Gesundheit um jeden Preis? (S.Pfeifer)
Dr. Samuel Pfeifer
GESUNDHEIT – UM JEDEN PREIS ?
Teil I: Zurück zur Natur?
1. Kapitel: In den Klauen der modernen Medizin?
2. Kapitel: Der Bio – Boom
3. Kapitel: Der okkulte Aufbruch im Westen
Teil II: Heilmethoden im Kreuzfeuer
4. Kapitel: Akupunktur – heilende Nadeln aus Fernost
5. Kapitel: Fußreflexzonenmassage – Handauflegung am Fuß
6. Kapitel: Homöopathie – kosmische Energie in Flaschen
7. Kapitel: Irisdiagnose – zeigen sich Krankheiten am Auge?
8. Kapitel: Erdstrahlengefahr – Krebsvorsorge durch Pendeln?
9. Kapitel: Phytotherapie – Kräuter gegen Krankheit
Teil III: Neue Medizin – Hilfe oder Gefahr?
10. Kapitel: Rätselhafte Phänomene suchen eine Erklärung
11. Kapitel: Die Botschaft der Naturheiler
12. Kapitel: Gesundheit um jeden Preis?
Vorwort
Seit 1967 habe ich die Zeitströmungen in Europa und Amerika genau verfolgt. Was mich dabei am meisten erstaunte, war die rasche Ausbreitung von östlichen Religionen, Mystizismus, Okkultismus.
Während die westliche Welt allmählich ihr christliches Glaubenserbe hinter sich ließ, wendete sie sich mehr und mehr dem Atheismus, dem Agnostizismus, dem Materialismus und dem Humanismus zu, um dort Alternativen zu finden. Doch diese Philosophien haben sich als unzulänglich erwiesen und führten ganze Generationen in eine moralische und geistliche Sackgasse.
Zu den Lebensbereichen, die von dieser Entwicklung am meisten betroffen sind, gehört das Gesundheitswesen. Es ist offenkundig, daß das medizinische Weltbild des Westens durch eine tiefgreifende Krise geht.
Millionen von Menschen suchen heute nicht nur auf ihre geistlichen Fragen Lösungen und Antworten im Orient, sondern erhoffen sich auch neue Gesundheit durch Heilmethoden aus dem Osten.
Wann immer ich Vorträge in Universitäten oder öffentlichen Auditorien halte, so betreffen die häufigsten Fragen in den nachfolgenden Diskussionen Akupunktur, Homöopathie, Irisdiagnose und ähnliches. Eine typische Frage lautet: »Wenn doch Akupunktur wirkt, warum soll man sich dann nicht damit behandeln lassen?« Immer wieder treffe ich vor allem Christen, die sich dieser Problematik gegenübersehen und in ein Netz von Verwirrung und Unsicherheit verstrickt sind.
Im Bemühen um eine fundierte Antwort bedauerte ich immer das Fehlen eines Buches, das diese Heilmethoden aus christlicher Sicht behandelt. Ich kann deshalb meiner Freude nicht genug Ausdruck verleihen, daß nun dieses so wichtige Buch zu dem brandaktuellen Thema erscheint.
Es ist mein Vorrecht, Dr. med. Samuel Pfeifer seit über 10 Jahren zu kennen und mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen. Er studierte an der Universität Zürich und arbeitete seither an verschiedenen Krankenhäusern in der Schweiz und in der Dritten Welt.
Seine Festigkeit und Aufrichtigkeit als Christ und sein Glaube an Gottes Wort, gepaart mit harter Arbeit und dem klaren, nüchternen Herangehen an die Materie, haben ein äußerst informatives und lehrreiches Buch entstehen lassen. Dr. med. Samuel Pfeifer hatte den Vorteil, das Problem von beiden Seiten betrachten zu können, nämlich als Arzt und als Christ. Seine Sprachkenntnisse ermöglichten es ihm zudem, aus einem extrem großen Quellenmaterial schöpfen zu können.
Aus all diesen Gründen unterstütze ich »Gesundheit um jeden Preis? « von ganzem Herzen. Ich empfehle es als Pflichtlektüre nicht nur für Pastoren und Seelsorger, sondern auch für Laien, denen das Dilemma des modernen Menschen ein Anliegen ist und die eine echte Hilfe und Wegweisung geben wollen.
Rabindranath R. Maharaj, Autor des Buches: »Der Tod eines Guru«
Einleitung
Als Arzt wurde ich immer wieder gefragt, was Christen von Akupunktur und Fußreflexzonenmassage, von Homöopathie und Irisdiagnose, von anthroposophischen Heilmitteln und anderen Naturheilpraktiken zu halten haben. Lassen sich nicht wissenschaftliche Beweise für ihre Wirksamkeit anführen? Wird man dadurch wirklich okkult belastet? Gibt es eine neutrale Anwendung dieser Heilmethoden? Stimmt der Slogan: »Wer heilt, hat recht!«?
In christlichen Büchern fand ich zu diesen Fragen kaum, und wenn, dann nur spärliche Hinweise. Bei Ärzten und Seelsorgern, die ich anfragte, traf ich im allgemeinen auf große Unsicherheit, wenn nicht gar Ratlosigkeit. So begann ich mich näher mit dem Phänomen der »Naturheilkunde« auseinanderzusetzen, die heute zunehmend als »Ganzheitsmedizin« bezeichnet und propagiert wird. Ich sprach mit Heilern und deren Patienten sowie mit Ärzten und Seelsorgern über ihre Erlebnisse mit »ganzheitlichen« Heilmethoden. Sehr viel Zeit verbrachte ich auch in großen Bibliotheken, die ich nach Büchern und Artikeln zu diesem Thema durchforstete.
Das Ergebnis meiner Nachforschungen ist dieses Buch. Ich habe versucht, möglichst umfassend darzustellen, was hinter der neuen Bewegung »Zurück zur Natur« steckt. Dabei war von Anfang an klar, daß nicht nur Erlebnisberichte und wissenschaftliche Daten verarbeitet werden durften, die geistlichen Aspekte der »Ganzheitsmedizin« mußten ebenso berücksichtigt werden. Denn was nützt es dem Menschen, wenn er sich bester Gesundheit erfreut und doch Schaden nimmt an seiner Seele?
Ich bin mir bewußt, daß ich mit diesem Buch an ein heißes Eisen anrühre. Denn nicht von ungefähr finden wir in der christlichen Literatur kaum engagierte Beiträge zu diesem ganzen Problemkreis.
Eine lückenlose Darstellung aller para medizinischer Strömungen im Rahmen einer solchen Arbeit ist kaum möglich und auch nicht wünschenswert. Es geht hier nicht darum, jeden einzelnen Heilpraktiker geistlich, philosophisch oder wissenschaftlich zu klassifizieren. Vielmehr möchte ich in diesem Buch einzelne große Linien herausstellen, die dem Leser helfen sollen, die Geister zu unterscheiden. Es ist meine Absicht, Warntafeln aufzurichten, die dem Patienten sagen: »Halt! Vorsicht!«
Dieses Buch will nicht zuletzt auch aufrufen zu einer Rückbesinnung auf bleibende geistliche Werte. Allzuoft haben auch Christen den Fehler begangen, den sie der Naturwissenschaft zum Vorwurf machen: sie trennten Materie und Geist, Seele und Leib. Wir müssen von neuem lernen, zu einer ganzheitlichen Schau des Krankheitsgeschehens auf biblischer Grundlage zu kommen. Wenn wir der Naturheilkunde kritisch gegenüberstehen, so ist damit noch nicht gesagt, daß wir auf Gedeih und Verderb der modernen Medizin ausgeliefert sind, die mit ihrer einseitigen Betonung des Leiblichen so vielen Krankheiten hilflos gegenübersteht. Ich bin davon überzeugt, daß Gottes Wort, die Bibel, eine Antwort auf die mannigfachen Probleme unserer Zeit hat.
Es ist mein aufrichtiges Anliegen, Sie mit diesem Buch nicht nur vor Irrlichtern und Minen im Grenzbereich okkulter Heilpraktiken zu warnen, sondern Ihnen auch neue Zuversicht und Hoffnung zu geben, daß die Begegnung mit Gott in Jesus Christus nicht nur Auswirkungen auf Ihr geistliches Leben hat, sondern Ihr ganzes Leben – Geist, Seele und Leib – zu durchdringen und zu verändern vermag.
Dr. med. S. Pfeifer
Teil I – Zurück zur Natur?
1. Kapitel In den Klauen der modernen Medizin?
Das Krankenhaus ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Praktisch jeder Mensch in den westlichen Industrienationen kommt heute in einer Klinik zur Weit. Zwei von dreien sterben im Krankenhaus, nicht wenige im Gewirr von Drähten und Infusionsschläuchen, zwischen piepsenden Computern, flimmernden EKG Monitoren und chromglänzenden Geräten ein erschreckendes Bild.
Angst vor dem Krankenhaus
Immer mehr Patienten haben Angst vor dem Krankenhaus. Als seelenlosen Alptraum aus Beton, Glas und Neonlicht empfinden sie das Haus, in dem ihnen eigentlich geholfen werden sollte, und wo man Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe erwartet.
Die Angst beginnt schon beim Krankenhausgeruch, diesem eigenartigen Duft von Sterilität. Sie wird nicht geringer beim Anblick anderer Patienten mit Gipsbein, Dauertropf und bleichem Gesicht. An jedem Patienten nagt zu Beginn die Ungewißheit: »Was werden sie wohl bei mir finden? Welche Untersuchungen werde ich über mich ergehen lassen müssen? Wird es weh tun? Werde ich dieses Haus überhaupt je wieder verlassen können?« Bald ist er eingekleidet in sein anonymes weißes Krankenhemd, und er, der noch zu Fuß eingetreten ist, wird nun im Bett durch endlose Gänge geschoben, von einer Untersuchung zur andern.
Eine Tür tut sich auf. Das Bett wird ins Halbdunkel geschoben. Ein eigenartiges Summen erfüllt den Raum, farbige Lämpchen blinken aus dem Dunkel. Keiner ist da, der ihm genau erklärt, was ein »Thorax« ist, den man »schießen« will. Langsam erkennt er die schemenhaften Umrisse eines riesigen Gerätes; Röhren und Kabel hängen an der Decke über ihm, moderner technischer Ersatz für das Damokles Schwert des Altertums. Die Zeit des Wartens erscheint ihm in seiner Angst endlos lange. Der Sekundenzeiger an der großen Uhr kriecht im Schneckentempo von einem Teilstrich zum nächsten … Endlich erscheint die Röntgenassistentin. Sie hilft ihm aus dem Bett, zeigt ihm, wie er sich hinstellen muß, und schon ist der Brustkasten geröntgt es war gar nicht so schlimm.
Während er in irgendeinem Korridor auf die nächste Untersuchung wartet, kommen ihm all die Zeitungsartikel in den Sinn, die er in der letzten Zeit gelesen hat. »Menschenversuche» – »seelenloses Krankenhaus« – »Kunstfehler: Ärzte vor Gericht« – »Vermeidbare Operationen« – »Operation gelungen – Patient tot«, so schwirrt es ihm durch den Kopf.
Das Bild, das die Journalisten von der modernen Medizin zeichnen, ist allerdings erschreckend. Oft werden Einzelfälle geschildert, von den Zeitungsmachern zur publikumswirksamen Gruselstory hochstilisiert. In die Schlagzeilen gerät die Medizin erst dann, wenn ein Zwischenfall passiert.
Man spricht nicht von den hunderten von zufriedenen und geheilten Patienten, von der segensreichen Wirkung vieler Medikamente, von den tausenden gelungener Operationen.
Andererseits darf nichts beschönigt werden: Wo Missstände auftreten, soll man sich nicht achselzuckend ins Unvermeidliche fügen, in das uns die moderne Wissenschaft mit ihrem einseitigen Bild vom Menschen gebracht hat. Zu lange hat man Leib und Seele auseinander gerissen, wurde wohl der Körper wiederhergestellt, aber die seelische Problematik hinter der Krankheit vernachlässigt.
Macht das Krankenhaus krank?
Das Krankenhaus bringt nicht nur Heilung, in vielen Fällen macht es krank. Das wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen. »Verzögert oder gefährdet«, sagt der Münchner Psychologe Georg Sieber, werde der Heilungsprozess durch »jedes Warten, alle kleinen und großen Ängste, jede erzwungene Verzögerung eines Bedürfnisses, jedes Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins.«
Das Gespräch mit dem Arzt trägt oft nicht viel zur Beruhigung bei. Pro Visite verbringt der Krankenhausarzt nach verschiedenen Untersuchungen nicht mehr als 1,7 – 3,7 Minuten im Gespräch mit dem Kranken. Häufig genug habe ich selbst erlebt, wie sich die Ärztekorona bei der täglichen Visite mehr für Labordaten und EKGs interessierte als für die Fragen und Anliegen des Patienten. Da murmelt man sich über den Kopf des Patienten hinweg lateinische Fachwörter zu, die dieser nicht versteht und aus denen er sich womöglich die greulichsten Dinge zusammenreimt.
Besonders schlimm ist es, wenn er durch die Diagnose auch noch seinen Namen verliert, zum »«Psycho« gestempelt wird oder das Todesurteil »hoffnungslos« erhält. Im Krankensaal ist er vielleicht »der stenocardische Anfall«(Herzschmerzen), »das Magen-C.A.« (Magenkrebs), »das irritable Colon« ( Störung der Dickdarmtätigkeit) oder ganz einfach »der Alte am Fenster«.
Die Medizin mit ihrem Anspruch des Helfens und Heilens steht zunehmend unter Beschuß. Immer treffender scheint Molières Ausspruch zu werden: »Die meisten Menschen sterben an ihren Medizinen und nicht an ihren Krankheiten.«
Tabletten statt Gespräch
Laborautomaten und elektronische Diagnostik Hilfen ersetzen mehr und mehr den persönlichen Kontakt mit dem Arzt. So kam ein Patient aus den USA zu einem meiner Professoren in Zürich, einem weltbekannten Fachmann der Inneren Medizin, mit nicht weniger als 89 Laborwerten, vom Hämoglobin bis zu exotischen Enzymen wie der Serum Fruktose1,6 Diphosphat Aldolase.
Vor allem aber bringt die Gesprächsarmut den modernen Arzt um die Chance, frühzeitig jenen 35 – 55 % aller Beschwerden auf die Spur zu kommen, bei denen die besten Geräte in der Diagnose nicht weiterhelfen.
Statt eines hilfreichen Gesprächs gibt es oftmals Tabletten en masse. Wer drei Wochen in einem westdeutschen Krankenhaus liege, so ermittelte der West Berliner Pharmakologie Professor Hans Herken, werde mit durchschnittlich neun bis zehn verschiedenen Arzneimitteln behandelt. Belegt der Patient auch noch das Bett eines Universitätskrankenhauses, so ist die Chance groß, daß er mit Medikamenten behandelt wird, die erst in Erprobung stehen. Wer in eine »kontrollierte Studie»« als Versuchskaninchen hineingerät, wird häufig erheblich mehr und unnötigerweise gestochen, geröntgt und getestet.
Fest steht, daß viel zu viele Medikamenten Studien aus reinen Prestigegründen gemacht werden. Auf der anderen Seite müssen neue Medikamente nun einmal am Menschen auf die Wirksamkeit hin geprüft werden, nachdem man vorher bei Tierversuchen möglichst alle Risiken auszuschalten versucht hat. Und doch: ein gewisses Unbehagen bleibt …
Sehnsucht nach einer neuen Medizin
Die nicht ganz unberechtigte Angst vor der modernen Apparate Medizin macht besser verständlich, warum sich immer mehr Menschen nach einer Medizin sehnen, die ihnen die Schrecken des Krankenhauses erspart, nach einer Therapie ohne riesige Apparate, nach Heilmitteln ohne Nebenwirkungen, nach Heilung ohne Operation.
Genau das versprechen ihnen die Heilpraktiker und Naturärzte. Hier kommt es wieder zum ersehnten menschlichen Kontakt. Hier wird nicht in unverständlichen Ausdrücken eine komplizierte lateinische Diagnose ausgesprochen, sondern die Krankheit in einen einfachen, allgemeinverständlichen Zusammenhang gestellt. Da fehlt es vielleicht am elektrischen Gleichgewicht des Körpers oder am vegetativen Nervensystem. Da muß einmal ein krankmachendes Störfeld gesucht werden, oder die Fußreflexzonen sind vernachlässigt worden, Begriffe, die jedem Illustrierten Leser vertraut sind. Die verschriebenen Kräuter¬ und Bio Säfte sind »natürlich«, und haben deshalb – so die Folgerung des medizinischen Laien – keine Nebenwirkungen. Daß die Dinge so einfach nun doch nicht liegen, werden wir in späteren Kapiteln noch sehen.
Ein Hauptvorteil der Heilmethoden von Außenseitern liegt für den Patienten darin, daß eine vielleicht schon angesetzte Operation plötzlich überflüssig wird. Hier hakt auch der deutsche Heilpraktiker Papst Köhnlechner ein mit seinem medizinkritischen Buch »Vermeidbare Operationen»«, in dem er zeigt, daß jede siebente Operation nicht nötig gewesen wäre. Neuraltherapeutische Injektionen von Impletol sollen eine Gallenblasenoperation verhüten und Akupunktur die vereiterten Kieferhöhlen sanieren, Ozon Injektionen in die Arterien sollen Raucher vor der Beinamputation bewahren und das homöopathische Mittel >,Flor de Piedra»« in den Verdünnungen D4 und D6 die Funktion der Schilddrüse wieder ins Lot bringen. Mit einer bewundernswerten schriftstellerischen Eleganz werden hier vermeintliche Rettungsseile ausgeworfen, an die sich so viele hängen, die vor einer gefürchteten Operation stehen.
Wenn Prof. Julius Hackethal, vom brillanten Chirurgen zum Anhänger der Naturheiler bekehrt, seinen Patienten mit Prostata Krebs den Rat gibt: »Laufen Sie so schnell Sie können, wenn Sie einen Urologen sehen, so trägt das nicht unbedingt zum Vertrauen in den Arzt bei. Ins gleiche Horn bläst Paul Uccusic, Autor des Buches »Naturheiler«, wenn er seinen Lesern rät: »Wer gesund werden will, darf sich nicht allein auf den Arzt verlassen«.
Kein Wunder, daß der Hamburger Psychosomatiker Arthur Jores die Behauptung aufstellt: »50 Prozent der Deutschen zwischen 25 und 50 glauben nicht mehr an ihren Arzt.« Und weiter: »Wer immer nur hört: Das bringen wir schon in Ordnung, wer immer nur mit Rezepten abgespeist wird, der sucht einen Ausweg beim Wunderheiler.«
Anmerkung des Verfassers: In diesem Kapitel 1 wurde das Bild der Schulmedizin absichtlicht so nachgezeichnet, wie es von der heutigen Presse wiedergegeben wird. Es deckt sich in dieser krassen Form nicht mit meiner persönlichen Meinung. Auch wenn ich Anfragen an extreme Auswüchse der technisierten Medizin habe, so bin ich doch fest davon überzeugt, daß die Ärzte und das Pflegepersonal in den Krankenhäusern ehrlich für das Wohl der Patienten besorgt sind. Komplikationen sind selten, lassen sich aber niemals völlig vermeiden.
Wer einseitig nur Fehler und Probleme der Schulmedizin an die Öffentlichkeit zerrt, verkennt die wahre Situation der modernen Medizin, deren segensreiche Wirkungen keiner missen möchte.
Wie ich jedoch in vielen persönlichen Gesprächen mit Patienten und Gesunden feststellen mußte, geht in den meisten die Saat der Furcht und des Misstrauens auf, die von den Medizinkritikern gestreut wurde. Über die Folgen, d. h. über die verzweifelte Suche des heutigen Menschen nach Alternativ Lösungen, soll in den folgenden Kapiteln die Rede sein.
2. Kapitel – Der Bio-Boom
»Zweimal am Tag kommt auf richterliche Verfügung eine Krankenschwester in das kleine Haus im Bostoner Vorort Scituate im US Bundesstaat Massachusetts und gibt dem zweijährigen Chad Green fünf kleine weiße Pillen. Der Knabe leidet an akuter Leukämie, dem sogenannten Blutkrebs. Die Ärzte meinen, daß die Medikamente Chads einzige Chance sind, das dritte Lebensjahr zu erreichen. Chads Mutter dagegen glaubt, die Pillen seien Gift für ihren Sohn.
Die Greens setzen großes Vertrauen in die richtige Ernährung, und die Mutter hat ein Programm zusammengestellt, das aus Obst, frischem Gemüse, Ziegenmilch, Käse, destilliertem Wasser, Vitaminen und Mineralien besteht. Verzichtet wird auf Zucker, Fleisch, Konservierungsmittel und Lebensmittelfarbstoffe. Am liebsten würde sie ihren Sohn zu einem Arzt bringen, der sie dabei unterstützt und Chad hilft, seinen Körper selbst zu heilen«
Soweit der Bericht aus einer Tageszeitung. Weil die Leukämie unter Frau Greens Bio Therapie zurückgekehrt war, hatten schließlich die Ärzte die Hilfe der Justiz zur Behandlung des kleinen Chad angerufen.
Das Beispiel ist typisch für unsere Zeit, die als Reaktion auf die Ohnmacht der Wissenschaft einen wahren Bio Boom erlebt.
50 000 Arzneimittel – 50 000 Nebenwirkungen
Etwa 70 % der westdeutschen Frauen und rund 55 % der Männer nehmen, so das Ergebnis einer Umfrage, regelmäßig irgendwelche Medikamente ein Tabletten, Dragees und Kapseln in allen Farben, Pulver, Säfte, Tropfen oder Zäpfchen. Im Durchschnitt verbraucht derzeit jeder Deutsche (und in den andern Industrieländern ist es ähnlich) fünfmal soviele Arzneimittel wie vor dem Zweiten Weltkrieg.
Rund 50 000 Arzneimittelspezialitäten sind heute auf dem Markt. Wer jedoch meint, man könne damit auch die meisten Krankheiten heilen, sieht sich arg getäuscht: Nur gegen ein Drittel aller heute bekannten Krankheiten stehen Arzneimittel zur Verfügung, die das Grundleiden beeinflussen können. Und gerade bei der Behandlung der großen Volkskrankheiten dieses Jahrhunderts Krebs, Arteriosklerose, Herz -und Kreislaufleiden müssen Ärzte noch immer ohne Medikamente auskommen, die die Ursachen der Übel angehen könnten.
Nebenwirkungen gibt es etwa gleich viele wie Arzneimittel. In einem Computerzentrum der WHO (Weltgesundheitsbehörde) registrierte man allein seit 1968 rund 50 000 Nebeneffekte von Medikamenten. Jedes Jahr werden in den USA 3 Milliarden Dollar ausgegeben, um Arznei Nebenwirkungen zu behandeln. Selbst das Allerweltsmittel Aspirin (Jahreskonsum in den USA: 20 000 Tonnen) weist nach Angaben der WHO-Studie die stattliche Liste von 31 unerwünschten Wirkungen auf, vom Hautausschlag bis zum Magengeschwür. Während die meisten Zwischenfälle aufgrund von Medikamenten Nebenwirkungen glimpflich ablaufen, kam es vor rund 20 Jahren beim Schlafmittel Contergan (Thalidomid) zur Katastrophe: Tausende von Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft dieses Mittel genommen hatten, kamen verstümmelt zur Welt.
Beruhigungsmittel, wie etwa die Medikamente Valium und Librium, sind schon beinahe zum Symbol der westlichen Wohlstandsgesellschaft geworden. Sie machen insgesamt rund 30 % des Umsatzes der Pharmaindustrie aus. Jeder zehnte Nachtschlaf in England wird mit einem dieser Mittel eingeleitet.
Bereits 1977 waren von den 80 000 Suchtkranken, die in den Einrichtungen der Deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahr behandelt worden waren, 11 000 von Beruhigungs und Anregungsmitteln abhängig, die ihnen der Arzt verschrieben hatte. Der Prozentsatz dieser »Pharmasüchtigen« ist in raschem Anstieg begriffen.
Risse im Tempel
Parallel zu dieser chemischen Invasion wächst auch die Ablehnung gegen die Chemie. Die Menschen sind von der Wissenschaft, die ihnen so viel versprochen hat, enttäuscht. Immer mehr fühlen sie sich von den unvorhersehbaren Auswirkungen bedroht und wenden sich mit einer Heftigkeit von ihrem früheren Götzen ab, die noch vor einem Jahrzehnt unvorstellbar gewesen wäre.
Sie stehen alle in einer Reihe: die Bauern, die vor einer Aluminiumfabrik in der Schweiz mit Traktoren und schwarzen Fahnen gegen den hohen Fluor Ausstoß demonstrierten; die Umweltschützer, die den Bau eines riesigen Wasserkraftwerks im US Bundesstaat Maine verhinderten, weil dadurch eine bestimmte Läusekrautart vom Aussterben bedroht worden wäre; die Atomkraftwerkgegner mit ihren Molotow Cocktails und Politparolen und nicht zuletzt die fanatisierten Massen eines Ayatollah Chomeiny, die den Schah nicht nur aus religiösen Gründen stürzten, sondern auch deshalb, weil er ihnen die Industrialisierung ihres Landes zu überstürzt und zu rücksichtslos vorangetrieben hatte.
Die Hoffnung auf eine glücklichere Zukunft«, sagt der deutsche Arzt und Wissenschafts Journalist Hoimar von Ditfurth, hat der Angst vor einer übervölkerten, verschmutzten und immer lückenloser reglementierten Welt Platz gemacht.«
Jahrzehntelang hatten die Wissenschaftler und die Massenmedien den Menschen die Verheißung gepredigt, daß mit Hilfe der menschlichen Vernunft einst alle Probleme gelöst werden könnten.
Nun bröckelt der Tempel der Wissenschaft langsam ab, gleich den griechischen Heiligtümern auf der Athener Akropolis. Die Risse im Gemäuer werden unübersehbar, und keiner ist sicher, ob nicht irgendwann einmal das Dach über ihm einstürzt. Die modernen Priester mit ihren Reagenzgläsern und Computern konnten die Hoffnung der Menschheit auf eine neue, bessere Welt nicht befriedigen.
Tanaland ist ruiniert
Der Gießener Psychologie Professor Dörner machte vor einigen Jahren einen äußerst interessanten Versuch, der dies belegt: Zwölf deutsche Studenten verschiedener Fachbereiche bekamen alle Vollmachten, die Lebensbedingungen der im afrikanischen Entwicklungsgebiet »Tanaland« am Rande des Existenzminimums lebenden Stämme der Tupis und der Moros zu verbessern in Computersimulation.
Die Entwicklungshelfer ließen Dämme bauen, Bewässerungssysteme anlegen, Wälder roden und Ackerland düngen, machten Jagd auf Raubtiere und versprayten Insektizide. Das Ergebnis all ihrer Anstrengungen war niederschmetternd. Idi Amin hätte Tanaland nicht schlimmer herunterwirtschaften können.
Trotz all ihres Wissens sie alle waren überdurchschnittlich intelligent gelang es ihnen nicht, die Wirkungen ihrer Maßnahmen abzuschätzen und auch mögliche Nebeneffekte mit einzukalkulieren. So dezimierten sie z. B. mit Giften die plantagenschädigenden Affen, bedachten aber nicht, daß die Leoparden sich nun mangels Futter über die Rinderherden hermachen würden.
Tanaland aber ist überall: Wo der Mensch in die ökologischen Systeme eingreift, kommt es früher oder später zur Katastrophe. Die Überschwemmungen, die Indien jedes Jahr in schlimmerem Maße heimsuchen, haben ihren Grund in der Rodung riesiger Waldgebiete im Norden des Landes, die früher Wasser aufgesaugt hatten. Eine der schlimmsten Zeitbomben, die der Mensch gelegt hat, ist das Insektizid DDT, mit dem jahrelang ausgerottet wurde, was da kreucht und fleucht und dem Menschen Mühe macht. In ihrem Buch »Die Grenzen des Wachstums« haben die Wissenschaftler des »Club of Rome« eindrücklich gezeigt, wie noch Jahrzehnte später das DDT in Fischfleisch angereichert wird. Ja, man hat sogar in der Muttermilch DDT Konzentrationen gefunden, die die gesetzliche Grenze weit überstiegen. Zum Glück braucht es große Mengen, um einen Menschen zu vergiften, während das Mittel für eine Fliege schon in einer Dosis von einem Hundertstel eines Millionstel Gramms tödlich wirkt.
Dennoch beschleicht viele Leute ein ungutes Gefühl, wenn die Obstbauern mehrmals pro Jahr mit hochwirksamen Insektengiften durch ihre Plantagen fahren. Immer mehr Hausfrauen zahlen gerne einen höheren Preis für Äpfel, die nicht gespritzt sind.
Verkaufsargument »biologisch«
Das Wort »biologisch« ist zu einem Verkaufsargument mit magischer Anziehungskraft geworden. Fast jedes Waschmittel wird heute für seine biologische Abbaubarkeit gerühmt, auch wenn dies nur gerade bedeutet, daß es den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Die Natur muß herhalten für die Alkoholwerbung und für die Zigaretten, die ja alles andere als gesundheitsfördernd sind. Da wird »Bio Hefe» gegen Akne angeboten und mehr als zehn Sorten »biologisch vollwertigen« Brotes, Marmelade »garantiert ohne künstliche Farbstoffe«, Naturprodukte aus »biologisch gezogenen Frischpflanzen«, Shampoo »aus garantiert naturreinen Extrakten«, ein Insektenspray, der »biologisch abbaubar, ozonfreundlich« ist, und Goldmelissensirup »«für Ihre Gesundheit«. Vollrohrzucker der Marke »Marga«, »100 % natürlich«, wird siebenmal teurer verkauft als ein Kilo normalen Zuckers, der die Zähne nicht mehr schädigt als der braune Vollrohrzucker,
Besonders lukrativ ist der Bio Boom für die Reformhäuser und die Hersteller von Naturprodukten. Seit zwei Jahren, so eine Reformhausbesitzerin, sei ein sehr starker Trend zum Natürlichen festzustellen. Die »Bioforce» im schweizerischen Roggwil, eine Fabrik, die Naturprodukte nach den Rezepten des Naturheilers A. Vogel herstellt, weist Zuwachsraten von beachtlichen 40% jährlich auf trotz flauer Wirtschaftslage und hohem Kurs des Schweizerfrankens.
Selbst, selbst, selbst
Der Trend »Zurück zur Natur« schlägt sich auch nieder in den Bücherregalen. So führte z. B. die »Atkins Diätrevolution« monatelang die Bestsellerlisten an, eine Diät nur unter vielen. Da erreicht ein Bildband mit dem Titel »Rettet die Vögel« innert kürzester Zeit Auflagen, die selbst den Verlag überraschen. Denen, die genug vom Leben in unseren verschmutzten Städten mit ihrem Stress haben und aufs Land ziehen wollen, hat der britische Schriftsteller John Seymour einen Ratgeber geschrieben, der bald in die Top Ten des Büchermarkts aufstieg: »Das große Buch vom Leben auf dem Lande« mit praktischen Anweisungen zum Melken und zum Anlegen eines Gemüsegartens. Ziel des Lebens auf dem Lande: die totale Selbstversorgung, vom Frühstücksei bis zum Schweineschnitzel, vom eigenen Bienenhonig bis zum selbstgebackenen Brot.
Hier sind wir bei einem Wort angelangt, das in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht und bei näherer Betrachtung der Biowelle nachdenklich stimmen muß. Immer wieder hört man aus all diesen Bewegungen das Wort »selbst«: Selbstversorgung, Selbstverwirklichung, Selbstheilung, Selbsthypnose, Selbstsuggestion … Der Mensch hat eingesehen, daß ihm Wissenschaft und Technik nicht alles geben können. Doch statt sich dem zuzuwenden, »in dem wir leben, weben und sind«, wie Paulus das in seiner Rede in Athen ausdrückte, suchen sie das Heil bei sich selbst.
Der moderne Mensch wird bereit, »Buße« zu tun, sich abzuwenden von seinem Raubbau an Natur und Gesundheit, vom Verlust persönlicher Beziehungen in der Gesellschaft und speziell in der Medizin. Er ist bereit, sein Leben zu ändern, strenge Diätvorschriften einzuhalten, stundenlang zu meditieren oder sich in Anti Kernkraftwerks Demonstrationen zu exponieren. Seine neuen Götter sind die Natur, seine Gesundheit, sein Ich; sein neues Ziel ist das Erkennen des höheren »Seins« in sich selbst, der Einklang mit den kosmischen Kräftefeldern, die Erlangung eines neuen Gleichgewichts und im Endeffekt das Einswerden mit dem Universum.
Vom christlichen Standpunkt gesehen treffen alle diese Bemühungen nicht den Kern des menschlichen Dilemmas, sie entsprechen vielmehr dem Menschenbild hinduistischer und buddhistischer Philosophie oder dem kosmischen Modell der Astrologen. »Auf den Altären, von denen die Götter der Vergangenheit vertrieben wurden«, schreibt Hoimar von Ditfurth, »machen sich nun viele kleine Götzen breit.«
3. Kapitel
Der okkulte Aufbruch im Westen
Wir leben in einer Zeit der okkulten »Erweckung«. Was vor zehn Jahren noch unmöglich schien, ist heute alltäglich. Was noch vor kurzem vom Durchschnittsbürger als Aberglaube, Hexerei und Spiritismus abgelehnt wurde, ist heute durch Wissenschaft und Parapsychologie salonfähig geworden.
Mehr Astrologen als Physiker
Kaum eine Zeitung will heute noch auf das regelmäßige Horoskop verzichten… In Europa und in den USA werden heute dreimal so viele eingetragene Astrologen gezählt wie Chemiker und Physiker. Zu den Kunden der Astrologen gehören längst nicht nur geistig Minderbemittelte, sondern Manager, Unternehmensleiter, höhere Beamte in verantwortlicher Position und führende Politiker. Vielleicht lächeln Sie über die Hausastrologen der politischen Führer im fernen Indien. Versichern Sie sich zuerst, ob nicht der Parlamentsabgeordnete, den sie unterstützt haben, sich ein Horoskop hat stellen lassen, um zu erfahren, welche Chancen er hat.
In Amerika werden okkulte Spiele als ideales Geschenk für Kinder angeboten, so z. B. das »Ouija-Brett« oder die Spiele »Clairvoyant« (Hellseher), »Horoscope«, »Kabbala« oder »Voodoo«. Tischrücken, Hypnose oder die Kontaktaufnahme mit Toten durch ein Medium sind zu beliebten Partyspielen geworden.
Hellseher werden gerne zur Lösung von Kriminalfällen herangezogen. So hat der Telepath Peter Hurkos der Polizei in 17 Ländern geholfen, Mordfälle aufzuklären.
Telepathie im U Boot
Telepathie wird angewendet, wo man sie nie vermuten würde. Weil man diese okkulte Technik als Verständigungsmittel für U Boote einsetzen möchte, ist die Parapsychologie in der Sowjetunion zum Staatsgeheimnis erhoben worden. Aber auch die amerikanische Navy hat 1959 Versuche telepathischer Verständigung mit dem getauchten U Boot »Nautilus« angestellt. Telepathische Experimente hat auch der amerikanische Astronaut Captain Edgar D. Mitchell auf dem Apollo 14 Flug zum Mond durchgeführt.
Auf mindestens 10 Millionen wird die Zahl der Amerikaner geschätzt, die sich mit Hexerei, Satanskult und Schwarzer Magie beschäftigen. England zählt 8 000 praktizierende »Hexer« und »Hexen«, die allen Gesellschaftsschichten entstammen und in »Convents« organisiert sind. Allein zwischen Rom und Mailand arbeiten 10 000 Magier und Wahrsager. In Frankreich gibt es mehr Kartenleger, Handlinienieser und Astrologen als katholische Priester. 1966 wurde in Kalifornien die erste Satanskirche gegründet. Ihr Hohepriester, Anton LaVey sagt: »Das Zeitalter der Teufelsanbetung begann im Jahre 1966, als man Gott für tot erklärte, der Verein für sexuelle Freizügigkeit entstand und die Hippies eine freie Subkultur entwickelten.«
Doch nicht nur Europa und die USA erleben diesen Boom des Spiritismus. In Brasilien haben die afrikanischen Riten der Macumba und Umbanda eine Anhängerschaft von 30 Millionen. Der Umbandakult ist offiziell als Religion anerkannt. Die Zahl der Anhänger wächst von Jahr zu Jahr. Besonders die benachteiligten Schichten in den Großstädten haben ihren Glauben an die korrupte Regierung und die erstarrte Kirche verloren und erhoffen sich nun Heil und Heilung immer mehr von den Hohepriestern der Satanskulte.
