels, in unserem eigenen Kreis oder in einem anderen. Überall ist das Falsche falsch, und wir sind in dieser Situation dafür verantwortlich, das Falsche auch falsch zu nennen. Und doch muß die sichtbare Liebe um jeden Preis dabei sein.

Die Bibel läßt uns keine andere Wahl. In 1. Korinther 6,17 stehen diese Worte:

Wie darf jemand von euch, der eine Beschwerde gegen einen anderen hat, sich bei den Ungerechten (das heißt den Ungeretteten) richten lassen, anstatt bei den Heiligen? Wisset ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wenn nun durch euch die Welt gerichtet werden soll, seid ihr dann unwürdig, über die allergeringsten Dinge zu entscheiden? Wisset ihr nicht, dass wir Engel richten werden? Warum denn nicht auch Dinge dieses Lebens? Wenn ihr nun über Dinge dieses Lebens Entscheidungen zu treffen habt, so setzet ihr solche zu Richtern, die bei der Gemeinde nichts gelten! Zur Beschämung sage ich’s euch; demnach ist also nicht ein einziger Sachverständiger unter euch, der ein unparteiisches Urteil fällen könnte für seinen Bruder; sondern ein Bruder rechtet mit dem anderen, und das vor Ungläubigen! Es ist überhaupt schon schlimm genug für euch, dass ihr Prozesse miteinander führet. Warum lasset ihr euch nicht lieber Unrecht tun? Warum lasset ihr euch nicht lieber übervorteilen?

Was bedeutet das? Die Gemeinde soll nicht fünf gerade sein lassen; aber der Christ sollte lieber einen praktischen, finanziellen Verlust hinnehmen, um damit die Einheit der wahren Christen zu dokumentieren, anstatt andere wahre Christen vor Gericht zu verklagen; damit würde er nämlich die sichtbare Einheit vor den Augen der Welt zerstören. Eine solche Liebe kostet etwas, aber solche praktizierte Liebe ist sichtbar.

Paulus spricht hier von einer Situation, die sichtbar und ganz real ist: In einer unvermeidlichen Auseinandersetzung mit seinem Bruder soll der Christ eine Liebe beweisen, die bereit ist, einen Verlust einzustecken nicht nur einen finanziellen Verlust (obwohl für die meisten Christen die Liebe und Einheit aufzuhören scheint, wenn es um Geld geht), sondern jeden erdenklichen Verlust.

Wie die besonderen Umstände auch aussehen mögen in jedem einzelnen Fall sollen wir ganz praktisch unsere Liebe beweisen. Die Bibel ist ein Buch, das uns für jede Situation unseres Alltags etwas Handfestes zu sagen hat.

Viertens können wir unsere Liebe zeigen und beweisen, ohne am Fehler unseres Bruders mitschuldig zu werden, indem wir das Problem angehen mit dem Verlangen, es zu lösen und nicht nur die Oberhand zu behalten. Wir alle sind gern die Gewinner. ja, keiner möchte lieber recht behalten als gerade der Theologe. Die Geschichte der Theologie ist über weite Strecken hinweg gekennzeichnet durch das Verlangen, unbedingt der Sieger zu sein.

Wir sollten uns jedoch vor Augen führen, dass wir bei unseren Meinungsverschiedenheiten um eine Lösung ringen müssen ‑ eine Lösung, die Gott die Ehre gibt, die der Bibel entspricht, die aber gleichzeitig mit der Heiligkeit Gottes auch seine Liebe widerspiegelt. Welche Haltung nehmen wir ein, wenn wir uns mit unserem Bruder an einen Tisch setzen oder ein Gemeindekreis mit einem anderen zusammentrifft, um über Meinungsverschiedenheiten zu sprechen? Wollen wir unbedingt als Sieger dastehen? Wollen wir beweisen, dass wir dem anderen um eine Nasenlänge voraus sind? Wenn wir überhaupt Liebe üben wollen, dann müssen wir uns bei solchen Diskussionen um Lösungen bemühen und nicht um jeden Preis Recht zu behalten versuchen.

Streitfragen ‑ verschieden gelöst

Ein fünfter Weg, praktische, für die Welt sichtbare Liebe zu zeigen, liegt in der Einsicht, die wir uns und den anderen immer wieder bewußt vor Augen halten müssen, dass es leicht ist, Kompromisse zu schließen und Unrecht Recht zu nennen, dass es aber ebenso leicht ist, unsere Pflicht zur Einheit in Christus zu vergessen. Diese Einstellung sollte ständig zielbewußt gestärkt und in Wort und Schrift innerhalb unserer Kreise, wie auch unter den einzelnen Gemeindegliedern gefördert werden.

Darüber muß unbedingt gesprochen und geschrieben werden, ehe sich unter wahren Christen Zwiespalt erhebt. Wir halten Konferenzen über alle möglichen Themen. Wer hat aber je von einer Konferenz gehört, die von der Frage bestimmt war, wie wahre Christen durch ihr Handeln Gottes Heiligkeit und gleichzeitig Gottes Liebe vor den Augen der Welt darstellen können? Wer hat je von Predigten oder Schriften gehört, die eingehend darlegen, wie man nach zwei Grundsätzen leben kann, die einander auszuschließen scheinen: 1.) nach dem Grundsatz der Reinheit der sichtbaren Kirche in Bezug auf Lehre und Wandel und 2.) dem Grundsatz der sichtbaren Liebe und Einheit unter allen wahren Christen?

Sind wir denn wirklich so naiv zu glauben, wir könnten uns bei notwendigen Auseinandersetzungen mit wahren Christen richtig verhalten, wenn vorher über diese Dinge nicht eingehend gepredigt und geschrieben worden ist?

In den Augen der Welt wird eine sichtbare Liebe inmitten einer Streitfrage einen Unterschied zwischen den Differenzen bei Christen und den Differenzen bei anderen Menschen aufzeigen. Die Welt mag nicht verstehen, worüber die Christen geteilter Meinung sind, aber sie wird rasch den Unterschied zwischen unseren Auseinandersetzungen und denen in der Welt verstehen, wenn sie sieht, dass wir unsere Streitfragen mit offener und wahrnehmbarer Liebe auf praktischer Ebene begleiten.

Das ist ein himmelweiter Unterschied! Sehen wir nun, weshalb Jesus sagte, diese Tatsache werde die Aufmerksamkeit der Welt fesseln? Niemand kann von der Welt erwarten, lehrmäßige Unterschiede zu verstehen, besonders in unserer Zeit, wo die Existenz von wahrer Wahrheit und absoluten Werten selbst als Theorie undenkbar erscheint.

Wir können von der Welt kein Verständnis dafür erwarten, dass wir aufgrund der Heiligkeit Gottes eine andere Art von Auseinandersetzungen kennen, weil wir mit Gottes absoluten Maßstäben rechnen. Wenn sie aber Auseinandersetzungen unter wahren Christen sieht, die dabei dennoch eine sichtbare Einheit dokumentieren, dann wird der Weg gebahnt, auf dem die Welt die Wahrheit des Christentums wahrnehmen und den Anspruch Christi, dass der Vater den Sohn gesandt hat, verstehen kann.

Tatsächlich können wir bei Meinungsverschiedenheiten besser zeigen, was Jesus hier sagen will, als wenn wir keine Schwierigkeiten hätten. Es dürfte jedem einleuchten, dass wir deshalb nicht nach Differenzen unter Christen suchen sollen ‑ es gibt deren genug, ohne noch mehr zu suchen. Aber dennoch haben wir inmitten der Schwierigkeiten unsere große Chance. Wenn alles glatt läuft und wir als eine »freundliche Schar« zusammenstehen, gibt es für die Welt nicht viel zu sehen. Wenn es aber zu einer wirklichen Auseinandersetzung kommt und wir kompromißlos an den Grundsätzen festhalten, gleichzeitig aber wahrnehmbare Liebe beweisen, dann kann die Welt hier etwas sehen, etwas, woraus sie schließen kann, dass hier wirklich Christen sind und Jesus tatsächlich vom Vater gesandt worden ist.

Praktizierte Liebe

Lassen Sie mich zwei eindrucksvolle Beispiele von solch wahrnehmbarer Liebe erwähnen. Das eine trug sich unmittelbar nach dem letzten Krieg innerhalb der Brüderbewegung in Deutschland zu.

Um die Kirche in den Griff zu bekommen, befahl Hitler durch gesetzliche Gleichschaltung den Zusammenschluß aller religiösen Gruppen in Deutschland. Die Brüdergemeinde spaltete sich über dieser Frage. Die eine Hälfte beugte sich dem Diktat, und die andere Hälfte verweigerte den Gehorsam. Die Nachgiebigen hatten natürlich viel weniger Schwierigkeiten, aber der organisatorische Zusammenschluß mit liberalen Kreisen verwässerte allmählich ihre klare Lehre und ihr geistliches Leben.

Können wir uns die emotionale Spannung vorstellen? Der Krieg ist vorbei, und diese Christen stehen sich wieder gegenüber. Sie vertraten dieselbe Lehre und hatten für mehr als eine Generation zusammengearbeitet. Was sollte nun geschehen? Da ist ein Mann, der den Tod seines Vaters im Konzentrationslager beklagt und der die anderen sieht, die solchen Prüfungen entgangen sind. Doch auch auf der anderen Seite gibt es viele gefühlsmäßige Vorbehalte.

Schritt um Schritt kamen diese Brüder nun zu der Überzeugung, dass es so einfach nicht weitergehen konnte. Es wurde ein Zeitpunkt für ein Treffen der Ältesten aus beiden Gruppen an einem ruhigen Ort angesetzt. Ich fragte den Mann, der mir das erzählte: »Was haben Sie nun getan?« Er antwortete: »Das will ich Ihnen sagen. Wir kamen zusammen, und einige Tage lang prüfte ein jeder sein eigenes Herz.« Hier bestand eine wirkliche Uneinigkeit; die Gefühle waren zutiefst aufgewühlt. »Mein Vater kam ins Konzentrationslager, meine Mutter ist verschleppt worden.« Solche Erfahrungen sind nicht nur kleine Kieselsteine im Fluß der Ereignisse; sie reichen in die tiefsten Quellen menschlicher Empfindungen hinab. Diese Menschen aber verstanden das Gebot Christi in ihrer Lage, und so verharrten sie mehrere Tage hindurch in Selbstprüfung und dachten über die eigenen Fehler und über die Gebote Christi nach. Dann kamen sie wieder zusammen.

Ich fragte den Mann: »Was geschah nun?« »Wir waren einfach wieder eins«, antwortete er. Genau das meint Jesus, davon bin ich überzeugt. Der Vater hat den Sohn gesandt!

Getrennt, und doch eins

Der Grundsatz, von dem wir sprechen, ist allgemeingültig, überall und jederzeit zutreffend. So möchte ich nun ein zweites Beispiel geben ‑ eine andere Anwendung desselben Grundsatzes.

Ich habe jahrelang Ausschau gehalten, um zu sehen, ob je einmal zwei Gruppen von wiedergeborenen Christen, für die eine Zusammenarbeit aus guten Gründen nicht möglich ist, sich ohne bittere gegenseitige Vorwürfe trennen könnten. Lange Zeit habe ich auf das Ereignis gehofft, dass zwei Gruppen, die eine organisatorische Einheit nicht mehr aufrechterhalten können, der außenstehenden Welt den Beweis der weiterbestehenden Liebe zueinander bieten würden.

Theoretisch sollte natürliche örtliche Gemeinde ihren Dienst in allen Schichten der Gesellschaft ausüben können. In der Praxis müssen wir aber zugeben, dass dies in gewissen Situationen sehr schwierig ist. Die Bedürfnisse der verschiedenen Gesellschaftsschichten sind doch sehr unterschiedlich.

Vor kurzem ist ein Problem dieser Art in einer Gemeinde einer großen Stadt im mittleren Westen der Vereinigten Staaten entstanden. In diese Gemeinde kam eine Reihe von Leuten, die sich in ihrem Lebensstil bewußt modern gaben. Mit der Zeit kam der Pastor zur Überzeugung, dass er in Amt und Predigt nicht beiden Teilen dienen konnte. Manchen mag das gelingen, er fand es jedoch unmöglich, allen Gruppen seiner Gemeinde ‑ sowohl den »Langhaarigen« und ihren avantgardistischen Begleitern, als auch den Leuten aus der umliegenden Nachbarschaft ‑ gerecht zu werden.

Das Beispiel sichtbarer Liebe, das ich nun beschreiben will, darf nicht als in der heutigen Zeit selbstverständlich betrachtet werden. In unserer Generation kann sich die Lieblosigkeit nur zu leicht in beiden Richtungen zeigen: Menschen der bürgerlichen Mittelschicht können sehr wohl den langhaarigen Christen gegenüber distanziert und lieblos sein, genauso wie auch diese langhaarigen Christen mit den kurzhaarigen unfreundlich umgehen können.

Nach einem längeren Versuch der Zusammenarbeit versammelten sich die Ältesten und kamen überein, zwei Gemeinden zu organisieren. Es wurde ausdrücklich unterstrichen, dass die Trennung nicht wegen verschiedener Lehrauffassungen stattfand; die Teilung erfolgte aus reiner Zweckmäßigkeit. Ein Mitglied des Ältestenrates begab sich zu der neuen Gruppe. In Beratungen des ganzen Ältestenrates wurde ein ordnungsgemäßer Übergang ausgearbeitet. Nun bestehen zwei Kirchen nebeneinander, die in tatsächlicher Liebe miteinander verkehren.

Hier wurde die organisatorische Einheit aufgegeben, um der wahren Liebe und Einheit Raum zu schaffen, und zwar einer Liebe und Einheit, die die Welt zu sehen vermag. Der Vater hat den Sohn gesandt!

Aus innerster Überzeugung möchte ich noch einmal betonen, dass wir im Ringen um die rechte Verkündigung des Evangeliums in diesem zwanzigsten Jahrhundert unsere Botschaft unbedingt durch unsere wahrnehmbare Liebe glaubwürdig machen müssen. Diese entscheidende Apologetik dürfen wir nicht vernachlässigen! Die Welt beobachtet uns mit vollem Recht, um zu sehen, wie wir als wahre Christen handeln, wenn Meinungsverschiedenheiten auftreten, und sie sollte sehen können, dass wir einander lieben. Unsere Liebe muß eine Form annehmen, die die Welt beobachten kann; sie muß sichtbar sein.

 

Das eine wahre Kennzeichen

Noch einmal wollen wir die Bibelworte betrachten, die das Kennzeichen des Christen so deutlich beschreiben:

Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet; dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt Johannes 13, 34‑35).

Auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast Johannes 17, 21).

Was wollen wir nun festhalten? Vorab, dass wir Christen aufgerufen sind, so wie der Samariter den halb tot geschlagenen Menschen mit Liebe umgab, alle Menschen als unsere Nächsten zu lieben, ja, sie zu lieben wie uns selbst. Des Weiteren sind wir ge­heißen, allen wahren christlichen Brüdern auch inmitten von Meinungsverschiedenheiten ‑großen oder kleinen ‑ Liebe zu erweisen; sie auch dann zu lieben, wenn es uns etwas kostet, sie auch in Zeiten höchster Spannungen und Gefühlskrisen zu lieben und sie so zu lieben, dass die Welt es sehen kann. Wir sind, kurz gefaßt, aufgefordert, in all unserem Verhalten Gottes Heiligkeit und Gottes Liebe zu beweisen, sonst betrüben wir den Heiligen Geist.

Liebe ‑ und die durch sie bezeugte Einheit ‑ ist das den Chris­ten von Christus gegebene Kennzeichen, das sie der Welt vorweisen sollen. Nur durch dieses Kennzeichen kann die Welt erkennen, dass die Christen wirklich Christen sind und dass Jesus vom Vater gesandt worden ist.

          Dem Francis A. Schaeffer – Buch DIE GROSSE ANPASSUNG entnommen von Horst Koch, Herborn, im Oktober 2006

          Außerdem erhältlich von F.A. Schaeffer: DIE NEUE RELIGIÖSE WELLE

          www.horst-koch.de

          info@horst-koch.de




Tätowieren u. Piercen (A.Seibel)

Alexander Seibel

TÄTOWIEREN und PIERCEN – eine harmlose Jugendmode?

Man schätzt, daß bereits mehr als drei Millionen Deutsche tätowiert sind. Tendenz steigend. Die Symbole variieren tausendfach, von Schlangen, Elfen, Totenköpfen bis Rosen. Diese Tattoos (moderne Bezeichnung für Tätowierungen) sind besonders bei jungen Leuten sehr gefragt. So schreibt eine Tageszeitung schon 1996 unter der Überschrift “Bilder, die unter die Haut gehen”: “Die Fans des Körperkults sind in den 2000 Tattoo-Studios auf der Suche nach der neuen Herausforderungen, nach dem ultimativen Kick. Erlaubt ist, was gefällt: Body-Painting, Nasenringe, Piercing-Metall an allen Körperteilen.” Gleichzeitig werden immer bizarrere Formen angeboten, die zum Teil auch schmerzhaft sind.

Neu im Trend liegt “Branding”, wo die “Opfer” einiges aushalten müssen, wenn sich ein auf 1000 Grad erhitzter Stempel auf ihre Haut preßt. Für noch härtere Typen gibt es das “Tuckering”, bei dem Metallklammern in die Haut geknipst werden.

Fazit: Was früher als Strafe, Demütigung, Entstellung oder Kennzeichnung von Sklaven empfunden bzw. praktiziert wurde, gilt heute als „cool“ und findet wachsende Anhängerschaft. So schreibt wiederum eine Zeitschrift zum Thema Piercing: Ein Ring durch die Nase, den Bauchnabel oder im Intimbereich ist “in”. Ringe im Ohr von jungen Männern sind auch immer mehr gefragt. Inzwischen ist es bald eine Teenagermode geworden.

Fraglich wird es, wenn auch Fromme sich derartig “outen”; vor allem vor dem Hintergrund, daß die ersten Männer, die mit solchem „Schmuck“ im Ohr auftraten, in den 60er Jahren die Homosexuellen waren. Es war damals ihr Erkennungszeichen. Natürlich denken die gläubigen Teenager nicht daran und es hat heute längst nicht mehr diese Bedeutung. Doch kann man die Wurzel einer Entwicklung völlig ignorieren?

Ringe im Ohr und auch in der Nase der israelitischen Frau galten dagegen gemäß der Bibel als Schmuck (Hes. 16,12) und besonders der Nasenring als Symbol der Unterwerfung der Frau unter die Autorität des Mannes bzw. eines anderen (1. Mose 24,47). Dieses Bild gebraucht die Bibel dann auch an anderer Stelle als Symbol für das Gericht, in diesem Fall über das Heer Assyriens. „Weil du denn gegen mich tobst und dein Übermut vor meine Ohren gekommen ist, so will ich dir meinen Ring in deine Nase legen…“ (2. Kön. 19,28; Jes. 37,29).

Zur Zeit des Alten Testaments wurde einem Sklaven, der bei seinem Herrn bleiben wollte, als Kennzeichen seiner freiwilligen Unterwerfung ein Pfriem durch sein Ohr gestoßen, “und er sei ein Sklave für immer” (2. Mose 21,6 und 5. Mose 15,17). Darf hier eine Parallele, keine dogmatische Aussage, angedacht werden? Ist dies womöglich ein Kennzeichen dafür, daß man sich jemand anderem bewußt oder unbewußt als Sklave zur Verfügung gestellt hat?

Die Bibel spricht davon, daß es einen unsichtbaren Sklavenhalter gibt, der die Menschen durch die Sünde an sich fesselt und sie nennt ihn auch den Gott dieses Zeitalters (Joh. 8,34 und 2. Kor. 4,4).

Insider nennen die 90er Jahre das Jahrzehnt der Homosexuellen. Vielleicht werden nachkommende Kirchenhistoriker unser Jahrzehnt das nennen, in dem sich die (westliche) Christenheit am rasantesten dem Zeitgeist angeglichen hat.

Tätowieren war früher das Markenzeichen der Halb- und Unterwelt, und wurde bevorzugt von Strafgefangenen praktiziert. Diese Praktiken entstammten den Naturvölkern, die sich vor allem aus religiösen und kultischen Gründen solche Hautveränderungen beibrachten.

In Gottes Wort werden Einritzen oder Schnitte in die Haut, in gewisser Hinsicht Vorläufer der heutigen ausgefeilten Techniken und Praktiken, ausdrücklich verboten (3. Mose 19,28; 21,5). “Ihr seid Kinder des Herrn, eures Gottes. Ihr sollt euch um eines Toten willen nicht wund ritzen noch kahl scheren über den Augen” (5 Mose 14,1). Solche Handlungen wurden in der heidnischen Welt gewöhnlich in Verbindung mit Trauer um einen Verstorbenen praktiziert. Die Warnungen der Schrift sind nicht ohne Grund, obwohl die Bibel eine tiefere Erklärung für jenes Verbot nicht gibt. Die Kommentatoren zu diesen mosaischen Stellen sind jedoch ziemlich einmütig in ihrer Interpretation. Der Wycliff Bible Commentary meint zu dem Gebot von 3. Mose 19,28: “Es verbat irgendeine willentliche Entstellung der Person. Sowohl Einschnitte wie Tätowierung des Leibes wurden von den Heiden praktiziert” (Wycliff Bible Commentary, S. 101).

Ein anderer Kommentator schreibt zu der gleichen Bibelstelle: “Die Praxis, sich Einschnitte in Gesicht, an Armen und Beinen zuzufügen als Ausdruck der Trauer, war universell unter den Heiden verbreitet. Es wurde als Kennzeichen des Respekts vor den Toten gewertet, wie auch als Versöhnungsopfer für die Götter gedacht, die über den Tod herrschen. Die Juden hatten diese Sitten in Ägypten gelernt, und standen in der Gefahr, darin wieder zurückzufallen (Jer. 16,6; 47,5). Tattoos waren auch mit dem Namen von Dämonen verbunden und waren ein bleibendes Zeichen des Abfalls bzw. der Rebellion.”

Ob man solche Aussagen in dieser Schärfe treffen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Doch sollte nachdenklich stimmen, daß der Tätowierungsboom einhergeht mit dem Aufblühen heidnischer, esoterischer Strömungen. Von daher ist es bemerkenswert, daß die Bibel von dieser Praxis im Zusammenhang mit dem Gericht Gottes über die Völker redet (Jer. 41,5; 48,37).

Deshalb sollten Christen von jeglicher Form der Tätowierung Abstand nehmen. So schreibt ein Informationsblatt zum gleichen Thema: „Seelsorger wissen zu berichten, daß Menschen mit Tätowierungen, die zu Christus finden, immer wieder ‘instinktiv’ spüren, daß ihre Hautbilder nicht zu ihrem neuen Stand als Gotteskinder passen.“

In Verbindung mit 5. Mose 14,1 schreibt derselbe Kommentator: “Obwohl diese Handlungen in sich selbst unschuldig erscheinen mögen, waren sie verbunden mit Praktiken und Glaubensvorstellungen, die Gott zuwider waren. “Schnitte in die Haut zur Steigerung der religiösen Verzückung schildert 1. Kön. 18,28. Dieser Vers berichtet davon, wie die Baalspriester um ihren Altar tanzten und sich dabei in das Fleisch ritzten, bis sie bluteten und in Ekstase geraten waren. Der Wycliff Bible Commentary bemerkt zu der Technik, durch Tanz eine geistliche “Verklärung” zu erreichen: „Solche Praktiken sind auch heute nicht unbekannt bei gewissen tanzenden Derwischen“ (ibid, S. 333).

Manches christliche Festival bzw. Jugendtreffen erinnert in verblüffender Weise, was jedenfalls die Körperbewegungen anbelangt, solche einem Auftritt von Baalspriestern, wo man nach uralten heidnischen Methoden versucht, einen veränderten Bewußtseinszustand herzustellen. Die damit verbundene rauschartige Beglückung wird als Wirkung des heiligen Geistes angesehen, denn, so wird argumentiert, es war ja ein christliches Konzert, das man besuchte. Bei der Warnung des Paulus in 1. Kor. 10,7 erwähnt die Bibel u.a., wie das Volk “spielte”. Das im Griechischen gebrauchte Verb “paizo” heißt wörtlich, sich wie ein Kind benehmen, und kann mit springen, hüpfen, tanzen übersetzt werden.

Noch ein erschreckender Gedanke drängt sich auf. Im Buch der Offenbarung gibt es ja die berühmte Prophetie, wie am Ende der Tage jeder die Zahl des widergöttlichen Tieres annehmen muß. Es kommt also zu einer Art “globalen Tätowierung” bzw. einem “Massenpiercing” oder wie auch immer die Kennzeichnung der Menschen durchgeführt wird. Nach dem gegenwärtigen Stand der Entwicklung hat man den Eindruck, daß bei dieser Generation gegenüber solch einer “Brandmarkung” immer weniger Berührungsängste bestehen.

 Alexander Seibel

 

 

Richard Kriese

OKKULTISMUS IM ANGRIFF

Auszug aus Kapitel 5: Magie – Experiment mit dem Übersinnlichen?

Tätowierungen. Das Wort Tätowierung ist von einem polynesischen Wortstamm abgeleitet. In Tahiti bedeutete das »tautau« ein Zeichen jeder Art. Die Tätowierung durch Farbzeichen oder Schmucknarben  oder wie heutzutage durch kleine, mit einem Farbstoff gefüllte Hautpunktierungen  ist ein alter und verbreiteter Brauch. Aus folgenden Gründen ließ man sich tätowieren:

1. Aus Furcht vor dem Unbekannten. Tätowierungszeichen waren eine Art Zauber, der den Menschen vor dem bösen Blick und vor Krankheit schützen sollte. Tätowierungen wurden benutzt, um übernatürliche Gefahren abzuwehren.

2. Erotische Wünsche. Man sah im Tätowieren ein wirksames Mittel zur Erhöhung der Männlichkeit und der Anziehungskraft auf das andere Geschlecht.

3. Um einen bestimmten Stand zu kennzeichnen. Tätowierungen wurden als Stammeszeichen, als Berufskennzeichen, als Zeichen des Ranges oder der Kaste und als Zeichen dafür verwendet, ob ein Mann oder eine Frau verheiratet waren oder nicht.

4. Als Zeichen der Tapferkeit. Manchmal dienten Tätowierungen als Tapferkeitszeichen und sollten beweisen, daß der Betreffende große Schmerzen ertragen konnte.

5. Als künstlerisches Experiment. Manche Völker gestalteten bei ihren künstlerischen Versuchen nicht nur Steine oder Holz, sondern benutzten ebenso den Körper des Menschen.

6. Tätowierungen waren ein bleibendes Kennzeichen in Kriegszeiten. An seinen Tätowierungen konnte ein Soldat auf dem Schlachtfeld leicht wiedererkannt werden, gleichgültig, ob er noch lebte oder schon tot war.

7. Als Ausdruck einer religiösen Überzeugung. Die Hindus von Bengalen glaubten, daß ein Mensch ohne Tätowierungen kaum im Jenseits Aufnahme findet.

Wer zu Jesus Christus gehört, sollte sich nicht tätowieren lassen. Die Bibel verbietet das. Gott läßt dem alttestamentlichen Israel sagen: »Ihr sollt euch am Leibe keine Einschnitte machen wegen eines Toten und keine Tätowierung anwenden« (3. Mose 19, 28). Ebenso wird in 3. Mose 21, 5 gesagt, daß man sich kein »Mal stechen lassen« darf, also keine Tätowierungen; denn sie sind Ausdruck des Aberglaubens, Zeichen der Eitelkeit und hinterlassen nicht zuletzt bleibende Merkmale, die sich nur operativ entfernen lassen.

Im gewissen Sinne gehört auch das Friedenszeichen in den Bereich der Magie. Gemeint ist ein auf dem Kopf stehendes abgewinkeltes Kreuz. Dazu einige geschichtliche Hinweise. Der eigentliche Ursprung des auf dem Kopf stehenden Kreuzes geht auf das erste Jahrhundert nach Christus zurück. Es ist auch bekannt als Petrus-Kreuz mit abfallenden Balken oder als Todesrune. Kaiser Nero, der es entwerfen ließ, wollte damit seine Respektlosigkeit Gott gegenüber bekunden. Seit dieser Zeit ist es als »Nerokreuz« oder als Zeichen der besiegten Juden bekannt.

Im Jahre 711 fielen die maurischen Horden in Spanien ein und richteten ihr antigöttliches Herrschaftsreich auf. Auf dem Schild der Eroberer befand sich dieses Kreuz. Francesco Mario Gauzzo bezeichnet das Symbol in seinem »Compendium Maleficarum« im Jahre 1608 als Hexenfuß. Während des spanischen Bürgerkrieges brannte man dieses Abzeichen den Zigeunern und Juden auf den Körper und brandmarkte sie damit wie zur Zeit der Inquisition.

Dr. Gerhard Encausse bezeichnet es in »Wissenschaft und Okkultismus« als das beliebte Symbol der Anhänger Satans aller Jahrhunderte. Es verhöhnt den allmächtigen Gott und setzt das Vertrauen auf den Teufel. Anton Lavey, ein Anbeter des Teufels, erklärte im November 1968:
»Die Masse, die dem Bösen anhängt, verkehrt das Vaterunser, vermischt es mit Obszönitäten und tritt das Kreuz Christi mit Füßen oder hängt es auf den Kopf gestellt auf.« Es gibt Nichtchristen, die in diesem Zeichen des nach unten abgewinkelten Kreuzes ein geheimes Symbol sehen, um ihre antichristliche Einstellung kundzutun.

Viele glauben, dieses Symbol sei am 21. Februar 1958 als Emblem für den Osterfriedensmarsch in England entworfen worden. Andere meinen, es sei erstmals im Zusammenhang mit der Aktion »bann the bomb« verwendet worden, einer Bewegung gegen den Gebrauch von Atomwaffen. Bertrand Russell, englischer Mathematiker und Philosoph, Gründer dieser Bewegung und bekannt durch seine antigöttliche Einstellung, gab selbst einmal zu, mit dem Satan verbündet zu sein.

Diese Informationen sind nicht unwichtig. Man sollte wissen, was das Friedenszeichen denen bedeutet, die es tragen. Wirklicher Friede wird nicht durch ein Symbol erreicht oder durch eigene Vorstellungen, sondern allein durch das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus. Die Bibel sagt: »Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus.« Über die Bedeutung dieses Friedens durch das Kreuz braucht niemand im unklaren zu sein. Das Kreuz bedeutet für den Menschen, der sich entschlossen hat, Jesus Christus nachzufolgen: Das Ich muß sterben, und das Leben muß dem Friedensbringer, nämlich Jesus Christus, zum Eigentum ausgeliefert werden.

Jesus bringt einen Frieden, der von innen nach außen geht. Darum sagt er: »Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.« Die Sehnsucht nach Frieden wird niemals dadurch gestillt, daß man das Kreuz Christi verleugnet, an dem er gestorben ist, sondern dadurch, daß man sich ihm anvertraut und dadurch den Frieden mit Gott bekommt. Junge Leute, die bewußt ihr Leben an Jesus Christus abgegeben haben, sollten niemals ein auf dem Kopf stehendes abgewinkeltes Kreuz tragen; nicht zuletzt deshalb, weil es auch okkulte Bedeutung hat.

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Homosexualität (M.Seemann)

– Homosexualität –
Veranlagung, Schuld oder legitime Selbstverwirklichung?

– Eine ethische Auseinandersetzung –
von Michael Seemann

Lange Zeit hatte ich mich mit dem Thema Homosexualität nur theoretisch beschäftigt. Diverse Bücher, Artikel in Zeitungen und Zeitschriften sowie Sendungen im Fernsehen waren mir dabei wertvolle Informationsquellen gewesen. Aber dann hatte ich Ende September diesen Jahres ein Erlebnis, durch das die Thematik dieses Referates eine neue, ganz praktische Bedeutung für mich gewonnen hat. Kurz vor Vorlesungsbeginn machte ich einen Tagesausflug in meine Heimatstadt München, in der ich geboren bin. Ich wollte dort alte Freunde treffen, einen Stadtbummel machen und dann abends, als krönenden Abschluß, das Oktoberfest besuchen. Da ich an diesem Tag in der ganzen Stadt unterwegs sein wollte, kaufte ich mir ein Tagesticket für die U-Bahn.

Wer in München schon einmal U-Bahn gefahren ist, der weiß, auf was für ein Abenteuer ich mich dabei eingelassen hatte. Es gibt in München zwar viele U-Bahn-Linien, deren Zugang und Richtung sind aber sehr schlecht ausgeschildert. Und so stand ich schon nach einiger Zeit kopfschüttelnd im Münchner Untergrund und versuchte verzweifelt, eine bestimmte U-Bahn-Linie zu finden. Als ich gerade dabei war, intensiv eine wirre Karte des Münchner U-Bahn-Netzes zu studieren, wurde ich plötzlich von einem Mann mittleren Alters angesprochen. Er hatte mich während meines Suchens schon prüfend gemustert, aber ich hatte mir nichts dabei gedacht.

“Wo wollen Sie denn hin?” fragte der Mann. Ich nannte ihm den gewünschten Zielort. Daraufhin machte mich der Mann darauf aufmerksam, daß ich falsch sei. Er könne mir aber den richtigen U-Bahnsteig zeigen, er sei zufällig in der gleichen Richtung wie ich unterwegs. Die Sache kam mir zwar etwas seltsam vor, aber ich war ganz dankbar, jemanden gefunden zu haben, der sich auskannte.

Und so marschierte ich geduldig neben dem Mann her. Dabei fragte er mich, was ich denn in München wolle. Offenbar hatte er mich schnell aufgrund meines Dialekts als Tourist erkannt. Ich erzählte ihm kurz von meinen Plänen. “Wo wollen Sie heute Nacht wohnen?” fragte mich mein Gegenüber beiläufig. “Nirgends”, antwortete ich ihm. “Kurz nach Schließung des Oktoberfestes setzte ich mich ins Auto und fahre heim”.

Und nun kam etwas, das mich total verblüffte. “Das muß nicht sein”, sagte der Mann. “Sie können doch bei mir übernachten”.

Mir wurde leicht mulmig zumute. “Warum bieten Sie mir das an?” fragte ich ihn. “Nun”, bemerkte der Mann herausfordernd, “für einen netten jungen Mann habe ich immer ein Zimmer frei. Wir können doch gemeinsam aufs Oktoberfest gehen und auch hinterher noch interessante Dinge gemeinsam machen … “

Ich war sprachlos. Es war das erste Mal, daß ich einem Menschen gegenüberstand, der sich ganz offen als Homosexueller zu erkennen gab, der kein Geheimnis daraus machte, wie er fühlte und was er wollte – auch sexuell wollte.

Und dieser Mann sah nicht so aus, wie ich mir einen Homosexuellen vorgestellt hatte (affektiert, Lederjacke, weibische Stimme – Klischees), er sah aus, wie viele andere Männer auch, war modisch gekleidet, sprach ruhig und sachlich und machte einen freundlichen Eindruck.

Irgendwie wußte ich nicht, wie ich ihm begegnen sollte. Ich machte ihm deutlich, daß ich seiner “Einladung” nicht Folge leisten könne. Ich erzählte ihm von meinem Christsein, daß ich mich Gottes Geboten unterordnen wolle und wie mir Jesus zum persönlichen Gegenüber geworden ist.

Daraufhin hatte es der Mann plötzlich eilig, er verabschiedete sich kurz und war schnell in den Menschenmengen der U-Bahn verschwunden, wohl auf der Suche nach einem willigeren Opfer.

Dieser Vorfall hat mich sehr nachdenklich gemacht. Auf der Heimfahrt wurde mir bewußt, daß ich nur sehr theoretisch um Homosexualität und die damit verbundenen Probleme wußte und mir kaum Gedanken gemacht hatte, wie man mit Homosexuellen umgeht oder ihnen helfen kann. Zu eindeutig war mir immer der Gedanke gewesen, daß Homosexualität unnormal sei und von Gott abgelehnt werde. Zu selbstverständlich war es mir immer erschienen, daß es normal sei, heterosexuell zu sein. Und nun wurde ich mit einem Mann konfrontiert, der anders, der schwul war. Ich erinnere mich auch des Gefühls, das ich gegenüber dem Homosexuellen empfand – da war eine Mischung aus Verwunderung, Betroffenheit und – Abscheu.

Die Frage jedoch, die mich am meisten bewegt hat, ist auch Thema dieses Referates. War dieser Mann nur durch eine Veranlagung zur Homosexualität determiniert worden oder hatte er sich frei dazu entschieden? Hatte er sich mit seinem Lebensstil vor Gott schuldig gemacht oder war seine Homosexualität eine legitime Form, sich selbst zu verwirklichen?

Ich werde versuchen, in meinem Referat auf diese Fragen einzugehen und sie zu beantworten.

 

A. Grundlegende Vorbemerkungen

A.1 Definition von “Homosexualität”

Der Begriff Homosexualität wurde vermutlich zuerst von dem ungarischen Arzt K.M. Benkert im Jahre 1869 in die Diskussion eingeführt. Er war ein Vorkämpfer für die Anerkennung der Homosexualität (er war selbst homosexuell) und kämpfte, wie er sagte, für das freie Recht auf gleichgeschlechtliche Sexualausübung

Verschiedene Wörterbücher definieren “Homosexualität” ähnlich wie Benkert:

– Magee (Arzt und Psychiater) schreibt in seinem Buch “Einer unter zwanzig”: “Homosexualität bezeichnet die sexuellen Beziehungen zwischen Partnern desselben Geschlechts, gleichviel ob zwischen Männern oder zwischen Frauen. Für die homosexuelle Frau gibt es eine eigene Bezeichnung (Lesbierin), für den homosexuellen Mann nicht”.

– Wörterbuch der medizinischen Fachausdrücke: “Homosexualität – sexuelle Kontakte unter gleichgeschlechtlichen Partnern”.

Auch bei vielen christlichen Autoren sind ähnliche Beschreibungen des Begriffs “Homosexualität” zu finden. So schreibt z.B. John White in seinem Buch “Eros – Segen oder Fluch?

“Ein homosexueller Akt ist dazu bestimmt, zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts einen sexuellen Orgasmus zu bewirken. Ein Homosexueller ist ein Mann oder eine Frau, die homosexuelle Akte vollziehen”.

Alle diese Definitionen betonen sehr stark das Verhalten des Menschen. “Derjenige, der gleichgeschlechtliche Sexualkontakte vollzieht, ist homosexuell”.

Gegen diesen Standpunkt wird jedoch von den Betroffenen entschieden Einspruch erhoben. Homosexualität sei sehr viel mehr als der bloße Sexualakt. So schreibt der Diplom-Psychologe Thomas Grossmann, der in der Beratung Homosexueller und deren Angehörigen steht:

– “Homosexualität bedeutet – als Mann einen Mann und als Frau eine Frau zu lieben.

– Gegenüber Angehörigen des Geschlechts zärtliche Gefühle zu haben;

– sich sexuell stärker oder ausschließlich durch gleichgeschlechtliche Partner angezogen zu fühlen;

– als Mann Freude am Anblick von Männern zu haben und als Frau die Ausstrahlung einer Frau zu mögen.”

Der letzte Punkt ist natürlich sehr hart formuliert. Bin ich allein schon deswegen homosexuell, weil mir als Mann ein anderer Mann sympathisch ist oder ich sagen kann: “Der sieht aber gut aus”? Wäre dann nicht in jeder Freundschaft ein homosexuelles Element enthalten? Grossmann bejaht dies. Der Mensch sei von Natur aus bisexuell. Wenn “zwei Mädchen Arm in Arm gehen oder wenn ein Vater mit seinem Sohn schmust, ist strenggenommen Homosexualität im Spiel”.

Jedenfalls weichen Grossmann – und daneben viele Homosexuelle — deutlich von der Betonung des Verhaltens, des Tuns (Sexualakt) ab und betonen das Emotionelle, das Gefühl als Grundlage der Homosexualität. Sehr oft wird dabei der Begriff Homosexualität mit dem Begriff Homophilie ersetzt.

Aber auch diese Definition ist nicht unumstritten. Viele Betroffene lehnen sie ebenfalls ab, da durch sie der Eindruck entstehe, als spiele die Homosexualität bei gleichgeschlechtlichen Partnern keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Einen Ausweg aus dieser Diskussion fand der Holländer Hermann van de Spijker mit seiner Wortschöpfung Homotropie. Dieses Wort ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet “auf das Gleiche gerichtet sein” Spijker bezeichnet konsequenterweise die Heterosexualität mit Heterotropie.

Nach dem Schweizer Theologen G. Looser umfaßt sowohl der homotrope als auch der heterotrope Zustand drei Ebenen: die personale, die erotische und die sexuelle Ebene. In der Homotropie sei die personelle Ebene die Homophilie, die erotische die Homoerotik und die sexuelle die Homosexualität. “Homotropie schließt nichts aus, sondern alles ein” (G.Looser).

Wir haben es also hier mit drei Definitionen zu tun, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen (Verhalten = Sexualakt/ Homophilie auf emotionelle Bindung/Homotropie auf ein Zusammenwirken von Sexualakt und Gefühl).

Welche ist nun zutreffend?

Die Betonung des Verhaltens hat ihre Schattenseiten. Der holländische Arzt und Psychologe van den Aardweg macht mit Recht deutlich, daß “nicht alle sexuellen Kontakte oder Manipulationen mit Mitgliedern des gleichen Geschlechts im eigentlichen Sinn des Wortes homosexueller Natur sein müssen. Jungen können vorübergehende Kontakte mit gegenseitiger Selbstbefriedigung mit anderen Jungen haben und in einigen nicht-westlichen Kulturen mögen Menschen aus rituellen Gründen gleichgeschlechtliche Sexualakte unterhalten, ohne daß diese Verhaltensweisen die charakteristischen Merkmale einer echten homosexuellen Motivation aufweisen”. (G.I.M. van den Aardweg, Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen – Analyse und Therapie, 1985). Auch die Betonung des Emotionellen als bestimmenden Faktor der Homosexualität hat ihre Schwachpunkte. Wer homosexuelle Partnerschaften idealisiert (“die einzig wahre Partnerschaft”, “die reinste Form der Liebe”) und so das Erotische in den Hintergrund stellt, der geht an den Tatsachen vorbei.

So bleibt nur die dritte Definition übrig, die der Homotropie. Wenn ich hier den Begriff “Homosexualität” gebrauche, dann deswegen, weil er allgemein üblich ist, um gleichgeschlechtliche Beziehungen zu beschreiben. Er ist aber stets als Synonym zu Homotropie zu verstehen. Homosexualität, um bei diesem weitverbreiteten Begriff zu bleiben, ist also mehr als der gleichgeschlechtliche mechanische Geschlechtsakt und mehr als eine idealisierte “Liebe” zum gleichen Geschlecht, bei welcher der Sexualakt kaum vorkommt, sondern wie van Aardweg formuliert: “eine erotische und gefühlsmäßige Neigung zum eigenen Geschlecht, die mit einer Verminderung der erotischen Neigung zum anderen Geschlecht einhergeht”. Dabei kann unterschieden werden zwischen einer passageren (vorübergehenden) Homosexualität, die etwa während einer Entwicklungsphase in der Pubertät vorkommen kann, und einer chronischen, d.h. bleibenden Homosexualität.

 

A.2 Arten der Homosexualität / Typen der Homosexualität

Die Art und Weise, wie bei der Definition des Begriffes “Homosexualität” unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, beweist eindrücklich, daß es den typischen Homosexuellen nicht gibt (z.B. den weichlichen Mann mit der weiblichen Stimme, die vermännlichte Frau etc.).

Befürworter und Gegner der Homosexualität sind sich darüber einig, daß viele Stufen und Varianten der Homosexualität existieren.

Der Amerikaner Alfred Kinsey befragte zwischen 1938 und 1953 mehr als 10.000 amerikanische Männer und Frauen über ihr sexuelles Verhalten. Seine Ergebnisse faßte er in einem Modell zusammen, das sieben verschiedene Gruppen von Menschen unterscheidet.

Gruppe 0 besteht aus allen Menschen, die ausschließlich heterotrope Neigungen haben, Gruppe 6 aus Menschen mit ausschließlich homotropen Neigungen, die bisher nur homoerotische Erfahrungen haben. Gruppe 6 enthält also Menschen, die 100-Prozent unserer Definition von Homotropie entsprechen.

Die Gruppen 1-5 sind nach Kinsey Zwischenformen, in denen Menschen mehr oder weniger homotrope Neigungen haben, bei denen aber immer noch ein mehr oder weniger großer Rest heterotroper Neigungen vorhanden ist, d.h. die eine Vorliebe für das eigene Geschlecht haben, aber dennoch beim anderen Geschlecht eine gewisse Befriedigung suchen und finden. Die Angehörigen der Gruppen 1-5 sind also bisexuell.

Dieses Schaubild illustriert deutlich, wie viele unterschiedliche Stufen der Intensität homosexueller Neigungen existieren. Auch van den Aardweg stimmt an diesem Punkt mit Kinsey überein. Wie Kinsey unterscheidet er Menschen, die hundertprozentig homotrope und hundertprozentig heterotrope Neigungen haben. Neben diesen beiden Gruppen unterscheidet er Menschen, bei denen Phasen mit heterosexuellem und Phasen mit homosexuellem Interesse einander abwechseln.

Auch bleibt festzuhalten, daß die Ausrichtung homosexueller Menschen oft sehr unterschiedlicher Art ist. Es gibt homosexuelle Menschen, die möglichst viele Kontakte suchen, die also den Schwerpunkt auf den Sexualakt legen und oft zufällige Begegnungen für eine Nacht haben. Bei ihnen wissen die Partner oft kaum etwas voneinander.

Andere versuchen, den Schwerpunkt auf eine stabile, gefühlsmäßige Partnerschaft, bis hin zu einer Art Heirat zu legen (ungeachtet dessen, ob sie eine solche Beziehung wirklich durchzuhalten vermögen).

Es gibt homosexuelle Menschen, die eine ganz bestimmte Art von Partnern bevorzugen, etwa hinsichtlich ihres Körperbaus, ihres Benehmens oder Alters (z.B. Fixierung auf Jugendliche bzw. ältere Männer), andere haben verschiedene Typen von Partnern, denen ihre Präferenz gilt. Manche sind überhaupt nicht wählerisch, sie nehmen, was sie bekommen.

Einige Typen von Homosexuellen sind ausgesprochen feminin, viele jedoch sind äußerlich von ihrer Umwelt nicht zu unterscheiden.

Dieser kurze Abriß macht deutlich, daß es den Homosexuellen nicht gibt, daß man also die Homosexuellen nach der bevorzugten Art des Partners, der Stärke des Geschlechtstriebes u.a. Eigenschaften unterscheiden kann.

Das TIME Magazin unterscheidet u.a. folgende Typen von Homosexuellen

Der auffällige Homosexuelle:

Damit sind Menschen gemeint, die sich bewußt nach dem landläufigen Klischee eines Homosexuellen benehmen und darstellen, um damit ihre Homosexualität zum Ausdruck zu bringen. Als Beispiel wird dazu im TIME Magazin u.a. der hüftschwingende Kellner mit dem laschen Händedruck und der etwas hohen Stimme angeführt. Auch Menschen mit einer bestimmten Art von Kleidung (Lederkleidung, Ketten, Pink als bevorzugter Farbe etc.) und Transvestiten gehören dieser Gruppe an. Diese offenkundigen Homosexuellen werden sehr häufig auch von anderen Homosexuellen spöttisch belächelt.

