Homöopathie+Irisdiagnose (S.Pfeifer)
Samuel Pfeifer
Homöopathie – kosmische Energie in Flaschen
Machen Sie einmal eine Umfrage darüber, was eigentlich Homöopathie sei. Sie werden die verschiedensten Antworten erhalten. Zum Beispiel: »Das ist doch die Medizin, in der nichts drin ist! Wenigstens schadet sie nichts« oder: »Die Heilpraktiker im Appenzellerland in der Schweiz arbeiten doch mit dieser Homöopathie. Ist das nicht etwas Okkultes?« So recht weiß jedoch keiner, was unter Homöopathie zu verstehen ist.
Was ist eigentlich Homöopathie?
Die Grunddefinition wurde von Samuel Hahnemann (1755 -1843) aufgestellt: »Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt«, oder wie es einmal anders formuliert wurde: »Die Homöopathie ist die Behandlung, die darin besteht, daß der Kranke ein Medikament bekommt, das im Versuch am Gesunden ähnliche Symptome auslöst, wie sie beim Kranken vorliegen.«
Nehmen wir ein praktisches Beispiel: Ein Patient hat Durchfall. Wir alle wissen, daß Rizinusöl beim Gesunden auch Durchfall erzeugt. Nach dem Grundsatz der Homöopathie muß man dem Patienten also Rizinusöl als Medikament geben.
Bekäme der Arme das Rizinusöl jedoch in normaler Dosis, so würde er wahrscheinlich das WC nicht mehr verlassen können. Deshalb muß das Medikament verdünnt werden. Hier kommen wir zu einem weiteren wichtigen Punkt der Homöopathie: zur Verdünnungslehre.
Oberflächlich betrachtet geht es den Homöopathen darum, mit der kleinsten Arzneimittelmenge auszukommen. Ihre Verdünnungen bezeichnen sie mit dem Buchstaben D für »dezimal«, dahinter steht eine arabische Ziffer, die die Zahl der Nullen hinter der Eins angibt. Eine Verdünnung D 10 ist also ein Verhältnis von 1 Kubikzentimeter auf 10 000 000 000 Kubikzentimeter oder ein Teelöffel auf einen Tank von der Größe eines 100 Meter hohen Kirchturms. Viele Homöopathen arbeiten aber mit noch viel stärkeren Verdünnungen. Hahnemann selbst zog die Verdünnung D 30 vor, eine Verdünnung, bei der man in einer Flasche kein einziges Molekül des Heilmittels mehr finden würde.
Um zu erklären, weshalb das Mittel dennoch wirksam sei, müssen wir nun zu einer dritten wichtigen Grundlage der Homöopathie übergehen, zum Potenzieren, die uns mitten in die Welt der Astrologie, des Buddhismus und des Hinduismus führt.
Wenn ein Homöopath ein Mittel herstellt, so bereitet er zuerst eine Urtinktur zu, zum Beispiel aus feingehackten Brennesseln, deren Saft er mit Alkohol extrahiert. Nun nimmt er einen Teil dieser Urtinktur, verdünnt ihn mit 9 Teilen Lösungsmittel und verschüttelt diese Lösung in einem Glas. Er hat nun eine Verdünnung von einem Zehntel, also von D 1 oder, wie er es ausdrückt, die »Potenz D 1«. Um zu D 2 zu gelangen, nimmt er wieder 1 Teil der D 1 Lösung und verschüttelt sie mit 9 Teilen Lösungsmittel. Das homöopathische Mittel wird also in Zehnerschritten verdünnt, obwohl man im Grunde gleich einen Tropfen Urtinktur auf z. B. 999999 Tropfen Lösungsmittel geben könnte, um die Verdünnung D 6 zu erhalten. Doch Hahnemann war überzeugt, »daß sein Verschüttelungsprozeß mehr bedeutet als bloßes Verdünnen. Durch sein Verschütteln (Potenzieren) wird etwas Dynamisches frei. Was der dunkle Mesmer direkt tut, bewirkt Hahnemann indirekt: auf dem Wege über die lebendige Menschenhand wird er zum Be-Handler der Kranken.
Mit anderen Worten: Hahnemann glaubt, daß beim Verschüttelungsprozeß kosmische »Lebenskraft« in das homöopathische Mittel eingefangen wird. Die Kraft, die beim okkulten Besprechen und Handauflegen direkt auf den Patienten übergeht, wird hier auf das homöopathische Mittel übertragen und indirekt weitergegeben.
Wer war Samuel Hahnemann?
Um eine Lehre besser zu verstehen, ist es oft gut, einen kleinen Blick in das Leben des Gründers zu werfen. Bei Samuel Hahnemann zeigt sich besonders deutlich, daß die berechtigte Auflehnung gegen Mißstände seiner Zeit nicht zu einer Lösung der Menschheitsprobleme führen kann, wenn sie aus antichristlichem Geist geschieht.
Hahnemanns Leben wurde in verschiedenen Biographien ausführlich dargestellt, so daß ich mich an dieser Stelle auf einige wenige Hinweise beschränken möchte. 1755 wurde er als Sohn eines Porzellanmalers in Meißen/Sachsen geboren. Er war ein hochbegabter Schüler, so daß ihm das Medizinstudium in Leipzig, Wien und Erlangen ermöglicht wurde. Verschiedene Versuche, sich eine ärztliche Existenz aufzubauen, scheiterten, und er lebte mit seiner Frau und seinen neun Kindern meist in großer Armut. In seiner ewigen Rastlosigkeit wechselte er mehr als zwanzig Mal seinen Wohnort. Sein Leben verdiente er sich mit dem Übersetzen von Büchern aus dem Englischen, Italienischen und Französischen. Daneben experimentierte er dauernd an der Herstellung neuer Heilmittel herum. Er wurde zunehmend als ein scharfer Kritiker der damaligen Schulmedizin bekannt. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er mit 80 Jahren ein zweites Mal. Er starb 1843 schließlich als wohlhabender Mann in Paris.
Betrachtet man die medizinische Situation im 18. Jahrhundert, so versteht man, daß sich Hahnemann dagegen auflehnte. Der Aderlaß war das Heilmittel gegen alles. So bestand die Therapie gegen Lungenentzündung darin, dem Kranken innerhalb von 14 Tagen 7 Liter Blut abzulassen. Meist wurde die Krankheit durch den Tod des Patienten »geheilt«. Andere verschrieben pfundweise Opium, und wieder andere versuchten, mit Hilfe von täglichem Klistieren die Krankheit aus dem Körper zu vertreiben.
Hahnemann erkannte intuitiv, daß vieles, was hier als Schulmedizin angepriesen wurde, keine echte Hilfe bieten konnte. In Aufsätzen und Büchern lehnte er sich immer heftiger gegen die »hochbetitelten Gesundheitsverderber« auf. Man wird unwillkürlich an den deutschen Chirurgen Hackethal erinnert, der sich in unserer Zeit mit ähnlich ungehobelter Vehemenz gegen die übertriebene technisierte Schulmedizin wendet, dumpf ahnend, daß der Wurm in einer Behandlung sitzt, die den Menschen nicht mehr als Ganzes sieht (vgl. Kapitel 1).
Mit der Zeit vollzog sich eine eigenartige Wandlung in Hahnemanns Charakter. Er wurde immer schroffer, unduldsamer, unzuverlässiger. Jahrelange Freundschaften brach er ab; selbst gegen Menschen, die zu ihm hielten, kam es zu unerwarteten, hemmungslosen Angriffen.
Immer stärker wirkte sich diese Veränderung auch auf seine Kinder aus. Ihr Schicksal war eine Kette von Tragödien: Die Ehen dreier Töchter wurden geschieden, zwei Töchter wurden auf merkwürdige Art ermordet, eine weitere starb bereits 30jährig. Sein einziger Sohn Friedrich verließ Frau und Kind und blieb verschollen. Der Biograph Fritsche meint sogar: »Friedrich Hahnemann mußte zu Ende leben, was sein Vater ihm an Dämonie mitgab.«
Im Jahre 1810 gab Hahnemann sein Hauptwerk, das »Organon der Heilkunst« heraus. Jahrelange Forschungen waren diesem Buch vorausgegangen. Auf den Weg der Homöopathie brachten ihn die Berichte des englischen Arztes Cullen über die Wirkung der Chinarinde gegen Malaria. Hahnemann probierte die Droge an sich selbst aus. Er stellte dabei Symptome fest, die der Malaria ähnlich waren: Fieber, Schüttelfröste und Abgeschlagenheit. Zwei bis drei Stunden dauerte jeweils der Anfall, sobald er das Mittel genommen hatte; sonst war er wohlauf.