Spätestens seit dem Hollywood Spektakel »Der Exorzist« haben Teufel, Psi und Wunderheiler auch die Massenmedien in Europa erobert. Was einst geheim im düstern Kerzenlicht praktiziert wurde, wird heute millionenfach durchs Fernsehen ausgestrahlt. Wo früher ein paar hundert Leute einen Magier im Varieté bewunderten, erliegen heute Millionen der Suggestion eines Uri Geller.
Das Geschäft mit dem Okkulten
Die okkulte Explosion hat auch den Büchermarkt ergriffen. Hunderte von einschlägigen Werken drängen jedes Jahr neu auf den Markt und erreichen schwindelerregende Auflagenhöhen, von Erich von Dänikens Astronauten Göttern bis zum Jahreshoroskop für Jungfrau, Widder oder Löwe, vom tibetanischen Totenbuch bis zu Moody’s »Leben nach dem Tode.« Selbst angesehene Verlage verdienen heute munter mit am Geschäft mit dem Okkulten. Wo früher linkslastige Philosophie und materialistische Weltanschauung das Programm beherrschten, sprossen immer mehr Bücher, die eine jenseitige Welt nicht mehr ausschließen wollen.
So werden immer mehr Menschen bereit, außersinnliche Geschehnisse als Wahrheit zu glauben. Science Fiction Literatur hat nicht mehr nur Unterhaltungswert, sie wird zum Schrittmacher einer neuen Einstellung zum Transzendenten. Da ist mit den Helden des Films »Star Wars« eine gute »Macht«, die sie beschützt. Steven Spielbergs »Unheimliche Begegnung der dritten Art« hat so eindeutig religiöse Untertöne, daß ein Kommentar von einer »Ersatzreligion« spricht.
Geistheilung auf den Philippinen
»Gegenwärtig gelangt der Aberglaube zu neuer, beinahe mittelalterlich anmutender Hochblüte«, schreibt ein deutsches Nachrichtenmagazin. »Mit einer Vehemenz, vor einem Jahrzehnt kaum vorstellbar, haben sich die Menschen – auch Intellektuelle – in den westlichen Industriestaaten von der einst hochgespannten Wissenschaftserwartung abgewandt: Enttäuschte des Wissenschaftszeitalters, die Hermann Hesses Mystizismus wiederentdeckten oder auch den Zen Buddhismus oder die transzendentale Meditation.«
Der neue Aberglaube macht nicht halt beim Übersinnlichen in Weltraum und Technik. Immer mehr Menschen sind auch bereit, Krankenheilungen von Methoden zu erwarten, denen jede naturwissenschaftliche Basis fehlt.
Jedes Jahr pilgern Tausende von Patienten aus dem Westen zu den Philippinen, wo sie sich ihre Krankheiten durch Geistheiler mit bloßen Händen operieren lassen…
Der amerikanische Chirurg Dr. Nolen hat sehr eindrücklich beschrieben, mit welch fingerfertigen Tricks die Heiler die PSI Gläubigen aus dem Westen täuschen. Trotzdem hält der Präsident der Parapsychologischen Gesellschaft Zürich, Dr. Nägeli, an seiner Darstellung fest, daß es sich hier um einen »feinstofflichen Leib« handle, der operiert werde. »Ich glaube«, sagte Nägeli in einem Interview mit einer großen Schweizer Zeitung, »daß die Existenz des feinstofflichen Körpers bis in 10 oder 20 Jahren auch in Europa allgemein anerkannt wird.«
Handauflegung und Hypnose
Sie müssen nicht bis zu den Philippinen reisen, um Zeuge zu werden, wie sich Patienten einem Heiler anvertrauen, der ihnen verspricht, sie mit magischen Kräften zu heilen. Diese Dinge geschehen auch auf unseren Breitengraden. In einem kleinen Schweizer Dorf z. B. bietet eine Frau ihren Patienten Magnetismus und Geistheilung, Mediale Beratungen und Meditationskurse an. Seit eine große Tageszeitung über sie berichtet hatte, pilgerten Tausende zu ihr, um sich durch Handauflegung von ihren Krankheiten, vornehmlich psychosomatischen Leiden, heilen zu lassen. Diejenigen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, werden immer wieder Inserate finden, die ihnen Handauflegung und Hypnose zur Lösung ihres Problems anbieten.
Solange diese Praktiken im medizinischen Abseits ausgeübt werden, haben wenige etwas dagegen. In Amerika ist man schon einen Schritt weiter. Die »New York Times« berichtet: »Eine ungewöhnliche Therapie wird in Spitälern und Schwesternschulen im ganzen Land eingeführt. Krankenschwestern versuchen, den Patienten ihr Los durch Handauflegen leichter zu machen. Die Therapie ist in vielerlei Hinsicht ähnlich dem Handauflegen von Wunderheilern und Mystikern . . .«
Der Unterricht im Handauflegen ist Teil einer neuen Bewegung in Amerika mit dem verheißungsvollen Namen »Holistic-Health«. (Ganzheitsmedizin), die in ihrem Programm auch Akupunktur, Akupressur, autogenes Training, Bio-Feedback, »kreatives Träumen«, Hatha Yoga und andere okkulte Techniken der Heilung anbietet.
Auch Ärzte nicht immun
Selbst schulmedizinisch ausgebildete Ärzte sind gegen die massive Okkult-Welle nicht mehr immun. 1968 wurde im Deutschen Ärzteblatt eine Umfrage unter 500 Ärzten veröffentlicht, die zeigte, daß nur noch 27 % der deutschen Ärzte sich auf die wissenschaftlich anerkannten Therapien beschränken. Es mag vielen von ihnen zugute gehalten werden, daß sie es nur tun, weil sie dem Patienten harmlose Naturheilmittel statt gefährlicher Medikamente abgeben wollen. Die Tendenz ist dennoch eindeutig. Über 1500 Ärzte in der BRD praktizieren Akupunktur (in Frankreich liegen die Dinge ähnlich), über 1000 Ärzte sind Anhänger der Homöopathie, 14 deutsche Krankenhäuser haben eine homöopathische Abteilung (wobei die meisten von der anthroposophischen Medizin her geprägt sind). In Großbritannien arbeiten nach Angaben eines Schweizer Parapsychologen rund 1600 »Geistheiler« in öffentlich finanzierten Gesundheitsdiensten. Die Zahl der Ärzte, die Yoga, Zen und transzendentale Meditation anraten, ist nicht mehr zu überblicken.
Ich weiß von mehreren Ärzten, die mit mir studiert haben, daß sie einem okkulten Orden angehörten, spiritistischen Seancen beiwohnten oder sich in die Transzendentale Meditation einführen ließen.
Immer stärker lassen sich Ärzte dafür einspannen, obskure Außenseitertherapien bekannt und salonfähig zu machen. Ziel vieler Okkultisten ist es denn auch, eine »Heirat von Wissenschaft und Religion«, eine Romanze von Physik und Okkultismus zu arrangieren.
Es wird heute viel von der »neutralen« Anwendung verschiedener Methoden gesprochen, die ihre Wurzel im Okkulten haben. Ein wissenschaftlich ausgebildeter Arzt wird nur zu gerne als Garantie für »saubere« Paramedizin genommen. Doch die Tatsachen zeigen klar: Auch der Titel »Dr. med.« ist für den Patienten keine Sicherheit mehr, daß keine Außenseiter Therapie mit okkultem Hintergrund in ihrer »neutralen, wissenschaftlichen« Form angewendet wird, und damit keine Auswirkungen auf die Psyche und das geistliche Leben hat.
Auch die Schulmedizin, noch vor wenigen Jahren ausschließlich Domäne der Vernunft, wird zunehmend von östlicher Philosophie durchsetzt. Die Hoffnung auf die Wissenschaft, auf den Sieg über die großen Geißeln der Menschheit hat sich zerschlagen. Die Enttäuschung hat auch in vielen Ärzten eine Ratlosigkeit hinterlassen, die sie und ihre Patienten immer mehr in die Arme der Gurus und Heiler treibt.
Teil II – Heilmethoden im Kreuzfeuer
4. Kapitel
Akupunktur – heilende Nadeln aus Fernost
Die amerikanischen Professoren waren verblüfft. Sie standen auf Einladung der chinesischen Regierung auf der Zuschauertribüne eines modern eingerichteten Operationssaales in der Pekinger Medizinischen Universität.
Im gleißenden Licht liegt ein Mann mittleren Alters auf dem Operationstisch. Um den Patienten ist ein Chirurgenteam versammelt. Nun tritt der Akupunkturarzt an den Tisch und gibt dem Patienten eine kleine Dosis Morphium in einen Akupunkturpunkt nahe dem Unterkiefer. Darauf reinigt er sorgfältig den linken Vorderarm mit Alkohol und sticht dann eine Nadel zwischen Handgelenk und Ellbogen ein. Sanft dreht er sie mit seinen Fingern hin und her. Rund zwanzig Minuten später erklärt der Patient, daß er das typische Gefühl der Schwere und der Taubheit im Gebiet um die Nadel herum fühlt. Der Akupunkteur gibt nun dem Chirurgen das Zeichen zum Beginn der Operation.
Die amerikanischen Wissenschaftler, ein jeder ein bekannter Spezialist seines Gebietes, schauen ungläubig zu, wie der Chirurg in Sekunden einen 30 cm langen Schnitt von der Wirbelsäule über die linke Seite des Brustkastens bis nach vorn zum Brustbein legt. Dann entfernt er mit einem scherenähnlichen Instrument zwei Rippen, drückt sie mit einem Retraktor auseinander, und da liegt die rosige Lunge, die sich im Rhythmus des Atems auf und abbewegt. Das Erstaunlichste: Während der ganzen Operation, die eine der schwierigsten ist, die wir kennen, spricht und scherzt der Patient mit den Ärzten. Nach einiger Zeit wird eine kleine Pause eingelegt, in der der Patient etwas zu essen bekommt. Während der ganzen Prozedur bewegt der Akupunkteur ständig die Nadel im Arm des Patienten. Einer der amerikanischen Ärzte erinnert sich: »Der Patient zuckte mit keiner Wimper, noch bewegte er sich oder schwitzte er. Er tat nichts, was Schmerz oder Unwohlsein angedeutet hätte.«
Seit 1971, als dies geschah, reißen die Berichte in den Zeitungen über die chinesischen Nadelwunder nicht mehr ab. Die Akupunktur ist auch in den Universitäten der westlichen Wissenschaftler zu einem anerkannten Forschungsobjekt geworden, über dessen Wirkungsweise sich die Gelehrten bis heute nicht einig sind. Große Universitätskliniken wie z. B. die Justus Liebig Universität in Gießen wenden Akupunkt⁵r an tausenden von Patienten an, um angeblich die Risiken der Narkose zu verringern und Medikamente einzusparen.
Das große Rätsel
Doch wird die Akupunktur längst nicht mehr nur zur Schmerzlinderung eingesetzt. Immer mehr Naturärzte und Heilpraktiker wenden sie mit großem Erfolg gegen Leiden aller Art an, vom Heuschnupfen bis zum Magengeschwür, von Schweißfüßen bis zur Drogenentziehung. Heute praktizieren in Frankreich über 1000 Akupunkturärzte, in Deutschland mehr als 1500, und ihre Zahl ist ständig im Steigen begriffen. Fast jedes Jahr wird eine neue Variante der Akupunktur »erfunden«. So wird bei der Akupressur statt der Nadeln einfach der Druck der Finger angewendet, bei der Laserakupunktur »sticht« man mit Hilfe einer kleinen Laserkanone. Die Ohrakupunkteure schließlich behaupten, es genüge, die Nadeln nur am Ohr anzusetzen. Bei der Elektroakupunktur werden die Nadeln an ein batteriebetriebenes Gerät angeschlossen, das feine elektrische Vibrationen erzeugt. Im Grunde genommen sind alle diese neuen Methoden aufgebaut auf dem Prinzip der chinesischen Akupunktur. Unter den einzelnen Schulen herrscht teilweise eine erbitterte Auseinandersetzung um den »rechten Weg«. Auf diesen Streit kommen wir noch zu sprechen.
Besonders unklar ist jedoch, wie denn Akupunktur eigentlich wirkt. Allein in den Jahren 1976/77 erschienen in angesehen medizinischen Zeitschriften über hundert wissenschaftliche Arbeiten, in denen sich die Gelehrten den Kopf darüber zerbrachen, wie es möglich sei, daß z. B. eine goldene Nadel im Ohr Beschwerden bei Krampfadern lindern könne.
Was sollen wir als Christen von der Akupunktur halten? Hat sie, wie mir ein Arzt sagte, »mit der chinesischen Akupunktur nur noch den Namen gemeinsam?« Oder ist sie eine neue Form der Hypnose, die einen Menschen unter den Einfluß widergöttlicher Mächte bringen kann? Inwieweit wirkt sich der Hintergrund der östlichen Philosophie auf die Anwendung durch den Arzt und Heilpraktiker von heute aus?
Ich will versuchen, Licht in diese Fragen zu bringen anhand der Aussagen, die die Akupunkteure unserer Zeit in ihren Büchern machen, sowie aufgrund der Erfahrungen verschiedener Seelsorger, die hinter die Kulissen der mit Akupunktur behandelten Patienten gesehen haben.
»Des Gelben Kaisers Lehre von der Inneren Medizin« – eine kurze Geschichte der Akupunktur
Die chinesische Medizin ist uralt. Die Grundlagen der traditionellen Medizin des Reichs der Mitte werden auf den sagenumwobenen Kaiser Huang Ti zurückgeführt, der vor etwa 5000 Jahren gelebt haben soll. Seine Lehren wurden über Jahrhunderte mündlich überliefert und dann im Buch »Huang Ti Nei Ching« (übersetzt: Des Gelben Kaisers Lehre von der Inneren Medizin) niedergeschrieben.
Darin unterhält sich der Kaiser mit einem seiner Minister über die Funktionen des menschlichen Körpers, über seine Erkrankungen und ihre Heilung. Das ganze Werk ist inspiriert von den astrologisch-religiösen Auffassungen der damaligen Zeit und ist für den westlichen Leser unverständlich und geheimnisvoll wie das große Land hinter der chinesischen Mauer selbst.
Es war das Anliegen Huang Tis und späterer medizinischer Schriftsteller in China, die Funktion des Menschen in die Funktion des Weltalls einzufügen. »Weil die Welt sich aus fünf Elementen zusammensetzte, gab es fünf Hauptorgane: Herz, Lunge, Niere, Leber und Milz. Zu ihnen gehörten fünf Hilfsorgane: Dickdarm, Dünndarm, Gallenblase, Magen und Harnblase.
Sie standen in einem merkwürdigen Verhältnis von Freundschaft und Feindschaft zueinander, die wiederum auf die Eigenarten der fünf Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser zurückgingen. Die Niere als Organ des Wassers mußte ein Feind des Herzens sein, das als Organ des Feuers galt. Jedem Organ entsprach ein bestimmter Planet und eine bestimmte Jahreszeit. So besaß das Herz z. B. eine Wechselbeziehung zum Sommer.«
Am wichtigsten jedoch war die Wirksamkeit der durch alle Menschen fließenden Energie, des Tao und ihrer Komponenten Yang und Yin. Dieser »Weltgeist« bewegte sich angeblich durch ein System zahlreicher Adern und Kanäle auch Meridiane genannt , die bis heute nicht nachgewiesen werden konnten. Da es den Chinesen aus religiösen Gründen verboten war, menschliche Körper zu sezieren, besaßen sie nur ungenaue Kenntnisse der anatomischen Verhältnisse. Das Gehirn hielten sie für ein kleines unbedeutendes Organ, die Milz dagegen für das Denkzentrums. Sie ersetzen diesen Mangel an Wissen durch die Zuordnung der beiden Kräfte Yin und Yang zu den einzelnen Organen. So war der Rücken Yang, der Bauch Yin. Leber, Herz, Milz, Lunge und Niere waren Yang, während Magen, Galle, Dickdarm, Dünndarm und Harnblase Yin waren. Yang ist das Symbol der Wärme, der Kraft, der Männlichkeit. Yin hingegen steht für Kälte, Schwäche, für das Weibliche.
Die »Zauberpforte«
Im zweiten Teil des Buches, genannt »Zauberpforte«, beschreibt das »Nei Ching«, welche Möglichkeiten der Akupunkturarzt hat, um Krankheiten zu verhüten und zu heilen. Dazu gehörte nicht nur die Kenntnis der richtigen Nadelungspunkte, sondern auch eine Unmenge von Kräuter-Rezepten, verschiedene Massageformen und nicht zuletzt Zaubersprüche und Amulette. Sie alle sollten irgendwie das Gleichgewicht der kosmischen Kräfte wiederherstellen. Die Theorien des ersten und die praktischen Anweisungen des zweiten Teils des »Nei Ching« bilden noch heute die Grundlagen der traditionellen chinesischen Medizin.
Wie in anderen Hochkulturen lag auch im alten China das Wissen um die Medizin in den Händen der Priester. Dies ergaben Knochenfunde aus dem 2. Jahrtausend v. Chr., auf denen Texte eingeritzt waren, die sich sehr ausführlich mit verschiedenen Krankheiten beschäftigen. »Die Beschreibung solcher Leiden auf Orakelknochen, mit deren Hilfe die Götter um Rat gefragt wurden, zeigt, wie sehr auch die altchinesische Medizin einmal von der Vorstellung erfüllt war, daß die Krankheiten von Göttern und Dämonen gesandt seien.«
Offensichtlich geht die Behandlung mit Nadeln, die man später im Westen »Akupunktur« (vom Lateinischen acus = Nadel und punctus = Punkt) nannte, auf die allerfrühesten Ärzte zurück, wahrscheinlich auf spiritistische Schamanen. »Der Kampf gegen die vermeintlichen Dämonen im Körper eines Kranken hatte letzteren vielleicht den Gedanken eingegeben, die bösen Geister durch Einstiche mit Nadeln zu vertreiben«.
Die späteren Gelehrten verließen die Geistertheorie und bauten statt dessen die Akupunktur in ihre astrologischen Systeme ein.
Nicht nur in der Behandlung ging die chinesische Medizin eigene Wege, sie entwickelte auch eigene Diagnoseverfahren. Schon früh hatte man nach äußeren Zeichen für innere Krankheiten gesucht. »Zufallsbeobachtungen führten dazu, Beziehungen zwischen dem Aussehen der Zunge oder des Auges mit verborgenen Krankheiten herzustellen.« Darauf wurde dann ein ganzes Lehrgebäude errichtet, das mehr auf Spekulation und wildwuchernder Phantasie beruhte als auf der Wirklichkeit. Man wird dabei unwillkürlich an moderne diagnostische Außenseitermethoden erinnert, wie die Irisdiagnose (siehe Kap. 8). Den wichtigsten Platz nahm jedoch die »Pulsdiagnose« ein, denn »auch der Puls war ein Glied der großen Vorstellungswelt von Kosmos und Mensch.« Wir werden später noch darauf zu sprechen kommen.
Durch die Jahrtausende wurde auch in China selbst die Akupunktur verschieden beurteilt, sie blieb jedoch ein wichtiger Bestandteil der Volksmedizin. Durch Jesuitenmissionare, die in China tätig waren, wurde das Wissen um die Akupunktur schon vor 200 Jahren nach Frankreich gebracht. Zur Zeit der französischen Revolution war die Akupunktur eine richtige Modetherapie, doch verschwand sie bald wieder aus dem öffentlichen Blickfeld“.
Im Pariser Krankenhaus »Hotel Dieu« finden noch heute regelmäßig Akupunktur-Sprechstunden statt, und französische Krankenkassen vergüten die Anwendung von Akupunktur, wenn sie von Ärzten betrieben wird und keine andere Behandlung zum Ziel führt.
Bevor wir uns jedoch mit der Anwendung der Akupunktur im Westen beschäftigen, wollen wir ein wenig mehr auf die philosophischen Hintergründe der Akupunktur, insbesondere auf den Taoismus, eingehen.
Harmonie mit dem Kosmos
Der Taoismus ist eine alte chinesische Religion, die auf den sagenumwobenen Philosophen Lao Tse zurückgeht. Sie »schillert in allen Farben und enthält Elemente des philosophischen Taoismus . . . zusammen mit Bestandteilen der alten Volksreligion, mit Zauberei, Geomantik und Alchemie.«
Schon lange vor Lao Tse gab es im alten China Spekulationen über die Naturkraft, die diese Welt hervorgebracht hat. Diese kosmische Kraft nannten sie Tao und ihre verschiedenen Auswirkungen führten sie auf die beiden Kräfte Yin und Yang zurück.
»Der Begriff Tao, von dem die Religion ihren Namen herleitet«, schreibt der Chinakenner und ehemalige Direktor der China-Inland-Mission, Leslie Lyall, »besagt dasselbe wie das Wort, das als Übersetzung verwendet wird für >das Wort< im 1. Kapitel und für den >Weg< im 14. Kapitel des Johannesevangeliums. Diese Begriffe sind in der chinesischen Philosophie sehr wichtig, und Tao bedeutet nichts anderes als >der Weg des Universums<. Tao ist das erste und wichtigste Prinzip und steht damit noch über Gott selbst. Es ist die >universelle kosmische Energie hinter allen natürlichen Ordnungen<.«
Das Tao hat zwei Gesichter, Yin und Yang. Sie sind einander entgegengesetzt und doch eins. Es gibt im Taoismus nicht, wie die Bibel es lehrt, die beiden widerstreitenden Kräfte von Licht und Finsternis, von Gott und Satan. Gut und Böse kommen aus derselben Quelle. »Die Chinesen«, schreibt Marcel Granet, ein Kenner der chinesischen Philosophie, »sehen in der Religion und in der Magie ebensowenig wie im Reinen und im Unreinen absolute Gegensätze.« Eine solche Lehre bezeichnet man als »Monismus« (mono = eins). Wir finden sie in allen östlichen Religionen wieder, aber auch hinter allen modernen Naturheilverfahren. Diese Lehre wird konsequenterweise auch auf die chinesische Medizin angewandt. »Für die chinesische Medizin ist der ganze Mensch, Körper und Seele, eine echte Einheit, deren vollkommene Harmonie erst das Tao ausmacht.«
»Dieses Universum schwingt hin und her zwischen den Polen von Yin und Yang«, schreibt ein moderner taoistischer Philosoph. »Alle Wesen und Naturereignisse, die erscheinen und vergehen, sind nichts anderes als vielfältige Ausdrucksformen dieser kosmischen Ur-Energie. Alles fließt aus dieser einen Unendlichkeit und unterscheidet sich nur durch ein verschiedenes Maß an Yin und Yang.«
Yin und Yang haben Beziehungen zu den Sternbildern und zu den Naturelementen (Feuer, Holz, Wasser etc.), zu den Jahreszeiten und zu den Farben, zu unseren Gemütsregungen und zu unseren Körperfunktionen. Wiederholt haben chinesische Philosophen Systeme entworfen, die alle diese Beziehungen einordnen. So teilten sie auch den Körper in acht Teile, denen sie acht Zeichen zuordneten. Diese bestehen aus kurzen und langen Balken, die in drei Lagen übereinander angeordnet sind und deshalb auch Trigramme genannt werden. Sie wurden früher vor allem von den Meistern der Orakelkunst gebraucht, um Diagnosen zu stellen. Heute findet man sie immer wieder in den Akupunkturbüchern abgebildet.
Das Hauptthema der taoistischen Philosophie ist der Einklang zwischen Mensch und Kosmos. Der Mensch soll sich dem Walten des Himmels, dem Handeln des Tao unterstellen und tugendhaft leben. Die chinesischen Philosophen waren überzeugt davon, daß der Makrokosmos, also die Sterne und die Naturgewalten, einen Einfluß auf den Mikrokosmos haben, auf das also, was im menschlichen Körper abläuft. Wer die Beziehungen zwischen den Körperöffnungen und den Eingeweiden kenne, der wisse nicht nur Bescheid über den Menschen, sondern habe dadurch auch eine umfassende Kenntnis von Himmel und Erde, weil es Entsprechungen gebe zwischen Eingeweiden, Tugenden, Elementen, Gefühlsregungen und der himmlischen Energie »Ch’i«, die das ganze Universum und auch den Menschen durchströme.
Unsterblich durch Meditation?
Lao Tse könnte auch ein Ausgeflippter von heute sein, denn er war gegen Wissenschaft und Kultur und sah das Heil in der Rückkehr zum natürlichen und einfachen Leben. Viele taoistische Einsiedler und Asketen versuchten durch Versenkung in das Tao und durch die Naturverbundenheit ihr Leben zu verlängern. Mit Hilfe von Alchemie, Rutengehen, Magie und Mystik wurden allerlei Lebenselixiere und Unsterblichkeitspillen hergestellt. Wer sein unbedingtes Vertrauen in sie setzte, erlebte den Erfolg der Mittel.
So erzählt eine Legende, wie ein Gläubiger eine Unsterblichkeitstablette zuerst an seinem Hund ausprobierte, der prompt verendete. Dennoch nahm er im Glauben die Pille ein – und starb. Genauso erging es seinem Bruder. Als aber der jüngste Bruder die Leichen begraben wollte, erwachten sie nicht nur wieder zum Leben, sondern erhielten zur Belohnung für ihren Glauben die Unsterblichkeit.
Ein weiteres Element des Taoismus war die Meditation. Durch sie wollte man einen vergeistigten, über alle Beschränkungen dieser Welt erhabenen Körper erlangen. Durch körperliche und geistige Zucht sollte das eigene Ich ausgelöscht werden und an seine Stelle das weltumfassende Tao treten. Wer dies erreicht habe, dem könne nichts mehr in dieser Welt etwas anhaben. Er gehe durch Mauern und reite auf Wolken. Die Geister und Dämonen seien ihm untertan, und er könne sie herbeirufen und ihnen Befehle erteilen.
Gesundheit und Unbesiegbarkeit durch Meditation – wer wird da nicht an die Versprechungen des Maharishi Mahesh Yogi mit seinem Programm der Transzendentalen Meditation erinnert? Immer wieder und unter immer neuem Gesicht bieten okkulte Heilslehren dem Menschen an, wovon er schon lange träumt! Doch was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, und dabei doch Schaden an seiner Seele nimmt?
Keine Akupunktur ohne östliche Philosophie
Der okkulte Hintergrund der Akupunktur wird von vielen ihrer heutigen Anhänger verharmlost. So schreibt Dr. J. Bischko, ein Wiener Akupunkteur, die Chinesen seien »kein mystisches Volk, ganz im Gegenteil sehr ausgeprägte Realisten. Sie haben es aber meisterhaft verstanden, durch Einsetzen höherer Gewalten bestimmte Dinge auf der Erde durchzusetzen. So wurden beim Hausbau Geomanten (Wünschelrutengänger) zugezogen, die erforschen sollten, ob die geplante Lage einer Wohnstatt auch den diversen Geistern angenehm sein würde. In Wirklichkeit waren diese Leute Landschaftsarchitekten . . .«
Es wundert bei dieser Haltung nicht, daß an dem von Dr. Bischko geleiteten Ludwig Boltzmann Institut in Wien unter anderem auch mit dem Pendel »Forschung« betrieben wird‘.
Andere Akupunkteure haben sich völlig von der Mutter ihrer Kunst, von der taoistischen Philosophie abgewandt. »Vergessen Sie die alten Lehren des Taoismus«, sagte mir ein Akupunktur-Arzt. »Was wir heute mit unseren Nadeln bewirken, beruht auf der Stimulierung des vegetativen Nervensystems. Yin entspricht dem Parasympathikus, Yang dem Sympathikus. Die alten Chinesen haben dieses System in genialer Weise erkannt, haben es aber mangels besseren Wissens in ihre Philosophie eingebaut.«
Diese Ansicht wird vor allem von naturwissenschaftlich ausgebildeten Ärzten vertreten, die eine gewisse Wirkung nicht leugnen wollen, sich sonst aber von Okkultismus und Aberglauben freihalten möchten. Solche Akupunktur-Ärzte zu finden, gleicht der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen, denn, so sagte mir ein Akupunktur-Spezialist: »Neunzig Prozent aller Akupunkteure arbeiten mit okkulten Mitteln.«
Dies zeigt sich auch in der Literatur über die Akupunktur. Was die einen verharmlosen und die andern verleugnen, wird von der dritten Gruppen vehement verteidigt. Ihre erstaunlichen Wirkungen entfalte die Akupunktur »nur, wenn sich der Behandler nach den originalen Vorschriften richte, die auf jahrtausendealten Grundsätzen beruhen«, meint der Freiburger Akupunktur-Spezialist Dr. C. Schnorrenberger. Selbst eine Kombination von westlicher Diagnose und chinesischer Behandlung lehnt er ab. Er rät den westlichen Akupunkturärzten, sie dürften in keinem Fall ihre Einstichpunkte der westlichen Medizin zuordnen. Der Akupunkteur »muß sich unbedingt zusätzlich nach den Theorien der alten chinesischen Medizin orientieren, wenn er bedeutende Heilerfolge haben will. Verhält er sich anders, mag er bestenfalls so etwas wie eine unspezifische Reiztherapie zustandebringen«. Diese Ansicht vertritt auch der neuzeitliche taoistische Philosoph G. Ohsawa. Er sagt ganz klar, die orientalische Medizin sei nicht von ihren philosophischen Grundlagen zu trennen. Für viele Parapsychologen und Spiritisten ist die Akupunktur ein Beweis ihrer okkulten Lehren. Und immer mehr Menschen glauben ihnen unter dem Eindruck der Erfolgsmeldungen, die überall veröffentlicht werden.
Pulse, Punkte, Meridiane
Wir sehen, die Akupunkteure sind sich selbst nicht einig. Doch bevor wir näher darauf eingehen, wollen wir einen Blick auf die Begriffe werfen, die sie immer wieder verwenden:
1. Die Energie Ch’i
2. Die Meridiane
3. Yin und Yang
4. Die Akupunkturpunkte
5. Die Diagnose
6. Die Therapie
Sodann wollen wir einige Forscher zu Wort kommen lassen, die diese Dinge näher untersucht haben. Gibt es wissenschaftliche Beweise für die Behauptungen der Akupunktur?
In einem weiteren Abschnitt werden wir die Theorien diskutieren, die man sich über die Wirkungsweise der Akupunktur gemacht hat. Läßt sich der Effekt der Akupunktur wissenschaftlich nachweisen? Weshalb wirkt sie auch bei europäischen Patienten im Krankenhaus, z. B. bei der Narkose?
Schließlich wollen wir uns der Frage zuwenden, ob und wo okkulte Elemente in die moderne Ausübung der Akupunktur hineinspielen.
1. Die Energie Ch’i
»Die Wurzel der Akupunktur liegt im Geist . . . Der menschliche Geist ist vom Himmel gegeben, die körperliche Energie stammt von der Erde. « So beschreibt es eine alte chinesische Schrift.
Wir haben schon gesehen, daß die schöpferische Urkraft eine zentrale Rolle im chinesischen Denken spielte. Die Energie, die den Menschen durchfließt und aus der Unendlichkeit des Kosmos ausströmt, wird Ch’i genannt. Jede unsichtbare Kraft, sei dies das Rollen des Donners, das Zucken der Blitze, die Bewegung eines Armes oder das Wachsen einer Pflanze, wird auf Ch’i zurückgeführt. Die gleiche Vorstellung finden wir bei den Hindus, die der Lebenskraft den Namen »Prana« gaben. Prana offenbart sich im Weltall, hat ihren Sitz aber im Herzen des Menschen. Mit ihrer Energie rechnen auch die Besprecher, und einige von ihnen nennen sich deshalb »pranische Heiler«. Diese Energie hat noch weitere Namen. Sie entspricht dem »Ätherleib« der Anthroposophen und der »feinstofflichen Energie«, mit der spiritistische Heiler arbeiten.
Das Ch’i des menschlichen Körpers wird nach Ansicht der Chinesen aufgenommen aus dem Ch’i der Luft und geht von dort in das Organsy¬stem der Lunge, die wiederum mit dem Dickdarm verbunden ist. Der Magen entzieht sein Ch’i der Nahrung und gibt sie weiter an die Milz.
Der Mensch kann nur funktionieren, wenn sein Ch’i mit der kosmischen Energie im Einklang steht. Eine Mutter kann nur ein Kind empfangen, wenn sie in dieser kosmischen Harmonie lebt. Nimmt das Ch’i im Körper ab, so entsteht eine Schwächung; der Tod tritt ein, wenn das Ch’i aus dem Körper entflieht.
2. Die Meridiane
Die Energie zirkuliert nach Ansicht der chinesischen Forscher in vorgezeichneten Bahnen, auch »Meridiane« genannt. Diese haben nichts mit Nerven, Arterien, Venen oder Lymphgefäßen zu tun. Unser Körper weise angeblich zwölf Meridiane auf, die den verschiedenen Organen zugeord¬net sind. So gibt es einen Herz Meridian und einen Gallenblasen-Meridian, einen Lungen und einen Dickdarm Meridian u. a. m. Jeder wird mit einem Buchstaben und mit einer Zahl bezeichnet. Eine beson¬dere Rolle spielt der Meridian mit dem blumigen Namen »Dreifacher Erwärmer«. Über ihn werden drei Funktionskreise beeinflußt: die Atmung, die Nahrungsaufnahme und die sexuelle Potenz. Während diese zwölf Kanäle paarig als je sechs Yin und sechs Yang Meridiane angelegt sind, gibt es noch zwei »wunderbare Gefäße«, das »Konzep¬tionsgefäß« und das »Lenkergefäß«, auf denen viele wichtige Punkte liegen.
Die Energie pulsiert in diesen Meridianen in einem bestimmten kosmischen Rhythmus. Jeder Meridian hat zu einer gewissen Zeit seine größte Energiefülle, zu einer anderen Zeit seine größte Energieleere. So hat der »Meister des Herzens« seine größte Empfindlichkeit zwischen 12 und 14 Uhr, der Leber Meridian aber zwischen 2 und 4 Uhr morgens. Auf alle diese Rhythmen muß der Akupunkteur Rücksicht nehmen, wenn er richtig behandeln will.
3. Yin und Yang
Die Kräfte Yin und Yang spielen nicht nur in der chinesischen Philosophie eine große Rolle. Wie die ganze Natur zwischen Yin und Yang hin und her schwingt, so verhält es sich auch im menschlichen Körper. Solange diese Kräfte im Gleichgewicht sind, kann die Energie Chi fließen.
Geraten Yin und Yang aber aus der Balance, so entsteht Krankheit. So werden die schrecklichen Fieberattacken bei Malaria von Kaiser Huang-Ti folgendermaßen erklärt: »Das Frostgefühl und das Fieber werden durch die abwechselnde Vorherrschaft von Yin und Yang verursacht. Die Erscheinung kommt zustande, indem im Sommer Hitze unter der Haut gespeichert wird, die sich dann in den anderen Jahreszeiten, wenn sich das Gleichgewicht zwischen Yang und Yin verschiebt, in Form von Frostschauern und Fieber äußert.«
Für den westlich geschulten Mediziner sind auch die Leiden, die durch eine Energieverschiebung hervorgerufen werden, nur schwer mit dem schuldigen Meridian zu verbinden. So verursacht ein Yin Yang-Ungleichgewicht im Milz Meridian folgende Symptome: Übelkeit, Magenschmerzen, Schluckauf, Verdauungsstörungen, Schlaflosigkeit, übermäßiges Verlangen nach süßschmeckender Nahrung, Tagesmüdigkeit, Durchfall und ein allgemeines Krankheitsgefühl.