Der militante Homosexuelle:

Auch er tritt aus der Anonymität heraus und steht zu seiner Überzeugung. Er tut dies nicht, indem er versucht, den Klischees über Homosexuelle zu entsprechen, sondern durch aktives Handeln in der Gesellschaft. Er proklamiert militant die Gleichstellung mit den Heterosexuellen und versucht auf jede nur denkbare Weise, seine Lebenseinstellung zu rechtfertigen. Häufig sind dabei Versuche, zu beweisen, jeder Mensch sei mehr oder weniger homosexuell veranlagt, die homotrope “Liebe” zu idealisieren und über jede andere Form von Liebe zu stellen. Der militante Homosexuelle ist für Gegenargumente taub und ist nicht bereit, über eine Änderung seiner sexuellen Orientierung nachzudenken. Er betont, Opfer einer gesellschaftlichen Diskriminierung zu sein und vergleicht sich häufig mit anderen unterdrückten Gruppen wie Juden oder Schwarzen.

Der verborgene Homosexuelle:

90 % der Homosexuellen halten ihre Neigung verborgen, ausgenommen sind ihre gleichgeschlechtlichen Partner, Liebhaber und hin und wieder ihre Psychiater. Sie geben sich unauffällig und konservativ. Weder ihre Ehepartner, Kinder oder Bekannte wissen etwas von ihren Neigungen. Sie kommen aus allen Klassen und Berufen und leben nach außen hin ein konventionelles Leben. Sie haben einen Kreis von Freunden, die sie heimlich treffen. Viele bekannte Persönlichkeiten mit homosexuellen Neigungen zählen zu dieser Gruppe.

Der bisexuelle Homosexuelle:

Viele verheiratete Homosexuelle täuschen Befriedigung beim Geschlechtsakt mit ihren Ehepartnern vor. Dies ist natürlich für homosexuelle Frauen leichter als für homosexuelle Männer. Aber auch diejenigen, die eine Vorliebe für das eigene Geschlecht haben, und dennoch beim anderen Geschlecht eine gewisse Befriedigung suchen und finden, gehören dieser Gruppe an.

Der verzweifelte Homosexuelle:

Er ist über sein homotropes Verlangen verzweifelt und möchte – anders als der militante Homosexuelle – davon loskommen (z.B. wegen gesellschaftlichen Drucks oder weil der Betreffende gerne eine Familie gründen würde). Er kommt jedoch von seinem Verlangen zum gleichen Geschlecht nicht los und wird immer wieder zu flüchtigen homosexuellen Erlebnissen gedrängt. Auch zu einer engeren Bindung ist er nicht fähig.

Der Gelegenheits-Homosexuelle:

Dazu zählen solche, die sich ohne Gefühle homosexuell betätigen: Drogensüchtige, die sich als Strichjungen anbieten, um Geld zu verdienen; Häftlinge, die keine andere Möglichkeit haben oder zum Sex gezwungen werden etc.; Menschen, die nur bzw. hauptsächlich mit Mitgliedern des eigenen Geschlechts zusammen sind bzw. sein müssen (z.B. Internatsschüler etc.).

Diese Gruppen sind nur der Versuch, verschiedene Typen der Homosexuellen schematisch darzustellen. Natürlich sind die Übergänge zwischen den einzelnen Gruppen fließend und die genannten Eigenschaften als beispielhaft und nicht als absolut anzusehen. Aber auch hierbei wird deutlich, wie vielfältig das Spektrum der Homosexualität ist. 

A. 3 Zur Geschichte der Homosexualität

Gleichgeschlechtliche Beziehungen hat es fast zu allen Zeiten gegeben. Bereits bei den Ägyptern, Babyloniern und Assyrern waren homosexuelle Beziehungen bekannt, wenn auch nicht allgemein akzeptiert. In Ägypten galt es als äußerste Demütigung für einen Mann, geschlechtlich “gebraucht” und mißbraucht zu werden (vgl. Passagen im ägyptischen Totenbuch). Auch zeigen verschiedene mittelassyrische Gesetze eine ablehnende Haltung gegenüber der Homosexualität. Bei den Griechen der Antike war vor allem die homotrope Neigung zu jungen Männern und heranwachsenden Jugendlichen verbreitet. Aber auch hier war dies nicht allgemein akzeptiert und normal. Die Satiren über die Homosexualität in den Komödien des Aristophanes und die Gesetze gegen die Homosexualität in Sparta und Athen belegen dies.

Bei den Juden war die Homosexualität ausdrücklich verboten. Ich werde später darauf eingehen. Bei vielen Völkern, die Israel umgaben, war die Homosexualität bekannt (so z.B. in Kanaan und Ägypten).

Auch in der Umwelt des Neuen Testamentes gab es homotrope Kontakte. So geißelt Paulus ausdrücklich diese Beziehungen im römischen Reich. Während seiner Missionsreisen muß er auch von den in Kleinasien praktizierten Formen der “Knabenliebe” erfahren haben.

In der Zeit nach Christus entwickelte sich mehr und mehr eine zunehmende gesellschaftliche Ablehnung homosexueller Praktiken.

So wurde beispielsweise im Jahre 1290 in Britannien ein Gesetz erlassen, aufgrund dessen ein überführter Homosexueller bei lebendigem Leibe verbrannt werden mußte. Heinrich VIII. änderte im Jahre 1533 die Hinrichtungsart, aber erst 1861 wurde die Todesstrafe durch eine lebenslange Freiheitsstrafe ersetzt. Auch in Holland wurden zur Zeit calvinistischer Strenge zwischen 1670 und 1732 viele Homosexuelle hingerichtet.

Dennoch ist hier zu bemerken, daß es auch weite Bereiche in der christlichen Welt gab, in denen die Homosexualität wie auch die Prostitution geduldet wurde. So haben z.B. Papst Leo sowie das Konzil von Paris 1202 eine humanere Haltung gegenüber der kleinen Minderheit der Homosexuellen gefordert. Auch wird berichtet, daß es während langer Zeiten im Feld bei Kriegszügen sowie innerhalb der Abgeschiedenheit von Klostermauern immer wieder Fälle von Homosexualität gegeben habe. An dieser Stelle sei auch kurz auf die islamischen Völker hingewiesen, die bis heute homosexuelle Handlungen sehr oft mit der Todesstrafe verfolgen. Daneben gibt es in vielen Kulturen eine Art ritualisierte oder kultische Homosexualität. Sie gehört z.B. zu den Initiationsriten, bei denen ein junger Mann in die Gemeinschaft von Kriegern aufgenommen wird und durch den homosexuellen Akt symbolisch die Kraft eines älteren Kriegers übertragen bekommt.

Vor mehr als einem halben Jahrhundert plädierte der ungarische homosexuelle Arzt Dr. Benkert für eine Enttabuisierung der Homosexualität und für ihre völlige Gleichstellung mit heterosexuellen Lebensformen.

Der Schriftsteller Oscar Wilde versuchte in viktorianischer Zeit, sich über die öffentliche Moral hinwegzusetzen, indem er ein öffentliches homosexuelles Verhältnis mit einem jungen britischen Aristokraten begann. Er wurde angeklagt und später ins Gefängnis gesteckt. Schließlich starb er einsam und verarmt.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Frankreich Zeuge einer bitteren Auseinandersetzung zwischen dem pädophilen Schriftsteller André Gide und seinen Gegnern, um die Normalität homosexueller Liebe zu Kindern. Gide hatte schon 1924 ein Buch mit dem Titel “Corydon” geschrieben, indem er die unvergleichliche Reinheit und die natürlichen Qualitäten homosexueller pädophiler Liebe rühmt. Bis zum Jahr 1967 konnte ein Mann, dem homosexuelle Praktiken nachgewiesen wurden, in England dazu verurteilt werden, den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen. Nach diesem Datum wurde ein Gesetz eingeführt, das Männern über 21 Jahren, die sich homosexuell betätigten, nicht mehr unter Strafe stellt.

Auch in Deutschland stellte der §175 Strafgesetzbuch die homosexuelle Betätigung unter Strafe. Mit Gefängnis wurde derjenige bestraft, der mit einem Abhängigen oder einem noch nicht einundzwanzig Jahre alten Mann homosexuelle Handlungen vornahm sowie derjenige, der gewerbsmäßig Homosexualität trieb (Strichjungen etc.) Ähnliche Rechtslagen bestanden in Österreich und Finnland. In anderen Staaten, wie der Schweiz und Schweden, war die Strafbarkeit homosexueller Beziehungen zwischen erwachsenen Männern abgeschafft worden.

Mit der sexuellen Revolution in den 60er und 70er Jahren dieses Jahrhunderts trat ein starker gesellschaftlicher Wandel in der Sexualethik ein, von dem auch das Gebiet der Homosexualität betroffen wurde.

Die Unterdrückung der sexuellen Triebe durch Normen und ethische Maßstäbe wurde gebrandmarkt und die Triebbefreiung zum obersten Ziel erhoben. Die Unterdrückung der Lust wurde als Ursache des Bösen und der Ursache aller Aggressivität angesehen. Deshalb wurde versucht, alles, was die Lust hindert, aus dem Wege zu räumen: Scham, ethische Regeln etc. Alles, was der Lust dient, wurde für gut erklärt. So konnte und sollte nach diesen Maßstäben auch die Homosexualität ohne Scham, grenzenlos und lustbetont ausgelebt werden. Am 1.9.1969 wurde in Deutschland der §175 dahingehend modifiziert, daß Homosexualität unter Erwachsenen keinen strafbaren Tatbestand mehr darstellt.

1973 beschloß die American Physiatric Association, ihre frühere Position der Homosexualität als emotionale (vorher: -elle) Störung aufzugeben. Seit der “sexuellen Revolution” sind in der ganzen westlichen Welt organisierte homosexuelle Bewegungen entstanden, die gegen die Benachteiligung Homosexueller kämpfen und sich für die Unterstützung des homosexuellen Lebensstils einsetzen. Diese Bewegungen werden von vielen Politikern und Künstlern unterstützt. Mehrere Räte christlicher Kirchen haben Erklärungen abgegeben, in denen die Gleichstellung von Homosexualität und Heterosexualität gefordert wird.

So äußerte sich beispielsweise die Rheinische Kirche in Deutschland im Jahre 1970 in einem Thesenpapier folgendermaßen: “Die Homosexualität wird erst dann zur Sünde, wenn sie nicht in sittlich verantwortlicher Weise praktiziert oder gemeistert wird … So wie der Mann in der Frau die ‘Gehilfin’ für sein Leben erkennen darf und soll, so vermag der Homosexuelle dies in dem gleichgeschlechtlichen Partner zu erfahren … Auch zwischen Homosexuellen gibt es eine tiefe Körper, Geist und Seele umfassende Liebe”.

Auch Bischof Lohse, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), hat sich in diesem Zusammenhang zu Wort gemeldet: “Wir haben gelernt, daß wir Menschen wegen ihrer Homosexualität nicht diskriminieren dürfen. Sie müssen einen Platz in der Gesellschaft und in der Kirche haben”.

In vielen Zeitungen wird immer wieder propagiert, die Wissenschaft habe die Normalität der Homosexualität schlüssig nachgewiesen. Auch in Fernseh- und Kinofilmen werden immer wieder homosexuelle Handlungen als etwas Natürliches dargestellt. In allen größeren Städten sind Bars, Kinos, studentische Verbindungen und Buchläden für Homosexuelle entstanden. Vielfach gehen homosexuelle Organisationen auch auf die Straße, um für ihre Ziele zu demonstrieren.

In Amerika gibt es bereits christliche Kirchen und Gemeinden, welche die Homosexualität als legale Form der Selbstverwirklichung akzeptieren, und die teilweise sogar von Homosexuellen gegründet worden sind.

Auch innerhalb der evangelischen Kirche gibt es maßgebliche Tendenzen, die Homosexualität als gleichberechtigte Lebensform anzunehmen. Der Heidelberger Sozialethiker Prof. Hungar, den ich selbst während meines Studiums dort gehört habe, setzt sich vehement dafür ein, homosexuelle Pfarrer in der Kirche zu akzeptieren. Ebenso sind innerhalb der theologischen Fakultäten Homosexuelle zu finden. So wurde u.a. eine Selbsthilfegruppe “Homosexuelle und Kirche” gegründet, die Christen innerhalb der Landeskirche und der evangelikalen Gemeinden Mut machen will, zu ihrer Homosexualität zu stehen. Das Bekenntnis dieser Gruppe wird in der Broschüre “Evangelikal und homosexuell” deutlich beschrieben: “Homosexualität ist kein Verhängnis und keine Sünde, sondern gottgeschaffene Lebensform. Thank God I’m gay — Gott sei Dank bin ich schwul”.

In mehreren europäischen Ländern wird darüber diskutiert, eine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern anzuerkennen, in Schweden und Dänemark ist dies bereits der Fall. Die SPD in Deutschland unterstützt dies ausdrücklich, die Grünen gehen sogar so weit, die Abschaffung aller Verbote gegen die Sexualität mit Kindern zu fordern. Allein die katholische Kirche bildet in der allgemeinen Tendenz zur Akzeptanz der Homosexualität eine Ausnahme. In der Erklärung der Heiligen Kongregation für die Glaubenslehre hat sie z.B. 1975 deutlich gemacht: obgleich homosexuellen Menschen mit Verständnis begegnen werden sollte, sei ihre Lebensweise dennoch als unnatürlich (contra naturam) zu betrachten. Auch wenn die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz der Homosexualität noch nicht vorhanden ist, bekennen sich doch immer mehr Menschen zu ihrer Homosexualität.

Fazit: Die “Homosexualität ist normal”-Ideologie ist in weiten Teilen der “intellektuellen und halbintellektuellen Schichten unserer Gesellschaft vorherrschend … Es gilt als progressiv und modern, zu ihren Anhängern zu gehören … Dennoch ist zu bezweifeln, ob diese Ideologie von der Öffentlichkeit allgemein geteilt wird … Es ist in der Tat höchst unwahrscheinlich, daß die Mehrheit der Bevölkerung (trotz langjähriger Propaganda durch die Massenmedien) so weit gebracht werden kann, die homosexuelle Kondition als vollkommen normal zu betrachten, auch wenn ein hohes Maß an Toleranz vorhanden sein mag. … Mit anderen Worten: Trotz all ihrem Einfluß auf die heutige Gesellschaft wird die Idee “Homosexualität ist normal” wahrscheinlich doch nur die Einstellung einer gewissen intellektuellen Elite bleiben”.

 

A.4 Zahlen zur Homosexualität

Konkret faßbare Zahlen über die Verbreitung der Homosexualität in der Gesellschaft sind kaum zu erhalten, das Zahlenmaterial, das kursiert, basiert auf Schätzwerten.

Der berühmte Kinsey-Report stellt in diesem Zusammenhang eine Ausnahme dar. Alfred Kinsey hat, wie schon erwähnt, zwischen 1930 und 1959 Tausende weißer amerikanischer Männer und Frauen nach ihren sexuellen Vorlieben befragt. Nach seinen Angaben antworteten 4 % der befragten Männer, daß sie ausschließlich homotrop orientiert seien, weitere 6% sagten aus, sie seien zwischen ihrem 16. und 65. Lebensjahr mindestens drei Jahre mehr oder weniger ausschließlich homotrop ausgerichtet gewesen. Insgesamt gaben etwa 37 % der Befragten an, zwischen der Pubertät und dem Greisenalter in irgendeiner Form homosexuelle Erfahrungen gemacht zu haben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf das bereits erwähnte Diagramm von Kinsey zurückkommen:

Nach Kinseys Angaben besteht also die Gruppe 6 (ausschließlich homotrop orientiert) aus 41% der Befragten. 37% aller Befragten sind noch bisexuell, gehören also zu 1–5. Insgesamt wären nach Kinsey also 41% aller Befragten mehr oder weniger homosexuell veranlagt (1-6). Der Prozentsatz homotroper Frauen war im Ganzen etwas geringer als der der Männer. Kinsey bemerkte hierzu, es gebe ein Drittel bis halb so viele Lesbierinnen wie männliche Homosexuelle. Aber zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr stieg nach seinen Untersuchungen die Anzahl ausschließlich homotrop orientierter Frauen dann aber doch — wie bei Männern – auf 4% der Befragten an.

Allerdings wurde Kinsey von mehreren Seiten vorgeworfen, eine selektive Auswahl seiner Forschungsobjekte getroffen zu haben. Deshalb hätten seine Ergebnisse eine so hohe Zahl anormaler Fälle aufgewiesen. Der hohe Prozentsatz an mehr oder weniger homosexuell orientierten Personen bei Kinsey (4%) ist deshalb auch stark anzuzweifeln.

Heute erhärtet sich in medizinischen Kreisen die Annahme, daß die Zahl homosexueller Menschen etwa 5% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Darin sind aber alle Stufen homosexueller Neigungen mit inbegriffen. Auch die Auflagenhöhen gewisser Magazine und Zeitschriften, die speziell für den homosexuellen Markt bestimmt sind, bestätigen diese Annahme.

Norman Pittenger, der sich stark für eine liberale theologische Haltung gegenüber homosexuellen Menschen einsetzt, geht ebenfalls davon aus, daß – bezogen auf die Situation in England – 5% der britischen Männer und Frauen latent oder völlig homosexuell veranlagt sind.|36|

F.E. Kenyon dagegen geht nur von einem zahlenmäßigen Verhältnis von einem unter 25 Männern (4%) und einer unter 45 Frauen (2,22%) aus.

Wie gesagt, diese Zahlenangaben sind nur Schätzwerte. Man kann selbst in Umfragen und Untersuchungen nicht in einen Menschen hineinsehen. Wie viele Homosexuelle es im Gesamten gibt (viele halten ihre Neigung ja strikt verborgen), ist nicht definitiv zu bestimmen. Jedoch besteht zwischen Befürwortern und Gegnern der Homosexualität ziemliche Einigkeit, daß der Wert von 5% nicht übertrieben ist und, soweit dies abschätzbar ist, zutrifft.

Ich möchte nun versuchen, die trockenen Zahlenwerte bildhaft zu verdeutlichen. Wenn man von einem Anteil der Homosexuellen an der Gesamtbevölkerung von 5% ausgeht, hat dies ganz praktische Konsequenzen:

– Bei einer geschätzten Zahl von 80 Mio. Deutschen im vereinten Deutschland wären dann ca. 4 Mio. mehr oder weniger homosexuell.

– Ein Prediger, der vor 200 Leuten spricht, muß damit rechnen, daß neun bis zehn Menschen unter seinen Zuhörern homosexuell veranlagt sind.

– Um es noch provozierender und deutlicher auszudrücken: Unter 100 FETA-Studenten könnten fünf mit homotropen Neigungen sein — statistisch gesehen!

 

B. Ursachen der Homosexualität

Wir kommen nun zum zweiten Hauptpunkt. Ist die Homosexualität Veranlagung oder gibt es andere verursachende Faktoren? Ist der Nachweis führbar, daß bestimmte Menschen durch ihr Erbgut oder durch andere Faktoren schon vor ihrer Geburt dazu bestimmt sind, homosexuell zu sein — ob sie es nun wollen oder nicht?

Wenn dies so wäre, so hätte dies einschneidende Konsequenzen. Ein Mensch, der durch seine Gene, Hormone, durch angeborene Verhaltensmuster oder ähnliches zur Homosexualität determiniert wäre, könnte dann für seine homotrope Veranlagung nicht zur Rechenschaft gezogen werden, er wäre auch nach ethischen Maßstäben nicht für sein Handeln verantwortlich.

Die Naturwissenschaft hat sich in den letzten Jahren verstärkt bemüht, herauszufinden, ob es eine solche determinierende Ursache gibt, die bestimmt, ob jemand homo- oder heterosexuelle Neigungen hat. Einige dieser postulierten Ursachen sollen hier kurz angesprochen werden.

Eine umfassende Auseinandersetzung mit den verschiedenen Thesen über eine determinierende Ursache der Homosexualität würde den Rahmen dieses Referates sprengen. Es gibt verschiedenste Thesen über eine determinierende Ursache der Homosexualität, die aber hier nur angerissen werden sollen.

B.1. Hat Homosexualität eine genetische Ursache?

Im Jahre 1952 untersuchte Prof. Kallmann vierzig Zwillinge und verglich die dabei erzielten Ergebnisse mit denen von zweieiigen Zwillingen. Eineiige Zwillinge haben bekanntlich ein identisches Erbgut, da sie sich aus einer Eizelle entwickeln, zweieiige dagegen haben ein unterschiedliches Erbgut, weil sie aus zwei verschiedenen Eizellen entstehen. Kallmann fand heraus, daß sich bei den zweieiigen Zwillingen 11,5% der Zwillingsbrüder von Homosexuellen als ausschließlich oder vorwiegend homosexuell einstuften. Dagegen hatten nach seinen Untersuchungen eineiige homosexuelle Zwillinge zu 100% einen homosexuellen Zwillingsbruder. Kallmann glaubte aus diesem Ergebnis die Erblichkeit der Homosexualität herauslesen zu können.

Aber es gibt gewichtige Argumente, die gegen diese These sprechen:

– Warum hatten die untersuchten Homosexuellen alle heterosexuelle Eltern und später, soweit sie Kinder hatten, heterosexuelle Kinder?

– Wenn Homosexualität erblich wäre, müßte sie in einigen Familien öfter vorkommen als in anderen. Das ist nicht der Fall.

– Van den Aardweg macht deutlich, daß sich Kallmanns Ergebnisse nicht verallgemeinern lassen. Es gebe viel zu viele Beispiele von eineiigen homosexuellen Zwillingen, die einen heterosexuellen Bruder hätten.

– Bei solchen eineiigen Zwillingen, die sich bezüglich der Homosexualität nicht glichen, konnten mit Hilfe biochemischer und physiologischer Tests keine Unterschiede festgestellt werden.

– Man muß außerdem bei eineiigen Zwillingen mit dem Bestreben rechnen, sich ihrem (homosexuellen) Zwillingsbruder identisch zu zeigen. Kallmann selbst hatte bei seinen Testpersonen sogar in kleinen Gesten und Gewohnheiten Ähnlichkeiten festgestellt.

Wenn man hierbei einen genetischen Faktor zugrundelegen würde, müßte man davon ausgehen, daß das menschliche Verhalten bis in kleinste Einzelheiten genetisch programmiert ist und das ist eindeutig auszuschließen (man bedenke z.B. den nachweisbar prägenden Einfluß der Erziehung auf das Verhalten!).

– Auch die überdurchschnittlich hohe Quote an Übereinstimmung bei zweieiigen Zwillingen (11, 5 % im Vergleich zu etwa 5 % homosexueller Menschen bei der Gesamtbevölkerung), ist ein Hinweis darauf, daß dabei andere als genetische Faktoren zugrunde liegen.

Bedenkt man, daß zweieiige Zwillinge sich in ihrer genetischen Struktur nicht weniger unterscheiden als normale Geschwister, so sind 11,5% ein erstaunlich hoher Prozentsatz an Übereinstimmung. Deshalb ist anzunehmen, daß hier z.B. Faktoren wie gleiche Erziehung, Versuch, den Bruder oder die Schwester nachzuahmen etc. die Ursache sind.

– Spätere Zwillingsforscher konnten die Ergebnisse nicht bestätigen.

Als Fazit bleibt zu dieser These festzuhalten: Es gibt bisher keinen wissenschaftlichen Beweis einer erblichen, genetisch bedingten Ursache der Homosexualität.

B.2. Gibt es eine hormonell bedingte Ursache der Homosexualität?

Diese Theorie wird u.a. von dem Ostberliner Professor Dörner vertreten, der den Einfluß bestimmter Hormone auf die sexuelle Entwicklung ungeborener Ratten entdeckt hat. Er spritzte schwangeren Ratten bestimmte Stoffe ein, welche die Bildung des männlichen Sexualhormons Testosteron hemme. Nach der Geburt benahmen sich die männlichen Ratten eindeutig weiblich. Nach Dörners Theorie sind auch beim Menschen vorgeburtliche Hormonschwankungen die Ursache der sexuellen Prägung. Männliche Homosexuelle hätten aufgrund eines Mangels an männlichen Geschlechtshormonen in einer kritischen vorgeburtlichen Phase ein sexuell weibliches Gehirn entwickelt.(Dörner, 1976).

Aber viele Mediziner widersprechen dieser These: Wenn Homosexualität hormonell bedingt wäre, dann dürfte es keine Unterschiede geben zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen bzw. zwischen Zugehörigen von Mehrlingsgeburten an sich (Zwillingen, Drillinge usw.) geben, da alle diese Personen im Mutterleib den gleichen hormonellen Bedingungen ausgesetzt waren. Diese Unterschiede sind jedoch augenfällig.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben auch ergeben, daß die Hoden männlicher Homosexueller in der Regel die gleiche Art und Zahl von Hormonen produzieren wie diejenigen heterosexueller Männer. Auch die Eierstöcke und andere hormonproduzierende Drüsen homosexueller Frauen produzieren in der Regel den gleichen Anteil an Geschlechtshormonen wie die heterosexueller Frauen.

Es gibt zwar auch Untersuchungen, die leichte Unterschiede im Testosteronspiegel von Homosexuellen im Vergleich zu Heterosexuellen festgestellt haben.

Diese Unterschiede können aber sehr wohl die Folge eines homosexuellen Verhaltens sein und müssen nicht zwangsläufig dessen Ursache sein. Van den Aardweg weist darauf hin, daß soziale Faktoren den Testosteronspiegel bei Menschen beeinflussen können. Somit können diese leichten hormonellen unterschiede als Folge der Homosexualität angesehen werden und nicht als deren determinierende Ursache.

Auch haben Untersuchungen bei Eunuchen, die im allgemeinen dazu neigen können, ihre männlichen Charakterzüge und das sexuelle Interesse an Frauen zu verlieren, ergeben, daß ihre Potenz erhalten blieb und sie Sexualverkehr haben konnten.

Auch Untersuchungen anderer Wissenschaftler haben keinen Nachweis auf eine hormonelle Ursache der Homosexualität erbracht.

Der holländische Arzt und Psychologe van den Aardweg kommt deshalb zu folgendem Ergebnis:

“Die Schlußfolgerung, zu der Prof. Perloff vor über 25 Jahren kam, daß noch keine überzeugenden Hinweise auf eine hormonelle Verursachung der Homosexualität gefunden worden sind, gilt noch heute. Wir haben keinen Grund, davon auszugehen, daß bei Menschen mit homosexuellen Interessen abnorme hormonelle Entwicklungen stattgefunden haben”.

B.3. Haben alle Menschen eine bisexuelle Anlage als angeborenes Verhaltensmuster?

Zunächst einige Vorbemerkungen zum Begriff “Bisexualität”:

Nach den Erfahrungen des holländischen Arztes van den Aardweg scheint die Mehrheit der homosexuellen Menschen sich zumindest manchmal heterosexueller Gefühle bewußt zu sein, auch wenn diese nur eine geringere Stärke oder Häufigkeit aufweisen. Etwa 70 % seiner homosexuellen Patienten gaben zu, manchmal heterosexuelle Gefühle zu haben, also bisexuell zu sein.

Der britische Arzt Westwood geht von einem etwas niedrigerem Zahlenwert aus, er bezeichnet nur 42 % der Homosexuellen als bisexuell. Nur etwa 10 % davon diagnostizierten bei sich eine Vorliebe für heterosexuelle Kontakte.

In verschiedenen Untersuchungen setzen verschiedene Forscher die Zahl der Bisexuellen zwischen 35 und 50 % an.

Van den Aardweg betont jedoch, daß der Anteil bisexueller Menschen unter den Homosexuellen höher anzusetzen sei, wenn man mit dem Wort “bisexuell” “all jene Homosexuellen bezeichnet, die jemals heterosexuelle Impulse in irgendeiner Form erfahren haben, z.B. durch heterosexuelle Träume, Wunschträume oder Gefühle der Verliebtheit in der Pubertät”.

Sogenannte Bisexuelle haben also immer eine schwache heterosexuelle Neigung. Nach der Auffassung mancher Autoren, unter ihnen bekannte Psychoanalytiker, besitzt nun jeder Mensch eine angeborenen bisexuelle Anlage. Aus ihrer Sicht bestimmen kulturelle Faktoren, ob die hetero- oder die homosexuelle Seite zum Ausbruch kommt.

Durch eine einseitige Geschlechtserziehung (“eine Frau/ein Mann tut das nicht”) werde in unserer Kultur gezwungenermaßen eine heterosexuelle Entwicklung eingeleitet und dabei der grundsätzlich vorhandene homosexuelle Teil im Menschen unterdrückt. In anderen Kulturen — oder bei anderen Familienkonstellationen — könne es jedoch genau umgekehrt sein.

Auch viele Homosexuelle sind Anhänger dieser Theorie, denn wenn jeder Mensch bisexuell, also in einer gewissen Ausprägung homosexuell ist, dann kann auch das Ausleben der Homosexualität nichts schlimmeres mehr sein und muß als legitime, normale Form der sexuellen Verwirklichung betrachtet werden.

Der Diplompsychologe Th. Grossmann formuliert diesen Ansatz folgendermaßen:

Es gibt keine ‘Homosexuellen’, es gibt lediglich Menschen, die sich mehr oder weniger homosexuell verhalten, Homo- und Heterosexualität schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern sind Teile eines variantenreichen Beziehungsverhaltens bei Mensch und Tier”. Van den Aardweg hält diesen Standpunkt für vollkommen abwegig und begründet folgendermaßen:

– Wenn kulturelle Faktoren die sexuelle Entwicklung völlig prägen würden, so hätten die Chancen 50 zu 50 gestanden, daß die Menschen im Laufe ihrer geschichtlichen und kulturellen Entwicklung die heterosexuelle Seite ihrer Geschlechtlichkeit unterdrückt hätten. Wenn die heterosexuellen Interessen nicht natürlicherweise viel stärker gewesen wären, hätte das Überleben der Menschheit auf dem Spiel gestanden.

– Auch im Tierreich gibt es kein gleichstarkes bisexuelles Interesse an beiderlei Geschlecht, es herrscht eindeutig das heterosexuelle Interesse vor. Homosexuelles Verhalten im Tierreich kommt, so van den Aardweg, nicht aufgrund sexueller Triebe vor, sondern z.B. aus Gründen der sozialen Dominanz (wenn beispielsweise ein Leitwolf durch einen homosexuellen Akt seine Überlegenheit deutlich zum Ausdruck bringt) oder als Form der Aggressionsbefriedigung.

– es gibt keinerlei Nachweis, daß Menschen gleichzeitig homo- und heterosexuell sein können, vielmehr wechseln bei den sogenannten bisexuellen Phasen homosexuelle Phasen mit Zeiten heterosexueller Interessen ab.

– Auch ist nicht ersichtlich, daß alle homoerotischen Komponenten in unserer Kultur verdrängt werden. Viele Jungen z.B. “haben in irgendeiner Phase der Kindheit oder Pubertät (aus Neugier?) homosexuelle Kontakte, die sie aber beenden, sobald sie die Möglichkeiten des anderen Geschlechtes entdecken, ohne daß dabei auch die geringsten homosexuellen Sehnsüchte zurückbleiben”.

Die These, alle Menschen seien bisexuell, also mehr oder weniger homosexuell geprägt, ist somit klar zu verwerfen!

Ganz im Gegenteil, es muß betont werden, daß “die Entwicklung erotischer Wünsche von Natur aus unausweichlich auf das andere Geschlecht gerichtet ist, so daß der psychologisch und biologisch reife Mensch ausschließlich heterosexuelle Interessen haben wird”.

B.4. Wird Homosexualität durch Umwelteinflüsse geprägt?

Viele Wissenschaftler behaupten, die Homosexualität sei größtenteils auf Umwelteinflüsse in jungen Jahren und besonders auf den elterlichen Einfluß (falsche Erziehung) zurückzuführen. Die Homosexualität werde also von Erlebnissen und Prägungen durch Familie und Umwelt ausgelöst.

So könnten Mütter zur Homosexualität ihrer Kinder beitragen, wenn sie

– den dominanten Part in der Familie spielen;

– ihren Sohn gegen den Vater ausspielen; versuchen, ihr Kind auf eine überzogene Weise zu beschützen;

– eines ihrer Kinder bevorzugen;

– stark abweisend sind und ihrem Kind nicht genügend Liebe geben; versuchen, einen Jungen als Mädchen zu erziehen, weil sie sich stets ein Mädchen gewünscht haben und umgekehrt;

– ihr Kind zu stark bemuttern und es damit von sich abhängig machen;

– ihr Kind extrem puritanisch erziehen;

– gegenüber ihrem Kind ein sexuelles Verlangen zeigen;

– ständig den Launen ihres Kindes nachgeben und es mit zu großer Nachsicht erziehen;

– ständig ihren Sohn bevormunden und ihm so die Möglichkeit nehmen, selbständig zu werden und mit seiner Umwelt selbst zurechtzukommen;

– ihr Kind ständig kritisieren, ihm sagen, wie minderwertig es sei.

Väter könnten demzufolge zur Homosexualität ihres Kindes beitragen, wenn sie

– eine schwache, ängstliche oder unterwürfige Persönlichkeit haben;

– sich wie ein unselbständiges Kind verhalten und alle wichtige Entscheidungen (auch in Fragen der Kindererziehung) ausschließlich der Ehefrau überlassen;

– einen schwachen Charakter haben;

– eine desinteressierte und unpersönliche Beziehung zu ihrem Kind haben;

– ihren Sohn herablassend behandeln und ihn demütigen;

– ihr Kind auf grausame Weise bestrafen;

– einen Sohn dem anderen vorziehen, vielleicht den, der dem Vater am meisten ähnlich sieht;

– ständig Streit mit ihrer Ehefrau haben;

– ihre Ehefrau drangsalieren und unterdrücken;

– kein männliches Vorbild für ihren Sohn sind;

– sich für das Kind abstoßend verhalten (Alkoholismus etc.);

– ihre homosexuelle Neigung deutlich erkennbar ist;

Psychiater stimmen darin überein, daß sie noch kaum einen männlichen Homosexuellen gesehen haben, der ein gutes Verhältnis zu seinem Vater hatte. Nach van den Aardweg gaben 87 % seiner homosexuellen Patienten an, kein vertrauensvolles Verhältnis zu ihrem Vater gehabt zu haben.

Gesellschaftliche Faktoren, die zu einer homosexuellen Prägung beitragen können, sind:

– die Verweiblichung des Mannes bzw. die Vermännlichung der Frau (z.B. sichtbar in Kleidung und Mode: Männer mit Ohrringen und langen Haaren, Frauen in Männerkleidung, in (bewußt männlichen) Gewohnheiten: Frauen im Bodybuilding, Frauen, die in Männersportarten drängen, die strickende Abgeordnete im Bundestag etc.)

– die Zerstörung der Ehe;

– die Angst des Mannes vor den starken, feministisch orientierten Frauen, an die man nicht herankommt, die so abweisend und überlegen wirken;

– die nachgiebige Haltung der Massenmedien (Kino, TV, Zeitungen etc.) gegenüber der Homosexualität; die zunehmende Akzeptanz der Homosexualität in unserer Gesellschaft;

– die hohen Anforderungen, um sich als Frau gegenüber starker männlicher Konkurrenz durchzusetzen und umgekehrt;

– Einsamkeit;

– das Abgelehnt-Werden bzw. Spott und Hohn vom anderen Geschlecht;

– die Zerstörung der Familie;

– die Isolation des Einzelnen (zu den Geschwistern/Eltern/Bekannten etc.);

– langwierige körperliche Krankheiten, die sich auf das soziale Umfeld auswirken und vieles mehr.

Die Wissenschaftler betonen, daß nicht das Vorhandensein einiger weniger dieser Faktoren sich prägend zur Homosexualität auswirken, sondern daß zu einer solchen Prägung eine Kombination verschiedener Faktoren aus dem Umfeld der Familie und der Gesellschaft notwendig sind.

Nach einem Artikel des TIME Magazins entsteht das homosexuelle Verhalten “aus einer Kombination von mehreren Faktoren: einem schlechten Verhältnis zu den Eltern einerseits und längeren bösen Erfahrungen außerhalb des Familienkreises andererseits”.

Für diese Wissenschaftler ist die Homosexualität also eine durch bestimmte Einflüsse erworbene Kondition.

B.5. Der psychologische Ansatz van den Aardwegs

Ich werde in diesem Zusammenhang versuchen, die sehr umfangreichen Ausführungen des holländischen Arztes und Psychologen van den Aardweg, die er in seinem Buch “Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen” darlegt, knapp zusammenzufassen.

Van den Aardweg baut mit seinen Ausführungen auf Grundlagen auf, die von den bekannten Psychologen Alfred Adler, Wilhelm Stekel, und besonders Johan Leonhard Arndt (1892-1965) vertreten wurden.

Daneben beschreibt er seinen Ansatz als “das Ergebnis fast zwanzigjähriger Forschung und der Behandlung von etwa 200 homosexuellen Männern und fünfundzwanzig lesbischen Frauen”.

Van den Aardwegs Kernsätze lauten: Homosexualität ist eine psychische Krankheit, eine emotionale Störung mit psychologischer Ursache (Neurose), die durch Erlebnisse in der Kindheit ausgelöst wird. Der homosexuelle Neurotiker wird geprägt von einem zwanghaften Selbstmitleid, das sich verselbständigt hat (Autopsychodrama). Dieses Selbstmitleid ist der auslösende Faktor der Homosexualität.

Nach van den Aardweg ist das zwanghafte Selbstmitleid jedoch nicht allein Auslöser der Homosexualität, sondern auch die Ursache der verschiedensten Neurosen:

“Homosexuelle haben … den zentralen pathologischen Mechanismus zwanghaften Selbstmitleids gemein mit Angstneurotikern (Phobikern), neurotisch Depressiven, Zwangsneurotikern und vielen Neurotikern, die an organischen oder somatischen Krankheiten leiden”.    

“Aus diesem Grunde sollte sich auch die Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber homosexuellen Menschen nicht von derjenigen unterscheiden, die an verschiedenen Formen der Neurose leiden”.

Diese sehr knappen und wohl etwas provozierenden Aussagen bedürfen einiger Erläuterungen.

Bevor van den Aardweg jedoch im Speziellen auf die Homosexualität eingeht, schickt er eine allgemeine Begründung seiner Selbstmitleidstheorie voraus.

Da diese Vorbemerkungen für das Verständnis der späteren Ausführungen van den Aardwegs über die Ursache der Homosexualität von eminenter Wichtigkeit sind, seien sie an dieser Stelle kurz wiedergegeben. Nach van den Aardweg reagiert ein Kind, das sich verletzt fühlt, wenn es von anderen abgelehnt wird oder sich nicht als geliebt empfindet, mit Selbstmitleid. Indem das Kind sich bedauert, empfindet es Mitleid mit sich, es kommt zu einer Art Selbsttröstung.

“Das Kind sieht sich so, als wäre es ein anderes Kind, das leidet. So empfindet es Mitleid mit sich selbst, wie es Mitleid mit einem anderen Kind hätte, das es leiden sähe. ‘Ach ich Armer!’ klagt es ‘Niemand versteht mich. Ich bin ja so ein bemitleidenswertes, armes Geschöpf!'”

Durch sein Selbstmitleid und der daraus resultierenden Selbsttröstung fühlt sich das Kind besser. Daher wird es bei jeder Ablehnung oder Kränkung diese Methode des Selbstmitleides und der Selbsttröstung anwenden.

So kommt es allmählich zu einer Abkapselung von der “bösen” Umwelt und zu einem ständigen Kreisen um die eigene Person. Das Kind wird zum “dramatischen Zentrum” der Welt, es wird zu einem tragischen Helden, der von “seinem armen, kleinen Ich” beherrscht wird.

Nach einiger Zeit werden dann, so van den Aardweg, die Gefühle des Selbstmitleids und der daraus resultierenden Selbsttröstung autonom. Das Kind kommt von selbst aus diesem Kreislauf nicht mehr heraus. Es muß, nicht absichtlich, sondern automatisch – Gründe “erfinden”, um sich selbst bemitleiden zu können. Selbst wenn das Kind erwachsen geworden ist, wird der Betroffene immer wieder mit dieser offenen Wunde aus der Kindheit konfrontiert sein (Minderwertigkeitskomplex) und in einem Teufelskreis gezwungen sein, sich den Gründen des kindlichen Selbstmitleides hinzugeben und in den Gefühlen der Selbsttröstung Linderung davon zu bekommen.

Diesen Kreislauf bezeichnet van den Aardweg mit dem Begriff “Autopsychodrama”, den er folgendermaßen beschreibt:

“Die Person, die einem Autopsychodrama unterworfen ist, fühlt, denkt und handelt teilweise wie ein Kind, das sich bemitleidet, d.h. genauso wie das Kind mit heftigem Selbstmitleid, das sie in der Vergangenheit einmal war”.

Dem Erwachsenen steht also in sich immer das Kind gegenüber, das gezwungen ist, sich seinem kindlichen Selbstmitleid hinzugeben – der Betroffene ist gewissermaßen eine Doppelpersönlichkeit.

“Das Erwachsene-Ich mit seinem Willen, seinen Gedanken und Gefühlen, seinem Planen und Handeln steht auf der einen Seite, auf der anderen Seite das Kind-Ich, das sich bemitleidet und dessen Denken und Fühlen sich sozusagen grundsätzlich und durchgängig auf der Ebene des Denkens und Fühlens eines Kindes bewegt, das sich fast immer beklagt”.

Diesen neurotischen Zustand definiert van den Aardweg als Klagesucht, die von einem ganz bestimmten Drama, also einem negativen Selbstbild oder Minderwertigkeitsgefühl verursacht wird.

Die Hauptklage eines Klagesüchtigen lege fest, um welchen Minderwertigkeitskomplex es sich dabei handele. (“Ich bin so häßlich” – Häßlichkeitskomplex/ “Ich mache nie etwas richtig” – Tölpelkomplex etc.)

Nach diesen grundlegenden Vorbemerkungen zu seiner Selbstmitleidstheorie begründet van den Aardweg nun ausführlich, warum er auch die Homosexualität als Klagesucht versteht, die durch zwanghaftes Selbstmitleid ausgelöst wird.

Im homosexuellen Mann steckt, so van den Aardweg, ein Kind, dessen größter Komplex lautet: “Ich bin nicht so männlich, so kräftig, so stark etc. wie andere Jungen und Männer, deshalb werde ich nicht akzeptiert”.

Bei seinen Untersuchungen habe er diesen Minderwertigkeitskomplex “in der einen oder anderen Ausprägung” bei jedem seiner homosexuellen Patienten nachweisen können.

Zu diesem Minderwertigkeitskomplex der unterentwickelten Männlichkeit könnten Umwelt- und Kindheitserlebnisse beitragen. Sie seien aber nicht Auslöser der Homosexualität, sondern nur {fk}begünstigende Faktoren{g}, die das Selbstmitleid, also die Ursache möglich machten. Van den Aardweg sieht die Entwicklung der Homotropie in drei Stufen:

“In der ersten Stufe entwickelt sich ein bestimmter Minderwertigkeitskomplex. Das Kind bzw. der Jugendliche fühlt sich weniger männlich als seine Altersgenossen oder sogar nicht zu der Männerwelt gehörig. Der Prozeß des Selbstmitleides und der Selbsttröstung kommt in Gang.

In der zweiten Stufe beginnt das Kind bzw. der Jugendliche zu all denen aufzuschauen, die nach seinem Empfinden männlich, robust, mutig und stark sind, die also all die Eigenschaften besitzen, die ihm zu fehlen scheinen.

Das Kind/der Jugendliche bewundert diese Personen und macht sie zu seinen Idolen.

Diese Vergötterung ist eine verstärkte Klage über sich selbst: “Ich bin nicht so wie der!” Das Kind bzw. der Jugendliche denkt an seine Idole, vergleicht sich mit ihnen und träumt von ihnen.

In der dritten Stufe beginnt sich das Kind bzw. der Jugendliche in die “Objekte seiner Bewunderung” zu verlieben. Es ist sein größter Wunsch, seine Idole anzufasssen, sie zärtlich zu berühren und selbst von ihnen Zärtlichkeiten zu empfangen.

So entsteht eine erotische Sehnsucht zum gleichen Geschlecht, die in Verbindung mit homoerotischen Tagträumen und Masturbation mit homoerotischen Phantasien zu einem homosexuellen Verlangen wird.

Dieses homosexuelle Verlangen ist, so van den Aardweg, nichts anderes als eine verzweifelte, übersteigerte Klage: “Wenn er, mein Idol, nur bei mir wäre, dann wäre die Not vorbei”. Es ist ein sehnsüchtiger Schrei nach Liebe und Anerkennung. Das Kind bzw. der Jugendliche glaubt und hofft, in der körperlichen, sexuellen Vereinigung mit seinem bewunderten Idol die Erfüllung seiner Sehnsüchte zu finden. Van den Aardweg macht aber ganz deutlich, daß dieses Verlangen nach Liebe immer unerfüllt bleibt. Trotz aller kurzen Glücksmomente, die der Betroffene in homosexuellen Beziehungen erleben mag, können seine emotionellen Bedürfnisse nie völlig gestillt werden, weil “die Quelle dieser Bedürfnisse, nämlich die Unzufriedenheit und das Selbstmitleid, unerschöpflich ist”.

Aus diesem Grund sieht van den Aardweg Ähnlichkeiten zwischen der Homosexualität und einer Zwangsneurose. Er beruft sich dabei u.a. auf M. Maltz, der viele Frauen mit einem Häßlichkeitskomplex untersucht hat. Diese Frauen hielten sich für unsagbar häßlich und hatten nur den einen Wunsch – den einer Schönheitsoperation. Aber selbst nach Erfüllung dieses Wunsches, als diese Frauen kaum wiederzuerkennen waren und ihre ganze Umgebung ihre Schönheit bewunderte, hatte sich an ihrem neurotischen Zustand nichts verändert. Ihr emotionales Defizit war dadurch nicht verschwunden. Viele dieser Frauen bestritten, daß sich durch ihre Operation ihr Zustand verbessert habe. Van den Aardweg zieht daraus die folgenden Schlußfolgerungen:

“Ebenso wird ein homosexueller Mann, der einen Freund gefunden hat, der ihn liebt, auch weiterhin darüber klagen, daß er von Männern nicht anerkannt werde, daß er nicht männlich, daß er minderwertig und einsam sei. Und er wird auf diese Weise neue Dramen in der Beziehung zu seinem Partner heraufbeschwören. Er wird ihm entweder Untreue vorwerfen oder selbst das Interesse an ihm verlieren und sich in einen anderen Mann verlieben. Streit und Eifersucht, das Drama, vom anderen abgelehnt zu werden, sind in homosexuellen Beziehungen an der Tagesordnung. Je stärker die Sehnsucht nach anderen Männern ist, umso weniger dauerhaft ist die Beziehung des homosexuellen Mannes zu seinem Freund.”

Ein Beleg dafür ist die Tatsache, daß homosexuelle Beziehungen in der Regel nicht lange halten und es immer wieder zu Untreue kommt, um bei anderen Männern vielleicht doch die endgültige Erfüllung zu finden.

Van den Aardweg wäre ein schlechter Arzt und Psychologe, wenn er nur eine Zustandsbeschreibung von Problemen liefern würde, ohne Therapiemöglichkeiten aufzuzeigen.

Sein Therapieansatz ist aber nicht nur auf die Homosexualität bezogen. Ich habe bereits erwähnt, daß van den Aardweg das zwanghafte Selbstmitleid als Auslöser der verschiedensten Neurosen ansieht. Und so ist sein Therapieansatz auch auf die verschiedensten Arten der Neurose anwendbar.

Van den Aardweg vergleicht einen Neurotiker, der von seinem zwanghaften Selbstmitleid loskommen möchte, mit einem Süchtigen, der sich bemüht, seine Abhängigkeit zu überwinden.