Plötzlich kam Hahnemann die Idee: Was das Fieber beim Gesunden auslöste, heilte das Fieber der Kranken! Nun begann er, unzählige Stoffe an sich selbst, seiner Familie und an seinen Freunden auszuprobieren. Jedes Symptömchen, vermeintlich oder echt, wurde peinlich genau registriert: 1422 Prüfungssymtome will er bei Beiladonna (Extrakt der Tollkirsche) entdeckt haben, 1267 bei Nux vomica (Brechnuß), 1163 bei der Pflanze Pulsatilla (Pelzanemone).
Mehr noch: Er stellte eine Beziehung her zwischen dem »Charakter« der Heilmittel und dem Charakter des Kranken. Es würde zu weit führen, hier näher auf die homöopathische Charakterlehre einzugehen. Wer jedoch eine gute Übersicht sucht, wird sie in Prokops Buch »Medizinischer Okkultismus« finden.
Vor besondere Probleme stellten Hahnemann die chronischen Krankheiten. Weshalb konnten so viele Menschen nicht durch seine Mittel geheilt werden? Eine Antwort gibt er in seinem Alterswerk »Die chronischen Krankheiten, ihre eigentümliche Natur und homöopathische Heilung«. Darin stellt er fest: Sieben Achtel aller chronischen Krankheiten werden durch die »Psora«, die »innere Krätze« verursacht. Wenn die Arznei eines ihrer Glieder trifft, so wachsen alsbald unzählige neue. Mit besonderer »Wut tut sie sich hervor«, wenn man ihr das äußere Zeichen des innewohnenden Übels, den Hautausschlag, nimmt. Sein Ratschlag an die Chronischkranken aller Art: alle 30 bis 50 Tage eine einzige Dosis homöopathischen Schwefels innerlich.
Selbst der Biograph Gumpert, der Hahnemann mit Luther, Goethe Kant und Bismarck verglich, meint: »Diese Art, Homöopathie zu betreiben, bleibt ein einmaliges psychisches Phänomen und erforderte weit jenseits der Grenzen des Erlebbaren eine fast indische Fähigkeit der Versenkung und Konzentration«.
Wie recht er damit hat, zeigt eine genauere Untersuchung der Philosophie hinter der Homöopathie, die in allen Stücken von hinduistischen und buddhistischen Vorstellungen durchdrungen ist.
Konfuzius, der gerade Weg zu Gott?
Verschiedene Begriffe, die in der Homöopathielehre immer wieder gebraucht werden, machen einen stutzig. Da ist von Lebenskraft die Rede, von Harmonie mit der Weltenergie, von Ätherleib. Man denkt unwillkürlich an die Lehren, die uns durch Gurus und Yogis in den Westen gebracht worden sind. Je mehr man sich in die Bücher Hahnemanns und seiner Jünger einliest, desto mehr muß man erkennen: Die Homöopathie baut in allen wichtigen Punkten auf der östlichen Philosophie auf.
Schon in jungen Jahren hatte sich Hahnemann bei den Freimaurern aufnehmen lassen. Diese Bewegung gebraucht wohl viele christliche Schlagworte, ja in den meisten Freimaurer Tempeln liegt sogar eine Bibel auf, Die Botschaft des Evangeliums von der Erlösung des verlorenen Menschen durch den Kreuzestod Jesu aber lehnen die Freimaurer klar ab. Für sie liegt die Erlösung im Menschen selbst. F.C. Endres schreibt in seinem Buch »Das Geheimnis des Freimaurers« folgende Sätze: »Die Macht der Sündenvergebung liegt in uns selbst. Die Möglichkeit, ein neues Leben, unbelastet von den Lasten der Vergangenheit, zu beginnen, liegt in unserer Seele … « Die Seelsorge hat immer wieder gezeigt, daß Freimaurer, die eine echte Hinwendung zu Christus vollzogen hatten, sich sofort genötigt sahen, aus der Loge auszutreten.
Es wundert daher nicht, daß Hahnemann als Mitglied der Loge Jesus einen »Erzschwärmer« nannte. Einer der Biographen Hahnemanns schreibt: »Der Erzschwärmer Jesus von Nazareth, der nicht Erleuchtete auf dem geraden Weg zur Weisheit führt, sondern mit Zöllnern und Sündern den schweren Weg zum Gottesreich auf Erden erkämpfen will, . . . dieser das Dunkel der Welt auf sich nehmende Schmerzensmann ist dem Liebhaber der ätherischen Weisheit anstößig.« Und weiter: »Christ kann Hahnemann keiner sein, obwohl er fromm ist wie ein Pietist. Hahnemanns Gott greift zwar fortwährend als führende und schenkende Macht in das Leben ein, aber er führt zur Erkenntnis und beschenkt das Hirn, nicht das Herz … Arzt ist Hahnemann am Krankenbett, weil er nicht anders kann. Wo er hingegen als Erkennender ringt und um Erleuchtung bittet, gerät er in enge Geistesnachbarschaft zum Osten, Konfuzius ist sein Vorbild.«
Über Konfuzius schreibt Hahnemann selbst in einem Brief: „Da ist göttliche Weisheit zu lesen, ohne Wunder Fabel und ohne Aberglauben. Es ist ein wichtiges Zeichen der Zeit, daß Konfuzius bei uns nun kann gelesen werden. Ihn selbst werde ich im Reiche der glücklichen Geister nun bald umarmen, den Wohltäter der Menschheit, der uns den geraden Weg zur Weisheit und zu Gott führte, schon 650 Jahre vor dem Erzschwärmer.«
Kann klarer noch gesagt werden, welchem Geist die Homöopathie entsprungen ist? Die Verehrung östlicher Weisheit war nicht nur das stille Hobby Hahnemanns. Sie bildet vielmehr die Grundlage der Herstellung homöopathischer Arzneien.
Einer der bekanntesten Homöopathen der Schweiz ist der heute etwa 80 jährige Adolf Voegeli. Ich traf den Autor vieler Bücher und Streitschriften für die Homöopathie in einem Zürcher Hotel. Unser Gespräch drehte sich um die Wirkungsmechanismen der Homöopathie. Während er seine selbst gedrehten Zigaretten rauchte, erzählte er mir von seinen Erfahrungen mit der Homöopathie, wie er Bauern in den Walliser Seitentälern nur mit homöopathischen Essenzen bei Lungenentzündungen durchbringe und Manager von ihren Magengeschwüren heile. Auf die kosmische Kraft angesprochen, die Hahnemann in seine Mittel hinein »potenzierte«, erklärte er mir: »Wissen Sie, ich glaube an die Kraft der Sterne. Ein Astrologe hat mir schon sieben Jahre vorher vorausgesagt, wer meine zweite Frau sein würde, bevor ich sie überhaupt kannte.«
Über die Wirkungsweise der Homöopathie hat Dr. Voegeli einen Artikel in der »Zeitschrift für Klassische Homöopathie« veröffentlicht. Das Literaturverzeichnis dazu gleicht einer Sammlung okkulter, hinduistischer und anthroposophischer Literatur. Dr. Voegeli bekräftigt, daß die Wirkung der Hochpotenzen geistiger Natur sei. Die beste Erklärung dafür biete die hinduistische Sankhya Philosophie. Der Mensch hat danach nicht nur einen Leib, sondern auch einen Ätherleib mit einem speziellen Kraftliniensystem. Dieser Ätherleib ordne die Abwehrfunktion des Körpers und fördere die Wundheilung. Auf dieser Ebene sei die Homöopathie wirksam.
Ein weiteres energetisches System, das die Empfindungen des Menschen steuere, sei der Astralleib. Die höchste Energieform des Menschen sei jedoch sein Geist, dessen Ziel es sei, ein immer vollkommeneres Instrument der göttlichen Impulse aus dem Kosmos zu werden. »Das Ziel des Menschen ist die Höherentwicklung, die Vergeistigung.« Dazu reicht ein Leben niemals aus, und die logische Folgerung ist die Lehre von der Reinkarnation, die zuletzt zur Vollkommenheit führen soll.