Ist der Dünndarm Meridian betroffen, so können Taubheit, Gelbfärbung der Augen, Ellenbogenschmerzen, Nackenschmerzen oder Gesichtsschwellungen entstehen.
4. Die Akupunkturpunkte
Auf den Meridianen liegen über 700 Punkte, die man nadeln kann. Die Akupunkteure unterscheiden verschiedene Typen: Tonisierungs und Sedierungspunkte, Quell und Durchgangspunkte, Herolds und Zustim¬mungspunkte, Reunions und Kardinalpunkte (nach Bischko“). Um diese Punkte mit einem Durchmesser von 1-3 mm aufzufinden, verwendet der Akupunkteur ein Punktoskop. Dieses ist nichts anderes als ein Hautwiderstandsmeßgerät. Wenn es auf einen Punkt mit erniedrigtem Hautwiderstand stößt, so kann der Akupunkteur dies an einer Skala oder an einem Lämpchen sehen. Der wissenschaftliche Wert dieser oft mit großem technischem Klimbim versehenen Punktoskope ist sehr umstritten.
5. Die Diagnose
Die chinesische Medizin kennt vier Arten der Diagnose:
1. WANG = Beobachten
2. TING = Hören und Riechen
3. WEN = Befragen
4. TSIE = die Pulsdiagnose
Wenn der Akupunkteur beobachtet, so sucht er nicht wie der westliche Arzt nach Krankheitszeichen, auch wenn er ganz ähnlich vorgeht. Er beobachtet besonders die Körperöffnungen, von denen Zunge und Augen am wichtigsten sind. Die Augen sind die Öffnung der Leber, das Oberlid gibt Aufschluß über die Milz, und das Augenweiß zeigt ihm den Zustand der Lungen. Das Verfahren gehört zu den Vorläufem der heutigen lrisdiagnose, auf die wir noch zu sprechen kommen.
Durch Hören und Riechen erfährt der Akupunktur Arzt weitere wichtige Details. Er hört nicht nur auf die Schwingungen der Stimme, sondern versucht auch feinste Körpergerüche festzustellen, die das Zentrum der Yin Yang Störungen ermitteln helfen, eine Arbeit, die ihm durch die moderne Kosmetikindustrie nicht gerade erleichtert wird.
Auch in der Befragung legt der Akupunkteur andere Schwerpunkte als der westlich geschulte Mediziner. Weil die vier Himmelsrichtungen Beziehungen zu den Organen haben, ist die Anfälligkeit für Krankheiten davon abhängig, wo ein Patient wohnt. Je nachdem muß er auch seine Nadeln anders einsetzen. In seiner Befragung interessiert sich der Akupunktur Spezialist daher besonders für das Klima, unter dem der Patient lebt, für seine Nahrung, für seine Aktivitäten und nicht zuletzt für seinen Tagesrhythmus, denn die Tageszeit und die Sterne haben seiner Ansicht nach ganz bestimmte Einflüsse auf den Körper. Alle Fragen beziehen sich auf Yin und Yang und geben ihm so nach der chinesischen Philosophie den besten Aufschluß über den körperlichen Gesundheitszustand.
Diese alten Diagnosemethoden werden von den heutigen Akupunkteuren im Westen in verschiedener Weise angewendet. Die einen halten nichts mehr davon und verlassen sich lieber auf die westliche Diagnostik von Blut, Urin und Stuhl, andere beharren darauf, daß nur die chinesische Art der Diagnose den rechten Aufschluß für die korrekte Behandlung gibt.
Besonders umstritten im Lager der westlichen Nachahmer Huang Ti’s ist die wichtigste chinesische Diagnosehilfe: die Pulstastung. Für den Akupunkturarzt bedeutet der Puls mehr als nur der Schlag des Herzens. Er sieht darin das Pulisieren der kosmischen Energie, die ihm die besten Aussagen über den Zustand des Patienten machen kann.
Er faßt die Hand des Patienten ungefähr an der Stelle, wo auch die westlichen Ärzte den Puls fühlen und legt drei Finger im Abstand von ungefähr 1,5 cm darauf. Zuerst setzt er die Fingerkuppen nur leicht auf und tastet dabei die oberflächlichen Pulse, die ihm an der rechten Hand Auskunft geben über die Funktion des Dickdarms, des Magens und des »dreifachen Erwärmers«. Dann verstärkt er den Druck, um auch die »tiefen Pulse« zu tasten, die ihm an der rechten Hand den Zustand der Lunge, der Milz und des Organs »Kreislauf Sexualität« anzeigen. Um die andern sechs Organe auf ihren Energiegehalt zu untersuchen, fühlt er die sechs Pulse der linken Hand.
Dazu schreibt der Akupunkteur Stiefvater: »Die Pulsdiagnose bringt meines Erachtens das Unbewußte von Arzt und Patient in Kontakt . . . Das ganze Procedere legt den Gedanken nahe, daß es sich hierum eine archaische Methode handelt, die sich über den Puls an die seelisch-körperliche Komplexität dessen heranzutasten versucht, was die Chinesen Ch’i (Energie) nennen. Möglicherweise gibt es sensitive Untersu¬cher, die auf diese Weise das Unbewußte des Patienten anzapfen können«.
6. Die Therapie
Wenn der Akupunkteur die Diagnose gestellt hat, sei es durch die Pulsdiagnose, sei es mit den Mitteln der modernen Medizin, so beginnt er mit der Behandlung. Der moderne Akupunkteur hat heute im Minimum folgende Nadeln, deren Länge zwischen 2 und 17 cm schwankt:
2 Gesichtsnadeln aus Gold (angeblich anregende Wirkung)
2 Gesichtsnadeln aus Silber (angeblich beruhigende Wirkung)
2 große Goldnadeln
4 kleine Goldnadeln
4 große Silbernadeln
6 kleine Silbernadeln
2 Japannadeln mit Führungsröhrchen (aus Silber oder Stahl)
Doch gibt es auch Ärzte, die mit einem ganz anderen Besteck arbeiten. Strittig ist, ob man wirklich Gold und Silbernadeln verwenden soll, oder ob die gleichen Effekte nicht einfach auch mit Nadeln aus Stahl erzielt werden können. Geteilter Meinung sind die Experten auch über die Zahl der Nadeln. Während man noch vor ein paar Jahren Bilder von Patienten veröffentlichte, die einem Igel ähnlich sahen, werden heute oft nur noch einige wenige Nadeln gesetzt.
Ziel der Nadeltherapie ist die Wiederherstellung des gestörten Gleich¬gewichts zwischen Yin und Yang und damit die Heilung der Krankheit.
Wo will Akupunktur helfen?
Welche Krankheiten können nach Angaben der Akupunkteure eigentlich behandelt und geheilt werden? Die folgende Liste ist einem Vortrag des französischen Akupunkturarztes Dr. de Tymowsky entnommen:
1. Alle Arten von Schmerzen, insbesondere rheumatische Beschwerden, Sehnenentzündungen, Neuralgien, Migräne und Gürtelrose
2. Die krampfartigen Beschwerden: Magen und Darmkrämpfe (Verstopfung, Durchfall, Geschwüre an Magen und Zwölffingerdarm). Die Akupunktur sei auch nützlich bei Umschulungstherapien in
Fällen von Kinderlähmung und Querschnittslähmung (!)
3. Schlafstörungen
4. Bettnässen
5. Allergien: Heuschnupfen, Ekzeme, Asthma, Hautjucken
6. Leichte Depressionen und Angstzustände
7. Krampfadern, Hämorrhoiden
8. Nach Unfällen und Operationen, schnellere Heilung von Knochen¬brüchen
9. Gewisse Fälle von Schwerhörigkeit und Taubstummheit
10. Alkoholiker, Raucherentwöhnung, Suchtentwöhnung
11. Narkose
Diese Liste, die leicht gekürzt wiedergegeben wurde, ist ein klassi¬sches Beispiel für die Überschätzung der Akupunkturwirkungen. Es ist ein Verbrechen, Querschnittgelähmten mit Akupunktur Hoffnung zu machen und ihnen große Summen Geldes abzuknöpfen. Auch in der Behandlung von Schwerhörigkeit gibt es bis jetzt keine überzeugenden Resultate“. Wir kommen darauf noch am Schluß des Kapitels zu sprechen.
Soweit die Stimme der Akupunkteure. Aber wie beweisen sie ihre Aussagen? Inwieweit können ihre Erklärungen wissenschaftlichen Untersuchungen standhalten? Wird die Akupunktur den hohen Erwartungen, die sie weckt, wirklich gerecht? Warum funktioniert sie nicht bei jedem Patienten? Ist die Nadeltechnik wirklich so ungefährlich? Diese Fragen bedürfen einer Klärung.
Fadenscheinige Beweise
Vielen Ärzten, die selbst Akupunktur praktizieren, ist es nicht recht wohl mit dem philosophischen und okkulten Ballast, den sie in ihrem Beruf mit sich herumtragen. Immer wieder versuchen sie, ihre Therapie zu rechtfertigen und zu erklären. Die Deutsche Akademie für Akupunktur e. V. lehnt daher jede Akupunkturerklärung ab, die mit »Himmel und Erde« und »verdorbenen Energien« zu tun hat. Dr. Johannes Bischko vom Ludwig Boltzmann Institut in Wien will so weit nicht gehen. Er versucht zwar auch, die Akupunktur zu entmystifizieren, möchte aber die Begriffe beibehalten, weil sie »weit über unsere eng gefaßten Synonyme hinausgehen«. Auch in China wird auf diesem Gebiet eifrig Forschung betrieben, denn auch den kommunistischen Machthabern paßt die mystische Grundlage der Akupunktur nicht in ihr materialistisches Weltbild.
Weil Bischko die »kosmische Energie« für nichts anderes als Änderungen des elektrischen Kraftfeldes der Erde hält, beschäftigen sich Forscher an seinem Institut insbesondere mit dem Nachweis dieser elektrischen Energien. Ein Mitarbeiter Bischkos, der Physiker Maresch, der nebenbei auch mit dem Pendel an der Erforschung von Naturheilmethoden arbeitet, untersuchte das Verhalten der Haut unter verschiedenen Wetterbedingungen. Mit Hilfe empfindlicher Hautwiderstandsmessungen fand er Punkte mit einem speziell niedrigen Widerstand. Und diese stimmten angeblich genau mit den Akupunkturpunkten überein. Wie schon erwähnt, wird die gleiche Methode auch in der Alltagspraxis angewendet, um die Akupunkturpunkte zu »finden«. Zweifel an diesen Messungen meldet sogar ein Experte an, der selbst vom Fach ist, der Akupunktur Sepzialist Dr. G. Fisch: Zahlreiche Messungen seien falsch und hätten nicht sehr weit geführt.
Der Hautwiderstand ist nämlich von vielen Faktoren abhängig, die nichts mit der Akupunktur zu tun haben. Im Grunde mißt man mit solchen Geräten nur die Schweiß Absonderung des Patienten. Jeder Mensch wird stärker schwitzen, wenn man ihm eine Nadel in die Haut sticht. Aber das beweist noch gar nicht, daß deshalb spezielle Akupunkturpunkte existieren. In der Psychologie wird der Hautwiderstand immer wieder benutzt, um zu sehen, wie eine Versuchsperson von einer Situation oder von einem Bild, das man ihr zeigt, innerlich erregt wird. Dem gleichen Ziel dient die Hautwiderstandsmessung bei der Überprüfung des Erfolgs der modernen Werbung‘. Auch in der Kriminalistik hat man sich das Prinzip zunutze gemacht: Der amerikanische Lügendetektor beruht ebenfalls darauf. Wenn ein Verdächtigter sich im Kreuzverhör in Lügen verstrickt, sondert er unwillkürlich mehr Schweiß ab. Die Apparatur registriert sofort den Abfall des Hautwiderstandes und zeigt dem Beamten, daß an diesem Punkt etwas faul ist.
Einen weiteren Versuch zum Nachweis der Akupunkturpunkte hat der Wiener Histologe Kellner gemacht, indem er 12000 Proben von Hautstellen untersuchte, die man kürzlich Verstorbenen herausgestanzt hatte. Dabei glaubte er, einen speziellen Aufbau der Akupunkturpunkte nachgewiesen zu haben. Dazu ist zu sagen, daß schon mehrere Arbeiten über einen angeblich besonderen Aufbau der Akupunkturpunkte erschienen sind, die nach genauer Prüfung selbst von den Akupunktur Anhängern wieder verworfen werden mußten. Auch kann man mit einem anatomisch festgelegten System nicht mehr erklären, weshalb sich dann, wie der Akupunkteur Dr. Schnorrenberger schreibt, die Punkte bei Krankheiten und psychischen Belastungen verschieben können.
Noch schwieriger als der Nachweis der Akupunkturpunkte ist ein Beleg des Meridiansystems. Die Akupunkteure geben ja selbst zu, daß ihre Meridiane nichts mit Nerven und Blutgefäßen zu tun haben. Die wenigen Erklärungen, die dafür gegeben werden, beruhen auf höchst seltenen Einzelbeobachtungen. Im ganzen gesehen sind sie dünn und kraftlos.
Was sagt die Schulmedizin?
In einigen Universitäts Krankenhäusern Europas wird heute die Akupunktur zur Unterstützung der Narkose angewendet. In einem Bericht über 500 Operationen am Deutschen Herzzentrum München berichtete Dr. Pongratz, daß Narkosemittel hätten eingespart werden können und daß die Patienten auch während komplizierter Operationen ansprechbar geblieben seien. Wenn man sie etwas fragte, so konnten sie mit Nicken oder Kopfschütteln Antwort geben. Durch die Elektroakupunktur Stimulation seien auch die Narkose Komplikationen nach der Operation vermindert worden.
Es ist wichtig, daß wir zuerst klarstellen, in welchem Rahmen Akupunktur bei der Narkose in westlichen Krankenhäusern angewendet wird. Die Narkose wird wie üblich mit einer kurzen Vollnarkose eingeleitet. In dieser Zeit werden die Nadeln gesetzt und an ein batteriebetriebenes Stimulier Gerät angeschlossen. Dazu kommen alle üblichen Kon¬trollgeräte einer modernen Narkose. Nach etwa einer halben Stunde läßt man den Patienten langsam zu sich kommen: Er wird wacher, verspürt aber weiterhin keine Schmerzen. Sollte dies ausnahmsweise doch der Fall sein, so gibt man mehr Schmerzmittel in die Tropfinfusion.
Neurophysiologen (Wissenschaftler, die sich mit der Erforschung der Nervenfunktionen befassen) haben verschiedene Theorien aufgestellt, die die Wirkung der in den westlichen Operationssälen angewendeten Elektro Akupunktur erklären könnten.
Grundsätzlich sagen sie, daß es durch Akupunktur zu einer unbewu߬ten Ablenkung vom Schmerz komme. Schmerzlinderung durch Ablenkung das gab es schon, bevor man bei uns von Akupunktur redete. Im Krieg kam es immer wieder vor, daß Soldaten in der Hitze des Gefechts gar nicht merkten, daß sie einen Arm verloren hatten. Erst als die Spannung nachließ, verspürten sie den furchtbaren Schmerz an dem von Granaten zerfetzten Stumpf.
Betrachten wir nun einige der wissenschaftlichen Theorien näher: Da ist zuerst einmal die Gate Controi Theorien: Darin stellt der kanadische Psychologie Professor Melzack die Hypothese auf, daß ein Schmerzreiz im Gehirn eine viel schwächere Reaktion auslöst, wenn gleichzeitig Druckrezeptoren in der Haut gereizt werden. Vielleicht erklärt dies, weshalb wir uns das Schienbein reiben, wenn wir es angeschlagen haben: Wir tun damit nichts anderes, als aus einem natürlichen Instinkt heraus einen Druck auf die Haut auszuüben und über diesen Mechanis¬mus den Schmerzreiz im Gehirn zu dämpfen.
Doch hat auch diese Hypothese ihre Schwächen, und bereits wurde sie von einigen Forschern widerlegt und durch andere Hypothesen ersetzt: Ganz sicher kann sie nicht alle Phänomene der Akupunktur erklären.
Großes Aufsehen haben neue Forschungen mit Mäusen erregt, die nachweisen, daß durch die Stimulation mit Nadeln im Gehirn selbst eine schmerzlindernde Substanz freigesetzt wird, Endorphin genannt. Diese Substanz ist in ihrer Wirkung dem Morphium ähnlich, wird aber vom Körper selbst produziert. Bereits hat man mehrere Stoffe dieser Art im Gehirn isoliert und versucht, sie auf den verschiedensten Gebieten der Medizin anzuwenden.
Andere Arbeiten zeigen jedoch, daß Endorphine auch freigesetzt werden, wenn ein Patient eine wirkungslose Tablette, »Placebo« genannt, einnimmt und fest daran glaubt, daß sie seine Schmerzen lindern könne.
An der Universität von San Franzisko machte man eine Untersuchung an rund 50 Patienten, denen ein Weisheitszahn herausoperiert wurde. Wer einmal einen Zahn ziehen lassen mußte, weiß wie schmerzhaft das ist. Es zeigte sich, daß bei einer Gruppe von Testpersonen auch völlig wirkungslose Stoffe zu einer genügenden Schmerzfreiheit führten, wenn sie nur daran glaubten. Die Schmerzen kamen wieder, wenn man ein Mittel injizierte, das die Endorphine des Gehirns blockierte.
So haben vielleicht diejenigen Forscher nicht unrecht, die die Wirkung der Akupunktur auf Hypnose und Suggestion zurückführen. Prof. Wall beispielsweise beschreibt in zwei Artikeln seine eigenen Erlebnisse in China: Die Patienten, die unter Akupunktur Narkose operiert werden, glauben felsenfest an diese Methode. Sie werden schon Tage oder Wochen vor der Operation aufgenommen und unterziehen sich einem intensiven psychischen Training. Die Ärzte sprachen von »geistigen Aspekten« der Akupunktur, um ihre Wirksamkeit zu erklären.
Interessant ist, daß in China selbst immer weniger Patienten mit Hilfe von Akupunktur narkotisiert werden. Nach einem Bericht der nationalen Akademie der Wissenschaften der U.S.A. werden heute nur etwa 10 % der Operationen mit Hilfe von Akupunktur durchgeführt, und auch dabei kombiniert man sie mit westlichen Narkosemethoden. Andere Berichte sprechen sogar von nur 5 %.
Zweifel bestehen auch hinsichtlich der Notwendigkeit, genau in die Punkte zu stechen, die auf den alten Akupunkturtafein angegeben werden. Prof. Wall schreibt, der Akupunkturreiz bei der Narkose werde in China so chaotisch verschiedenartig« gegeben, daß man auf dieser Grundlage gar nicht beginnen könne, die Akupunkturwirkungen wissenschaftlich exakt zu erforschen. Durch Forschungen an Freiwilligen in Toronto haben andere Forscher ebenfalls festgestellt, daß auch die Nadelung falscher Punkte zum gleichen schmerzlindernden Effekt führt.
Hinter vorgehaltener Hand erzählte an einem Narkose Kongreß ein Mitarbeiter eines deutschen Akupunktur Professors einem anderen Narkose Oberarzt, daß bei einigen Patienten die Nadeln während der Operation unbemerkt herausgefallen seien. Sie hätten trotzdem keine Schmerzen gespürt, weil daneben genügend Schmerzmittel gegeben wurden.
Ich habe selbst ein Jahr auf der Narkoseabteilung eines großen Krankenhauses gearbeitet und dabei erlebt, wie wenig Schmerzmittel bei manchen Patienten genügen, um eine Operation durchführen zu können. Vielleicht sind die Arbeiten von Dr. Pongratz in München und von Prof. Hergete in Gießen weniger ein Beweis für die Wirksamkeit der Akupunktur als vielmehr dafür, daß man auch mit kleineren Mengen von Narkosemitteln Schmerzfreiheit erzeugen kann, als dies bis anhin ange¬nommen wurde.
Die wissenschaftlichen »Beweise« für die Akupunktur sind so verschieden und einander widersprechend, daß der amerikanische Narkose Papst und weltbekannte Schmerzspezialist Prof. Dr. J.J. Bonica die Akupunktur nicht einmal für Narkose, geschweige denn für die Heilung von chronischen Leiden anwenden würde, bevor genauere Forschungen vorliegen.
Ich kann gut verstehen, wenn Ihnen jetzt der Kopf raucht. Worauf ist denn Verlaß? Bis heute steht die Wissenschaft vor einem Rätsel, wie die Akupunktur denn eigentlich funktioniert. Es gibt wohl Modelle, wie wir gesehen haben, aber schlüssige Antworten gibt es nicht.
Der Beweisnotstand der Akupunktur Anhänger schafft einen fruchtbaren Nährboden für spiritistische Erklärungsmodelle jeder Art. Immer mehr Bücher wollen gar nichts mehr wissen von einem materiellen Beweis für die Akupunktur. Sie rechnen ganz neu mit okkulten Kräften, auch wenn sie diese wissenschaftlich verbrämen. Dr. G. Fisch spricht für viele, wenn er sagt: »Die Akupunktur kann nicht getrennt werden von der chinesischen Medizin, von der Wissenschaft der menschlichen Energe¬tik . . . Wir sind weit entfernt von der einfachen Reflextherapie, die in Europa durch die Unkenntnis von der chinesischen Medizin aus der Akupunktur gemacht wurde.«
Die gefährliche Schlange
Nach der Überzeugung der Hindus ruht in jedem Menschen eine gefährliche Schlange. Ihr Name ist »Kundalini«, und sie liegt zusammengerollt am Ende der Wirbelsäule. Man sollte nie versuchen, sie ohne die Anleitung eines Guru zu wecken. Erhebt sie sich nämlich, und wird sie ohne Kontrolle losgelassen, so rast sie, und kein Mensch kann ihr widerstehen.
Die Schlange »Kundalini« symbolisiert für die Hindus die verborgene übernatürliche Energie, die in jedem Menschen schlummert. Um sie freizusetzen, üben die Gurus ein spezielles Yoga, das Kundalini Yoga. Wenn die Schlange erwacht, so bewegt sie sich entlang feiner Kanäle, Chakras genannt, und steigt auf bis zum Herzen, wo sie dann Wohnung nimmt‘.
Doch was hat dies mit unserem Thema zu tun? Verschiedene Forscher stellen einen Zusammenhang zwischen Kundalini und der chinesischen Energie Ch’i her. Die Kanäle, denen die Schlange folge, entsprächen den Akupunktur Meridianen. Akupunktur sei nichts anderes als ein kontrolliertes Wecken und Gebrauchen der Schlange »Kundalini«, wie dies im Kundalini Yoga geschehe. Als den Punkt, wo westliche Medizin, chinesische Heilkunde und indisches Yoga sich treffen, bezeichnet Dr. Hiroshi Motoyama, Leiter des Instituts für religiöse Psychologie in Tokio, die Akupunktur.
Besondere Anstrengungen werden unternommen, um zu zeigen, daß der Mensch wirklich von einer kosmischen Energie durchflossen wird. Schon 1854 hat der deutsche Freiherr von Reichenbach ein Buch veröffentlicht, in dem er beschreibt, daß »sensitive« Menschen im Dunkeln ein Licht abstrahlen, das manchmal bläulich, manchmal orange aufglimme. 1939 entdeckte der sowjetische Forscher Kirlian eine Fotographie, die nach ihm benannt ist und angeblich das Energiefeld des Menschen, seine Aura, zeigt‘. Wenn man die Hand eines Menschen in ein Hochspannungsfeld bringt und sie dann fotografiert, zeigen sich bläuliche und rötliche Blitze an den Fingerspitzen. Seriöse Wissenschaft¬ler erklären, daß es sich dabei um elektrische Phänomene handle, die von feinsten Wassertröpfchen an der Hand ausgehen. Doch Parapsychologen und Akupunkturforscher in aller Welt verwenden die Kirlian-Photografien als Beweis für die Existenz der von Chinesen und Hindus postulierten kosmischen Lebensenergie.
Professor William Tiller von der Stanford Universität glaubt, das bisher gesammelte Material genüge, um zu beweisen, daß der Mensch nicht nur seinen leiblichen Körper habe, sondern auch einen »Astralleib«, wie ihn die Yoga Literatur beschreibt. Der Körper bestehe aus sieben Ebenen: 1. die Ebene des sichtbaren Körpers. Die 2. Ebene nennt er die ätherische. Sie werde angeblich von einem »ätherischen Double« bewohnt, das den Körper nicht verlassen könne und vor allem die Aufgabe habe, die kosmische Energie im Körper zu verteilen und die Gesundheit des Menschen zu erhalten. Auf dieser Ebene lägen auch die Wirkungen der Akupunktur. Die dritte Ebene bilde dann der Astralleib, der in etwa der menschlichen Seele entspreche und den Körper verlasse, wenn er sterbe, um sich später wieder zu reinkarnieren. Dazu kommen noch weitere hypothetische Körperebenen.
Die Liste von okkulten »Beweisen« für die Existenz der kosmischen Energie der Akupunktur könnte beliebig fortgesetzt werden. Je mehr sich die Wissenschaft erfolglos abmüht, das Phänomen der Akupunktur befriedigend zu erklären, desto mehr wenden sich die Menschen von heute den Erklärungen der Parapsychologie zu, ob diese nun stimmen oder nicht. Immer mehr Menschen gelangen durch die Erfolgsmeldungen der Akupunktur zu der Überzeugung, daß die Philosophien der Hindus und der Chinesen die Grundlagen für die Wiederherstellung der Gesundheit in sich tragen. Immer mehr Menschen werden offen für die östlichen Heilslehren und verlassen Gottes Weg, den ihnen die Bibel zeigt.
Tod im Nadel Wirrwarr
Die Akupunktur birgt nicht nur geistliche Gefahren in sich, sondern auch medizinische Komplikationen. Die meisten Heilpraktiker haben sich die neue Einnahmequelle nämlich in einem kurzen Kurs von ein bis sieben Tagen erworben. Dennoch wird nach einer solchen Wochenendkurs-Schnellbleiche munter drauflos gestochen und zwischen 50 und 200 Mark pro Sitzung kassiert.
Dementsprechend kommt es auch häufig zu Komplikationen und Fehlschlägen, die jedoch geflissentlich verschwiegen werden. So beschreibt ein Artikel im »Journal of the American Medical Association« (JAMA) verschiedene schwere Folgeerscheinungen durch Akupunktur; die Liste reicht von Infektionen nach Nadelstichen über verpaßte Diagnosen bis hin zum Anstechen der Lunge“.
Besonders tragisch ist der Fall eines deutschen Arztes, der während eines Einführungskurses in die Akupunktur einen Herzinfarkt erlitt: Statt ihn sofort ins Krankenhaus einzuliefern, versuchten sich die verschiedenen »Spezialisten« mit ihren Nadeltherapien an dem armen Kollegen. Die herbeigerufenen Sanitäter wurden in ihrer Rettungsarbeit behindert: Immer wieder mußten Nädelchen aus der Oberlippe entfernt werden, um den Patienten richtig beatmen zu können. Endlich gelang es, eine Infusion anzulegen, die jedoch von einem Kollegen herausgerissen wurde, weil er einen Aderlass für angezeigt hielt. Die Folge: »Tod im Nadel Wirrwarr«, wie ein deutsches Nachrichtenmagazin seinen Bericht betitelte; der Patient starb auf dem Weg ins Krankenhaus.
Dieser Vorfall macht deutlich, daß die Akupunkteure sich auch im Katalog der Leiden, die sie behandeln wollen, bei weitem überschätzen.
Wir müssen ganz deutlich festhalten: Keine Krankheit, die von einer nachweisbaren organischen Veränderung hervorgerufen wird (Infektio¬nen, Lähmungen, Krebs, Erbkrankheiten, Arteriosklerose, Taubheit, Multiple Sklerose u.v.a.m.) kann durch Akupunktur beeinflußt werden, auch wenn dies immer wieder behauptet wird. Dies haben wiederholte Nachprüfungen der von Akupunkteuren beanspruchten Erfolge ergeben.
Unbestreitbar sind jedoch die Erfolge bei den sogenannten funktionellen Erkrankungen, denjenigen Leiden also, bei denen die Funktion eines Organs gestört ist, z. B. die veränderte Ausschüttung von Magensäure, die unter Streß zu Magengeschwüren führt, oder die ebenfalls durch vielerlei psychische Faktoren beeinflußten Hautausschläge. Große Erfolge buchen die Akupunktur Heiler auch bei der vorübergehenden Linderung von rheumatischen Schmerzen aller Art. Zu den Spitzenreitern gehört die Migräne, die oftmals psychisch überlagert sein kann.
Doch selbst auf dem Gebiet der funktionellen Krankheiten ergeben genauere Untersuchungen ein anderes Bild: Die Erfolge waren nur von kurzer Dauer, und viele Patienten gingen enttäuscht auf die neuerliche Suche nach Gesundheit.
Soll ein Christ sich mit Akupunktur behandeln lassen?
Nachdem wir nun alle diese Hintergründe der Akupunktur gesehen haben, kommen wir zu der wichtigen Frage: Soll ein Christ unter diesen Umständen zum Akupunkteur gehen oder nicht?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir unterscheiden zwischen
1. Akupunktur bei Narkose im Krankenhaus und
2. Akupunktur zur angeblichen Heilung von Krankheiten durch Heilpraktiker.
Ich bin davon überzeugt, daß wir nicht alle Wirkungen der Akupunktur dämonischen Kräften in die Schuhe schieben können. Viele der Erfolge der Akupunktur sind Suggestiverfolge, die ebensogut durch ein »Placebo« (eine wirkungslose Tablette) oder durch geschickte Suggestion hätten erzielt werden können. Ich weiß aus persönlichen Gesprächen, daß es Akupunkturärzte gibt, die nichts, aber auch gar nichts von den philosophisch okkulten Hintergründen der Akupunktur wissen wollen. Sie sind davon überzeugt, daß sie mit ihren Nadeln nur das unwillkürliche Nervensystem beeinflussen. Diese Ärzte sind selten, aber wir dürfen sie nicht in den Eimer okkulter Verallgemeinerungen werfen.
Vor allem trifft man diese Ärzte in den Narkose Abteilungen westlicher Krankenhäuser, doch selbst hier werden nicht selten okkulte Modelle für die Erklärung der Akupunktur gebraucht. Wir haben schon gesehen, daß sich einige Effekte auf diesem Gebiet durch die spezielle Bau und Funktionsweise unseres Nervensystems erklären lassen. Auf der anderen Seite dürfte die zusätzliche Anwendung von herkömmlichen Schmerzmitteln einen nicht geringen Anteil an den vermeintlichen Erfolgen der Akupunktur in der Narkose haben.
Wenn Sie jedoch als Christ die Anwendung von Akupunktur während der Narkose nicht mir Ihrem Gewissen vereinbaren können, so teilen Sie dies einfach dem verantwortlichen Arzt mit. »Die Methode ist nämlich nicht angezeigt«, sagt der Gießener Professor Herget, »wenn die Patienten . . . dem Verfahren von vornherein ablehnend gegenüberstehen.«
Nun kommen wir aber zur zweiten Gruppe, zu jenen Akupunkteuren, die mit ihren Nadeln Krankheiten heilen wollen und die zu 90 % mit der Wirkung okkulter Kräfte rechnen. Ich habe zu der Frage, ob ein Christ sich von ihnen behandeln lassen soll, verschiedene Ärzte und Seelsorger um eine Stellungnahme gebeten.
Besonders interessiert uns natürlich die Meinung eines christlichen Arztes, der unter Chinesen arbeitet. Dr. Peter Wee ist selbst Chinese und führt eine Praxis in Singapore. Er schreibt:
»Hier in Singapore wird der Akupunkteur einfach als Heilpraktiker der chinesischen Medizin betrachtet und sonst nichts. Sucht der Patient mehr, als ihm der Akupunkteur bieten kann, so geht er in einen buddhistischen Tempel, um ein Medium zu konsultieren. Vielleicht empfiehlt ihm dann das Medium Akupunktur, je nachdem, ob es Erfahrung damit hat oder nicht. Obwohl die Akupunktur seit Präsident Nixons Besuch in China 1972 im Westen Mode geworden ist, hat das die medizinische Alltagsarbeit hier in Singapore in keiner Weise beeinflußt. Es gibt hier einige westlich ausgebildete Ärzte, die versuchen, Geld auf diesem Gebiet zu machen, aber die Leute, die sich häufig durch Akupunktur behandeln lassen, gehen nicht zu westlich ausgebildeten Ärzten, die sich ihr Wissen nur in einem raschen Kurs angeeignet haben. Nach der Volksmeinung sollten die westlichen Ärzte bei ihrer Art von Medizin bleiben und Akupunktur und Kräutermedizin den Heilpraktikern der traditionellen chinesischen oder malayischen Medizin überlassen.
Ich habe oftmals Patienten, die zu mir kommen, wenn die Akupunktur versagt hat (z. B. bei Arthritis, Fibrositis, Neuritis, etc.) . . . So hatte ich bis jetzt keinen Grund, einen Patienten und noch weniger einen christlichen Patienten zu einem Akupunkteur zu schicken. Die westlichen Medika¬mente, die wir geben, genügen vollauf, um die meisten rheumatischen Leiden zu behandeln, die die Menschheit befallen. Wenn die Krankheit unheilbar ist, dann kann der Akupunkteur auch nicht mehr machen, sind doch die meisten seiner >Behandlungen< rein symptomatisch. Man beanspruchte immer wieder dramatische Heilungen durch Akupunktur, so wie man oft zu Unrecht wunderbare Heilungen in der charismatischen Bewegung aufbauschte . . .
Persönlich habe ich keine Erfahrung mit Akupunktur, und ich habe auch kein Verlangen, einen Kurs zu besuchen, denn ich habe viel zu oft die Komplikationen und das Elend gesehen, das entstanden ist, weil die Patienten Zuflucht beim Akupunkteur suchten. Patienten mit halbseitigen und mit Querschnittslähmungen sowie mit Krebs haben riesige Summen für Akupunkturbehandlungen ausgegeben, ohne jeden Erfolg. In vielen Fällen wären rheumatische Leiden auch ohne Medikamente und Akupunktur ausgeheilt, denn wir wissen sehr gut, wie durch die Weisheit unseres Herrn die Körpergewebe sich selbst heilen, ohne daß irgendein Eingriff durch Medikamente, Kräuter oder Nadeln nötig wäre.«
Dr. Christian Klopfenstein, Autor des Buches »La Bible et la santé«, schrieb mir: »Ich persönlich glaube, daß die Akupunktur keine sehr exakte Wissenschaft ist. Selbst wenn gewisse Aspekte wissenschaftliche Erklärungen haben, ist nichts sehr sicher. Dennoch gibt es Phänomene, die sich möglicherweise wissenschaftlich erklären lassen werden. Es scheint mir aber offenkundig, daß der Geist der Magie und die Suggestion einen sehr großen Einfluß auf die Resultate haben.
Alle diese Naturheilmethoden beanspruchen den Glauben der Kranken, vielleicht weil ihnen die medizinische Wissenschaft Gott oder den Glauben an Gott wegnehmen wollte. Der Mensch hat ein fundamentales Bedürfnis, etwas zu glauben und sich jemandem anzuvertrauen. Und wenn er nicht an den wahren Gott glaubt, dann setzt er sein Vertrauen auf alle Arten von Betrug, Nachahmungen und auf alle möglichen Dinge, die ihn in die Irre leiten . . .«
In der Seelsorge scheint sich zu bestätigen, daß viele westliche Akupunkteure mit okkulten Mitteln arbeiten.