Van den Aardweg schlägt deshalb als Therapieansatz vor, die “ständig wiederkommenden Impulse des Selbstmitleids zu ersticken und ihnen keine Gelegenheit zu geben, stark zu werden”. Es geht also um ein Aushungern dieser Impulse. “Je mehr das Selbstmitleid genährt wird, desto mehr schreit es nach neuer Nahrung, je weniger man es füttert, desto schwächer wird es”. Um diesen Prozeß des Aushungerns zu erreichen, sind in der Therapie van den Aardwegs verschiedene Schritte notwendig:

Als erstes sei es wichtig, dem Patienten die Ursache seiner Neurose klarzumachen, ihm also theoretisch zu erklären, was es mit dem Teufelskreis des zwanghaften Selbstmitleides auf sich habe.

Als zweites müsse der Patient dazu angeleitet werden, sich selbst zu beobachten und an sich selbst zu erkennen, wie der Prozeß ganz praktisch ablaufe. Dieser Schritt sei ein “langsam fortschreitender Prozeß”, die Selbsterkenntnis nehme mit der Zeit mehr und mehr zu.

Als dritten und entscheidenden Schritt bezeichnet van den Aardweg die Humortherapie. Es geht ihm darum, die zwanghaften Impulse des Selbstmitleides abzuschwächen, da dann die Möglichkeit bestehe, sie zu unterdrücken. Deshalb schreibt er dem Selbsthumor eine entscheidende Kraft zu. Durch die Methode der Überdramatisierung will er den Teufelskreis des Selbstmitleides durchbrechen. Überdramatisierung meint einen Dialog des Erwachsenen mit dem “Kind” in sich, das sich selbst bemitleidet. Dabei muß der Erwachsene versuchen, das Handeln dieses Kindes zu rechtfertigen und diese Rechtfertigungsgründe so zu übertreiben, daß das Kind in ihm über sich selbst lachen muß. “Nach dieser Methode wird also der Grund für die Klage vor dem klagenden Kind übertrieben. Das fortschreitende Erweitern der Begründung für das Klagen löst in der Reaktion des Klienten einen gewissen Humor aus. Humorantworten wie Lachen, Lächeln, Grinsen zerstören den neurotischen Impuls, sich zu beklagen”.

Als Therapieziel versteht van den Aardweg die Wiederherstellung der Heterosexualität, was nicht schon dann erreicht ist, wenn “der Wunsch nach heterosexuellen Kontakten etwa so stark ist wie normalerweise bei einer Person gleichen Alters”, sondern erst dann, wenn “heterosexuelle Kontakte sowohl psychisch als auch physisch als befriedigender empfunden werden, als es die homosexuellen waren”. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß van den Aardweg die Homosexualität als eine psychische Krankheit (Neurose) ansieht, die einer Sucht gleichkommt, die aber dennoch heilbar ist.

Van den Aardwegs Ansatz ist deshalb so faszinierend, weil mit ihm nahezu alle Spielarten und Varianten der Homosexualität erklärt werden können. So ist dann z.B. der auf Kinder fixierte Pädophile jemand, der in seiner Kindheit von seinen Altersgenossen zutiefst verletzt wurde oder der große Defizite in seinem Verhältnis mit Gleichaltrigen hatte und der auf dem Weg der Kinderliebe versucht, diese Wunde seiner Kindheit zu schließen. Der Homosexuelle, der auf ältere Männer fixiert ist, kann als jemand gesehen werden, der in seiner Kindheit ein Defizit an väterlicher Liebe erlitten hat. In seiner Neigung zu älteren Männern sucht er einen Ersatz für die nicht erhaltene Vaterliebe.

Der Transsexuelle reagiert auf seine enttäuschte Selbstsicht, auf seine Unmännlichkeit: Wenn ich ein Mädchen wäre, könnte ich so sein wie ich bin. Selbst Extreme wie der Exhibitionismus (aus einer Angst vor Frauen resultiert die passive Entblößung der männlichen Geschlechtsteile vor Frauen, mit der stummen Bitte: “Bitte sieh meine Geschlechtsorgane an. Kannst Du mich nicht auch als Mann achten?”) und Sadismus (es erfolgt eine Identifikation des Schädigers mit seinem Opfer. Der Märtyrer tut dem Schädiger leid, denn er sieht sich selbst an dessen Stelle und dieses verborgene Selbstmitleid erregt ihn erotisch) können damit erklärt werden. Auch gibt es keine mir bekannte Biographie eines Homosexuellen, die nicht in den Ansatz van den Aardwegs paßt oder ihm gar widerspricht.

Wir haben uns nun lange mit den verschiedensten Thesen über die Ursache der Homosexualität beschäftigt. Als Fazit bleibt festzuhalten:

Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für eine determinierende Ursache der Homosexualität. Weder genetische noch hormonelle Faktoren noch ererbte Verhaltensmuster (angeborene Bisexualität) konnten als Ursache der Homosexualität nachgewiesen werden.

Somit bleiben allein die Theorie van den Aardwegs und der Ansatz über familiäre bzw. gesellschaftliche Auslösefaktoren der Homosexualität übrig. Beide klingen logisch, sind aber ebenfalls nicht vollständig bewiesen bzw. beweisbar. In beiden Ansätzen wird der Homosexuelle als Leidender geschildert, der durch bestimmte Umstände in eine homotrope Neigung hineinrutscht. Beide Ansätze sehen diese Neigung aber nicht als endgültig an, sondern lassen Heilungsmöglichkeiten offen. Es fällt mir schwer, mich endgültig für einen dieser beiden Ansätze zu entscheiden, sie erscheinen gleich plausibel. Ich möchte sie deshalb nebeneinander stehen lassen. Die eigentliche Ursache, die Homosexualität erst möglich macht, ist aber meines Erachtens unerwähnt geblieben. Sie liegt in dem durch den Sündenfall gefallenen Menschen selbst, der sich von Gott und seinen Maßstäben losgesagt hat. Deshalb überläßt Gott diesen Menschen auch den Folgen seiner Sünde.

Somit sind die Homosexuellen nicht unverschuldet Leidende, sondern Menschen, die durch ihre Ablehnung Gottes und ihre Selbstvergötzung ihr Verhängnis selbst bestimmt haben.

C. Die Haltung der Bibel

Nachdem im vergangenen Hauptpunkt eine determinierende Ursache der Homosexualität ausgeschlossen werden konnte, stellt sich nun zwangsläufig die Frage nach deren Verantwortbarkeit. Ist Homosexualität eine legitime Form, um sexuelle Vorlieben auszuleben, um sich selbst verwirklichen zu können oder muß sie als Schuld bezeichnet werden? In diesem Hauptpunkt soll dieser Frage nachgegangen werden. Für eine christliche Ethik ist dabei der biblische Befund von entscheidender Bedeutung. Welche Aussagen macht die Bibel zur Homosexualität und wie sind ihre Aussagen zu werten? Es ist klar, daß in diesem Zusammenhang Befürworter und Gegner der Homosexualität zu Wort kommen müssen.

C.1. Homosexualität in der Bibel – drei unterschiedliche Ansätze von Befürwortern der Homosexualität

In Umgang mit den Aussagen der Bibel sind bei den Befürwortern der Homosexualität unterschiedlichste Argumentationsansätze zu finden. Gleichwohl lassen sich diese in drei Hauptansätze zusammenfassen.

C.1.1. Der “eisegetische” (d.h. der hinein-interpretierende) Ansatz

Ein maßgeblicher Teil der Befürworter der Homosexualität versucht, die Homosexualität anhand der Bibel zu begründen. Dabei werden gewaltige Anstrengungen unternommen, um in verschiedene Bibelstellen eine positive Haltung zur Homosexualität hineinzuinterpretieren, um so das eigene Verhalten rechtfertigen zu können.

Dieser Gruppe von Homosexuellen geht es nicht um eine unvoreingenommene Exegese (= Auslegung) der Bibel zur Frage der Homosexualität. Ganz im Gegenteil: das zu erzielende Ergebnis (“Homosexualität ist eine von Gott akzeptierte Lebensform”) liegt bereits definitiv fest, ehe die Bibel auch nur aufgeschlagen wird. Die Begründungen dieses Ansatzes sind größtenteils an den Haaren herbeigezogen. Ich will dies an einigen Beispielen verdeutlichen.

Prediger 4,11\1\ wird vielfach als eine Aufforderung zum Ausüben der Homosexualität verstanden.

Es wird sogar behauptet, Jesus selbst habe eine positive Einstellung zur Homosexualität gezeigt. Als Beleg wird Jesu Handeln an dem Knecht des Hauptmannes von Kapernaum erwähnt. Dieser Hauptmann hat einen kranken Knecht zuhause und bittet Jesus, ihn gesund zu machen. In allen drei Bibelstellen wird für das deutsche Wort “Knecht” der griechische Ausdruck PAIS (= pais) gebraucht. PAIS hat verschiedene Hauptbedeutungen. So kann dieser Ausdruck mit “Jüngling, Sohn, Diener, Knecht” wiedergegeben werden. Nur selten kommt dagegen in der griechischen Literatur die Bedeutung Lustknabe vor. Dieser Umstand wird jedoch begierig aufgegriffen. In dieser biblischen Geschichte gehe es dem Hauptmann nicht um die Heilung eines seiner Knechte, sondern um die Heilung seines homosexuellen Lustknabens. In der Heilung des Knechtes sei klar ersichtlich, welch eine “milde und gute” Haltung Jesus gegenüber dem homosexuellen Hauptmann und seinem Lustknaben gehabt habe.

Häufig werden auch in biblische Berichte über enge freundschaftliche Beziehungen zweier Männer bzw. zweier Frauen homosexuelle Verhältnisse hineininterpretiert. Als Beispiele für solche homosexuellen Freundschaften werden dabei u.a. Ruth und Naomi, David und Jonathan, Jesus und Johannes sowie Paulus und Timotheus genannt.

Diese biblischen Berichte beschrieben “mit großer Liebe und Achtung” den Umgang zweier gleichgeschlechtlicher Partner.

So berichte das Buch Ruth “von einer innigen Beziehung zwischen Ruth und ihrer Schwiegermutter Naomi”. In seiner “ausstrahlenden Wärme und menschlichen Nähe” sei es “mit den Gedichten im Hohenlied der Liebe” vergleichbar.

Ruth, eine Moabiterin, war mit Naomis Sohn, einem Juden verheiratet. Nach dem Tod ihres Ehemanns wird Ruth von ihrer Schwiegermutter aufgefordert, wieder in ihr Heimatland nach Moab zurückzugehen. Aber Ruth lehnt dies ab. Sie will Naomi nicht verlassen und spricht die berühmten Worte zu Naomi (Ruth 1,16f.)

“Wo du hingehst, da will ich auch hingehen, wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Jahwe tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden!” (Ruth 1,16f.)

Aus diesen Worten leiten viele Homosexuelle eine homotrope Beziehung zwischen Ruth und Naomi her. Sie übersehen aber, daß Ruth hier mit diesen Worten eine Entscheidung trifft, sich trotz harter Lebensumstände zu Jahwe, dem jüdischen Gott, zu halten und nicht zu den heidnischen moabitischen Götzen zurückzukehren. Die genannten Verse sind als Ruths Bekenntnis zu Jahwe zu verstehen und keinesfalls als Begründung für eine homosexuelle Beziehung zu gebrauchen.

Auch David wird ein homosexuelles Verhältnis zu Jonathan, dem Sohn des Königs Saul, nachgesagt.

Grossmann sagt dies ganz offen: Dort, wo in der Bibel homosexuelle Partnerschaften auftauchten, wie etwa die Beziehung zwischen David und Jonathan, würden diese positiv dargestellt.

Aber trifft dies wirklich zu?

Als David aus dem Hause Sauls fliehen muß, besiegeln David und Jonathan noch einmal in einem Schwur vor Gott ihre Freundschaft und gegenseitige Loyalität:

“Und Jonathan ließ nun auch David schwören bei seiner Liebe zu ihm, denn er hatte ihn so lieb wie sein eigenes Herz.” (1.Sam 20,17)

Beim Abschied warf David “sich auf sein Angesicht zur Erde und beugte sich dreimal nieder und sie küßten einander und weinten miteinander.” (1.Sam 20,41).

Nachdem Jonathan im Kampf gefallen ist, hält David Totenklage über seinem Freund und klagt: “Es ist mir leid um dich, mein Bruder Jonathan, ich habe große Freude und Wonne an dir gehabt, deine Liebe ist mir wundersamer gewesen, als Frauenliebe ist.” (2.Sam 1,26)

Homosexuelle Ausleger gehen sogar so weit, den Konflikt zwischen David und Saul auf Sauls Eifersucht auf Davids “homosexuelles Verhältnis” zu Jonathan zurückzuführen. So schreibt die Selbsthilfegruppe “Homosexuelle und Kirche” in einem Faltblatt: “Saul ist wohl eifersüchtig gewesen und mißtrauisch David gegenüber, wegen dessen Beziehung zu Jonathan. David merkt es und will sich von seinem Freund zum Schutz seines eigenen Lebens trennen.”

Es ist jedoch geradezu absurd, aus diesen Bibelstellen ein homosexuelles Verhältnis zwischen David und Jonathan herauszulesen.

– David und Jonathan hatten ein brüderliches und kein homosexuelles Verhältnis (2.Sam 1,26).

– David war mehrfach verheiratet und hatte viele Kinder.

– Wenn die Bibel in dem brüderlichen Verhältnis zwischen David und Jonathan von Liebe (AHABA) spricht, so gebraucht sie eben nicht den Begriff für sexuelle Gemeinschaft (JADA)!

– Freundschaftliche Beziehungen hatten im Alten Testament eine wesentlich höhere Stellung als in der heutigen Zeit und umfaßten ganz unbefangen auch Zärtlichkeiten (Umarmen, Bruderkuß etc.) ohne daß dabei ein homotropes Verhalten hineinzuinterpretieren wäre.

– die Beschreibung der Freundschaft Davids und Jonathans mit den Worten “wundersamer als Frauenliebe” wird ebenso für die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Saul und Jonathan benutzt.

Bräumer macht zu Recht deutlich, daß die Annahme eines homosexuellen Verhältnisses zwischen David und Jonathan nur dann möglich ist, “wenn ein Homosexueller seine subjektive Erfahrung zum Maßstab der Interpretation biblischer Texte macht”.

Dies gilt natürlich ebenso für eine angenommene homosexuelle Beziehung zwischen Jesus und Johannes (Johannes, der Jünger, den Jesus liebte, der beim letzten Abendmahl an der Brust Jesu lag) sowie zwischen Paulus und Timotheus. Ich möchte abschließend ein Zitat anführen, aus dem ganz deutlich wird, wie willkürlich viele Homosexuelle mit der Bibel umgehen:

“Es gibt auch Christen, die ihre Homosexualität nicht als etwas Fremdes und Sündhaftes betrachten, gegen das sie ankämpfen müssen. Sie vertrauen vielmehr darauf, daß Gott sie so annimmt, wie sie sind. Das gibt ihnen inneren Frieden und Lebensfreude, aber auch die Hoffnung, daß Homosexuelle innerhalb der christlichen Gemeinde eines Tages nicht mehr als ‘Aussätzige’ angesehen werden. Der Grund ihrer Hoffnung ist die Überzeugung, die sie im Anschluß an ein Wort des Apostels Paulus formuliert haben (Gal 3,28): Es ist darum nichts mehr zu sagen, ob einer Jude ist oder Nichtjude, ob er Sklave ist, oder frei, ob Mann oder Frau, ob er – fügen wir hinzu – heterosexuell ist oder homosexuell. Durch eure Verbindung zu Jesus Christus seid ihr alle zu einem Menschen geworden”.

 

C.1.2. Der exegetische Ansatz

Dieser Ansatz ist bei weitem ernster zu nehmen, als der eben erwähnte. Er verschweigt nicht, daß mehrere Bibelstellen eindeutig die Homosexualität ablehnen und setzt sich mit ihnen auseinander.

Durch einen exegetischen Kunstgriff werden dabei aber diese Bibelstellen außer Kraft gesetzt.

Der exegetische Ansatz geht davon aus, daß die biblische Ablehnung der Homosexualität aus kultischen Gründen erfolgt. Aus der Umwelt des Alten Testamentes ist bekannt, daß die heidnischen Nachbarvölker Israels kultische Prostitution betrieben haben, die sowohl hetero- als auch homosexueller Art sein konnte. Die biblischen Verbote der Homosexualität seien nur in diesem Kontext zu verstehen, sie wollten verhindern, daß diese heidnischen Gebräuche auch in den Jahwe-Kultus Einzug hielten. Bräumer führt diesen Ansatz auf den jüdischen Religionsphilosophen Hans-Joachim Schoeps zurück, der besonders auf die kanaanäische Sitte der Tempelprostitution hingewiesen hat. Nicht die Homosexualität an sich sei im Alten Testament verboten, sondern die Teilnahme an den heidnischen Riten der kultischen Tempelprostitution, durch die die heidnischen Götzen (Baal, Astarte, Aschera usw.) dazu bewegt werden sollten, dem Land Fruchtbarkeit zu schenken (etwa im kanaanäischen Neujahrsfest). Nach Schoeps ist es ein “Treppenwitz der Religionsgeschichte”, aus diesem Tatbestand eine generelle Ablehnung der Homosexualität herleiten zu wollen: “Nein, das angeblich in der Bibel ausgesprochene göttliche Verbot der Homosexualität ist ein Mythos – und zwar ein falscher!”

Um es ganz deutlich zu machen: Nach diesem Ansatz geht es in den biblischen Verboten der Homosexualität nicht um den persönlichen Lebensstil des Einzelnen, sondern nur um die Reinhaltung der kultischen Beziehung zu Gott.

Die Bibel mache deshalb auch keinerlei Angaben zu einer homosexuellen Beziehung, die geprägt sei von Liebe, Verantwortung und gegenseitiger Treue. Weil dies so sei, habe der einzelne auch die Freiheit, solche Beziehungen (genauso wie Beziehungen heterosexueller Art) als gottgewollt anzusehen:

“Wir dürfen mit Fug und Recht feststellen, daß die Bibel keine Aussagen macht zu gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen, wie wir sie heute kennen. Die Bibel setzt sich mit kultischer Reinheit auseinander. Sie wendet sich gegen die Fremdgötter … Ja, sie unterstützt das heutige Menschenbild, das die Ganzheit des Menschen sucht. Sie bestärkt Beziehungen, in denen sich zwei liebende Menschen mit ihrer ganzen Persönlichkeit, ihren Stärken und Schwächen, ihrem Fühlen und Denken, ihren Hoffnungen und Ängsten, ihrem Geist, ihrer Seele, ihrem Körper und damit auch ihrer Sexualität einbringen. Unter diesem Anspruch fallen gleichermaßen die homosexuellen und heterosexuellen Beziehungen”.

Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt in einer genauen Untersuchung der biblischen Stellen über die Homosexualität zu diesem Ansatz Stellung nehmen.

 

C.1.3. Der situationsethische Ansatz

Im Gegensatz zur Ordnungsethik, die die Gültigkeit der biblischen Gebote betont und sie als Maßstab nimmt, um zu beurteilen, was richtig und falsch ist, setzt die Situationsethik einen neuen Schwerpunkt. Nicht mehr die Gebote Gottes stehen im Mittelpunkt, sondern die Liebe, die “die Erfüllung des Gesetzes” (Mt 22,40; Röm 13,10) ist. Nichts, was aus Liebe zu Gott und zu dem Nächsten geschieht, kann nach diesem Ansatz falsch sein, die Liebe kann sich auch über Gebote hinwegsetzen. Alles, was aus Liebe getan wird, ist gut und als moralisch hochstehend anzusehen.

So wird in der Situationsethik die Liebe zum letztgültigen Maßstab. Dies ist schon deshalb möglich, weil Gott nur als Gott der Liebe angesehen wird, der die Menschen vorbehaltlos liebt. Das Bild eines richtenden Gottes, der Gebotsübertretungen, also Sünde straft, wird verworfen:

“Es fragt sich, ob es nicht … ein Sakrileg ist, aus einem gütigen Gott, den Jesus Christus gepredigt hat, einen buchhalterischen, sexfixierten, grämlichen Rächer zu machen. Da gewinnt das Evangelium Raum, wo es uns gelingt, den Blick frei zu kriegen auf den versöhnenden, annahmebereiten Gott, von dem das Neue Testament lehrt, daß er ‘die Liebe’ ist. Da können wir Gott aus unseren Selbstbestrafungswünschen entlassen”.

Der Buchstabe des Gesetzes wird als Negativum abgetan, gleichzeitig wird “der Geist des Evangeliums”, die Liebe, hervorgehoben, durch den die Gesetze interpretiert, gegebenenfalls sogar aufgehoben werden.

Daher könne auch in Liebe gelebte und praktizierte Homosexualität nichts Schlechtes oder gar Sündhaftes sein, egal wie die biblischen Gebote auch lauten mögen. Hans Luther hat dies klar in seinem Artikel ‘Ethik für Homosexuelle’ ausgedrückt: “Ich meine, wir sollten es lernen, uns nicht vom Buchstaben der Bibel erschlagen zu lassen, sondern aus den Buchstaben das Evangelium von Jesus Christus herauszuhören. Und das, was wir da hören, wird uns unser Lieben nicht verbieten, wird uns vielmehr auffordern, uns unsere Homosexualität nicht schmutzig machen zu lassen, sondern sie wert zu achten als unsere Sprache der Liebe” John Stott deckt aber deutlich die Schwachpunkte des situationsethischen Ansatzes auf:

“Liebe ist nicht der letztgültige Maßstab … Niemand ist berechtigt, aufgrund der Qualität seiner Liebe zu einer anderen Person seinen Ehebund zu brechen. Die Qualität einer Liebe ist nicht der Maßstab, anhand dessen beurteilt werden kann, was gut oder richtig ist.”

“Die Liebesqualität einer homosexuellen Beziehung reicht nicht aus, um diese Beziehung zu rechtfertigen”.

“Die Liebe braucht als Richtlinie das Gesetz … Wer liebt, macht sich um das höchste Glück der geliebten Person Gedanken, das höchste Glück wird aber im Gehorsam gegenüber Gottes Geboten empfunden und nicht in deren Ablehnung”.

Wir haben nun die drei wichtigsten Denkansätze betrachtet, mit denen die der Homosexualität nahestehenden Ausleger an die Bibel herangehen. Als Fazit bleibt festzuhalten, daß alle drei Ansätze mit einem festgelegten Vorverständnis an die Bibel herangehen. Ohne die Richtigkeit dieses Vorverständnisses zu hinterfragen, versuchen sie dieses Vorverständnis anhand der Bibel zu verifizieren.

Diese Methode, an den Text der Bibel heranzugehen, ist jedoch völlig untauglich. Eine Exegese hingegen, die ihren Namen verdient, wird unvoreingenommen nach dem Standpunkt der Bibel fragen und sich an den Maßstäben der Bibel orientieren. “Es geht darum, in der Bibel das zu erkennen, was tatsächlich in ihr steht!” Genau das soll nun im nächsten Unterpunkt geschehen. Dort sollen die biblischen Aussagen über die Homosexualität im Mittelpunkt stehen und nicht irgendwelche vorgefaßten Meinungen. Erst nach der ausführlichen Würdigung des Bibeltextes kann und soll eine Antwort auf die Frage dieses Hauptpunktes, “Ist Homosexualität Schuld oder legitime Selbstverwirklichung”, versucht werden.

 

C.2. Der biblische Befund zur Homosexualität

In diesem Zusammenhang möchte ich auf Hansjörg Bräumers hervorragende Ausführungen hinweisen. Er hat in seinem Buch “Lieben lernen” sehr ausführlich und kompetent die biblischen Aussagen über die Homosexualität dargestellt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Auslegern, die von nur 4-5 Stellen in der Bibel ausgehen, die zur Frage der Homosexualität Stellung beziehen, macht Bräumer deutlich, daß diese Anzahl bei weitem größer ist.

Nach Bräumer finden sich “vom ersten bis zum letzten Buch der Bibel Worte Gottes zur Gleichgeschlechtlichkeit”, die er in sieben Gruppen unterteilt und zusammenfaßt.

Ich habe für diesen Punkt Bräumers Gliederung und Stellenauswahl übernommen und werde im folgenden auch häufig auf seine Ausführungen Bezug nehmen.

C.2.1. Geschichtliche Stellen

In vielen Bereichen ist die Bibel ein Geschichtsbuch. Es wird darin von dem geschichtlichen Handeln Gottes mit den Menschen und speziell mit seinem auserwählten Volk Israel berichtet.

Drei dieser historischen Stellen sind für unsere Fragestellung von Bedeutung, weil in ihnen aus der Geschichte deutlich wird, wie die Bibel die Homosexualität beurteilt.


a) Noah verflucht Hams Nachkommen wegen seiner Sünde

Gen 9 schildert, wie Gott mit Noah nach der Sintflut einen neuen Bund schließt. Gott will mit Noah einen Neuanfang in der Menschheitsgeschichte machen. Aber schon bald kommt es zu einem erneuten Sündenfall. Noah errichtet einen Weinberg, um Wein anzubauen. Am Ende liegt Noah total betrunken und völlig nackt in seinem Zelt. Als sein Sohn Ham dies sieht, hat er nichts Besseres zu tun, als seinen Brüdern davon Bericht zu erstatten. Diese gehen respektvoller mit ihrem Vater um. Um ihn nicht zu beschämen, nähern sie sich ihm mit abgewandtem Gesicht und bedecken seine Blöße.

Als Noah wieder bei Sinnen ist, segnet er seine Söhne Sem und Japhet und deren Nachkommen. Die Nachkommen Hams werden hingegen wegen dessen respektlosen Verhaltens verflucht.

Auf den ersten Blick scheint nicht ersichtlich zu sein, was diese Stelle mit Homosexualität zu tun hat. Nun, diese Stelle spricht nicht direkt von Homosexualität. Sie kann aber durchaus mit der Homosexualität in Verbindung gebracht werden.

Möglicherweise ist Hab 2,15 eine Anspielung auf das Geschehen in Gen 9: “Wehe dem, der seinen Nächsten aus Schalen und Schläuchen trinken läßt und ihn dadurch trunken macht, damit er seine Blöße sehe”.

Bräumer sieht deshalb den Grund des Fluches über Hams Nachkommen nicht allein in dessen Respektlosigkeit seinem Vater gegenüber, sondern auch in “dem lustvollen Betrachten des nackten Körpers eines Gleichgeschlechtlichen”.

Aus diesem Grunde wird auch verständlich, warum sich der Fluch Noahs nicht gegen Ham selbst, sondern gegen dessen Sohn Kanaan richtet. Kanaan ist der Stammvater der Kanaaniter, also der verdorbenen Ureinwohner Palästinas, bei denen homosexuelles Handeln in den verschiedensten Ausprägungen gang und gebe war. Somit kann durch diesen exegetischen Ansatz eine klare Weichenstellung Gottes in Bezug auf die Homosexualität gesehen werden, nämlich als eine vorgreifende Verurteilung der im kanaanäischen Volk üblichen homosexuellen Praktiken.

b) Der Untergang der Städte Sodom und Gomorrha

Deutlicher als in Gen 9 wird die Homosexualität in Gen 19 beim Namen genannt. Dort wird geschildert, wie Sodom und Gomorrha in einer großen Katastrophe dem Gericht Gottes verfallen.

Die Sünden Sodoms und Gomorrhas schreien zum Himmel, so daß Gott Boten (Engel) auf die Erde schickt, um die Gerichtsreife der beiden Städte zu prüfen (Gen 18,20f.). Diese beiden Engel kommen nun in Menschengestalt gegen Abend nach Sodom und werden von Lot, der im Stadttor sitzt, genötigt, doch nicht im Freien zu übernachten, sondern seine Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen.

Die Engel nehmen Lots Angebot an und kehren bei ihm ein. In der Nacht versammeln sich dann alle Bewohner Sodoms vor dem Haus Lots und verlangen von ihm, seine Gäste herauszugeben, damit sie von ihnen “erkannt” werden könnten. Für das deutsche Wort “erkennen” steht hier der hebräische Ausdruck JADA, der u.a. die Bedeutung “Geschlechtsverkehr praktizieren” haben kann. Und in dieser Linie gibt dann auch Martin Luther den Nachsatz “damit wir uns über sie hermachen” wieder (Gen 19,5). Die Sodomiter wollten Lots Gäste also homosexuell mißbrauchen. Lot will dies verhindern und seine Gäste, die unter dem Gastrecht stehen, schützen. In seiner Verzweiflung ist Lot sogar bereit, mit dem ‘Geist Sodoms’ einen Kompromiß zu schließen und den Sodomitern seine beiden jungfräulichen Töchter als Ersatz für seine Gäste zu überlassen.

Die Bewohner Sodoms lehnen Lots Angebot wütend ab und versuchen sogar, sich an Lot zu vergehen. Aber in diesem kritischen Moment greifen die beiden Engel ein, schlagen die Sodomiter mit Blindheit und retten Lot.

Sodom und Gomorrha werden wegen ihrer himmelschreienden Sünde durch ein Gottesgericht vernichtet. Nur Lot und einige seiner Angehörigen kommen mit dem Leben davon.

Nach dem Verständnis vieler Ausleger spielt die Homosexualität eine wichtige Rolle für Gottes Gericht über Sodom und Gomorrha – sie wird als dessen auslösender Faktor gesehen.

Aber dies wird von Verfechtern der Homosexualität heftig bestritten. Aus der Tatsache, daß das hebräische Wort JADA häufig auch in der Bedeutung “kennen, kennenlernen” gebraucht wird, folgert man, die Bewohner Sodoms hätten keineswegs die Absicht gehabt, Lots Gäste homosexuell zu mißbrauchen, sie hätten sie einfach nur “kennenlernen” wollen. Lot habe als Ausländer seine Kompetenzen überschritten, indem er Fremden, “deren Absichten feindselig sein könnten … und deren Beglaubigungsschreiben noch nicht untersucht worden war”, die Gastfreundschaft gewährt habe. Aus Zorn über diesen Sachverhalt hätten die Sodomiten überreagiert und ihrerseits die Privatsphäre Lots mißachtet (D.S.Bailey). Die Schuld der Bewohner Sodoms in Gen 19 wird also allein im Bruch des Gastrechtes gesehen.

“Diese Schilderungen über die Sodomiter …, häufig verwendet als Kronzeugen gegen Homosexuelle, sprechen deutlich vom Bruch des schützenden Gastrechts … An gleichgeschlechtliche Beziehungen wird hier keineswegs gedacht” (HUK). Aber dieser Erklärungsversuch ist nicht befriedigend:

– Warum hatte Lot vor den Sodomitern Angst, wenn diese seine Gäste nur “kennenlernen” wollten?

– Die Tatsache, daß Lot seine jungfräulichen Töchter ersatzweise für seine Gäste den Bewohnern Sodoms überlassen wollte, weist deutlich darauf hin, daß ihre grundlegenden Absichten sexueller Natur waren.

– die Bibel beschreibt Lots Töchter, als Mädchen, die “noch keinen Mann erkannt hatten”. Hier wird das Wort JADA eindeutig mit der Bedeutung “Geschlechtsverkehr haben” gebraucht. So ist es naheliegend, daß auch der Aufforderung der Sodomiter an Lot, die Gäste herauszugeben, damit diese sie “erkennen” könnten, dieselbe Bedeutung zugrundeliegt.

– Warum sollte Lot die Sodomiter bitten, nichts Übles zu tun, wenn diese nur ganz harmlose Absichten hatten?

Die Bibel sagt ganz klar, daß in Sodom keine zehn Gerechten vorhanden waren. Bräumer faßt deshalb die Motivation der Sodomiter so zusammen:

“Alle, bis zum letzten Mann scharten sich um das Haus Lots und forderten die Herausgabe der beiden Gäste. Wie wilde Tiere waren die Sodomiter ‘von jung bis alt’ (Gen 19,4) hinter Lots Besuchern her. Sie gebärdeten sich wie eine hemmungslose, wilde Bande, gierig wie Hyänen nach einem Stück Fleisch”.

Aus dem Zeugnis des Alten Testaments wird deutlich, daß die Vernichtung Sodoms und Gomorrhas nicht allein wegen ihrer Homosexualität erfolgte, sondern daß eine Vielzahl von Sünden zum Himmel schrieen: Heuchelei, soziale Ungerechtigkeit (Jes 1), Ehebruch, Betrug (Jer 24), Hochmut, Habgier (Hes 16), u.a. Dennoch ist in Gen 19 die Homosexualität als letzte auslösende Ursache für Gottes Gericht über Sodom und Gomorrha anzusehen.

c) Die Schandtat zu Gibea

In Buch der Richter, Kap. 19, wird eine Geschichte erzählt, die den Vorgängen in Sodom sehr ähnlich ist. Ein Levit ist mit seiner Nebenfrau gezwungen, in der jüdischen Stadt Gibea zu übernachten und dort das Gastrecht zu beanspruchen. Wie in Gen 19 versuchen “ruchlose Männer” (Ri 19, 22), den Gastgeber zu zwingen, den Leviten herauszugeben, damit sie ihn “erkennen” (JADA) könnten.

Auch in Gibea wollten die dort wohnhaften Benjaminiten den Gast homosexuell mißbrauchen. Der Gastgeber bietet (wie Lot in Sodom) seine jungfräuliche Tochter als Ersatz an. Schließlich übergibt der Levit der ruchlosen Meute seine Nebenfrau, damit diese sie sexuell mißbrauchen konnten. “Selbst das in Israel heilige Gastrecht”, das sich ja auch auf die Nebenfrau erstreckte, “war der Levit bereit zu verletzen, nur um die Bewohner Gibeas von Homosexualität abzuhalten” (Bräumer).

Als Folge dieser Schandtat wird fast der ganze Stamm Benjamin in einem Strafgericht vernichtet.

Noch krasser als in Gen 19 ist hier der Ansatz zu verwerfen, es handele sich an dieser Stelle nicht um einen homosexuellen Vergewaltigungsversuch, sondern nur um einen Bruch des Gastrechts. Die Gibeaniter hätten den Leviten ja nur kennenlernen wollen.

– Die gebrauchten Adjektive “unrecht, schändlich, ruchlos”, die das Verhalten der Gibeaniter beschreiben, sind viel zu scharf, als daß sie nur auf einen Bruch des Gastrechtes angewandt werden könnten.

– Die erfolgte Massenvergewaltigung der Nebenfrau zeigt eindeutig die sexuellen Motive der Gibeaniter auf.

Ganz im Gegenteil, in Ri 19 wird von einem durch das Streben nach Homosexualität verursachten Gewaltverbrechen berichtet.

Nach dem holländischen Theologen Spijker suchten die Gibeaniter in dem Leviten ein neues Objekt ihrer Begierde. “Es ist allgemein bekannt, welche sexuellen Reize vor allem Ausländer auf sexuell Hemmungslose und Übersättigte ausüben”, dabei sei nur “an die Rolle der Ausländer in pornographischen Schriften” zu denken.

C.2.2. Gesetzliche Stellen

Neben den geschichtlichen Stellen gibt es zwei wichtige Abschnitte aus Gesetzestexten, die ganz eindeutig zum Problem der Homosexualität Stellung nehmen

Lev 18,22: “Du sollst nicht bei einem Mann liegen, wie bei einer Frau, es ist ein Greuel”.

Lev 20,13: “Wenn jemand bei einem Mann liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Greuel ist und sollen beide des Todes sterben. Blutschuld lastet auf ihnen”.

Diese beiden Gesetzestexte sind Bestandteil des Heiligkeitsgesetzes, das aus den Kap. 17-27 des Buches Leviticus besteht. Dieses Heiligkeitsgesetz gibt Anweisungen, wie sich das Volk Israel im Alltag verhalten soll, und zwar unter den Augen und in der Nähe des heiligen Gottes, der Israel für sich aus den Völkern ausgesondert hat. Nach Gottes Willen soll Israel bis in die Bereiche des täglichen Lebens hinein anders sein als die heidnischen Völker.

“Das Heiligkeitsgesetz ist Gottesrecht, das das Volk Israel nicht überschreiten durfte, ohne sich selbst zu zerstören. Die Gebote im Heiligkeitsgesetz haben allgemein gültigen Verpflichtungscharakter”.

Aus diesem Grund müssen die beiden Gesetzestexte zur Homosexualität als eine allgemeine Verurteilung der Homosexualität angesehen werden.

Beide Gesetzestexte stehen im Zusammenhang mit Geboten, die den Schutz der Ehe und der Familie und deren Reinheit nach den Maßstäben Gottes zum Ziele haben.

So sollen nach den Geboten des Heiligkeitsgesetzes nicht nur homosexuelle Praktiken, sondern auch Inzest, Sodomie sowie Ehebruch mit dem Tod bestraft werden (Lev 20,10ff).

“Die Todesstrafe für Homosexuelle wurde verhängt, weil Homosexualität im Alten Testament zu den ehewidrigen und ehezerstörerischen Handlungen gezählt wurde. Wie radikal das alttestamentliche Gesetz der Homosexualität entgegentrat, zeigt, daß bereits der Brauch mancher Homosexuellen, die Kleidung des anderen Geschlechts zu tragen, verurteilt wird (Dtn 22,5 „Eine Frau soll nicht die Ausrüstung eines Mannes tragen, und ein Mann soll kein Frauenkleid anziehen, denn jeder, der solches tut, ist dem Herrn, deinem Gott, ein Greuel“).

Das Alte Testament wendet sich scharf gegen alles, was homosexuelle Vorlieben und Gewohnheiten fördert und die Konturen zwischen den Geschlechtern verwischt. Diese Haltung wird im Neuen Testament aufgegriffen, wenn etwa Paulus den Korinthern zur Haartracht von Mann und Frau Anweisungen gibt (1.Kor 11,6ff.).

Viele der Homosexualität nahestehende Ausleger sehen in den Aussagen der erwähnten Gesetzestexte in keinem Fall eine allgemeine Ablehnung der Homosexualität durch die Bibel. Die Bibel wende sich hier eindeutig nur gegen eine kultische Homosexualität, wie sie etwa bei heidnischen Religionen üblich war (Tempelprostitution u.ä.). Der heilige Gott wolle allein eine rituelle Reinheit im Kultus, als Form der Abgrenzung zu heidnischen Götzen.

In keiner Weise seien in den Gesetzestexten Aussagen über eine von Liebe geprägte “Lebensbeziehung” zweier homosexueller Menschen enthalten.

Diese Ausleger übersehen, daß die zitierten Gesetzestexte in einem Kontext stehen, in dem es um die Reinheit des Ehe- und Familienlebens geht und eben nicht um die kultischen Reinheit, von der im nächsten Unterpunkt zu sprechen sein wird. In eindeutiger Weise zeigt Gott in den Gesetzestexten, wie die Reinheit des Ehe- und Familienlebens aussehen soll: Ehebruch, Sodomie, Inzest und Homosexualität unterliegen einem generellen Verbot Gottes.

Unter dieses umfassende Verbot der Homosexualität fallen auch homosexuelle “Liebesbeziehungen”. Auch Inzest, Ehebruch und Sodomie können in eine Form der “Liebesbeziehung” eingebettet sein, gleichwohl sind und bleiben sie verboten!

 

C.2.3. Kultische Stellen

An sieben Bibelstellen wird im Alten Testament auf das Verhältnis von Jahwe-Kult und Homosexualität Bezug genommen. Aus der Umwelt des Alten Testaments ist bekannt, daß in den Israel umgebenden heidnischen Völkern kultische sexuelle Riten praktiziert wurden. Die dabei verehrten heidnischen Götzen (Baal, Aschera, Astarte) wurden unter anderem als Fruchtbarkeitsgötter angesehen. Durch rituelle Sexualakte (Tempelprostitution etc.) glaubte man, diese Fruchtbarkeitsgötter dazu bewegen zu können, nicht nur den Bewohnern, sondern auch dem Land Fruchtbarkeit zu spenden.

Diese Sexualakte schlossen sowohl hetero- als auch homosexuelle Praktiken ein. Die eben erwähnten Bibelstellen sind ein Beweis dafür, daß diese heidnischen Riten auch zu manchen Zeiten in das Jahwe-Heiligtum eingedrungen waren. Dies wird ganz besonders in Hos 4,13 deutlich. Dort spricht Jahwe durch den Propheten Hosea zu Israel: “Oben auf den Bergen opfern sie, und auf den Hügeln räuchern sie (heidnischen Götzen) … Ich will’s euch nicht wehren, wenn eure Töchter zu Huren und eure Bräute zu Ehebrecherinnen werden, weil ihr selbst abseits geht mit den Huren und mit den Tempeldirnen opfert und so das törichte Volk zu Fall kommt”.

Jahwes Stellung zur kultischen Prostitution wird in Dtn 23,18f. sichtbar: “Es soll keine Tempeldirne sein unter den Töchtern Israels und kein Tempelhurer unter den Söhnen Israels. Du sollst keinen Hurenlohn noch Hundegeld (= Hurenlohn eines homosexuellen Lustknaben, d. Verf.) in das Haus des Herrn, deines Gottes bringen aus irgendeinem Gelübde, denn das ist dem Herrn, deinem Gott, beides ein Greuel.”

Durch den König Rehabeam hielten viele heidnische Bräuche im Volk Israel Einzug, so auch die kultische Prostitution. Tempelhurer, homosexuelle männliche Prostituierte waren weithin verbreitet. Rehabeam begann, den von seinem Vater erbauten Tempel den Heiden preiszugeben (1. Kön 14,24f.).

Asa, ein Enkel Rehabeams, wendete sich vom Götzendienst ab und jagte die Tempelhurer aus dem Land, was deren Ausschluß aus der Gottesgemeinde bedeutete (1. Kön 15,12). Aber Asa schaffte es nicht, den Götzendienst völlig aus Israel zu entfernen, so blieben Teile der Tempelhurer im Land.

1. Kön 22,47 beschreibt, wie unter dem König Josaphat die übrig gebliebenen männlichen Prostituierten des Landes verwiesen wurden.

Während der umfassenden religiösen Reform unter dem König Josia wurden die Häuser der Tempelhurer, die sich am Tempel befanden, abgerissen (2.Kön 23,7). Wie dabei mit den Tempelhurern verfahren wurde, wird nicht erwähnt. Aber aus Hi 36,14 kann ihr gewaltsames Ende abgeleitet werden: “… so wird ihre Seele in der Jugend sterben und ihr Leben unter den Hurern im Tempel”.

Festzuhalten bleibt, daß all diese Stellen eindeutig jede Form der kultischen Prostitution ablehnen, unabhängig davon, ob sie auf hetero- oder auf homosexuelle Art und Weise ausgeübt wurde.

 

C.2.4. Die Verkündigung Jesu

Jesus nimmt in seiner Verkündigung nur indirekt zur Homosexualität Stellung und zwar an vier Stellen, in denen er die allgemeine sündhafte Verworfenheit der Sodomiter zur Sprache bringt (Mt 10,14f.; 11,32f.; Lk 10,10ff.; 17,28).

Aber selbst, wenn die homosexuellen Praktiken der Sodomiter nicht explizit von Jesus erwähnt werden, müssen sie doch als auslösende Ursache der Zerstörung Sodoms mitgedacht werden!

Aus der Tatsache, daß wir in den Evangelien von Jesus keine direkte Äußerung zur Homosexualität finden, haben viele homosexuelle Ausleger eine liberale Haltung Jesu zur Homosexualität herleiten wollen.

Dahingehend äußert sich der Diplompsychologe Grossmann:

“Jesus selbst hat nie ein Wort über Homosexualität verloren. Zumindest gibt es darüber keine Aufzeichnungen. Wer seine grundsätzliche Botschaft von der Menschenliebe verstanden hat, kann sich auch schwer vorstellen, daß Jesus die Liebe zwischen zwei Männern und zwei Frauen verurteilt hätte”.

Aber man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, daß Jesus ein Jude war und zum jüdischen Volk gesandt war. Er predigte also zu Menschen, die mit dem Alten Testament und seinen Geboten sehr gut vertraut waren. Wir haben bereits gesehen, wie eindeutig das Alte Testament zur Homosexualität Stellung bezieht. Jesus konnte dies also durchaus als bekannt voraussetzen. Auch nimmt er immer wieder auf die alttestamentlichen Gebote Bezug (“Ihr habt gehört, was den Alten gesagt ist, ich aber sage euch …”).

Er macht deutlich, daß er gekommen ist, um das alttestamentliche Gesetz zu erfüllen, nicht aber um es aufzulösen. Schon allein deswegen kann nicht von einer liberalen Haltung Jesu zur Homosexualität ausgegangen werden.

 

C.2.5. Paulinische Stellen

Anders als in der Botschaft Jesu finden wir in Paulusbriefen deutliche Stellungnahmen zum Gebiet der Homosexualität. Dies wird dann verständlich, wenn man bedenkt, daß die Empfänger der Paulusbriefe Heidenchristen waren, deren “Umwelt im Blick der Moral um vieles duldsamer war als die der Juden, zu denen Jesus geredet hat”. Paulus, der die alttestamentlichen Schriften in- und auswendig kannte, nimmt deshalb auch bei der Beurteilung der Homosexualität kein Blatt vor den Mund.

Das Gewicht, das die Stellen der Paulusbriefe für unsere Fragestellung haben, wird auch in der Tatsache sichtbar, daß die Paulusbriefe, die ja oft direkt an eine Gemeinde adressiert waren, sofort nach ihrem Erhalt von der betreffenden Gemeinde sorgfältig vervielfältigt und an die anderen christlichen Gemeinden weitergeleitet wurden. So kann davon ausgegangen werden, daß die Aussagen der Paulusbriefe schon sehr früh in den christlichen Gemeinden bekannt und als allgemeingültige Richtlinien anerkannt waren.

Drei paulinische Stellen seien in diesem Zusammenhang angeführt:

a) Römer 1,25-27:

“Sie haben die Wahrheit Gottes in Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Gottesdienst dargebracht statt dem Schöpfer … Deswegen hat Gott sie in schandbare Leidenschaften dahingegeben. Denn ihre Frauen haben den natürlichen (Geschlechts-) Verkehr mit dem widernatürlichen vertauscht und ebenso haben auch die Männer den natürlichen (Geschlechts-) Verkehr mit ihren Frauen verlassen und sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie, Mann mit Mann, Schande trieben und so den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst empfingen”.

Paulus beschreibt im ersten Kapitel des Römerbriefs den Zustand der Menschen unter dem Zorn Gottes. Der katastrophale Zustand der Menschheit zeigt offenkundig, daß Gottes Zorn auf ihr ruht, daß Gott sich ihr widersetzt. Dies ist die Antwort auf das Handeln der Menschen, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit verkehren (Röm 1,18). Bei den Menschen besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen Wahrheit und Lebenswirklichkeit. Wahrheit ist, daß die Menschen Geschöpfe Gottes sind, in der Schöpfung Gottes leben und alles, was sie haben von Gott, ihrem Schöpfer erhalten haben (Röm 1,19 und 20). Die Lebenswirklichkeit der Menschen aber ist, daß niemand Gott anerkennt und ihm die Ehre gibt. Ganz im Gegenteil, die Menschen haben sich willentlich von Gott losgesagt und sich selbst Götzen gemacht, ja sich sogar selbst vergötzt (Röm 1,22f.).

Die Menschen machen sich ihre Maßstäbe selbst, nach denen sie leben wollen. Deshalb läßt Gott die Menschen die Folgen ihres sündigen Abfalls spüren und tragen. Gott hindert sie nicht daran, “in verworfenem Sinn zu tun, was nichts taugt” (Röm 1,28ff.). Als Beispiel für die allgemeine Sittenlosigkeit stellt Paulus besonders den widernatürlichen homosexuellen Geschlechtsverkehr zweier Männer oder zweier Frauen heraus.