Östliche Philosophie dringt im übrigen auch bei vielen anderen Autoren durch. So führt der Heilpraktiker Ulf Evertz aus, daß der Gesundheit ein ungestörter Energiefluß zugrunde liege. »Krankheit ist folglich in erster Linie eine Störung dieser Energieverteilung innerhalb des Organismus.«
Der Londoner Homöopath Dr. J.P. Randeira zeigt den Weg zur Heilung auf: »Die homöopathischen Heilmittel sind durch das Verfahren der Potenzierung in der Lage, den harmonischen Fluß der Lebenskräfte in jeder einzelnen menschlichen Zelle wiederherzustellen.«
Mit fast religiöser Inbrunst drückt es ein anderer Homöopath aus: »Unter dem heiligen Akt des Potenzierens löste sich die Heilkraft aus den Fesseln der irdischen Struktur und zeugte im kranken Organismus wieder die Harmonie.«
Am militantesten werden die Lehren, die der Homöopatie zugrunde liegen, heute von den Anthroposophen vertreten, in deren Medizin die Homöopathie eine zentrale Stellung hat. Doch zieht sich die östliche Philosophie als Grundlage der Homöopathie wie ein roter Faden auch durch die Behandlungsräume der Heilpraktiker.
Homöopathie heute
Wer sich ein wenig in die abstrusen Ideen Hahnemanns eingelesen hat, dem fällt es schwer zu glauben, daß man im Zeitalter der Wissenschaftlichkeit noch voll zum Guru der Homöopathie halten würde. Das Gegenteil ist der Fall. Allein in Deutschland praktizieren mehr als 1000 Ärzte und etwa 3500 offiziell zugelassene Heilpraktiker „die Kunst der Homöopathie.“ 14 Krankenhäuser haben homöopathische Abteilungen.
Die philosophischen und medizinischen Auffassungen der heutigen Homöopathen haben lediglich ein neues Gesicht bekommen, im Grunde sind sie den Lehren Hahnemanns treu.
Wir müssen drei Arten von Homöopathen unterscheiden:
1. Diejenigen, die die Homöopathie »entmythologisiert« haben und weder extrem verdünnte noch »kosmisch aufgeladene« Mittel abgeben. Meistens gehen sie nicht mehr über D 6 hinaus, um sicherzugehen, daß eine materielle Wirkung noch möglich wäre. Sie wollen nichts wissen von dem Hintergrund chinesisch – indischer Philosophie und »potenzieren« ihre Mittel auch nicht nach Hahnemanns Vorbild. Ihnen geht es vor allem um die biologische Arznei ohne Nebenwirkung.
2. Die zweite Gruppe verleugnet schamhaft die heute als falsch erkannten medizinischen Theorien Hahnemanns. Sie versucht aber, seine Heilmittel mit »wissenschaftlichen Methoden« salonfähig zu machen. Zu ihrem Instrumentarium gehört unter anderem das Pendel, Es stört sie auch nicht, die östlichen Begriffe »Weltseele«, oder »Lebenskraft« in ihr Weltbild einzubauen.
3. Die dritte Gruppe glaubt blind an Hahnemanns Lehren. Seine Aussagen z. B. über die Krätze als Ursache der chronischen Krankheiten werden zwar nicht mehr wörtlich genommen, dafür aber in den Bereich des Außersinnlichen verschoben und dort als richtig erkannt. Diese Leute bekennen offen ihren Glauben an die Astrologie und andere spiritistische Praktiken. Als besonders aktive Sondergruppe sind hier die Anthroposophen zu nennen. Aber auch Anhänger der »klassischen Homöopathie« fallen in diese Kategorie.
»Strophantus gratusc« gegen Angst vor spitzen Gegenständen
Aus der Fülle homöopathischer Gruppierungen will ich nur einige Beispiele herausgreifen, die uns besser zeigen, in welcher Gedankenwelt sie sich bewegen. Alle Beispiele sind Büchern neueren Datums entnommen und entsprechen dem heutigen Stand der Homöopathielehre.
Das erste Beispiel illustriert die blinde Gläubigkeit in Hahnemanns Theorien. Es findet sich in dem Buch von F. Gauß, »Wie finde ich das passende Arzneimittel?« F. Gauß schreibt: »Man wird sich dankbar bewußt, daß die Homöopathie eine Heilweise darstellt, die sich bis heute bestens bewährt und erhalten hat. Gerade in unserer Zeit ist besonders hervorzuheben, daß die homöopathischen Arzneimittel keinerlei sogenannte Nebenwirkungen haben, die mehr krank als gesund machen.« Den esoterischen Gehalt der Homöopathie tönt er nur mit einem Satz zu den Hochpotenzen von D 30 bis D 1000 und höher an: »Die Hochpotenzen wirken viel tiefer, sie greifen in die geheimsten Lebensvorgänge ein . . .«
Wie einst Hahnemann, führt auch Gauß feinste Unterschiede in seinen Diagnosen auf. So unterscheidet er nicht weniger als 24 Angstformen. Gegen jede Form muß ein anderes Medikament gegeben werden. Gegen Angst vor der Geburt verschreibt er »Cimicifuga« (Silberkerze) in der Verdünnung D 30, gegen »Angst, es könnte etwas aus der Ecke hervorkommen«, Phosphor D 6. »Angst vor Berührung bei großer Traurigkeit und jammervoller Stimmung« erfordert »Antimonium crudum«, (Roh Antimon) und »Angst vor spitzen Gegenständen (Messer, Gabel usw.)« behandelt er mit »Strophantus gratus«, D 6.
Daß diese skurille Diagnosenfülle eine Verständigung mit der Schulmedizin sehr erschwert, dürfte einleuchten. Mehr noch: Wie kommt der Homöopath dazu, gegen die Angst vor spitzen Gegenständen ausgerechnet »Strophantus gratus« in der Konzentration D 6 und nicht etwas anderes in einer anderen Potenz zu geben? Allein gegen die 24 Formen der Angst kennt Gauß nämlich 30 Mittel in den Potenzen D 6 bis D 1000. Das ergibt 715 680 Möglichkeiten der Behandlung der Angst! Doch diese Fragen seien nur am Rande gestellt.
Woher kommt die Energie?
Das nächste Beispiel über den Stand der heutigen Homöopathie ist dem Buch von Paul Uccusic, »Naturheiler«, entnommen. Er berichtet über »wissenschaftliche« Forschungen am Ludwig Boitzmann Institut in Wien, dessen Leiter, Prof. Bischko, eines der wichtigsten Lehrbücher für die westlichen Akupunkteure geschrieben hat. In diesem Institut arbeitet Dr. Otto Maresch an der Erforschung der Heilkraft hoher Potenzen (also D 30 bis D 1000 und mehr). Wie wir gesehen haben, findet man bei dieser Verdünnung kein einziges wirksames Molekül mehr in einem Fläschchen. Die heilende Wirkung, so erklären die Homöopathen, habe das Mittel dann durch die kosmische Kraft, die durch den Vorgang des Potenzierens eingefangen worden sei.
Diese heilende Kraft wird also von Dr. Maresch erforscht. Da man diese kosmische Lebenskraft mit physikalischen Meßmethoden nicht messen kann, braucht er andere Mittel. Uccusic schreibt: »Man lasse sich nicht davon abstoßen, daß Maresch bisweilen Bioindikatoren zum Nachweis der Mikrowellenstrahlung benützt, nämlich Wünschelrute und Pendel.« Nachdem dem Leser nun klar ist, daß die Wahrsagemittel Wünschelrute und Pendel ganz harmlose wissenschaftliche »Bioindikatoren«, sind, wird zur Erklärung der Kraft der Vergleich mit dem Mikrowellengrill herangezogen, der mit seinen unsichtbaren Strahlen innert Minuten Fleisch garkocht. Und wenn ein Schwingquarz in einem Funkgerät Mikrowellen abstrahlt, weshalb soll dann nicht auch ein Mensch, ein Organ, ein Tumor oder ein Medikament eine eigene Schwingung ausstrahlen? Während jedem klar ist, daß ein Funkgerät eine Energiequelle braucht, bleibt Uccusic die Antwort schuldig, woher die Energie bei den homöopathischen Mitteln kommt.
Um nun für jede Krankheit und für jeden einzelnen Patienten das richtige Medikament zu finden, hat Maresch folgenden Versuch festgelegt: »Ein homöopathisches Mittel wird eine um so bessere Wirkung entfalten, je präziser seine vorherrschende Wellenlänge der des erkrankten Organs oder des erkrankten Systems entspricht.« Für den Arzneimittelversuch am Gesunden werden der Versuchsperson fünf Elektroden an sein »elektromagnetisches System« (Meridiane, Akupunkturpunkte) befestigt. Auf der Suche nach einem Mittel gegen Krebs hält er in der einen Hand ein Pulver, das aus einem echten Tumor hergestellt wurde. Die Nadel schlägt nun ganz stark aus. Nun sucht er ein Mittel, das gegen diese »Krebsstrahlung« wirkt. Nachdem er verschiedene Stoffe ausprobiert hat, fällt endlich die Nadel auf die Null Stellung zurück: Veilchensaft in der homöopathischen Potenz D 8 wirkt gegen Krebs!