Dr. Kurt Koch, bekannt durch seine zahlreichen Veröffentlichungen zum Problemkreis von Seelsorge und Okkultismus, sieht hinter den Erfolgen der Akupunktur als wichtige Kraft den medialen Faktor. Der spiritistische Hintergrund der östlichen Religionen und Heilpraktiken führe zur Entwicklung medialer Kräfte, die Dr. Koch folgendermaßen definiert: »Medialität ist ein Offensein für das Transpsychische, das Metaphysische, das Supranaturale, das Dämonische.« Er zitiert dann Missionare und gläubige Forscher, die jahrelang in Asien gelebt haben. Sie erklären, daß 95-99 % der nichtchristlichen Bevölkerung medial veranlagt seien. Diese Medialität habe verschiedene Stärke, je nachdem, wie stark sich eine Person in die okkulten Praktiken der asiatischen Religionen eingelassen habe. Weil im Westen der Prozentsatz medial veranlagter Menschen viel kleiner sei, habe die Akupunktur dort auch viel weniger Erfolg. Koch fügt hinzu, »daß Medialität die Meditation, die Suggestionen jeder Art, die Hypnose, die Narkose, die Telepathie, die Trancefähigkeit vertieft. Nahezu alle spiritistischen Praktiken sind ohne Medialität nicht durchführbar. Akupunktur ist in vielen Fällen eine mediale Anästhesie (Unempfindlichkeit, Schmerzbetäubung). Ob das in allen Fällen zutrifft, vermag ich nicht zu sagen.«
Die kritiklose Öffnung für die Einwirkung einer unbekannten Energie führt immer wieder zum Einfluß widergöttlicher, dämonischer Mächte und in der Folge zu schweren Glaubenshindernissen sowie zu psychischen Störungen. Dies geschieht auch beim blinden Glauben an die Wirksamkeit der Akupunktur, besonders wenn der Akupunkteur bewußt mit übernatürlichen Mächten rechnet. Dr. Kuster, Arzt und Seelsorger, erzählte mir, daß sich die Frau eines Predigers in der Schweiz von einem Akupunkteur habe behandeln lassen. Die rheumatischen Schmerzen seien weggegangen, doch habe sie wochenlang nicht mehr mit ihrem Mann beten können. Dies ist kein Einzelfall.
Ein anderer sehr erfahrener Seelsorger, ein Pfarrer der Schweizerischen Landeskirche, schrieb mir von einer Familie, in der sich mehrere Mitglieder bei einem Akupunkteur behandeln ließen. Die Folge: »Sie gerieten durch die Behandlung in ein geistiges Durcheinander, in eine Verwirrung, die ihnen jede Lust nahm, je wieder zur Akupunktur Zuflucht zu nehmen. Sie durften dann in der Seelsorge wieder zurechtfinden.«
Kampf um den Geist
Der Kampf um die Heilung durch Akupunktur spielt sich auf der Ebene des Geistes ab. »Manches deutet darauf hin, daß sich auf dem Weg über die Ohrmuscheln eine Änderung des Bewußtseins einleiten und sich der Mensch seelisch manipulieren läßt«, meint der Freiburger Akupunkteur Dr. Schnorrenberger im Hinblick auf die Ohrakupunktur. Und an die Versprechungen der modernen östlichen Heilslehren erinnert ein Ausspruch der deutschen Akupunkteurin Gräfin Hardenberg: »Leute, die immer irgendwelche seelischen Konflikte haben, mache ich einfach frei . . .«
Für Christen stellt sich die Frage: An wen glauben Sie? Wer macht Sie wirklich frei? Wem öffnen Sie Ihr Bewußtsein, um sich manipulieren zu lassen? Die Aussagen der Akupunkteure und die Verheißungen Gottes stehen sich diametral gegenüber. Wer beansprucht, Menschen mit Hilfe von Nadeln »frei zu machen«, der bietet Steine statt Brot. Wer sich einer Bewußtseinsänderung unter Akupunktur öffnet, der wird »seelisch manipuliert« – aber von wem?
Was ein amerikanischer Experte auf dem Gebiet östlicher Denkströmungen, Mark Albrecht, schreibt, deckt sich auch mit meiner Erfahrung: »Obwohl viele Arten psychischer Heilung, wie z. B. die Akupunktur, nicht offen anti-christlich oder anti-biblisch sind, zeigt unsere Erfahrung, daß Leute, die sich mit diesen Dingen einlassen, meistens zu irgendeiner Form okkulter Weltanschauung oder östlich mystischer Praktik gelangen.«
Ein Abschnitt aus dem Buch von Dr. Duke über Akupunktur mag zum Abschluß noch einmal illustrieren, wie sehr auch die heutige Anwendung der Akupunktur verwoben ist mit östlicher Philosophie: »Der Akupunktur Spezialist . . . ist von dem Bewußtsein erfüllt, daß im Universum alles Geschehen von absoluter Präzision und Ordnung erfüllt ist und es somit keine Mysterien gibt, die sich seinem Begreifen entziehen. Das ist keine Arroganz, sondern das beglückende Gefühl einer innigen Verbindung zwischen Mensch und Natur. Da keine höchste Macht, kein Herr über himmlische Heerscharen die Welt erschaffen hat, liegen die Kräfte, die hinter Leben und Tod, Krankheit und Gesundheit stehen, nicht jenseits des menschlichen Fassungsvermögens. Sie sind als Ch’i in jedem Lebewesen, jedem Baum und jeder Blume, jedem Windhauch und jedem Regentropfen enthalten.
Der Akupunkturarzt sieht das Leben jedes Kranken als integralen Bestandteil des Weltalls. Er stellt die Gesundheit des Patienten nicht nur um ihrer selbst willen wieder her, sondern auch damit die ganze Welt richtig funktionieren kann. Jede Nadel, die er zwischen seinen Fingern dreht, führt die »gewichtige Sendung universaler Harmonie in ihrer dünnen Spitze mit sich«.
Die wichtige Anfrage der Christen an die Akupunktur liegt nicht nur in der Gefahr der okkulten Belastung. Viel wichtiger ist die Frage: Wem glauben wir mehr, den Verheißungen der Bibel oder den Versprechungen östlicher Philosophien? Wem öffnen wir unser Bewußtsein: Gott oder fremden Mächten, die uns seelisch manipulieren? Hier liegen die wahren Gefahren der Akupunktur. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft und unter dem Anspruch, die Gesundheit wiederzugeben, wird dem Patienten unmerklich eine Dosis östlicher Philosophie unter die Haut gespritzt. Das ist der wunde Punkt, an dem sich Christen ernstlich fragen müssen, ob sie diese Methode anwenden und gar weiterempfehlen sollen oder nicht.
»Seht zu«, schreibt der Apostel Paulus an die Kolosser, »daß Euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Grundsätzen der Welt und nicht nach Christus. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig; und ihr habt alles völlig in ihm (Kol. 2, 8-9).«
5. Kapitel
Fußreflexzonenmassage – Handauflegung am Fuß
Immer wenn der 53 jährige Maschinenschlosser Roland Becker, beim Arbeiten spürt, wie sich seine Nackenmuskulatur verkrampft, weiß er, daß ein Migräneanfall bevorsteht. Dann verläßt er für kurze Zeit seinen Arbeitsplatz und verzieht sich in die Ankleideräume im Keller. Dort zieht er die Schuhe aus, streift hastig die Socken ab, winkelt das Bein an und beginnt seine große Zehe mit langsamen Strichen zu massieren. Nach einigen Minuten wechselt er die Stellung und vollzieht das gleiche Ritual an der anderen Großzehe. Dann kehrt er wieder zurück zu seiner Maschine.
Roland Becker ist Anhänger einer neuen Heilmethode, die immer mehr Menschen in ihren Bann zieht. Er vertraut in allen kleineren Unbilden des Lebens auf die heilende Wirkung der Fußreflexzonenmassage.
So alt wie die Akupunktur
Was ist eigentlich Fußreflexzonenmassage? Woher kommt sie? Die Geschichte dieser Therapie führt uns 5000 Jahre zurück in die Zeit der alten chinesischen und indischen Volksmedizin. Sie hat dieselbe Wurzel wie die Akupunktur. Schon damals behandelten die Ärzte ihre Patienten nicht nur mit Nadeln, sondern auch mit Massage an verschiedenen Druckpunkten. Ähnliche Behandlungsmethoden fanden sich auch in der indianischen Volksmedizin‘.
Es verwundert daher nicht, daß wir in den Hintergründen der Fußreflexzonenmassage alle Elemente der östlichen Philosophie wiederfinden, die wir schon bei der Akupunktur kennengelernt haben. Wiederholen wir kurz die wichtigsten Punkte und vergleichen wir sie mit den Aussagen der Fußreflexzonen Therapeuten.
1. Makrokosmos und Mikrokosmos entsprechen sich und beeinflussen sich gegenseitig. In einem Vortrag weist Frau Marquardt, die Verfasserin des Buches »Reflexzonenarbeit am Fuß«, auf die Irisdiagnose, die Ohrakupunktur und die Kunst des Handlinienlesens hin und sagt: »So, wie Sie in der heutigen Zeit oft hören werden, daß sich im Teil das Ganze spiegelt . . ., so werden wir auch vom Fuß her mit diesem Wissen konfrontiert.« In ihrem Buch wird sie noch deutlicher: »Das Gesamtbild des Körpers kann man sich monitorähnlich verkleinert in den Füßen vorstellen … Jedes Organ findet in der Regel seine entsprechende Reflexzone da am Fuß, wo im Körper die gleiche Körperzone durch das Organ führt.«
2. Der Mensch steht in einem kosmischen Energiefeld und wird von Energie durchflossen. »Für die Reflexzonentherapie der Füße sollte man bedenken, daß die Füße eine wechselwirksame Verbindung mit der Erde herstellen. Man kann sie auch als Pole auffassen, gewissermaßen um das elektromagnetische Spannungsfeld im Menschen auszugleichen.« Über die Beziehungen zwischen Organen und Fußreflexzonen sagt Frau Marquardt: »Dieser Zusammenhang ist ein energetischer, der weiter noch nicht wissenschaftlich erfaßt werden kann. Sie können jedoch sicher sein, daß er nicht direkt über heute bekannte Nervenbahnen läuft. Diese Energieübertragung vom Fuß hinein in die Organe ist auch nicht an die Meridianlehre gebunden; es muß sich um ein in sich selbst geordnetes Energie System handeln, das sowohl vom Körper in die einzelnen Fußteile hineinwirkt und vom Fuß Rückwirkungen in den Körper hat.«
3. Krankheit ist die Folge eines Energie Ungleichgewichts. Dazu wieder ein Zitat der Reflexzonenmasseure: » Die Aufgabe des Therapeuten ist die, daß er anhand eines großen Helfers, nämlich des Schmerzes, feststellen kann, wo der Mensch in seinem >Kleinformat Fuß<, nicht mehr geordnet ist. Aus der Akupunkturlehre ist der Satz bekannt: >Schmerz ist der Schrei des Gewebes nach flutender Energie<.«
4. Die Behandlung der Krankheit erfolgt über den Zufluß von Energie nach den Prinzipien von Yin und Yang. Frau Marquardt sagt: »Wir haben damit eine wirkliche Be-Hand-lung im wahrsten Sinne des Wortes. Wir befassen uns mit dem Menschen, wir fassen seinen Fuß an, und dadurch, daß wir mit der Hand arbeiten, stellen wir als Therapeut unsere Dynamik, unseren Rhythmus zur Verfügung, um die gestörte Dynamik und den gestörten Rhythmus des Patienten zu ordnen«, und weiter: »Es ist wichtig zu wissen, daß bei der Methode der Reflexzonenbehandlung am Fuß nie ein Symptom oder eine Indikation, sondern immer der kranke Mensch als energetische Einheit behandelt wird.«
Auch die Idee von Yin und Yang wird angetönt: Wir arbeiten an den Reflexzonen des Menschen ganz bewußt mit einer bestimmten Grifftechnik, denn wir bedienen uns eines wellenförmigen Griffes, der sich dadurch, daß er in zwei gegensätzlichen Phasen geht (nämlich in die Aktion und in die Ruhe), ganz wesentlichen Lebensprinzipien unterordnet. Alles Lebendige ist von dieser Polarität gekennzeichnet, ob sie die Gegensätze Sommer und Winter nehmen, Ebbe und Flut oder Einatmung und Ausatmung …
Diese wenigen Zitate zeigen, daß auch die Fußreflexzonenmassage in die Reihe derjenigen Naturheilmethoden eingereiht werden muß, die auf östlicher Philosophie beruhen.
Das Anatomiebuch auf den Fuß projiziert
Diese alten chinesischen Prinzipien wurden zu Anfang des 20. Jahrhunderts vom amerikanischen Hals-Nasen-Ohren Arzt William Fitzgerald neu entdeckt und konsequent auf ein Gebiet angewandt, das sich neben Irisdiagnostik und dem Handlinienlesen ebenfalls als Spiegel des menschlichen Körpers eignete: auf den Fuß. In einem zusammen mit einem anderen Arzt verfaßten Buch, Zone- Therapie, gab er für praktische Ärzte, Zahnärzte, Gynäkologen, Hals Nasen Ohren Ärzte und Chiropraktoren-Krankengeschichten und Therapievorschläge heraus.
Er teilte den Menschen in zehn senkrechtverlaufende »Reflexzonen« ein, die an der Fußsohle enden und dort angeblich alle Organe des Körpers genau abbilden. »Unreinheiten im Blut« sinken nach unten und lagern sich angeblich als Harnsäure Kristalle an den Nervenenden der Fußsohle ab, wo man sie mit ein wenig Übung tasten könne: Dadurch finde man nicht nur das erkrankte Organ, sondern könne die Krankheit durch Wegmassieren dieser Unreinheiten heilen.
Praktisch tat er damit nichts anderes, als die Zeichnungen in seinem alten Anatomiebuch so gut wie möglich auf die Fußsohlen zu übertragen. Das Großhirn projizierte er auf die große Zehe, das Herz beispielsweise auf den vorderen Fußballen, die Nieren in das Fußgewölbe.
Weil nicht mehr alle Organe auf der Fußsohle Platz hatten, dehnte er seine Lehre von den Reflexzonen auf die seitlichen Teile des Fußes bis hinauf zu den Knöcheln aus. So wurde es denn angeblich möglich, alle Organe, von der Großhirnrinde bis zum Hüftgelenk, vom Weisheitszahn bis zum Dünndarm, nur über die Massage am Fuß zu behandeln.
Die neue Wundermethode verbreitete sich bald über ganz Amerika und war 1925 »überall da, wo man medizinische Zeitschriften druckte, bekannter als irgendeine manuelle Therapie.« Dr. Fitzgerald und seine Anhänger führten sogar, getreu dem Vorbild der Akupunktur, kleinere Operationen im Hals Nasen Rachenraum durch, bei denen die Narkose nur durch einen Assistenten bewerkstelligt wurde, der während des ganzen Eingriffs die Fußreflexzonen massierte.
Wie es mit allen Modeströmungen so geht, geriet auch die Fußreflexzonenmassage in Amerika bald wieder in Vergessenheit. Erst die Nostalgiewelle der 70er Jahre brachte auch dieses Relikt vergangener Tage wieder an die Oberfläche. Die amerikanische Ärztevereinigung nennt die Renaissance der Reflexologie in Amerika schlicht »einen Kult«.
Reflexzonen – aber nicht am Fuß
Obwohl die ernsthafteste Vertreterin der Fußreflexzonenmassage in Europa, Frau Hanne Marquardt, selbst betont, daß die Wirkungen und die Behauptungen ihrer Lehre wissenschaftlich nicht zu belegen sind, versuchen andere Anhänger der Therapie immer wieder, die Reflexzonenmassage mit herkömmlichen Modellen der Wissenschaft zu erklären.
Der Begriff Reflexzone stammt eigentlich nicht von Dr. Fitzgerald, sondern von Dr. Head, der schon 1898 seine Entdeckung von reflektorischen Zonen am menschlichen Rumpf veröffentlicht hat. Im Gegensatz zu den Fußreflexzonen sind diese Reflexgebiete eine Realität, die jeder kennt, der sich schon einmal in den Krämpfen einer Gallenkolik wand: nicht nur die inneren Organe sind betroffen, sondern auch die Muskelgebiete, die durch feine Nerven mit diesen Organen verbunden sind. Sie werden bretthart und tun ungemein weh, so daß man kaum mehr weiß, wie man sich bewegen soll. Warme Wickel, an diesen Stellen aufgelegt, wirken als schmerzlindernde Maßnahme oft Wunder.
Wir müssen jedoch festhalten, daß die Head’schen Reflexzonen nur am Rumpf existieren, wo der Körper sich aus Segmenten von Haut, Muskeln und Nerven aufbaut, die eine klar definierte und nachgewiesene Beziehung zu den einzelnen Organen im Brust und Bauchraum haben. Sie lassen sich in keiner Weise auf die Fußreflexzonenmassage anwenden.
Eine wichtige Rolle spielen auch die Reflexzonen im Bindegewebe des Rumpfes. Viele Massageanwendungen durch Physiotherapeutinnen im Krankenhaus beruhen auf der sog. Bindegewebszonen Massage nach Frau Teirich Leubell. Sie fand heraus, daß Störungen in der Funktion der Bauch und Brustorgane sich oftmals in einer veränderten Beschaffenheit der dazugehörigen Bindegewebszonen äußern.
Eine fachgerechte Massage dieser Gebiete, aber auch die Anwendung von warmen Wickeln, kann bei funktionellen und chronischen Krankheiten oft zu einer entscheidenden Besserung führen.
Die Wirkung der Massageanwendungen erfolgt jedoch nicht auf dem Weg von Reflexen, wie man dies früher annahm. Neuere Arbeiten zeigen, daß die Bearbeitung durch die Physiotherapeutin in der Haut Stoffe freisetzt, die das Gefäßsystem beeinflussen. Auf diese Weise kommt es auch zu Wirkungen an Organen, die weit vom Massageort entfernt sind, was sich insbesondere in einer Verbesserung der Durchblutung äußert.
Daß bei allen diesen anerkannten Formen der Massage psychische Faktoren mitspielen, gibt Prof. Dr. A. Kohlrausch, ein bekannter deutscher Spezialist für Physiotherapie, ohne weiteres zu:
»Für viele Patienten hat schon allein die Tatsache, längere Zeit regelmäßig behandelt zu werden, eine große Bedeutung. Die aufmerksame Zuwendung des Massierenden erzeugt im Patienten das tröstliche Bewußtsein, daß etwas für ihn getan wird. In der zwangsläufig individuellen Anwendung dieser Therapie liegt ohne Zweifel ein Aktivum: Der so wichtige Kontakt von Patient und Therapeut stellt sich beim >HandAuflegen< fast zwangsläufig ein.«
Psychische Faktoren dürften denn auch eine große Rolle spielen im Erfolg der Fußreflexzonentherapie der Heilpraktiker. Wer das abstreitet und stur auf seinen Reflexen beharrt, muß sich den Vorwurf der Psychosomatikers Prof. Uexküll gefallen lassen, den dieser schon dem großen Forscher Pawlow machte, welcher den Begriff der Reflexe einführte, nämlich: seine Untersuchungen hätten dazu geführt, daß »nicht mehr von der Seele, sondern nur noch von Reflexen gesprochen werden dürfte.«
Während der Massage kommt es meistens zu einem Gespräch zwischen Be Handler und Patient, das dieser beim Arzt so oft vermißt. Frau Marquardt schreibt: ~Seelische Umstimmungen können sich in einerbreiten Skala äußern; sie reicht von befreiendem Ausweinen bis zur Aussprache von Problemen“.
Es gibt denn auch Fußreflexzonen Therapeuten, die mit dem philosophischen Hintergrund und den häufig okkulten Begleiterscheinungen nichts zu tun haben wollen. Unter ihnen finden sich sogar Christen, die dabei manchmal ein seelsorgerliches Gespräch führen, wenn es sich ergibt: Ich glaube nicht, daß man durch sie okkult belastet wird.
Dennoch kann ihnen der Vorwurf nicht erspart werden, indirekt Wegweiser für eine Philosophie zu sein, die aus östlicher Weisheit schöpft und schon viele Menschen vom Evangelium weggeführt hat. Zudem ist der medizinische Wert der Fußreflexzonenmassage auch bei diesen Therapeuten sehr fraglich.
Kosmische Energie durch Handauflegung am Fuß
Eigentlich wollte ich zu Beginn meiner Recherchen selbst einen Kurs für Fußreflexzonenmassage machen. Ich schrieb zwei Institute an, die in einer »Bio Zeitung« inserierten, Sie können sich meine Überraschung vorstellen, als ich den ersten Brief öffnete: Man bot mir darin nicht nur die Erlernung der Fußreflexzonenmassage an, nein, ich könne beim selben Institut gleich auch noch das Pendeln erlernen! Auf dieses Angebot wollte ich mich jedoch nicht einlassen, und so wartete ich die Nachricht des zweiten Fußreflexzonen Massagekurses ab. Diesmal war die Kursleiterin eine Frau, die ihren Patienten nicht nur die Füße massierte, sondern ihnen auch die Diagnose aus den Handlinien stellte.
Langsam dämmerte mir, daß hinter der so enthusiastisch gelobten Fußmassage in vielen Fällen okkult arbeitende Heilpraktiker stecken. Eine Patientin, die früher täglich bis zu zehn Tabletten gegen ihr Kopfweh nahm, brauchte in der ersten Begeisterung nur noch Fußreflexzonenmassage. In ihrem missionarischen Eifer für die neue Heilslehre schickte sie mir das Buch »Gesund in die Zukunft«. Neben schönen farbigen Skizzen der Fußreflexzonen enthält das Buch auch Ratschläge für ein gesünderes Leben.
Doch wie man früher eine kleine Dosis Gift in ein gutes Essen mischte, um mißliebige Personen verschwinden zu lassen, wird hier unter einer Sammlung guter Anstöße für die Erhaltung der Gesundheit ein kleines Kapitel über die schädliche Wirkung der Erdstrahlen und Wasserstrahlen gemixt“. Dem (aber )gläubigen Patienten wird dann eingeredet, er schlafe über schädlichen Wasserstrahlen, wenn er sich am Morgen nicht ausgeruht fühle, wenn er Kopf und Gliederschmerzen habe, die kurz nach dem Aufstehen verschwinden. Besonders gewarnt wird er davor, daß diese schädlichen Erdstrahlen auch Krebs hervorrufen könnten,
»Leider ist diese Strahlung bis heute nicht wissenschaftlich nachweisbar«, bedauert die Schreiberin, gibt dann aber den Rat: »Festzustellen sind sie mit der Rute oder dem Pendel.« Um gegen diese schädlichen Strahlen geschützt zu sein, empfiehlt sie, eine kleine Plastikbadewanne mit einem Spiegel darin unter das Bett zu stellen, eine Methode, die »auch nach zehn und mehr Jahren genauso wirksam« sei wie am ersten Tag.
Für Christen sollte klar sein, daß diese Praktiken in das Gebiet des Okkultismus gehören (vergl. Kap. 10). Wie aber sollten wir uns dann in gläubiger Erwartung einer Behandlung durch Menschen unterziehen, die solche Praktiken üben?
Schon die alten chinesischen Masseure hatten ein höheres Ziel mit ihrer Behandlung als nur das Wegmassieren schädlicher Harnsäureablagerungen. »Der Masseur ist sich bewußt, daß er während seiner Behandlung ein starkes Ch’i aufrechterhalten muß… Heilpraktiker haben ihren Bewußtseinszustand als völlig leer von jedem Gedanken beschrieben. Dies erlaubt ihnen, sich zu konzentrieren und ihr Ch’i während der Behandlung stark und gleichmäßig zu kanalisieren. Wenn er in diesem Bewußtsein massiert, so glaubt der Praktiker, daß seine Behandlung eine Beziehung bekommt zu den natürlichen Prozessen oder Lebensrhythmen, die dann noch stärker und gleichmäßiger durch ihn auf seine Patienten übergeht.«
»Eigentlich sah ich schon im Wartezimmer ein Pendel hängen«, erzählte mir Frau Sturm, eine gläubige Christin. »Ich dachte: bei der Fußreflexzonenmassage braucht er das Pendel ja nicht. Während er mir die Kopfzone an der großen Zehe massierte, merkte ich plötzlich, daß er einen eigenartigen Gesichtsausdruck bekam, als wäre er in Trance. Ich fragte ihn: »Was machen Sie da?« Er antwortete: »Ich konzentriere mich, um Ihnen Lebensenergie einzumassieren.« Als ich am nächsten Tag wie gewohnt meine stille Zeit machen wollte, hatte ich keine Freude mehr an Bibel und Gebet. Ich merkte dann, in was ich mich eingelassen hatte, und bat Jesus Christus, mir zu vergeben.«
Frau Sturm wurde wieder frei. Ihr Beispiel zeigt aber, daß viele Fußreflexzonenmasseure bei ihrer Arbeit eine Kraft gebrauchen, die nicht von Gott ist und die Menschen unter einen okkulten Bann bringen kann.
Die Seelsorgererfahrung hat immer wieder gezeigt, daß durch körperlichen Kontakt böse Mächte auf andere Menschen übergehen können. Spiritistische Bücher geben die Anleitung, sich bei Séancen bei den Händen zu halten, damit jeder von der Energie des Geistes erfaßt wird“.
Nicht umsonst warnt Alexander Seibel vor den gefährlichen Folgen unkritischer Handauflegung. Die Kräfte, die dabei übertragen werden, können leicht zu geistlicher Verwirrung und zu Bindungen führen. Man wird erinnert an ein Beispiel aus der Medizingeschichte. Der Wiener Frauenarzt Ignaz Semmelweis (1818-1865) gilt als Retter der Mütter, denn er entdeckte als erster die Ursache des grauenhaften Müttersterbens in den Wiener Gebärkliniken der damaligen Zeit, Das Kindbettfieber raffte junge Mütter zu Hunderten dahin. Damals wußte man noch kaum etwas von Bakterien. Die Ärzte kamen direkt vom Sezieren der Leichen und behandelten dann mit ungewaschenen Händen und Instrumenten die Frauen auf der Abteilung. Kein Wunder, daß viele von ihnen elend zugrunde gingen.
Semmelweis führte dann eine ebenso einfache wie effektive Methode ein, die dem Müttersterben ein rasches Ende setzte: ein Waschbecken mit Seife und Handtuch, wo die Assistenzärzte ihre Hände gründlich reinigten.
Für den gläubigen Patienten ist es wichtig, daß ein Fußreflexzonenmasseur seine Hände nicht im okkulten »Seziersaal« mit »Kraft« auflädt, um sie ihm dann zu übertragen. Doch auch wenn die Hände, geistlich gesehen, »rein« sind, muß er sich immer wieder fragen, ob Methoden auf dem Hintergrund östlicher Philosophie wirklich die Lösung für seine Probleme darstellen.
6. Kapitel
Homöopathie – kosmische Energie in Flaschen
Machen Sie einmal eine Umfrage darüber, was eigentlich Homöopathie sei. Sie werden die verschiedensten Antworten erhalten. Zum Beispiel: »Das ist doch die Medizin, in der nichts drin ist! Wenigstens schadet sie nichts« oder: »Die Heilpraktiker im Appenzellerland in der Schweiz arbeiten doch mit dieser Homöopathie. Ist das nicht etwas Okkultes?« So recht weiß jedoch keiner, was unter Homöopathie zu verstehen ist.
Was ist eigentlich Homöopathie?
Die Grunddefinition wurde von Samuel Hahnemann (1755 -1843) aufgestellt: »Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt«, oder wie es einmal anders formuliert wurde: »Die Homöopathie ist die Behandlung, die darin besteht, daß der Kranke ein Medikament bekommt, das im Versuch am Gesunden ähnliche Symptome auslöst, wie sie beim Kranken vorliegen.«
Nehmen wir ein praktisches Beispiel: Ein Patient hat Durchfall. Wir alle wissen, daß Rizinusöl beim Gesunden auch Durchfall erzeugt. Nach dem Grundsatz der Homöopathie muß man dem Patienten also Rizinusöl als Medikament geben.
Bekäme der Arme das Rizinusöl jedoch in normaler Dosis, so würde er wahrscheinlich das WC nicht mehr verlassen können. Deshalb muß das Medikament verdünnt werden. Hier kommen wir zu einem weiteren wichtigen Punkt der Homöopathie: zur Verdünnungslehre.
Oberflächlich betrachtet geht es den Homöopathen darum, mit der kleinsten Arzneimittelmenge auszukommen. Ihre Verdünnungen bezeichnen sie mit dem Buchstaben D für »dezimal«, dahinter steht eine arabische Ziffer, die die Zahl der Nullen hinter der Eins angibt. Eine Verdünnung D 10 ist also ein Verhältnis von 1 Kubikzentimeter auf 10 000 000 000 Kubikzentimeter oder ein Teelöffel auf einen Tank von der Größe eines 100 Meter hohen Kirchturms. Viele Homöopathen arbeiten aber mit noch viel stärkeren Verdünnungen. Hahnemann selbst zog die Verdünnung D 30 vor, eine Verdünnung, bei der man in einer Flasche kein einziges Molekül des Heilmittels mehr finden würde.
Um zu erklären, weshalb das Mittel dennoch wirksam sei, müssen wir nun zu einer dritten wichtigen Grundlage der Homöopathie übergehen, zum Potenzieren, die uns mitten in die Welt der Astrologie, des Buddhismus und des Hinduismus führt.
Wenn ein Homöopath ein Mittel herstellt, so bereitet er zuerst eine Urtinktur zu, zum Beispiel aus feingehackten Brennesseln, deren Saft er mit Alkohol extrahiert. Nun nimmt er einen Teil dieser Urtinktur, verdünnt ihn mit 9 Teilen Lösungsmittel und verschüttelt diese Lösung in einem Glas. Er hat nun eine Verdünnung von einem Zehntel, also von D 1 oder, wie er es ausdrückt, die »Potenz D 1«. Um zu D 2 zu gelangen, nimmt er wieder 1 Teil der D 1 Lösung und verschüttelt sie mit 9 Teilen Lösungsmittel. Das homöopathische Mittel wird also in Zehnerschritten verdünnt, obwohl man im Grunde gleich einen Tropfen Urtinktur auf z. B. 999999 Tropfen Lösungsmittel geben könnte, um die Verdünnung D 6 zu erhalten. Doch Hahnemann war überzeugt, »daß sein Verschüttelungsprozeß mehr bedeutet als bloßes Verdünnen. Durch sein Verschütteln (Potenzieren) wird etwas Dynamisches frei. Was der dunkle Mesmer, direkt tut, bewirkt Hahnemann indirekt: auf dem Wege über die lebendige Menschenhand wird er zum Be Handler der Kranken.«
Mit anderen Worten: Hahnemann glaubt, daß beim Verschüttelungsprozeß kosmische »Lebenskraft« in das homöopathische Mittel eingefangen wird. Die Kraft, die beim okkulten Besprechen und Handauflegen direkt auf den Patienten übergeht, wird hier auf das homöopathische Mittel übertragen und indirekt weitergegeben.
Wer war Samuel Hahnemann?
Um eine Lehre besser zu verstehen, ist es oft gut, einen kleinen Blick in das Leben des Gründers zu werfen. Bei Samuel Hahnemann zeigt sich besonders deutlich, daß die berechtigte Auflehnung gegen Mißstände seiner Zeit nicht zu einer Lösung der Menschheitsprobleme führen kann, wenn sie aus antichristlichem Geist geschieht.
Hahnemanns Leben wurde in verschiedenen Biographien ausführlich dargestellt, so daß ich mich an dieser Stelle auf einige wenige Hinweise beschränken möchte. 1755 wurde er als Sohn eines Porzellanmalers in Meißen/Sachsen geboren. Er war ein hochbegabter Schüler, so daß ihm das Medizinstudium in Leipzig, Wien und Erlangen ermöglicht wurde. Verschiedene Versuche, sich eine ärztliche Existenz aufzubauen, scheiterten, und er lebte mit seiner Frau und seinen neun Kindern meist in großer Armut. In seiner ewigen Rastlosigkeit wechselte er mehr als zwanzig Mal seinen Wohnort. Sein Leben verdiente er sich mit dem Übersetzen von Büchern aus dem Englischen, Italienischen und Französischen. Daneben experimentierte er dauernd an der Herstellung neuer Heilmittel herum. Er wurde zunehmend als ein scharfer Kritiker der damaligen Schulmedizin bekannt. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er mit 80 Jahren ein zweites Mal. Er starb 1843 schließlich als wohlhabender Mann in Paris.
Betrachtet man die medizinische Situation im 18. Jahrhundert, so versteht man, daß sich Hahnemann dagegen auflehnte. Der Aderlaß war das Heilmittel gegen alles. So bestand die Therapie gegen Lungenentzündung darin, dem Kranken innerhalb von 14 Tagen 7 Liter Blut abzulassen. Meist wurde die Krankheit durch den Tod des Patienten »geheilt«. Andere verschrieben pfundweise Opium, und wieder andere versuchten, mit Hilfe von täglichem Klistieren die Krankheit aus dem Körper zu vertreiben.
Hahnemann erkannte intuitiv, daß vieles, was hier als Schulmedizin angepriesen wurde, keine echte Hilfe bieten konnte. In Aufsätzen und Büchern lehnte er sich immer heftiger gegen die »hochbetitelten Gesundheitsverderber« auf. Man wird unwillkürlich an den deutschen Chirurgen Hackethal erinnert, der sich in unserer Zeit mit ähnlich ungehobelter Vehemenz gegen die übertriebene technisierte Schulmedizin wendet, dumpf ahnend, daß der Wurm in einer Behandlung sitzt, die den Menschen nicht mehr als Ganzes sieht (vgl. Kapitel 1).
Mit der Zeit vollzog sich eine eigenartige Wandlung in Hahnemanns Charakter. Er wurde immer schroffer, unduldsamer, unzuverlässiger. Jahrelange Freundschaften brach er ab; selbst gegen Menschen, die zu ihm hielten, kam es zu unerwarteten, hemmungslosen Angriffen.
Immer stärker wirkte sich diese Veränderung auch auf seine Kinder aus. Ihr Schicksal war eine Kette von Tragödien: Die Ehen dreier Töchter wurden geschieden, zwei Töchter wurden auf merkwürdige Art ermordet, eine weitere starb bereits 30jährig. Sein einziger Sohn Friedrich verließ Frau und Kind und blieb verschollen. Der Biograph Fritsche meint sogar: »Friedrich Hahnemann mußte zu Ende leben, was sein Vater ihm an Dämonie mitgab.«
Im Jahre 1810 gab Hahnemann sein Hauptwerk, das »Organon der Heilkunst« heraus. Jahrelange Forschungen waren diesem Buch vorausgegangen. Auf den Weg der Homöopathie brachten ihn die Berichte des englischen Arztes Cullen über die Wirkung der Chinarinde gegen Malaria. Hahnemann probierte die Droge an sich selbst aus. Er stellte dabei Symptome fest, die der Malaria ähnlich waren: Fieber, Schüttelfröste und Abgeschlagenheit. Zwei bis drei Stunden dauerte jeweils der Anfall, sobald er das Mittel genommen hatte; sonst war er wohlauf.
Plötzlich kam Hahnemann die Idee: Was das Fieber beim Gesunden auslöste, heilte das Fieber der Kranken! Nun begann er, unzählige Stoffe an sich selbst, seiner Familie und an seinen Freunden auszuprobieren. Jedes Symptömchen, vermeintlich oder echt, wurde peinlich genau registriert: 1422 Prüfungssymtome will er bei Beiladonna (Extrakt der Tollkirsche) entdeckt haben, 1267 bei Nux vomica (Brechnuß), 1163 bei der Pflanze Pulsatilla (Pelzanemone).
Mehr noch: Er stellte eine Beziehung her zwischen dem »Charakter« der Heilmittel und dem Charakter des Kranken. Es würde zu weit führen, hier näher auf die homöopathische Charakterlehre einzugehen. Wer jedoch eine gute Übersicht sucht, wird sie in Prokops Buch »Medizinischer Okkultismus« finden.