Nur in dieser Stelle (Röm 1,26) erwähnt die Bibel dabei explizit das Vorhandensein lesbischer Sexualbeziehungen.

Paulus lehnt jedoch homosexuelle Beziehungen radikal ab, durch sie werde die Verworfenheit der Menschen sichtbar.

Auf verschiedenste Art und Weise wird versucht, diese harten Worte des Paulus zu entkräften. So wird behauptet, Paulus beschreibe hier allein die griechisch-römische Welt mit ihrem Götzendienst. In seiner Verurteilung der Homosexualität lehne Paulus nur die mit diesem Götzendienst verbundene homosexuelle kultische Prostitution ab, nicht aber eine in Liebe gelebte homotrope Verbindung.

Dem ist zu entgegnen, daß in Röm 1 die Homosexualität ganz allgemein als eine Form von Sünde neben vielen anderen Formen (Habgier, Bosheit, Mord, Verleumdung etc.) dargestellt wird (Vers 28f.) und eindeutig einem Katalog von Sünden angehört, die “nicht-kultische Bedeutung haben”.

Eine reine Beschränkung auf kultische homosexuelle Prostitution ist deshalb zu verwerfen. Andere sehen in Röm1 nur eine Verurteilung einer kleinen Gruppe von Homosexuellen, nämlich von solchen, die “aus schierer Neugier oder übergroßer Begierde in homosexuelle Verhaltensweisen hineinschlittern” und diese rücksichtslos und lasterhaft ausleben. Diese “Perversen” seien Menschen gewesen, die “sich trotz ihrer heterosexuellen Veranlagung homosexuellen Praktiken hingaben” und durch ihr schamloses Verhalten die Homosexualität insgesamt in Verruf gebracht hätten.

Nichts, aber auch gar nichts sei über “invertierte” Homosexuelle gesagt, die generell homosexuell veranlagt, also dauerhaft und unwiderruflich homosexuell geprägt seien. Paulus gehe davon aus, daß sich der Mensch frei zwischen Hetero- und Homosexualität entscheiden könne, er wisse offensichtlich nichts von einer ausschließlichen homosexuellen Prägung.

“Paulus zeigt keinerlei Kenntnis einer dauerhaften homosexuellen Prägung, kennt keine homosexuelle Liebe. Wie aber soll homosexuelle Prägung in der Bibel verdammt sein, wenn sie gar nicht im Blickfeld war, weil sie der Forschung erst seit kurzem bekannt ist? An diesem Beispiel zeigt sich, daß auch das Urteil der Apostel damals von ihrem Wissensstand abhing”.

Dazu sind einige Bemerkungen zu machen:

– Der Ansatz, in Röm 1 werde nur die homosexuelle Perversion der Heterosexualität, nicht aber die Inversion der Homosexualität (ausgeübt von dauerhaft und ausschließlich homosexuell veranlagten Menschen) verurteilt, ist nicht schlüssig. Wenn Paulus von Männern spricht, die den natürlichen Verkehr mit der Frau aufgegeben haben, dann müssen nicht zwangsläufig heterosexuelle Männer gemeint sein, die ihre Frau verlassen haben, um sich der Homosexualität hinzugeben. Paulus beschreibt in Röm 1 vielmehr den generellen Zustand der Menschheit, die sich Gottes Schöpfungsordnung widersetzt (u.a. der Einsetzung der Ehe) und die geschlechtliche Lust widernatürlich durch Homosexualität auslebt. Dabei sind die pervertierte Heterosexualität wie auch homosexuelle Lebensformen gleichermaßen miteingeschlossen.

– Für eine determinierende, dauerhafte und unwiderrufliche Inversion gibt es bisher keinen wissenschaftlichen Beweis (vgl. FUNDAMENTUM 2/1991, S. 69-82).

Zwar werden vielfach homosexuelle Beziehungen ausschließlich gleichgeschlechtlich ausgelebt, aber die Betreffenden werden nicht durch eine determinierende Veranlagung dazu gezwungen.

– Die Behauptung ist absurd, Paulus habe nur einen beschränkten Wissensstand zur Frage der Homosexualität gehabt und rede nur von einer Pervertierung der Heterosexualität oder von kultischer, homosexueller Prostitution, wisse jedoch nichts von homosexuellen Lebens- und Liebesbeziehungen. Bräumer verdeutlicht, daß Paulus jede Form der Homosexualität verurteilt:

“Paulus waren mit Sicherheit nicht nur jene pervertierten homosexuellen Kontakte bekannt, von denen in der Literatur der Kaiserzeit die Rede ist, sondern auch die Liebesfreundschaften zwischen Männern, wie sie Horaz besingt, als seine Liebe für den ‘geliebten Knaben Ligurius’. Während seiner Reisen durch Kleinasien muß Paulus von den damals praktizierten Formen der dorischen Knabenliebe gehört haben, und zweifellos waren ihm auch die Stellungnahmen einiger Moralphilosophen nicht entgangen, die die Knabenliebe als Signatur der Verworfenheit und einer zersetzten Kultur kritisierten”.

1. Kor 6,9f.:

“Wißt ihr nicht, daß keiner, der Unrecht tut, das Reich Gottes ererben wird? Irret euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch die, die sich zur Knabenliebe hergeben oder sie üben, weder Diebe noch Betrüger, auch keine Trunkenbolde, keine Verleumder und Räuber werden das Reich Gottes ererben.”

In dieser Stelle zählt Paulus in seinem “Lasterkatalog” Gruppen von Menschen auf, die nicht ins Reich Gottes kommen werden. Und dabei erwähnt er auch zwei Gruppen von Homosexuellen:

– die, die sich zur Knabenliebe hergeben (griech. “malakoi”) und
– die, die Knabenliebe ausüben (griech. “arsenokoitai”).

Walter Bauer definiert diese beiden griechischen Begriffe folgendermaßen: Die “malakoi” sind Menschen, die “weichlich sind, Lustknaben sind, also Männer und Jünglinge, die sich homosexuell mißbrauchen lassen”.

Die “arsenokoitai” sind Personen, die “mit Männern und Knaben Unzucht treiben, Knabenschänder und Päderasten”.

Auch hier wird eine generelle Verurteilung der Homosexualität deutlich. “Der Ausdruck “asresnokoitai” umfaßt jegliches homosexuelles Verhalten. Er ist zusammengesetzt aus den Worten für ‘männlich’ und ‘Geschlechtsverkehr’ und meint einfach nur den Vorgang der homosexuellen Vereinigung. Er enthält keinen Hinweis auf eine Unterscheidung zwischen Pervertierten und Invertierten oder zwischen einem flüchtigen homosexuellen Erlebnis oder einem von Liebe getragenen. Paulus hätte gezieltere Begriffe wählen können, z.B. paiderastes (Knabenliebhaber) oder paidophtoros (Knabenschänder) oder arrenomanes (mannstoll). Doch er wählte die allgemeinste aller Bezeichnungen”.

Jeder, der Homosexualität praktiziert, egal ob er dabei der aktive oder der passive Teil ist, hat nach dieser Stelle keinen Anteil am Reich Gottes, und in dieser Aussage sind auch die Lesbierinnen miteingeschlossen (vgl. Röm 1)

c) 1. Tim 1,9f:

“Wir wissen, das Gesetz ist gut, wenn man es nach dem Sinn des Gesetzes anwendet, mit dem Bewußtsein, daß das Gesetz nicht den Gerechten auferlegt ist, wohl aber den Gesetzlosen und Zügellosen, den Gottlosen und Sündern, den Heillosen und Unheiligen, den Vater- und Muttermördern, den Unzüchtigen, den Knabenschändern, den Menschenräubern, Lügnern und Meineidigen und allem, was sonst der gesunden Lehre widerstrebt, nach dem Evangelium von der Herrlichkeit …”

Auch in diesem Lasterkatalog bezeichnet Paulus die arsenokoitai (die homosexuelle Akte Ausübende) als solche, die gegen Gott und seine Gebote rebellieren und sich so sündhaft verhalten.

Ja, er macht sogar deutlich, daß sie auch dem Evangelium unvereinbar entgegen stehen.

“Alles in allem wird jedes homosexuelle Verhalten in den Schriften des Paulus als verwerflich dargestellt. Im Römerbrief gilt es als heidnisches Laster, im Korintherbrief als Barriere, die den Eingang ins Reich Gottes versperrt und im ersten Timotheusbrief als ein Vergehen gegen das Sittengesetz”.

C.2.6. Stellen im 2. Petrus- und im Judasbrief

In je einer Stelle aus dem 2. Petrus- und dem Judasbrief werden die Gründe für die Zerstörung der Städte Sodom und Gomorrha offen beim Namen genannt und mit der Homosexualität in Verbindung gebracht:

“Die Städte Sodom und Gomorrha ließ er (Gott) in Asche sinken und verurteilte sie zum Untergang und setzte den Gottlosen damit ein Zeichen, die künftig gottlos sein würden. Er errettete aber den gerechten Lot, der von dem ausschweifenden (oder: unzüchtigen) Wandel der Gesetzlosen gequält wurde, denn der Gerechte, der unter ihnen wohnte, mußte alles mitansehen und anhören und seine gerechte Seele von Tag zu Tag durch die Werke der Ungerechten quälen lassen” (2. Petr 2,6-8).

“Auch die Engel, die ihren himmlischen Stand nicht bewahrten, sondern ihre Wohnstätten preisgaben, hat er (Gott) zum Gericht des großen Tages mit ewigen Ketten in Finsternis verwahrt. So müssen auch Sodom und Gomorrha und die umliegenden Städte, weil sie ähnlich wie jene Unzucht trieben und anderem Fleisch nachjagten, als warnendes Beispiel in ewigem Feuer büßen” (Jud 1,6f.).

Diese beiden Stellen stellen einen klaren Bezug zur Homosexualität als auslösende Ursache der Vernichtung Sodoms und Gomorrhas her: Judas nennt den homosexuellen Vergewaltigungsversuch der Sodomiter ein “unzüchtiges und widernatürliches Treiben”. Mit den Worten “anderem Fleisch nachgehen” wird die homosexuelle Absicht der Sodomiter ausdrücklich beim Namen genannt. Petrus verurteilt ausdrücklich den ausschweifenden gesetzlosen Wandel der Sodomiter und damit auch ihre homosexuellen Praktiken.

 

C.2.7. Stellen in der Offenbarung

“Aber den Feiglingen und Ungläubigen und den mit Greuel Befleckten, den Mördern und Unzüchtigen, den Zauberern und Götzendienern und allen Lügnern ist ihr Teil in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, das ist der zweite Tod” (Offb 21,8).

“Draußen bleiben die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut” (Offb 22,15).

Wir haben diesen Hauptpunkt mit einem indirekten Zitat zur Homosexualität begonnen (Gen 9) und schließen ihn nun mit zwei weiteren indirekten Stellen ab. Johannes spricht in beiden Stellen die Homosexualität an, indem er alttestamentliche Begriffe gebraucht, die die Homosexualität miteinschließen. So erinnern die Worte “mit Greuel Befleckte” an die alttestamentlichen Gebote, in denen sehr oft das sittenlose Handeln der Menschen als “Greuel für Gott” geschildert und verurteilt wird (Ehebruch, Götzendienst, Sodomie usw., und auch Homosexualität! Lev 3,18.22; 20,13 u.a.). Die Gerichtsandrohung des feurigen Pfuhls scheint auch eine Erinnerung an das Gericht über Sodom und Gomorrha zu sein, das durch Feuer und Schwefel vom Himmel durch Gott vernichtet wurde.|47|

In der zweiten Stelle, einer Aufzählung bestimmter Gruppen von Menschen, die verlorengehen und nicht ins Reich Gottes eingehen werden, gebraucht Johannes einen auf den ersten Blick befremdlichen Begriff. Neben Zauberern, Lügnern, Götzendienern, Mördern und Unzüchtigen werden auch die Hunde nicht ins Himmelreich gelangen.

Was ist nun mit dem Begriff “Hunde” gemeint?

Im Neuen Testament bezeichnet der Begriff kyon sehr oft die Tiergattung “Hund”, wobei die Hunde als unreine Tiere, die Menschenkot fressen, angesehen wurden.

Daneben wurde häufig auch die übertragene Bedeutung “die unreinen Heiden, die Ketzer” gebraucht.|48|

“Im Alten Testament” dagegen, “werden mit ‘Hunden’ die männlichen Prostituierten bezeichnet. Die Dirnen bekommen einen Dirnenlohn, der zur Unzucht geweihte Buhler (hebr. KEDESCH) den Preis für einen Hund, das heißt den ‘Hundelohn’ (Dtn. 23,19). Der Hundelohn ist der Mietpreis für einen männlichen Prostituierten. Die Bezeichnung ‘Hund’ für einen Mann, der für homosexuelle Akte in den Tempeln zur Verfügung stand, ist bestätigt durch Inschriften, auf denen der geweihte Buhler (hebr. kedesch) häufig ‘Hund’ genannt wird”.

Als Fazit einer unvoreingenommenen Exegesen der Stellen zur Homosexualität bleibt festzuhalten:

Die Bibel macht also in ihrer Deutung der Homosexualität keine Unterschiede zwischen kultischer homosexueller Prostitution, homosexuellen Gewalthandlungen, homosexuellen “Liebesbeziehungen”, Pädophilie, homosexueller Veranlagung etc. Jede Form der Homosexualität wird verworfen und als Übertretung der Gebote Gottes bezeichnet.

 

D. Schuld oder legitime Selbstverwirklichung?

Ist Homosexualität nur Schuld oder kann sie als legitime Selbstverwirklichung eines Menschen verstanden werden? Konkret gefragt – ist jener Homosexuelle, der mir in München gegenüberstand, nun einer, der vor Gott durch sein Tun schuldig geworden ist oder nur jemand, der sich einen anderen, aber dennoch legitimen Weg der sexuellen Selbstverwirklichung gewählt hat?

Es besteht kein Zweifel, daß für eine christliche Ethik zur Klärung dieser Frage nur ein Maßstab akzeptiert werden kann. Dieser Maßstab ist die Bibel.

Dabei ist die vorbehaltlose Bereitschaft, die Richtlinien für jedes menschliche Handeln aus dem Wortbestand der Heiligen Schrift zu gewinnen, von entscheidender Wichtigkeit. Jeder Ansatz, der Versucht, vorgefaßte Denkstrukturen (Situationsethik etc.) in die Bibel hineinzuinterpretieren, ist deshalb für eine christliche Ethik untauglich und zu verwerfen.

Es gilt, in der Bibel das zu erkennen, was tatsächlich in ihr steht. Wie wir im vorhergehenden Hauptpunkt nach einer ausführlichen Diskussion der verschiedensten exegetischen Ansätze gesehen haben, ist die Haltung der Bibel zur Homosexualität absolut eindeutig. Sowohl im Alten wie auch im Neuen Testament gibt es keine Bibelstelle, welche die Homosexualität duldet, oder gar akzeptiert. Die Bibelstellen, aus denen versucht wird, eine biblische Toleranz, der Homosexualität herauszulesen, halten einer unvoreingenommenen, gründlichen Exegese nicht stand.

Die Bibel macht in ihrer Bedeutung der Homosexualität keine Unterschiede zwischen kultischer homosexueller Prostitution, homosexuellen Gewalthandlungen, homosexuellen “Liebesbeziehungen”, Pädophilie, homosexueller Veranlagung etc. Jede Form der Homosexualität wird verworfen und als Übertretung der Gebote Gottes bezeichnet.

Nach den Aussagen des Alten und Neuen Testaments muß deshalb jedes homosexuelle Handeln als Sünde, also als Schuld eingestuft werden.

Warum ist dies so? Mit welcher Begründung kann die Bibel die Homosexualität als Schuld bezeichnen?

Ich möchte dazu in drei Punkten Stellung nehmen:

1. Homosexualität ist Schuld, weil sie widernatürlich ist und Gottes Schöpfungsordnung entgegensteht.

Paulus sagt dies ausdrücklich so, es nennt in Röm 1,25-27 Homosexualität ein widernatürliches Verhalten. Paulus versteht unter Natur “nicht nur die leibliche Geschlechtlichkeit oder die menschliche Natur nach Leib Seele und Geist, sondern die Natur, wie sie der Schöpfer von Anfang an geplant und gewollt hat”. Den Maßstab für das, was natürlich ist, leitet Paulus aus der Schöpfungsgeschichte (Gen 1,27f.) her. Gott schuf die Menschen nach seinem Ebenbild und gab ihnen eine Bestimmung füreinander, als Mann und Frau. Die wird vor allem auch im Schöpfungsauftrag Gottes deutlich: “seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde” (Gen 1,28)

Der holländische Theologe Spijker sagt hierzu folgendes: “Wenn Paulus sich nicht auf die Schöpfungsordnung, sondern auf die Natur beruft, verharmlost er die Homotropie nicht, oder entschuldigt sie gar, sondern er vergrößert die Anklage. Der seinem Begehren preisgegebene Mensch gefährdet die Schöpfungsordnung, er verfällt durch sein Handeln dem Chaos. Er lebt nicht in Harmonie mit der Natur als Schöpfungsordnung, sondern widernatürlich, d.h. nach der paulinischen Zusammenordnung von Natur und Schöpfungsordnung widersittlich und widergöttlich”.

Naturwissenschaftler haben in diesem Zusammenhang auch immer wieder darauf hingewiesen, daß es z.B. auch im Tierreich kein Pendant zur Homosexualität gibt. Zwar kann es dort ebenfalls in Extremsituationen zu homosexuellen Akten kommen, doch müssen diese “in Abhängigkeit von anderen als allein sexuellen Trieben erklärt werden” (Van den Aardweg). Wenn etwa ein Rudelführer zum Zeichen seiner Überlegenheit an einem Rudelmitglied homosexuelle Akte vornimmt, so geschieht dies aus Gründen “der sozialen Dominanz oder der Neutralisierung von Aggression”.

Van den Aardweg hinterfragt kritisch das “dubiose Dogma von der Natürlichkeit der Homosexualität”, das von vielen ihrer Anhänger vertreten wird: “Ist es wirklich so wahrscheinlich, daß die Natur diese ‘normale Variante’ hervorgebracht hat, die keine Möglichkeit zur Fortpflanzung bietet, aber dennoch die anatomischen und physiologischen Voraussetzungen dazu besitzt? Welchen Sinn sollte dies haben?”, und kommt als Naturwissenschaftler, der nicht von der Bibel her argumentiert, zu dem Schluß, daß die Biologie des Menschen und des Tieres nicht zur Homosexualität, sondern zur Heterosexualität angelegt ist. Es ist deshalb den Ausführungen des Sozialwissenschaftlers Kinsey deutlich zu widersprechen, der sagt: “Die Homosexualität ist seit Urzeiten ein wichtiger Bestandteil menschlicher sexueller Betätigung, schon allein deshalb, weil sie Ausdruck gewisser Urfähigkeiten des Tieres ist”.

In der katholischen Sexualethik hat das Argument der Widernatürlichkeit der Homosexualität großes Gewicht (nach der analogia entis: “Man kann aus der Natur nach Gott schließen”, das (die!?) in der katholischen Ethik als sehr wichtig angesehen wird). Als Beleg sei ein Zitat des Thomas von Aquin angeführt: “Jeder homosexuelle Akt ist gegen die Natur und widerspricht der rechten Vernunft, denn dabei sucht der Mensch sich in einer Weise geschlechtlich zu befriedigen, die die Möglichkeit der Fortpflanzung ausschließt”.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Es gibt einen gottgegebenen, natürlichen Hang zum anderen Geschlecht.

Amerikanische Evangelikale haben dies in einem Schlagwort provokativ formuliert: “Gott schuf Adam und Eve, nicht Adam und Steve!”

Homosexualität ist widernatürlich, steht der Schöpfungsordnung Gottes entgegen und muß somit als Schuld bezeichnet werden.

2. Homosexualität ist Schuld, weil sie die von Gott eingesetzte Lebensform, die Ehe zwischen Mann und Frau, in der allein nach Gottes Plan Sexualität ausgelebt werden kann und soll, aufhebt und ablehnt und an ihre Stellen die von Menschen eingesetzt Lebensform zweier gleichgeschlechtlicher Partner setzt.

In Gen 2 wird uns von der göttlichen Einsetzung der Ehe berichtet.

Adam, der von Gott geschaffene Mensch, fühlt sich im Paradies einsam. Als Ebenbild Gottes war Adam geschaffen worden und war deshalb ein geselliges Wesen. Da Gott ein Gott der Liebe ist, hat er den Menschen auch die Möglichkeit gegeben, selbst zu lieben und geliebt zu werden.

Gott erkennt deshalb, daß “es nicht gut ist, daß der Mensch alleine sei” und “will ihm eine Hilfe schaffen, als sein Gegenüber”. (Gen 2,18) Dieses Gegenüber sollte Adam entsprechen und auch seine Sexualpartnerin sein (die beiden sollten ein Fleisch werden), um auf diese Weise die gegenseitige Liebe zu vervollkommnen und Nachkommen zu zeugen (John Stott).

Gott erfüllte dieses Bedürfnis des Menschen nach Gemeinschaft durch ein besonderes Schöpfungswerk. Die Geschlechter werden voneinander getrennt. “Aus der undifferenzierten Menschheit Adams gingen Mann und Frau hervor”.

Gen 2 macht deutlich, wie dieses Schöpfungswerk aussah: Im Gegensatz zu Adam, den Gott aus Staub gemacht hatte, erschuf Gott Eva aus Adam heraus. Diese Bemerkungen bilden Grundlage für die göttliche Einsetzung der Ehe. Als Adam Eva zum ersten Mal sieht, spricht er das “erste Liebesgedicht der Geschichte”: Das ist endlich Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Diese soll Weib heißen, weil sie vom Manne genommen ist” (Gen 2, 23)

Die Schlußfolgerung daraus im folgenden Vers:

Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und wird seiner Frau anhangen und die beiden werden ein Fleisch sein. (Gen 2,24)

Dieser Bibelvers muß als Einsetzung der Ehe als göttliche Institution verstanden werden, in der menschliche, geistige und sexuelle Gemeinschaft erfahren werden soll:

In diesen beiden Versen kommt dreimal das Wort Fleisch vor (“Fleisch von meinem Fleisch”, “ein Fleisch werden”). Dies ist nicht zufällig. Der heterosexuelle Umgang in der Ehe ist mehr als nur eine körperliche Vereinigung, er stellt vielmehr eine Wiedervereinigung zweier Menschen verschiedenen Geschlechtes das, die ursprünglich eins waren.” Einst wurden sie voneinander getrennt, aber im Eheakt werden sie wieder zusammengefügt” (Stott).

Durch diesen Ansatz ist auch das Geheimnis der heterosexuellen Intimität verständlich: John Stott sagt dies so: “Im heterosexuellen ehelichen Geschlechtsverkehr findet nicht nur eine körperliche Vereinigung statt, es handelt sich vielmehr um ein Verschmelzen komplementärer Persönlichkeiten, wodurch – inmitten der vorherrschenden Entfremdung – der Reichtum des menschlichen Daseins in seiner geschaffenen Einheitlichkeit neu erlebt wird”. Damit Mann und Frau aber wieder ein Fleisch werden können, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Diese Voraussetzungen sind von Gott vorgegebene Grundlagen der Ehe.

“Damit wird ein Mann” (die Singularform zeigt, daß die Ehe die Vereinigung nur zweier Individuen ist) “seinen Vater und seine Mutter verlassen ” (wichtig ist hier eine öffentliche Handlung) “und wird seinem Weibe anhangen.” (Liebe und Treue sind unabdingbar, die Ehe ist von Dauer und wird zwischen einem Mann und einer Frau vollzogen) “und sie werden ein Fleisch sein.” (Geschlechtsverkehr ist das Siegel des Ehebundes)-J.Stott.

Jesus erkennt diese Grundlagen im Neuen Testament ausdrücklich an und zeigt, daß eine lebenslange Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau schon immer Gottes Absicht entsprach. Ganz deutlich wird dies in dem Satz: “Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden”. (Mk 10,4-9)

Als Zusammenfassung dieser Ausführungen möchte ich ein ausgezeichnetes Zitat von John Stott anführen:

“Die von Gott eingesetzte Ehe wird also in der Bibel als heterosexuelle Einehe definiert. Es geht hier um die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau, und diese Vereinigung wird dauerhaft bezeugt (Verlassen der Eltern), dauerhaft besiegelt (seiner Frau anhangen) und körperlich vollzogen (ein Fleisch). Eine andere Art von Ehe oder Geschlechtlichkeit kennt die Bibel nicht, denn Gott hat keine andere Möglichkeit eingerichtet.

Jede sexuelle Beziehung, die von Gottes geoffenbarter Norm abweicht, erregt sein Mißfallen und führt letzten Endes zum Gericht.

Falsch sind also Polygamie und Polyandrie (weil sie gegen das Prinzip ein Mann und eine Frau verstoßen), zufällige sexuelle Begegnungen, vorübergehende Affären und Ehebruch, heimliches Verbindungen, (weil ihnen kein öffentliches Verlassen der Eltern vorausgegangen ist), viele Ehescheidungen (weil sie mit dem Prinzip des Anhangens nicht vereinbar sind und gegen Jesu Verbot der Scheidung verstoßen) und homosexuelle Partnerschaften (weil diese im Widerspruch dazu stehen, daß ein Mann seiner Frau anhangen wird)”(J.Stott).

Paulus macht dies ebenfalls deutlich in 1. Tim 1, 9. Dort zählt er einen Lasterkatalog auf, bei dem er an den zehn Geboten entlang geht. Zuerst nennt er solche, die sich an Vater und Mutter vergreifen, danach die, die sich am Leben vergehen, dann die Unzüchtigen und Knabenschänder, schließlich noch Menschenhändler, Lügner und Meineidige.

Bräumer schließt daraus, hier werde klar betont, daß homosexuelles Handeln gegen die Maßstäbe Gottes (Zehn Gebote) verstößt: “Diejenigen, die Homosexualität praktizieren, gehören zu denjenigen, die ehewidrig handeln und damit gegen das Gebot “Du sollst nicht ehebrechen” verstoßen.”

Alles in allem kann festgehalten werden, daß Gott für den Menschen nur eine einzige sexuelle Verbindung vorgesehen hat, die geschlechtliche Vereinigung eines Mannes mit seiner Ehefrau, die er als Fleisch von seinem Fleisch erkennt.

Jede andere Konstellation verstößt gegen Gottes Gebot und ist Schuld.

3. Das bewußte Verharren in der Homosexualität ist Rebellion gegen Gott und seine Gebote und damit Schuld.

Erinnern wir uns noch einmal kurz an den Ansatz van den Aardwegs, der die Homosexualität als zwanghafte Neurose beschreibt, durch die der Homosexuelle in einem Teufelskreis dazu getrieben werde, sich selbst wegen seiner Unmännlichkeit zu bemitleiden und dieses Selbstmitleid durch homosexuelle Kontakte zu kompensieren.

Kann man einen Menschen, der gegen seinen Willen zu etwas getrieben wird, überhaupt für sein Tun verantwortlich machen?

Grundsätzlich ist dazu zu sagen, daß jeder Mensch von Natur aus gegen Gott rebelliert (Sündenfall), sich von Gott losgesagt hat und getrennt von ihm nach eigenen Maßstäben lebt. Diesen Zustand nennt die Bibel Sünde. Die grundlegende Schuld des Menschen ist also seine Rebellion gegen Gott, die in vielen Punkten Auswirkungen hat (Selbstvergötzung, eigene Maßstäbe, Verbrechen, etc.). Gott läßt den Menschen die Folgen seines Abfalls spüren, er gibt ihn an die Sünde dahin (Röm 1).

Aus dieser Ursache heraus kann der Mensch in mancherlei Bindungen geraten (Süchte, psychische Krankheiten etc.), die nur dadurch möglich sind, weil diese Welt eine gefallene Welt ist. Und manchmal scheint es, als sei der Mensch in diesen Bindungen (z.B. Kleptomanie) nicht mehr für sein Handeln verantwortlich zu machen. Aber dem ist nicht so.

Jeder, der gebunden ist, hat die Pflicht, alles zu tun, was in seiner Macht steht, um seine Gebundenheit in den Griff zu bekommen und sie nicht zum Ausbruch kommen zu lassen. Auch wenn der einzelne von Kräften gehalten wird, die sich seiner Kontrolle entziehen, darf er sich nicht still in sein Schicksal ergeben, sondern ist verpflichtet, einen Ausweg zu suchen.

Selbst van den Aardweg bejaht diese Aussage in seinen Therapieansätzen zur Heilung Homosexueller von ihrer homosexuellen Neurose.

Wer sich mit seiner Gebundenheit abfindet und nichts gegen sie unternimmt, ja sogar seiner Gebundenheit mit einer herausfordernden, trotzigen Haltung sich noch rühmt, der steht unter dem Zorn und Gericht Gottes.

Jeder, der bewußt in der Sünde verharrt und sich von dem allmächtigen Schöpfer nicht davon befreien läßt, wird schuldig und ist voll für sein Handeln verantwortlich.

E. Konsequenzen, die sich aus der ethischen Beurteilung der Homosexualität ergeben

1. Wenn Homosexualität Schuld ist, dann sind wir Christen aufgefordert, als Sprachrohr Gottes klar Position zu beziehen und dies einer gefallenen Welt mitzuteilen. Ich bin mir dessen bewußt, daß wir uns dabei mit einer antichristlichen Theologie, sowie mit Menschen einer gefallenen Welt auseinandersetzen müssen und mit Spott, Häme und Angriffen zu rechnen haben.
Militante Angriffe, wie die Ian Harveys, werden kein Einzelfall bleiben, der mit einer beißenden Attacke die “vor Heiligkeit triefende Haltung” der Christen gegenüber der Homosexualität geißelt: “Seitdem ich einige von denen bei der Arbeit erlebt habe, bin ich zu der Überzeugung gelangt daß ich mich leicht auf die Seite der Löwen hätte schlagen können, wenn ich seinerzeit im Kolosseum dabei gewesen wäre”.

Dies darf uns jedoch nicht davon abhalten, diese Auseinandersetzung aufzunehmen, sie muß geführt werden!
2. Wenn Homosexualität Schuld ist, dann haben wir dies auch in unseren Gemeinden deutlich zu sagen. Wir haben auch dort die Aufgabe, Tendenzen entgegenzutreten, die versuchen, aus falsch verstandener Barmherzigkeit den Mantel der Liebe über alles zu breiten und die alles als “normal” und “legitim” darstellen wollen.

Gerade in unseren Gemeinden dürfen wir diese Auseinandersetzung mit antichristlichen/antibiblischen Tendenzen nicht ausweichen, sie ist ein absolutes Muß!
3. In der Auseinandersetzung mit der Homosexualität ist jedoch klar zu trennen zwischen der Homosexualität und dem Homosexuellen. Eine ablehnende Haltung gegenüber der Homosexualität ist eine zwingende Notwendigkeit. Sie darf jedoch nicht dazu führen, daß Homosexuelle diskriminiert, abgeurteilt oder ausgegrenzt werden. Auch der Homosexuelle ist unser Nächster, dem Gottes Gnadenangebot gilt und der durch unsere Nächstenliebe etwas von der Liebe Gottes spüren soll.

Christus starb für alle, Männer und Frauen, für heterosexuelle und für homosexuelle. Sein Kreuz ist ein unauslöschliches Zeichen für den Wert, den jeder Mensch in Gottes Augen hat. Niemand ist aufgrund seiner homosexuellen Veranlagung weniger wert als andere. Dennoch verlangt das Evangelium die Veränderung!

Es geht also darum, dem Homosexuellen mit Nächstenliebe, ohne Diskriminierung zu begegnen, aber immer auch ohne ethische Nachgiebigkeit gegenüber der Homosexualität.

Zwischen “die Sünde hassen” und den “Sünder lieben” muß ein klarer Unterschied gemacht werden!
4. Der gefallene, sündhafte Mensch hat nur eine Chance zur Veränderung – die der Umkehr zu seinem Schöpfer, der ihm allein helfen kann. Nur in einer Neuordnung seines Lebens durch die Annahme des Heilsangebotes Gottes in Jesus Christus und der darauffolgenden Unterordnung unter Gott und seine Gebote hat der Homosexuelle die Möglichkeit, dem Gericht Gottes zu entkommen.
5. Der allmächtige Schöpfer kann auch mit einem direkten Eingriff einen Homosexuellen von seiner gleichgeschlechtlichen Neigung befreien.

6. Dort, wo dies geschieht, wo der betreffende Christ also immer noch homotrope Gefühle hat, ist klar zu unterscheiden zwischen der Versuchung zur Homosexualität und dem Nachgeben dieser Versuchung.

Im Jakobusbrief ist zu lesen: “Jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt. Wenn die Begierde dann empfangen hat, gebiert sie die Sünde, wenn aber die Sünde vollendet ist, gebiert sie den Tod” (Jak 1,14f.). Das bloße Vorhandensein einer lustvollen Versuchung kann also noch nicht als Sünde bezeichnet werden, erst wenn die Versuchung ausgelebt wird, gebiert sie die Tatsünde.

Wir halten fest: Nicht die homosexuelle Versuchung, das homosexuelle Verlangen ist als Sünde zu werten, sondern allein das Nachgeben dieser Versuchung, das Handeln also, das der Schöpfungsordnung widerspricht.

7. Dem Christen, der seinen homotropen Gefühlen nicht oder noch nicht befreit ist, bleibt nach biblischen Maßstäben der Weg der sexuellen Enthaltsamkeit, wie z. B. auch Menschen, denen die Ehe versagt bleibt.

Literaturverzeichnis:

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Adler, A.: Das Problem der Homosexualität, Ernst Reinhard Verlag, München,
Arndt, L.L., Over Neurosen, Den Haag, 1955
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Bayley, Derrick Sherwin: Homosexuality and the Western Christian Tradition,
Baker, Don: Ende eines Doppellebens, Brunnen, Basel, 1990
Bräumer, Hansjörg: Lieben wagen, Hänssler, Stuttgart, 1986
Coleman, Peter, Christian Attitudes to Homosexuality, 1980
Field, David: Homosexualität – was sagt die Bibel wirklich?, Edition Trobisch) IPS,
Fischer, Jochen (Hg.): Wörterbuch zur Sozialpädagogik, Aussaat-Verlag, Wuppertal, 1969
Ian Harvey: To Fall like Lucifer, Sidgewick and Jackson, London, 1971
HUK – Homosexuelle und Kirche: “Evangelikal und homosexuell”, Faltbroschüre; und: “Spricht die Bibel über Homosexualität?”, Faltbroschüre, Zürich, 1989
Grossmann, Thomas: Eine Liebe wie jede andere, Rowohlt Taschenbuch-Verlag,
Kenyon, F.E.: “Studies in Female Homoesexuality – Psychological Test Results”, in: Journal of Consulting and Clinical Psychology, 1968
Kinsey, A.C.: Report über weibliche und männliche Sexualität, Goldmann Verlag,
Looser, Gabriel: Gleichgeschlechtlichkeit ohne Vorurteil, Friedr. Reinhard Verlag, Basel, 1980
Maltz, M.: Psycho-cybnernetics, Prentice Hall, New York, 1960
Pittenger, Norman: Time for Consent: A Christian’s approach to Homosexuality, SCM Press, 1976
Stekel W.: Onanie und Homosexualität, Verlag Urban und Schwarzenberg, Wien,
Ders.: Psychosexueller Infantilismus, Verlag Urban und Schwarzenberg, Wien,
Stott, John: Homosexuelle Partnerschaften – warum gleichgeschlechtliche Partnerschaften für einen Christen unmöglich sind, Verlag der Francke-Buchhandlung, Marburg/Lahn, 1984
Werner, Roland: Homosexualität – ein Schicksal?, Brendow Verlag, Moers
White, John, Eros, Segen oder Fluch?, Verlag der Francke-Buchhandlung, Marburg/Lahn, 1989
Wilkerson, David und Don: Die unbequeme Generation, Leuchter-Verlag, Erzhausen, 1972

Der Autor:

Michael Seemann wurde 1964 in München geboren. Kurz vor seiner Einschulung zog seine Familie nach Ellendingen bei Pforzheim um. 1983 bestand er in Pforzheim das Abitur. Von 1984 an studierte er sechs Semester an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. 1987 wechselte er aus theologischen Gründen an die Freie Evangelisch-Theologische Akademie Basel, wo im selben Jahr sein Studium abschloß.

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Gott als neues Superbewusstsein (Hunt)

Dave Hunt

 

Gott als neues Superbewusstsein

Es ist nun 20 Jahre her, dass die Hausfrau J.Z. Knight als Channel für Ramtha, den entkommenen Krieger vom Atlantis-Mythos, in die New-Age-Szene platzte. 1988 »zog sie sich inmitten eines Hagels von ne­gativen Presseäußerungen … aus dem öffentlichen Blickfeld zurück«. Im Jahr 1992 trennte sie sich mit einer weiteren chaotischen Ehescheidung von einem Ehemann, der ihr vorwarf, dass sie eine sektenähnliche Atmo­sphäre verbreite. Dennoch zogen über tausend ihrer Anhänger nach Yelm im US-Bundesstaat Washington, kauften sich Besitz und bauten Hauser in der Nähe ihres 3-Millionen-Dollar-Anwesens, um ihre »Ramtha-Schule der Erleuchtung« zu besuchen. Berichten zufolge »fallen etwa 2.000 wei­tere Personen in Yelm ein, um ihre zweimal jährlich stattfindenden Ein­kehrtage zu besuchen … [und zahlen] mindestens 1.350 Dollar pro Jahr, um Ramtha mittels Knight zu konsultieren, um eine Mixtur aus Yoga, Quantenmechanik und mentalen Übungen zu erlernen, die angeblich die spirituelle Wahrnehmung und mediale Fähigkeiten steigern sollen und um spontane körperliche Heilung von allem Möglichen von Hühnerau­gen bis Krebs zu erlangen.«

Im Februar 1997 zahlte Knight die Kosten einer Gruppe von 14 Ge­lehrten, angeführt vom Religionswissenschaftler J. Gordon Melton von der Universität von Kalifornien. Diese Gruppe besuchte sie, um festzu­stellen, ob sie und Ramtha legitim sind. Das Ergebnis ihrer Untersuchung wird in einem Buch veröffentlicht werden, das Melton über das Ramtha-Phänomen schreibt. Dass Knight diese Wissenschaftler eingeladen hat, zeigt ihre Ernsthaftigkeit und Bereitschaft, sich überprüfen zu lassen.

Zu einem früheren Zeitpunkt hatte Knight den Parapsychologen Stan­ley Krippner vom Saybrook-Institut in San Francisco auf ihrem Anwesen empfangen. Krippner kam in Begleitung eines Neurophysiologen, der Knight einer Reihe von Tests unterzog, während sie Ramtha channelte. Die Tests ergaben »eine gesteigerte Herzschlagfrequenz, Muskelspannung und Hautfeuchtigkeit und Verringerung des Blutvolumens, des Blutdrucks und der Hauttemperatur, was … nicht vorgetäuscht werden konnte«. Wie auch bei anderen Medien wie z. B. Eileen Garrett der Fall, die sich jedem erdenklichen wissenschaftlichen Test unterzog, ist auch hier klar, dass zu bestimmten Zeiten ein Geistwesen von Knight Besitz ergreift und durch sie spricht. Krippner sagte ihr nach den Tests: »Ich weiß nicht, wer Sie sind, J. Z., aber ich weiß, dass Sie echt sind.«

Ablehnung und Auflehnung

Knight sagt, ihre spirituelle Odyssee habe begonnen, als sie als Jugendli­che von »einem Stiefvater, der sie nicht ausstehen konnte«, geächtet wurde und sich deshalb »in Gott verliebte« und »unaufhörlich mit ihm sprach« und schließlich »Gott anfing, ihr zu antworten und auch mit ihr zu re­den«. Dieses »Sprechen mit Gott«, um neue Einsichten und Offenbarun­gen zu erlangen, und das unabhängig von der Offenbarung, die Gott uns in seinem Wort gegeben hat, ist charakteristisch für das Okkulte und für vieles, was sich als christlich ausgibt. Knights »Gott« ist sicherlich nicht der Gott der Bibel.

Ramthas Gottesbild – eine der vielen Lügen, die Knight channelt und viele Anhänger von ihr angenommen haben – ist auch von etlichen ande­ren Wesen durch andere Kanäle vermittelt worden. Das gilt auch für na­hezu alle anderen Aussagen Ramthas.

Gott ist ein Geist, der aus Bewusstsein und Energie besteht und aus dem Nichts geboren wurde. Und die Kraft Gottes ist die Umformung [von Energiewellen] in Erfahrungsquanten.

Wir werden ein Neues Zeitalter des Superbewusstseins möglich ma­chen, in welchem neue Arten von Energie neben den alten zusammen existieren.

Die Vorstellung, aus dem »Nichts« könne irgendetwas geboren werden, ist offensichtlich dieselbe Illusion wie Edgar Mitchells unbewusster Gott, der in Pflanzen erwacht. Dass intelligente Menschen zu Millionen einen solchen Unsinn glauben, während sie den Gott der Bibel ablehnen, be­zeugt abermals die Selbsttäuschung, die solche befällt, die meinen, sie könnten der moralischen Verantwortlichkeit gegenüber Gott entkommen. Zudem verdeutlicht dieser Umstand die zunehmende Salonfähigkeit des Okkultismus in der heutigen Welt.

Die Ablehnung des Gottes der Bibel durch die »Blumenkinder« der 60er Jahre führte zu Auflehnung gegen jegliche Autorität. Sie verbargen ihre Egozentrik unter dem Deckmantel von Frieden und Liebe. In ihrer schönen neuen Welt wären keine Regeln mehr nötig. Jeder hätte die Frei­heit, Drogen zu nehmen, fetzige Musik zu hören, freien Sex auszuleben und »Liebe statt Krieg zu machen«. Auf ihren Drogentrips erlebten sie dasselbe kosmische Bewusstsein wie Edgar Mitchell im Weltraum und Michael Ray und Gerald Jampolsky durch Shaktipat. Die Fantasievor­stellung der kosmischen Einheit funktioniert im wirklichen Leben nicht. Sie ist einfach ein Märchen. Man kann jedoch den unmöglichen Traum einfach weiter träumen – mithilfe von Yoga oder Drogen oder beidem.

Die Flucht vor Realität und Vernunft geht weiter mit der zunehmenden Popularität, Verbreitung und Freigabe von Marihuana und anderen be­wusstseinserweiternden Drogen (und jetzt Heroin) zusammen mit fern­östlicher Meditation. Gene Edward Veith zeichnete dieses finstere, aber treffende Bild:

Modemagazine wie Vogue und W haben ein neues Outfit für die 90er in Szene gesetzt: ausgemergelte und ausgezehrte Frauen mit eingefal­lenen Augen räkeln sich auf dem Fußboden eines Badezimmers und strecken ihre Arme nach einer Nadel aus. Glamouröse Models ent­wickeln ein Subkultur-Outfit, indem sie den Laufsteg entlangschlur­fen wie halbtote Zombies. Die Modewelt nennt das »heroin-chic« … [und] Drogenkonsum unter Jugendlichen schießt explosionsartig in die Höhe … um 78 % seit 1992 …

»Ich glaube an Drogenkonsum«, bekennt der führende Kopf einer bedeutenden Plattenfirma, der anonym in der Los Angeles Times zi­tiert wurde. »Er gehört einfach zum Erwachsenwerden und zum krea­tiven Prozess …«

Die psychedelischen 60er machten mit LSD heiß; die ausgefallenen 70er … mit Amphetaminen; die impulsiven 80er holten sich ihre Kicks vom Kokain. Die Popkultur von heute entwickelt eine finstere, depres­sive Stimmung … Junge Leute, in Schwarz gekleidet, schwelgen in trü­ber, trostloser Introspektion und ihre Musik suhlt sich in Zynismus, Aggression und Verzweiflung. Ihre Lieblingsdroge ist – in zunehmen­dem Maße – Heroin.

Jonathan Melvoin, Keyboardspieler der »Smashing Pumpkins«, starb kürzlich an einer Überdosis Heroin. Ebenso Shannon Hoon von »Blind Melon«. Ebenso Kristen Pfaff von »Hole«, Dwayne Koettel von »Skinny Puppy« und Bob Stinson von »Replacement«. Kurt Cobain von Nirva­na, einst als Sprecher seiner Generation gefeiert, brachte sich nach einem langen Kampf mit seiner Heroinabhängigkeit um …

Säkulare Einrichtungen für Drogenentzug rühmen sich schon über Erfolgsraten im einstelligen Prozentbereich … Teen Challenge heilt 70 bis 86% der Süchtigen, um die sich diese Organisation kümmert. An­dere christliche Gruppen und Kirchen erzielen ähnliche Erfolge. Ge­bundenheit an Drogen wird – wie alle anderen sündigen Gebundenhei­ten – am besten mit dem Evangelium von Jesus Christus behandelt.

Auf den Zusammenhang zwischen Drogen und dem Okkulten sind wir bereits eingegangen. Das Neue Testament bezeichnet das Okkulte als »Zauberei«, die deutsche Übersetzung des griechischen Wortes pharma­keia. Und jetzt hat eine neue Dimension dem Okkultismus eine neue Ehrwürdigkeit eingebracht: Die »Kiffer« und »Aussteiger« der 50er und 60er sind die Ärzte, Rechtsanwälte, Politiker, Psychologen, Sozialarbei­ter, Professoren und Wissenschaftler der 90er.

Die Bewusstseins-Revolution wird nicht mehr angeführt von einer Horde hagerer, junger Freaks; sie wird von höchster Stelle aus geschürt. Ihre okkulten Früchte reifen zu einer Ernte des Grauens heran. Wir kön­nen nur wiederum Veith zustimmen, der schreibt: »Die Eskalation des Drogenkonsums während der Amtszeit Präsident Clintons geht wahr­scheinlich weniger auf seine Rückschläge in den Büros der Drogenbosse und in der Gesetzgebung gegen Drogen zurück als vielmehr auf die frei­zügige Kultur, die er verkörpert und repräsentiert … wenn er z. B. in MTV Witze darüber macht, dass er gerne mal inhalieren würde …«

Eine neue Ehrbarkeit auch unter Christen

Der Welt kann man wohl kaum Vorwürfe dafür machen, dass sie dem Okkulten positiv gegenübersteht, wenn auch die Christenheit (einschließ­lich der evangelikalen Führerschaft) diese offene Haltung an den Tag legt. Immer mehr christliche Führungspersonen springen auf diesen Musikwagen auf, ohne zu überlegen, wo er herkommt und wo er hin­fährt. Dass Evangelikale M. Scott Peck und seine häretischen Bestseller mit offenen Armen begrüßen, ist nur ein Paradebeispiel. Als Peck am 8. Dezember 1993 in der christlichen Oprah-Winfrey-Fernsehshow auf­trat, stand sein erstes Buch Der wunderbare Weg seit sensationellen 500 Wochen auf der Bestseller-Liste der New York Times (mittlerweile seit 600 Wochen). Er sagte zu Oprah, er sei zu diesem Buch »göttlich angelei­tet« worden. Doch bereits früher hatte er eingestanden, noch kein Christ gewesen zu sein, als er das Buch schrieb. Die antichristlichen Lehren die­ses Buches (»das kollektive Unbewusste ist Gott« usw.) sprechen gegen jede Behauptung göttlichen Ursprungs.