Doch es geht auch einfacher: »Der kürzere Weg ist der Weg über den Bioindikator Pendel.« Um diese »wissenschaftlich nachgewiesene« Strahlung jedoch feststellen zu können – auch mit dem »neutralen« elektromagnetischen Gerät – brauche es mehr: Nicht jeder Arzt könne das lernen, weil eine gewisse Sensitivität notwendig sei.
Sensitivität wofür? Warum können diese Energien nur von wenigen speziell empfindlichen Menschen aufgespürt werden? Was für Energien werden da gemessen? Dr.Kurt Koch gebraucht statt des Wortes Sensitivität das Wort Medialität. Er schreibt dazu: »Die Medialität findet sich meistens in der Nachbarschaft von Zaubereisünden. Wenn die Vorfahren im dritten oder gar vierten Glied Spiritisten waren oder Magie und andere Formen der okkulten Künste betrieben haben, dann sind die Nachkommen gewöhnlich medial veranlagt . . . Die Rutenfühligkeit und die Pendelreaktion ist eine mediale Veranlagung.«
Wissenschaftliche Untersuchungen der Homöopathie
Wenn immer die homöopathisch arbeitenden Heilpraktiker sich einer kontrollierten Untersuchung stellen müssen, versagen sie, oder sie geben den übernatürlichen Charakter ihrer Methode zu, indem sie darauf hinweisen, daß man die homöopathische Heilwirkung nicht mit wissenschaftlichen Methoden erfassen könne (dafür jedoch mit Pendeln und medialer Begabung).
Zu diesem Fragenkomplex ist ein Buch von O. und L. Prokop mit dem Titel »Homöopathie und Wissenschaft« erschienen. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, ausführlich über dessen Ergebnisse zu berichten. Interessant sind vielleicht einige Ausführungen von Dr. Donner, der selbst Homöopath war und dessen Ziel es war, die homöopathische Lehre wissenschaftlich zu untermauern. Der erste ernsthafte Versuch eines Homöopathen, die Wahrheit im Dschungel homöopathischer Behauptungen zu finden, endete mit einem Fiasko und mit der Abkehr Dr. Donners vom pseudoreligiösen Glauben an die Homöopathie.
Angefangen hatten Dr. Donners Zweifel bei einem Vortrag im heute noch existierenden homöopathischen Robert Bosch Krankenhaus in Stuttgart. Dort führte ein bekannter Homöopath aus, daß das Mittel »Apis mellifica« am besten wirke bei Patienten mit Krankheiten auf der rechten Seite, verbunden mit »Durstlosigkeit« und mit einem »Säcklein am rechten unteren Augenlid«. Speziell gut wirke es bei rechtseitigen Eierstockzysten, während man links ein anderes Medikament geben müsse.
Als Donner nun alte Berichte über die Wirkung von »Apis mellifica« (nichts anderes als Bienengift) durchforschte, las er nicht nur, daß doppelt soviele Krankheiten auf der linken Seite vorkommen, sondern auch, daß das »Säcklein unter dem Auge« erstmals durch die Schwellung nach einem Bienenstich aufgetreten war. Sein Zweifel war geweckt, und er begann nun im Laufe einiger Jahre Prüfungen an nahezu zweihundert Ärzten vorzunehmen, wobei er die Potenzen D 4 bis D 12 prüfte. Er verglich die »wirksamen« homöopathischen Mittel mit völlig neutralen Stoffen, die man in der Medizin »Placebo« nennt.
Die Resultate waren vernichtend. Schon bei den ersten Versuchen mit unwirksamen Placebos traten bei den homöopathiegläubigen Testpersonen zahlreiche Symtome auf, z.T. so heftig, daß die Prüfungen abgebrochen werden mußten. Eine Berliner Ärztin bekam nach dreitägiger Placeboeinnahme solch heftige Migräne Anfälle, daß sie ein halbes Jahr lang nur noch halbtags arbeiten konnte. Die »Ungläubigen« hingegen spürten weder unter Placebos noch unter den homöopathischen Mitteln irgendwelche Wirkungen.
Besonders interessant war das Verhalten eines homöopathischen Arztes, der selbst in der Prüfungsleitung saß. Bei einem Versuch mit »Nuxvomica« in der astronomischen Potenz C30 (entspricht D 60) hatte er vergessen, daß ja zuerst Placebos gegeben worden waren. Er nahm die Berichte der Prüflinge zur Hand und fing an, die Symptome, die er bei Nux vomica kannte, herauszulesen! Was ihm nicht ins Konzept paßte, ließ er einfach weg. Dieses Vorkommnis zeigt eine weitere Schwachstelle auf in den ellenlangen Listen von Arzneisymptomen, die man in der Geschichte der Homöopathie angelegt hat: Wenn der Prüfungsleiter weiß, was er gibt, nimmt er von den berichteten Symptomen, was er für richtig hält, den Rest bezeichnet er als unwichtig.
Mit der Suche nach der Wahrheit, die gerade Christen ein Anliegen sein sollte, hat das nur noch wenig zu tun. Dennoch bin ich der Auffassung, daß die meisten Homöopathen nicht bewußt lügen. Aber ihr Denken ist oft so auf den Pfad der Homöopathiewirkungen eingeschliffen, daß sie nicht mehr fähig sind zu kritischen Überlegungen.
Mehr Wirkstoffe im Gemüse als in homöopathischen Mitteln
Sollten unsere Krankheiten wirklich nur vom Fehlen gewisser Spurenelemente und Mineralstoffe abhängig sein, so ist nicht einzusehen, weshalb wir noch homöopathische Mittel einnehmen sollen. Denn »Verunreinigungen, die trotz aller küchentechnischen Maßnahmen an unseren täglichen Nahrungsmitteln haften, enthalten mehr »Calcarea«, »Silicea«, »Carbonicum«, und andere in der Homöopathie gebräuchliche Mittel als die unter diesen Bezeichnungen verwendeten Arzneien.« Wozu also all diese homöopathischen Mittel, deren Wirkstoffe bereits in unserer natürlichen Umgebung vorkommen?
Ein Argument, das gerne von den Homöopathen als Beweis ihrer Lehren gebraucht wird, ist die Impfung. Hier wird wirklich Ähnliches mit Ähnlichem geheilt. Abgetötete oder abgeschwächte Viren werden unter die Haut gespritzt und schützen den Geimpften vor eben diesen Viren. Daß sich diese Vorsorgemaßnahme auf äußerst wenige der über 10 000 heute bekannten Krankheiten anwenden läßt, wird dabei wohlweislich verschwiegen. Auch macht man sich nicht die Mühe, die Abwehrvorgänge des Körpers, die beim Impfen aktiviert werden, auch bei der Anwendung homöopathischer Mittel nachzuweisen. Es wäre auch sinnlos, denn sie kommen dort nicht zur Geltung.
Das Beispiel zeigt uns aber auch, wie unbeschwert wissenschaftliche Aussagen aus ihrem Zusammenhang herausgerissen werden, um diese absurden Lehren zu unterstützen. Eine »brillante Fähigkeit« attestiert Prokop den Homöopathen, Erkenntnisse der Wissenschaft »mit Grundlagen der Homöopathie zu identifizieren, die sich auch beim besten Willen nicht auf einen Nenner bringen lassen.«
Würde eine religiöse Gruppe die Aussagen der Bibel in dieser Weise anwenden, um hinduistisches und buddhistisches Gedankengut christlich zu verbrämen, so würde sie bald im Abseits und im Sektenlexikon landen. Die Homöopathen genießen jedoch in weiten Kreisen der christlichen Gemeinde größeres Ansehen als die Macht des Gebets.
Warum hat denn die Homöopathie solche Erfolge?
Es besteht kein Zweifel daran, daß die Homöopathie Erfolge zu verzeichnen hat. Jeder meiner Leser wird schon Berichte von Bekannten und Verwandten gehört haben, die durch ein homöopathisches Mittel, das ihnen ein Naturarzt gegeben hat, wunderbar kuriert worden sind. Ich will diese Berichte nicht einfach vom Tisch wischen. Die Frage ist nur: Wodurch sind sie wirklich geheilt worden? Durch das Mittel? Durch die kosmische, okkulte Kraft der Arznei? Durch die begleitenden Maßnahmen (Rauchverbot, keine Genußmittel, Ausruhen)? Oder durch den Glauben an den Heilpraktiker bzw. seine Mittel?