Vor besondere Probleme stellten Hahnemann die chronischen Krankheiten. Weshalb konnten so viele Menschen nicht durch seine Mittel geheilt werden? Eine Antwort gibt er in seinem Alterswerk »Die chronischen Krankheiten, ihre eigentümliche Natur und homöopathische Heilung«. Darin stellt er fest: Sieben Achtel aller chronischen Krankheiten werden durch die »Psora«, die »innere Krätze« verursacht. Wenn die Arznei eines ihrer Glieder trifft, so wachsen alsbald unzählige neue. Mit besonderer »Wut tut sie sich hervor«, wenn man ihr das äußere Zeichen des innewohnenden Übels, den Hautausschlag, nimmt. Sein Ratschlag an die Chronischkranken aller Art: alle 30 bis 50 Tage eine einzige Dosis homöopathischen Schwefels innerlich.
Selbst der Biograph Gumpert, der Hahnemann mit Luther, Goethe Kant und Bismarck verglich, meint: »Diese Art, Homöopathie zu betreiben, bleibt ein einmaliges psychisches Phänomen und erforderte weit jenseits der Grenzen des Erlebbaren eine fast indische Fähigkeit der Versenkung und Konzentration«.
Wie recht er damit hat, zeigt eine genauere Untersuchung der Philosophie hinter der Homöopathie, die in allen Stücken von hinduistischen und buddhistischen Vorstellungen durchdrungen ist.
Konfuzius, der gerade Weg zu Gott?
Verschiedene Begriffe, die in der Homöopathielehre immer wieder gebraucht werden, machen einen stutzig. Da ist von Lebenskraft die Rede, von Harmonie mit der Weltenergie, von Ätherleib. Man denkt unwillkürlich an die Lehren, die uns durch Gurus und Yogis in den Westen gebracht worden sind. Je mehr man sich in die Bücher Hahnemanns und seiner Jünger einliest, desto mehr muß man erkennen: Die Homöopathie baut in allen wichtigen Punkten auf der östlichen Philosophie auf.
Schon in jungen Jahren hatte sich Hahnemann bei den Freimaurern aufnehmen lassen. Diese Bewegung gebraucht wohl viele christliche Schlagworte, ja in den meisten Freimaurer Tempeln liegt sogar eine Bibel auf, Die Botschaft des Evangeliums von der Erlösung des verlorenen Menschen durch den Kreuzestod Jesu aber lehnen die Freimaurer klar ab“. Für sie liegt die Erlösung im Menschen selbst. F.C. Endres schreibt in seinem Buch »Das Geheimnis des Freimaurers« folgende Sätze: »Die Macht der Sündenvergebung liegt in uns selbst. Die Möglichkeit, ein neues Leben, unbelastet von den Lasten der Vergangenheit, zu beginnen, liegt in unserer Seele … « Die Seelsorge hat immer wieder gezeigt, daß Freimaurer, die eine echte Hinwendung zu Christus vollzogen hatten, sich sofort genötigt sahen, aus der Loge auszutreten.
Es wundert daher nicht, daß Hahnemann als Mitglied der Loge Jesus einen »Erzschwärmer« nannte. Einer der Biographen Hahnemanns schreibt: »Der Erzschwärmer Jesus von Nazareth, der nicht Erleuchtete auf dem geraden Weg zur Weisheit führt, sondern mit Zöllnern und Sündern den schweren Weg zum Gottesreich auf Erden erkämpfen will, . . . dieser das Dunkel der Welt auf sich nehmende Schmerzensmann ist dem Liebhaber der ätherischen Weisheit anstößig.« Und weiter: »Christ kann Hahnemann keiner sein, obwohl er fromm ist wie ein Pietist. Hahnemanns Gott greift zwar fortwährend als führende und schenkende Macht in das Leben ein, aber er führt zur Erkenntnis und beschenkt das Hirn, nicht das Herz … Arzt ist Hahnemann am Krankenbett, weil er nicht anders kann. Wo er hingegen als Erkennender ringt und um Erleuchtung bittet, gerät er in enge Geistesnachbarschaft zum Osten, Konfuzius ist sein Vorbild.«
Über Konfuzius schreibt Hahnemann selbst in einem Brief: „Da ist göttliche Weisheit zu lesen, ohne Wunder Fabel und ohne Aberglauben. Es ist ein wichtiges Zeichen der Zeit, daß Konfuzius bei uns nun kann gelesen werden. Ihn selbst werde ich im Reiche der glücklichen Geister nun bald umarmen, den Wohltäter der Menschheit, der uns den geraden Weg zur Weisheit und zu Gott führte, schon 650 Jahre vor dem Erzschwärmer.«
Kann klarer noch gesagt werden, welchem Geist die Homöopathie entsprungen ist? Die Verehrung östlicher Weisheit war nicht nur das stille Hobby Hahnemanns. Sie bildet vielmehr die Grundlage der Herstellung homöopathischer Arzneien.
Einer der bekanntesten Homöopathen der Schweiz ist der heute etwa 80 jährige Adolf Voegeli. Ich traf den Autor vieler Bücher und Streitschriften für die Homöopathie in einem Zürcher Hotel. Unser Gespräch drehte sich um die Wirkungsmechanismen der Homöopathie. Während er seine selbst gedrehten Zigaretten rauchte, erzählte er mir von seinen Erfahrungen mit der Homöopathie, wie er Bauern in den Walliser Seitentälern nur mit homöopathischen Essenzen bei Lungenentzündungen durchbringe und Manager von ihren Magengeschwüren heile. Auf die kosmische Kraft angesprochen, die Hahnemann in seine Mittel hinein »potenzierte«, erklärte er mir: »Wissen Sie, ich glaube an die Kraft der Sterne, Ein Astrologe hat mir schon sieben Jahre vorher vorausgesagt, wer meine zweite Frau sein würde, bevor ich sie überhaupt kannte.«
Über die Wirkungsweise der Homöopathie hat Dr. Voegeli einen Artikel in der »Zeitschrift für Klassische Homöopathie« veröffentlicht. Das Literaturverzeichnis dazu gleicht einer Sammlung okkulter, hinduistischer und anthroposophischer Literatur. Dr. Voegeli bekräftigt, daß die Wirkung der Hochpotenzen geistiger Natur sei. Die beste Erklärung dafür biete die hinduistische Sankhya Philosophie. Der Mensch hat danach nicht nur einen Leib, sondern auch einen Ätherleib mit einem speziellen Kraftliniensystem. Dieser Ätherleib ordne die Abwehrfunktion des Körpers und fördere die Wundheilung. Auf dieser Ebene sei die Homöopathie wirksam.
Ein weiteres energetisches System, das die Empfindungen des Menschen steuere, sei der Astralleib. Die höchste Energieform des Menschen sei jedoch sein Geist, dessen Ziel es sei, ein immer vollkommeneres Instrument der göttlichen Impulse aus dem Kosmos zu werden. »Das Ziel des Menschen ist die Höherentwicklung, die Vergeistigung.« Dazu reicht ein Leben niemals aus, und die logische Folgerung ist die Lehre von der Reinkarnation, die zuletzt zur Vollkommenheit führen soll.
Östliche Philosophie dringt im übrigen auch bei vielen anderen Autoren durch. So führt der Heilpraktiker Ulf Evertz aus, daß der Gesundheit ein ungestörter Energiefluß zugrunde liege. »Krankheit ist folglich in erster Linie eine Störung dieser Energieverteilung innerhalb des Organismus.«
Der Londoner Homöopath Dr. J.P. Randeira zeigt den Weg zur Heilung auf: »Die homöopathischen Heilmittel sind durch das Verfahren der Potenzierung in der Lage, den harmonischen Fluß der Lebenskräfte in jeder einzelnen menschlichen Zelle wiederherzustellen.«
Mit fast religiöser Inbrunst drückt es ein anderer Homöopath aus: »Unter dem heiligen Akt des Potenzierens löste sich die Heilkraft aus den Fesseln der irdischen Struktur und zeugte im kranken Organismus wieder die Harmonie.«
Am militantesten werden die Lehren, die der Homöopatie zugrunde liegen, heute von den Anthroposophen vertreten, in deren Medizin die Homöopathie eine zentrale Stellung hat (vgl. Kapitel 9). Doch zieht sich die östliche Philosophie als Grundlage der Homöopathie wie ein roter Faden auch durch die Behandlungsräume der Heilpraktiker.
Homöopathie heute
Wer sich ein wenig in die abstrusen Ideen Hahnemanns eingelesen hat, dem fällt es schwer zu glauben, daß man im Zeitalter der Wissenschaftlichkeit noch voll zum Guru der Homöopathie halten würde. Das Gegenteil ist der Fall. Allein in Deutschland praktizieren mehr als 1000 Ärzte und etwa 3500 offiziell zugelassene Heilpraktiker“ die Kunst der Homöopathie. 14 Krankenhäuser haben homöopathische Abteilungen“.
Die philosophischen und medizinischen Auffassungen der heutigen Homöopathen haben lediglich ein neues Gesicht bekommen, im Grunde sind sie den Lehren Hahnemanns treu.
Wir müssen drei Arten von Homöopathen unterscheiden:
1. Diejenigen, die die Homöopathie »entmythologisiert« haben und weder extrem verdünnte noch »kosmisch aufgeladene« Mittel abgeben. Meistens gehen sie nicht mehr über D 6 hinaus, um sicherzugehen, daß eine materielle Wirkung noch möglich wäre. Sie wollen nichts wissen von dem Hintergrund chinesisch indischer Philosophie und »potenzieren« ihre Mittel auch nicht nach Hahnemanns Vorbild. Ihnen geht es vor allem um die biologische Arznei ohne Nebenwirkung.
2. Die zweite Gruppe verleugnet schamhaft die heute als falsch erkannten medizinischen Theorien Hahnemanns. Sie versucht aber, seine Heilmittel mit »wissenschaftlichen Methoden« salonfähig zu machen. Zu ihrem Instrumentarium gehört unter anderem das Pendel, Es stört sie auch nicht, die östlichen Begriffe »Weltseele«, oder »Lebenskraft« in ihr Weltbild einzubauen.
3. Die dritte Gruppe glaubt blind an Hahnemanns Lehren. Seine Aussagen z. B. über die Krätze als Ursache der chronischen Krankheiten werden zwar nicht mehr wörtlich genommen, dafür aber in den Bereich des Außersinnlichen verschoben und dort als richtig erkannt. Diese Leute bekennen offen ihren Glauben an die Astrologie und andere spiritistische Praktiken. Als besonders aktive Sondergruppe sind hier die Anthroposophen zu nennen. Aber auch alle Anhänger der »klassischen Homöopathie« fallen in diese Kategorie.
»Strophantus gratusc« gegen Angst vor spitzen Gegenständen
Aus der Fülle homöopathischer Gruppierungen will ich nur einige Beispiele herausgreifen, die uns besser zeigen, in welcher Gedankenwelt sie sich bewegen. Alle Beispiele sind Büchern neueren Datums entnommen und entsprechen dem heutigen Stand der Homöopathielehre.
Das erste Beispiel illustriert die blinde Gläubigkeit in Hahnemanns Theorien. Es findet sich in dem Buch von F. Gauß, »Wie finde ich das passende Arzneimittel?« F. Gauß schreibt: »Man wird sich dankbar bewußt, daß die Homöopathie eine Heilweise darstellt, die sich bis heute bestens bewährt und erhalten hat. Gerade in unserer Zeit ist besonders hervorzuheben, daß die homöopathischen Arzneimittel keinerlei sogenannte Nebenwirkungen haben, die mehr krank als gesund machen.« Den esoterischen Gehalt der Homöopathie tönt er nur mit einem Satz zu den Hochpotenzen von D 30 bis D 1000 und höher an: »Die Hochpotenzen wirken viel tiefer, sie greifen in die geheimsten Lebensvorgänge ein . . .« Wie einst Hahnemann, führt auch Gauß feinste Unterschiede in seinen Diagnosen auf. So unterscheidet er nicht weniger als 24 Angstformen. Gegen jede Form muß ein anderes Medikament gegeben werden. Gegen Angst vor der Geburt verschreibt er »Cimicifuga« (Silberkerze) in der Verdünnung D 30, gegen »Angst, es könnte etwas aus der Ecke hervorkommen«, Phosphor D 6. »Angst vor Berührung bei großer Traurigkeit und jammervoller Stimmung« erfordert »Antimonium crudum«, (Roh Antimon) und »Angst vor spitzen Gegenständen (Messer, Gabel usw.)« behandelt er mit »Strophantus gratus«, D 6.
Daß diese skurille Diagnosenfülle eine Verständigung mit der Schulmedizin sehr erschwert, dürfte einleuchten. Mehr noch: Wie kommt der Homöopath dazu, gegen die Angst vor spitzen Gegenständen ausgerechnet »Strophantus gratus« in der Konzentration D 6 und nicht etwas anderes in einer anderen Potenz zu geben? Allein gegen die 24 Formen der Angst kennt Gauß nämlich 30 Mittel in den Potenzen D 6 bis D 1000. Das ergibt 715 680 Möglichkeiten der Behandlung der Angst! Doch diese Fragen seien nur am Rande gestellt.
Woher kommt die Energie?
Das nächste Beispiel über den Stand der heutigen Homöopathie ist dem Buch von Paul Uccusic, »Naturheiler«, entnommen. Er berichtet über »wissenschaftliche« Forschungen am Ludwig Boitzmann Institut in Wien, dessen Leiter, Prof. Bischko, eines der wichtigsten Lehrbücher für die westlichen Akupunkteure geschrieben hat. In diesem Institut arbeitet Dr. Otto Maresch an der Erforschung der Heilkraft hoher Potenzen (also D 30 bis D 1000 und mehr). Wie wir gesehen haben, findet man bei dieser Verdünnung kein einziges wirksames Molekül mehr in einem Fläschchen. Die heilende Wirkung, so erklären die Homöopathen, habe das Mittel dann durch die kosmische Kraft, die durch den Vorgang des Potenzierens eingefangen worden sei.
Diese heilende Kraft wird also von Dr. Maresch erforscht. Da man diese kosmische Lebenskraft mit physikalischen Meßmethoden nicht messen kann, braucht er andere Mittel. Uccusic schreibt: »Man lasse sich nicht davon abstoßen, daß Maresch bisweilen Bioindikatoren zum Nachweis der Mikrowellenstrahlung benützt, nämlich Wünschelrute und Pendel.« Nachdem dem Leser nun klar ist, daß die Wahrsagemittel Wünschelrute und Pendel ganz harmlose wissenschaftliche »Bioindikatoren«, sind, wird zur Erklärung der Kraft der Vergleich mit dem Mikrowellengrill herangezogen, der mit seinen unsichtbaren Strahlen innert Minuten Fleisch garkocht. Und wenn ein Schwingquarz in einem Funkgerät Mikrowellen abstrahlt, weshalb soll dann nicht auch ein Mensch, ein Organ, ein Tumor oder ein Medikament eine eigene Schwingung ausstrahlen? Während jedem klar ist, daß ein Funkgerät eine Energiequelle braucht, bleibt Uccusic die Antwort schuldig, woher die Energie bei den homöopathischen Mitteln kommt.
Um nun für jede Krankheit und für jeden einzelnen Patienten das richtige Medikament zu finden, hat Maresch folgenden Versuch festgelegt: »Ein homöopathisches Mittel wird eine um so bessere Wirkung entfalten, je präziser seine vorherrschende Wellenlänge der des erkrankten Organs oder des erkrankten Systems entspricht.« Für den Arzneimittelversuch am Gesunden werden der Versuchsperson fünf Elektroden an sein »elektromagnetisches System« (Meridiane, Akupunkturpunkte) befestigt. Auf der Suche nach einem Mittel gegen Krebs hält er in der einen Hand ein Pulver, das aus einem echten Tumor hergestellt wurde. Die Nadel schlägt nun ganz stark aus. Nun sucht er ein Mittel, das gegen diese »Krebsstrahlung« wirkt. Nachdem er verschiedene Stoffe ausprobiert hat, fällt endlich die Nadel auf die Null Stellung zurück: Veilchensaft in der homöopathischen Potenz D 8 – D 12 wirkt gegen Krebs!
Doch es geht auch einfacher: »Der kürzere Weg ist der Weg über den Bioindikator Pendel.« Um diese »wissenschaftlich nachgewiesene« Strahlung jedoch feststellen zu können auch mit dem »neutralen« elektromagnetischen Gerät brauche es mehr: Nicht jeder Arzt könne das lernen, weil eine gewisse Sensitivität notwendig sei.
Sensitivität wofür? Warum können diese Energien nur von wenigen speziell empfindlichen Menschen aufgespürt werden? Was für Energien werden da gemessen? Kurt Koch gebraucht statt des Wortes Sensitivität das Wort Medialität, Er schreibt dazu: »Die Medialität findet sich meistens in der Nachbarschaft von Zaubereisünden. Wenn die Vorfahren im dritten oder gar vierten Glied Spiritisten waren oder Magie und andere Formen der okkulten Künste betrieben haben, dann sind die Nachkommen gewöhnlich medial veranlagt . . . Die Rutenfühligkeit und die Pendelreaktion ist eine mediale Veranlagung.«
Wissenschaftliche Untersuchungen der Homöopathie
Wenn immer die homöopathisch arbeitenden Heilpraktiker sich einer kontrollierten Untersuchung stellen müssen, versagen sie, oder sie geben den übernatürlichen Charakter ihrer Methode zu, indem sie darauf hinweisen, daß man die homöopathische Heilwirkung nicht mit wissenschaftlichen Methoden erfassen könne (dafür jedoch mit Pendeln und medialer Begabung).
Zu diesem Fragenkomplex ist ein Buch von O. und L. Prokop mit dem Titel »Homöopathie und Wissenschaft« erschienen. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, ausführlich über dessen Ergebnisse zu berichten. Interessant sind vielleicht einige Ausführungen von Dr. Donner, der selbst Homöopath war und dessen Ziel es war, die homöopathische Lehre wissenschaftlich zu untermauern. Der erste ernsthafte Versuch eines Homöopathen, die Wahrheit im Dschungel homöopathischer Behauptungen zu finden, endete mit einem Fiasko und mit der Abkehr Dr. Donners vom pseudoreligiösen Glauben an die Homöopathie.
Angefangen hatten Dr. Donners Zweifel bei einem Vortrag im heute noch existierenden homöopathischen Robert Bosch Krankenhaus in Stuttgart. Dort führte ein bekannter Homöopath aus, daß das Mittel »Apis mellifica« am besten wirke bei Patienten mit Krankheiten auf der rechten Seite, verbunden mit »Durstlosigkeit« und mit einem »Säcklein am rechten unteren Augenlid«. Speziell gut wirke es bei rechtseitigen Eierstockzysten, während man links ein anderes Medikament geben müsse.
Als Donner nun alte Berichte über die Wirkung von »Apis meilifica« (nichts anderes als Bienengift) durchforschte, las er nicht nur, daß doppelt soviele Krankheiten auf der linken Seite vorkommen, sondern auch, daß das »Säcklein unter dem Auge« erstmals durch die Schwellung nach einem Bienenstich aufgetreten war. Sein Zweifel war geweckt, und er begann nun im Laufe einiger Jahre Prüfungen an nahezu zweihundert Ärzten vorzunehmen, wobei er die Potenzen D 4 bis D 12 prüfte. Er verglich die »wirksamen« homöopathischen Mittel mit völlig neutralen Stoffen, die man in der Medizin »Placebo« nennt.
Die Resultate waren vernichtend. Schon bei den ersten Versuchen mit unwirksamen Placebos traten bei den homöopathiegläubigen Testpersonen zahlreiche Symtome auf, z.T. so heftig, daß die Prüfungen abgebrochen werden mußten. Eine Berliner Ärztin bekam nach dreitägiger Placeboeinnahme solch heftige Migräne Anfälle, daß sie ein halbes Jahr lang nur noch halbtags arbeiten konnte. Die »Ungläubigen« hingegen spürten weder unter Placebos noch unter den homöopathischen Mitteln irgendwelche Wirkungen.
Besonders interessant war das Verhalten eines homöopathischen Arztes, der selbst in der Prüfungsleitung saß. Bei einem Versuch mit »Nuxvomica« in der astronomischen Potenz C30 (entspricht D 60) hatte er vergessen, daß ja zuerst Placebos gegeben worden waren. Er nahm die Berichte der Prüflinge zur Hand und fing an, die Symptome, die er bei Nux vomica kannte, herauszulesen! Was ihm nicht ins Konzept paßte, ließ er einfach weg. Dieses Vorkommnis zeigt eine weitere Schwachstelle auf in den ellenlangen Listen von Arzneisymptomen, die man in der Geschichte der Homöopathie angelegt hat: Wenn der Prüfungsleiter weiß, was er gibt, nimmt er von den berichteten Symptomen, was er für richtig hält, den Rest bezeichnet er als unwichtig.
Mit der Suche nach der Wahrheit, die gerade Christen ein Anliegen sein sollte, hat das nur noch wenig zu tun. Dennoch bin ich der Auffassung, daß die meisten Homöopathen nicht bewußt lügen. Aber ihr Denken ist oft so auf den Pfad der Homöopathiewirkungen eingeschliffen, daß sie nicht mehr fähig sind zu kritischen Überlegungen.
Mehr Wirkstoffe im Gemüse als in homöopathischen Mitteln
Sollten unsere Krankheiten wirklich nur vom Fehlen gewisser Spurenelemente und Mineralstoffe abhängig sein, so ist nicht einzusehen, weshalb wir noch homöopathische Mittel einnehmen sollen. Denn »Verunreinigungen, die trotz aller küchentechnischen Maßnahmen an unseren täglichen Nahrungsmitteln haften, enthalten mehr »Calcarea«, »Silicea«, »Carbonicum«, und andere in der Homöopathie gebräuchliche Mittel als die unter diesen Bezeichnungen verwendeten Arzneien.« Wozu also all diese homöopathischen Mittel, deren Wirkstoffe bereits in unserer natürlichen Umgebung vorkommen?
Ein Argument, das gerne von den Homöopathen als Beweis ihrer Lehren gebraucht wird, ist die Impfung. Hier wird wirklich Ähnliches mit Ähnlichem geheilt. Abgetötete oder abgeschwächte Viren werden unter die Haut gespritzt und schützen den Geimpften vor eben diesen Viren. Daß sich diese Vorsorgemaßnahme auf äußerst wenige der über 10 000 heute bekannten Krankheiten anwenden läßt, wird dabei wohlweislich verschwiegen. Auch macht man sich nicht die Mühe, die Abwehrvorgänge des Körpers, die beim Impfen aktiviert werden, auch bei der Anwendung homöopathischer Mittel nachzuweisen. Es wäre auch sinnlos, denn sie kommen dort nicht zur Geltung.
Das Beispiel zeigt uns aber auch, wie unbeschwert wissenschaftliche Aussagen aus ihrem Zusammenhang herausgerissen werden, um diese absurden Lehren zu unterstützen. Eine »brillante Fähigkeit« attestiert Prokop den Homöopathen, Erkenntnisse der Wissenschaft »mit Grundlagen der Homöopathie zu identifizieren, die sich auch beim besten Willen nicht auf einen Nenner bringen lassen.«
Würde eine religiöse Gruppe die Aussagen der Bibel in dieser Weise anwenden, um hinduistisches und buddhistisches Gedankengut christlich zu verbrämen, so würde sie bald im Abseits und im Sektenlexikon landen. Die Homöopathen genießen jedoch in weiten Kreisen der christlichen Gemeinde größeres Ansehen als die Macht des Gebets.
Warum hat denn die Homöopathie solche Erfolge?
Es besteht kein Zweifel daran, daß die Homöopathie Erfolge zu verzeichnen hat. Jeder meiner Leser wird schon Berichte von Bekannten und Verwandten gehört haben, die durch ein homöopathisches Mittel, das ihnen ein Naturarzt gegeben hat, wunderbar kuriert worden sind. Ich will diese Berichte nicht einfach vom Tisch wischen. Die Frage ist nur: Wodurch sind sie wirklich geheilt worden? Durch das Mittel? Durch die kosmische, okkulte Kraft der Arznei? Durch die begleitenden Maßnah¬men (Rauchverbot, keine Genußmittel, Ausruhen)? Oder durch den Glauben an den Heilpraktiker bzw. seine Mittel?
Es ist heute allgemein bekannt, daß körperliche Krankheiten durch psychische Einflüsse ausgelöst werden können. Denken Sie nur an das Bauchweh nach einem Schreckerlebnis. Schwierigkeiten in der Familie können Migräne auslösen, und Liebeskummer kann sich auch einmal in unerklärlichem Durchfall äußern. Selbst bei Krebs will man psychische Faktoren als auslösende Ursache gefunden haben.
Umgekehrt können aber auch psychische Einflüsse zur Heilung von Krankheiten führen. Erinnern Sie sich noch, wie Sie als kleines Kind mit einer Schramme zu Mutti gelaufen sind? Wie wohl hat doch die Zuwendung getan, welche Wunder wirkte das Pflaster!
Nun, wir Erwachsenen brauchen vielleicht etwas kompliziertere Behandlungsformen, im Grunde aber reagieren wir, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, ähnlich wie das Kind mit der Schramme.
Schon im letzten Jahrhundert hat man die ersten Experimente mit Placebos gemacht, mit Medikamenten also, die absolut keinen Wirkstoff enthalten. Man hat entdeckt, daß wichtiger als die Substanzwirkung einer Arznei der Glaube ist, daß das Mittel wirkt. Ein Arzt, der seinen Patienten ein Mittel mit großer Überzeugung verschreibt, erzielt selbst mit schwachen Arzneien große Erfolge. Umgekehrt versagt ein sonst gut wirkendes Mittel, wenn es von einem kritischen, schweigsamen und pessimistischen Arzt verschrieben wird. Der wichtigste Heilfaktor ist also der Arzt (oder der Heilpraktiker) selbst, so daß verschiedene Autoren bereits von der »Droge Arzt«, sprechen“. Wo eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Arzt und Patient fehlt, hat die Verwendung von Placebos oder homöopathischen Mitteln wenig Sinn und Zweck. Nicht immer muß es der Naturarzt sein, der einem das homöopathische Mittel mit Überzeugung gibt, es kann auch die Nachbarin sein oder die Freundin, die damit einen phänomenalen Erfolg gegen ihr ständiges Kopfweh hatte.
Der Placebo Effekt ist bei den Mitteln der Homöopathie wohl der wichtigste Grund für deren Erfolg. Das konnte in verschiedenen Studien, die ich oben erwähnt habe, eindeutig nachgewiesen werden. Schlecht muß dieser Effekt gar nicht sein, denn damit können viele gefährliche Medikamente eingespart werden. Für Christen stellt sich allerdings die Frage: Warum glauben wir an homöopathische Streukügelchen und Tinkturen und nicht vielmehr an die Kraft des Gebets? Wie groß ist doch die Gefahr, daß wir gerade homöopathischen Mitteln (aber nicht nur ihnen) mehr Ehre geben als Gott!
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für die Erfolge der homöopathischen Medizin. Kürzlich erzählte mir die Tochter eines Managers von einem Großbetrieb, daß ihre Eltern in einem christlichen Kurhaus gewesen seien, wo sie unter anderem mit homöopathischen Mitteln behandelt wurden. Die Kur habe großen Erfolg gehabt, die Eltern seien wirklich erholt und gesundheitlich gestärkt zurückgekommen, Meine Frage: Was hat hier geholfen?
Dr. Lipross, der Autor des Buches »Logik und Magie in der Medizin« schreibt: »Schon die Kurpromenade, das obligatorische Kurkonzert und viele andere bei flüchtiger Betrachtung nebensächlich erscheinende Dinge sind ebenso maßgebend für den Kurerfolg wie die örtlichen Riten bei den Trink und Badekuren«. Heilung hat hier nicht das homöopathische Mittel gebracht, sondern die ganze Atmosphäre, die Wanderungen, die Ruhe und die Entspannung. Das Medikament diente nur dazu, daß dem Glauben an die Tabletten Medizin unseres Zeitalters Genüge getan wurde, daß der Eindruck erweckt wurde, man sei auch wirklich »behandelt« worden.
Die geringste Wahrscheinlichkeit, eine Heilung herbeigeführt zu haben, hat das homöopathische Mittel selbst zu verbuchen. Organisch¬-materiell ist von einem Heilmittel in homöopathischen Verdünnungen über D 6 keine Wirkung mehr zu erwarten. Seriöse Homöopathen, die von okkulten Kräften nichts wissen wollen, gehen denn gewöhnlich auch nicht über diese Potenz hinaus.
Okkulte Einwirkungen durch Homöopathie
Die Wirkung höher potenzierter Mittel liegt auf der Ebene des Geistes, sei dies durch den Placebo Effekt oder durch okkulte Einwirkungen. Hahnemann hat in seinem wichtigsten Werk, dem »Organon«, ausdrücklich auf die Wirkungen von Mesmers tierischem Magnetismus hingewiesen, diese »oft törichterweise geleugnete Heilkraft«, und sie rückhaltlos unterstützt und selbst angewendet.
Wir haben gesehen, daß sowohl er als auch seine modernen Anhänger daran glauben, mit ihrem potenzierten Heilmittel »kosmische Lebensenergie« weiterzugeben.
Mesmer lehrte, der gesunde Mensch könne sich aus dem magnetischen Kraftfeld der Erde magnetisch aufladen und dann durch Bestreichen mit den Händen kranke Menschen heilend beeinflussen. In seinem »Palais Mesmer« in Paris traf sich häufig die gesellschaftliche Oberschicht zu magnetischen »Séancen«. Die Kranken waren in einem mit orientalischer Pracht ausgestatteten Raum versammelt und bildeten, sich an den Händen haltend, eine Kette. Aus dem Nebenzimmer drang rhythmische Musik, die Spannung stieg. »Dann tritt Mesmer auf. Er ist gekleidet wie ein indischer Zauberer. Mit seinem Eisenstäbchen geht er die Kette ab, spricht leise mit seinen Patienten, bestreicht sie mit dem Magnetstab, bannt die Aufmerksamkeit des einzelnen Kranken durch Anstarren. Bald beginnt der eine oder andere Kranke zu zittern, dann zu schreien, zu lachen, zu tanzen oder in Krämpfe zu fallen. Die von Mesmer von jeher beabsichtigte >Krise< ist eingetreten!«
Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Magnetopathie nach Mesmer praktisch immer als okkulte Praktik zu gelten hat. Sowohl Pastor Modersohn als auch Dr. Kurt Koch warnen eindringlich, sich mit Magnetopathen einzulassen. Sehr oft treten nämlich nach der Behandlung durch einen Magnetiseur mediale »Geistergaben« auf.
Auf diesem Wege bekam auch der ehemalige Pfarrer Bolte seine Gabe der Wahrsagerei mit dem Pendel. Wie viele andere Homöopathen pendelt er die richtigen Mittel für einen Patienten aus. In seinem Büchlein: »Von der Pendelforschung zur Wunderheilung« schreibt er: »An den Schreibtisch gesetzt, Pendel raus, die Schwabe’sche Liste der homöopathischen Mittel vorgenommen und dann telephonisch das gefundene Mittel in Leipzig bestellt.« Meist verordnete ihm das Pendel ein Mittel in Hochpotenz.
Mehr noch: Bolte fing auch an, Flaschen »magnetisch aufzuladen«. »Etwas ist geblieben, was man zur Not oft einsetzen kann: Geistige Heilkräfte auf Flaschen gebannt! So kann man durch geistige Kraft oder mit Hilfe des Himmels Weine oder Alkohol so aufladen, daß das zu einem ganz bestimmten Heilmittel wird: gegen eine bestimmte Infektionskrankheit, gegen Würmer oder gegen alles sonstige Beliebige. Das ist eine Kunst, die man jedem Anfänger der geistigen Heilweisen beibringen kann. Ich habe sogar Ärzte dazu gebracht, daß sie dies wirksam anwenden konnten. Schließlich habe ich mir damals sogar ganze Kästen solcher aufgeladener nachgefüllter homöopathischer Fläschchen angelegt.«
Die Folgen einer solchen Diagnose und Behandlung beschreibt Dr. Kurt Koch. Er erzählt von einem Mann, der zu einem Besprecher ging, sich von ihm beraten ließ und seine »magnetisierten« Heilmittel einnahm. »Das körperliche Leid verschwand, dafür stellten sich psychische Störungen und die Auslösung der Hellsichtigkeit ein. Der Sohn des Mannes litt von Jugend auf an Schwermut, Lästergedanken, periodischen Depressionen und Anfechtungen mancherlei Art«.
Soll ein Christ homöopathische Mittel nehmen?
Dies ist natürlich eine Gewissensfrage, die sich jeder selbst beantworten muß, wenn er dieses Buch gelesen hat.
Ein ehemaliger Heilpraktiker und Magnetiseur schreibt mir: »Satan hat einen Riesenkatalog von Methoden, durch welche er uns Menschen offen oder verborgen vom Heil in Christus Jesus trennen will. Dabei offeriert er eben auch diverse >Heilmethoden<, die dem Kranken Heilung bringen sollen. Sicher trifft es zu, daß viele Christen nicht unterscheiden können, ob diese >Heilmethoden< vom Feind unterwandert sind, und dabei auch unseriösen Heilpraktikern zum Opfer fallen, insbesondere dann, wenn man um jeden Preis gesund werden will, statt um jeden Preis nach Gottes Willen zu fragen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich allerdings auch erwähnen, daß wir nicht alle Heilmethoden zum vornherein als okkult klassifizieren dürfen. So hat z. B. die Homöopathie als solche mit Zauberei nichts zu tun … Es ist aber so, daß manche sogenannte Heilpraktiker sich in unseriöser Weise dieser Mittel bedienen, indem sie diese magisch besprechen, damit sie ganz sicher wirken. In diesem Fall wirken dann solche Heilmittel als >Kontaktmittel< des Feindes und bringen uns unterdessen Herrschaft und Abhängigkeit, was sich bis zum Selbstmord steigern kann.«
Soweit die Meinung eines Mannes, der früher selbst als Heilpraktiker tätig war. Ich persönlich könnte nach all dem, was ich in diesem Kapitel zusammengetragen habe, keinem Patienten homöopathische Mittel verschreiben. Wer es dennoch tut, ist sich meistens nicht bewußt, welche Hintergründe diese Lehre hat.
Speziell warnen möchte ich vor Mitteln, die über die Potenz D 6 hinausgehen, gibt es doch über diese Grenze außer dem Placeboeffekt nur noch okkulte Erklärungen für deren Wirkung. Besondere Gefahr besteht auch bei homöopathischen Mitteln von Heilpraktikern, die pendeln, Handlinien lesen, magnetisieren oder Fernbehandlungen durchführen. Diese Praktiken sind jedoch für den Patienten nicht immer zu erkennen.
Wie soll er dann feststellen, aus welcher Quelle die homöopathischen Mittel kommen, die er schluckt? Wo haben wir den berühmten Strich zu ziehen, homöopathische Mittel zu gebrauchen oder die Finger ganz davon zu lassen? Die Beantwortung dieser Frage soll angesichts der ohnehin fraglichen Grundlage und Wirkung dieser Mittel dem Leser selbst überlassen bleiben.
7. Kapitel
Irisdiagnose – zeigen sich Krankheiten am Auge?
Es war vor etwa 150 Jahren, im Jahre 1831, als ein elfjähriger ungarischer Junge sich durch das Dickicht eines Waldes schlug. Die Bäume standen so dicht, daß kaum mehr Licht auf die Erde drang. Kein Laut war zu hören. Manchmal schreckte plötzlich ein Reh auf und entfloh in langen Sprüngen, dann wieder hörte man nichts mehr außer dem Knacken kleiner Ästchen unter Ignaz‘ Füßen.
Ohne daß Ignaz es wußte, wurde er von zwei großen unheimlichen Augen beobachtet. Plötzlich schoß ein riesiges Etwas aus dem Dämmerlicht. Schreckerstarrt stand der Junge da. Bevor er etwas tun konnte, hatte die Eule auch schon ihre scharfen Krallen in den Arm ihres Feindes geschlagen, der vielleicht, ohne daß er wollte, ihrem Nest zu nahe gekommen war. Ignaz wehrte sich verzweifelt gegen das wütende Tier. Schließlich wußte er sich nicht mehr anders zu helfen, als der Eule ein Bein zu brechen. Im selben Augenblick beobachtete er, wie im Eulenauge ein schwarzer Strich auftrat, der in der Regenbogenhaut fast senkrecht nach unten lief. Lange dachte der Junge nach über das, was er dort im Wald mit der Eule erlebt hatte. Das Brechen des Beines, so die Folgerung Ignaz Peczelys, hatte in der Iris ein Zeichen gesetzt.