In seinem nächsten Buch Die Lügner, das nach seiner angeblichen Bekehrung veröffentlicht wurde, setzt Peck seine häretischen Äußerun­gen unvermindert fort. Peck sagt, er »würde niemanden aus dem Exor­zismus- Team ausschließen, der ein gestandener Hindu, Buddhist, Mus­lim, Jude, Atheist oder Agnostiker ist und eine wirklich liebevolle Aus­strahlung hat«. In The Different Drum (»Die andersartige Trommel«) erklärt Peck, dass »die Rettung der Welt durch Gemeinschaft geschieht … nichts ist wichtiger als das«. Kein Wort von der Rettung durch Jesus Chris­tus. Pecks Haltung gegenüber dem Omega-Institut, das Kurse in »Zen, Magie, Hexerei, erweiterten Bewusstseinszuständen und verschiedenen anderen okkulten Künsten anbietet«, straft sein angebliches Christen­tum Lügen.

Als der römisch-katholische Priester und New-Age-Vertreter (und jet­zige Priester der Episkopalkirche) Matthew Fox sein Buch Vision des kos­mischen Christus veröffentlichte – in welchem er fundamentalistisches Christsein mit Faschismus gleichsetzt und Jesus von dem »Christus« un­terscheidet, der »in uns allen wohnt« (ein übliches Thema des Okkul­ten) –, fand sich auf der Rückseite Pecks inbrünstige Empfehlung. Nichts­destotrotz werden Peck und seine Bücher weiterhin von führenden Evan­gelikalen empfohlen, und das sogar in der Zeitschrift vom Moody Bible Institute. Die folgenden Kommentare der Autorinnen Brenda Scott und Samantha Smith sind eine schockierende Erinnerung an die neue Ehr­barkeit, die das Okkulte sogar innerhalb der evangelikalen Christenheit erlangt hat:

Wenn die New-Age-Anhänger Peck als jemanden aus ihren eigenen Reihen betrachten und wenn ihm diese Identifikation selbst gefällt, warum sollten Christen es dann nicht genauso sehen? … Doch statt­dessen bietet er Seminare an … bei denen er christlichen Gemeinde­leitern seine Zen-Methoden der »Gemeinschaft« beibringt.

Dr. Calvin van Reken, zweiter Professor für Moraltheologie am Cal­vin Seminar, empfahl Der wunderbare Weg in der Ausgabe der Univer­sitätszeitung vom 24. Januar 1992. David Means las in [einer christli­chen] Radiosendung mehrere Tage lang aus Pecks Buch The Different Drum … vor. David Mains verschwieg seinen Zuhörern jedoch, dass Peck seine Bücher als New Age ansieht oder dass The Different Drum … die Sündlosigkeit Christi angreift und Zen-Buddhismus lehrt.

Wir schrieben an diese Radiosendung und erklärten Pecks New-Age-Lehren und -Verbundenheit und schickten eine Kopie seines Ar­tikels aus dem New Age Journal mit. Wir waren besorgt, dasss die Emp­fehlung Pecks [seitens der Sendung] viele in die Irre führen könnte. Auf unseren Brief wurde nie eingegangen und The Different Drum wurde weiter gesendet …

 

Evangelikale Führungspersonen und das Okkulte

Matthew Fox besteht darauf, dass »das Christentum sich von seinem ei­gentlichen ›Kern‹, seinem Zentrum, seinem Sinn für praktizierte Mystik und kosmisches Bewusstsein, gelöst« habe. David und Karen Mains ha­ben ihren Teil dazu beigetragen, dieses vermeintliche Defizit zu korrigie­ren. In ihrem 18. Buch Loneley No More (»Nie mehr einsam«) empfiehlt Karen die Befragung eines persönlichen Leitgeistes und andere okkulte Praktiken, die Fox verbreitet. Als Bestseller-Autorin und bekannte Refe­rentin auf Frauenkonferenzen war Karen zur Zeit, als das Buch auf den Markt kam, »Vorsitzende des Treuhänder-Gremiums der Inter-Varsity Christian Fellowship der USA«.

Karen Mains zitiert in zustimmender Weise den modernen Mystiker Thomas Merton, der ebenso Buddhist wie auch römisch-katholischer Mönch ist, und nimmt seinen Rat in Anspruch. Sie setzt körperliches Zittern und heftige Schüttelanfälle mit einer geheimnisvollen Kraft Got­tes gleich, die durch ihre Hände strömt (eine übliche okkulte Manifesta­tion). Sie bezeichnet dies als »Charisma der Heilung«. Sie spürt ihr Eins­sein mit den Molekülen ihres Körpers und dem Universum mit seinen Gegenständen und Geschöpfen. Dabei erlebt sie anscheinend das kosmi­sche oder Einheits-Bewusstsein eines Edgar Mitchell oder Yogi, was sie nur wärmstens empfehlen kann. Sie ist überzeugt, dass sie durch »die ständige Begegnung mit dem Heiligen Geist effektiv zu Annäherungen« an C.G. Jungs Unbewusstem geleitet wird. Dieses Buch ist ein unglaub­lich egozentrischer und von sich selbst eingenommener Bericht einer christlichen Führungsperson, die unfreiwillig in okkulte Bindungen ge­führt worden ist.

Karen Mains legt äußerst detailliert ihr Traumleben dar, das sie mit einer Jungschen Methodik interpretiert. Anscheinend ist sie sich über­haupt nicht bewusst, dass C.G. Jungs Theorien aus dämonischer Inspira­tion stammen. Sie spricht davon, dass ihr über die letzten vier oder fünf Jahre ein großer, dunkelhaariger und gutaussehender Mann »Anfang drei­ßig sechs oder acht mal jährlich im Traum erschienen ist«. Er blickte ihr ernstlich in die Augen und sagte: »Du bist das, was ich mir in spiritueller Hinsicht immer gewünscht habe.« Er klammerte sich an sie, legte sei­nen Kopf auf ihre Brust und weinte. Karens »spirituelle Leiterin«, eine katholische Nonne und Jungsche Psychotherapeutin, erklärte ihr, dass ihr »männliches Selbst« (Jungs Animus) »um sie wirbt«. Karen akzep­tiert, dass »es tatsächlich mein männliches Selbst ist, der Animus, den ich brauche, um mein weibliches Wesen, die Anima, zu ergänzen«. Sie hält diese Theorie, die Jung von der Dämonenwelt lernte, für »außerordent­lich bibeltreu«.

Wenn man sich einem »spirituellen Leiter« unterwirft, öffnet man da­mit die Tür für das Okkulte, insbesondere in Anbetracht der Methoden, die von diesen »ausgebildeten Therapeuten« – von denen es immer mehr gibt – herangezogen werden. Der Organisation »Spiritual Directors In­ternational« (»Spirituelle Leiter International«) zufolge gibt es »in den USA etwa 350 christlich-orientierte Ausbildungsprogramme für spiritu­elle Leiterschaft«, von denen die meisten römisch-katholisch bzw. öku­menisch sind. Ein Netzwerk mit Stammsitz in San Francisco listet »2.600 Mitglieder« auf, »die ausgebildete spirituelle Leiter sind«. Ein typisches Ausbildungsprogramm »mischt Psychologie, Soziologie, Theologie und Spiritualität in Klassen, Vorlesungen, Diskussionen und praktischen Übungen«.

In Cenacle, einem katholischen Meditationszentrum, verwandelt sich Karens angebliches »männliches Selbst« mittels der okkulten Visualisierungs – Technik in ein »dummes Kind, das an einem Tisch sitz«. Sie sieht seinen »völlig kahlen« Kopf» zu einer Seite gelehnt … sabbernd … aus­gezehrt und unterernährt … ein kleines Gerippe einer Vogelscheuche … mit traurigen, großen Augen …« Unter der Anleitung ihrer katholisch-jungschen »spirituellen Leiterin« wird Karen überzeugt, dass dieses vi­sualisierte »dumme Kind«, das ihr nun lebendig geworden ist, in Wirk­lichkeit das innere »Christkind« ist, der Teil ihres Selbst, »das Christus ist« und versucht, um sie zu werben!

Die Illusion der säkularen Psychologie vom »inneren Kind« ist durch die »christliche Psychologie« in die Christenheit eingefallen und wird nun in Seminaren gelehrt und von führenden Gemeindeleitern verbreitet. Der Autor dieses Buches verfolgte mit großer Sorge am Sonntagmorgen, den 8. Juni 1997, eine Predigt von Charles Stanley, einem etablierten evange­likalen Pastor. In dieser Predigt ging es vorwiegend darum, die Zuhörer über das »innere Kind« zu belehren. Karen Main ist noch tiefer in diese Wahnvorstellung hineingeraten. Bei ihr ist es kein normales Kind, son­dern Christus höchstpersönlich!

»Das Kind in mir«, nennt sie es. War Christus nicht ein erwachsener Mann über dreißig, als er am Kreuz für unsere Sünden starb, und ist er nicht jetzt mit seinem verherrlichten Auferstehungsleib zur Rechten des Vaters? Kommt er nicht in seinem Geist zu uns Gläubigen und wohnt in uns als Herr des Lebens und der Herrlichkeit, der den Tod besiegt hat? Wie kann er dann immer noch ein Kind sein – und dann noch ein solches Kind, wie er es niemals war: »ausgezehrt und unterernährt … ein kleines Gerippe einer Vogelscheuche … mit traurigen, großen Augen …«? Was für eine Verblendung ist das und aus welcher Quelle stammt sie?

In einem kühnen Versuch, nichts (vom Teufel) zu hören, nichts (vom Teufel) zu sehen und nichts (vom Teufel) zu sagen, verteidigte Christiani­ty Today die Irrlehren Karen Mains in einem Artikel, der alle Kritiker geißelte und mit Ausdrücken beschimpfte wie »selbsternannte Ketzer-Jäger … Herren des Legalismus, die zu Gericht sitzen … bei einer mo­dernen Hexenverfolgung«.
Der Artikel war ein unlogischer und unbi­blischer Angriff auf alle, die der Christenheit nötige Korrektur aufzeigen würden, und eine Leugnung der Verantwortung jedes Christen, ein Be­röer zu sein (Apg 17,10-11). Die scheltende Beschwerde, dass David und Karen Mains missverstanden und barsch abgeurteilt wurden, enthielt weder dokumentierende Beispiele von Mains Lehren, um die es ging, noch von der angeblich so unfairen Kritik gegen sie. Stattdessen wurde davon ausgegangen, dass die Leser sowieso alles glauben, was immer Christianity Today behauptet.

Eine skandalöse Vertuschung

Zwei Monate später denunzierte Philip Yancey in einem Christianity -To-day-Artikel mit dem Titel »Christlicher McCarthyanismus« jeden Ver­such, die Kirche zu korrigieren, als »christlichen McCarthyanismus«. Diese anklagende Bezeichnung hatte vor 50 Jahren Erfolg, als man zwecks Inschutznahme der einflussreichen Posten der Kommunisten (die die USA von innen umstürzen wollten) sich mit diesem Begriff über jeden lustig machte, der die kommunistische Infiltration aufzudecken versuchte. Heute wissen wir, dass McCarthy Recht hatte! Und in gleicher Manier gibt man heute diejenigen der Lächerlichkeit preis, die gegen Irrlehren eintreten und Korrektur für die Christenheit wünschen. Wird auch die Christen­heit erst aufwachen, wenn es zu spät ist?

Yancey behauptete, Karen Mains habe lediglich »über ihr Traumleben geschrieben« und zitierte weder sie selbst noch ihre Kritiker. Eine solche Vertuschung in einer führenden evangelikalen Zeitschrift ist wirklich unerhört! Er argumentierte: »Es ist für uns an der Zeit uns zu erinnern, dass Jesus Liebe – und nicht theologische oder politische Lupenreinheit – als Kennzeichen der Christen nannte.« Politische Lupenreinheit hat si­cher nichts mit Christsein zu tun, aber eine gesunde Lehre ist die Schutz­wehr des Christentums. Yancey scheint vergessen zu haben, dass die Spra­che der Liebe »die Wahrheit« ist (Eph 4,15) und dass Christus selbst sag­te, dass Liebe ihn dazu veranlasst, die zu korrigieren, die auf einen Irr­weg geraten sind (Offb 3,19).

In dem Prozess, dem Okkulten Glaubwürdigkeit und Ehrbarkeit zu verleihen, hat Christianity Today eine bedeutende Rolle gespielt. Yancey sagt: »Richard Foster wagt es, Begriffe wie Meditation zu gebrauchen … darum wird er sogleich als New-Ager verdächtigt.« Tatsächlich spricht sich Foster für das Praktizieren fernöstlicher Meditation aus und zeigt die entsprechenden Anleitungen dazu auf, damit das visualisierte Bild Jesu lebendig wird: »Sie können bei diesem Ereignis tatsächlich dem le­bendigen Christus begegnen, von seiner Stimme angesprochen und von seiner heilenden Kraft angerührt werden … Jesus Christus wird wirklich zu Ihnen kommen.«

Wofür Foster hier eintritt, ist die wirksamste bekannte Okkult-Technik. Doch er erfreut sich der Rückendeckung von führenden Christen aus aller Welt und viele von ihnen haben sich seiner »Renovare-Bewegung« angeschlossen, die den fernöstlichen Mystizismus in der Kirche zu neuem Leben erwecken soll. Yancey und Christianity Today unterdrücken alles, was irgendwie ein schlechtes Licht auf hochgeachtete christliche Führungspersonen werfen könnte und vermitteln den Eindruck, Foster sei das Ziel falscher Anklagen geworden.

Auch Tony Campolo wird als ungerecht kritisiert dargestellt, als gäbe es nicht die Spur von seinen dreisten Irrlehren. Genau wir Sir John Tem­pleton sagt Campolo, dass Christus in allen Menschen wohne, ob sie es wissen oder nicht. In einem kürzlich erschienenen Buch erklärt Campolo in einem Kapitel namens »Aneignung der weiblichen Seite Gottes«: »Da gibt es diese weibliche Seite an mir, die entdeckt und gestärkt werden muss, wenn ich wie Christus werden will … Und solange ich nicht diese weibliche Seite an Jesus spüre, gibt es einen Teil von ihm, mit dem ich mich nicht identifizieren kann.« Wenn man jedoch solche Vorstellun­gen als unbiblisch herausstellt, ist das »christlicher McCarthyanimus«!

Christianity Today scheint mehr daran gelegen zu sein, Irrtümer zu ver­teidigen, als solche zu korrigieren (was diese Zeitung hin und wieder auch tut). Sie ist auch nicht die einzige Zeitschrift, die von der Wahrheit abge­wichen ist. Richard W. Carlson, Professor am North Park Theological Seminary, beklagt in der Zeitschrift der Evangelical Covenant Church die »paranoiden Reaktionen« der Kritiker der New-Age-Bewegung. »Si­cherlich ist nicht alles schlecht am New Age«, schreibt er, und einige »Aspekte können sogar für die Kirche ganz gesund sein«.

Kein Wunder, dass solche Aussagen wie die Folgende im triumphierenden Tonfall von einem Professor der Harvard Divinity School getroffen werden können:

Die Umweltbewegung attackiert zusammen mit der New-Age-Spiritualität und der Wiederentdeckung des Weltbildes der amerikanischen Eingeborenen die arrogante Herrschaft über die Natur, die den Pla­neten an den Rand der Ökokatastrophe gebracht hat …

Alles Leben ist heilig und muss vor der Zerstörungswut der Spezies bewahrt werden, die ironischerweise die Bezeichnung Homo sapiens trägt. Und so offenbarte sich in jüngster Zeit Gaia, die gesamte Erde als lebender Organismus. Die Große Göttin hat viele Namen gehabt und dieser ist nur der aktuellste …

Allem voran muss der Bibel die Schuld gegeben werden …! Das unterdrückende, rassistische, patriarchalische und hierarchische Erbe der biblischen Religion hat die abendländische Kultur deformiert. Die christlichen Kirchen waren natürlich das hauptsächliche Werkzeug dieser monumentalen Deformierung …

Was im Untergang begriffen ist, ist der jämmerliche Rest der jüdisch – christlichen Tradition in den Kirchen und Synagogen … Dieser Gott liegt im Sterben, wenn er nicht bereits tot ist. Doch andere, viel ältere Götter sind äußerst lebendig und aktiv.

Die Rolle der Freimaurer

Der Okkultismus hat auch dadurch eine neue Ehrbarkeit sowohl in der Christenheit als auch in der Welt erlangt, dass er von zahlreichen Füh­rungspersonen in Wirtschaft, Politik und Kirche akzeptiert und gefördert wurde. Unter den Letzteren war niemand einflussreicher als Norman Vin­cent Peale.
Als produktiver und populärer »christlicher« Autor haben Pea­les Werke Millionen aus Welt und Kirche in den Okkultismus geführt. Für Peales Okkultismus lassen sich mindestens zwei Quellen aufzeigen: Die Schriften der Okkultistin Florence Scovel Shinn (auf die wir später eingehen werden) und die Freimaurerei. Auf einem Titelblatt der Freimaurer-Zeitschrift New Age wurde Peale als Freimaurer des 33. Grades dargestellt. Am 30. September 1991 wurde er in den Schottischen Ritus eingeführt und sein Portrait hängt nun im Freimaurertempel in Washing­ton DC. Von Freimaurern wurde er oft als Vorbild freimaurerischen Cha­rakters hingestellt. Doch er selbst gesteht die Wahrheit über sein Freimau­rertum nicht aufrichtig ein, sondern verbreitet nur deren Verführungen.

Ihrer eigenen Literatur zufolge ist Okkultismus ein wichtiger Bestand­teil der Freimaurerei. Ihr Einfluss durchdringt sowohl die Welt als auch die Christenheit. Wenngleich viele bekennende Christen Freimaurer sind, ist die Maurerei ein antichristlicher religiöser Kult, der im Heidentum wurzelt. Sie enthält einen erheblichen Teil des Mystizismus aus Hinduis­mus und Buddhismus und ist luziferisch. Doch Peale erklärte: »Ich habe [bei den freimaurerischen Ritualen] niemals auch nur die leiseste Aussa­ge vernommen, welcher ein Christ nicht zustimmen könnte.«

Eine solche offensichtlich falsche Behauptung wirft weiteres Licht auf Peales Perversion des christlichen Glaubens. Wer den 33. Grad erreicht hat, kann wohl kaum dermaßen unwissend sein. Erklärungen von führen­den Freimaurern decken Peales Unehrlichkeit auf. Albert G. Mackey, Mitautor einer Enzyklopädie der Freimaurerei, ist eine der höchsten Autoritäten der Freimaurerei. In seinem Buch Manual of the Lodge (»Hand­buch der Loge«) führt Mackey die freimaurerische Lehre zurück auf »die antiken Riten und Mysterien, die gerade in der Blütezeit der heidnischen Finsternis praktiziert wurden«

Albert Pike, Souveräner Generalgroßmeister des Alten und Anerkann­ten Schottischen Ritus der Freimaurer in den USA, war »Ehrenmitglied von nahezu jedem Obersten Rat der Welt«. Er schrieb Moral und Dog­ma des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus der Freimaurerei für den Obersten Rat des 33. Grades, der von dessen Autorität publiziert wurde. Dieses Kompendium offizieller freimaurerischer Überlieferung führt die Maurerei auf den Hinduismus, Buddhismus, Zoroastrismus und andere fernöstliche Religionen zurück. Pike erklärt darin:

Wie alle Mysterien, Hermetismen und die Alchimie … verbirgt die Freimaurerei ihre Geheimnisse vor allen außer den Adepten und Wei­sen oder den Erwählten und verwendet falsche Erklärungen und Fehl­interpretationen ihrer Symbole, um jene irrezuführen, die es verdien­ten, in die Irre geführt zu werden … Ein Teil der Symbole wird [in den Blauen Graden] dem Eingeweih­ten vorgezeigt, doch wird er absichtlich durch falsche Interpretation fehlgeleitet. Es wird nicht beabsichtigt, dass er sie verstehen soll, son­dern … dass er meint, er würde sie verstehen.

Heimlichtuerei und Okkultismus gehen Hand in Hand. Im tiefsten In­nern der Freimaurerei findet sich eine geheime luziferische Lehre, die ein Freimaurer erst verstehen wird, wenn er die höheren Grade erreicht hat. Manly Palmer Hall, eine weitere bedeutende Autorität der Freimau­rerei, schreibt: »Wenn der Freimaurer … das Geheimnis seiner Fertig­keit erlernt hat, liegen die brodelnden Energien Luzifers in seiner Hand.« Dennoch wird die Freimaurerei in der Welt von heute hoch angesehen und Freimaurer machen einen hohen Prozentsatz der Führerschaft so­wohl in der Welt als auch in der Kirche aus.

Diejenigen, die Jesus als den einzigen Christus ablehnen und leugnen, dass er ein für alle Mal im Fleisch gekommen ist, eignen sich den Geist des Antichrists an (1Jo 4,1-3). Das ist die Lehre des östlichen Mystizis­mus und der Psychosekten: dass Jesus den Zustand des »Christus-Bewusstseins« erlangt habe, der allen Menschen zugänglich ist.
Die Frei­maurerei erklärt dasselbe: Jesus von Nazareth hatte eine Bewusstseinsebene der Vollkommen­heit erlangt, die mit verschiedenen Namen bezeichnet wurde: kosmi­sches Bewusstsein, Reinkarnation der Seele, philosophische Initiati­on, spirituelle Erleuchtung, brahmanischer Glanz, Christus-Bewusstsein.

Eine antichristliche Religion der Errettung durch Werke

Die Freimaurerei hat ihr eigenes antichristliches Evangelium, das ihren Mitgliedern zusichert, dass sie durch gute Werke und Gehorsam gegen­über ihren Lehren die Göttliche Loge im Himmel erlangen, die vom ABAW (Allmächtiger Baumeister aller Welten) oder dem »Gott nach deiner Auffassung« regiert wird. Der führende Freimaurer Carl H. Clau­dy schreibt: »Freimaurerei … erfordert lediglich, dass du an irgendeinen Gott glaubst, ihm einen Namen nach deinem Belieben gibst … das geht mit jedem Gott, dann ist er dein Gott.«

Bei der Initiation in den allerersten Grad repräsentiert das Lammfell »diese Reinheit des Lebens und Verhaltens, welche notwendig ist, um Zugang zur Himmlischen Loge droben zu erlangen«.
Bei der Einführung in den 19. Grad des schottischen Ritus wird dem Eingeweihten gesagt, dass das Festhalten an den »Statuten und Regeln der Ordnung« der Frei­maurerei ihn dazu bringen wird, »den Eingang in das himmlische Jerusa­lem zu verdienen«.
Bei der 28. Initiation erfährt er, dass »der wahre Frei­maurer sich selbst Grad um Grad erhebt, bis er den Himmel erreicht« und dass eine seiner Pflichten darin besteht, »sich selbst der Erbsünde zu entledigen«. Diese und andere Rituale der Maurerei stehen im krassen Widerspruch zu den vielen Aussagen der Bibel, dass das Seelenheil »nicht aus Werken« (Eph. 2,8-10) und »nicht durch Werke der Gerechtigkeit« (Titus 3,5) erlangt wird.

Im Ritual für den »Ritter des Ostens und Westens« erklärt der Meis­ter, nachdem er den Kandidaten mit parfümiertem Öl gesalbt hat, dass sein Körper »an diesem Tag geheiligt worden ist«! Bei einer weiteren Lästerung des erlösenden Blutes Christi erklärt der Meister, nachdem er einen Tropfen Blut aus dem Arm des Kandidaten entnommen hat, dass dieser sein Gewand in seinem eigenen Blut gewaschen habe. Dann wird ihm das »heilige Wort Abaddon« gegeben, welches nach Offenbarung 9,11 der Name des Führers der Heerscharen aus der Hölle ist.

Derartige Gotteslästerungen finden sich in nahezu allen freimaureri­schen Ritualen. Wie kann Peale dann aber erklären, dass es daran nichts gebe, dem »ein Christ nicht zustimmen könnte«? Albert Pike sagt: »Frei­maurerei … ist die universale, ewige, unveränderliche Religion … [Sie] sieht in Moses … in Konfuzius und Zarathustra, in Jesus von Nazareth und in dem Arabischen Bilderstürmer [Mohammed] die Großen Lehrer der Moral … und erlaubt jedem Bruder der Ordnung, sich einem jeden dieser höheren und sogar göttlichen Charaktere zu verschreiben, wie es sein Bekenntnis und seine Wahrheit verlangt.«

 Aber kein Freimaurer kann dafür eintreten, dass der Gott der Bibel der einzig wahre Gott ist oder dass Jesus Christus der einzig wahre Sünderheiland ist, denn solche Aussagen würden die ökumenische Vereinnahmung aller Religionen seitens der Freimaurerei untergraben. Deshalb wird in dem »Gründonnerstags -Ritual vom Kapitel des Rosenkreuzes« der Freimaurer gesagt:

Wir kommen an diesem Tag zusammen, um gemeinsam an den Tod Jesu zu denken, nicht als etwas Inspiriertes oder Göttliches, denn das zu entscheiden ist nicht unsere Sache.

Joseph Fort Newton, ein weiterer führender Freimaurer, schreibt: »Freimaurerei ist … eine Anbetung, in der sich Menschen aller Religionen vereinen.«

 »Sie lädt zu ihrem Altar alle Menschen aller Religionen ein, wenn sie auch verschiedene Namen für den Namenlosen unter hundert Namen gebrauchen, beten sie doch zu dem einen Gott.«
In voller Be­kräftigung dieser erstaunlichen und unmöglichen Ökumene schreibt auch Albert Pike: »Freimaurerei ist die Religion, um deren Altäre die Chris­ten, Hebräer, Moslems, Brahmanen [Hindus], die Anhänger von Konfu­zius und Zarathustra sich als Brüder versammeln und im Gebet vereinen können.« Und Manly P. Hall erklärt wiederum:

Der wahre Jünger der antiken Maurerei hat die Anbetung von perso­nenhaften Wesen für immer aufgegeben … Als Freimaurer muss seine Religion universal sein: Christus, Buddha oder Mohammed – die Na­men bedeuten wenig, denn er beachtet nur das Licht und nicht dessen Träger [die Person].

Die hier angeführten Zitate zeigen über jeden Zweifel erhaben das anti­christliche Wesen der Freimaurerei auf. Doch über eine Million Mitglie­der der US-Kirche Southern Baptists – Laien wie Kleriker – gehören zur freimaurerischen »Bruderschaft« und verteidigen sie als »christlich«. Als auf der 1993er Jahresversammlung der Südlichen Baptisten mehrheitlich beschlossen wurde, dass Mitgliedschaft bei den Freimaurern »eine Sache des persönlichen Gewissens sei«, war das eine erstaunliche Demonstrati­on der freimaurerischen Macht (und der Anzahl anwesender Freimau­rer). Dieser Wahlentscheid folgte auf den Bericht, den die Versammlung vom »Interfaith Witness Department« erhalten hatte und der besagte, dass viele »Glaubenssätze und Lehren der Freimaurer nicht mit dem christlichen Glauben und der Lehre der Südlichen Baptisten vereinbar sind« und dass im Freimaurertum viel »unbestreitbar Heidnisches bzw. Okkultes« enthalten ist.

Wie erstaunlich ist es da, dass die Mitglied­schaft in dieser antichristlichen Vereinigung von der größten christlichen Denomination der USA der persönlichen Entscheidung überlassen wird!

Die alte Lüge im neuen Zeitalter

Viele Jahre lang trug die Zeitschrift des schottischen Freimaurer- Ritus in den USA den Namen New Age. Dieser Titel beschrieb sehr genau die maurerischen Lehren und Riten. Um aber diese Tatsache zu verbergen (da die Wahrheit über das »Neue Zeitalter« bekannt wird), wurde der Name in The Scottish Rite Journal geändert.

An der Ostküste Schottlands befindet sich ein bemerkenswertes Zen­trum des Okkultismus namens Findhorn, das manchmal auch als »Vati­kan der New-Age-Bewegung« bezeichnet wird. Findhorn wurde auf die besondere Anweisung von angeblichen »Leitgeistern« gegründet. Die Mitbegründerin Eileen Caddy war offensichtlich die Erste, die diese An­weisungen durch eine »innere Stimme« empfing, welche sagte: »Sei ru­hig … und wisse, dass ich Gott bin … Höre auf mich und alles wird gut werden … Ich bin dir näher als dein Atem, als deine Hände und Füße. Vertraue mir.« Eine innere Stimme ist ein wichtiges Werkzeug des Ok­kulten. Auf die Verbreitung dieser Illusion innerhalb der Christenheit und die dadurch verursachten Dammbrüche werden wir später zurück­kommen.

Alle der ursprünglichen erwachsenen Mitglieder dieser einzigartigen Findhorn-Gemeinschaft waren »Kanäle« für eine Vielfalt von Wesen, von denen diese Leute durch die gleiche »Führung« zusammengebracht wor­den waren. Einklang mit der Natur und Gemeinschaft mit den Geistern, die in der Natur wohnen, waren die üblichen Themen. Selbst die angebli­chen Geister »transformierter« russischer Häftlinge, die durch Anne Ed­wards »channelten«, verkündeten das altbekannte Evangelium des Natu­ralismus und Pantheismus: dass alles »Gott« ist und dass das »höhere Selbst« eines jeden Menschen als Teil Gottes seine eigene Realität er­schaffen kann.

Diese attraktive Botschaft gleicht wiederum der Lüge der Schlange aus dem Garten Eden und wird von buchstäblich Tausenden von »Kanä­len« wiederholt, da dieses Phänomen des Kontaktes mit »Leitgeistern« sich explosionsartig in der ganzen Welt ausbreitet. Von Anfang an war Satan der Urheber dieser Lüge und fährt auch heute noch damit fort, sie in das Denken derer einzuschleusen, die für seine Inspiration offen sind. Der Psychiater und LSD-Forscher Stanislav Grof bemerkt mit Wohlwol­len die ständige Bedrohung, die die Welt des Okkulten darstellt:

Bei diesen LSD-Experimenten bewegten sich die Leute … in den so genannten transpersonalen Bereich … wozu Erinnerungen an ein frü­heres Leben, mythologische Begegnungen, Erfahrungen des Einsseins mit der Natur, Einssein mit dem Kosmos usw. gehören …

Als ich mich mit Swami Muktananda traf, der mich zu einem Semi­nar über Kaschmir-Shivaismus, einem indischen Philosophie-System, eingeladen hatte, entdeckte ich … dass dieses antike Philosophie-System eine extreme Ähnlichkeit aufwies mit dem System, das spontan aus den veränderten [erweiterten] Bewusstseinszuständen moderner Abendländer hervorgegangen war.

Die Entdeckung einer solchen Annäherung war etwas höchst Inte­ressantes … dass Menschen [in] diesen veränderten Zuständen diesel­ben immer wiederkehrenden Wahrheiten finden wie sie die Mystiker der Antike schon entdeckt hatten …

Die fortschrittlichsten Entwicklungen der Wissenschaft kehren zu­rück zu dieser antiken Erkenntnis, die aus den mystischen Traditionen stammt.

Diese Übereinstimmung kann nicht das Ergebnis von Einbildung sein. Will Baron weigerte sich jedoch zu glauben, dass die Visualisierungen und Meditationen, mit denen er indoktriniert wurde, etwas anderes seien als Imagination. Doch die Erfahrungen waren dermaßen überraschend und schlagkräftig, dass er überzeugt wurde. Er beschreibt die erste Er­fahrung:

Als eins der Gruppenmitglieder eine Botschaft channelte, leuchtete das Innere meiner Stirn urplötzlich auf … als ob jemand eine Glühbir­ne vorn in meinem Gehirn eingeschaltet habe.

Weitere überzeugende Indizien zeigten sich, als ein neues Mitglied der Gruppe übersinnliche Einsichten mitteilte, nachdem sie diese Person »im Zentrum eines Dreiecks aus goldenem Licht« visualisiert hatten, »die­sem Christus-Licht … das auf ihr höheres Selbst ausgerichtet war«.
Sie teilte Will Dinge über seine Person mit, die sie unmöglich hätte wissen können. Will sagt:

Ich war absolut baff … Aufgeregt sagte ich Rosie … dass alles, was gechannelt worden war, 100%ig genau war. Nach der Lektion [fragte ich sie:] »Rosie, betreibst du diese Art von Channeling schon seit längerem?« »Nein, überhaupt nicht«, antwortete sie. »Das ist die erste Lektion, an der ich teilgenommen habe …« »Wow«, rief ich. »Du hast eine unglaubliche übersinnliche Begabung!«

Geschäfte mit der Lüge

Wenn eine scheinbare »übersinnliche Kraft« so eindrücklich vor Augen geführt wird, wie Will es erlebte, dann verleiht das heute dem Okkulten Glaubwürdigkeit und Ehrbarkeit. Die persönlichen Zeugnisse von auf­geregten Einzelpersonen, die in dem Fernseh-Werbespot für die »Psychic Network Hotline« ausgestrahlt werden, sorgen für neue Gläubige. Der Glaube, dass angeblich übersinnlich Begabte einfach eine Kraft anzap­fen, die wir alle haben, wird von Leuten unterstützt, die eigentlich Auto­ritäten sein sollten. Das wird z. B. an dieser Aussage von Joseph Camp­bell deutlich, die er in einem Interview mit Bill Moyers traf:

In diesem Moment nehmen wir teil an einem der allergrößten Sprün­ge des menschlichen Geistes in eine Erkenntnis … unseres eigenen tiefsten Geheimnisses. [Das ist wirklich] der größte jemals geschehene [Sprung].

Die okkulte Invasion gewinnt an Durchschlagskraft. Dieser Aufschwung geht zum erheblichen Teil auf die neue Ehrbarkeit zurück, die man der »Spiritualität« entgegenbringt, und nichts sieht auf den ersten Blick so spirituell aus wie das Okkulte.
Mary Tabor schrieb in einem Artikel für die New York Times:
In den letzten paar Jahren haben die Leser angefangen, eine noch brei­tere Vielfalt von Büchern zu religiösen und spirituellen Themen zu ver­schlingen. Religiöse und quasi-spirituelle Bücher schleichen sich auf die bekanntesten Bestsellerlisten … [und sind ein Kennzeichen für] ein wachsendes Interesse an spirituellen und theologischen Themen …

Verlage und Buchhändler sagen, der Aufschwung des Interesses der Leser geht einerseits auf den Wunsch nach spiritueller und moralischer Orientierung zurück und andererseits auf die Desillusionierung einer computergesteuerten und zunehmend gewalttätigen Gesellschaft.

Eines dieser Bestseller ist Die Prophezeiungen von Cellestine. Wenn es sich hier auch um Fiktion handelt, nimmt doch eine große Bandbreite von Lesern seine angeblichen »Einsichten« ernst – diese »geradezu unheim­liche Genauigkeit« bezüglich »des Quantensprungs nach vorn, auf den die Menschheit sich mit dem Herannahen des neuen Jahrtausends vor­bereitet«. Der Autor wiederholt auf verschiedene und spannende Weise dieselben Lügen, die man auch immer wieder von den vielen »Channels« zu hören bekommt, eben jene Lügen der Schlange aus Eden, die mittler­weile jedem Lesen vertraut sind. Und – wie das Buch besagt – kann über­haupt kein Zweifel daran bestehen, dass »sich auf unserem Planeten heute eine spirituelle Renaissance vollzieht«.

Die neue Ehrbarkeit gegenüber jeglicher »Spiritualität« öffnet der geschickten Täuschung die Tür, dass eine Person »spirituell« sein kann, dabei aber nicht »religiös« zu sein braucht. Bei Will Barons erster Begeg­nung mit der New-Age-Sekte, in die er hineingeriet, fragte er, um welche »Religion« es sich hier handle. Als Antwort auf die Frage entgegnete ihm der Leiter: »Nein, wir sind keine Religion. Wir sind spirituell.« Selbst Sears, diese Bastion des Konservativen, die das Vertrauen von Millionen hat, verbreitete in ihrer ersten Ausgabe eines Infoheftes für Frauen Ok­kultismus in Form eines Nachdrucks eines Artikels, der aus der Zeitschrift New Woman zusammengestellt worden war:

Erstens: Entspannen Sie sich. Stellen Sie ihre Gedanken still und ru­hig – absolut leer …
Begegnen Sie Ihrem inneren Ratgeber. Wenn Sie Ihre Gedanken zur Ruhe gebracht haben, laden Sie eine äußerst liebevolle, weise Gestalt in Ihr Bewusstsein ein. Es kann ein älterer Herr oder eine Dame sein, eine Pflanze, ein Hund. Sitzen Sie geduldig da und lassen Sie ein Bild entstehen. Reden Sie dann über irgendetwas, was Ihnen auf dem Herzen liegt …

Wie bereits gesagt, ist »Spiritualität« zur großen Irreführung geworden. Es kommt nicht darauf an, welche Art von »Spiritualität« man bevorzugt. Für die New-Age-Mentalität reicht es aus, überhaupt »spirituell« zu sein. »Spiritualität« hat eine angepasste und ökumenische Bedeutung ange­nommen, die vom Wahrheitsbegriff völlig losgelöst ist. Die Vorstellung, dass es Wahrheit gibt und dass alles andere Lüge ist, ruft vielmehr sofor­tigen Widerspruch hervor. Diese neue Spiritualität ist Satans Fangnetz, mit welchem er scharenweise Menschen einfängt.

Marina Raye ist eine »spirituelle Animateurin, Seminarleiterin und Vorsitzende von ›High Performance‹«. Sie lehrt »spirituale Sexualität«, die auf der Überzeugung basiert, dass »alles Gott ist … der Wasserkrug, der Fußboden, die Fliege, die umherbrummt … das alles ist Gott … [des­halb] können wir unsere Mitmenschen als göttliche Wesen begrüßen, als Göttinnen und Götter. Wir erkennen die vernetzte Verbundenheit allen Lebens.«
Raye sagt: »Ein hoffnungsvolles Zeichen der Bewusstseinsän­derung ist, dass viele Kirchen bereit sind, meine Workshops zu unterstüt­zen … Welchen besser geeigneten Ort gibt es zur Normalisierung der ›spiritualen Sexualität‹ als das Heiligtum einer Kirche!«

Eine erstaunlich breite Akzeptanz

Prominente sind die führenden Vorreiter der okkulten »Spiritualität«. In den 70er Jahren machte Merv Griffin Werbung für Maharishi Mahesh Yogi und dessen Transzendentale Meditation.
Vor zehn Jahren offenbar­te Oprah Winfrey, dass das »Geheimnis ihrer unglaublichen Lebensfreu­de und Energie [und ihres] Erfolges … ihre persönliche Beziehung zu Gott ist«.
Als uneheliche Tochter eines Baptistenpastors aus Mississippi überforderte sie ihre Mutter, die sie an ihren Vater weiterreichte. »Sie trieb aus diesem Satansbraten den Teufel aus«, sagt Oprah. Leider ist ihre Vorstellung von Gott und dem Teufel unbiblisch. Ihr »Gott« ist der okkulte Gott von Phil Jackson.

Winfrey »befürwortet den Kurs in Wun­dern und hat sich in ihrer Fernsehshow dafür ausgesprochen, dass ›alle Religionen zu Gott führen‹«. Sie sagt:
Jeden Morgen konzentriere ich mich auf mich selbst, indem ich versu­che, das göttliche Licht zu berühren, von dem ich glaube, dass es in uns allen ist. Manche nennen das Beten und andere sagen Meditation dazu. Ich bezeichne es als Zentrierung. Ich bekomme dadurch unbe­grenzte Energie … Dieser Gott-Zentriertheit habe ich es zu verdanken, dass ich da bin, wo ich bin.

Mit ihrem Aufgreifen des Okkulten befindet sich Oprah in Gemeinschaft vieler anderer Prominenter.
Wie bereits an früherer Stelle gesagt, haben sich Robert Stack und Della Reese auf die »Science of Mind« eingelas­sen. Die Schauspielerin Demi Moore folgt dem Okkultismus von Deepak Chopra, dem Guru der »holistischen Medizin«. John Travolta, Tom Crui­se, Nicole Kidman und Kristie Alley haben sich auf Scientology eingelas­sen. Und die Psycho-Hotline wird von Dionne Warwick vorangetrieben, die dadurch »Menschen ermutigt, Medien zu befragen, um die Zukunft zu erfahren«. Die Liste kann endlos fortgeführt werden, vom Ex-Beatle George Harrison und dem verstorbenen John Denver über Elizabeth Taylor bis Shirley MacLaine.

Und auch die Regierungen jagen dem Okkulten nach! Ingo Swann, einer der Begründer des Fernwahrnehmungs-Programmes, erklärt, war­um die USA sich in parapsychologischer Forschung betätigen: Weil »die Geldsummen und der Personalaufwand, die die Sowjets in ihre Psychola­bors investieren, eindeutig bestätigt, dass diese Sache ernst zu nehmen ist und dass bereits Durchbrüche erzielt wurden, die die Steigerungen der Ausgaben und der verschärften Sicherheit rechtfertigen«.

Er fährt fort:
Mehrere seriöse Quellen haben mich informiert, dass zwei größere Nationen Fortschritte in der Anwendung von Psychoenergien erzie­len … [und] eine dritte, kleinere Nation mit berüchtigtem Hass gegen den amerikanischen Lebensstil ebenfalls auf dem Vormarsch ist.
Ich weiß, dass das befreite Russland dreimal für große Summen die sowjetischen Psycho-Geheimnisse verkauft hat, um so an benötigte De­visen zu gelangen …
Fernwahrnehmer halfen Scud-Raketen zu entdecken, halfen gehei­me biologische und chemische Waffenprojekte [im Irak] aufzuspüren, lokalisierten Tunnels und ausgedehnte unterirdische Einrichtungen und identifizierten deren Zweck.

Außerdem arbeiten die USA und Russland auf dem Gebiet parapsycho­logischer Experimente offensichtlich intensiv zusammen. Ein erheblicher Teil dieser Zusammenarbeit wurde von Esalen aus gesponsert, dem New-Age-Zentrum südlich von San Francisco, wo in den 60er Jahren die »Human-Potential«-Bewegung ausgebrütet wurde.
Das Pentagon hat seinen eigenen Meditationsclub, der von Edward Winchester geleitet wird. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges überredete er die Sowjets zu einer gemeinsamen »Visualisierung des Friedens«, und auf einer Goodwilltour meditierte er »im Innern des Kreml … und verteilte … Meditations-Sets … an Friedens-Funktionäre in Moskau, Kiew und Leningrad«. Bei einer Fernsehsendung mit »angeblich 150 Millionen sowjetischen Zuschauern hielt Winchester eine öffentliche Meditation vor der Kasaner Kathedra­le« in Leningrad (dem heutigen Sankt Petersburg) ab.

Militär und Regierung im Okkultismus

Es würde gleich mehrere Bücher füllen, würde man von der okkulten Invasion innerhalb des US-Militärs berichten wollen. Im Tunnel der Zeit von David Morehouse hob sich die Decke des Geheimnisses über das Fernwahrnehmungs-Programm des Militärs. Morehouse deckte die in­tensive Ausbildung für amerikanische Psycho-Spione und Soldaten sowie einige ihrer Heldentaten auf. Im Gegensatz zu der Behauptung des CIA, es habe das Programm aufgegeben, glaubt Morehouse, dass »Star Gate aktiv ist wie eh und je, jedoch weiter gegangen ist, und das im Gehei­men … [und dass] die Regierung diese Techniken zu ihren Waffen rech­net«. Obwohl er offiziell in Rente ist, kann er nachts nicht schlafen, »wenn das Fernsehgerät nicht plärrt, nur damit nicht alles wieder in mir hochkommt«.

Das Monroe-Institut in Faber im US-Bundesstaat Virginia, das von Robert Monroe gegründet wurde und die Fähigkeit außerleiblicher Rei­sen (OBEs) lehrt, stand unter Militär- und Regierungsfunktionären und führenden Wirtschaftsbossen hoch im Kurs.
Monroe sagt, er habe nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1992 eine OBE unternommen, um seine Frau zu besuchen, konnte aber dabei nicht mit den Emotionen umgehen und schwor deshalb den OBEs ab, aus Angst, dass er von einer weiteren Reise nicht zurückkehren würde. Da er kürzlich starb, ist er nun wirklich außerhalb seines Körpers und weiß nun, auf was für eine Lüge er herein­gefallen ist. Monroe hatte drei Patente für akustische Signale, die einen erweiterten Bewusstseinszustand auslösen. Sogar buddhistische Mönche benutzen diese Tonbänder »als Übungsmittel«.

Das Wall Street Journal berichtete:
Der pensionierte General Albert Stubblebine, ehemaliger Direktor des US-Militär-Geheimdienstes und Sicherheitsbefehlshaber, bestätigt, dass die Armee in den 80er Jahren Personal zu diesem Institut sand­te … während die mögliche militärische Anwendung übersinnlicher Phänomene untersucht wurde …

Katie McKeown, die Koautorin des Bestsellers Beyond IBM, be­suchte das Institut … nach dem unerwarteten Tod von Louis Mobley, ihrem Freund und Arbeitspartner dieses Buches … Mobley kommuni­zierte mit ihr über James R. Hoover, einen Manager von DuPont – und Skeptiker – und besuchte das Institut auf Firmenkosten.
Hoover, der Mobley niemals kennen gelernt hatte … [war] so lange skeptisch, bis … Katie McKeown sagte, dass bestimmte Bemerkungen nur von Mobley kommen konnten. »Das hat mir einen fürchterlichen Schrecken eingejagt«, sagt Hoover. »Mir laufen immer noch eiskalte Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke.«

Vor fast zehn Jahren behauptete der Abgeordnete Charles Rose, dass »zu jedem beliebigen Zeitpunkt etwa ein Viertel der Kongressabgeord­neten mit der Untersuchung übersinnlicher Phänomene beschäftigt sind«.
Weil der Schatzmeister von Orange County in Kalifornien Ro­bert L. Citron sich auf den Tipp eines Mediums und Astrologen verlassen und dementsprechend investiert hatte, verlor der wohlhabende Verwal­tungsbezirk »1,7 Milliarden Dollar in riskante Investitionen … [und] er­klärte am 6. Dezember 1994 ihren Bankrott.«

Der New York Times News Service US News & World Report sagte in Bezug auf die »spirituelle Dimension« in der US-Hauptstadt, dass es »beunruhigend ist, dass der Sprecher des Weißen Hauses tiefe Schlücke von dem Rat von Spiritisten trinkt … Die Clintons haben sich mit Marianne Williamson getroffen, der Bestseller-Autorin, die für Wunderkräfte wirbt.« berichtete kürzlich: »In ganz Washington sind Meinungen von futuristischen und spiritistischen ›Gurus‹ zu [Newt Gingrich] Stadtgespräch.«

Aus Platzmangel können wir hier nicht auf die okkulte Betätigung auf höchster Regierungs- und Wirtschaftsebene in aller Welt eingehen. Doch müssen wir auf die Situation in der islamischen Welt zumindest kurz ein­gehen. In Saudi Arabien, dem Land der hochheiligsten muslimischen Wallfahrtsorte, wuchert der Okkultismus über die Maßen.
König Fahd ist so tief im Okkultismus verstrickt, dass er vermeidet, sich in der königli­chen Hauptstadt Rijad aufzuhalten, weil von einem Medium prophezeit wurde, dass er dort sterben würde:
Die Gewohnheit, Hexen und Zauberer zu konsultieren, hat sich wie eine Epidemie ausgebreitet … jeder Fürst hat seine eigene Hexe oder seinen eigenen Zauberer, die bei ihm leben …

Im Königreich herrscht der weit verbreitete Glaube, dass einer von Fahds Neffen einen Raum in seinem Palast hat, der den schwarzen Künsten geweiht ist … Blinder Glaube an übernatürliche Kräfte er­streckt sich über die Königsfamilie hinaus und steht in Verbindung mit einer Serie von aktuellen Tragödien.