Es ist heute allgemein bekannt, daß körperliche Krankheiten durch psychische Einflüsse ausgelöst werden können. Denken Sie nur an das Bauchweh nach einem Schreckerlebnis. Schwierigkeiten in der Familie können Migräne auslösen, und Liebeskummer kann sich auch einmal in unerklärlichem Durchfall äußern. Selbst bei Krebs will man psychische Faktoren als auslösende Ursache gefunden haben.
Umgekehrt können aber auch psychische Einflüsse zur Heilung von Krankheiten führen. Erinnern Sie sich noch, wie Sie als kleines Kind mit einer Schramme zu Mutti gelaufen sind? Wie wohl hat doch die Zuwendung getan, welche Wunder wirkte das Pflaster!
Nun, wir Erwachsenen brauchen vielleicht etwas kompliziertere Behandlungsformen, im Grunde aber reagieren wir, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, ähnlich wie das Kind mit der Schramme.
Schon im letzten Jahrhundert hat man die ersten Experimente mit Placebos gemacht, mit Medikamenten also, die absolut keinen Wirkstoff enthalten. Man hat entdeckt, daß wichtiger als die Substanzwirkung einer Arznei der Glaube ist, daß das Mittel wirkt. Ein Arzt, der seinen Patienten ein Mittel mit großer Überzeugung verschreibt, erzielt selbst mit schwachen Arzneien große Erfolge. Umgekehrt versagt ein sonst gut wirkendes Mittel, wenn es von einem kritischen, schweigsamen und pessimistischen Arzt verschrieben wird. Der wichtigste Heilfaktor ist also der Arzt (oder der Heilpraktiker) selbst, so daß verschiedene Autoren bereits von der »Droge Arzt«, sprechen“. Wo eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Arzt und Patient fehlt, hat die Verwendung von Placebos oder homöopathischen Mitteln wenig Sinn und Zweck. Nicht immer muß es der Naturarzt sein, der einem das homöopathische Mittel mit Überzeugung gibt, es kann auch die Nachbarin sein oder die Freundin, die damit einen phänomenalen Erfolg gegen ihr ständiges Kopfweh hatte.
Der Placebo Effekt ist bei den Mitteln der Homöopathie wohl der wichtigste Grund für deren Erfolg. Das konnte in verschiedenen Studien, die ich oben erwähnt habe, eindeutig nachgewiesen werden. Schlecht muß dieser Effekt gar nicht sein, denn damit können viele gefährliche Medikamente eingespart werden. Für Christen stellt sich allerdings die Frage: Warum glauben wir an homöopathische Streukügelchen und Tinkturen und nicht vielmehr an die Kraft des Gebets? Wie groß ist doch die Gefahr, daß wir gerade homöopathischen Mitteln (aber nicht nur ihnen) mehr Ehre geben als Gott!
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für die Erfolge der homöopathischen Medizin. Kürzlich erzählte mir die Tochter eines Managers von einem Großbetrieb, daß ihre Eltern in einem christlichen Kurhaus gewesen seien, wo sie unter anderem mit homöopathischen Mitteln behandelt wurden. Die Kur habe großen Erfolg gehabt, die Eltern seien wirklich erholt und gesundheitlich gestärkt zurückgekommen, Meine Frage: Was hat hier geholfen?
Dr. Lipross, der Autor des Buches »Logik und Magie in der Medizin« schreibt: »Schon die Kurpromenade, das obligatorische Kurkonzert und viele andere bei flüchtiger Betrachtung nebensächlich erscheinende Dinge sind ebenso maßgebend für den Kurerfolg wie die örtlichen Riten bei den Trink- und Badekuren«. Heilung hat hier nicht das homöopathische Mittel gebracht, sondern die ganze Atmosphäre, die Wanderungen, die Ruhe und die Entspannung. Das Medikament diente nur dazu, daß dem Glauben an die Tabletten Medizin unseres Zeitalters Genüge getan wurde, daß der Eindruck erweckt wurde, man sei auch wirklich »behandelt« worden.
Die geringste Wahrscheinlichkeit, eine Heilung herbeigeführt zu haben, hat das homöopathische Mittel selbst zu verbuchen. Organisch-materiell ist von einem Heilmittel in homöopathischen Verdünnungen über D 6 keine Wirkung mehr zu erwarten. Seriöse Homöopathen, die von okkulten Kräften nichts wissen wollen, gehen denn gewöhnlich auch nicht über diese Potenz hinaus.
Okkulte Einwirkungen durch Homöopathie
Die Wirkung höher potenzierter Mittel liegt auf der Ebene des Geistes, sei dies durch den Placebo Effekt oder durch okkulte Einwirkungen. Hahnemann hat in seinem wichtigsten Werk, dem »Organon«, ausdrücklich auf die Wirkungen von Mesmers tierischem Magnetismus hingewiesen, diese »oft törichterweise geleugnete Heilkraft«, und sie rückhaltlos unterstützt und selbst angewendet.
Wir haben gesehen, daß sowohl er als auch seine modernen Anhänger daran glauben, mit ihrem potenzierten Heilmittel »kosmische Lebensenergie« weiterzugeben.
Mesmer lehrte, der gesunde Mensch könne sich aus dem magnetischen Kraftfeld der Erde magnetisch aufladen und dann durch Bestreichen mit den Händen kranke Menschen heilend beeinflussen. In seinem »Palais Mesmer« in Paris traf sich häufig die gesellschaftliche Oberschicht zu magnetischen »Séancen«. Die Kranken waren in einem mit orientalischer Pracht ausgestatteten Raum versammelt und bildeten, sich an den Händen haltend, eine Kette. Aus dem Nebenzimmer drang rhythmische Musik, die Spannung stieg. »Dann tritt Mesmer auf. Er ist gekleidet wie ein indischer Zauberer. Mit seinem Eisenstäbchen geht er die Kette ab, spricht leise mit seinen Patienten, bestreicht sie mit dem Magnetstab, bannt die Aufmerksamkeit des einzelnen Kranken durch Anstarren. Bald beginnt der eine oder andere Kranke zu zittern, dann zu schreien, zu lachen, zu tanzen oder in Krämpfe zu fallen. Die von Mesmer von jeher beabsichtigte >Krise< ist eingetreten!«
Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Magnetopathie nach Mesmer praktisch immer als okkulte Praktik zu gelten hat. Sowohl Pastor Modersohn als auch Dr. Kurt Koch warnen eindringlich, sich mit Magnetopathen einzulassen. Sehr oft treten nämlich nach der Behandlung durch einen Magnetiseur mediale »Geistergaben« auf.
Auf diesem Wege bekam auch der ehemalige Pfarrer Bolte seine Gabe der Wahrsagerei mit dem Pendel. Wie viele andere Homöopathen pendelt er die richtigen Mittel für einen Patienten aus. In seinem Büchlein: »Von der Pendelforschung zur Wunderheilung« schreibt er: »An den Schreibtisch gesetzt, Pendel raus, die Schwabe’sche Liste der homöopathischen Mittel vorgenommen und dann telephonisch das gefundene Mittel in Leipzig bestellt.« Meist verordnete ihm das Pendel ein Mittel in Hochpotenz.
Mehr noch: Bolte fing auch an, Flaschen »magnetisch aufzuladen«. »Etwas ist geblieben, was man zur Not oft einsetzen kann: Geistige Heilkräfte auf Flaschen gebannt! So kann man durch geistige Kraft oder mit Hilfe des Himmels Weine oder Alkohol so aufladen, daß das zu einem ganz bestimmten Heilmittel wird: gegen eine bestimmte Infektionskrankheit, gegen Würmer oder gegen alles sonstige Beliebige. Das ist eine Kunst, die man jedem Anfänger der geistigen Heilweisen beibringen kann. Ich habe sogar Ärzte dazu gebracht, daß sie dies wirksam anwenden konnten. Schließlich habe ich mir damals sogar ganze Kästen solcher aufgeladener nachgefüllter homöopathischer Fläschchen angelegt.«
Die Folgen einer solchen Diagnose und Behandlung beschreibt Dr. Kurt Koch. Er erzählt von einem Mann, der zu einem Besprecher ging, sich von ihm beraten ließ und seine »magnetisierten« Heilmittel einnahm. »Das körperliche Leid verschwand, dafür stellten sich psychische Störungen und die Auslösung der Hellsichtigkeit ein. Der Sohn des Mannes litt von Jugend auf an Schwermut, Lästergedanken, periodischen Depressionen und Anfechtungen mancherlei Art«.
Soll ein Christ homöopathische Mittel nehmen?
Dies ist natürlich eine Gewissensfrage, die sich jeder selbst beantworten muß, wenn er dieses Buch gelesen hat.