Jahre vergingen, und Peczely, zuerst Mechaniker von Beruf, bildete sich zum Naturheilkundigen und Homöopathen weiter. Nach vier Seinestern Studium in Wien errang er die Würde eines Doktors der Medizin. Eines Tages beobachtete er bei einem Patienten einen Strich in der Regenbogenhaut, und plötzlich erinnerte er sich wieder an sein Erlebnis mit der Eule. Genauso, wie der Beinbruch einen Strich im Eulenauge verursacht hatte, müßten sich auch andere Krankheiten in der Iris zeigen, folgerte er‘.
Damit war die Irisdeuterei geboren! Peczely begann nun, die Iris in 12 Abschnitte einzuteilen, und ordnete jedem Abschnitt verschiedene Organe zu. So zeigten sich angeblich in einem schmalen Ring direkt um die schwarze Pupille Krankheiten des Magens. Die Beine hatten ihre Entsprechungen in den Sektoren 6 und 7, die Kopforgane lagen in den oberen Abschnitten der Iris. Auf diese Weise projizierte er zuletzt den ganzen Menschen auf die kleine Regenbogenhaut. Fast zur gleichen Zeit begannen auch andere Naturheiler und Homöopathen die Iris als Diagnosehilfe zu entwickeln.
Richtig bekannt wurde die Irisdeuterei erst durch einen Prozeß gegen den Naturheiler und Irisdeuter Felke, auch »Lehmpastor« genannt. Allein in einem Jahr hatte er 15000 Patienten behandelt. Obwohl er behauptete: »Die Irisdiagnose ist unfehlbar, sie irrt nie«, versagte er völlig: Vor Gericht sollte er 20 Patienten die Diagnose aus der Iris stellen. Dabei stellte er bei einem Mann mit der Geschlechtskrankheit Syphilis folgende »Krankheiten« fest: »Pupillen nicht gleichmäßig, vermutlich Wurmplage. Trinkt gute Boullion und guten Kaffee, träumt viel nachts, Füße kalt, Blutdrang, Schmerzgefühl des Leibes, verbunden mit Schmerzen im Kreuz, muß einmal hart auf die Beine gesprungen sein, hat leicht Migräne, Magenschmerz, neigt zu Gallensteinen.« Die wirkliche Krankheit erkannte er nicht. Genauso ging es ihm mit weiteren 19 Patienten.
Die Irisdiagnose begann jedoch ungehindert ihren Siegeszug durch die Welt der Abergläubischen.
Das Auge – die Öffnung der Leber?
Wenn ein chinesischer Arzt vor 4000 Jahren einen Patienten untersuchte, so bediente er sich damals schon einer Art von Irisdiagnose. So, wie das Schicksal des kleinen Menschen von den Sternen des großen Kosmos abhängig sei, so zeigten sich nach chinesischer Denkweise auch die Krankheiten und Organe des großen Menschen im kleinen Auge: Der Mikrokosmos entspricht dem Makrokosmos. Für die Chinesen war die Iris die Öffnung der Leber. Wer sie genau untersuchte, der konnte dort alle Krankheiten der Leber erkennen. Doch sie sahen noch mehr am Auge: das obere Augenlid entsprach der Milz, das untere dem Magen, das Weiße des Augapfels zeigte Krankheiten der Lunge, die schwarze Pupille die Funktion der Niere. Der innere Augenwinkel entsprach dem Herzen, der äußere schließlich gab Auskunft über Herz und Dünndarm.
Die graue Eminenz im Hintergrund der heutigen Naturheilkunde, Paracelsus, sah das Auge als Mikrokosmos, den Menschen als Makrokosmos und schuf Verbindungen zur Astrologie‘. Die Entsprechungslehre von Makrokosmos und Mikrokosmos bildet aber nicht nur die Grundlage der Astrologie, sondern auch des Handlinienlesens, der Magie sowie der Akupunktur und der Fußreflexzonenmassage, wie wir das schon in früheren Kapiteln gesehen haben. Und diese Lehre war unter den Naturheilpraktikern zur Zeit Ignaz Peczelys nicht weniger verbreitet als in unseren Tagen.
Der Astrologe Libra schrieb zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter dem Thema »Zodiacus, des Auges«: »Warum muß alles, was im Körper geschieht, in der Iris ausgedrückt sein? Aus dem selben Grund, aus dem sich im Menschen alles abspielt, was im Kosmos vorfällt. Im Auge spiegelt sich der Kosmos des Menschen ab im Augenblick, wo er geboren wurde, sowie auch die Äußerungen, die darin seit jenem Zeitpunkt stattfanden. Es ist nicht nötig, darauf hinzuweisen, daß diese Spiegelung ebensogut in jedem anderen Teil des Körpers stattfindet, aber die Iris eignet sich zur Wahrnehmung am besten.«
Es fügt sich nahtlos in dieses Bild, daß die Zwölfereinteilung der Iris, wie sie die Irisdeuter annehmen, auf die Feldereinteilung des astrologischen Tierkreises zurückgehen soll.
Viele Irisdeuter unserer Tage leugnen schamhaft die Herkunft ihrer Kunst und versuchen ihre Arbeit mit vielen pseudowissenschaftlichen Erklärungen salonfähig zu machen. Die Tatsache bleibt jedoch bestehen, daß auch sie eine diagnostische Methode auf dem Boden östlicher Philosophie und magischer Vorstellungen anwenden.
Das Wunder des Auges
Das menschliche Auge ist eines der wunderbarsten Organe unseres Körpers. Nur so groß wie ein Tischtennisball, vermittelt es uns doch das Schönste, was wir kennen: die farbige Welt des Lichts und der Formen um uns herum; das leuchtende Rot der Rosen, das Azurblau des Meeres, das helle Grün des Frühlings. 6 Millionen Zäpfchen (für das Farbsehen) und 120 Millionen Stäbchen (Schwarz Weiß Sehen) finden sich in der Netzhaut eines Auges. Die von ihnen gesammelte Information wird im Gehirn verarbeitet und gespeichert. Im Auge selbst sorgt ein wunderbares System dafür, daß trotz extremster Lichtbedingungen immer die genau richtige Lichtmenge auf die Netzhaut auftrifft.
Ein wesentlicher Bestandteil dieses Systems ist die Iris oder Regenbogenhaut Ist sie stark angefärbt, so sind die Augen braun; enthält sie wenig Pigment, so erscheinen die Augen blau. Die Farbe der Regenbogenhaut erben wir von unseren Eltern. Durch das fein aufeinander abgestimmte Spiel des Pupillarmuskels wird die Pupille in der Dunkelheit weit, während sie sich im hellen Licht der Sonne auf Stecknadelkopfgröße verengt. Um diese andauernde Bewegung durchzustehen, ist die Iris aus feinsten Bälkchen schwammartig aufgebaut, ähnlich den Lamellen einer Blende beim Fotoapparat. Je nachdem, wie das Licht in diese speichenartig angeordneten Bälkchen einfällt, entsteht ein unterschiedliches Muster, das dazu noch bei jedem Menschen einzigartig ist, genauso, wie jeder Mensch seinen eigenen unverwechselbaren Fingerabdruck hat. Dieses Muster hat keine weitere Bedeutung. Aus der Anordnung der Bälkchen und aus deren Farbe Krankheiten herauslesen zu wollen, ist genauso hoffnunglos, wie wenn man aus den Fingerabdrücken eines Verbrechers herausfinden wollte, ob er sich einmal ein Bein gebrochen hat.
Was kann denn nun der Arzt im Auge sehen? Selbstverständlich kann er bei genauer Untersuchung alle Krankheiten feststellen, die am Auge selbst auftreten. Hier interessieren uns jedoch besonders die Körperkrankheiten, die sich unter anderem auch am Auge zeigen.
Beginnen wir mit der weißen Bindehaut. Es ist allgemein bekannt, daß eine Gelbsucht sich zuerst an der Bindehaut oder Sklera zeigt. Dies hat seinen Grund darin, daß der Gallenfarbstoff am besten auf weißem Hintergrund zu sehen ist, obwohl er genauso auch in die übrige Haut eingelagert wird, die jedoch meist ein wenig dunkler ist. Hinter einer »Gelbsucht« können sich die verschiedensten Erkrankungen verstecken: eine harmlose Stoffwechselstörung oder ein bösartiger Tumor in der Bauchspeicheldrüse, Schwierigkeiten der Leber mit der Verarbeitung eines Medikaments (häufig die »Pille«) oder aber eine Entzündung der Leber durch Viren. Die Liste könnte seitenlang fortgesetzt werden, wollte man alle bekannten Krankheiten aufzählen, die zu einer Gelbfärbung führen. Viel weniger häufig als gelbe sind blaue Skleren, die bei einer seltenen Knochenkrankheit auftreten.
Die Hornhaut kann bei einer Viruserkrankung (Herpes) mit betroffen sein. Sie reagiert aber auch besonders empfindlich bei Austrocknung oder bei verhältnismäßig leichten Verletzungen. Oft entwickelt sich dann ein Geschwürchen, und die verbleibende Narbe ist weiß und undurchsichtig, so daß das Sehen schwer beeinträchtigt sein kann. Bei vielen älteren Leuten kann man einen grauen Ring sehen, der jedoch nur eine harmlose Farbstoffablagerung darstellt.
Selten ist auch die Linse bei allgemeinen Erkrankungen mit betroffen. Der Mangel gewisser Vitamine oder die Einnahme von Medikamenten kann zu einer Trübung der Linse führen, die dann das Sehen stark beeinträchtigt. Schwere Veränderungen der Linse können schon bei einem Baby auftreten, wenn seine Mutter während der Schwangerschaft die Röteln durchmachte.
Besonders ergiebig ist für den Arzt die Spiegelung des Augenhintergrundes. Hier kann er nicht nur die Netzhaut beobachten, sondern auch die Blutgefäße und den Sehnerv. Die Blutgefäße zeigen so wichtige Krankheiten wie Arterienverkalkung und Zuckerkrankheit. Der Sehnerv kann z. B. bei einem Hirntumor oder bei einer Drucksteigerung des Liquors (Hirnwasser) verändert sein.
Wenden wir uns noch der Regenbogenhaut (Iris) zu, aus der die Irisdeuter so viel herauslesen wollen. Sie ist meist im Rahmen einer Entzündung der Aderhaut mit betroffen und schwillt dann grünlich auf. Ursachen für eine solche Entzündung können Infektionsherde, Tuberkulose, Geschlechtskrankheiten oder seltene Formen des Gelenkrheumatismus sein, wobei neben diesen Augensymptomen noch weitere Anzeichen vorhanden sein müssen, damit die richtige Diagnose gestellt werden kann.
Als Arzt mehr herauslesen zu wollen, wäre vermessen.
Leberschrumpfung oder kleiner Finger?
Weil sich die Arbeit eines Irisdiagnostikers nicht mit der Untersuchung des Arztes vergleichen läßt, soll hier immer von Irisdeuterei und nicht von Irisdiagnose die Rede sein.
Prof. Schreck, ein bekannter deutscher Augenarzt, schreibt: »Ein gegensätzliches und in keiner Weise damit (mit der ärztlichen Untersuchung) vergleichbares untersuchungstechnisches Verhalten zeigen die Irisdeuter. Sie >ersehen< die Krankheiten des menschlichen Körpers aus normalem Irisgewebe, ja sogar aus einer ganz oberflächlichen Betrachtung der Oberfläche.« Und weiter meint er. »Wir stehen hier also vorder in der ganzen Heilkunde einzigartigen, unerhörten Paradoxie und Groteske, ja Absurdität, daß Leute aus normalem Gewebe Krankheiten erkennen wollen. Diese Unsinnigkeit steigert sich dadurch, daß sie hierbei nicht Krankheiten des untersuchten Gewebes meinen, sondern sogar Erkrankungen von Körperorganen, welche ohne jede organische Beziehungen weit von ihm entfernt liegen … Was die Irisdeuter meinen und woraus sie Krankheiten des Körpers >ersehen<, sind und bleiben nichts weniger und nichts mehr als einfache Varianten der normalen Struktur und Färbung der Iris, denen keinerlei krankhafte Bedeutung und deshalb auch keinerlei diagnostischer Wert zukommen kann.«
Obwohl jeder Irisdeuter dem Patienten gegenüber behauptet, es gebe nur einen Diagnoseschlüssel zur Iris, hat Prof. Jentzsch nicht weniger als deren 19 gezählt. In einer Tabelle vergleicht er elf Systeme. Dabei sollen sich z. B. zwischen 230 und 240 Grad, d. h. auf der Breite einer Nähnadel, je nach Schlüssel, die Leber, der kleine Finger, der Arm, das Zwerchfell, die Hand, die Rippen, eine Leberschrumpfung, die Achseldrüsen oder die Gallenblase manifestieren.
Man schätzt, daß es etwa 10000 Krankheiten gibt. Es ist nicht klar, wie diese alle auf dem kleinen Raum der Iris Platz haben sollen.
Wissenschaftliche Untersuchungen
Weil eine Diagnose aus der Iris viele aufwendige Untersuchungen ersparen könnte, wurden die Behauptungen der Irisdeuter in vielen Studien ernsthaft überprüft. Wir wollen nur einige wenige herausgreifen.
Beginnen wir mit Ignaz Peczelys Beobachtung an der Eule. Eine Veränderung am Eulenauge hätte sich leicht durch Fotografien vor und nach einem Knochenbruch zeigen lassen. Dieser Nachweis konnte nie erbracht werden: Die Irisdeuterei in ihrer heutigen Form begann also bereits durch einen Irrtum ihres Entdeckers. 1957 Konnte Dr. Wöhlisch aufzeigen, was der 11 jährige Ignaz damals gesehen hatte. Er beobachtete, daß beim Lidschluß die Nickhaut von oben innen nach unten außen über die Hornhaut gezogen wird und daß sie bei langsamer Öffnung des Auges gegen die Bewegung des oberen Augenliedes zurückbleibt. Man sieht dann, wie der Rand der Nickhaut als tiefschwarzer, nicht ganz senkrecht verlaufender Strich über die helle Iris zieht. Wöhlisch’s Fotos sind so überzeugend, daß diese Deutung wohl richtig ist‘.
Ein anderer Mediziner untersuchte 762 Patienten mit schwersten Erkrankungen, darunter 60 Amputierte und Kriegsverletzte. Sein Urteil, die Irisdeuterei sei ein Hirngespinst, belegte er mit Zahlen. Von den 762 Patienten hatten nur 18 (das sind 2,7 von Hundert) ein Zeichen im Felde des erkrankten Organs, dagegen hatte fast die Hälfte Krankheitszeichen in Feldern von Organen, die nie erkrankt waren. Derselbe Untersucher machte einen Versuch mit dem berühmten Iridologen Kläser, bei dem Ärzte und Laien Zeuge waren. Als Patienten zeigte man Herrn Kläser Kranke mit sehr schweren Leiden und Verstümmelungen, die man auch als Laie gut erkennen konnte. Nach acht Versuchen wurde das Experiment abgebrochen, weil der »berühmte« Mann nichts als Fehldiagnosen gestellt hatte. Bei einem Patienten mit amputiertem Bein fand er z. B. nur eine »schwere Belastung des Rückenmarks«.
Die Liste von wissenschaftlichen Untersuchungen könnte beliebig fortgesetzt werden. Eine sehr gute Sammlung hat Prof. Jentzsch in dem Buch von O. Prokop, »Medizinischer Okkultismus«, veröffentlicht. In keiner Untersuchung konnten die Irisdeuter ihre Behauptungen durch entsprechende Erfolge untermauern.
Warum gelingen doch so viele richtige Diagnosen?
Eine Frau berichtete mir: »Vor vielen Jahren ging ich zu einem Augendiagnostiker ins Appenzellerland, weil mir meine damalige Arbeit zu schwer geworden war und ich mich elend fühlte. Er stellte fest, daß ich gesund sei, jedoch Entspannung und Aufbaumittel brauche. Jedoch stellte er »aus heiterem Himmel« fest, daß meine Gallenblase sich schwer tue, und ich sie schonen müsse. Er gab mir Kräuterpillen, die beim Verdauen halfen. Wenige Jahre später stellte ein Mediziner anläßlich einer Routine Untersuchung einen vermutlich angeborenen Ikterus (Gelbfärbung der Haut) fest.«
Wie so viele andere war diese Patientin verblüfft, daß der Irisdeuter diese Krankheit schon Jahre vorher festgestellt hatte. In diesem Fall aber ist der Grund nicht weit zu suchen: ein angeborener Ikterus zeigt sich an- und abschwellend immer wieder auch in der weißen Bindehaut des Auges, wie wir das im vorhergehenden Abschnitt gesehen haben. Der Irisdeuter hatte in diesem Fall also seine Diagnose nicht aufgrund der Struktur der Regenbogenhaut gestellt, sondern wie später auch der Arzt die Gelbfärbung der Sklera beobachtet.
Somit ist der erste Grund für einen diagnostischen Erfolg eine gute Beobachtung des Patienten, Dazu kommt, daß die Patienten oft auch ihre Beschwerden vortragen, so daß man sich bald einige Diagnosen zusammen reimen kann.
An zweiter Stelle steht die verschwommene Ausdrucksweise der Irisdeuter. Was heißt, »die Gallenblase tue sich schwer«? Wie Sie vielleicht wissen, gibt es die verschiedensten Möglichkeiten einer Gallenblasenerkrankung, von Steinen über Entzündungen bis zum Tumor. In diesem Fall war es jedoch überhaupt nicht die Gallenblase, sondern in streng medizinischem Sinne die Leber, die durch eine harmlose Stoffwechselstörung Gallenfarbstoffe ins Blut rückstaute.
Die meisten Iridologen begnügen sich nicht mit einer einzigen Diagnose, sondern servieren gleich eine ganze Liste. Ein Beispiel ist die Litanei von »Lehmpastor Felke« auf Seite 90. Schon ein kurzer Blick auf die »Diagnosen« zeigt, daß er ja irgendwo recht haben mußte: Denn wer träumt nachts nicht viel? Wer hat nicht manchmal kalte Füße, wer hatte noch nie Rückenschmerzen?
»Wer vieles bringt«, schreibt Dr. Jentzsch, »wird manchem etwas bringen.« Und sollte der Deuter einmal ganz daneben gegriffen haben, so hat er noch eine besonders einleuchtende Erklärung in Reserve: Entweder sind es Zeichen, die auf die Krankheiten der Eltern oder Großeltern hinweisen, oder die Zeichen lassen darauf schließen, daß eine »Organschwäche« vorliegt, die in Zukunft eventuell einmal zu einer Krankheit führen könnte.
Als dritten Grund für richtige Diagnosen kommen wir nun zu einem Punkt, wo das ungefährliche und amüsante Trickreservoir der Irisdeuter ein jähes Ende findet. Es besteht die Möglichkeit der okkulten Irisdiagnose durch mediale Einflüsse, doch ist diese eher selten.
Der Augenarzt Dr. Jaensch schreibt dazu: »Wenn auch nicht bestritten werden kann, daß gelegentlich einmal Hellsehen bei der Augendiagnose eine Rolle spielt, oder daß der Augendiagnostiker als sensitive Person dem Kranken Bewußtseinsinhalte abzapft, so ist doch zu bedenken: Die Medien sind sehr selten, sicher können nicht alle Augendiagnostiker Medien sein.«
Es gibt auch okkult arbeitende Irisdiagnostiker, deren Diagnosen dann oft ins Schwarze treffen. Diese Iris »Hellseher«, wie ich sie einmal nennen möchte, sind nach Dr. Koch »medial veranlagt und arbeiten mit verschiedenen Spielformen der Medialität. Die Iris ist nur eine »Kontaktbrücke«, die für ein telepathisches oder hellfühlendes oder trancehaftes Anzapfen des Bewußtseins oder Unterbewußtseins benützt wird.«
Und damit sind wir schon bei der nächsten, entscheidenden Frage, die sich unmittelbar aufdrängt:
Kann man durch die Irisdeuterei okkult belastet werden?
Nach der Erfahrung verschiedener Seelsorger führt keineswegs jede Iris »Diagnose« zu einer okkulten Belastung. Dr. Koch schreibt dazu:
»Es gibt mediale, okkulte Diagnosestellungen. Damit keine Mißverständnisse entstehen, will ich erklären, daß es wenig okkulte Irisdiagnostiker gibt. Viele Irisdiagnostiker haben nichts mit Okkultismus zu tun. Der medizinische Wert ihrer Diagnosen ist aber außerordentlich dürftig, in vielen Fällen sogar bedeutungslos.«
Gefährlich ist aber jener kleine Rest, der mit okkulten Mitteln arbeitet. Dabei ist auch der Titel »Dr. med.« keine Garantie für eine neutrale Irisdeutung. Dr. Koch erwähnt in seinem »Okkulten ABC«, daß er Vollmediziner in der Seelsorge hatte, die ihre okkulten Praktiken beichteten und danach aufgaben.
Es ist müßig zu fragen, wie man sich vor Heilpraktikern und Ärzten schützen kann, die die Irisdiagnose okkult anwenden. Ein Gespräch mit dem Heilpraktiker bringt zudem oft wenig ein.
Die Frage stellt sich vielmehr, ob man einem Patienten eine Diagnosemethode empfehlen kann, die nicht nur auf okkulter Philosophie, sondern zudem auf einem Irrtum des Entdeckers beruht.
8. Kapitel
Erdstrahlengefahr – Krebsvorsorge durch Pendeln?
Eine der schlimmsten Geißeln der Menschheit ist der Krebs. Jeder dritte Einwohner der westlichen Industrienationen wird einmal an Krebs sterben.
Fachleute und Laien stehen hilflos da. Denn weder ist bekannt, weshalb ein Zellverband plötzlich Amok läuft, noch weiß man, wie man dem menschenfressenden Moloch »Krebs« wirksam begegnen kann. Trotz aufwendiger Vorsorge Untersuchungs Programme, trotz modern¬ster chirurgischer Verfahren, trotz riesiger Bestrahlungskanonen hat die Sterblichkeit an dieser unheimlichen Krankheit nicht abgenommen, auch wenn man auf gewissen Gebieten Teilerfolge erzielt hat.
Todbringende Erdstrahlen?
Wie immer, wenn etwas unheimlich und unerklärt ist, kam es auch auf diesem Gebiet zu einem Wildwuchs von Theorien und Hypothesen, von Spekulationen über die Entstehung des Krebses und von Vorschlägen zur Heilung. Sich in diesem Dschungel noch zurechtzufinden, ist beinahe unmöglich.
Der Versuch, das Krebsgeschehen zu erklären, ist längst nicht nur Domäne der Wissenschaftler und Ärzte; immer mehr werden auch Spekulationen von Laien in die Diskussion geworfen und von den Illustrierten ausgeschlachtet. Hierher gehört die Behauptung, daß Krebs, aber auch eine ganze Liste anderer Krankheiten durch Wasseradern und Erdstrahlen hervorgerufen werden sollen‘. Nach Stanley Krysiak, einem kanadischen Pendler, werden folgende Krankheiten zu »90 % durch die schädlichen Erdstrahlen verursacht: Gefäßkrankheiten, verschiedene Arten von Krebs, Selbstmord, in der Entwicklung zurückgebliebene Kinder, Geisteskrankheit, Arthritis und Rheumatismus, Diabetes, Magen und Darmkrankheiten (Leber und Niere), Blindheit und Hautkrankheiten.« Er ist davon so überzeugt, daß er schreibt: »Die medizinische Wissenschaft wird keinen wesentlichen Fortschritt machen, wenn sie den größten Faktor, die todbringenden Erdausstrahlungen, nicht berücksichtigt.«
Belegt wird diese Behauptung mit Geschichten wiederfolgenden: »Dr. Birkelbach erzählt von einer in Deutschland wohnenden Magd, die in einem Landhaus arbeitete. Sie war bei allen beliebt und schien glücklich zu sein, aber eines Tages versuchte sie sich aufzuhängen. Sie konnte jedoch noch rechtzeitig gerettet werden und wurde ins Krankenhaus gebracht. Dort stieg sie in einem unbewachten Augenblick aus dem Bett und erhängte sich erneut. Dieses Mal konnte sie nicht gerettet werden.« Die Untersuchung durch den Pendler ergab selbstverständlich Erdstrah¬len unter dem Bett der Magd. Andere Ursachen wurden überhaupt nicht erwogen‘.
In einem anderen Bericht werden die schlechten Schulleistungen der Kinder in Salzburg auf schädliche Erdstrahlen zurückgeführt: »Die Salzburger Lehrerin Käthe Bachler hatte Hunderte von Schulplätzen, 2000 Wohnungen von schulpflichtigen Kindern, deren Lerneifer immer mehr nachließ, und die Lage der Betten dieser Kinder mit einer Wün¬schelrute getestet und ist zusammen mit 70 Ärzten zum Schluß gekommen, daß Schulkinder lethargisch werden, wenn sie in der Schule über Wasseradern sitzen oder daheim ihre Betten dem Einfluß von Erdstrahlen ausgesetzt sind.«
Auch hier wieder kein Wort von anderen Ursachen, nichts über soziale Schwierigkeiten zuhause, keine Miteinbeziehung der Umgebung und schon gar nicht der Gedanke, daß es jedem Schüler ab und zu einmal an Lerneifer fehlt und die meisten das Leben später doch noch gut meistern. Die Lösung ist viel einfacher: an allem sind die Erdstrahlen schuld. Bedenklich muß der Bericht stimmen, weil nicht nur 2000 Familien in Salzburg auf diese Weise mit okkulten Machenschaften in Kontakt kamen, sondern weil auch 70 Ärzte und der Präsident des Salzburger Landesschulamtes voll hinter diesen Praktiken der Lehrerin Bachler standen.
Am einträglichsten ist jedoch das Geschäft mit der Krebsangst. Krebs, so die Rutengänger, entstehe zu 90 % bei Menschen, die über einer »Wasserader« schlafen. Ganz besonders schlimm sei es bei Schlafstellen über einer Kreuzung von »Reizstreifen«. Belegt werden diese Aussagen durch immer neue Skizzen von Dörfern, in denen die Wasseradern oder Reizstreifen meist unter den Häusern verlaufen, in denen Patienten an Krebs gestorben seien. Im Jahre 1936 veröffentlichte ein Schweizer Arzt, Dr. Jenny, eine größere Untersuchung mit weißen Mäusen, die angeblich über Erdstrahlen Reizstreifen schneller an künstlich hervorgerufenem Krebs starben als auf »neutralem« Gebiets. Die Versuchsanordnung bot jedoch bei näherem Hinsehen soviele Möglichkeiten zur Manipulation, daß die Ergebnisse bei einer ernsthaften Überprüfung mehrmals widerlegt werden konnten‘. Dennoch berufen sich viele Pendler noch heute auf diese Arbeit von Dr. Jenny.
Da werden die abenteuerlichsten Erklärungen gegeben: »Der Kampf zwischen den lebenden Körperorganismen und den Mikroben ist ein Krieg zwischen ein und austretenden Wellen.« Jede Zellart soll ihre spezielle Wellenlänge haben. Die schädlichen Erdstrahlen stören dieses Gleichgewicht der Mikrowellen, und dadurch entsteht Krankheit und insbesondere Krebse. Ganz einig sind sich jedoch auch die Pendler nicht: Die einen sprechen von kosmischer Strahlung, »die von der heute kosmologisch erkennbaren Grenze des Universums ausgeht und es isotrop durchstrahlt.« Andere pochen auf Strahlen aus dem Erdinnern.
Ein neues Schlagwort hat die Physik mit dem Begriff »Mikrowelle« geliefert. Mikrowellen helfen beim Backen und Kochen, Mikrowellen senden aber auch die Radar Systeme am Flughafen aus. Auch die Ultra-Kurz Wellen von Radio und Fernsehen sind Mikrowellen. Während die erwähnten Wellen alle physikalisch meßbar sind, ist das mit den Mikrowellen, die Krebs hervorrufen sollen, anders: Sie kann man nur durch die Wünschelrute erfassen. Sie seien nämlich so schwach, daß sie mit herkömmlichen Geräten nicht erfaßt werden könnten.
Da taucht doch unmittelbar die Frage auf: Wie kann der Wünschelru¬tengänger aus dem ganzen Mikrowellensalat, der uns ständig umgibt, genau die Wellen herausspüren, die so schwach sind, daß man sie nicht einmal messen kann? Eine Antwort sind die Pendler bis heute schuldig geblieben. Ja, sie geben sogar selbst zu, daß die Forschung das Phänomen der Wünschelrute bis heute noch nicht klären konnte.
Der Talisman im Schlafzimmer
Daß ihre Behauptungen nur auf einer okkulten Grundlage beruhen, hindert viele Pendler nicht daran, ihren Patienten Abschirmgeräte gegen die schädlichen Erdstrahlen zu verkaufen. Der Bonner Gerichtsmediziner Prof. Prokop hat eine Liste von 50 verschiedenen Geräten zusam¬mengestellt. Es ist sicher interessant, einmal zu sehen, was da alles als Abschirmgerät installiert oder unters Bett gestellt wird: Kupferspiralen und Bakelit Teller, Flaschen mit »magnetisch aufgeladenem« Wasser oder Öl, Farnkraut, Drahtschlingen, auf Schnüre aufgereihte Kastanien werden empfohlen. Dazu kommen unzählige Geräte mit mehr oder weniger aufwendigen Konstruktionen: Manchmal enthalten sie eine Taschenlampenbatterie, eine Drahtschlinge und einen Kondensator. Damit es komplizierter aussieht, wurde ein anderes Gerät auch noch mit einem stufenweise verstellbaren Schalter versehen, der im Nichts endet. Jedoch wie ein solcher Apparat wirkt, kann keiner so recht erklären . . .
Rutengänger im Test
Wir haben bereits gesehen, daß selbst in einer Pendlerzeitschrift zugegeben wurde, daß die Forschung das Phänomen der Wünschelrute nicht klären konnte. Als Laie auf physikalischem Gebiet könnte man sich aber immerhin vorstellen, daß der Wünschelrutenausschlag irgendwie von elektrischen Wellen oder durch magnetische Energie beeinflußt oder ausgelöst wird.
Wiederholte Versuche sind jedoch allesamt negativ verlaufen. Zum Problem der Mikrowellen haben wir schon angetönt, daß die Behauptungen der Wünschelrutengänger nicht zutref¬fen. Ein Magnetfeld kann vom Menschen nicht festgestellt werden. 1954 wurden in Holland Versuche gemacht, in denen Rutengänger verschieden starken Magnetfeldern ausgesetzt wurden, die allesamt stärker waren als das natürliche Magnetfeld der Erde. Die Versuchspersonen konnten nicht feststellen, wann ein Feld aufgebaut war und wann nicht. Bleibt noch die These von der »spezifischen Wasserstrahlung«: Warum strahlt denn nur unterirdisches Wasser, nicht aber jenes an der Oberfläche? Wie ist es physikalisch möglich, daß eine »Wasserader« (selbst dieser Begriff ist geologisch nicht haltbar) ihre »Strahlung« so stark gebündelt abgibt, daß man sie noch im 20. Stockwerk eines Hochhauses feststellen kann? Warum soll gerade hier das physikalische Prinzip der Strahlen Streuung nicht Anwendung finden?
Die Antwort auf diese Fragen bleiben die Pendler schuldig. Statt dessen verschanzen sie sich hinter einem Wust von pseudowissenschaftlichen Abhandlungen, in denen Namen von Professoren und anderen berühmten Persönlichkeiten angeführt und physikalische Begriffe wahllos aneinandergereiht werden. Statt »Pendlerei und Fluten¬geherei« wird heute der viel wissenschaftlicher klingende Name »Radiästhesie« verwendet. Auf den Laien macht das natürlich einen gewaltigen Eindruck.
Weniger beeindruckt sind alle diejenigen, die die Leistungen verschiedener Rutengänger getestet und verglichen haben. Resultat einer Prüfung von 75 Rutengängern in Neuseeland: »Keine Übereinstimmung, gleiche Ergebnisse (d. h. ebenfalls keine Übereinstimmung) beim Raten.« Meistens ergeben sich so viele Resultate wie Pendler geprüft werden. Sogar in der schweizerischen Zeitschrift der Pendler und Rutengänger gibt man dies indirekt zu: »Unbestritten ist, daß sich hier Laborbedingungen störend auswirken können, die kritische Kontrolle häufig ablehnender Wissenschaftler, unterstützt von technischen Me߬geräten, ebenso wie der Druck eines Muß Erfolges. Auch ist in Erwä¬gung zu ziehen, daß nur wenige Versuchspersonen über die Erfahrung verfügen, eventuell auftretende Reize richtig zu deuten.«
Enttäuscht wurde auch der Schweizer Professor F. Gassmann von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Er wollte nämlich die Strahlung erforschen, die von Pendlern und Rutengängern gemes¬sen wird. 16 teils recht bekannte und angeblich sehr erfolgreiche Pendler stellten sich für den Test zur Verfügung. Unter ihnen befanden sich 11 Ingenieure und Techniker, einer von ihnen war sogar Hochschulprofes¬sor. Professor Gassmann wollte nun zuerst eine möglichst starke Strahlungsquelle finden und schickte die 16 Rutengänger über sieben Felder. Unter jedem lag eine Wasserleitung. Eine führte sogar 16 000 Liter pro Minute.
Das Ergebnis: »Man sieht sofort, daß auf keinem der sieben Versuchs¬felder von mehreren Rutengängern übereinstimmende Reizfelder zu finden sind, die sich von einer unzweifelhaft reizfreien Umgebung abheben.
Das . . . aufgestellte Ziel der Versuche (auf sieben Versuchsfeldern gemeinsam sogenannte Reizzonen zu finden) ist also nicht erreicht worden.
Es ist uns trotz eingehender Bearbeitung des Materials nicht gelungen, sichere Anhaltspunkte zu finden, die uns die Möglichkeit gegeben hätten, Angaben einzelner Rutengänger vor denen der andern als allein maßge¬bend oder auch bloß als besonders zuverlässig auszuzeichnen.«
Die große Wasserleitung »ist von überhaupt keinem der Rutengänger angezeigt worden, währenddem von mehreren Rutengängern an verschiedenen Stellen (im Felde B, offensichtlich beeinflußt durch die sichtbaren Schachtdeckel) nicht existierende Wasserleitungen angegeben worden sind.
Es ist nicht gelungen, mit Hilfe der beschriebenen Versuche Reizstel¬len zu ermitteln, die als Grundlage für physikalische Messungen hätten dienen können.«
Warum antwortet das Pendel?
Trotz dieser vielen negativen Versuche bleibt das Rätsel des Pendels noch immer ungelöst. Der Ausschlag von Pendel und Rute ist eine Realität.
Wenn die Kraft, die Wünschelrute und Pendel bewegt, nicht physika¬lisch feststellbar ist, woher kommen dann die Ausschläge dieser Geräte? Welche Kraft wirkt auf die Pendler ein? Warum kann nicht jeder pendeln? Warum überträgt sich die Gabe des Rutengehens oft schlagartig, wenn der Neuling von einem erfahrenen Pendler berührt wird?
Diese Fragen bedürfen einer Antwort. Verschiedene Wissenschaftler haben Theorien aufgestellt, wie es zum Ausschlag des Pendels kommen könnte:
1. Auch wenn die Pendler behaupten, sie hielten die Hand völlig ruhig, wenn das Pendel zu kreisen beginne, so machen sie eben doch ganz feine Muskelzuckungen. Dr. W. Reimann vom Gerichtsmedizinischen Institut in Bonn hat in einer längeren Abhandlung die Faktoren zusammengestellt, die selbst bei einem völligen Stillhalten noch zu kleinsten Muskelbewegungen der Hand führen. Diese Zuckungen werden nicht nur von den Muskeln selbst, von der Atmung und von den Kapillarpuls¬wellen der Fingerspitzen hervorgerufen, sondern ganz besonders von Gedankenabläufen im menschlichen Gehirn.