Der breite Weg ins Verderben

Niemand erklärt die Grundlage der neuen Spiritualität besser als der Psychologie-Professor Charles Tart. Er macht uns in eindeutiger Sprache klar, dass sie eine Ablehnung der Bibel und des biblischen Christentums dar­stellt. Die neue Spiritualität basiert gänzlich auf der persönlichen Erfah­rung in einem erweiterten Bewusstseinszustand. Kein Kriterium kann herangezogen werden, um zu bewerten, ob eine solche Erfahrung real ist; sondern die Realität wird, wie im Fall von Karen Mains und so vielen anderen (wie z. B. jene, die sich auf den »Toronto-Segen« einlassen, auf die »Pensacola-Erweckung« oder die »Geistliche Kriegsführung« – wie wir noch sehen werden) von der Erfahrung selbst definiert.  . . .

 

Das »Spirituelle« ist dort, wo man es sucht

Phil Jackson sieht im Basketballsport einen äußerst »spirituellen« Zweck. Er schreibt von dem »Bindeglied zwischen Spiritualität und Sport«. Mit »Spiritualität« oder »spirituell« meint er offensichtlich etwas gänzlich anderes als das biblische Christentum. Und seine neue Spiritualität mit ihrer neuen Akzeptanz seitens der Welt hat ihm anscheinend unbegrenz­te Möglichkeiten eröffnet, die ihn von der Engstirnigkeit seiner Kind­heitsreligion befreit haben.

Jackson sieht ein, dass die menschliche Existenz eine spirituelle Di­mension hat. Er hat sie erfahren, und sie funktioniert – sogar insoweit, dass sie einem Basketballteam den Meistertitel einbringt! Wahre Spiri­tualität wird jedoch keineswegs mehr von der Bibel her definiert. Das gesamte Konzept, dass etwas wahr und etwas anderes falsch sein kann, wurde über Bord geworfen. Spiritualität ist für Jackson ein riesiger Be­reich, der zu erforschen und erfahren ist. Er spricht von seinen »zwei größten Leidenschaften: Basketball und spirituelle Abenteuer«.

Abenteuer, wohl wahr! Dieser Gedanke öffnet großartige Möglich­keiten für Entdeckungsreisen mit staunenden Augen durch exotische Landschaften entlang einer Vielfalt von Wegen – ermöglicht durch das Verwerfen der Bibel als Wort Gottes und unfehlbarem Leitfaden! Und wer trägt Sorge dafür, wohin der eine oder der andere Weg führt? Der Nervenkitzel besteht in der Entdeckung. Alles worauf es ankommt, ist das Erlebnis unbegrenzter neuer Erfahrungen.

Diese neue Ehrbarkeit, die die Welt einer angepassten Spiritualität (sofern es nicht Christentum ist) entgegenbringt, hat Phil Jackson gestat­tet (und mit ihm unzähligen anderen), ohne das geringste Schuldgefühl das abzulehnen, was er unter Christentum versteht. Seine Akzeptanz al­ler Religionen hat jedes Verständnis verschleiert, das er vielleicht irgend­wann einmal vom Christentum hatte.

Jackson setzt Glaube an sich selbst mit Glauben an Gott gleich. Im Okkulten ist jeder Gott. Er schreibt, die Chicago Bulls hätten »in der Saison 91/92 sicherlich Glauben an sich selbst« gehabt, und rät: »Sie müs­sen Ihrer inneren Erkenntnis vertrauen.« Erstaunlicherweise verwech­selt er die eigene innere Erkenntnis mit dem, was »der Apostel Paulus als Glauben bezeichnete: ›eine Verwirklichung dessen, was man hofft; ein Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht‹ (Hebr 11,1).«

Das Gegenteil ist der Fall: Paulus sagte ausdrücklich, dass er nicht auf sich selbst oder irgendjemand anderen vertraut (Phil 3,4). Die Bibel warnt immer wieder vor Vertrauen auf einen Menschen, einschließlich vor Selbstvertrauen. Salomo schrieb: »Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand« (Spr 3,5). Je­remia warnte: »Verflucht ist der Mann, der auf Menschen vertraut … und dessen Herz vom HERRN weicht« (Jer 17,5). Jesus sagte: »Habt Glau­ben an Gott!« (Mk 11,22).

Eine folgenschwere Illusion

Jackson konnte sich selbst davon überzeugen, dass er nicht wirklich das Christentum verworfen habe; er habe lediglich seinen Horizont erweitert und erkannt, dass die Bibel nur eins von vielen religiösen Büchern ist, denen er allen die gleiche Hochachtung entgegenbringt. Somit kann er sich einreden, dass er in Wirklichkeit noch spiritueller alle Formen der Spiritualität akzeptiert, einschließlich ame­rikanischer Eingeborenen-Spiritualität und Zen-Buddhismus und hinduis­tischer Konzepte, gemeinsam mit allem anderen, das irgendwie zu funk­tionieren scheint. Ohne jede Andeutung von Ironie schreibt er: geworden ist, da­durch dass er

An dem Tag, als ich die Chicago Bulls übernahm, gelobte ich, eine Umgebung zu schaffen, die auf den Prinzipien der Selbstlosigkeit und Hingabe basiert, die ich als Christ in meinem Elternhaus gelernt hat­te. Dabei kann ich auf einem Polster sitzen und Zen praktizieren oder auch die Lehren der Lakota-Sioux studieren …

Die Schaffung eines erfolgreichen Teams – sei es ein NBA-Meistertitel oder ein sensationeller Verkaufserfolg – ist auch für diejenigen im Wesentlichen ein spiritueller Akt, die sich selber im herkömmlichen Sinne nicht als »spirituell« ansehen.

Das großartigste Vorbild von »Selbstlosigkeit und Hingabe«, das Jackson von seinen Eltern hätte kennen lernen können, ist Jesus Christus, der sich am Kreuz selber hingab, um für unsere Sünden zu sterben – doch Jackson hat Christus dem Zen und der Eingeborenen-Spiritualität zulie­be verworfen. Phil Jacksons neue Spiritualität steht im völligen Wider­spruch zu dem Christentum, dem er einst angehörte. Das gilt für die In-dianer-Spiritualiät genauso wie für Zen-Buddhismus, fernöstliche Medi­tation und alle anderen Religionen, für die er jetzt »offen« ist.

Mit seiner Ablehnung des Christentums steht Jackson nicht alleine da. Er befindet sich in Gemeinschaft nicht nur mit anderen NBA-Trainern wie z. B. Pat Riley von Orlando, sondern mit vielen Gemeindelei­tern und Dozenten an theologischen Ausbildungsstätten. Eine Londoner Zeitung bemerkte kürzlich: »Liberale anglikanische und katholische Kle­riker werden heute eine Ansprache vor einer Versammlung von Heiden und Hexen halten, um zu versuchen, eine ›gemeinsame Grundlage‹ zu schaffen.« Die »Gesellschaft religiöser Leiter« von Salem (Massachu­setts) »begrüßte offiziell einen Hohenpriester der Hexerei in ihren Rei­hen. Ein Priester der Episkopalkirche sagte, für niemanden in dieser in­terreligiösen Klerikergruppe sei ein zwingender Grund denkbar, den Hexer auszuschließen.«

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Psychologie u. das Okkulte (D.Hunt)

Dave Hunt

 

Psychologie und das Okkulte

Der große Physiker David Bohm anerkannte widerwillig »die Unmöglichkeit eines letztendlichen Wissens« per Wissenschaft. Als Student des indischen Mystikers Krishnamurti wurde Bohm tief vom Hinduismus und dessen mystischen Offenbarungen beeinflußt. Ähnliche Schlußfolgerungen von anderen führenden Denkern und Wissenschaftlern sind in einem respekt- und gottlosen, aber gedankenanregenden Buch zu finden mit dem Titel The End of Science: Facing the Limits of Knowledge in the Twilight of the Scientific Age (»Das Ende der Wissenschaft: »Konfrontation mit den Grenzen der Erkenntnis im Zwielicht des wissenschaftlichen Zeitalters«), das vom Autor und Redakteur der Scientific American (deutsche Ausgabe: »Spektrum der Wissenschaft«) John Horgan geschrieben wurde.

Nobelpreisträger Richard Feynman gibt (ebenso wie andere führende Physiker) der Physik nur geringe Zukunftsaussichten. Für Wissenschaftler ist es frustrierend einzugestehen, dass aller Existenz etwas zugrunde liegt, was der Mensch niemals verstehen wird. Natürlich würde man genau das von einem von Gott erschaffenen Universum erwarten. Lange vor den heutigen Physikern informierte die Bibel uns:

Durch Glauben verstehen wir, dass die Welten durch Gottes Wort bereitet sind, sodass das Sichtbare nicht aus Erscheinendem geworden ist (Hebr 11, 3).

Es gibt einige Dinge, die wir nur verstehen, indem wir glauben, was Gott uns sagt. Er sagt nicht, dass das sichtbare Universum aus etwas Unsichtbarem oder aus nichts gemacht wurde – sondern nur, dass es nicht durch irgendetwas geschaffen wurde, was der Mensch sehen kann, nicht einmal mit den höchstentwickelten Elektronenmikroskopen oder irgendeinem anderen Instrument, das wir erfinden könnten. Wir sind informiert, dass das Universum durch »das Wort Gottes« entstanden ist und »durch das Wort seiner Macht« (Hebr 1,3) aufrechterhalten und getragen wird. Mehr als das können und brauchen wir nicht zu wissen.

Der Mensch wird niemals das Geheimnis lösen, das der Existenz des Weltraums, der Zeit und der Materie zugrunde liegt. Jede Tür, die die Wissenschaft öffnet, bringt auf der anderen Seite zehn weitere ungeöffnete Türen zum Vorschein. Mit jeder neuen Entdeckung türmt sich vor uns das Unbekannte auf wie die fliehenden Bilder in einem Spiegelkabinett. Nobelpreisträger Niels Bohr sagte über die Quantenmechanik: »Wenn du denkst, dass du sie verstehst, dann zeigt das nur, dass du nicht einmal die elementarsten Dinge darüber weißt.« In der Tat wissen wir nicht, was Schwerkraft, Energie, Elektronen oder irgendetwas anderes ist. Die Wissenschaft hat die einst stolze Hoffnung aufgegeben, die letztendliche Realität erforschen zu können. Wir hatten bereits Sir James Jeans zitiert:

“Die herausragendste Errungenschaft der Physik des 20. Jahrhunderts ist nicht die Relativitätstheorie … oder die Quantentheorie … oder die Kernspaltung … [sondern] die allgemeine Erkenntnis, dass wir mit der höchsten Realität noch gar keinen Kontakt haben …”

Wir wissen nicht, an welchem Punkt das Physische mit dem Spirituellen verbunden ist. Aber irgendwo dort draußen (oder drinnen?) gibt es ein anderes nichtphysisches Universum (oder viele solcher Universen?), das unseren Verstand völlig übersteigt. Mit keiner wissenschaftlichen Methode und keinem Instrument kann man feststellen, ob das Spirituelle dem Natürlichen zugrunde liegt, eine Erweiterung des Natürlichen ist oder aber etwas völlig anderes.

Die beeindruckende Realität dieser »spirituellen« Dimension kann nicht länger geleugnet werden. Joan Borysenko, Krebszellen-Biologin und führende New-Agerin, spricht davon, dass »Psychologie und Medizin und Spiritualität alle zusammenfinden werden« Da die Wissenschaft keine Antworten auf die Fragen des Herzens geben kann, wendet die Welt sich zum Mystizismus und Okkultismus zurück – mittlerweile durch die Psychologie gefördert –, anstatt sich an Gott und sein zuverlässiges Wort zu wenden. Selbst das angesehene American Journal of Psychology gab zu:

Patienten, die einer konventionellen psychologischen Behandlung … unterzogen wurden, berichteten von einer geringeren Besserung als solche, die zu spiritistischen Heilern gingen …  Bei spiritistischen Heilungen… erhält das Medium Botschaften von Geistern oder wird von solchen besessen, um eine Diagnose zu erstel¬len, Rat zu bieten oder Kräuter und rituelle Heilmittel zu verordnen.

 

Leben, Seele und Geist

Wenn das physische Universum ein unerklärbares Geheimnis ist, so ist das Leben selbst sogar noch geheimnisvoller. Wir wissen nicht, was Leben ist – nur, dass es von Gott kommt und nichts Physisches ist. Leben macht physische Körper lebendig und ist doch nicht Teil des Körpers. Physisches Leben hat etwas mit einer Seele zu tun: Gott »hauchte in seine Nase Atem des Lebens; so wurde der Mensch eine lebende Seele« (1Mo 2,7). Die Bibel gibt keine Definition für eine Seele an, doch scheint in jedem atmenden Lebewesen eine Seele zu sein.

Während bei niedrigeren Lebewesen zwar von einer Seele die Rede ist, so ist bei tierischem Leben niemals von einem Geist die Rede. Der Mensch ist »nach dem Bild Gottes« (1Mo 1,26.27; 9,6 u.a.) geschaffen, und Gott selbst ist Geist. Das trifft auf Tiere nicht zu. Die Bibel unterscheidet zwischen der Seele und dem Geist, ohne jedoch eine Definition davon zu geben: »… euer Geist und Seele und Leib …« (1Thes 5,23); »… bis zur Scheidung von Seele und Geist …« (Hebr 4,12; vgl. auch 1Kor 15,45).

Der Mensch ist ein Geist, der in einem Körper lebt, durch den er am physischen Geschehen teilnimmt. Der Geist des Menschen unterscheidet ihn von den Tieren und ermöglicht ihm, Gott zu erkennen. Weder Körper noch Seele des Menschen sind im Bild Gottes geschaffen, da Gott keines von beiden hat. Der Geist des Menschen wurde einst im Bild Gottes geschaffen. Die Trennung des menschlichen Geistes vom Geist Gottes bedeutet den geistlichen Tod. Gott sagt: »… eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott« (Jes 59,2); und »… die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden …« (Eph 2,1 u.a.).

Die Trennung des Geistes vom Körper hat den Tod des Körpers zur Folge: »Denn wie der Leib ohne Geist tot ist …« (Jak 2,26). Nach dem Eintreten des Todes wird der Körper in das Grab gelegt und »… der Geist kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat« (Pred 12,7). Wenn man die Bibel als Ganzes betrachtet, kann das nur bedeuten, dass Gott darüber verfügt, ob der Geist des Menschen entweder in den Himmel oder in die Hölle gelangt. Der Geist eines Toten würde nicht über den Lebenden schweben, sie quälen oder ihnen erscheinen, wie es uns die Welt des Okkulten weis machen möchte. »Geister« können nur getarnte Dämonen sein.

Der Geist bleibt bei Bewusstsein, wenn er vom Körper getrennt ist, ganz gleich ob im Himmel oder in der Hölle. Wir haben bereits herausgestellt, dass das Gehirn nicht denkt. Gedanken entstehen im Geist, der das Gehirn benutzt, um den Körper zum Sprechen oder zur Ausführung seines Willens zu veranlassen. Der reiche Mann, dessen Körper im Grab lag, war im Hades gewiss bei Bewusstsein (Lk 16,23-31) und Gleiches gilt für jene, die von ihren Körpern getrennt wurden und sich im Himmel befinden: »… sah ich unter dem Altar [im Himmel] die Seelen derer, die geschlachtet worden waren, um des Wortes Gottes … willen … Und sie riefen mit lauter Stimme …« (Offb 6,9.10).

Psychologie, die religiöse Wissenschaft

Obwohl schon der Ausdruck »Psychologie« die Existenz der Seele anerkennt, hat man unnachgiebig darauf bestanden, dass die Seele lediglich die Gesamtsumme von rein physiologischen Reaktionen auf physikalische Reize sei. Für beinahe ein Jahrhundert hingen Psychologen und Psychiater dem medizinischen Model Freuds und der Behaviorismus-Theorie B. F. Skinners an; beide versuchten hartnäckig (und gegen den gesunden Menschenverstand) Gedanken, Gefühle und Persönlichkeit allein in Begriffen des physischen Körpers zu erklären.

Aufgrund der stolzen Entschlossenheit, die Psychologie als Wissenschaft zu etablieren, bestand dieser Irrglaube länger als erwartet. Es kann keine Wissenschaft des Geistes geben, da die Wissenschaft nicht über die Mittel zur Beobachtung von Geistern verfügt. Trotzdem versuchten die »Mind-Science«-Sekten (Christliche Wissenschaft, Religiöse Wissenschaft, Science of Mind etc.) aus der Spiritualität eine Wissenschaft zu machen und sind dadurch tief in Okkultismus gefallen.

In seinem neuesten Buch Worldwide Laws of Life (»Weltweite Gesetze des Lebens«) wiederholt John Marks Templeton (Stifter des Templeton-Preises für den Fortschritt der Religionen) seinen Traum von einer »neuen Renaissance des menschlichen Wissens« durch »die wissenschaftliche Erforschung spiritueller Themen … Ich habe eine Vision von der Grün¬dung eines neuen wissenschaftlichen Zweiges: die Wissenschaft spiritueller Information und Forschung«. Das ist, wie wir gesehen haben, genau das Wesen des Okkultismus: Religiöse Wissenschaft. Der Okkultismus gibt vor, eine spirituelle Kraft nutzbar zu machen, die aufgrund bestimmter Gesetze wirkt und es ermöglicht, der Geisterwelt eine voraussagbare Reaktion zu entlocken.

Vor 100 Jahren schrieb William James: »Ich möchte der Psychologie zu einer Naturwissenschaft verhelfen, indem ich sie als eine solche behandle.«  Die Nachkriegsgesellschaft glaubte dieser Lüge und unterwarf sich eifrig jedem neuen Experiment und jeder Theorie. »Die Wissenschaftlichkeit der Psychologie machte große Versprechungen: Lösungen für gesellschaftliche und internationale Probleme, Verständnis und Veränderung individuellen und sozialen Verhaltens und die Erschaffung einer sicheren und besseren Welt durch Eliminierung der zerstörerischen Kräfte, die zum Krieg geführt hatten …« Die Illusion machte sich breit, »die soziale Welt sei erfassbar, vorhersagbar und kontrollierbar und … Durch¬brüche im Verständnis des individuellen menschlichen Denkens würden Grundbausteine einer besseren Gesellschaft sein«.

In Wirklichkeit kam 1979 eine ausführliche Studie der Amerikanischen Gesellschaft für Psychologie zu dem Schluss, dass Psychologie keine Wissenschaft ist und auch keine sein kann. Karl Popper, einer der größten Wissenschaftsphilosophen, erklärte, dass die Theorien der Psychologie »mehr mit primitiven Mythen als mit Wissenschaft gemeinsam haben«. Der berühmte jüdische Psychiater Thomas Szasz nannte die Psychologie »die clevere und zynische Zerstörung der Spiritualität des Menschen und deren Ersetzung durch eine positivistische ›Wissenschaft des Geistes‹«. Der Versuch, mit menschlichem Verhalten auf wissenschaftliche Weise umzugehen, hat der okkulten Verführung Tür und Tor geöffnet.

Das Problem des Menschen ist, dass er durch die Sünde von Gott getrennt ist. Die Psychologie hat aus Sünde eine Krankheit gemacht, eine Krankheit des Geistes, die keine Reue oder Versöhnung mit Gott erfordert, sondern Therapie und Aussöhnung mit der eigenen »inneren Wahrheit«. Templeton bewirbt sie als »der Lernprozess … die Ressourcen des eigenen inneren Wesens zu erschließen«. Das ist nichts anderes als Schamanismus bzw. Okkultismus.

Während die meisten Psychologen noch daran fest halten, es mit einer Wissenschaft zu tun zu haben, würden viele andere zugeben, dass es keine Wissenschaft des menschlichen Verhaltens geben kann. Das menschliche Versuchskaninchen hoppelt bei seinen Entscheidungen launenhaft umher, was jeglicher Vorhersagbarkeit auf irgendeiner rein wissenschaftlichen Grundlage entbehrt. Gerade der Ausdruck »Sozialwissenschaften« hat viel Zeit vergeudet und zu gravierenden Irrtümern geführt.

Freud sagte, Religion sei der »Feind«. Doch gründete er eine neue zerstörerische Religion mit dem Menschen als Gott. Tatsächlich war Freud, ebenso wie Jung, zutiefst im Okkulten verstrickt. In ihrem neuen Buch The End of »Christian Psychology« (»Das Ende der ›christlichen Psychologie‹«) stellen Martin und Deidre Bobgan heraus:

»Freud … sammelte eine große Anzahl antiker griechischer, römischer, orientalischer und ägyptischer Artefakte … Statuetten reihten sich auf seinem Schreibtisch und ringsherum in seinem Büro. … Jemand, der die Familie kannte, sagte über Freud: >Die Artefakten waren für ihn nicht nur Dekoration. Einige davon benutzte er als Hilfe beim Schreiben<  …auch dass Freud möglicherweise … eine antike Form von Magie praktizierte, bei der geweihte Statuen Geister darstellen oder transpersonale Kräfte den Magier in imaginäre Dialoge verwickelten und ihm unschätzbares Wissen lieferten.«

 

Eine subtile Machtübernahme ist im Gange

Psychologen und Psychiater präsentierten sich als Wissenschaftler der Psyche bzw. Seele und beanspruchten so, die Experten zu sein, die einzig und allein normales Verhalten definieren können. Martin L. Gross erklärt:

»Als die protestantische Ethik in der abendländischen Gesellschaft schwächer wurde, wandte sich der verunsicherte Bürger zur ihm einzig bekannten Alternative: dem Psycho-Experten, der behauptete, es gäbe eine neue wissenschaftliche Verhaltensnorm als Ersatz für schwindende Traditionen … Dem Patient Bürger wurde gesagt – und zumeist glaubte er es –, dass seine quälenden Zweifel über Liebe, Sexualität, Arbeit, zwischenmenschliche Beziehungen, Ehe und Scheidung, Kindererziehung, Zufriedenheit, Einsamkeit und sogar Tod, der neuen Technologie des Geis¬tes weichen würden. Den heiligen Namen der Wissenschaft im Munde führend, beanspruchen die psychologischen Experten, alles zu wissen«.

Auf Gesellschaft und Familie wirkte sich das Ergebnis zerstörerisch aus. Die Ausbreitung von Gewalt, Rebellion und Unmoral deckt sich mit dem exponentiellen Wachstum der Psychologie seit den frühen fünfziger Jahren. In den Jahren 1980 bis 1987 steigerte sich die Einweisung in psychiatrische Kliniken unter 10- bis 19-jährigen US-Amerikanern um 43%. Derweil stieg in den fünf Jahren zwischen 1983 bis 1988 die Anzahl der Bet¬ten in privaten psychiatrischen Einrichtungen pro 100.000 Personen auf das Doppelte an. Was für eine Wachstumsindustrie! Psychologie wurde zu Recht als die einzige Profession bezeichnet, die »die Krankheiten schafft, welche sie zu heilen behauptet«.

Das öffentliche Vertrauen in diesen Berufszweig und dessen Unterstützung durch die Medien hält trotz der Tatsache an, dass sich in ihren Reihen mehr moralische, emotionale und verhaltensbedingte Problemfälle bergen als in irgendeiner anderen Berufsgruppe. Jeder vierte Psychologe hat gelegentlich Selbstmordgedanken. Bruno Bettelheim, Paul Federn, Wilhelm Stekel, Victor Tausk, Lawrence Kohlberg und Sigmund Freud sind einige der prominenten »Profis für mentale Gesundheit«, die Selbstmord begangen haben. Ein Bericht über Selbstmordprävention, der von einer Spezialgruppe der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie herausgegeben wurde, zeigte, dass »die Selbstmordrate unter Psychiatern doppelt so hoch ist wie [für Ärzte] erwartet«.

Freud war selber ein Fall für die Klapsmühle, häufig kraftlos, konnte seine eigenen sexuellen Triebe nicht beherrschen, selbst nach dreißig Anläufen nicht das Rauchen aufgeben und wurde vom Aberglauben verfolgt. Freud sagte: »Patienten sind nichts anderes als Gesindel. Sie dienen zu keinem anderen sinnvollen Zweck als unserem Lebensunterhalt und als Lernmaterial. Helfen können wir ihnen jedenfalls nicht.«

Dr. Al Parides, Professor für Psychiatrie, beobachtete: »Wenn man das persönliche Leben aller anfänglichen Freud-Jünger betrachtet … kann man feststellen, dass sie eine unglaubliche Menge besonderer Problemen auf sexuellem Gebiet haben … Ihr abweichendes Verhalten bezüglich Sexualität und anderen Dingen ist enorm.«

Trotz der wachsenden Beweisfülle gegen die Psychologie wird sie als die neue Wahrheit und neue Hoffnung aufgegriffen. Solch ein öffentliches Vertrauen hat den Psychologen eine enorme Macht verschafft. Es ist beängstigend zu sehen, zu welchem Punkt sie die Gesellschaft hinführen möchten. Führende Psychologen haben vorgeschlagen, dass »Eltern nur dann Kinder genehmigt werden sollen, wenn sie über eine fundierte Kenntnis … der Wahrheiten verfügen, die von Psychologen erteilt werden« und dass sich politische und militärische Führer Testverfahren unterziehen sollten, um sicherzustellen, dass sie nicht die fundamentalistische Auffassung vertreten, die Schlacht von Harmagedon sei unvermeidbar. 1971 schlug der Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für Psychologie vor, dass Psychologen zivilen und militärischen Führern verhaltensverändernde Drogen verabreichen sollten, um dadurch ihren Aggressionstrieb zurückzustellen.

 

Eine gefährliche Pseudowissenschaft

Psychologische Theorien kommen und gehen auf einem Karussell der Verwirrung. Beispielsweise war Drapetomanie die offizielle psychiatrische Diagnose einer »Geisteskrankheit«, die im frühen Amerika epidemieartig auftrat. Es waren ausschließlich Sklaven betroffen, die dann als Auswirkung der Krankheit unter dem inneren Zwang litten, von der Plantage zu fliehen – eine Geisteskrankheit, die durch den amerikanischen Bürgerkrieg geheilt wurde. Heute werden »Geisteskrankheiten« durch Abstimmung geschaffen oder geheilt. Früher wurde Homosexualität immer als unnatürliches Verhalten betrachtet. 1974 änderte sich die Ansicht über Homosexualität jedoch aufgrund einer Abstimmung der Mitglieder der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie und das, was zuvor als abweichendes bzw. abnormes Verhalten galt, wurde in »sexuelle Präferenz« umbenannt. Schließlich wurde Homosexualität gänzlich aus den diagnostischen Handbüchern gestrichen. Das ist keine Wissenschaft.

Eine ähnliche Abstimmung entscheidet, welche neu entdeckten Geisteskrankheiten im aktuellen Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM) aufgenommen werden. Ein Psychologe, der bei der DSM-III-R Verhandlung dabei war, bemerkte traurig:

»Das niedrige Niveau intellektueller Redlichkeit war schockierend. Diagnosen wurden durch Mehrheitsbeschluss entwickelt, nach gleichem Maßstab, wie wir uns für ein Restaurant entscheiden. Du möchtest zum Italiener gehen, ich würde den Chinesen vorziehen, also lass uns eine Cafeteria nehmen. Anschließend wird es in den Computer eingegeben. Vielleicht zeugt das von unserer Naivität, doch dachten wir, man würde versuchen, die Dinge wissenschaftlich zu sehen.«

In ihrer hervorragenden Aufdeckung der Psychologie, Manufacturing Victims (»Herstellung von Opfern«), stellt Dr. Tana Dineen heraus, dass »zwischen dem, was die Psycho-Branche den Leuten versuchte glaubhaft zu machen und dem, was wirklich bewiesen worden ist, ein großer Unterschied besteht«. Sie meint, wenn Psychologen »ihr Handeln aufrichtig beurteilten, bekämen sie Zweifel an ihrer Effektivität, ihrem Wert, ihrem Selbstbild und ihrer Karriere«. Sie zeigt auf, dass wissenschaftliche Studien tatsächlich beweisen, dass Psychotherapien unwirksam und unnötig sind und in Wirklichkeit schädlich sein können.

 Psychologen haben mehrere Hundert konkurrierende Theorien und einige Tausend verschiedene Therapien entwickelt. Jeder primitive Aberglaube oder neu erfundene Betrug von Urschrei-Therapie über Rebirthing bis hin zur Reinkarnations-Therapie wird legitimiert, wenn man ihn mit dem Begriff »Therapie« etikettiert. In seinem Artikel »Die Psychologie wird wahnsinnig und verwirkt ihre Rolle als Wissenschaft« merkt der Psychologe Roger Mills an: »Ich habe persönlich erlebt, wie Therapeuten ihre Patienten davon überzeugen, dass all ihre Probleme zurückführbar sind auf ihre Mütter, die Sterne, die biochemischen Kosmetika, die Ernährung, den Lebensstil und sogar auf das ›Karma‹ ihres früheren Lebens.«

In einer Broschüre der ehemaligen Dominikanerin Dr. Kathleen A. Fitz-Gerald liest man: »Die heilige Psychologie … erforscht und versteht die einzigartige Na¬tur und die Schattierungen und Gefühle unserer individuellen Seele. Sie handelt vom Seelenverlust, von Seelenrückführung, Seelenpflege und Verherrlichung der Seele … Das »innere Kind« sendet seine bzw. ihre Seele ins Exil, bis sie in Sicherheit zurückkehren kann … In der amerikanischen Eingeborenen-Spiritualität gehen Schamanen auf die Reise, um die Seele zurückzuführen …«

Das ist Mythologie! Professor Robyn M. Dawes von der Carnegie-Mellon Universität schrieb das Buch House of Cards: Psychology and Psychotherapy Built on Myth (»Ein Kartenhaus: Psychologie und Psychotherapie sind auf Mythen gebaut«) aufgrund von »Ärger und einem sozialen Pflichtgefühl«. Professor Dawes führt das Beispiel einer Psychiaterin von der Harvard Universität an, deren Patient Selbstmord beging. Das Interesse der Untersuchungskommission bestand darin, ob sie mit ihrem Patienten Geschlechtsverkehr hatte. Die Tatsache, dass sie »ihn in einen infantilen Zustand zurückführte, in welchem sie ihn einem ›Reparenting‹ [einer ›Wiederbeelterung‹] unterziehen konnte«, wurde ignoriert – wer könnte behaupten, ein solcher Unsinn stelle eine rechtmäßige Therapie dar?

Dawes beschuldigt die Psychobranche, für »Prinzipien einzutreten, von denen man weiß, dass sie falsch sind sowie aufgrund ihrer Anwendung nachweislich falscher Techniken«. In die berühmte Cambridge-Sommerville Jugendstudie wurden 650 unterprivilegierte Jungen im Alter von 6 bis 10 Jahren einbezogen, die man in zwei gleich große Gruppen unterteilte. Eine 30 Jahre später durchgeführte Nachuntersuchung zeigte, dass diejenigen, die therapeutisch behandelt worden waren, mehr Probleme mit »Alkoholismus, geistigen Störungen, beruflicher Unzufriedenheit und streßbedingten Krankheiten« hatten und bedeutend mehr schwere Verbrechen begingen, als jene, denen man den »Segen« psychologischer Beratung vorenthalten hatte. Alle wissenschaftlichen Indizien, die wir gefunden haben, bescheinigen, dass die Psychotherapie bestenfalls wirkungs¬los und in vielen Fällen sogar schädlich ist.

 

Eine Definition des Spirituellen

Der Philosoph Daniel Dennett behauptet in seinem 1992 veröffentlichten Buch Philosophie des menschlichen Bewußtseins, dass »das Bewußtsein – und unsere Wahrnehmung unseres einheitlichen Selbst – eine Illusion sei, die durch die Interaktion vieler verschiedener ›Unterprogramme‹ in der Hardware des Gehirns zustande kommt«.

Dafür gibt es ebenso wenig einen wissenschaftlichen Beweis wie für den Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht. Während einige Psychologen noch immer solch einem Irrsinn anhängen, ist die Psychologie als Ganzes weitergegangen – gezwungen von den Phänomenen, mit denen sie konfrontiert ist. Man braucht sich nicht mehr dafür zu schämen, wenn man zugesteht, dass es Geist und See¬le gibt und beides weder gemessen noch erklärt werden kann.

Es war die neue Disziplin der Parapsychologie (die Erforschung übersinnlicher Phänomene), die widerwillige Forscher zwang, die Existenz der nichtphysischen Seite des Menschen anzuerkennen. Experimente schie¬nen darauf hinzuweisen, dass der menschliche Geist Gegenstände über eine Distanz beeinflussen konnte, die weit über den Radius messbarer Gehirnwellen hinausgeht. Tatsächlich ist seit der Zeit Anton Mesmers bekannt, dass hypnotisierte Personen Ereignisse »sehen« können, die viele Kilometer entfernt passieren. Dafür gab es keine natürliche Erklärung. Der Geist musste eine nichtphysische Entität sein, die sich vom Gehirn unterscheidet.

Doch auch dieses Eingeständnis konnte das Phänomen nicht erklären. Der menschliche Geist allein kann keine Erklärung für Fernwahrnehmung liefern und kann sicherlich nicht verantwortlich sein für Erscheinungen von Geistwesen und Blicke in die Zukunft oder für die Fähigkeit, Sprachen zu sprechen, die man niemals gelernt hat. Das Phänomen könnte nur erklärt werden, wenn der menschliche Geist in Verbindung mit einer anderen Informations- oder Machtquelle steht.

Viele Psychotherapien verwenden Hypnose, um den Patienten in die Vergangenheit zurückzuversetzen oder andere Mittel, um einen leicht beeinflussbaren Zustand des Patienten zu erreichen. Während der Therapeut eine verbale Kontrolle praktiziert, können andere Geister eine mentale Kontrolle ausüben. Edgar Mitchell beteiligte sich bei seiner Apollo-14-Mondmission an scheinbar erfolgreichen telepathischen Kommunikationsexperimenten mit der Erde. Sowohl der KGB als auch die CIA haben versucht, das Verhalten einer Person aus der Entfernung durch Telepathie zu beeinflussen. Wie wir sehen werden, kann nur der Einfluss von anderen Geistern als dem des Therapeuten vieles dessen erklären, was sich bei Psychotherapie ereignet.

 

Auf der Suche nach anderen Geistern

Die Bibel sagt uns – und alle Kulturen der Geschichte haben das stets geglaubt –, dass es Geister gibt, intelligente körperlose Wesen. Auf eine Art und Weise, die wir nicht verstehen, können einige jedoch (sowohl Engel als auch Dämonen) körperliche Gestalt annehmen. Sie können sogar auf die physische Dimension einwirken, in der unser natürliches Leben stattfindet und anscheinend einen Körper und die Persönlichkeit eines Menschen »in Besitz nehmen«. Wie dies wiederum vonstatten geht (sogar mit der Zustimmung des Besessenen), wissen wir nicht. Wir sollten auch nicht versuchen, diese Wesen zu verstehen und noch viel weniger, mit ihnen in Kontakt zu treten:

»Und die Person, die sich zu den Totengeistern und zu den Wahrsagern wendet, um ihnen nachzuhuren, gegen diese Person werde ich mein Angesicht richten und sie ausrotten aus der Mitte ihres Volkes« (3Mo 20,6).

»Es soll niemand unter dir gefunden werden, … der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier oder Bannsprecher oder Totenbeschwörer oder Wahrsager oder der die Toten befragt. Denn ein Greuel für den HERRN ist jeder, der diese Dinge tut« (5Mo 18,10-12).

»Um den Kampfpreis soll euch niemand bringen, der seinen eigenen Willen tut in [scheinbarer] Demut und Anbetung der Engel, der auf das eingeht, was er [in Visionen] gesehen hat …« (Kol 2,18).

Carl Jungs okkulte Auffassungen haben eine einschneidende Auswirkung auf die Psychologie gehabt. Sein persönlicher Leitgeist Philemon konnte aus dem Nichts erscheinen und ebenso plötzlich wieder verschwinden wie die »Geister«, von denen Jung gequält wurde. Trotzdem schien er eine greifbare Form und ein reales und eigenständiges Wesen zu haben, zu dem Carl Jung schließlich als seinem Guru aufschaute. Und aus solchem dämonischen Ursprung stammen Jungs Haupttheorien, die die heutige Psychologie tiefgreifend geprägt haben.

Forscher haben sich auf vier Erklärungsmöglichkeiten für dieses Phänomen geeinigt:

1.) Wir alle sind Teil eines universellen Geistes und folglich steht uns alles Wissen und jegliche Kraft zur Verfügung;

2.) die Geister der Toten sind fähig, mit den Lebenden zu kommunizieren;

3.) die »anderen Geister« gehören außerirdischen Wesen, von denen einige sich so weit entwickelt haben, dass sie keinen Körper benötigen, das menschliche Denken beeinflussen und beherrschen zu können;

4.) es gibt andere Geister von Dämonen oder Engeln, die beide versuchen, die Menschheit zu beeinflussen. Die ersten unterstehen der Führung Satans und die zweiten der Anweisung Gottes.

Die erste Theorie fällt aufgrund ihrer eigenen schwergewichtigen Behauptung, da sie der Menschheit eine leicht zugängliche Quelle von unendlicher Weisheit und Kraft zuschreibt. Das stimmt wohl kaum mit der normalen menschlichen Erfahrung überein. Dass jemand in einen erweiterten Bewusstseinszustand gelangen muss, um in Verbindung mit diesem angeblich universellen Geist zu kommen, scheint eher wenig überzeugend. Entweder sind wir ein Teil davon – dann sollte es uns allen leicht zugänglich sein – oder wir sind es nicht. Letzteres ist eindeutig der Fall.

Die zweite Alternative (Totengeister könnten mit den Lebenden in Kontakt treten) widerspricht der Bibel ebenso wie dem gesunden Men¬schenverstand. Warum sollte beispielsweise Tante Frieda, die in ihrem Leben eine ganz normale Person war, auf der »anderen Seite« allwissend geworden sein? Außerdem verbreiten diese vermeintlich körperlosen Existenzen einhellig die Lügen des Teufels aus dem Garten Eden. Sie mögen behaupten, im Leben Christen, Atheisten oder Agnostiker gewe¬sen zu sein, aber nach ihrem Tod sind sie zu überzeugenden Sprechern des Teufels geworden. Es ist wahrscheinlicher, dass sich Dämonen als Verstorbene tarnen.

Bezüglich der dritten Alternative (hochentwickelte Außerirdische) haben wir bereits die Unmöglichkeit der Evolution herausgestellt und gezeigt, dass die Tatsachen die Hypothese von außerirdischer Intelligenz widerlegen. Der Autor Robert A. Baker stellt heraus, dass bisher nie¬mand in der Lage war, einen »materiellen Gegenstand zu zeigen, der die Existenz von Ufos oder außerirdischer Lebensformen – ob intelligent oder nicht – zweifellos beweist«. Solange ein solches Beweisstück fehlt, blei¬ben wir weiterhin »jeglichen Berichten von außerirdischen Wesen, Ufos und Entführungen durch Außerirdische gegenüber skeptisch«. Terence Sanbek, klinischer Psychologe aus Kalifornien, erhebt einen weiteren of¬fensichtlichen Einwand des gesunden Menschenverstandes:

»Um zum nächstgelegenen Stern zu kommen, benötigt es Jahre … [selbst] wenn man mit Lichtgeschwindigkeit reist, was allerdings nicht möglich ist. Wenn Sie dort hingelangen könnten, würden Sie dann mit einem betrunkenen Fischer aus Mississippi reden oder einen Staatsmann aufsuchen? Wenn sie derart intelligent wären, würden sie sich nicht so töricht verhalten.«

Uns bleibt nur noch die letzte Möglichkeit: hinter okkulten Phänomenen stehen Dämonen. Alle bisher untersuchten Beweise deuten darauf hin, dass wir von überaus listigen Wesen heimgesucht werden, deren letzt¬endliches Ziel die Niederwerfung der Menschheit in den Untergang ist – einem Untergang, dem die Menschen aufgrund ihrer Rebellion gegen Gott ohnehin entgegengehen. Ja, der Satanist Marilyn Manson gab sein Ziel preis, als er sagte: »Ich bin auf dem Weg abwärts und will dich mitnehmen.« Diese Art wahnsinnigen Draufgängertums spricht bestimmte Menschen an. Aber die Falle für die meisten Menschen wird dadurch gelegt, dass Dämonen sich als außerirdische Intelligenzen, Aufgestiegene Meister, gespaltene oder multiple Persönlichkeiten oder etwas ande¬res ausgeben, was immer gerade am attraktivsten ist für solche, zu denen diese bösartigen Wesen Kontakt aufnehmen können. Und ihr Spiel wird durch das erstaunliche Widerstreben der Menschheit gegen die Wahrheit erleichtert – und durch die Bereitwilligkeit der Psychotherapeuten, durch ihre Lügen dazu beizutragen.

 

Das Mekka der »Human-Potential« – Bewegung

Während der 60er und 70er Jahre versammelten sich viele der führenden Köpfe des aufblühenden Feldes der humanistischen Psychologie im Esalen Institut in der Big Sur Gegend südlich von San Francisco, um sich dort über ihre Theorien auszutauschen. 1962 stolperten Abraham und Bertha Maslow beinahe zufällig darüber und erfreuten sich anschließend einer langen Beziehung zu Esalen. Viele berühmte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Aldous Huxley, Paul Tillich, Arnold Toynbee, Joan Baez, Simon und Garfunkel, einige der Beatles, B. F. Skinner, Linus Pauling und Jerry Brown kamen zu Diskussionen vorbei.

Noch bevor der Ausdruck »New Age« bekannt wurde, war Esalen das New-Age-Zentrum der Westküste. In Esalen wurden Geistwesen »gechannelt«, lange bevor Channeling populär wurde. Esalen hatte eine eigene dort ansässige »Channelerin«, Jenny O’Connor, eine junge Frau aus England. Durch die Technik des automatischen Schreibens überbrachte eine Gruppe nichtmenschlicher Wesen, die sich selbst »Die Neun« nannten (und angeblich vom Stern Sirius stammten), zutreffende Botschaften, die mit ihrer bemerkenswerten Genauigkeit ihrer Vorhersage manchmal geradezu unheimlich waren. Mitbegründer Richard Price war vor seinem makaberen Tod im Jahr 1985 so sehr beeindruckt, dass er »Die Neun« in seine Gestalttherapie-Sitzungen mit einbezog. Über mehrere Jahre bot der Esalen-Katalog einen Kurs in Gestalttherapie an, von dem versprochen wurde, dass er durch »Die Neun, eine paranormale Intelligenz« unterstützt würde.

Für »Die Neun« gab es sogar einen biografischen Eintrag im Katalog, der sie als »gigantische Reflektoren Ihres Selbst, Anwender der Gestalttherapie, Eheberater – eine für alle verfügbare pure Energie von höchster Qualität« beschrieb. Price vertrat die Meinung, es sei egal, ob die durch Jenny gechannelten Botschaften von der Gruppe »Die Neun vom Sirius oder aus Jennys Unterbewusstsein kam«. »Die Neun« wurden selbst von Esalens leitenden Direktoren in einer berüchtigten Sitzung zu Rate gezogen, woraus eine Umbesetzung des obersten Führungsstabes resultierte.

Für uns ist die Tatsache von Interesse, dass »Die Neun« durch weitere Medien und andere Organisationen und andere Menschen, die mit Okkultem zu tun haben, gesprochen haben. Sie nahmen Kontakt auf zu Andrija Puharich und führten ihn in Okkultismus. Der verstorbene Gene Roddenberry hoffte in Verbindung mit der Gruppe »Die Neun« treten zu können und verfasste eine schriftliche Arbeit mit dem Titel »Die Neun«. Bücher wurden ihnen gewidmet wie The Only Planet of Choice (»Der einzige Planet der Wahl«) für »Tom und den Rat der Neun«, wobei »Tom« den mutmaßlichen Sprecher des Rates darstellte. Paulus identifizierte »Die Neun« vor 1900 Jahren als dämonische Feinde der Menschheit, als »die geistigen Mächte der Bosheit« (Eph 6,12).

 

Humanistische und transpersonale Psychologie

Die Gesellschaft für Humanistische Psychologie (AHP) wurde zutiefst von unverhohlenstem Okkultismus durchdrungen. Bereits 1986 befanden sich praktizierende Schamanen unter den Hauptrednern des 24. Jahrestreffens der AHP an der Universität von San Diego. Teilnehmern wurde die Möglichkeit gegeben, den schamanisch erweiterten Bewußtseinszustand, der zur Kontaktaufnahme mit Geistern förderlich ist, zu erfahren und zu erlernen, wie man ihn bei anderen entwickeln kann. Es gab mediale Seancen, um die Kommunikation mit »Geistführern und anderen spirituellen Freunden« zu entdecken. Ein Foto im Bericht der Los Angeles Times über die Tagung zeigte Durchback Akuete, einen afrikanischen Medizinmann, wie er gerade »Lonnie Barbach, die Vizepräsidentin der AHP, in Trance versetzte«.