Ein ehemaliger Heilpraktiker und Magnetiseur schreibt mir: »Satan hat einen Riesenkatalog von Methoden, durch welche er uns Menschen offen oder verborgen vom Heil in Christus Jesus trennen will. Dabei offeriert er eben auch diverse >Heilmethoden<, die dem Kranken Heilung bringen sollen. Sicher trifft es zu, daß viele Christen nicht unterscheiden können, ob diese >Heilmethoden< vom Feind unterwandert sind, und dabei auch unseriösen Heilpraktikern zum Opfer fallen, insbesondere dann, wenn man um jeden Preis gesund werden will, statt um jeden Preis nach Gottes Willen zu fragen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich allerdings auch erwähnen, daß wir nicht alle Heilmethoden zum vornherein als okkult klassifizieren dürfen. So hat z. B. die Homöopathie als solche mit Zauberei nichts zu tun … Es ist aber so, daß manche sogenannte Heilpraktiker sich in unseriöser Weise dieser Mittel bedienen, indem sie diese magisch besprechen, damit sie ganz sicher wirken. In diesem Fall wirken dann solche Heilmittel als >Kontaktmittel< des Feindes und bringen uns unterdessen Herrschaft und Abhängigkeit, was sich bis zum Selbstmord steigern kann.«
Soweit die Meinung eines Mannes, der früher selbst als Heilpraktiker tätig war. Ich persönlich könnte nach all dem, was ich in diesem Kapitel zusammengetragen habe, keinem Patienten homöopathische Mittel verschreiben. Wer es dennoch tut, ist sich meistens nicht bewußt, welche Hintergründe diese Lehre hat.
Speziell warnen möchte ich vor Mitteln, die über die Potenz D 6 hinausgehen, gibt es doch über diese Grenze außer dem Placeboeffekt nur noch okkulte Erklärungen für deren Wirkung. Besondere Gefahr besteht auch bei homöopathischen Mitteln von Heilpraktikern, die pendeln, Handlinien lesen, magnetisieren oder Fernbehandlungen durchführen. Diese Praktiken sind jedoch für den Patienten nicht immer zu erkennen.
Wie soll er dann feststellen, aus welcher Quelle die homöopathischen Mittel kommen, die er schluckt? Wo haben wir den berühmten Strich zu ziehen, homöopathische Mittel zu gebrauchen oder die Finger ganz davon zu lassen? Die Beantwortung dieser Frage soll angesichts der ohnehin fraglichen Grundlage und Wirkung dieser Mittel dem Leser selbst überlassen bleiben.
Irisdiagnose – zeigen sich Krankheiten am Auge?
Es war vor etwa 150 Jahren, im Jahre 1831, als ein elfjähriger ungarischer Junge sich durch das Dickicht eines Waldes schlug. Die Bäume standen so dicht, daß kaum mehr Licht auf die Erde drang. Kein Laut war zu hören. Manchmal schreckte plötzlich ein Reh auf und entfloh in langen Sprüngen, dann wieder hörte man nichts mehr außer dem Knacken kleiner Ästchen unter Ignaz‘ Füßen.
Ohne daß Ignaz es wußte, wurde er von zwei großen unheimlichen Augen beobachtet. Plötzlich schoß ein riesiges Etwas aus dem Dämmerlicht. Schreckerstarrt stand der Junge da. Bevor er etwas tun konnte, hatte die Eule auch schon ihre scharfen Krallen in den Arm ihres Feindes geschlagen, der vielleicht, ohne daß er wollte, ihrem Nest zu nahe gekommen war. Ignaz wehrte sich verzweifelt gegen das wütende Tier. Schließlich wußte er sich nicht mehr anders zu helfen, als der Eule ein Bein zu brechen. Im selben Augenblick beobachtete er, wie im Eulenauge ein schwarzer Strich auftrat, der in der Regenbogenhaut fast senkrecht nach unten lief. Lange dachte der Junge nach über das, was er dort im Wald mit der Eule erlebt hatte. Das Brechen des Beines, so die Folgerung Ignaz Peczelys, hatte in der Iris ein Zeichen gesetzt.
Jahre vergingen, und Peczely, zuerst Mechaniker von Beruf, bildete sich zum Naturheilkundigen und Homöopathen weiter. Nach vier Seinestern Studium in Wien errang er die Würde eines Doktors der Medizin. Eines Tages beobachtete er bei einem Patienten einen Strich in der Regenbogenhaut, und plötzlich erinnerte er sich wieder an sein Erlebnis mit der Eule. Genauso, wie der Beinbruch einen Strich im Eulenauge verursacht hatte, müßten sich auch andere Krankheiten in der Iris zeigen, folgerte er‘.
Damit war die Irisdeuterei geboren! Peczely begann nun, die Iris in 12 Abschnitte einzuteilen, und ordnete jedem Abschnitt verschiedene Organe zu. So zeigten sich angeblich in einem schmalen Ring direkt um die schwarze Pupille Krankheiten des Magens. Die Beine hatten ihre Entsprechungen in den Sektoren 6 und 7, die Kopforgane lagen in den oberen Abschnitten der Iris. Auf diese Weise projizierte er zuletzt den ganzen Menschen auf die kleine Regenbogenhaut. Fast zur gleichen Zeit begannen auch andere Naturheiler und Homöopathen die Iris als Diagnosehilfe zu entwickeln.
Richtig bekannt wurde die Irisdeuterei erst durch einen Prozeß gegen den Naturheiler und Irisdeuter Felke, auch »Lehmpastor« genannt. Allein in einem Jahr hatte er 15000 Patienten behandelt. Obwohl er behauptete: »Die Irisdiagnose ist unfehlbar, sie irrt nie«, versagte er völlig: Vor Gericht sollte er 20 Patienten die Diagnose aus der Iris stellen. Dabei stellte er bei einem Mann mit der Geschlechtskrankheit Syphilis folgende »Krankheiten« fest: »Pupillen nicht gleichmäßig, vermutlich Wurmplage. Trinkt gute Boullion und guten Kaffee, träumt viel nachts, Füße kalt, Blutdrang, Schmerzgefühl des Leibes, verbunden mit Schmerzen im Kreuz, muß einmal hart auf die Beine gesprungen sein, hat leicht Migräne, Magenschmerz, neigt zu Gallensteinen.« Die wirkliche Krankheit erkannte er nicht. Genauso ging es ihm mit weiteren 19 Patienten.
Die Irisdiagnose begann jedoch ungehindert ihren Siegeszug durch die Welt der Abergläubischen.
Das Auge – die Öffnung der Leber?
Wenn ein chinesischer Arzt vor 4000 Jahren einen Patienten untersuchte, so bediente er sich damals schon einer Art von Irisdiagnose. So, wie das Schicksal des kleinen Menschen von den Sternen des großen Kosmos abhängig sei, so zeigten sich nach chinesischer Denkweise auch die Krankheiten und Organe des großen Menschen im kleinen Auge: Der Mikrokosmos entspricht dem Makrokosmos. Für die Chinesen war die Iris die Öffnung der Leber. Wer sie genau untersuchte, der konnte dort alle Krankheiten der Leber erkennen. Doch sie sahen noch mehr am Auge: das obere Augenlid entsprach der Milz, das untere dem Magen, das Weiße des Augapfels zeigte Krankheiten der Lunge, die schwarze Pupille die Funktion der Niere. Der innere Augenwinkel entsprach dem Herzen, der äußere schließlich gab Auskunft über Herz und Dünndarm.
Die graue Eminenz im Hintergrund der heutigen Naturheilkunde, Paracelsus, sah das Auge als Mikrokosmos, den Menschen als Makrokosmos und schuf Verbindungen zur Astrologie‘. Die Entsprechungslehre von Makrokosmos und Mikrokosmos bildet aber nicht nur die Grundlage der Astrologie, sondern auch des Handlinienlesens, der Magie sowie der Akupunktur und der Fußreflexzonenmassage, wie wir das schon in früheren Kapiteln gesehen haben. Und diese Lehre war unter den Naturheilpraktikern zur Zeit Ignaz Peczelys nicht weniger verbreitet als in unseren Tagen.
Der Astrologe Libra schrieb zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter dem Thema »Zodiacus, des Auges«: »Warum muß alles, was im Körper geschieht, in der Iris ausgedrückt sein? Aus dem selben Grund, aus dem sich im Menschen alles abspielt, was im Kosmos vorfällt. Im Auge spiegelt sich der Kosmos des Menschen ab im Augenblick, wo er geboren wurde, sowie auch die Äußerungen, die darin seit jenem Zeitpunkt stattfanden. Es ist nicht nötig, darauf hinzuweisen, daß diese Spiegelung ebensogut in jedem anderen Teil des Körpers stattfindet, aber die Iris eignet sich zur Wahrnehmung am besten.«
Es fügt sich nahtlos in dieses Bild, daß die Zwölfereinteilung der Iris, wie sie die Irisdeuter annehmen, auf die Feldereinteilung des astrologischen Tierkreises zurückgehen soll.