Jeder, der schon einmal ein Gewehr in der Hand hatte, weiß, wie unmöglich es ist, trotz größter Willensanstrengung, Korn und Kimme völlig ruhig in eine Linie zu bringen. Je länger man zögert, je nervöser man wird, desto mehr schwankt der Gewehrlauf. Ähnlich ist es beim Mikadospielen: Je zarter man in die Stäbchen hineinzugreifen versucht, je vorsichtiger man es anstellt, desto stärker beginnt man mit der Hand zu zittern, ohne daß man es will.
Genauso, sagen die Wissenschaftler, sei es auch beim Pendler und Rutengänger: Die innere Spannung steigere sich auf einen Höhepunkt, auf dem es dann plötzlich, ohne bewußte Absicht, zu einem Ausschlag komme.
2. Pendler beobachten gut und leiten von daher ihre Ergebnisse ab. So weist ein Schachtdeckel meistens darauf hin, daß in der Nähe eine Wasserleitung oder ein Kanalisationsrohr sein muß. Die Beobachtung eines solchen Hinweises löst im Rutengänger die Spannung und führt zum Ausschlag der Rute.
3. Suggestion und Auto Suggestion: Die meisten Pendler stellen »Wasseradern« dann fest, wenn sie bereits wissen, daß in diesem Bett jemand gestorben ist oder in jenem Stall eine Kuh erkrankt ist. Der Gedanke daran löst beim Pendler die erwartete Antwort aus, und das Pendel bewegt sich entsprechend. Dr. Reimann schreibt: »Diese Hand ist aber nur gewissermaßen ein Außenwerk der psychischen und emotionalen Person des Pendlers.«
Auf Suggestion und Autosuggestion beruht denn auch oftmals die »Heilwirkung« der Erdstrahlen Abschirmgeräte. Psychosomatische Faktoren dürften auch hier eine wichtige Rolle spielen. Läßt der Glaube an das Gerät nach, so kommen auch die Schmerzen wieder.
Alle diese Theorien zeigen etwas ganz deutlich: Nicht eine physikalisch meßbare Kraft bewegt Pendel und Rute, sondern die Macht des Unterbewußtseins, die Kraft des Geistes bringt die Schwingungen hervor.
Geistig völlig passiv bleiben
Einen Faktor berücksichtigen alle diese wissenschaftlichen Untersu¬chungen nicht: Die Beeinflußbarkeit des menschlichen Geistes durch okkulte Kräfte. Unter dem Thema »Die geistige Haltung beim Pendeln« gibt ein Pendler folgende Anweisungen: »Objektive Ergebnisse können wir daher nur erzielen, wenn wir bei unseren Versuchen geistig völlig passiv bleiben.« Ein anderer schreibt: »Einzig . . . eine absolut in jedem Falle vorurteilsfreie Haltung kann regelmäßige, erfolgreiche Resultate liefern«. Mit andern Worten: Wer aufrichtig betet, wird nicht erfolgreich pendeln können, denn er ist nicht mehr vorurteilsfrei.
Geistige Passivität genau das ist das Ziel jeder Form von Yoga und Meditation. Es erstaunt daher nicht, daß man in den Veröffentlichungen aus Pendlerkreisen auf Schritt und Tritt hinduistischem Gedankengut begegnet. Die Idee von Mikro und Makrokosmos, die wir schon bei der Akupunktur, der Fußreflexzonenmassage und der Irisdiagnose kennen lernten, fehlt hier genauso wenig wie der Hinweis auf die alles durchströmende Lebenskraft oder das Prana (die hinduistische Vorstellung der kosmischen Weltenergie). Ein schweizerisches Institut für Radiästhesie hat sich den Namen »Mediana« zugelegt. Sein Leiter begründet die Wahl des Namens folgendermaßen: »Es ist nicht Zufall, daß ich den Namen Mediana gewählt habe. Er ist abgeleitet von Meditation (Konzentration, Entspannung) und Ananda (Glückseligkeit). Göttliche Kräfte vereinigen sich in diesem Namen«.
Geistige Passivität birgt die Gefahr in sich, daß sich Kräfte eines Menschen bemächtigen, die ihn völlig verändern und zerstören können. Man denke nur an die blinde Abhängigkeit der Ananda Marga Sekte einer hinduistischen Bewegung, von deren geistigem Oberhaupt. Der »Weg zur Glückseligkeit«, wie der Name übersetzt heißt, hat nicht wenige Anhänger in das grauenhafte Ende der Selbstverbrennung geführt.
Zu schweren Persönlichkeitsveränderungen führt die Transzenden¬tale Meditation, die ihre Jünger mit Hilfe des »Mantra« in die völlige geistige Öffnung und damit in die Abhängigkeit von widergöttlichen Mächten führt. Die Gefahr der geistigen Passivität zeigt sich auch in der Öffnung für die Hypnose: Nicht wenige spiritistische Medien entdeckten ihre Medialität erstmals nach einer Versenkung in Hypnose.
Als eine Maschine, die auch ein Geist bedienen kann, hat der Nobelpreisträger und weltbekannte Hirnforscher Sir John Eccles das menschliche Gehirn bezeichnet. »Normalerweise ist meine Persönlichkeit, der >Geist<, der mein Gehirn bedient«, führt der bekannte Schriftsteller Dave Hunt aus, »aber wenn ich mich in einen veränderten Bewußtseinszustand begebe und einer Macht die Kontrolle übergebe, die ein Spiritist oder Meditationslehrer eine kosmische Kraft nennt oder ein Medium als einen Geist bezeichnet, dann hindert nichts diesen neuen >Geist~, mein Gehirn zu steuern und darin Erlebnisse hervorzurufen, die mir zwar sehr real vorkommen, in Wirklichkeit aber gar nicht stattfinden«.
Geistige Passivität ist auch die Voraussetzung für die »Ausbildung der Medien«, wie sie der Spiritualist J. Greber beschreibt: »Er beginnt mit einem kurzen Gebet, hält eine Lesung aus der Heiligen Schrift und denkt über das Gelesene nach. Darauf hält er . . . seine Hand mit einem Bleistift auf ein vor ihm liegendes Blatt Schreibpapier und verhält sich abwartend ohne irgendwelche geistige Spannung. Wird er zur Niederschrift von Gedanken gedrängt, die ihm mit großer Bestimmtheit inspiriert werden, so schreibe er sie nieder. Wird seine Hand durch eine fremde Kraft in Bewegung gesetzt, so gebe er nach.«
Beachten Sie den frommen Rahmen dieser Anleitung zur Entwicklung medialer Fähigkeiten! Lange nicht jeder, der christliche Vokabeln in seinem Munde führt, hat seine Gaben von Gott. Dies gilt auch für diejenigen Pendler, die gutgläubig meinen, Gott hätte ihnen diese »Gabe« gegeben. Watchmann Nee schreibt: »Alle Gedanken und Offenbarungen, die der leere Verstand empfängt, haben ihren Ursprung in bösen Mächten.«
Das Pendel – ein Hilfsgerät zur Wahrsagerei
Ein ehemaliger Pendler, der sich später bekehrte, schreibt: »Es ist erstaunlich, wie geschickt der Teufel seine Sache tarnt, um unter der Flagge der Wissenschaft auch die >Gelehrten< zu umgarnen. Das Pendel ist nichts anderes als ein Hilfsgerät zur Wahrsagerei«. Der Geist, der den passiven Pendler erfaßt, so meint der Schweizer Seelsorger und Autor eines Buches über das Pendeln aus christlicher Sicht, Hans Schwendimann, ist ein Wahrsagegeist, wie er uns auch in der Bibel des öfteren begegnet.
Dies zeigt sich klar darin, daß man beim Rutengehen oder Pendeln nicht eigentlich eine Kraft mißt, sondern Fragen an sein Gerät stellt. Geht ein Rutengänger über ein Feld, wo er Wasser suchen soll, so stellt er verschiedene Fragen, etwa:
1. Ist der gesuchte Gegenstand (z. B. Wasser) vorhanden? Ja oder nein?
2. Wie tief liegt er? (es folgt eine Maßangabe)
3. In welcher Menge ist er vorhanden? (Minutenliterzahl)
Genauso wird auch bei der Auswahl von Medikamenten oder bei der Diagnose von Krankheiten das Pendel zur Wahrsagerei benutzt.
Die Rutenfühligkeit ist nach dem erfahrenen Seelsorger Dr. Koch ebenfalls eine mediale Veranlagung, die sich meistens in der Nachbar¬schaft von andern Zaubereisünden findet. Wie kann man sich nun eine solche Rutenfühligkeit erwerben? Dr. Koch meint: »Die Gabe, mit der Rute zu gehen oder durch das Pendel Verborgenes aufzuspüren, kann auf dreifache Weise erworben werden: Entweder durch Vererbung von den Vorfahren, zweitens durch Übertragung durch einen starken Okkultisten und drittens durch Experimentieren mit magischen Formeln, wie sie auch in okkulten Büchern veröffentlicht sind.«
So kann beispielsweise auch die Behandlung durch einen Magneti¬seur zur Medialität führen, wie dies der ehemalige lutherische Pfarrer und spätere Okkultist Bolte beschreibt: Er hatte mit dem Pendeln aufgrund einer Anleitung in der Zeitung begonnen, und das Pendel funktionierte in seiner Hand! » Ich gehörte also wohl zu den sogenannten Sensitiven, die genügend Od Strom in sich haben. Erst später kam ich dahinter, daß ich das keineswegs von Geburt her hatte. Sondern kurz vorher war ich schwer krank gewesen und durch die Behandlung eines damals sehr bekannten Magnetiseurs… zweifellos in diesem Sinne magnetisch geworden, daß ich mit dieser Kraft dann später selber pendeln lernen konnte. So kann man durch die heilmagnetische Behandlung jeden, der es will und reinen Herzens ist, magnetisch und pendelfähig machen.«
Was soll ein Christ tun, wenn er bei sich eine mediale Veranlagung entdeckt, die ihm z. B. das Pendeln ermöglicht? Dr. Koch sagt: »Wenn ein Christ eine mediale Veranlagung in seinem Leben entdeckt, soll er Gott darum bitten, daß er ihm diese Veranlagung wegnimmt. Die Vorstellung mancher Theologen, daß Medialität gereinigt und dann für den Dienst im Reiche Gottes gebraucht werden könne, ist unbiblisch. Das zeigt uns etwa die Geschichte von der Wahrsagerin von Philippi (Apostelgeschichte 16, 16 18). Wenn ein Christ mediale Kräfte gebraucht, dann wird das zur Schuld, für die er Vergebung braucht«.
… ein Geist der Unzucht hat sie verführt
Wünschelrute und Pendel sind jahrtausend alte Formen der Wahrsagerei. Es darf uns daher nicht erstaunen, daß sich schon die Heilige Schrift mit diesen Dingen auseinandersetzte. Der Prophet Hosea klagt: »Sie haben davon abgelassen, auf den Herrn zu achten. Mein Volk befragt sein Holz, und sein Stab soll ihm wahrsagen; denn ein Geist der Unzucht hat sie verführt, daß sie ihrem Gott untreu geworden sind« (Hosea 4,12). Die Worte »Holz« und »Stab« entsprechen den früheren Formen der Wünschelrute.
Mose gebietet dem Volk Israel im Namen Gottes: »Ihr sollt euch nicht wenden zu den Wahrsagern noch an die Zeichendeuter; ihr sollt sie nicht fragen, damit ihr nicht durch sie verunreinigt werdet«. Und weiter heißt es über die Wahrsager: »Wer solches tut, der ist dem Herrn ein Greuel«(5. Mose 18,9).
Diese Aussagen bleiben mit ihrer ganzen Härte bestehen, auch wenn vielleicht geltend gemacht wird, man tue mit dem Pendel doch vielfach etwas Gutes. Viele Pendelgläubige unter den Christen berufen sich denn auch darauf, daß beispielsweise der Brunnen einer Bibelschule mit der Wünschelrute gefunden worden sei. Andere sagen, es gebe doch auch Evangelisten, die pendelten und Abschirmgeräte einbauten. Das Bestre¬ben vieler Pendler, mit ihrer »Geistergabe« Gutes zu tun, ist anerken¬nenswert, es setzt jedoch nicht Gottes klare Richtlinien außer Kraft.
Jesus hat seine Jünger davor gewarnt, daß in der Endzeit falsche Propheten kommen werden, »die große Zeichen und Wunder tun, um womöglich auch die Auserwählten zu verführen«. Und an einer anderen Stelle spricht Jesus vom schrecklichen Tag, an dem die Wahrheit ans Licht kommen wird: »Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Taten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt. Weicht von mir ihr Übeltäter« (Matth.7,32).
Daß die »Gabe« des Pendelns nicht von Gott ist, zeigt sich auch darin, daß aufrichtiges Gebet die Wirksamkeit des Pendels außer Kraft setzt. Ein ehemaliger Pendler erzählt: »Der Pendel schlug bei mir sehr gut aus, und ich habe mit viel Erfolg gependelt. Ich habe diese Fähigkeit als eine Gabe von Gott betrachtet. Die Schwingungen habe ich mir durch die Wirkung magnetischer Kräfte zu erklären versucht. Ich habe viel darüber gebetet. Aber da die Sache mit den Abschirmvorrichtungen immer wieder versagte, kam ich immer mehr in Zweifel und mußte mich fragen: Steckt am Ende nicht doch der Feind hinter der ganzen Sache?
Ich fing an, den Herrn mit ganzem Ernst zu bitten, er möge mir doch völlige Klarheit schenken. Ich betete: Herr, zeige mir, ob die Schwingungen des Pendels wirklich von dir sind oder vom Feind! Wenn diese Schwingungen nicht von dir sind, soll das Pendel keine Bewegung mehr machen; wenn die Schwingungen aber von dir sind, so laß das Pendel schwingen! Und das Resultat: Das Pendel blieb stehen! Mit dem gleichen Resultat versuchte ich es noch über zwei anderen Wasseradern zu Hause, bei denen das Pendel sonst immer stark ausschlug. Aber nach dem Gebet machte es auch hier keine Bewegung mehr« (H. Schwendimann).
»Betrügerische Kräfte«
»Die Hausgötter haben leere Versprechungen gemacht, und die Wahrsager haben trügerische Gesichte gesehen, und sie erzählen erlogene Träume und trösten vergeblich« (Sach.10,2). Würde man statt Hausgötter das Wort »Abschirmgeräte« einsetzen und statt Wahrsager das Wort »Pendler«, so könnten wir die heutige Situation auf diesem Gebiet nicht klarer zusammenfassen als damals der Prophet Sacharja. Wie in alten Zeiten, so werden auch heute unzählige Menschen, die sich auf Aberglauben verlassen, betrogen. Auch der Prophet Micha kannte diese Situation: »Ihre Propheten wahrsagen um Geld; und dabei stützen sie sich auf den Herrn und sagen: Ist nicht der Herr unter uns?« (Micha 3,11).
So mancher Rutenausschlag über einer »krankmachenden Erdstrahlenquelle« wird weniger von deren magnetischen Kraft, als vielmehr vom Geldbeutel des Fragestellers bewirkt. Es ist daher kein Widerspruch, wenn im ersten Teil dieses Kapitels vom Betrug der Pendler und im zweiten Teil von ihren dunklen Kräften die Rede war. Schon der Apostel Paulus warnte die Thessalonicher vor dem, »dessen Auftreten nach der Wirkung Satans erfolgt, unter Entfaltung aller betrügerischen Kräfte …« (2.Thess.2,9).
Menschen, die sich für diese Mächte öffnen, indem sie ihre Wohnung auspendeln und sich Talismane in Form von Abschirmgeräten einbauen lassen, kommen unter einen okkulten Bann. Sie erleben zwar in manchen Fällen eine körperliche Besserung, geraten aber in schwere seelische Nöte. Sie verlieren nicht nur das Interesse an Bibellese und Gebet, sondern entwickeln oft unerklärliche Ängste, Jähzorn, Süchte, sexuelle Probleme, Zwangsneurosen und Depressionen, die bis zum Selbstmord führen können.
Doch es gibt auch Befreiung, indem der betroffene Mensch diesen okkulten Bindungen klar absagt. Es ist sehr zu empfehlen, daß man dies in Gegenwart eines erfahrenen Seelsorgers tut. Wenn Sie sich in die Praktiken eingelassen haben, die in diesem Kapitel beschrieben wurden, so bitten Sie Jesus, Ihnen zu vergeben, daß Sie sich mehr auf Wahrsagerei und Talismane verlassen haben als auf ihn. Stellen Sie sich ganz bewußt unter seine Herrschaft, und Sie dürfen sicher sein, daß er Sie aus allen okkulten Bindungen befreien wird.
9. Kapitel
Phytotherapie Kräuter gegen Krankheit
In den letzten zwanzig Jahren ist der Umsatz an Kräutertees phänomenal in die Höhe geschnellt: 10 000 Tonnen wurden 1977 in der Bundesrepublik Deutschland abgesetzt. Vor 20 Jahren waren es nur 50 Tonnen gewesen. 155 Millionen Mark geben die Deutschen jährlich für heilende Pflanzen aus, meist in Form von Brust , Blasen oder Nerventees. Immer mehr Menschen greifen, wenn sie z. B. ein hartnäckiger Husten quält, nicht gleich zum chemischen Kanonendonner, sondern brauen sich erst einmal einen Bronchialtee. Wer hat nicht schon an sich selbst erlebt, wie wunderbar ein solches Getränk aus Gottes Apotheke so manches kleine Weh Weh kuriert?
Die ältesten Heilmittel der Welt
Kein Mittel in der Medizin ist so alt wie die Heilkräuter. In allen Kulturen, seien sie hochentwickelt oder primitiv, finden sich Heilkräuter in der Behandlung von Krankheiten.
Rund 900 Rezepte enthält der altägyptische Papyrus Eber. Die Ägypter kannten wenigstens ein Drittel der Heilmittel, die in neuzeitlichen Medikamenten Listen verzeichnet sind. Sie heilten nicht nur mit Wachholder, Knoblauch, Fenchel, Thymian, Rizinus und mit vielen anderen pflanzlichen Mitteln, sondern auch mit dem Schlafmohn, aus dem die schmerzlindernden Medikamente Morphium und Codein hergestellt werden, die die Leiden so vieler Kranker unserer Tage lindern.
Auch die alten Völker Mexikos hatten einen großen Schatz an Heil-Kräutern: In einem umfangreichen Werk über die »Naturgeschichte der Neuen Welt« stellte der königlich spanische Arzt für West Indien, Dr. Francisco Hernandez, 1200 Drogen und sonstige Heilmittel zusammen, die in der Aztekenzeit verwendet worden waren. Neben Priestern, Wahrsagern und Zauberern gab es auch kräutersammelnde Apotheker und Ärzte.
Aus China sind verschiedene bedeutende Kräuterbücher erhalten, darunter das berühmte Heilmittelbuch »PenTsao Kang Mu« mit wundervollen, sehr detaillierten Abbildungen der einzelnen Pflanzen. Schon im zweiten Jahrtausend vor Christus kannten chinesische Ärzte die Pflanze »Ephedra sinica« gegen Husten und Lungenleiden. Heute enthalten viele Hustenmittel Ephedrin, genau jenen Stoff, der in dieser Pflanze enthalten ist. Wohl die größte Popularität unter den altchinesischen Heilmitteln hat die Ginseng Wurzel erreicht, die heute tonnenweise gegen Impotenz und Müdigkeit genommen wird. Wissenschaftliche Forschungen haben nachgewiesen, daß die Wurzel, die einem verhutzelten Männchen gleicht, wirklich Stoffe enthält, die in einer milden Art anregend wirken.
Es gäbe noch viel zu erzählen von Pflanzen und Heilkräutern in den alten Hochkulturen von Babylonien, Peru und Indien, von Griechenland und Rom. Überall begegnen uns, unter dem Staub der Jahrtausende begraben, versteckt in umfangreichen Büchern voll seltsamer Mixturen und magischer Beschwörungen, Heilkräuter, deren Wirkung in unserem Jahrhundert neu entdeckt und wissenschaftlich bewiesen wurde,
Auch in der Bibel finden wir Ansätze für eine Behandlung mit pflanzlichen Mitteln. Im 2. Buch der Könige 20, 7 lesen wir von Jesajas Rezept für König Hiskia: »Und Jesaja sprach: Bringt eine getrocknete Feigenmasse her! Und als sie eine solche brachten, legten sie dieselbe auf das Geschwür, und er wurde gesund.«
Während des Mittelalters waren es die Mönche in Europas Klöstern, die das Wissen über die Heilkräuter weiterpflegten. Das Kräuterbuch des Klosters St. Gallen in der Schweiz (geschrieben im Jahre 820 n. Chr.) beginnt mit den Worten: »Im Namen Christi hebet an die Kunst der Medizin.«
Der wohl bekannteste Arzt des Mittelalters war Theophrastus Bombastus von Hohenheim, kurz Paracelsus genannt, der von 1493 bis 1541 lebte. In seiner Person verbanden sich christliche Mystik, östliche Naturphilosophie und schwarze Magie.
Auf der einen Seite predigte er seinen Zeitgenossen: »Der Kranke, der auf die Arznei hofft, ist kein Christ; der aber seine Hoffnung auf Gott setzt, der ist ein Christ.« »Daneben«, so schreibt der bekannte Psychoanalytiker C.G. Jung, »drängt sich aber bei ihm der Erdgeist hervor in einem Maße, das oft beinahe erschreckend wirkt: es gibt sozusagen keine Form der Mantik und Magie, die er nicht entweder betreibt oder empfiehlt.«
Wohl spricht er von dem Gott, der »den Kräutern Macht und Kraft gegeben hat, den Menschen von seiner Krankheit zu befreien, auf daß er nicht allzu bald vom Tode überwunden werde.« Doch sein wahrer Gott ist die Natur, seine Lehrmeister sind dämonische Kräfte. Ja, er machte es sogar den Ärzten seiner Zeit zum Vorwurf, daß sie nichts von Magie verständen.
Die Werke von Paracelsus haben die späteren Heilpraktiker nachhaltig beeinflußt, und seine Gedanken bilden noch heute in großem Maße die Grundlage der Naturheilkunde. Dieses Spannungsfeld von oberflächlicher Gläubigkeit und tiefem Okkultismus kennzeichnet viele Kräuterkundige durch alle Jahrhunderte hindurch bis in unsere Zeit hinein.
Kräuter gegen Krebs – Schulmedizin von heute
Ohne pflanzliche Mittel könnten wir uns eine moderne Medizin nicht vorstellen. Viele Mittel, von denen man es nie denken würde, stammen aus dem Reich der Pflanzen.
Wußten Sie z. B., daß die wichtigsten Medikamente im Kampf gegen den Krebs pflanzlicher Natur sind? Die Alkaloide Vinkristin und Vinblastin stammen aus einer madegassischen Form des Immergrün. Mit ihrer Hilfe konnten dramatische Erfolge bei der Hodgkin’schen Krankheit, bei der akuten lymphatischen Leukämie und beim Wilms Tumor, einem kindlichen Nierentumor, erzielt werden. Wo es früher keine Hoffnung mehr gab, erleben Patienten heute Remissionen (weitgehende Besserung ihres gesundheitlichen Zustandes) in 80 bis 99 Prozent der Fälle dank dieser pflanzlichen Medikamente,
Viele pflanzliche Wirkstoffe beeinflussen das Nervensystem. Die wichtigsten Schmerzmittel sind pflanzlicher Herkunft. Statt Aspirin können Sie auch ein Extrakt aus Weiden oder Pappelrinde zu sich nehmen. Beide enthalten den gleichen Wirkstoff, nur ist die Tablette sicherer zu dosieren. Zudem enthält sie einen neutralisierenden Zusatz, damit der Wirkstoff, die Acetyisalicyl Säure, die Magenschleimhaut nicht so sehr angreifen kann. Von der Bedeutung des Schlafmohn Saftes, aus dem das Morphium und seine Abkömmlinge stammen, haben wir schon gesprochen. Fast so wichtig wie das Messer des Chirurgen ist ein pflanzlicher Wirkstoff, der in der Narkose zum Erschlaffen der Muskulatur gebraucht wird: das indianische Pfeilgift Curare,
Auf einem weiteren Gebiet leisten uns Pflanzen unschätzbare Dienste:
Die meisten Menschen sterben in den Industrieländern an Herz Kreislauf Krankheiten. Wo wären wir heute ohne den Stoff des Fingerhuts, ohne Digitalis? Mehr als drei Millionen Amerikaner nehmen dieses Mittel täglich, nur um am Leben zu bleiben. Ohne Digitalis und verwandte Präparate könnte das Herz dieser Patienten seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, und die meisten müßten innert kurzer Zeit sterben.
Eine andere Killer Krankheit unserer Zeit wird ebenfalls mit Mitteln aus der Pflanzenwelt behandelt: der Bluthochdruck. Vor 1950 war das Schicksal der Hochdruckpatienten unausweichlich: Schlaganfälle, Herz- und Nierenversagen waren die Folge. Dann entdeckte man im Saft der Pflanze Rauwolfia einen Stoff, mit dessen Hilfe die meisten Patienten mit Bluthochdruck ein normales Leben führen können. Die Pflanze war jedoch schon seit Jahrtausenden in der Ayurvedischen Medizin Indiens bekannt, wo sie wegen ihrer beruhigenden Wirkung verwendet wurde.
Noch viele andere Krankheiten werden heute in der Schulmedizin mit pflanzlichen Mitteln behandelt: gegen den grünen Star (Glaukom) wirkt ein Stoff der Kalabar Bohne aus Nigeria. Bei Asthma helfen Ephedrin und Theophyllin, und Schleim in den Bronchien löst sich besser durch lpecacuanha Sirup.
Unzählige Pflanzen dienen der Regulation der Darmtätigkeit: die einen erzeugen Brechreiz, andere lösen Krämpfe; Bananen stopfen, Rizinusöl bewirkt das Gegenteil. Neue Bedeutung hat die Kleie erreicht, seit bekannt wurde, daß Darmkrebs bei unserer ballaststoffarmen Nahrung viel häufiger auftritt.
Diese wenigen Beispiele zeigen, daß man niemals einen Graben zwischen Schulmedizin und der Therapie mit wirksamen pflanzlichen Mitteln aufreißen kann. Wo Wirkungen nachgewiesen sind, wird die Medizin immer wieder auf pflanzliche Heilmittel zurückgreifen. Allerdings können viele Stoffe, die in Pflanzen gefunden werden, chemisch nachgebaut und in reiner Form gewonnen werden. Dies hat zwei Vorteile:
1 . Der Arzt kann genauer dosieren. Es ist leichter für den Mediziner, zwei Tabletten Digitalis zu geben, von denen er genau weiß, wieviel sie enthalten, als zwei Tropfen Fingerhutsaft, in dem die wirksame Heilmittelmenge nicht genau bekannt ist. Die Grenze zwischen Heilung und Vergiftung ist gerade hier schnell überschritten.
2. Giftige Nebenstoffe in pflanzlichen Säften werden ausgeschaltet. Es ist nämlich keineswegs so, daß »biologische Heilmittel« immer ungefährlich sind. Viele Pflanzenstoffe sind hochwirksame Gifte, die nur in der richtigen Konzentration ihre heilenden Kräfte entfalten.
Naturheilmittelhersteller behaupten oft, daß ein Medikament nur wirke, wenn es in seiner »natürlichen Form« verabreicht werde. Also: Vitamin C in einer Brausetablette wirke nicht so gut wie das gleiche Vitamin C in einer Orange. Abgesehen davon, daß eine frische Frucht viel besser schmeckt, konnte der Beweis für diese Behauptung bis jetzt nicht erbracht werden.
Was ist Phytotherapie?
Das altewissen um die heilende Wirkung der Pflanzen wird heute gerne als »Phytotherapie« bezeichnet (von griechisch phyton = Pflanze und therapeia = Heilung). Die Phytotherapie geht davon aus, daß sich in der Natur immer noch die besten Heilmittel für die meisten Krankheiten finden. Und damit hat sie gar nicht so unrecht. Es ist ein großes Verdienst so mancher Phytotherapeuten, daß sie wieder ein gesundes Mißtrauen gegen die teils schrecklichen »Segnungen« der chemikalien-fütternden Drei Minuten Medizin säen.
Daran sind nicht nur die Ärzte schuld. Viele Menschen wollen gar nicht ihr Leben ändern. Sie wollen gar nicht die Probleme ausräumen, die ihnen den Schlaf rauben. Lieber schlucken sie Beruhigungs und Aufputschtabletten. Wenn man einmal tablettensüchtige Ruinen gesehen hat, dann versteht man den Aufschrei der Phytotherapie gegen die Chemie, die Gegenbewegung zurück zu den weniger gefährlichen Heilmitteln nach den Kräuter Rezepten unserer Vorfahren.
So gut die eingeschlagene Richtung der Phytotherapie auch ist, darf man ihren Vertretern dennoch nicht unkritisch gegenüberstehen. Geschäftemacherei und okkulte Praktiken haben die Zunft in ein schummriges Zwielicht gerückt, in dem es oft schwer ist, die Grenze zwischen Nutzen für den Leib und Schaden für die Seele zu ziehen.
Dennoch wäre es auch hier falsch, alle in den selben Topf zu werfen. Ich möchte im folgenden drei Beispiele von Pflanzen Heilern vorstellen:
1 . Einen Kräuterkundigen, der sich deutlich von der Zuhilfenahme des Pendels in Diagnose und Therapie distanziert.
2 Eine Firma, deren Produkte eindeutig auf einer okkulten philosophi¬schen Basis, nämlich der Anthroposophie, hergestellt werden: die Weleda AG,
3, Pflanzenheiler, die bewußt mit okkulten Hilfsmitteln zu ihrer Diagnose und zu ihrer Therapie gelangen.
Heilkräuter in der Volksmedizin
Ich habe Menschen kennengelernt, denen es ein echtes Anliegen ist, ihren Patienten und Mitmenschen zu einem gesünderen Leben zu verhelfen. Dafür setzen sie ihr ganzes Leben ein. Insbesondere liegt es ihnen fern, einen Diät und Kräuterkult aufzubauen oder die Auswahl ihrer Heilkräuter durch okkulte Methoden zu treffen.
Einer dieser Phytotherapeuten ist. Dr. h. c. Vogel sein Buch »Der kleine Doktor« mit einer Weltauflage von über einer halben Million Exemplaren ist er nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland, Holland, Skandinavien, den USA und Australien bekannt geworden. Rund 500 000 Familien vom hohen Norden Finnlands bis zu den einsamen Farmen Australiens schlagen hier zuerst nach, wenn sie von Krankheit befallen werden. Der 860 Seiten dicke Band ist eine bunte Sammlung von mehr oder weniger hilfreichen Ratschlägen aus der schweizerischen Volksheilkunde. Natürlich kann der kritische Wissenschaftler so manches darin anzweifeln. Auf der anderen Seite muß dem Buch zugute gehalten werden, daß sich nicht wenige Familien dadurch bei kleineren Weh Wehchen den Gang zum Arzt erspart haben. Es würde manch einem gut tun, die Ratschläge zu befolgen, die A. Vogel bezüglich Lebensführung gibt.
Die Bioforce AG stellt die pflanzlichen Heilmittel her, die von A. Vogel empfohlen werden. An einem sonnigen Herbstnachmittag nahm sich der Betriebsleiter eine ganze Stunde Zeit, um mir die Fabrikation in dem modern eingerichteten Betrieb zu zeigen. Abgesehen davon, daß es sich bei den Grundstoffen der Heilmittel um pflanzliche Extrakte handelt, unterscheidet sich die Herstellung und Abpackung durch nichts von einem pharmazeutischen Unternehmen. Mit einer Hexenküche, wie man sich die Herstellung von Pflanzenheilmitteln gerne vorstellt, hat dieser Betrieb sicher nichts zu tun.
Eines Tages hatte ich dann Gelegenheit, den untersetzten, drahtigen und lebensprühenden Naturarzt persönlich kennenzulernen, als er einen Vortrag an der Fachhochschule Konstanz hielt.
In einem persönlichen Gespräch konnte ich verschiedene Fragen mit ihm besprechen:
Wie findet A. Vogel eigentlich ein neues Pflanzenheilmittel? Er hat dieser Frage ein längeres Kapitel in seinem Buch gewidmet. Wenn er von einer Pflanze den Eindruck hat, sie könnte eine wertvolle Wirkung haben, so probiert er sie an sich selbst aus, sofern sie sicher nicht giftig ist. Damit andere Nahrungsstoffe die Einwirkung der Pflanze nicht stören, fastet er vorher 2 -3 Tage. »Je nachdem wir nun das eine oder andere Kräutlein genießen«, schreibt Vogel, »werden wir feststellen können, daß es entweder die Darm oder die Nierentätigkeit anregt. Es kann auf den Magen reagieren und Appetit verschaffen oder auf irgendeine andere Weise die Körperfunktionen beleben. Wenn man einen gut arbeitenden Körper besitzt, dann kann man auf diese Art leicht gewisse Wirkungen wahrnehmen. Es ist die sogenannte Prüfung des Mittels am Gesunden.«
Für den wissenschaftlich geschulten Arzt sind diese Erklärungen weitgehend unbefriedigend, denn wir wissen, wie verschieden Patienten auf das gleiche Mittel reagieren können. Zudem entfalten gewisse Pflanzenmittel, wie zum Beispiel das Digitalis, ihre Wirkung nicht am gesunden, sondern erst am kranken Herzen. Immerhin darf man A. Vogel zugutehalten, daß er bei der Suche nach neuen Mitteln keine okkulten Hilfsmittel wie das Pendel benützt.
Damit sind wir schon bei der nächsten Frage angelangt. Was hält A. Vogel von den okkulten Methoden, die viele seiner Kollegen anwenden? In einem Brief an einen Patienten, der ihm dieselbe Frage gestellt hatte, schreibt der Naturarzt, der ein aktives Mitglied der Zeugen Jehovas ist »Ich kann Ihnen offen und ehrlich sagen. daß ich ein Gegner vom Pendeln bin … In der Bioforce AG gibt es nichts, was mit Okkultismus zu tun hat, denn ich bin ein Gegner dieser dunklen Machenschaften. Ich habe bei den Indianern und Naturvölkern genügend Okkultismus kennengelernt und weiß, daß Satan, der Teufel, dahintersteckt, der die Menschen unter seine Botmäßigkeit bringen will.«
In einem Brief an eine andere Fragestellerin schreibt er: »Es gibt viele Naturärzte, die mit Okkultismus zu tun haben, Ich habe mich auch im Verband der Naturärzte ganz offen dagegen gewehrt und gesagt, wenn bei den Verbandszusammenkünften irgendeine Diskussion über den Okkultismus kommt, dann werde ich protestieren. Ich werde dies unter keinen Umständen in meiner Gegenwart dulden, denn man kann Naturarzt sein und auf einer seriösen, korrekten naturwissenschaftlichen Grundlage stehen.« Daß Vogel sich mit diesen klaren Worten viele Feinde geschaffen hat, versteht sich von selbst,
Obwohl sich A. Vogel in seinen Briefen sehr klar gegen okkulte Praktiken ausgesprochen hat, kann doch über zwei Dinge nicht hinweggegangen werden, die mich bedenklich stimmen:
1. Wiederholt trat er als Referent an Naturheilerkongressen auf, wo unter anderem auch Akupunktur, Yoga, östliche Meditation und Anthroposophie propagiert wurden. Eine klare Distanzierung von diesen Praktiken wäre meines Erachtens geboten.
2. A. Vogel verschreibt Mittel und erteilt Ratschläge an Patienten, die er nicht persönlich untersucht hat und deren Krankengeschichte er nur ungenügend kennt. So ist mir der Fall einer 78-jährigen Patientin mit Hautkrebs, Asthma und Herzschwäche bekannt, die zu allem auch noch einen sehr schmerzhaften Herpes zoster (Gürtelrose) entwickelte. Ohne ihr Wissen fragte ihre Nachbarin bei A. Vogel an, was man gegen die hartnäckigen Schmerzzustände und gegen das Asthma tun könne. Es folgte umgehend ein Brief mit der Empfehlung von Schondiät, Nierentropfen, Asthmatropfen, Kalktabletten und drei homöopathischen Mitteln (eines in der Potenz D 12). Rückfragen wurden keine gestellt. dafür ein Satz über die Natur des Leidens eingeflochten, der in seiner Vieldeutigkeit des Orakels von Delphi würdig gewesen wäre.