Die AHP, die behauptet, Psychologie als Wissenschaft zu betreiben, warb für die 1986er Tagung in der Zeitschrift Shaman’s Drum: A Journal of Experiential Shamanism (»Die Schamanentrommel: ein Journal des experimentellen Schamanismus«). Ein Blick in eine beliebige Ausgabe der »Schamanentrommel« zeigt die schwerwiegende Beteiligung von Psychologen. Eine typische Ausgabe dieser Zeitschrift enthält Artikel wie »Lernen Sie den Geistern zu vertrauen« und verbreitet den primitivsten und dämonischsten Okkultismus als befreiende Wahrheit. Lesen wir nur einmal die folgenden Beschreibungen unterhalb der Illustrationen eines kürzlich veröffentlichten Artikels mit dem Titel Umgang mit hungrigen Geistern: Schamanische Rituale der Embera:

»Ein junger Haibana … stimmt einen Singsang an, um den Hai [Geist] zu beschwören. … Ein Mädchen mit einem Schlangenmuster bemalt … die während der Heilung eines Kranken als Gastgeberin der Hai [Geister] dient.  In Perlen und einen traditionellen Lendenschurz gekleidet, hält der Haibanese einen seiner schamanischen Stäbe in der Hand, während er dem Geist handelsübliche Spirituosen und importierte Marlboro-Zigaretten anbietet.  Aceite lässt eine lebende Schlange dreimal über eine Patientin glei¬ten, damit sie die Krankheit der Frau aufnimmt.«

Mit der Werbung in der Schamanentrommel hoffte die AHP mehr prakti¬zierende Schamanen in ihre Reihen zu ziehen, und zwar aufgrund der Verbindung zwischen Psychotherapie der alten Schamanenreligion. Da¬mit war auch klar, dass die Psychologen den Schamanen ein paar neue Tricks beibringen könnten. Auszüge aus dem Anzeigenteil:

»Eine unvergessliche Möglichkeit, von einigen der bedeutendsten Hei¬lern und spirituellen Führern aus Westafrika und Brasilien zu lernen. Reise in erweiterte Bewusstseinszustände, in denen man die eige¬nen höheren Geistlehrer und die »Götter« selbst treffen kann … Themen sind u.a.: Rituale, Meditation … erweiterte Bewusstseins¬zustände, Schamanismus und Geistesheilung, mediale Begabung …«

Was meinen »wissenschaftliche« Psychologen mit »höheren Geistlehrern«, »Göttern« oder »Geistesheilung« und »mediale Begabung«? Die transpersonale Psychologie spricht sogar noch offener über ihren Okkultismus. Eine Zeitung (San Jose Mercury News) berichtete:

»Visionen haben. In Zungen sprechen. Mit Jesus gehen und reden. Glücklich durch Buddha. Mit Satan kämpfen. Ufos sichten. Es liest sich wie eine Litanei psychologischer Probleme … von Menschen, die … den Nachweis ihres Wahnsinns bringen … Im Institut für Transpersonale Psychologie in Menlo Park [Kalifornien] … widmen sich Psychiater, Psychologen und Berater der Anerkennung der Spiritualität … als ein wichtiger Aspekt für den Zustand des Menschen.«

Für Professor Charles Tart ist transpersonale Psychologie spirituelle Psychologie. Er wurde als »einer der führenden Wissenschaftler der trans¬personalen Psychologie, der Psychologie des spirituellen Wachstums« bezeichnet und ist Autor von angesehenen Klassikern der transpersonalen Psychologie. Er schreibt:

»Spirituelle Psychologien … die Ihnen zeigen, wie man spirituell wächst, kann man finden im Sufismus, in verschiedenen Formen des Buddhismus, wie zum Beispiel im Zen-Buddhismus, in traditionellen Yoga Praktiken … usw.  Sie lehren üblicherweise … dass unsere wahre Bestimmung in der Evolution eines höheren spirituellen Wesens liegt.«

Der Psychologe John Heider erkennt im Journal of Humanistic Psychology an, dass der »weit verbreitete Gebrauch und Missbrauch von bewusstseinserweiternden Substanzen wie Marihuana, LSD und Meskalin« ein Hauptkatalysator für die Entwicklung der transpersonalen Psychologie war. »Die psychedelischen Drogen erbrachten einen unwiderlegbaren Beweis, dass veränderte Bewusstseinszustände real waren und Wege hin zu einer transzendentalen Erfahrung existierten.«

 

Das Vermächtnis Sigmund Freuds

Sigmund Freud ist als Schwindler entlarvt worden. Sein Werk war nicht wissenschaftlich. Einige der Fallstudien, die er zur Unterstützung seiner Theorien vorbrachte, sind getarnte autobiografische Skizzen. Seine »Entdeckungen« reflektieren seine eigenen pervertierten sexuellen Leidenschaften, ebenso wie bei C. G. Jung. Ein früher Briefwechsel zwischen Jung und Freud beinhaltet Jungs Ratschläge an Freud für dessen Verführung einer Patientin namens Sabina Spielrein. Jung hatte andere Mätressen, ebenso wie Freud nicht auf seine Schwägerin Minna Bernays beschränkt war. Die moderne Psychologie entspringt zum großen Teil der sexuellen Verdorbenheit und Rebellion gegen Gott seiner geehrten »Entdecker«.

Die Freudschen Theorien wurden auf seiner verdrehten Sichtweise gegründet, dass alle Gedanken, Gefühle und Beweggründe in sexuellem Verlangen wurzeln. Sein »Ödipuskomplex«, für den kein Nachweis in der allgemeinen Bevölkerung gefunden werden kann, reflektiert eindeutig seine eigene Leidenschaft für Inzest. Das Übel, das aus dem Einfluss Freuds und Jungs hervorging, ist unermesslich. Selbst das bekannte deutsche Magazin Der Spiegel hielt es in einem Beitrag vom Juli 1994 für möglich, dass die Psychologie von Freud und Jung mit dämonischer Verstrickung zu tun hat.

Obwohl Freud in Misskredit gebracht wurde, bleiben zwei seiner Theorien als die tragenden Säulen des Großteils der Psychologie und Psychotherapie bestehen: die Lehre vom Unbewussten und das Konzept der Überdeterminierung. Freud behauptete entdeckt zu haben, dass das menschliche Verhalten durch Triebe gesteuert wird, die aus Kindheitstraumata entstehen. Sie lägen in einem Bereich verborgen, der »das Un¬bewusste« genannt wird und können nur mittels Psychotherapie erreicht und geheilt werden. Professor Dawes drückt seine Empörung so aus:

»Das Schädlichste an dieser Überzeugung ist, dass das Verhalten von erwachsenen Menschen hauptsächlich durch Kindheitserfahrungen festgelegt wird, sogar von äußerst unterschwelligen, aber vor allem von solchen, die das Selbstwertgefühl erhöhen oder vermindern.«

Die offensichtliche Folgeerscheinung solcher Theorien besteht in der Entlastung des Straffälligen, egal was er auch getan haben mag. Im Index der Freudschen Arbeiten, welches einen ganzen Band füllt, vermisst man ein Wort: Verantwortung.

Ohne Verantwortung gibt es keinen Schuldigen. »Alkoholismus und Drogenabhängigkeit wurden zu ›Krankheiten‹, Kriminalität wurde zu einem ›Nebenprodukt‹ des sozialen Umfelds, in dem die Menschen aufwachsen, usw.« Anstatt schuldig zu sein, sind wir alle Opfer – nicht nur durch das, was andere uns angetan haben, sondern auch Opfer unserer eigenen Gefühle – und stehen daher außerhalb der Verantwortung. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes des US-Bundesstaates Columbia von 1954, dass eine Person »nicht aufgrund von unwiderstehlichen Impulsen für eine Straftat schuldig gesprochen werden kann… führte somit später zum Freispruch von John Hinckley, der ein Attentat auf US-Präsident Ronald Reagan verübt hatte«.

 

Das Wiederbringen »verdrängter« Erinnerungen

Wenn das Problem in der Vergangenheit liegt, dann muss man laut Freud dorthin zurückgehen, um das Trauma aufzudecken und zu behandeln. Dieser Prozess wird als »Regressionstherapie« bezeichnet und wirft viele Fragen auf. Das Gedächtnis ist nicht gerade unfehlbar, sogar oft fehlerhaft und eigennützig, was durch zahlreiche wissenschaftliche Tests nach¬gewiesen wurde.

Es gibt eine therapeutische Methode, um Erinnerungen hervorzuholen. Der Klient wird unterschwellig in einen äußerst beeinflussbaren Geisteszustand geführt und dann mit gezielten Suggestionen angegangen, um den »Erinnerungen« auf die Sprünge zu helfen. Sehr häufig greifen diese Suggestionen und bewirken, dass man sich an etwas »erinnert«, was niemals geschehen ist. Ereignisse werden somit in ganz ähnlicher Weise erzeugt wie bei der Verfahrensweise des Schamanen.

Häufig hat der Therapeut sein eigenes Programm und bringt den Patienten dazu, sich an das zu »erinnern«, was der Therapeut – allerdings ohne Beweis – bereits als Problem beschlossen hat. Wenn der Patient sich nicht an das erinnern kann, was der Therapeut von ihm erwartet, wird er beschuldigt, die Erinnerung zu unterdrücken oder sich zu verweigern. Freuds Modus operandi besteht bis heute fort. Freud schrieb:

»Wir dürfen nicht glauben, was sie [die Patienten] sagen [wenn sie ab¬streiten, sich zu erinnern], wir müssen immer voraussetzen und es ihnen auch sagen, dass sie etwas zurückgehalten haben …  Wir müssen darauf bestehen, wir müssen den Druck wiederholen und uns selbst als unfehlbar darstellen, bis wir letzten Endes doch etwas erzählt bekommen … diese Technik mit Druck versagt in der Tat nie.«

Diese Art von Therapie hat wiederholt zu falschen Erinnerungen geführt. Tausende von Familien wurden in den USA aufgrund falscher Erinnerungen an angeblichen sexuellen bzw. satanisch-rituellen Missbrauch (SRA) zerstört, den es nie gegeben hatte. Die Beschuldigten (meistens die Väter) wehren sich und die Gerichte verhängen in einigen Fällen hohe Strafen gegen die verantwortlichen Therapeuten.

Die meisten »Erinnerungen« an mutmaßlichen sexuellen Missbrauch und SRA werden unter Hypnose aufgedeckt. Freud selbst verwendete diese Technik. Hypnose hat nachweislich falsche Erinnerungen hervor¬gebracht. Deshalb werden derart zustande gekommene Aussagen vor Gericht in den meisten Staaten nicht akzeptiert. Ja, es ist auch bekannt, dass faktisch richtige Erinnerungen unter Hypnose hervorkommen, aber das stellt uns vor ein ernsthaftes Problem.

Hypnotisierte werden in den Mutterleib »zurückversetzt« und »erinnern« sich an Einzelheiten ihrer Geburt (einschließlich von Gesprächen, die sie gar nicht verstehen konnten). Wissenschaftliche Tatsache ist jedoch, dass die Myelinschicht des Gehirns zur Zeit der Geburt zu unter¬entwickelt ist, als dass sie Erinnerungen speichern könnte. Offenbar stam¬men die »Erinnerungen« nicht aus dem Gehirn. Wir können daraus nur schließen, dass irgendwelche anderen Geister für eine Vortäuschung die¬ser »Erinnerung« sorgen.

Wir haben bereits die Verbindung zwischen dem Okkulten und der Reinkarnation gesehen, die eine grundlegende Auffassung im fernöstlichen Mystizismus und der Zauberei ist. Unter Hypnotherapie werden ebenfalls tatsächliche »Erinnerungen« des jetzigen und Ereignisse eines vermeintlich früheren Lebens und sogar das Sprechen fremder Sprachen hervorgerufen. Wieder werden wir zur unausweichlichen Schlussfolge¬rung gedrängt, dass andere Geistwesen diese Informationen vermitteln, die mit Sicherheit außerhalb des Wissensstandes der hypnotisierten Person liegen. Genau dieser Technik haben sich Schamanen mit dem Ge¬brauch ihrer Geistführer über die Jahrtausende bedient.

 

Multiple Persönlichkeiten?

Ein weiterer Irrglaube, den die Freudschen Theorien des Unbewussten und der Überdeterminierung mit sich brachten, ist die Überzeugung, dass einem Menschen mehrere Persönlichkeiten »innewohnen« können. Einem derartigen Patienten wird eine »multiple Persönlichkeitsstörung« (MPD) diagnostiziert. Vor der Publikation von The Three Faces of Eve (»Die drei Gesichter Evas«) im Jahr 1957 hat wohl kaum jemand etwas von MPD gehört. Es erzählt die Geschichte von Christine Costner Sizemore, der man nach einigen Therapien bescheinigte, angeblich 22 verschiedene Persönlichkeiten in sich zu beherbergen. Durch das Buch Sybil von 1973 (und den Spielfilm von 1977) wurde diese Überzeugung verbreitet und MPD wurde mit sexuellem Missbrauch assoziiert. Die Veröffentlichung von Michelle Remembers (»Michelle erinnert sich«) aus dem Jahr 1980 stellte zusätzlich eine Verbindung zwischen SRA und MPD her.

1980 erkannte man MPD im DSM-III als psychische Störung an. Einige Psychologen stellen nun die Theorie auf, dass wir alle multiple Persönlichkeiten haben und die Menschheit einen großen Evolutionssprung machen könnte, wenn wir lernen würden, diese innere Kraft zu nutzen. Andere verweisen auf den Zusammenhang zwischen MPD und okkulten Erfahrungen und die Beziehung von »multiplen Persönlichkeiten« zum »höheren Ich«, das in der Yoga-Trance entdeckt wird. Die Schilderung von Armand DiMele, einem klinischen Arzt aus New York, macht den okkulten Zusammenhang sehr deutlich:

»Beim Umgang mit multiplen Personen … öffnet man dieser Sache durch einen hypnotischen Zustand in Wirklichkeit Tor und Tür … Ich habe mit »Geisterstimmen« gesprochen, die durch multiple Personen übermittelt wurden und mir Dinge über meine Kindheit erzählten. Genaue Einzelheiten wie beispielsweise über Gegenstände, die in unserem Haus hingen. Es gibt einige unbestreitbare Hinweise … auf etwas, das wir nicht verstehen und ermessen können.«

 Der kalifornische Psychiater Ralph B. Allison, einer der führenden Autoritäten im Bereich der MPD, glaubt fest an das höhere Ich und praktiziert diese Theorie. Allison sagt: »Wir alle haben Zugang dazu. Wir müssen nicht … zu [einem Channeler] gehen. Wir können es in Ruhe zu Hause tun …« Manchmal spricht Allison von seinem eigenen höheren Ich »Mike«, hält sich aber zurück mit einem endgültigen Urteil darüber, wer oder was Mike letzten Endes ist. Laut Allison leiden MPD-Patienten, weil sie nicht auf ihre höheren Helfer hören. Zur Therapie gehört, den Patienten bei¬zubringen, auf diese Stimmen zu hören. Ist das Wissenschaft?

In klassisch okkulter Terminologie bezeichnet Dr. Allison diese Wesen als »Aufgestiegene Meister«, die, wie er glaubt, mit unserem eigenen höheren Ich verwandt sind. Aufgrund seiner Erfahrung mit multiplen Persönlichkeiten glaubt er an die Existenz körperloser Wesen. Bei seinen Gesprächen mit diesen Wesen sagen einige zu ihm: »Sorge dich nicht darum, woher wir kommen, wo wir uns aufhalten oder wo wir zuvor gelebt haben.« Andere sagen etwas wie: »Ich war in meinem vorigen Leben ein Sioux in Dakota und eine multiple Persönlichkeit. Nun wurde ich von Gott hierhin gesandt, um ihr [der Patientin] in den Schwierigkeiten zu helfen – ich bin Experte dafür.«

In der typischen Art eines Psychiaters sagt Dr. Allison: »Warum sollte ich streiten …? Mein Job ist, Menschen zu helfen, und ich kann mich wenig darum kümmern, woher die Informationen kommen. [Mich interessiert nur:] Funktioniert es?« – Tatsächlich sollte die Identität dieser Wesen aber von großem Interesse sein, da es sich nach dämonischer Besessenheit anhört.

Zu den vielen Fällen, über die man lachen müsste, wenn sie nicht so tragisch wären, gehört auch Nadean Cool. Sie verklagte ihren früheren Psychiater aufgrund eines Berufsvergehens, da »er sie davon überzeugte, dass sie 120 Persönlichkeiten in sich berge und anschließend ihrer Krankenkasse eine Gruppentherapie in Rechnung stellte«. Die Krankenversicherung, die etwa 113.000 Dollar an den Psychiater Kenneth Olson und 114.000 Dollar an das St.-Elizabeth-Hospital in Wisconsin zahlte, schloss sich Nadean Cool in dem Prozess an. Sie legten Beschwerde ein, da Olson Gruppensitzungen berechnete und den Anspruch erhob, mehr als eine Person zu beraten. Was für eine Wissenschaft ist das? Dem gesunden Menschenverstand graut vor dieser Wahnvorstellung.

 

Außerirdische und die Psychologie

Ganz gleich, ob der Ufo-Kult Märchen, Magie oder Wahnsinn ist, seine Hohenpriester sind jedenfalls die Psychiater und ihr religiöses Ritual ist die Hypnose. Diese uralte schamanische Praktik ist ein Bindeglied zwi¬schen Ufos, Nahtod-Erfahrungen und dem Okkulten. Wenige Entführte, wenn überhaupt welche, haben eine bewußte Erinnerungen an diese vermeintliche Erfahrung. Beim Prozess der zeitlichen Zurückversetzung unter Hypnose (mit Hilfe von gezielten Suggestionen) werden die »Erinnerung« an die »Entführung«, die körperliche Untersuchung und bisweilen auch an sexuelle Übergriffe vom Therapeuten aufgedeckt – genauso wie Erinnerung an mutmaßlichen sexuellen Missbrauch in der Kindheit tausendfach »aufgedeckt« wurden.

Jacques Vallee bezeichnet die Zurückversetzung unter Hypnose, um Erinnerungen wiederzugewinnen, als »eine höchst fragwürdige Methode, die in der Ufo-Forschung leider zur Norm geworden ist«. In Wirklichkeit kann sich jede hypnotisierte Person bereits durch minimale Suggestion an Ufo-Entführungen »erinnern«, die im Detail mit den Beschreibungen von angeblich echten Entführten übereinstimmen. Die Erfahrung eines so genannten klinischen Todes lässt sich unter Hypnose ebenso kopieren und verdeutlicht den okkulten Zusammenhang zum Ufo-Phänomen.

 Überall in Amerika treffen sich regelmäßig Hunderte von Gruppen, deren Teilnehmer glauben, Außerirdischen begegnet oder von ihnen entführt worden zu sein. Üblicherweise werden diese Treffen von einem Psychotherapeuten geleitet. Ein typisches Beispiel ist die Gruppe der Hypnotherapeutin Yvonne Smith in einem Vorort von Los Angeles »für Menschen, die glauben, ihr Sexual- und Fortpflanzungsverhalten werde von Außerirdischen überwacht«.

Der Hohepriester der Ufo-Entführungen ist Dr. John E. Mack, Professor für Psychiatrie am Cambridge-Hospital, der medizinischen Fakultät in Harvard, und Pulitzer-Preisträger für Autoren. Er hat mehr als 100 Menschen befragt, die angaben, von Außerirdischen in ein Ufo entführt worden zu sein. Vieles von dem, was er angeblich aus diesen Begegnungen gelernt hat, wird in seinem Buch Entführt von Außerirdischen offen gelegt. James S. Gordon rezensiert das Buch in der New York Times:

»Vier Jahre lang hat der anerkannte Psychiater … die seltsamen und verblüffenden Geschichten ganz normaler Männer und Frauen fest gehalten, die glauben, aus ihren Häusern und Autos entführt und durch Wände hindurch mittels besonderer Lichtstrahlen zu Raumschiffen transportiert worden zu sein …  Diese vernünftigen, feinsinnigen und gebildeten Männer und Frau¬en waren, so schien es Dr. Mack, nicht psychotisch, wahnhaft oder selbstdarstellerisch … Ihr Erlebnis der Ufo-Entführung schien wirklich die Ursache ihrer Probleme zu sein, und nicht deren Symptom.

Als Dr. Mack zuhörte, fing er an zu glauben, dass ihre Erfahrungen in gewisser Hinsicht sehr »real« waren und … unter Hypnose wurden ihre bruchstückhaften Erinnerungen glasklar und komplexe Szenerien von Entführung, Gewaltanwendung und Instruierung ergaben sich …  Wie sein Buch zeigt … stellte Dr. Mack andere Verbindungen her – Verbindungen zwischen Entführungen, Nahtod-Erfahrungen und »Reinkarnations-Therapien«. Dr. Mack meint, dass all diese Erfahrungen Wege zur Wiederentdeckung ewiger [okkulter] Weisheit sind …

Leider … fehlt es den Entführungsberichten … an der Autorität, die Dr. Mack und ein sympathisierender Leser ihnen gerne geben möchte … Hier, exakt auf dem klinischen und wissenschaftlichen Boden … ist sein Buch für Kritik am angreifbarsten …  Gleichfalls beunruhigend ist der Mangel an Literatur über Dr. Macks Methodik … wie er einen hypnotischen Trancezustand herbeiführt oder wie er die Person unter Hypnose befragt … [und über] seine Aussage, dass er und die Entführten ihre Realität miterschaffen«.

Dr. John Mack spricht von »Phänomenen, die aus einer anderen Dimension zu kommen scheinen; durch Telepathie erhaltene Informationen; Hellseherei und dem ganzen [übersinnlichen] Psi-Bereich; außerkörper¬liche Erfahrungen; Nahtod-Erfahrungen; Telekinese und dem Phänomen der Entführung durch Außerirdische. Phänomene also, die sich im natürlichen Bereich zeigen, aber anscheinend aus einer anderen Dimension kommen, aus einer unsichtbaren Welt herrühren«.  –  Er beschreibt die Welt des Okkulten, an die er nun voller Überzeugung glaubt.

Carl Jung lebte in ständiger Verwirrung – ein Zustand, der ihn seit seiner Kindheit quälte. Er war hin- und hergerissen, ob nun der Zustand des Bewussten oder der des Unbewussten der wirkliche ist. Diese Ambi¬valenz spiegelt sich in der folgenden Aufzeichung eines Traumes wider, die ebenso seine Sicht über Ufos und die Tatsache, dass er tiefere Proble¬me als viele seiner Patienten hatte, zum Vorschein bringt:

»Ich erblickte mein Haus, über dem zwei linsenförmige metallisch schimmernde Scheiben in einem engen Bogen schwirrten … zwei Ufos. Dann kam ein anderes Objekt … durch die Luft geflogen: eine Linse mit einem metallischen Anbau, der zu einem Kasten führte – eine Laterna magica [ein Filmprojektor]. Es stand in einer Entfernung von fünfzig bis sechzig Metern ruhig in der Luft und zeigte direkt auf mich. Ich erwachte mit einem Gefühl des Erstaunens … der Gedanke ging durch meinen Kopf: »Wir denken immer, dass Ufos unsere Projektionen sind. Nun stellt sich heraus, dass wir ihre Projektionen sind. Ich wurde von der Laterna magica als C. G. Jung projiziert. Aber wer bedient den Apparat?« (C.G.Jung, Memories, Dreams, Reflections, 1963).

 

Die erstaunlichen Produkte eines hypnotischen Trancezustandes

Die mysteriösen Auswirkungen der Hypnose stellen die heutigen Wissenschaftler vor ein Rätsel. Spontane »Erinnerungen« an vergangene und zukünftige Leben (etwa ein Fünftel handelt von Existenzen auf anderen Planeten) tauchen häufig auf. Im hypnotischen Trancezustand werden auch Erfahrungen gemacht, die im Zusammenhang psychedelischer Drogen, TM und anderer Yoga-Formen und fernöstlicher Meditation weit verbreitet sind. Ferner manifestieren Hypnotisierte spontan übersinnliche Kräfte, Hellsehen, außerkörperliche Erfahrungen sowie das ganze Spektrum okkulter Phänomene.

Nehmen wir den Fall des 21-jährigen William, eines intelligenten und unauffälligen Studenten, der von Professor Charles Tart hypnotisiert wurde. William erlebte dasselbe kosmische Bewusstsein und die gleiche Verwirklichung seines Ichs, welche auch durch Yoga und im klinischen Tod hervorgerufen werden. Erst erlebte er einen tiefen Frieden, danach eine Loslösung von seinem Körper und schließlich die Befreiung von seiner eigenen Identität, um mit dem Universum zu verschmelzen. Er hatte das Gefühl, dass er alles sei und ihm keine Begrenzungen auferlegt wären bezüglich dessen, was er erfahren oder werden könnte. Er spürte die ganze Fülle eines Gottesbewusstseins, »in dem die Grenzen von Zeit, Raum und der eigenen Identität angeblich überschritten sind und ein reines Bewusstsein des ursprünglichen Nichts zurückbleibt, aus dem jegliche sichtbare Schöpfung stammt«.

Die Hypnose, die nur im Jahr 1958 durch die Amerikanische Gesellschaft für Medizin als therapeutische Technik anerkannt wurde, scheint die Macht des Geistes über den Körper zu beweisen. Es ist präzise zielgerichteter Placebo-Effekt. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass »zelluläre Veränderungen im Körper vor sich gehen, zusammen mit Veränderungen der persönlichen Einstellung«. Martin Bobgan schreibt:

»Auch wenn man das Wort Hypnose mit dem Wort Therapie verbindet, so hebt dies die Praktik an sich noch nicht aus der Sphäre des Okkulten auf eine wissenschaftliche Ebene … Der weiße Kittel ist vielleicht ein angeseheneres Gewand als Federn und Gesichtsbemalung, aber die Grundlage ist die Gleiche. Hypnose bleibt Hypnose, ob man sie nun medizinische Hypnose, Hypnotherapie, Autosuggestion oder sonstwie nennt. Hypnose in den Händen eines Mediziners ist genauso wissenschaftlich wie eine Wünschelrute in den Händen eines Tiefbauingenieurs.«

Einige Ärzte benutzen Hypnose als Narkosemittel. Suggeriert man der hypnotisierten Person, dass sie während der Operation keinen Schmerz empfinden und es nicht einmal zu Blutungen kommen werde, dann wird dies in vielen Fällen zur Realität des Patienten. Eine unter Hypnose auferlegte Suggestion (z. B. dass Zigaretten schrecklich schmecken) wird häufig zur neuen Realität, wenn der Hypnotisierte wieder in seinen normalen Bewusstseinszustand zurückgekehrt ist.

Yoga und andere Arten fernöstlicher Meditation sind eine Form von Selbsthypnose oder Autosuggestion. Es werden verschiedenste andere Formen der Selbsthypnose angewendet. Dr. med. William Kroger und der Psychologe William Fetzler warnen aufgrund jahrelanger Forschungsarbeit vor »einer Verwirrung durch angebliche Unterschiede zwischen Hypnose, Zen, Yoga und anderen fernöstlichen Heilmethoden. Obwohl sich das Ritual jeweils unterscheidet, sind sie grundsätzlich gleich.«

Selbsthypnose wird weithin in der holistischen Gesundheitsbewegung angewendet, ebenso wie in den Erfolgs- und Selbstbild-Verbesserungs-Seminaren. Die Resultate können weder durch etwaige Leistungsfähigkeit des Gehirns noch des Geistes erklärt werden. Die Hypnose ist ein Haupteinfallstor des Okkulten und hat eine Schlüsselrolle bei der okkulten Unterwanderung der abendländischen Gesellschaft gespielt. Bei Phil Jackson spielte die Selbsthypnose, die er von seinem älteren Bruder Joe lernte, für seine Einführung in das Okkulte eine wichtige Rolle.

Zwei Folgerungen, die für die meisten Forscher zwar sehr unangenehm sind, scheinen unausweichlich:

1.) Es gibt einen gemeinsamen Ursprung aller okkulten Phänomene, einschließlich Ufos, die scheinbar auf intelligente und wohlüberlegte Weise eine clevere Täuschung zur Unterstützung ihrer eigenen Absichten arrangieren; und

2.) Hypnose – oder die Macht der Suggestion – ist der eigentliche Kern dieses Schemas. Werden diese beiden Schlussfolgerungen abgelehnt, ergibt alles keinen Sinn. Dem Forscher – wie beispielsweise Professor Alvin H. Lawson von der staatlichen Universität in Long Beach, Kalifornien – bleibt nichts anderes übrig als zu raunen: »Das Wesen dieses Inputs hier ist eine sehr gruselige Sache!«

 

Teil 2

»Christliche« Psychologie

Es gibt nichts Christliches an der Psychologie. Ihre Verwendung von Ausdrücken wie Seele, Geist und sogar Gott verleitet viele Christen zur Annahme, die Psychologie sei irgendwie mit dem christlichen Glauben vereinbar. Die Bedeutung dieser Begriffe in der Psychologie kommt jedoch aus dem Bereich des Okkulten, steht im Widerspruch zur Bibel und ist unabänderlich antichristlich.

Tatsächlich ist die Psychologie eine konkurrierende Religion mit ihrem eigenen antichristlichen Evangelium, das eine unbiblische Diagnose und ein gottloses Heilmittel für die menschlichen Probleme anbietet. Sogar Rollo May drückte seine Besorgnis über die Verbindung zwischen Psychologie und Religion aus. Andere weltliche Psychologen wie Sam Keen und Philip Reiff haben »Psychotherapie als eine Art Nationalreligion mit einem Evangelium der Selbstverwirklichung und mit Therapeuten als den neuen Priestern beschrieben«.

Ein Psychologe sagte: »Gewisse besonders einflussreiche Pioniere der amerikanischen Psychologie fanden in ihr ein ideales Mittel, ihrer eigenen christlichen Erziehung im Namen der Wissenschaft abzuschwören.« Thomas Szasz, Professor für Psychiatrie und nichtpraktizierender Jude, erklärte: »Einer der stärksten Beweggründe im Leben Freuds war es … sich am Christentum zu rächen …«

Szasz nannte die Psychotherapie »nicht nur eine Religion, die vorgibt, eine Wissenschaft zu sein … [sondern] eine gefälschte Religion, die versucht, die wahre Religion zu vernichten«.

Aber ist die christliche Psychologie irgendetwas anderes? Nein. Ob ein Psychiater oder Psychologe Christ ist oder Atheist, mussten beide die gleichen Prüfungen ablegen und die gleichen Maßstäbe erfüllen, um die staatliche Berufserlaubnis zu erhalten. Zum Beispiel ist die »Fuller Hochschule für Psychologie« des Fuller-Seminars im kalifornischen Pasadena durch die Amerikanische Gesellschaft für Psychologie anerkannt und muss deren gottlose Normen genau wie jede säkulare Schule für Psychologie erfüllen.

 

Es gibt keine »christliche« Psychologie

Simple Wahrheit ist, dass etwas wie eine christliche Psychologie nicht existiert. Schauen Sie in den Index eines beliebigen Psychologie-Lehrbuches. Dort finden sich Einträge über die Psychologie von Freud und Jung, über den Behaviorismus sowie über existentielle, humanistische und transpersonale Psychologie und weitere Fachrichtungen. Aber es gibt keinen Eintrag unter »christliche Psychologie«. Der Grund dafür ist einfach: Es gibt keinen Christen, der je eine Schule der Psychologie gegründet hat, die als »christlich« bekannt ist.

In ihrem Artikel, der auf einem Treffen professioneller Psychologen vorgestellt wurde, behaupteten die christlichen Psychologen J. Sutherland und P. Poelstra mit der Zustimmung der Anwesenden:

»… es gibt keine akzeptable christliche Psychologie, die sich in einem wesentlichen Merkmal von der nichtchristlichen Psychologie unterscheidet… Es ist schwierig zu implizieren, dass wir in einer Art und Weise funktionieren, die sich grundlegend von unseren nichtchristlichen Kollegen unterscheidet … Bisher gibt es [in der Psychologie] keine annehmbare Theorie, keine Forschungsmethode und keine Behandlungsmethodik, die ausgesprochen christlich ist.«

Was ist dann mit »christlicher Psychologie« gemeint? Die meisten Laien meinen, dass es tatsächlich eine Psychologie gibt, die eindeutig christlich ist. Die Fachleute wissen jedoch, dass sie sich an einem Versuch der Integration atheistischer und antichristlicher Theorien in die christliche Theologie beteiligen. Psychologie ist ein Teil der »Weisheit dieses Zeitalters«, die gelehrt wird vom »Geist der Welt«, den Paulus verwirft (1.Kor. 2,5-14). Der Gründer von Rapha, Robert McGee gibt offen zu, dass er sich zusammen mit dem Atheisten Albert Ellis, für den das Christentum ein Grund für Geisteskrankheiten ist, in Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist befindet:

»Die Veränderung unseres Denkens, Fühlens und Handelns ist ein Pro¬zess, zu dem das übernatürliche Wirken des Heiligen Geistes gehört … Als Ausgangspunkt verwenden wir jedoch ein Modell, das aus der Rational-Emotiven-Therapie von Albert Ellis abgeleitet ist.«

Die Psychologie entstammt dem Okkulten, ist nicht wissenschaftlich und viele der führenden Professionellen geben zu, dass sie zerstörerisch ist. Die gleiche legitime Kritik, die gegenüber der weltlichen Psychologie vorgebracht werden kann, kann man auch für die so genannte »christliche« Psychologie geltend machen. Dennoch hat sie die segensreichsten Kanzeln erobert und ist zu einem wichtigen Teil des Lehrplans an christlichen Universitäten und sogar Seminaren geworden. Vor einigen Jahren teilte Jerry Falwell den Personen auf seiner Adressenliste Folgendes mit:

»Nächsten Sonntag werde ich im … Fernsehen einen historischen Durchbruch zum Leib Christi verkünden. Die Auswirkung … wird die christliche Welt begeistern und uns in eine neue Ära der christlichen Mission führen … Es gibt einfach nicht genug ausgebildete christliche Psychologen, Psychiater und Pastoren, um den Seelsorgebedarf einer wimmelnden, nach Hilfe schreienden Menge zu decken. Das »Liberty Institut für Laienseelsorge« wird das notwendige Ausbildungsprogramm anbieten … Sie können dabei sein …! Stellen Sie sich Folgendes vor …! Dr. Gary Collins und sein Mitarbeiterstab … sind per Kassette [bei ihnen zu Hause] …«

Ein Zeitungsinserat der George-Fox-Universität ist mit dem Titel »Unsere Psychologie-Doktoren haben etwas ganz Besonderes – Eine christliche Sicht der Welt« überschrieben. Ein Prospekt des Fuller Theological Seminary prahlt: »Als Berufszweig ist die christliche Psychologie nicht gerade neu. Fullers Schule für Psychologie bietet alles … von der Ehe und Familientherapie bis hin zum Doktor für klinische Psychologie.« Der folgende Auszug aus einer ganzseitigen Werbeanzeige der Wheaton-College-Graduate-School in Christianity Today zeigt das gleiche integrative Bild:

»Symbole für ein neues Jahrhundert in der Psychologie – Dr. psy. und Dipl. Psy. … die Verpflichtung gegenüber der Bibel und die Integration der psychologischen Theorie mit dem christlichen Glauben …«

 

Der große Einfluss Norman Vincent Peales

Es war Norman Vincent Peale, ein Freimaurer des 33. Grades, der die Jungfrauengeburt Christi »irgendeine theologische Idee« nannte und der der Integration von Theologie und Psychologie den Weg bahnte, die dann zur »christlichen« Psychologie wurde. Im Jahr 1937 »gründete Peale eine Klinik mit einer einzigen Psychiaterin in seiner Gemeinde, [die] auf mehr als nur einige Doktoren und Pastoren anwuchs«. Das wurde zur Inspiration für Tausende ähnlicher Kliniken heute.

Peales Hauptjünger Robert Schuller wurde zu einem bedeutenden Faktor dafür, dieser Sache und vielen anderen zerstörerischen Überzeugungen Peales unter den Evangelikalen Anerkennung zu verschaffen. In seinem Bericht auf dem Weltkongress für Psychiatrie im Jahr 1967 in Madrid vermittelte Schuller den Eindruck, Psychologie und Psychiatrie würden mit dem Christentum auf einer Linie liegen und er verbreitete diesen Irrglauben weiter in seinen vielen Büchern und in beliebten Fernsehpredigten. In seiner Sendung »Hour of Power« (»Stunde der Kraft«) vom 5. Oktober 1997 nahm Robert Schuller den Internationalen Viktor-Frankl-Logotherapiepreis entgegen. In der Logotherapie wird der Patient aufgefordert, eine existenzielle Bedeutung in seinem Leben auf der Erde zu erkennen (ohne jeden Bezug auf Himmel oder Hölle). Sie beinhaltet »spirituelle« Werte ohne jeden »religiösen Unterton« und gründet sich auf »das Gute, das Wahre und das Schöne« – aber nicht auf Gott.

Die Logotherapie ist humanistischen Ursprungs und antichristlich. Trotzdem sagte Schuller bei der Annahme des Preises, dass es »die größte Ehre« für ihn sei und »Viktor Frankl nach Jesus Christus sein zweitgrößter Lehrer war«.

Heute folgen die meisten evangelikalen Gemeinden dem Beispiel Peales, und Schullers »Hour of Power« erfreut sich unter allen Fernseh-Evangelisten jeden Sonntagmorgen der höchsten Einschaltquoten. Die Tatsache, dass Billy Graham sowohl Peale als auch Schuller seine uneingeschränkte Billigung erteilte, trug zweifellos zu ihrem wachsenden Einfluss bei. Auf die wenigen Gemeindeleiter, die dieser okkulten Invasion nach wie vor Widerstand leisten, blickt man von oben herab, als lebten sie hinterm Mond. In ihrem Buch The Integration of Psychology and Theology (»Die Integration von Psychologie und Theologie«) schreiben die christlichen Psychologen John D. Carter und Bruce Narramore:

»Der typische konservative Pastor steht 20 bis 30 Jahre hinter seinen liberalen Kollegen zurück, was das Wissen um den Beitrag anbelangt, den die Psychologie zum Verständnis der Persönlichkeit geleistet hat.«

Peale war schlimmer als liberal. Er gab offen zu, dass viele seiner Gedanken von zwei führenden Okkultisten stammten, vom Gründer der »Religious Science« Ernest Holmes und dem Mitbegründer der Unity-Sekte Charles Fillmore. Zwei Pastoren (einer von ihnen war ein früherer Schützling Peales) haben jüngst eine weitere okkulte Quelle von einigen Lehren Peales aufgedeckt: Florence Scovel Shinn. Nachdem sie Shinns Bücher mit Peales verglichen hatten, stellten sie fest, dass Peales Schriften massenhaft spezielle Fälle zitieren, in denen Peale und Shinn nicht nur übereinstimmen, sondern auch ähnliche oder identische Formulierungen benutzen … Shinn, die 1940 starb, bediente sich mystischer Quellen, die auf den antiken ägyptischen Philosophen Hermes Trismegistus zurückgehen sowie auf die Geheimnisse der Freimaurer, wie sie im Kybalion dargestellt sind. Peale schreibt, dass er die Lehren von Shinn »seit langem benutzt hat«.

 

Der unmögliche Beruf

Der christliche Psychologe James Dobson schreibt: »Die christliche Psychologie ist für einen jungen Gläubigen ein achtbares Berufsfeld, vorausgesetzt, sein Glaube ist stark genug, um den humanistischen Konzepten zu widerstehen, denen er ausgesetzt sein wird.« Warum muss man sich humanistischen Konzepten aussetzen, um christliche Psychologie zu erlernen? Psychologie wurde von Humanisten erfunden und kann nicht vom Humanismus getrennt werden, auf den sie sich gründet.

In einem Interview in einer US-Radiosendung stimmte Dobson mit dem führenden christlichen Psychologen Gary Collins überein, dass Psychologie auf den gleichen fünf Prinzipien basiert wie Humanismus. Anschließend sagten beide, dass Psychologie (Humanismus) natürlich in den christlichen Glauben integrierbar sei. – Man muss fragen, wozu eine solch gottlose Partnerschaft gut sein soll!

In einem seiner Bücher schreibt Gary Collins: »Es ist noch zu früh für eine sichere Antwort, ob Psychologie und christlicher Glaube miteinander integrierbar sind.« Da seinem eigenen Eingeständnis zufolge diese Integration noch nicht stattgefunden hat, war der Begriff christliche Psychologie von Anfang an eine falsche Darstellung, die der Christenheit aufgezwängt wurde! Leider wächst der Einfluss der »christlichen Psychologie« weiter. Ein Reporter machte bei einem Besuch in einem christlichen Buchladen folgende Feststellung:

»In der Rubrik »Leben als Christ« herrschten einst Bücher mit den Themen Gebet und Bibelstudium vor. Heute kann man Ratgeber für Themen finden wie »Das Überwinden von Abhängigkeiten«, »Wie man seine Sorgen los wird«, »Stressbewältigung« und »Leben ohne Schuldgefühl«.

Wieder fragen wir: Warum versucht man Theologie und Humanismus zu verheiraten? Kann die Weisheit der Welt den christlichen Glauben bereichern? Ist der christliche Glaube fehlerhaft? Und ist die Psychologie, die von antichristlichen Köpfen erfunden wurde, das, was dem Christentum fehlt? Ist die Christenheit 1900 Jahre lang zu kurz gekommen? Die ganze Idee der christlichen Psychologie ist sowohl unlogisch als auch unbiblisch.

Ja, Christen können und haben auf manchen Gebieten einen Nutzen von der Weisheit dieser Welt – Physik, Chemie, Medizin und andere säkulare Bereiche sind Beispiele dafür – weshalb nicht auch von der Psychologie? Hierfür gibt es eine ganze Anzahl von Gründen. Allem voran wäre es lächerlich, von christlicher Physik oder christlicher Chemie zu sprechen, da diese Sparten nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben. Aber die Psychologie beansprucht – anderes als andere Disziplinen –, sich gerade mit den Themen zu befassen, von denen die Bibel handelt: die Seele und die spirituelle Seite des Menschen. Dieser Anspruch ist nur rechtmäßig, wenn die Bibel nicht hinreichend ist.

 

Wo sollten wir Hilfe für unsere Seele suchen?

Aber benötigen wir nicht alle Seelsorge? Allerdings. Die Frage ist: Welche Art von Seelsorge und von wem? Würde jemand den Ratschlag eines Automechanikers einholen, wenn er Herzbeschwerden hat? Oder sich bei einem Mann, der wiederholt bankrott gegangen ist, über Geldanlagen informieren? Oder sich den Weg in den Himmel von einem Menschen zeigen lassen, der ihn selbst nicht kennt und eigentlich damit rechnet, in der Hölle zu enden? Man sollte Rat und Hilfe doch beim höchstqualifizierten Experten zum jeweiligen Sachgebiet suchen.

Der Mensch hat sich weder selbst erschaffen, noch kann er sich selbst begreifen. Er weiß nicht einmal, was Leben ist. Wie kann er dann die inneren Vorgänge in seiner Seele und seinem Geist, seinem Verstand und seinen Gefühlen verstehen? Die Psychologie ist die Lehre von der Seele (Psyche). Doch Jung gestand, dass »niemand weiß, was die ›Psyche‹ ist«. Nur ein Narr würde dann Jungs psychologische Theorien übernehmen – und dennoch werden sie von Hunderten (wenn nicht gar Tausenden) christlichen Psychologen befolgt.

Psychologie ist der vergebliche Versuch des Menschen, sich selbst zu verstehen und sein Verhalten entsprechend zu regulieren. Die christliche Psychologie hat die Weisheit der Welt, die aus Gottes Sicht Torheit ist (1Kor 1,20), in die Christenheit eingeführt. Sie wird als Ergänzung zur Bibel angeboten.

Benötigt die Bibel eine solche Unterstützung und würde die Gemeinschaft mit dem Humanismus die biblische Theologie aufbessern? Wenn das stimmt, dann haben wir eine unzureichende Bibel. Natürlich ist die Bibel auf Gebieten wie der Raumfahrttechnik, bei Reparaturen von Maschinen, Nierentransplantationen und anderen Dingen unangemessen. Die Bibel wurde nicht zu diesen Zwecken geschrieben. Es wäre töricht, sich »nur an die Bibel zu halten«, wenn man ein hohes Bürogebäude errichten will. Aber wenn es um die Dinge geht, die in der Bibel behandelt werden, ist sie die höchste Autorität. Wir brauchen nichts anderes.

Die Bibel ist Gottes Wort und unfehlbar. Deshalb ist es äußerst sinnvoll, sich bei den Themen, in denen sie uns belehrt, »ausschließlich an die Bibel zu halten«. Die Bibel hat mit den Dingen zu tun, die »zum Leben und zur Gottseligkeit« gehören und sie sagt, dass sie uns alles, was wir dafür benötigen, in Christus gegeben hat (2Petr 1,3-4). Das Geheimnis des christlichen Lebens ist: »Christus in euch« (Kol 1,27). Zweifellos benötigt Christus, der »euer Leben« (Kol 3,4) ist, keine Psychotherapie. Wir müssen ihm nur gehorchen und ihm vertrauen, damit er sein Leben durch uns lebt. Dazu erteilt die Bibel uns die vollständige Unterweisung.

Gott sagt uns: »Trügerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Ich, der HERR, bin es, der das Herz erforscht …« (Jer 17,9-10). Der weise Mensch spricht wie David:

»Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg!« (Ps. 139, 23-24)

Was könnte besser sein, als dass Gott unser Leben und unsere Motive erforscht und uns leitet? Einer der Namen unseres Herrn Jesus Christus ist »Ratgeber« – »Seelsorger« (Jes 9,6). Können wir uns einen besseren Ratgeber wünschen als den, der uns durch sein Wort und durch seinen Heiligen Geist berät? Was für eine Beleidigung muss es für unseren himmlischen Ratgeber sein, wenn wir woanders nach zusätzlicher Hilfe suchen!

Die christliche Psychologie erhebt den Anspruch, ergänzende Sachkenntnis zu bieten, an welcher es der Bibel mangelt. Dieser Anspruch widerspricht den klaren Aussagen der Bibel. Die wahren Christen widerstanden der römischen Arena und der Inquisition ohne eine christliche Psychologie. Durch das Blut ihrer Märtyrer prägten sie den Siegesstempel eines christlichen Lebens auf die Seiten der Geschichtsschreibung, lange bevor Freud und seine »christlichen« Nachfolger die Weltbühne betraten.

 

Reicht die Bibel aus?

Die Bibel beansprucht, allen unseren geistlichen, emotionalen und praktischen Bedürfnissen zu genügen. Gott lügt nicht (4Mo 23,19). Waren die von Gott inspirierten Autoren der Bibel durch ihr eigenes Wissen begrenzt und ermangelten deshalb eines tieferen Verständnisses des Menschen, was später durch Freud, Jung, Maslow usw. ausgeglichen wurde? Blasphemie!

Psychotherapie besteht aus Hunderten widersprüchlicher und unbewiesener Theorien, deshalb braucht sich niemand zu sorgen, sich womöglich ihre vorgetäuschte Weisheit entgehen zu lassen. Die Tatsache, dass die Zeiten und Kulturen, in denen die Bibel geschrieben wurde, nicht den geringsten Einfluss auf sie hatten, ist darüber hinaus einer der größten Beweise dafür, dass die Bibel Gottes Wort ist. Die Bibel ist nicht durch die Weisheit oder das Wissen derer begrenzt, die sie unter Inspiration schrieben, sondern sie ist das Wort Gottes und somit vollkommen.

Paulus sagt, dass der Mensch Gottes allein durch die Schrift »vollkommen [reif, vollständig] sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt« (2.Tim. 3,17. Ein Mensch, der Gottes Maßstäben entsprechen und völlig nach dem Willen Gottes leben möchte, findet jeden nötigen Rat in der Bibel. Die christliche Psychologie sagt im Endeffekt, dass Paulus falsch lag und die Bibel unzureichend sei. Der klinische Psychologe Bernie Zil¬bergeld schreibt:

»Deren Vorfahren einst Trost in Gottes Wort suchten und am Altar Christi bzw. Jahwes anbeteten, beten nun die Theorien von Freud, Jung, Carl Rogers und einer Schar ähnlicher Autoritäten an und suchen Trost an deren Altären.«

Eine simple Logik allein macht uns klar: Wenn christliche Psychologie irgendetwas von Wert zu bieten hat, ist der biblische Anspruch der Hinlänglichkeit falsch, dann irrte die Christenheit mit ihrem alleinigen Ver¬trauen auf die Bibel und hat es somit in den letzten 1900 Jahren versäumt, die geistlichen und emotionalen Bedürfnisse der Christen zu stillen. Die christliche Psychologie behauptet, dass es der Bibel an Einsicht fehlt, die in jüngerer Zeit durch atheistische Humanisten uns zur Hilfe erbracht wurde.

Die Bibel wurde zu Recht als »Gebrauchsanweisung des Herstellers« bezeichnet. Gott, unser Schöpfer (Ps 95,6; Spr 22,2; Jes 17,7; 45,12; 51,13; Hebr 11,10 u.a.), beabsichtigte für seine Geschöpfe, dass sie diese »Ge¬brauchsanweisung« kontinuierlich im Vertrauen zu Rate ziehen und mit Folgsamkeit darauf reagieren. Mit Sicherheit enthält die Bedienungsan¬leitung unseres Schöpfers jede Anweisung, die notwendig ist für ein hei¬liges (3Mo 11,44.45; 19,2; 1Thes 2,10; 1Petr 1,16), glückliches (Hi 5,17; Ps 128,1; 144,15; 146,5; Spr 3,13.18; 14,21; 16,20; 28,14; 29,18; Joh 13,17; 1Petr 3,14; 4,14) und fruchtbringendes (1Mo 1,28; Joh 15,4.8; Kol 1,10) Leben Seiner Geschöpfe. Mit ebensolcher Sicherheit hat Gott kein einzi¬ges mögliches Problem oder irgendeine Störung übersehen, mit denen wir konfrontiert werden können, noch hat er versäumt, vollständige Anweisungen und ein geeignetes Heilmittel bereitzustellen.