Viele Irisdeuter unserer Tage leugnen schamhaft die Herkunft ihrer Kunst und versuchen ihre Arbeit mit vielen pseudowissenschaftlichen Erklärungen salonfähig zu machen. Die Tatsache bleibt jedoch bestehen, daß auch sie eine diagnostische Methode auf dem Boden östlicher Philosophie und magischer Vorstellungen anwenden.
Das Wunder des Auges
Das menschliche Auge ist eines der wunderbarsten Organe unseres Körpers. Nur so groß wie ein Tischtennisball, vermittelt es uns doch das Schönste, was wir kennen: die farbige Welt des Lichts und der Formen um uns herum; das leuchtende Rot der Rosen, das Azurblau des Meeres, das helle Grün des Frühlings. 6 Millionen Zäpfchen (für das Farbsehen) und 120 Millionen Stäbchen (Schwarz Weiß Sehen) finden sich in der Netzhaut eines Auges. Die von ihnen gesammelte Information wird im Gehirn verarbeitet und gespeichert. Im Auge selbst sorgt ein wunderbares System dafür, daß trotz extremster Lichtbedingungen immer die genau richtige Lichtmenge auf die Netzhaut auftrifft.
Ein wesentlicher Bestandteil dieses Systems ist die Iris oder Regenbogenhaut Ist sie stark angefärbt, so sind die Augen braun; enthält sie wenig Pigment, so erscheinen die Augen blau. Die Farbe der Regenbogenhaut erben wir von unseren Eltern. Durch das fein aufeinander abgestimmte Spiel des Pupillarmuskels wird die Pupille in der Dunkelheit weit, während sie sich im hellen Licht der Sonne auf Stecknadelkopfgröße verengt. Um diese andauernde Bewegung durchzustehen, ist die Iris aus feinsten Bälkchen schwammartig aufgebaut, ähnlich den Lamellen einer Blende beim Fotoapparat. Je nachdem, wie das Licht in diese speichenartig angeordneten Bälkchen einfällt, entsteht ein unterschiedliches Muster, das dazu noch bei jedem Menschen einzigartig ist, genauso, wie jeder Mensch seinen eigenen unverwechselbaren Fingerabdruck hat. Dieses Muster hat keine weitere Bedeutung. Aus der Anordnung der Bälkchen und aus deren Farbe Krankheiten herauslesen zu wollen, ist genauso hoffnunglos, wie wenn man aus den Fingerabdrücken eines Verbrechers herausfinden wollte, ob er sich einmal ein Bein gebrochen hat.
Was kann denn nun der Arzt im Auge sehen? Selbstverständlich kann er bei genauer Untersuchung alle Krankheiten feststellen, die am Auge selbst auftreten. Hier interessieren uns jedoch besonders die Körperkrankheiten, die sich unter anderem auch am Auge zeigen.
Beginnen wir mit der weißen Bindehaut. Es ist allgemein bekannt, daß eine Gelbsucht sich zuerst an der Bindehaut oder Sklera zeigt. Dies hat seinen Grund darin, daß der Gallenfarbstoff am besten auf weißem Hintergrund zu sehen ist, obwohl er genauso auch in die übrige Haut eingelagert wird, die jedoch meist ein wenig dunkler ist. Hinter einer »Gelbsucht« können sich die verschiedensten Erkrankungen verstecken: eine harmlose Stoffwechselstörung oder ein bösartiger Tumor in der Bauchspeicheldrüse, Schwierigkeiten der Leber mit der Verarbeitung eines Medikaments (häufig die »Pille«) oder aber eine Entzündung der Leber durch Viren. Die Liste könnte seitenlang fortgesetzt werden, wollte man alle bekannten Krankheiten aufzählen, die zu einer Gelbfärbung führen. Viel weniger häufig als gelbe sind blaue Skleren, die bei einer seltenen Knochenkrankheit auftreten.
Die Hornhaut kann bei einer Viruserkrankung (Herpes) mit betroffen sein. Sie reagiert aber auch besonders empfindlich bei Austrocknung oder bei verhältnismäßig leichten Verletzungen. Oft entwickelt sich dann ein Geschwürchen, und die verbleibende Narbe ist weiß und undurchsichtig, so daß das Sehen schwer beeinträchtigt sein kann. Bei vielen älteren Leuten kann man einen grauen Ring sehen, der jedoch nur eine harmlose Farbstoffablagerung darstellt.
Selten ist auch die Linse bei allgemeinen Erkrankungen mit betroffen. Der Mangel gewisser Vitamine oder die Einnahme von Medikamenten kann zu einer Trübung der Linse führen, die dann das Sehen stark beeinträchtigt. Schwere Veränderungen der Linse können schon bei einem Baby auftreten, wenn seine Mutter während der Schwangerschaft die Röteln durchmachte.
Besonders ergiebig ist für den Arzt die Spiegelung des Augenhintergrundes. Hier kann er nicht nur die Netzhaut beobachten, sondern auch die Blutgefäße und den Sehnerv. Die Blutgefäße zeigen so wichtige Krankheiten wie Arterienverkalkung und Zuckerkrankheit. Der Sehnerv kann z. B. bei einem Hirntumor oder bei einer Drucksteigerung des Liquors (Hirnwasser) verändert sein.
Wenden wir uns noch der Regenbogenhaut (Iris) zu, aus der die Irisdeuter so viel herauslesen wollen. Sie ist meist im Rahmen einer Entzündung der Aderhaut mit betroffen und schwillt dann grünlich auf. Ursachen für eine solche Entzündung können Infektionsherde, Tuberkulose, Geschlechtskrankheiten oder seltene Formen des Gelenkrheumatismus sein, wobei neben diesen Augensymptomen noch weitere Anzeichen vorhanden sein müssen, damit die richtige Diagnose gestellt werden kann.
Als Arzt mehr herauslesen zu wollen, wäre vermessen.
Leberschrumpfung oder kleiner Finger?
Weil sich die Arbeit eines Irisdiagnostikers nicht mit der Untersuchung des Arztes vergleichen läßt, soll hier immer von Irisdeuterei und nicht von Irisdiagnose die Rede sein.
Prof. Schreck, ein bekannter deutscher Augenarzt, schreibt: »Ein gegensätzliches und in keiner Weise damit (mit der ärztlichen Untersuchung) vergleichbares untersuchungstechnisches Verhalten zeigen die Irisdeuter. Sie >ersehen< die Krankheiten des menschlichen Körpers aus normalem Irisgewebe, ja sogar aus einer ganz oberflächlichen Betrachtung der Oberfläche.« Und weiter meint er. »Wir stehen hier also vorder in der ganzen Heilkunde einzigartigen, unerhörten Paradoxie und Groteske, ja Absurdität, daß Leute aus normalem Gewebe Krankheiten erkennen wollen. Diese Unsinnigkeit steigert sich dadurch, daß sie hierbei nicht Krankheiten des untersuchten Gewebes meinen, sondern sogar Erkrankungen von Körperorganen, welche ohne jede organische Beziehungen weit von ihm entfernt liegen … Was die Irisdeuter meinen und woraus sie Krankheiten des Körpers >ersehen<, sind und bleiben nichts weniger und nichts mehr als einfache Varianten der normalen Struktur und Färbung der Iris, denen keinerlei krankhafte Bedeutung und deshalb auch keinerlei diagnostischer Wert zukommen kann.«
Obwohl jeder Irisdeuter dem Patienten gegenüber behauptet, es gebe nur einen Diagnoseschlüssel zur Iris, hat Prof. Jentzsch nicht weniger als deren 19 gezählt. In einer Tabelle vergleicht er elf Systeme. Dabei sollen sich z. B. zwischen 230 und 240 Grad, d. h. auf der Breite einer Nähnadel, je nach Schlüssel, die Leber, der kleine Finger, der Arm, das Zwerchfell, die Hand, die Rippen, eine Leberschrumpfung, die Achseldrüsen oder die Gallenblase manifestieren.
Man schätzt, daß es etwa 10000 Krankheiten gibt. Es ist nicht klar, wie diese alle auf dem kleinen Raum der Iris Platz haben sollen.