Angenommen, die Nachkommen Adams sind zornig, frustriert, ängstlich, besorgt, unsicher oder einsam. Angenommen, sie kommen sich falsch behandelt vor, missbraucht oder unnütz und sehen nicht den Sinn und Zweck ihres Lebens. Um Rat und Hilfe zu bekommen, sollten sie sich an ihren Schöpfer wenden, der sie zu seinem eigenen Zweck geschaffen hat und sie bis ins Detail kennt. Sie sollten Rat im Handbuch des Herstellers suchen, in dem der Schöpfer ihnen Anweisungen zu vollkommenen Vorgehensweisen bietet. Sie sollten sich zu Christus wenden, der von der Strafe und Macht der Sünde errettet, der in dem Gläubigen wohnt und ihn stärkt. So wendeten sich die Heiligen und Märtyrer der Kirchengeschichte an ihn und hatten in ihm stets volles Genüge. Wie David sagte: »An dem Tag, da ich mich fürchte – ich, ich vertraue auf dich« (Ps 56,4). Was brauchen wir mehr? Wenn außerdem wahre Christen von der Liebe Jesu erfüllt sind, werden sie sich – wie der barmherzige Samariter (Lk 10,33-35) – der Verletzten und Verwundeten voller Mitgefühl und Aufopferung an¬nehmen. In seiner Vorsehung stellt Gott Gläubige mit Hirtenherzen be¬reit, die die Kranken pflegen und die Schwachen stärken (Apg 20,28.35; 1Thes 5,14 u.a.).

 

Was haben Christen vor Aufkommen der Psychologie getan?

Bis vor nicht allzu langer Zeit schauten die Christen zur Erfüllung ihrer geistlichen und emotionalen Bedürfnisse allein auf Gott – und trugen einen glorreichen Sieg davon! Lesen Sie noch einmal Hebräer 11. Achten Sie auf die Leiden und den Triumph. Keiner dieser Glaubenshelden hatte Zugang zu (oder fühlte das geringste Bedürfnis nach) Steve Arterburns Kliniken »New Life« oder zu irgendeinem anderen Programm christlicher Psychologie.

Der leidende Hiob hielt ohne Therapie des »RaphaCare-Programms« oder eines der 17.000 Mitglieder der Amerikanischen Gesellschaft der Christlichen Seelsorger durch. Wenn Hiob eine solche psychologische Betreuung nicht benötigte, dann brauchen diejenigen, die heute wesentlich geringeres Leid tragen, diese neu erfundene Hilfe sicherlich ebenso wenig! Von Hiob lernen wir, dass Erprobungen zu unserem Besten ertragen werden müssen, um uns zu formen und zur Reife zu bringen; und dass Gott selbst mit uns ist und dies alles ist, was wir zum Durchhalten brauchen.

Oder denken wir an Josef. Er wurde von seinen Eltern missverstanden und kritisiert und von seinen Brüdern, die ihn töten wollten, gehasst und schließlich nach Ägypten verkauft. Dort stand er unter falscher Anklage und wurde zu Unrecht inhaftiert, um als Verbrecher zu verschmachten. Wie konnte er emotional überleben, da er ohne Hilfe christlicher Psychologie oder Seelentherapeuten auskommen musste, die heute von so vie¬len als unverzichtbar angesehen werden? Eine törichte Frage!

Bedenken wir, was Paulus durchstand: »In Mühen umso mehr, in Ge¬fängnissen umso mehr, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahren oft. Von den Juden habe ich fünfmal vierzig Schläge weniger einen bekommen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten; einen Tag und eine Nacht habe ich in Seenot zugebracht; oft auf Reisen, in Gefahren von Flüssen, in Gefahren von Räubern, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Nationen, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Mühe und Beschwerde, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße, außer dem Übrigen noch das, was täglich auf mich eindringt: die Sorge um alle Gemeinden« (2.Kor. 11,23-28).

Paulus bezeugt: »Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat« (Röm 8,37). Trotz der schweren Leiden und Widrigkeiten, die er ertrug, konnte Paulus frohlocken: »Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus …« (2.Kor. 2,14). Er konnte aus dem Gefängnis schreiben, um andere zu ermutigen: »Mein Gott aber wird alles, wessen ihr bedürft, erfüllen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus« (Phil. 4,19).

Tragischerweise wird die Bibel von vielen Christen nicht befolgt. Charismatiker suchen meist nach Erfahrungen anstatt nach der gesunden biblischen Lehre. Evangelikale suchen den oberflächlichen Ausweg mittels Therapie, um den Schwierigkeiten zu entkommen, die sie formen und stärken sollen (1.Petr. 1,7). Die Psychotherapie wird der biblischen Seelsorge, die Demut und Reue bewirkt, vorgezogen. Die Bobgans stellen heraus:

Bevor die psychologische Irrlehre sich in der Gemeinde einnistete, lehrten die Prediger die Leute, dass Gottes Gnade in Notzeiten und Versuchungen kraftvoll und hinlänglich ist. Aber heute scheinen viele an¬zunehmen, dass die Menschen »verletzt« sind und folglich eine besondere Art von psychologischer Weisheit und Hilfe benötigen.

Sie bieten eine geistlose Lösung der neuesten psychologischen Trends an, die die Herde garantiert schwächen, anstatt vielmehr die Kraft des Evangeliums zur Errettung und Heiligung zu predigen.

Wir leben in einer »Ja, aber«-Generation. Ist die Bibel nicht Gottes unfehlbares Wort? Ja, aber … bei mir funktioniert es nicht. Haben wir nicht den Heiligen Geist? Ja, aber … Ist Christus nicht gekommen, um in unse¬ren Herzen zu wohnen und wird Er uns nicht leiten und kräftigen? Ja, aber … War es bei den leidenden und gequälten Christen der ersten 19 Jahrhunderte der Kirche nicht so, dass das Wort Gottes, der Trost und die Führung des Heiligen Geistes und der in uns wohnende Christus nicht ausreichte? Ja, aber … die Welt heute ist komplizierter und wir brauchen zusätzliche Hilfe. Die Helden und Heldinnen des Glaubens, die in Hebrä¬er 11 Erwähnung finden, triumphierten inmitten heftigster Verfolgung ohne Psychologie. Ja, aber … du verstehst meine Situation nicht … meine Kinder, mein Ehemann, meine Ehefrau, mein Vorgesetzter … meine Kind¬heit, meine Einsamkeit …

 

Okkultismus und Selbst-Sucht

Wenn wir den Blick nach innen richten, dann sehen wir, dass Freuds und Jungs Wahn des Unbewussten eine Vielfalt von Selbstismus hervorbrach¬te, der nicht nur die Welt, sondern auch die Christenheit ergriffen hat: Selbstliebe, Selbstannahme, Selbstbestätigung, Selbstwert, Selbstvertrau¬en, Selbstachtung. Die Selbst-Sucht gehört zum Kern des Okkulten. Das Ich ist das Heiligtum des menschlichen Potenzials. Es ist das Ich und der Hochmut, die nach übersinnlicher Kraft suchen. Jesus sagte, dass ein Christ sich selbst verleugnen muss (Mk 8,34) und Paulus verurteilte jegli¬ches Vertrauen in sich selbst (Phil 3,3-7). Im Gegensatz dazu erhebt Ro¬bert Schuller das Ich:

»Die Selbstliebe ist ein krönendes Gefühl des Selbstwertes, ein erhe¬bendes Gefühl von Selbstachtung … ein unvergänglicher Glaube an sich selbst. Sie ist die ehrliche Überzeugung von sich selbst.  Sie entsteht durch Selbstentdeckung, Selbstdisziplin, Selbstverge¬bung und Selbstannahme und sie bringt Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und eine innere Sicherheit hervor, die ruhig wie die Nacht ist.«

Vor 40 Jahren noch wurde Egozentrik als ein hässlicher menschlicher Ma¬kel angesehen. Heute ist das Ich das Zentrum der meisten Psychotherapien – der Gott, vor dessen Altar man sich beugt, um Gunst zu erbitten. Der Gründer von Rapha, Robert McGee, legt nahe, dass Jesu Aussage »die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,32), »die Anwendung der Wahrheit in Bezug auf … unser Selbstwertgefühl« mit einschließt. Er schreibt:

»Das Gefühl, etwas zu bedeuten, ist für die emotionale, geistige und soziale Stabilität des Menschen entscheidend, ob wir es nun »Selbst¬achtung« oder »Selbstwert« nennen. Es ist das antreibende Element im menschlichen Geist.«

Welch eine Schuld ist das Selbst der Psychologie schuldig! Anstatt es zu verleugnen, wird das Ich nun geliebt, geachtet und gefördert. Radio, Fern¬sehen, Bücher, Magazine, Predigten und Seminare erzählen uns immer wieder, dass die Entwicklung von Selbstliebe, Selbstachtung, Selbstwert und eines positiven Selbstbilds das ist, was die Christenheit am allernö¬tigsten habe. James Dobson schreibt:

»In gewisser Hinsicht hängt die Gesundheit einer ganzen Gesellschaft wirklich davon ab, wie leicht die Einzelnen ihre persönliche Annahme erreichen können. Wenn also die Schlüssel zur Selbstachtung für einen Großteil der Bevölkerung außer Reichweite sind, wie im Amerika der 20er Jahre, dann werden mit Sicherheit weit verbreitete »psychische Krankhei¬ten«, Neurosen, Hass, Alkoholismus, Drogenmissbrauch, Gewalt und soziale Störungen auftreten …«.

Im Garten Eden war es, wo das Ich einst seine schreckliche Geburt erleb¬te, weil auf Satan gehört wurde. Das Selbst wurde geboren durch den Wunsch, so zu sein wie Gott. Und die Vermarktung des Selbst innerhalb der Christenheit ist ein Teil der okkulten Invasion.

 

Ein offener Widerspruch zur Schrift

Eine Welle des Selbstwert-Wahns hat die Christenheit überschwemmt. Jerry Falwells Liberty-Universität fördert Selbstwertgefühl. Robert Schuller bezeichnet das Selbstwertgefühl als »das einzig wichtige Bedürfnis, dem sich die Menschheit heute gegenüber sieht«. Schuller bezeichnet diese Psycho-Lüge als Basis für eine »neue Reformation« und schreibt:

»Wie die Reformation des 16. Jahrhunderts unseren Blick wieder auf die Heilige Schrift als einzig unfehlbare Richtschnur für Glauben und Leben lenkte, richtet die neue Reformation unser Augenmerk wieder auf das heilige Recht jedes Einzelnen auf ein Selbstwertgefühl.«

Solch eine zerstörerische Torheit bringt die Psychologie mit sich, die zu¬dem der Bibel widerspricht. Wir werden dazu ermahnt »… dass in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst« (Phil 2,3). Römer 12,3 warnt uns, »nicht höher von sich zu denken, als zu denken sich ge¬bührt«. An keiner Stelle warnt uns die Bibel vor schlechten Gedanken über uns selbst. Der Psychiater Samuel Yochelson und der klinische Psy¬chologe Stanton Samenow haben sechseinhalb Jahre lang Hunderte von Gewohnheitsverbrechern untersucht und konnten nicht einen finden, der keine hohe Meinung von sich selbst hatte – sogar beim Schmieden einer Straftat.

Kein Wunder, dass die Bibel uns häufig daran erinnert, dass wir durch und durch für Gott unbrauchbare Sünder sind. Doch die christliche Psy¬chologie zielt darauf ab, uns aus solchem »Negativismus« heraus zu hel¬fen. Wir sollen immer »positiv« sein.

 

Die Wahrheit über das Ich

Als Christus sagte: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!«, meinte Er nicht (worauf christliche Psychologen aber bestehen), dass wir Therapien oder Seminare benötigen, die uns beibringen, uns selbst zu lieben. Wäre das der Fall, würde Er gesagt haben: »Liebe deinen Nächs¬ten so unzureichend, wie du dich selbst liebst«, was allerdings keinen Sinn ergibt. Christen haben immer geglaubt (bis die Psychologie kam), dass Christus unsere natürliche Besessenheit von uns selbst korrigieren wür¬de. Er sagte: »Gib deinem Nächsten von der Liebe, Aufmerksamkeit und Fürsorge, die du dir selbst zukommen lässt!« Und wir haben diese Er¬mahnung nötig!

Die heutige neue Interpretation wurde der Christenheit durch einen gottlosen Psychologen namens Erich Fromm vermittelt, der »den Glauben an Gott eine kindische Illusion« nannte. Er behauptete, dass Chris¬tus mit der Aussage »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« meinte, dass wir uns selbst lieben lernen müssen, bevor wir unseren Nächsten oder Gott lieben können. Diese falsche Sicht wurde von Robert Schul¬ler durch sein Buch Self-Love, the Dynamic Force of Success (»Selbstliebe, die dynamische Kraft des Erfolgs«) verbreitet. Von dort aus machte sich diese Lüge in der ganzen Christenheit breit. Die neue Männerbewegung Promise-Keepers hat die Lügen der christlichen Psychologie unverhoh¬len weiterverbreitet. Ein Mitteilungsblatt der Promise-Keepers schrieb:

»Viele allein stehende christliche Männer haben den Kampf ausgetra¬gen, Selbstwertgefühl, Selbstachtung und Selbstliebe aufzubauen … Es ist unmöglich, eine gesunde Beziehung zu anderen zu haben, wenn man ein gestörtes Verhältnis zu sich selbst hat. Jesus erkannte das, als er uns herausforderte, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben (Mk 12,31).«

Ja, einige Leute sagen: »Ich hasse mich selbst!« Wie können wir diese Behauptung mit dem Bibelzitat »Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst« (Eph 5,29) vereinbaren? Was dieser Mensch eigentlich hasst, ist vielleicht seine Erscheinung, Kleidung, Arbeit, das Gehalt, die Art und Weise, wie andere Menschen auf ihn niederblicken usw. Aber er hasst nicht sich selbst. Wenn er dies täte, dann wäre er froh, dass er un¬scheinbar ist, schlechte Kleidung und ein geringes Einkommen hat und von anderen geschmäht wird. Da er sich über diese Dinge beklagt, verdeutlicht das nur, dass er sich selbst liebt – genau wie die Bibel sagt.

Es lag gewiss nicht am »negativen Selbstbild«, das Luzifer den Ruin brachte, sondern an einem sehr »positiven«. Vor mehr als 200 Jahren drückte William Law aus, was Christen seit jeher verstanden hatten:

»Selbstliebe, Selbstachtung und Selbstsucht sind das Wesen und das Le¬ben des Hochmuts. Der Teufel, der Vater des Hochmuts, ist bei sol¬chen Leidenschaften niemals fern oder ohne Einfluss auf sie.«

Leider haben die Lügen der Psychologie nicht nur christliche Psycholo¬gen beeinflusst, sondern auch Gemeindeleiter und Autoren. Josh McDowell, der ansonsten viel Gutes geleistet hat (sein Buch Die Bibel im Test hat vielen Segen gebracht), widmete zwei Bücher dem Aufbau von Selbst¬achtung, Selbstbild und Selbstwert: Building Your Self-Image (»Aufbau Ihres Selbstbildes«) und Werden, wie Gott mich meint.

Biblische Beispiele, die die Lüge widerlegen

In Werden wie Gott mich meint führt Josh drei psychologische Grundsätze für eine in sich ausgewogene Persönlichkeit an:

1.) Ein Gefühl der Zugehörigkeit (Annahme durch andere);

2.) ein Gefühl der Ehrenhaftigkeit (Zufriedenheit mit sich selbst) und

3.) ein Gefühl der Kompetenz (Ver¬trauen in sich selbst).  –  In der Tat ist es aber so, dass den meisten Helden und Heldinnen in der Bibel, wenn nicht sogar allen, das mangelte, wovon Josh sagte, dass man es bräuchte.

Zum Beispiel wurde Mose von seinem eigenen Volk abgelehnt und sah sich selbst als wertlos und unfähig an (2. Mose 3,11; 4,10-13). Wenn es je einen Mann mit einem miserablen Selbstbild und geringer Selbsteinschät¬zung gab, dann war es Mose. Aber Gott sagte zu ihm: »Ich werde mit dir sein!«, anstatt ihm eine mehrmonatige christliche Psychotherapie zum Aufbau seines Selbstbildes zu verschreiben. Tatsächlich erwählte Gott Mose, weil er sich selbst nicht hoch einschätzte. Gott wählte den sanftmü¬tigsten Mann auf Erden (4.Mose 12,3), um dem mächtigsten Herrscher gegenüberzutreten und Seine Leute aus dem Griff des Tyrannen zu befrei¬en, damit allein Gott die Ehre bekommen würde.

Schauen wir Paulus an. Von den Juden gehasst und von den meisten Christen allein gelassen (»… stand mir niemand bei, sondern alle verlie¬ßen mich …« – 2Tim 4,16; »… dass alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben …« – 2Tim 1,15), betrachtete er sich als den größten aller Sünder (1Tim 1,15) und als den »allergeringsten von allen Heiligen« (Eph 3,8). Statt das Selbstbild und die Selbstachtung von Paulus aufzubauen, erklärte Christus, dass seine Kraft in Paulus’ Schwachheit vollkommen war (2Kor 12,9). Versuchen Sie die beiden Aussagen von Paulus, »wenn ich schwach bin, dann bin ich stark« (Vers 10) und »ich weiß, dass in mir … nichts Gutes wohnt« (Röm 7,18) mit den drei psycho¬logischen Grundsätzen in Einklang zu bringen!

 

Der Schwarze Peter der Selbstliebe

Die christliche Psychologie hat die Lüge gefördert, Gott würde uns lie¬ben, weil Er etwas Wertvolles in uns sieht, und dass sogar der Tod Christi beweist, welch unendlichen Wert wir für Gott haben. Bruce Narramore jubelt: »Was für eine Grundlage für Selbstachtung …! Welch ein Gefühl von Wert und Bedeutung dies vermittelt! Der Sohn Gottes misst uns sol¬chen Wert bei, dass Er Sein Leben für uns gab.«  –  Wie egozentrisch! Der Preis, den er bezahlte, war so hoch wegen unserer Sünde und den Forde¬rungen seiner Gerechtigkeit. Auch basiert Liebe nicht auf Wert. Spurge¬on drückte es richtig aus:

»Jesus starb nicht für unsere Rechtschaffenheit, sondern für unsere Sün¬den. Er ist nicht gekommen, weil wir es wert waren, dass man uns ret¬tet, sondern weil wir völlig wertlos, ruiniert und verdorben waren.  Er ist nicht auf die Erde gekommen, weil es irgendeinen Grund dafür in uns selbst gab, sondern einzig und allein … aus Gründen, die in den Tiefen Seiner eigenen göttlichen Liebe zu finden sind. Zu gege¬bener Zeit starb Er für jene, die Er als gottlos und hoffnungslos beschreibt.«

Christliche Psychologen haben sich den Schwarzen Peter der Selbstliebe eingehandelt. Selbst die Jugend hat die Nase von der Heuchelei voll. Ein Schüler sagte: »Man fühlt sich schlechter, wenn man für alles gelobt wird. Du fragst dich: Wenn sowieso alles gelobt wird, was ist es dann überhaupt noch wert, getan zu werden?« Ein Reporter der Washington Post schrieb:

 »Kennen Sie jene Selbstwert-Verfechter … die predigen, man solle Kin¬dern immer wieder sagen, wie wunderbar sie sind? Eine ihrer Übun¬gen lautet: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, dass sie vollkommen sind. Schreiben Sie fünf Dinge auf, die Sie zu etwas Be¬sonderem machen, heißt eine weitere.

Stärken Sie die Selbstachtung eines Kindes und Sie werden sehen, wie sich seine Leistung steigert, sagen die Selbstwert-Befürworter. Lehren Sie die Jugend sich selbst zu achten, und sie wird nicht so leicht versucht sein, Drogen zu nehmen und Babys zu bekommen. »Selbst¬achtung kann Leben retten« … [und] Wissenschaftler haben mehr als 200 Messungen und über 10.000 Studien entworfen, um das zu bewei¬sen. Die Ergebnisse konnten es jedoch nicht bestätigen …

Doch neue Stimmen erheben sich und sagen, das Lehren von Selbst¬achtung sei Zeit- und Geldverschwendung, eine gefährliche Ablen¬kung von wirklich wichtigen Aufgaben wie Vermittlung von Wissen, Fertigkeiten und Charakterbildung.«

»Willkommen in Kalifornien, dem Staat der Selbstachtung.« So lautete der Titel eines absurden Berichtes einer kalifornischen Selbstwert-Initiative aus dem Jahr 1990. In diesem Bericht wurde behauptet, dass »der Mangel an Selbstachtung von zentraler Bedeutung für persönliche und soziale Krankheiten ist, die unsere Nation plagen«. Nach etlichen Jahren Forschung scheiterte die kalifornische Initiative jedoch, weil sie keine faktischen Belege für ihre Behauptungen aufzeigen konnte. Die Star Tribune aus Minneapolis belegte, dass es bei Sexualverbrechern, denen vom Staat eine psychologische Behandlung verabreicht wurde (die zum Großteil im Aufbau von Selbstwertgefühl besteht), »wahrscheinlicher ist, dass weitere Sexualdelikte folgen, als bei denen, die diese Behandlung nicht erhielten«.

Der Psychologie-Professor Roy Baumeister, der sich jahr¬zehntelang diesem Thema widmete, sagt: »Die Behauptungen der Selbstwert-Bewegung reichen von Phantasie bis zu purem Unsinn … Es ist alarmierend zu bedenken, was geschehen wird, wenn diese Generation von Schulkindern im Bewusstsein aufwächst, sie seien cle¬verer als der Rest der Welt. Amerika wird ein Land von eingebildeten Narren sein.«

Zahlreiche Studien säkularer Psychologen und Psychiater haben gezeigt: Je mehr Selbstachtung ein Mensch hat, desto wahrscheinlicher ist er un¬moralisch und gewalttätig und neigt dazu, die Rechte anderer zu miss¬achten. Der Selbstwert-Bewegung wird viel Schaden zur Last gelegt. Das Magazin Newsweek kündigte auf der Titelseite ihren Sonderbeitrag in fetter Schlagzeile an: »Der Fluch der Selbstachtung: Was ist falsch an der Fühl-dich-wohl-Bewegung?«

Der Sonderbericht eines Professors und Forschers in Tageszeitungen in den ganzen USA trug den Titel: »Eine Notiz an Kalifornien: Lasst die Selbstachtung los; Selbstbeherrschung ist am allerwichtigsten …« Auf jahrelanger Forschung basierend erklärt der Autor: »Wenn wir Selbstachtung streichen und durch Selbstbeherrschung ersetzen könnten, würden Kinder und die Gesellschaft im Allgemeinen besser dran sein.«

Dennoch hält gerade die irreführende und destruktive Selbstwert-Theorie die christliche Psychologie weiterhin am Leben. Die christlichen Führungspersonen, die den Selbstwert-Irrglauben gefördert haben, müssten sich bei der Christenheit entschuldigen und eifrigst erstreben, den Scha¬den gutzumachen, den sie über die Jahre verursacht haben.

Reuige Sünder werden mit himmlischer Freude erfüllt. Im Gegensatz zu Simon, dem Pharisäer mit hohem Selbstwertgefühl, der aber Jesus weder Wasser noch ein Handtuch anbot, wusch eine sündige Frau Jesu Füße mit ihren Tränen und trocknete sie mit ihren Haaren ab. Jesus be¬nutzte ihr Beispiel, um Simon zu zeigen, dass die Liebe, die im Himmel ewiglich erstrahlen wird, dem Erkennen unserer Unwürdigkeit ent¬springt – einem Erkennen, das Jesu Retterliebe preist (Lk 7,36-50). Je mehr wir unsere Schuld und unser Elend erkennen, desto größer wird unsere Dankbarkeit und Liebe dem Einen gegenüber sein, der sich so tief niederbeugte, um uns zu erretten.

 

Multiple Persönlichkeitsstörungen (MPD) in der Gemeinde

Einer der neuesten Irrglauben der Welt, der in die Christenheit eingedrungen ist, heißt multiple Persönlichkeitsstörung (MPD), eine aktuelle »Entdeckung«. Der christliche Psychologe James G. Friesen, der auf diesem aufstrebenden Gebiet führend ist, schreibt: »MPD tritt viel häufiger auf als erwartet. Die Anzahl der MPD-Therapeuten liegt weit hinter dem Bedarf zurück.«

Friesen sagt uns leichthin, das Geheimnis im Umgang mit MPD (von dem die Bibel nichts sagt) sei die »verblüffende« Notwendigkeit des »Aufdeckens … verborgener Erinnerungen«. Er nimmt an, dass diese angeblichen »Erinnerungen« in »Vergessenheit« geraten und »gewöhnlich unglaublich sind«:

»Es sind schreckliche, schmerzliche und sogar groteske Ereignisse, die niemand entdecken möchte. »Das ist mir nicht passiert!«, ist die übliche Antwort … Freunde und Familienangehörige teilen diese leugnende Haltung ebenfalls. Wir alle würden gerne glauben, dass diese Dinge nicht geschehen sind, aber vielleicht sind sie es.«

»Vielleicht« sind sie geschehen? Für den gesunden Menschenverstand wären Erinnerungen unglaubwürdig, die nicht existierten, bis eine Therapie sie »aufgedeckt« hat. Zumal sie dem Patienten unwirklich erschei¬nen und Ereignisse beinhalten, die die Familie und Freunde beharrlich abstreiten! Friesen fährt fort: »Eine Unterscheidung zwischen [multiplen] Persönlichkeiten und Dämonen ist äußerst wichtig.« Man fragt sich, wes¬halb Jesus (ebenso wie Paulus) dieses Verfahren bei der Austreibung von vielen Dämonen niemals anwandte.

Friesen besteht darauf, dass Dämonen »nicht ausgetrieben werden können, bis diese verborgenen Erinnerungen aufgedeckt sind«. Doch Jesus hat sich nie dem Aufdecken von Erinnerungen gewidmet, ebenso wenig tat Paulus dies bei der Austreibung von Dämonen. Friesen fügt hinzu, dass Exorzismus »von Personen ausgeführt werden muss, die so¬wohl Erfahrung auf christlichem wie auf psychologischem Gebiet haben«. Doch Christus und Seine Apostel waren bei der Dämonenaustreibung sehr erfolgreich, und das 1900 Jahre bevor die Psychologie in die Chris¬tenheit einfiel! Wenn die christliche Psychologie wahr ist, ist die Bibel falsch!

Einige christliche Psychologen bemühen sich, jede einzelne Persönlichkeit des »multiplen« Menschen für Christus zu gewinnen. Friesen schlägt vor, dass der Therapeut »dem Patienten beibringt, sein Leben aus den starken [multiplen] Ichs zu leben, um die Arbeit mit den verletzten Ichs für die Therapie aufzusparen … Bringen Sie jedes Ich dazu, für das gemeinsame Wohl zu arbeiten … wobei die erwachsenen Ichs die meiste Zeit in der Verantwortung stehen und die kindlichen Ichs in Sicherheit vor dem Stress eines Erwachsenenlebens bewahrt werden.« Das klingt eher wie die Leitung einer Anstalt durch ihre Insassen als wie ein Heilverfahren! Man fragt sich, warum diese lebenswichtigen Anweisungen im »Handbuch des Herstellers« fehlen und weshalb Paulus sagte: »… wie ich nichts zurückgehalten habe von dem, was nützlich ist … denn ich habe nicht zurückgehalten, euch den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündi¬gen« (Apg 20,20.27), wenn er die erforderliche Hilfe für MPDs ausgelassen hat! Entweder lag Paulus falsch oder die christliche Psychologie ist ein Schwindel.

 

Eine Vielfalt des Okkultismus

Wir haben uns in einem der vorigen Kapitel ein wenig mit Hypnose be¬fasst. Seit Jahrtausenden gehört sie zum Handwerkszeug der Medizin¬männer. Michael Harner führt sie als Hauptelement des Schamanismus an, das in der westlichen Gesellschaft wieder auflebte. Erstaunlicherwei¬se benutzen Hunderte christlicher Psychologen Hypnose.

Eine gleichermaßen tödliche Form des Schamanismus ist Visualisie¬rung, nunmehr Teil der okkulten Invasion durch die »christliche« Psy¬chologie. Tatsächlich ist Visualisierung als die wirksamste Okkulttechnik bekannt und wird von den meisten Schamanen als Methode zur Kontakt¬aufnahme mit Geistführern benutzt. Will Baron lernte es in der New-Age-Sekte, der er angehörte:

»Wir haben uns schließlich vorgestellt, wir säßen unter einem Baum in einem Garten, der als der Garten der Seele bezeichnet wurde. Diese Techniken dienten dazu, Geist, Körper und Gefühle ins Gleichgewicht zu bringen und uns dem höheren Ich zu öffnen, um in Kommunikati¬on mit den Meistern zu treten.

Nach ungefähr fünf Minuten stiller Meditation sprach Muriel wie¬der. Wir bitten um die Gegenwart und die Energie unseres geliebten Meisters Djwhal Khul … Gebraucht nicht euren Verstand … Hört auf die Stimme Gottes.  Nach einer Zeit des Schweigens sprach Muriel wieder: Wir wer¬den der Reihe nach um den Lichtkreis herumgehen und Meister Jesus channeln.«

Zu Wills Verwunderung erhielten die Mitglieder der Gruppe Übermitt¬lungen von »Jesus«. Natürlich war es nicht der Jesus der Bibel. Ein Geist¬wesen gab sich als Jesus aus und erschien jenen, die ihn visualisierten, ob sie nun Christen oder New-Age-Anhänger waren.

In der Visualisierung konvergieren fernöstlicher Mystizismus und Scha¬manismus im Zentrum der okkulten Welt. Das ist der Kern allen Mysti¬zismus, ob er nun von Yogis oder von römisch-katholischen »Heiligen« praktiziert wird. Es ist das Herzstück der spirituellen Übungen des Igna¬tius von Loyola, dem Gründer der Jesuiten. Trotzdem wird sie von Hun¬derten christlicher Psychologen und sogar führenden Evangelikalen an¬gewendet. Wir haben das bereits an früherer Stelle angesprochen und werden uns im nächsten Kapitel tiefer damit befassen.

Richard Foster befürwortet die Visualisierung von »Jesus« ebenso wie David Seamands, H. Norman Wright und andere christliche Psycholo¬gen. Christen täuschen sich zutiefst, wenn sie sich einbilden, Christus würde seinen Platz zur Rechten des Vaters verlassen und ihnen erschei¬nen, wenn sie ihn visualisieren. Anstatt die okkulten Praktiken innerhalb der christlichen Psychologie einzugestehen und seine Leser davor zu war¬nen, äußert Gary Collins diese Befürchtungen:

»Viele, die den Eingang okkulter Praktiken in die Psychologie fürch¬ten, ziehen unzulässige und unlogische Schlüsse aus der gegenwärti¬gen Seelsorgepraxis. In ihrem meist aufrichtigen Wunsch, die Seelsor¬ge von okkulten Einflüssen zu säubern, verdammten einige Autoren die Visualisierung, das Selbstgespräch, das Heilen von Erinnerungen und andere häufig gebrauchte therapeutische Methoden.«

Weiter sagt er: »Visualisierung, Imagination und Fantasiereisen sind ver¬wandte Begriffe. Sie beschreiben den Gebrauch mentaler Bilder, die zu gesteigertem Verständnis, Entspannung oder Selbstvertrauen führen.«

 Selbstvertrauen steht im Widerspruch zur Bibel, wird von Collins aber als wünschenswert angesehen. Er stimmt zwar zu, dass »einige Seelsorger Visualisierung und Fantasiereisen missbrauchen«, erklärt aber an keiner Stelle, was daran falsch sein könnte, noch warnt er vor dem okkulten Gebrauch der Visualisierung.

 

Das Aufdecken »unterdrückter« Erinnerungen

Buchstäblich Tausende von Familien – darunter viele christliche Famili¬en – werden von einer Plage falscher Erinnerungen an angeblichen sexu¬ellen Missbrauch zerstört. Diese Erinnerungen werden »in der Therapie aufgedeckt«. Ich erhielt einen Anruf von einem beunruhigten Gemein¬deleiter, der mit den Worten begann: »Ich brauche Ihren Rat. Eine junge Frau in unserer Gemeinde ist zu einem angesehenen christlichen Psycho¬logen gegangen und entdeckte, dass ihr Vater sie vom zweiten bis zum fünften Lebensjahr sexuell missbraucht hat und sie sogar an satanischen Ritualen beteiligte! Und er ist Vorsitzender unseres Ältestenrats! Was sollen wir tun?«

Auf die Frage, wie dieser »Missbrauch« entdeckt wurde, erwiderte der Pastor: »Der Psychologe versetzte sie in ihre Kindheit zurück und die Erinnerungen tauchten auf. Natürlich streitet der Vater die Anschuldi¬gung ab und die Mutter schwört, dass so etwas niemals geschehen sei. Die Geschwister, von denen einige älter und andere jünger sind, sagen auch, das könnte auf keinen Fall geschehen sein. Aber diese ›Erinnerun¬gen‹ sind so real; sie sagt, dass wir etwas tun müssen.«

Derartige Fälle, die früher selten waren, greifen nun um sich, da im¬mer mehr Psychologen und Psychiater ihre Patienten auf der Suche nach Missbrauch in die Vergangenheit zurückversetzen. Einige Therapeuten sind überzeugt, dass es kaum Menschen gibt, die nicht sexuell missbraucht wurden.«  –  Das ist eindeutig ab¬surd. Doch auf Grundlage dieser falschen Erinnerungen, vielfach durch christliche Psychologen aufgedeckt, werden Familien zerstört und Leben ruiniert.

Die zu Unrecht Beschuldigten, von denen einige verhaftet wurden, fangen an sich zu wehren und verklagen die beteiligten Therapeuten. Die Gerichte hören sich ihre Fälle an, wägen die Beweise ab und verhängen hohe Strafen. Die führende Gedächtnisforscherin Elizabeth Loftus warnt vor der Ungenauigkeit von Erinnerungen im Allgemeinen, ganz zu schwei¬gen von solchen, die unter Therapie »aufgedeckt« wurden. Sie berichtet beispielsweise von einer Frau, die das Opfer einer Vergewaltigung wurde und hysterisch reagierte, wenn sie den Mann sah, den sie als ihren Peini¬ger identifizierte. Er wurde aufgrund ihrer Aussage verurteilt – später bekannte jedoch ein anderer Mann die Gewalttat.

Das Moody-Magazin verbreitete diesen Irrwahn durch die Titelge¬schichte einer jungen Frau, bei der unter Therapie »Erinnerungen« an angeblichen Inzest und satanisch-rituellen Missbrauch (SRA) »aufge¬deckt« wurden. Vorher hatte sie keine solche Erinnerungen; sie tauchten erst in der Therapie auf. Nach zwei weiteren Jahren therapeutischer Behandlung fing die Patientin an, eine multiple Persönlichkeit zu offenba¬ren, die wiederum in der Therapie geschaffen wurde. Der Artikel kam zum Schluss, dass die Therapie noch einige Jahre fortgesetzt werden müsse, um die Patientin zu »heilen« und dass es extrem gefährlich sein würde, solche Personen den normalen christlichen Mitteln wie Gebet, Bibellesen und Gehorsam gegenüber dem Herrn zu überlassen.

Wir unterstellen nicht, dass es keinen sexuellen Missbrauch gäbe; lei¬der kommt er nur allzu häufig vor. Jedoch sind »Erinnerungen«, die un¬ter Hypnotherapie vermeintlich aufgedeckt wurden, nahezu mit Sicher¬heit falsch. »Was wirklich geschah, geschah in der Therapie«, sagt Sherrill Mulhern nach einer umfangreichen Studie. Der Psychiater Richard Gard¬ner, Autor des Buches Sex Abuse Hysteria (»Sexualmissbrauch-Hysterie«), sagt: »Es ist unwahrscheinlich, dass ein Patient sich nicht an ein traumati¬sches Erlebnis wie eine Vergewaltigung … erinnern würde. Gedächtnis¬schwund ist keine Funktionsstörung, die üblicherweise nach traumatischen Belastungen auftaucht. Im Gegenteil: Die betroffene Person ist von dem Erlebnis völlig in Beschlag genommen.«

Fred und Florence Littauers Buch Freeing Your Mind from Memories That Bind (»Befreien Sie Ihr Denken von bindenden Erinnerungen«) legt die These vor, das Aufdecken verborgener Erinnerungen sei der Schlüs¬sel zu emotionalem und geistlichem Wohlergehen. Sie meinen, dass »Er¬innerungslücken« aus der Kindheit auf einen Missbrauch hindeuten.  –  Nach dieser Definition sind wir alle missbraucht worden. Solch eine Theo¬rie widerspricht dem gesunden Menschenverstand und entbehrt jeden wissenschaftlichen und biblischen Beleg.

Warum ist es für eine gesunde Beziehung zu Gott nötig, Erinnerungen eines früher erlittenen Missbrauchs aufzudecken (selbst sofern sie zu¬treffen)? Wo legt die Bibel einen solchen Gedanken nahe? Und wenn die Erinnerung an die Vergangenheit wirklich der Schlüssel ist, dann müss¬ten wir jede Einzelheit aufdecken. Das wäre ein hoffnungsloses Unter¬fangen. Wenn jedoch die Theorie einmal akzeptiert ist, kann man nie¬mals sicher sein, dass nicht irgendwo im Unterbewusstsein noch ein Trau¬ma verborgen ist, ein Trauma, das den Schlüssel zu emotionalem und geistlichem Wohlergehen festhält!

Im Gegensatz dazu vergaß Paulus die Vergangenheit und streckte sich nach vorne zum Kampfpreis aus (Phil 3,13-14), der all jenen verheißen ist, die das Erscheinen Christi lieben (2Tim 4,7-8). Für Christen, die wirk¬lich eine neue Schöpfung in Christus sind, ist die Vergangenheit von ge¬ringer Bedeutung, denn »das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist gewor¬den« (2Kor 5,17). Zwar scheint die Suche nach der Vergangenheit zeit¬weise eine Hilfe zu bieten, um das gegenwärtige Verhalten eines Men¬schen zu »erklären«, doch bringt sie eine Ungewissheit mit sich (»Habe ich alles aufgedeckt?«) und raubt einem die biblische Problemlösung durch Christus. Worauf es ankommt, ist nicht die Vergangenheit, sondern die derzeitige persönliche Beziehung eines Menschen zu Christus.

Ebenso wie viele andere christliche Psychologen, stützen sich die Au¬toren Littauer stark auf die so genannten vier Temperamente. Diese schon lange unglaubwürdige Persönlichkeitstheorie entstammt der antiken grie¬chischen Auffassung, der physische Bereich bestünde aus vier Elemen¬ten: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Empedokles bezog sie auf vier heidni¬sche Gottheiten, während Hippokrates sie seinerzeit mit den vier Körper¬säften verband: Blut (Sanguiniker), Schleim (Phlegmatiker), gelbe Galle (Choleriker) und schwarze Galle (Melancholiker). Diese Merkmale wur¬den darüber hinaus in Zusammenhang mit den Tierkreiszeichen gebracht.

Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für die vier Temperamente. Dennoch erheben viele christliche Psychologen und »Amateurheiler« sie zur Basis einer »Persönlichkeitsbestimmung« und zum Verständnisschlüs¬sel für Verhaltensmuster. Wie die Bobgans in ihrem hervorragenden Buch Four Temperaments, Astrology & Personality Testing (»Vier Temperamte, Astrologie und Persönlichkeitstest«) herausstellen:

»Das Wort Temperament stammt vom lateinischen Wort temperamentum ab, was so viel bedeutet wie »ausgewogene Mischung«. Die zu¬grunde liegende Vorstellung war, dass Heilung eintreten würde, wenn die Körperflüssigkeiten … miteinander im Gleichgewicht stehen … Sogar von den Positionen verschiedener Planeten dachte man, dass sie die Flüssigkeiten zum Besseren oder Schlechteren wenden … Nach dem Mittelalter wurden die vier Temperamente nahezu verworfen … bis ein paar einzelne Seelen … sie in der Sprache des 20. Jahrhunderts vermarkteten … Sie erfreuten sich einer Renaissance … sowohl unter Astrologen wie evangelikalen Christen.«

 

Was ist Wahrheit?

»Alle Wahrheit ist Gottes Wahrheit.« So die hauptsächliche Begründung christlicher Psychologen, wenn Theorien gottloser antichristlicher Den¬ker in die christliche Theologie integriert werden. Sie argumentieren, dass Freud & Co. Anteil an der Wahrheit Gottes hatten und dieser Anteil alles sei, was christliche Psychologen ihnen entleihen. Diese These hat Scharen in die Irre geführt. Die Gültigkeit dieser These hängt von zwei Faktoren ab: 1.) Was ist in der Psychologie wahr? und 2.) Was ist Gottes Wahrheit?

Psychologen können sich untereinander nicht einigen. Es gibt Hun¬derte widersprüchlicher Theorien und viele gegensätzliche Schulen der Psychologie. Da sie nicht wissenschaftlich ist, gibt es keinen objektiven Maßstab, an dem die Wahrheit in der Psychologie gemessen werden kann. Aber selbst wenn die Psychologie wissenschaftlich wäre, so ist doch keine noch so gut anerkannte Wissenschaft die Wahrheit Gottes.

Viele haben die irrige Ansicht, dass jede Tatsache ein Teil von Gottes Wahrheit ist. Daraus lässt sich logischerweise schließen, dass die Bibel nicht die ganze Wahrheit Gottes enthält. Diese Vorstellung widerspricht jedoch dem, was die Bibel über Wahrheit sagt.

Jesus sagte von sich selbst: »Ich bin die Wahrheit.« Er sagte nicht, dass Er eine unter vielen Wahrheiten sei oder ein Teil der Wahrheit, sondern, dass Er die Wahrheit ist. Allein diese Behauptung trennt die Wahrheit Gottes von der Wissenschaft und von den Theorien der Psychologie.

Existiert Gottes Wahrheit außerhalb der Bibel? Jesus zufolge nicht. Er versicherte: »Dein [Gottes] Wort ist Wahrheit.« Nicht ein Teil davon, sondern Wahrheit. Er sagte: »Wenn ihr in meinem Wort bleibt … werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,31-32). Noch einmal: nicht Teil der Wahrheit, sondern die Wahrheit. Die ganze Wahrheit Gottes ist in Seinem Wort und dieses Wort befreit von Sünde.

Kann es nicht sein, dass Freud und andere säkulare Psychologen zufäl¬lig auf einen Teil der Wahrheit aus Gottes Wort gestoßen sind? Gott hat sein Gesetz in das Gewissen jedes Menschen geschrieben (Röm 2,15) und folglich wissen sie in dem Ausmaß etwas von Gottes Wahrheit, wie sie ihr Gewissen beachten. Obwohl Psychologen etwas von Gottes Wahrheit kennen, bleibt die Frage: Welchen Sinn macht es, sich durch den Schmutz und Dreck ihrer falschen Lehren zu graben, wenn die Wahrheit rein, klar und leicht im Wort Gottes zu finden ist?

Jesus verhieß, dass er den Jüngern nach seiner Himmelfahrt einen Trös¬ter senden würde, »den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfan¬gen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt« (Joh 14,17). Das macht Freud und die anderen weltlichen Psychologen unnötig. Und der Heilige Geist »wird … euch in die ganze Wahrheit leiten« (Joh 16,13). Es wird deutlich, dass die Wahrheit Gottes nur in Seinem Wort und durch Seinen Geist Seinen Kindern geoffenbart ist.

Paulus bestätigt diese Tatsache: »So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes« (das schließt alle Unerretteten aus); »ein natürlicher [unerretteter] Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit« (1Kor 2,11.14). Freud und seine Anhänger qualifizieren sich auch an dieser Stelle nicht. Somit können sie uns nur schwerlich etwas von Gottes Wahrheit vermitteln.

 

Die Wahrheit erkennen

Trotz der klaren Worte von Jesus und Paulus versuchen christliche Psy¬chologen und ihre Verfechter weiterhin, die Integration der Psychologie in die christliche Theologie zu rechtfertigen. Bob und Gretchen Passanti¬no versuchten zu beweisen, dass jede sachliche Tatsache ein Teil von Got¬tes Wahrheit ist. Sie sagten: »Da 100 × 100 gleich 10.000 ist, können wir dies als ›Gottes Wahrheit‹ nehmen, weil es sich mit der Realität deckt, einschließlich der Gesetze der Logik.« Ganz im Gegenteil: Diese Rech¬nung erfüllt nicht die biblischen Kriterien für Gottes Wahrheit: Sie macht die Menschen nicht frei; sie ist nicht in Gottes Wort enthalten; sie ist nicht durch den Geist der Wahrheit geoffenbart worden; sie wird auch vom natürlichen Menschen angenommen uvm.

Jesus sagte zu den Juden: »Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht« (Joh 8,45). Die Juden hätten anerkannt, dass 100 × 100 gleich 10.000 ist – doch Christus sagte, sie würden der Wahrheit nicht glauben. Selbstverständlich haben die Passantinos – genau wie die christlichen Psy¬chologen, die sie zu rechtfertigen versuchen – eine falsche Auffassung von Gottes Wahrheit. Die Passantinos schreiben:

»Die Bewegung Biblische Seelsorge (BCM) … hat kein umfassendes Programm [was wirklich durch die Bibel belegt werden kann!] … Hunt und einige andere BCM-Befürworter nehmen 1. [falsche Angabe] Pe¬trus 1,3 aus dem Zusammenhang … Der Vers lautet: »Da seine göttli¬che Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat …« [2Petr 1,3]. Der Vers steht mit der Errettung in Verbindung und bezieht sich nicht auf die Einzelheiten des täglichen menschlichen Lebens.«

Im Gegenteil, Petrus berichtet uns nicht, wie man errettet werden kann, sondern wie wir als Christen leben sollen. Sicherlich beinhaltet die »Gott¬seligkeit« unser Verhalten auf Erden. Der Kontext befasst sich mit diesem Leben. Petrus ermahnt zu Fleiß, Tugend, Erkenntnis, Enthaltsamkeit, Ausharren, Gottseligkeit und Bruderliebe, welche das »tägliche mensch¬liche Leben« auf der Erde kennzeichnen sollen. Die Passantinos behaup¬ten aber, dies sei eben nicht das Thema im Petrusbrief.

Da Gottes ganze Wahrheit in seinem Wort enthalten ist, hat die christ¬liche Psychologie nichts zu bieten und führt in einen gewaltigen Irrtum. Wenn christliche Psychologen im Geschäft bleiben wollen, ist es für sie unbedingt erforderlich, die Christen vom Glauben an die Hinlänglich¬keit der Schrift abzuhalten.

Paulus sagt sehr deutlich, dass seine Verkündigung »nicht Weisheit dieses Zeitalters … sondern … Gottes Weisheit« ist und dass er »nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist« (1Kor 2,5-13) spricht. Im Gegensatz zu Paulus halten die Passantinos (zusammen mit der ganzen Bewegung der christlichen Psychologie) wenigstens einige der »Worte, gelehrt durch menschliche Weisheit«, zur Ergänzung der Wahrheit in Gottes Wort für notwendig. Wir sollten lieber der Zusage Gottes glauben, dass »Liebe, Freude, Frie¬de, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit« wirklich die »Frucht des Geistes« (Gal 5,22-23) ist und nicht im Gerings¬ten die Frucht von Therapie.

Entnommen dem Buch DIE OKKULTE INVASION.

Die Hervorhebungen wurden von mir vorgenommen. Horst Koch, Herborn, im November 2007

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