Wissenschaftliche Untersuchungen
Weil eine Diagnose aus der Iris viele aufwendige Untersuchungen ersparen könnte, wurden die Behauptungen der Irisdeuter in vielen Studien ernsthaft überprüft. Wir wollen nur einige wenige herausgreifen.
Beginnen wir mit Ignaz Peczelys Beobachtung an der Eule. Eine Veränderung am Eulenauge hätte sich leicht durch Fotografien vor und nach einem Knochenbruch zeigen lassen. Dieser Nachweis konnte nie erbracht werden: Die Irisdeuterei in ihrer heutigen Form begann also bereits durch einen Irrtum ihres Entdeckers. 1957 Konnte Dr. Wöhlisch aufzeigen, was der 11 jährige Ignaz damals gesehen hatte. Er beobachtete, daß beim Lidschluß die Nickhaut von oben innen nach unten außen über die Hornhaut gezogen wird und daß sie bei langsamer Öffnung des Auges gegen die Bewegung des oberen Augenliedes zurückbleibt. Man sieht dann, wie der Rand der Nickhaut als tiefschwarzer, nicht ganz senkrecht verlaufender Strich über die helle Iris zieht. Wöhlisch’s Fotos sind so überzeugend, daß diese Deutung wohl richtig ist‘.
Ein anderer Mediziner untersuchte 762 Patienten mit schwersten Erkrankungen, darunter 60 Amputierte und Kriegsverletzte. Sein Urteil, die Irisdeuterei sei ein Hirngespinst, belegte er mit Zahlen. Von den 762 Patienten hatten nur 18 (das sind 2,7 von Hundert) ein Zeichen im Felde des erkrankten Organs, dagegen hatte fast die Hälfte Krankheitszeichen in Feldern von Organen, die nie erkrankt waren. Derselbe Untersucher machte einen Versuch mit dem berühmten Iridologen Kläser, bei dem Ärzte und Laien Zeuge waren. Als Patienten zeigte man Herrn Kläser Kranke mit sehr schweren Leiden und Verstümmelungen, die man auch als Laie gut erkennen konnte. Nach acht Versuchen wurde das Experiment abgebrochen, weil der »berühmte« Mann nichts als Fehldiagnosen gestellt hatte. Bei einem Patienten mit amputiertem Bein fand er z. B. nur eine »schwere Belastung des Rückenmarks«.
Die Liste von wissenschaftlichen Untersuchungen könnte beliebig fortgesetzt werden. Eine sehr gute Sammlung hat Prof. Jentzsch in dem Buch von O. Prokop, »Medizinischer Okkultismus«, veröffentlicht. In keiner Untersuchung konnten die Irisdeuter ihre Behauptungen durch entsprechende Erfolge untermauern.
Warum gelingen doch so viele richtige Diagnosen?
Eine Frau berichtete mir: »Vor vielen Jahren ging ich zu einem Augendiagnostiker ins Appenzellerland, weil mir meine damalige Arbeit zu schwer geworden war und ich mich elend fühlte. Er stellte fest, daß ich gesund sei, jedoch Entspannung und Aufbaumittel brauche. Jedoch stellte er »aus heiterem Himmel« fest, daß meine Gallenblase sich schwer tue, und ich sie schonen müsse. Er gab mir Kräuterpillen, die beim Verdauen halfen. Wenige Jahre später stellte ein Mediziner anläßlich einer Routine Untersuchung einen vermutlich angeborenen Ikterus (Gelbfärbung der Haut) fest.«
Wie so viele andere war diese Patientin verblüfft, daß der Irisdeuter diese Krankheit schon Jahre vorher festgestellt hatte. In diesem Fall aber ist der Grund nicht weit zu suchen: ein angeborener Ikterus zeigt sich an- und abschwellend immer wieder auch in der weißen Bindehaut des Auges, wie wir das im vorhergehenden Abschnitt gesehen haben. Der Irisdeuter hatte in diesem Fall also seine Diagnose nicht aufgrund der Struktur der Regenbogenhaut gestellt, sondern wie später auch der Arzt die Gelbfärbung der Sklera beobachtet.
Somit ist der erste Grund für einen diagnostischen Erfolg eine gute Beobachtung des Patienten, Dazu kommt, daß die Patienten oft auch ihre Beschwerden vortragen, so daß man sich bald einige Diagnosen zusammen reimen kann.
An zweiter Stelle steht die verschwommene Ausdrucksweise der Irisdeuter. Was heißt, »die Gallenblase tue sich schwer«? Wie Sie vielleicht wissen, gibt es die verschiedensten Möglichkeiten einer Gallenblasenerkrankung, von Steinen über Entzündungen bis zum Tumor. In diesem Fall war es jedoch überhaupt nicht die Gallenblase, sondern in streng medizinischem Sinne die Leber, die durch eine harmlose Stoffwechselstörung Gallenfarbstoffe ins Blut rückstaute.
Die meisten Iridologen begnügen sich nicht mit einer einzigen Diagnose, sondern servieren gleich eine ganze Liste. Ein Beispiel ist die Litanei von »Lehmpastor Felke« auf Seite 90. Schon ein kurzer Blick auf die »Diagnosen« zeigt, daß er ja irgendwo recht haben mußte: Denn wer träumt nachts nicht viel? Wer hat nicht manchmal kalte Füße, wer hatte noch nie Rückenschmerzen?
»Wer vieles bringt«, schreibt Dr. Jentzsch, »wird manchem etwas bringen.« Und sollte der Deuter einmal ganz daneben gegriffen haben, so hat er noch eine besonders einleuchtende Erklärung in Reserve: Entweder sind es Zeichen, die auf die Krankheiten der Eltern oder Großeltern hinweisen, oder die Zeichen lassen darauf schließen, daß eine »Organschwäche« vorliegt, die in Zukunft eventuell einmal zu einer Krankheit führen könnte.
Als dritten Grund für richtige Diagnosen kommen wir nun zu einem Punkt, wo das ungefährliche und amüsante Trickreservoir der Irisdeuter ein jähes Ende findet. Es besteht die Möglichkeit der okkulten Irisdiagnose durch mediale Einflüsse, doch ist diese eher selten.
Der Augenarzt Dr. Jaensch schreibt dazu: »Wenn auch nicht bestritten werden kann, daß gelegentlich einmal Hellsehen bei der Augendiagnose eine Rolle spielt, oder daß der Augendiagnostiker als sensitive Person dem Kranken Bewußtseinsinhalte abzapft, so ist doch zu bedenken: Die Medien sind sehr selten, sicher können nicht alle Augendiagnostiker Medien sein.«
Es gibt auch okkult arbeitende Irisdiagnostiker, deren Diagnosen dann oft ins Schwarze treffen. Diese Iris »Hellseher«, wie ich sie einmal nennen möchte, sind nach Dr. Koch »medial veranlagt und arbeiten mit verschiedenen Spielformen der Medialität. Die Iris ist nur eine »Kontaktbrücke«, die für ein telepathisches oder hellfühlendes oder trancehaftes Anzapfen des Bewußtseins oder Unterbewußtseins benützt wird.«
Und damit sind wir schon bei der nächsten, entscheidenden Frage, die sich unmittelbar aufdrängt:
Kann man durch die Irisdeuterei okkult belastet werden?
Nach der Erfahrung verschiedener Seelsorger führt keineswegs jede Iris »Diagnose« zu einer okkulten Belastung. Dr. Koch schreibt dazu:
»Es gibt mediale, okkulte Diagnosestellungen. Damit keine Mißverständnisse entstehen, will ich erklären, daß es wenig okkulte Irisdiagnostiker gibt. Viele Irisdiagnostiker haben nichts mit Okkultismus zu tun. Der medizinische Wert ihrer Diagnosen ist aber außerordentlich dürftig, in vielen Fällen sogar bedeutungslos.«
Gefährlich ist aber jener kleine Rest, der mit okkulten Mitteln arbeitet. Dabei ist auch der Titel »Dr. med.« keine Garantie für eine neutrale Irisdeutung. Dr. Koch erwähnt in seinem »Okkulten ABC«, daß er Vollmediziner in der Seelsorge hatte, die ihre okkulten Praktiken beichteten und danach aufgaben.
Es ist müßig zu fragen, wie man sich vor Heilpraktikern und Ärzten schützen kann, die die Irisdiagnose okkult anwenden. Ein Gespräch mit dem Heilpraktiker bringt zudem oft wenig ein.
Die Frage stellt sich vielmehr, ob man einem Patienten eine Diagnosemethode empfehlen kann, die nicht nur auf okkulter Philosophie, sondern zudem auf einem Irrtum des Entdeckers beruht.
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