Dr. h. c. Vogel ist also das Beispiel eines Kräuterkundigen, der sich in seinem Schrifttum bewußt von okkulten Praktiken distanziert, dem es aber in der Praxis nicht immer gelingt, einen klaren Trennungsstrich zu ziehen zwischen einer sauberen und seriösen Kräutermedizin und dem Treiben seiner Berufskollegen.
Weleda Heilmittel: Kräuter mit kosmischer Kraft
Gehen wir nun einen Schritt weiter zu Heilmitteln, die bewußt auf einer sog. »magischen« Grundlage aufbauen. Das bekannteste Beispiel sind dabei wohl die Weleda Produkte, die nach den Prinzipien der Anthroposophie hergestellt werden. Hier haben wir es nicht einfach mit Mitteln aus natürlichen Heilkräutern zu tun, dahinter steht eine okkulte Philosophie, die die Zubereitung maßgeblich beeinflußt.
Werfen wir zuerst einen Blick auf Rudolf Steiner, den Gründer der Anthroposophischen Gesellschaft. 1861 in der Nähe von Wien geboren, wuchs er in sehr einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater förderte den jungen Rudolf in seinem Wissensdurst und ermöglichte ihm, höhere Schulen und schließlich die Universität in Wien zu besuchen. Mit der Kirche wollte der Vater nichts zu tun haben, er bezeichnete sich als »Freigeist«. Sein Sohn Rudolf jedoch begann schon früh über die tieferen Fragen des Menschseins nachzudenken.
Bereits mit 17 Jahren hatte er Kants Werke in sich aufgenommen, später folgten Fichte, Hegel, Schelling und schließlich auch Darwin, dessen Lehren Steiner zeit seines Lebens faszinierten und den Anstoß bildeten zu einer eigenen, spiritistisch ausgeschmückten Evolutionslehre.
Mit acht Jahren entdeckte der Knabe eine seltsame Fähigkeit, das »Hellsehen«, wie er es nannte. Immer mehr kam er dadurch mit Geistern von Verstorbenen in Kontakt, doch konnte er mit niemand darüber reden, weil ihn seine Umgebung nicht verstand. Steiner schreibt später: »Ich hielt mich damals verpflichtet, durch die Philosophie die Wahrheit zu suchen … Den gestorbenen Menschen verfolgte ich weiter auf seinem Wege in die geistige Welt hinein.«
Nach dem Abitur nahm der damals 18-jährige sein Studium an der Universität Wien auf. Im Zug, der ihn täglich in die Hauptstadt brachte, begegnete er einem kauzigen Kräutersammler, mit dem er über seine Geistererlebnisse sprechen konnte, und der ihn noch tiefer in die mystische Welt einführte. Eine zweite Persönlichkeit, deren Namen Steiner nie nannte, wurde während seiner Studienzeit zu seinem »geistigen Meister«. Er half Rudolf Steiner, sich über seine Sendung klarzuwerden: »Wissenschaft und Religion wieder zu verknüpfen. Gott in die Wissenschaft und die Natur in die Religion einzuführen.« Sein »Meister« zeigte ihm den Weg: »Wenn du den Feind besiegen willst, so beginne damit, daß du ihn zuerst begreifst. Du wirst nur dann Sieger über den Drachen werden, wenn du in seine Haut schlüpfst.«
Fortan versuchte Steiner soviel von Wissenschaft und Philosophie zu lernen, wie er konnte. Nach seinem Doktorat arbeitete er sieben Jahre an den Werken Goethes, der ihn sosehr beeinflußte, daß er ihm später mit seinem Zentrum in Dornach in der Schweiz ein Denkmal in Form des »Goetheanums« setzte.
Um die Jahrhundertwende schloß er sich der »Theosophischen Gesellschaft« an, in der er sich zum Generalsekretär hocharbeitete. Die Theosophen haben nicht nur ihren Hauptsitz in Indien, auch ihre ganze Lehre ist dem östlichen Denken entnommen. Das unausweichliche Schicksal, »Karma«, und die Wiederverkörperungslehre, die »Reinkarnation«, bilden Grundpfeiler ihrer Lehre. Der Knabe Krishnamurti wurde zur Reinkarnation Jesu erklärt.
Aus verschiedenen Gründen verließ Steiner später die Theosophen wieder, in seiner eigenen »anthroposophischen« Lehre blieben jedoch Karma und Reinkarnation zentrale Punkte.
So beruht die Heilpädagogik Steiners, die in über hundert Instituten auf der ganzen Weit praktiziert wird, auf der Voraussetzung, daß »das Schicksal (Karma) die Seelen der Kinder in erkrankte, mißgebildete Leiber geführt hat.« Ziel der Therapie sei es, die Kinder »zu neuen Kräften für die nächste Inkarnation heranreifen zu lassen.«
Unter dem Einfluß Steiners wurde auch eine neue Kirche, die »Chri¬stengemeinschaft« gegründet. Genauso wie die Transzendentale Meditation behauptet auch die Anthroposophie, sie vertiefe das religiöse Erleben, ganz gleich, ob man Christ, Jude oder Hindu sei. »Geisteswissenschaft kann im höchsten Maße und insbesondere auch mit Bezug auf das Christus Mysterium eine Stütze, eine Unterbauung des religiösen Lebens und der religiösen Übung sein.«
Wenn Steiner auch viele christliche Begriffe gebraucht, so müssen wir uns trotzdem klar sein, daß seine Lehre weit entfernt ist vom biblischen Bild der Wirklichkeit. Jesus ist für ihn nicht der Sohn Gottes, sondern ein normaler Mensch. Erst »in der Jordantaufe nahm der Gott, der in der Vorzeit in der außerirdischen Sonnenwelt zuhause war, von einem Menschen, Jesus von Nazareth, Besitz und lebte in ihm die drei Jahre seines Erdenwirkens bis zum Kreuzestod auf Golgatha.« Der Grund für das Sterben Jesu am Kreuz war sein »Mysterienverrat«. Jesus habe die Geheimnisse von alten mystischen und okkulten Geheimlehren verraten und öffentlich zugänglich gemacht.
Zum Glauben an Christus findet man laut Steiner nicht durch ein Übergabegebet, sondern durch eine spezielle Form der Meditation, durch die in der Anthroposophie das »übersinnliche Wahrnehmungsvermögen« geschult werden soll.
In seinem unablässigen Schaffen Steiner schrieb über hundert Bücher und hielt tausende von Vorträgen äußerte sich Rudolf Steiner nicht nur zu Heilpädagogik, Schulerziehung, Kunst, Musik, Landwirtschaft, Theologie und Philosophie, sondern auch zur Medizin. Das grundlegende Werk der anthroposophischen Heilkunde bildet das Buch »Geisteswissenschaft und Medizin«. Darin führt Steiner eine ganz neue »geisteswissenschaftliche« Auffassung vom Menschen ein.
Sie ist von der naturwissenschaftlichen Medizin so verschieden, daß es äußerst schwierig ist, sich in die anthroposophischen Theorien einzufühlen. Steiner gründete seine medizinischen Ansichten auf die Astrologie und auf eigene »geisteswissenschaftliche Erkenntnisse«, die er in der Meditation empfangen habe. Eine wichtige Rolle spielen Elemente des Hinduismus, insbesondere die Begriffe Karma und Reinkarnation. Andere Elemente sind der mystisch okkulten Lehre der Entsprechung von Makrokosmos und Mikrokosmos entnommen, die wir schon des öfteren angetroffen haben .
Ähnlich wie in der chinesischen Philosophie stellt Steiner Beziehungen zwischen Körper und Kosmos, zwischen Metallen und Heilmitteln her. Wie diese Zusammenhänge abgeleitet werden, ist dem Außenstehenden schleierhaft. Der folgende Textausschnitt mag aber illustrieren, mit welcher Phantasie Metalle mit Planeten, Heilkräften, Geistern, griechischen Göttersagen und wissenschaftlichen Erkenntnissen des beginnenden 20. Jahrhunderts in einem System geordnet werden, das höchstens für Anthroposophie Gläubige logisch ist:
»Die durch den Silberprozeß >belebten< Substanzen müssen in den Dienst des ganzen Organismus gestellt werden und dürfen kein Eigenleben erhalten. Sie müssen einer höheren Funktion entgegengeführt werden. Der Prozeß, der dies bewirkt, ist dem Merkur identisch. Seit alters her werden im Merkur die vermittelnden und verbindenden Kräfte gesehen. Merkur, der Götterbote, vermittelt zwischen Himmel und Erde, zwischen höheren geistigen Wesenheiten und dem Menschen, aber auch zwischen verschiedenen Gebieten. Insofern liegt hier ein Ur-Heilungsprinzip vor, da viele Krankheiten auf einer mangelnden Vermittlung beruhen: An einem Ort ist substantiell oder prozessual etwas zuviel, was andernorts fehlt. So können Stauungen entstehen, der Merkurprozeß löst sie auf und führt weiter. Deshalb war im Altertum der Merkur der Gott der Kaufleute, denn ihre Aufgabe war es, etwas von einem Ort des Überflusses zu einem Mangelgebiet zu vermitteln. In höherem Sinne ist dies tatsächlich eine heilende Tätigkeit, weshalb der Merkur zugleich der Gott der Ärzte war. Als Organ wird aus den Kräften des Merkur die Lunge gebildet. Sie vermittelt in der Ein und Ausatmung die belebenden und abtötenden Kräfte. Mit diesem typisch menschlich tierischen Atmungsvorgang ist die Grundlage für ein höheres, seelisches Leben gegeben, das über das biologische vegetative Leben hinausgeht.«
Der kleine Ausschnitt zeigt, daß es bei den Wirkungen der anthroposophischen Heilmittel nicht einfach um die chemische Wirkung im Körper geht. Vielmehr ist Rudolf Steiner überzeugt, daß die Heilmittel im Mikrokosmos des menschlichen Körpers die gleichen Bildekräfte entfalten, wie die »makrokosmischen planetarisch ätherischen Prozesse« bei der Entstehung der Welt.
Empfänglich für diese Kräfte sei der »Ätherleib« des Menschen. »Da der menschliche Ätherleib ein Mikrokosmos, eine Zusammenfassung des ätherisch planetarischen Lebens des Makrokosmos ist, spiegeln sich in ihm nicht nur die ätherischen Saturn , Jupiter usw. Prozesse, sondern auch deren gegenseitige Beziehungen, Konjunktionen, Oppositionen „.<~ Alle diese Begriffe sind der Astrologie entnommen.
Wer Heilmittel einnimmt, die nach den Lehren von Rudolf Steiner zubereitet worden sind, der verwendet Mittel, die nach Aussage der Anthroposophen selbst »weit über die einfache Form des Kräutertees hinausgehen«. Kaum ein Akupunkteur baut so stark auf östlicher und okkulter Philosophie auf wie die Anthroposophen.
Hier finden wir alle Elemente der taoistischen Krankheitslehre wieder . Der Ätherleib der Anthroposophie entspricht der chinesischen Vorstellung der Energie Ch’i, die den Menschen durchfließt. Für den anthroposophischen Arzt liegt im Ätherleib „der eigentliche innere Heiler«.
Auch Yin und Yang finden wir bei Rudolf Steiner wieder unter dem Ausdruck der »Polarität«. Krankheit ist nach seiner Lehre zu deuten »als Ungleichgewicht von Prozessen … innerhalb der polaren Funktionen im Organismus«.
Natürlich war es Rudolf Steiners Nachfolgern ein Anliegen, die kosmi¬schen Bildekräfte in ihre Heilmittel einzufangen. Dazu haben sie verschiedene Verfahren entwickelt. »Es handelt sich dabei eigentlich um alchemistische Prozesse, die nur aus dem Durchschauen dieser Grundlage verständlich werden«, schreibt der Anthroposophen Arzt Dr. Otto Wolff.
Bei der Wirkung einer Pflanze auf eine Krankheit komme es nicht in erster Linie auf den Wirkstoff an, sondern auf das »Wesensbild« der betreffenden Pflanze: »Die Kräuterweiber alter Zeiten besaßen ganz gewiß nicht die Fähigkeit für exakte Untersuchungen. Vielmehr lag bei diesen ein anderer Bewußtseinzustand vor. Diese Menschen hatten beim Anblick der Heilpflanzen Empfindungen, die ähnlich waren wie bei den betreffenden Krankheitszuständen. Sie erlebten unmittelbar das Wesen und damit die Wirkung der Pflanze.«
Um diese Pflanzenwirkung noch zu steigern, wird sie »kosmischen Kräften« ausgesetzt oder »biorhythmisch«, behandelt. Steiner hatte folgende Anweisung gegeben: »Es wird Aufgabe der guten und heilsamen Wissenschaft sein, gewisse kosmische Kräfte zu finden, welche durch das Zusammenwirken zweier kosmischer Richtungsströmungen auf der Erde entstehen können . . . Das wird das Gute sein, daß man entdecken wird, wie von zwei Seiten des Kosmos her Morgen und Abendkräfte in den Dienst der Menschheit gestellt werden können.«
Als praktische Folge dieser Anweisungen werden die Heilpflanzen für die Heilmittel der Anthroposophen möglichst zu Zeiten gepflanzt, geerntet und verarbeitet, wenn die Sterne in einer »wirksamen« Konstellation zueinander stehen. Durch Bewegungen und durch rhythmisches Erwärmen und Abkühlen sollen dabei kosmische Bildekräfte in das Medikament eingefangen werden. Sehr oft werden die Pflanzensäfte auch nach homöopathischen Grundsätzen verarbeitet. Dabei glauben die Anthroposophen, wie einst Hahnemann, daß durch den Vorgang des Schüttelns kosmische Kräfte in das Mittel aufgenommen werden.
Die Konsequenz für Christen sollte klar sein: Wenn wir auch das aufrichtige Verlangen der Anthroposophen anerkennen, zu einem tieferen Verständnis der geistlichen Realitäten zu gelangen, wenn wir auch bewundern, mit welcher Aufopferung sie sich behinderten Kindern widmen und Krebs Kranken durch die Injektion von Mistel Extrakten und durch lange Gespräche neuen Mut zum Leben machen, so können wir uns der Tatsache nicht entziehen, daß die Lehren Rudolf Steiners weit entfernt sind vom biblischen Bild der Wirklichkeit. Die Anthroposophie ist durchdrungen von okkulten Vorstellungen und östlicher Philosophie, und ihre Heilmittel werden bewußt auf dieser Grundlage zusammengestellt und zubereitet.
Pflanzensuche mit Pendel und Magie
Der bekannte französische Naturarzt Maurice Mességué wurde eines Tages zum Parteipräsidenten der radikalsozialistischen Partei Frankreichs gerufen. Der schwergewichtige Politiker, der nicht mehr der Jüngste war, litt seit Jahren an Rheuma, und keiner seiner Ärzte hatte ihm helfen können. Nun versuchte er sein Glück mit einem Naturheiler.
Mességué nahm sein Pendel aus der Tasche und ließ es über dem Patienten kreisen. Mit der anderen Hand nahm er kleine Fläschchen aus der Rocktasche, eines nach dem anderen. Als die Umstehenden sich noch erstaunt fragten, was er wohl mache, war die Untersuchung schon zu Ende.
»Morgen bringe ich Ihnen ein Fläschchen Essenz«, sagte er dem Parteipräsidenten.
»Warum können Sie mir den Wundertrank nicht sofort geben?«
»Mon Président, ich muß ihn erst speziell für Sie zubereiten.«
»Geben Sie denn nicht allen Rheumakranken dasselbe?«
»Nein. Während ich das Pendel über Ihnen kreisen ließ, habe ich gleichzeitig mit Hilfe dieser Reagenzfläschchen die Pflanzen getestet, die Ihnen helfen werden.«
Diese kleine Geschichte illustriert, auf welche Weise viele Naturärzte und Heilpraktiker zu ihrer Diagnose und zu ihrer Therapie gelangen. Wollte man jeden einzeln nennen, der so verfährt, man könnte ein ganzes Adreßbuch füllen, denn sie machen einen Großteil der Naturheiler aus.
Wohl einer der bekanntesten unter ihnen war der Schweizer Kräuterpfarrer Künzle. Sein Buch »Chrut und Uchrut« (zu deutsch: Kraut und Unkraut) hat die Auflage von 1,2 Millionen überschritten und ist damit in der Schweiz nach der Bibel das verbreitetste Buch. Die Nachlaßverwalter des kauzigen Kämpfers für Gesundheit und natürliche Lebensweise verarbeiten heute 50 000 kg Heilpflanzen jährlich und verkaufen sie als Lapidar Tabletten und Künzle Kräutertees in rund zwanzig Ländern der Erde.
Viele Naturheiler haben einen christlichen Lacküberzug. Mességué bekennt, er sei ein gläubiger Katholik. Künzle war sogar katholischer Priester. Andere Pendler und Naturheiler, wie z. B. der deutsche Pfarrer Johannes Bolte, kommen aus dem protestantischen Lager. Selbst unter evangelikalen Christen herrscht große Uneinigkeit in der Beurteilung des Pendelns. Dr. Kurt Koch schreibt: »Ich begegnete Ärzten, Pfarrern, Missionaren, selbst Evangelisten, die mit Rute und Pendel arbeiten und der Meinung sind, sie hätten diese Gabe von Gott empfangen. Hier wird die Verführungskunst Satans offenbar, der es verstanden hat, selbst gläubige Christen zu täuschen (Okkultes ABC).
Fromme Worte im Mund zu führen, ist noch lange kein Qualitätsmerkmal für einen Naturheiler. Das Pendeln ist eine okkulte Praxis, der in gleicher Weise östliche Philosophie zugrunde liegt wie den andern Methoden, die wir schon betrachtet haben. Auch hier wird davon ausgegangen, daß jeder Mensch und jeder Gegenstand ein eigenes Energiefeld habe, das man zwar nicht mit physikalischen Meßgeräten, wohl aber bei entsprechender Sensitivität mit dem Pendel messen könne.
Weil wir auf Pendel und Rute schon im vorherigen Kapitel ausführlich eingegangen sind, will ich hier nur die Anwendung des Pendels in Diagnose und Therapie der Naturärzte beschreiben.
Wenn die Harmonie mit dem Kosmos aus dem Gleichgewicht kommt, so äußert sich das nach Aussagen der Pendler auch in der Anzeige des Pendels. Auf diese Weise ist es nicht mehr nötig, viele Fragen zu stellen und eine genaue Untersuchung durchzuführen. Pfarrer Künzle z. B. fand die angebliche Hauptursache eines Leidens gleich mit dem Pendel heraus.
Wenn Sie dieses Buch bis hierher gelesen haben, dann wissen Sie auch schon den Grundsatz östlicher Philosophie für die Therapie: Das Energie Ungleichgewicht muß wieder ins Lot gebracht werden. Nach Aussagen des Wiener Physikers Maresch, der auch Grundlagenforschung für die Akupunktur betreibt, hat jeder Gegenstand und jede Pflanze ihre »spezifische Mikrowellen Strahlung«. Das Pendel stellt nun eine möglichst ähnliche Substanz fest, die dem Energiedefizit des Körpers entgegenwirkt.
Dazu muß der Heiler ständig in körperlichem Kontakt mit dem Patienten bleiben. Dann stellt er Fragen an das Pendel. Einer von ihnen schreibt: »Ich frage mein Pendel: >Ist das geeignete Heilmittel Ammonium phosphoricum?< Antwortet das Pendel mit >nein<, so gehe ich zum nächsten Mittel über, bis ich das geeignete gefunden habe und das Pendel mit >ja< antwortet.«
Dieses Frage und Antwortritual straft die Behauptungen jener Pendler Lügen, die sagen, sie würden damit eine vorhandene Strahlung messen. Wir müssen festhalten: die Pendeldiagnose ist eine Methode der Wahrsagerei und ermöglicht dem Heiler durch die körperliche Berührung eine mediale Kontaktaufnahme, die auch dem Patienten, der sich einem solchen Heiler anvertraut, unter den Bann widergöttlicher Mächte bringen kann. Nicht selten kommt es vor, daß nach einer solchen Behandlung der Patient plötzlich selbst mediale Kräfte an sich entdeckt, die er vorher nicht hatte. Parallel dazu geht ein abnehmendes Interesse an geistlichen Dingen. Weitere Symptome sind, so der erfahrene Rundfunkseelsorger Richard Kriese, Lästergedanken, Krampfzustände, Unruhe, Zwangsgedanken bis hin zu schweren psychischen Störungen (Okkultismus im Angriff).
Diese seelischen Schäden sind sehr ernst zu nehmen. Wer meint, er könne mit diesen Dingen spaßen, oder gar glaubt, diese Kräfte kämen von Gott, der gibt dem Teufel den kleinen Finger, dem bald die ganze Seele nachfolgt.
Die Bibel macht in Bezug auf jegliche Form der Wahrsagerei, und sei sie noch so fromm verbrämt, sehr klare Aussagen: »Es soll niemand unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lasse oder ein Wahrsager, oder ein Wolkendeuter, oder ein Schlangenbeschwörer, oder ein Zauberer, oder ein Bannsprecher, oder ein Medium, oder einer, der einen Wahrsagegeist hat, oder jemand, der die Toten befragt. Denn wer solches tut, der ist dem Herrn ein Greuel«.
Wer sich in seiner Suche nach Gesundheit um jeden Preis mit Pendlern einläßt, ist Gott damit ein Greuel.
Wie kann man sich vor okkulten Heilern schützen?
Wie schon gesagt, besteht kein Zweifel daran, daß viele Kräuter eine echte medizinische Wirkung haben. Gott hat uns darin die Möglichkeiten gegeben, so manches Leiden zu lindern.
Wenn ich vor den meisten Phytotherapeuten warne, so will ich dabei nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, d. h. die Heilkräuter verdammen, nur weil sie heute oft von okkulten Heilpraktikern verschrieben werden.
Aber wie kann man Heilkräuter gebrauchen, ohne mit den finsteren Praktiken in Berührung zu kommen?
1. Kaufen Sie sich ein Buch, das Ihnen die wichtigsten Anwendungsmöglichkeiten von Pflanzen, Kräutertees und Umschlägen beschreibt. Achten Sie besonders darauf, daß es keine Hinweise auf »schädliche Erdstrahlen« und auf das Pendeln enthält. Hüten Sie sich vor Büchern, die neben guten Ratschlägen auch Beschwörungsformeln zur Heilung verschiedener Leiden enthalten. Im übrigen gibt Ihnen jeder Apotheker gerne Auskunft, welche Tees Sie zu welchen Zwecken verwenden können.
2. Konsultieren Sie vor einer längeren Behandlung mit Mitteln der Pflanzenheilkunde ihren Hausarzt, um eine ernsthafte Erkrankung auszuschließen. Es ist allzuoft vorgekommen, daß durch die Anwendung von Naturheilmitteln wertvolle Zeit verstrich, in der man z. B. eine Geschwulst noch durch eine Operation hätte beseitigen können.
3. Vermeiden Sie jeden Kontakt mit Heilpraktikern, die nicht eine ganz klare Stellung gegen okkulte Praktiken wie das Pendeln, Besprechungsformeln, Handlinienlesen, Magnetopathie und Fernbehandlungen einnehmen. Meiden Sie auch jeden Heiler oder Arzt, der Ihnen Yoga und östliche Meditation zur Lösung Ihrer Probleme anbietet.
4. Beschränken Sie sich beim Kauf von Naturheilmitteln auf Kräutertees derjenigen Marken, die frei sind von jedem Ruch einer okkulten Herstellung.
5. Am wichtigsten: Vertrauen Sie Gott für Ihre Heilung und nicht der Göttin »Natur«. Danken Sie ihm für die Kräuter, die er hat wachsen lassen. Und wenn Sie Ihren Freunden von den phänomenalen Erfolgen Ihrer Behandlung erzählen, so geben Sie dem Schöpfer die Ehre, die ihm gebührt.
10. Kapitel
Rätselhafte Phänomene suchen eine Erklärung
Was geschieht eigentlich, wenn ein Patient durch einen Heilpraktiker von seinen Schmerzen befreit wird? Wie kann Homöopathie helfen, wenn keine wirksame Substanz in den potenzierten Mitteln enthalten ist? Wodurch lindert Fußreflexzonenmassage Rückenschmerzen und nimmt Depressionen weg? Weshalb schlafen Menschen besser und ohne Schmerzen, wenn sie ein Abschirmgerät unter ihrem Bett installiert haben? Warum gelingt Naturheilern dort ein Erfolg, wo sich Ärzte jahrelang vergeblich abgemüht haben?
Viele Christen sind geneigt, sofort die Einwirkung okkulter Kräfte anzunehmen, um zu erklären, wie ein Patient durch einen Heilpraktiker geheilt werden konnte.
Ich glaube, wir machen es uns mit einem solchen Rundum Schlag zu einfach.
Fünf Möglichkeiten bieten sich an, um die rätselhaften Phänomene der Heilung durch Naturheiler zu erklären:
1. Der Mensch wäre auch ohne jegliche Therapie wieder gesund ge¬worden.
2. Die Naturheiler lösen mit ihren Mitteln echte, wenn auch heute noch nicht erklärbare Wirkungen aus, etwa über die Nerven oder körpereigene biochemische Stoffe.
3. Die Wirkung kommt über einen Placebo Effekt zustande.
4. Bei der Heilung sind Suggestion oder Hypnose im Spiel,
5. Der Patient wird durch die direkte Einwirkung von okkulten Mächten geheilt.
Die heilende Kraft des Körpers
Der wichtigste Helfer der Ärzte wie der Naturheilkunde ist die sogenannte Spontanheilung. Was bedeutet dieses Wort eigentlich?
Bei vielen Krankheiten ist der menschliche Körper durch die wunderbaren Abwehreinrichtungen, mit denen Gott ihn ausgestattet hat, in der Lage, sich oft mehr oder weniger selbst zu heilen. Sogar Krebszellen werden vom gesunden Körper lange Zeit in Schach gehalten, bis plötzlich ihr Wachstum übermächtig wird.
Ein Schnupfen heilt mit oder ohne ärztliches Dazutun in jedem Fall von selbst ab. Dennoch erzählte mir eine junge Frau begeistert von der Wirkung der Fußreflexzonenmassage bei Schnupfen: »Stellen Sie sich vor, bereits nach drei Tagen war er völlig abgeklungen!« Die Ehre und das Geld gibt man dem Heiler, ohne daran zu denken, daß Gott dem Körper die Kräfte gab, die Krankheit selbst zu überwinden.
Ein anderes Beispiel sind die Warzen. Ein Mann erzählte mir von seiner Frau, die unter äußerst schmerzhaften Warzen an der Fußsohle litt. Ein Chirurg entfernte sie schließlich, doch nach einem Jahr waren sie wieder da und taten so weh wie zuvor. Nach langem Zögern gab die Frau dem Drängen des Mannes nach und ließ sich von einem homöopathischen Arzt behandeln. Die Monate vergingen, die Frau nahm regelmäßig ihre homöopathischen Mittel, und nichts geschah. »Nach fünf Monaten aber«, erzählte er mir ganz begeistert, »spürte meine Frau plötzlich keine Schmerzen mehr, und einige Monate später waren die Warzen verschwunden. Ist das nicht ein Beweis für die Wirksamkeit der Homöopathie?«
Leider nicht. Warzen sind nämlich von Viren hervorgerufene Hautwucherungen, die in einem langen Kampf schließlich von den Abwehrmechanismen des Körpers besiegt werden. »Warzen haben eine hohe Spontanheilungsrate«, schreibt der Kölner Hautspezialist Prof. Steigleder, »doch kann sich diese Heilung Jahre hinauszögern. Plötzliche Abheilungen haben zu der Annahme geführt, daß bei Warzen Suggestivmaßnahmen erfolgreich seien. Eine kontrollierte Studie spricht dagegen.« Weil aber der letzte Versuch einer Behandlung die Homöopathie war, gab dieser Mann alle Ehre seinem homöopathischen Arzt. Doch wer hat die Abwehrsysteme des Körpers erschaffen?
Der Arzt ist nur Handlanger Gottes
Bei einem Knochenbruch kann der Arzt das gebrochene Glied einrichten und es in Gips legen. Doch schon wenige Stunden nach dem Unfall beginnt ein wunderbarer Prozeß: Freßzellen aus dem Blut räumen das zerstörte Gewebe weg. Dann wachsen neue Zellen ein. Das Blut bringt Nährstoffe und Kalzium heran, und schon bald entsteht eine feste Brücke zwischen den beiden Bruchstücken. Wenige Wochen später kann der Gips abgenommen werden. Das Bein oder der Arm ist wieder so fest wie zuvor.
Hat nun der Arzt das Bein geheilt? Natürlich nicht. Es waren die wunderbaren Einrichtungen Gottes, die zur Heilung des gebrochenen Gliedes führten. Der Arzt tat nur Handlangerdienste.
Selbst wenn ein Chirurg eine Operation zur Entfernung einer Krebsgeschwulst durchführt, kann er die Ehre für die Heilung nicht für sich allein in Anspruch nehmen. Ohne die wunderbaren, von Gott gegebenen Reparatur Equipen im Blut und in den Geweben wären alle seine Bemühungen umsonst gewesen.
Unbekannte Mechanismen
Gibt es aber vielleicht nicht doch Wirkungsmöglichkeiten, die wir einfach noch nicht entdeckt haben? Sind die Heilpraktiker ihrer Zeit voraus, wie es früher die Entdecker der Bakterien waren? Steckt hinter den Naturheilmethoden nicht doch eine Wirkung, die sich eines Tages durch neue Forschungen beweisen läßt?
Zumindest für die schmerzlindernde Wirkung der Elektroakupunktur bei der Narkose scheint eine nachweisbare Wirkung vorhanden zu sein. Einige Theorien, die diesen Effekt erklären könnten, habe ich im 4. Kapitel kurz erläutert.
Doch wenn Elektoakupunktur bei der Narkose eine wissenschaftlich nachweisbare Wirkung entfaltet, so verliert sie 90 Prozent dessen, was die chinesischen Gelehrten des Altertums und die modernen Akupunkteure von ihrer Nadelkunst behaupten.
Übrig bliebt ein System elektrischer Haut und Muskelreizung zur Unterstützung der Narkose, das mit der alten Akupunktur gerade noch den Namen gemeinsam hat. Die Weltseele »Tao«, die kosmische Energie »Ch’i«, die rhythmischen Kräfte »Yin« und »Yang«, die »Harmonie mit dem Universum«, alle diese Begriffe verschwinden von der Bühne. Nicht einmal das Meridiansystem oder das exakte Einstechen der Nadeln an den Akupunkturpunkten ist notwendig, um den schmerzlindernden Effekt zu erzielen, der zu dem noch von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ist.
Patienten auf der Jagd nach der Gesundheit suchen jedoch gerade jene »magischen«, rätselhaften Methoden der Heilung. Deshalb werden Akupunkteure den wissenschaftlichen Striptease nicht mitmachen. Logisch begründete Heilmethoden verlieren ihren Reiz.
Es mag sehr wohl sein, daß man diese Methode zumindest in den Krankenhäusern bald wieder als unpraktisch und unsicher verläßt, um mit Mitteln zu arbeiten, die sich zuverlässiger und einfacher handhaben lassen. Das Land, das den Akupunktur Boom ausgelöst hat, geht bereits auf diesem Weg voran: Schon heute wird in der Volksrepublik China von 20 Patienten nur noch einer mit Hilfe von Akupunktur narkotisiert, und auch dann setzt man daneben noch die Medikamente westlicher Herkunft ein.
Das Wundernetz
Doch wie steht es mit der Wirkung der Akupunktur bei der Heilung von Krankheiten? Gibt es auch hier Möglichkeiten einer echten Wirkung? Kann Fußreflexzonenmassage wirklich die Durchblutung fördern? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Blick tun in das wunderbar aufgebaute vegetative Nervensystem.
Jeder Mensch hat zwei Nervensysteme: Das willkürliche und das unwillkürliche (oder vegetative) Nervensystem.
Wenn ich einen schönen rotbackigen Apfel an einem Baum hängen sehe und meine Hand danach ausstrecke, um ihn zu pflücken, so betätige ich mein willkürliches Nervensystem. Mein Gehirn verarbeitet die Sinneseindrücke der Augen, das Lustzentrum wird angeregt. Dann gebe ich meiner Hand den Befehl, sich zu bewegen, die Finger zu öffnen und dann im richtigen Augenblick den Apfel zu ergreifen. Auch wenn alles blitzschnell abläuft, so kann ich doch jede Bewegung mit meinem Willen kontrollieren.
Doch es gibt eine zweites System in meinem Körper, das meiner Kontrolle entzogen ist. Es besteht aus feinsten Nervenfasern, die jedes Blutgefäß, jede Schweißdrüse und alle inneren Organe begleiten und umgeben wie ein feingesponnener Kokon. Dieses System nennen wir das unwillkürliche oder vegetative Nervensystem.
Trete ich z. B. aus einem dunklen Raum in die helle Sonne hinaus, so verengen sich meine Pupillen in Bruchteilen von Sekunden, ob ich das nun will oder nicht. Oder machen Sie einmal bei warmem Wetter eine Fahrradtour: Ob Sie wollen oder nicht, Sie werden zu schwitzen beginnen. Der Schweiß verdunstet und hält den Körper trotz der Hitze auf einem bewundernswert gleichmäßigen Temperaturniveau.
Wenn unser Darm viel zu verdauen hat, so öffnen sich auf Befehl des vegetativen Nervensystems feinste Muskelschleusen in den Blutgefäßen. Es fließt ohne unser Dazutun mehr Blut, um die anfallenden Nährstoffe abzutransportieren. Dasselbe passiert im Gehirn, wenn wir mehr Energie brauchen, um eine schwere Rechenaufgabe zu lösen.
Wenn nun die Funktion des vegetativen Nervensystems mit seinen beiden Teilkomponenten Sympathikus und Parasympathikus gestört ist, Können die verschiedensten Krankheiten entstehen: Magengeschwüre, Asthma, Durchfall, Verstopfung, Hautausschläge, Menstrualbeschwerden, Impotenz, hoher Blutdruck, Herzrhythmusstörungen, Kopfschmerzen aller Art bis hin zur Migräne und viele andere Krankheiten mehr. Natürlich kann jede dieser Krankheiten auch andere Ursachen haben, aber sehr oft besteht ein mehr oder weniger starker Zusammenhang mit dem vegetativen Nervensystem.
Darmgeschwüre und Psyche
Besonders gut erforscht sind diese Zusammenhänge bei der Entstehung von Geschwüren im Zwölffingerdarm. In der Magenschleimhaut liegen eng nebeneinander unzählige von kleinen Drüsenschläuchen, die Enzyme und Magensäure zur Verdauung produzieren. An jedem der Millionen Drüsenschläuche endigen die feinen Fasern des vegetativen Nervensystems.
Wenn wir nur schon ein saftiges Hühnchen auf einem Teller sehen, läuft uns nicht nur der Speichel im Mund zusammen, nein, auch unsere Magendrüsen beginnen mehr Säure zu produzieren, um den Leckerbissen verdauen zu können,
Streß, Angst, Ärger, Sorgen und Schuld können jedoch das vegetative Nervensystem aus seinem gewohnten Rhythmus bringen. Dadurch werden die Magendrüsen angeregt, viel zu lang und viel zuviel Magensäure auszuschütten. Die Säure läuft in den Zwölffingerdarm und brennt dort ein Loch in die Wand ein Geschwür ist entstanden. Bohrende Schmerzen nach dem Essen, Unwohlsein und Appetitlosigkeit sind die Folgen.
Die moderne Medizin hat schon ein ganzes Arsenal an Waffen gegen die »Managerkrankheit« entwickelt. Zuerst versucht man es mit regelmäßigen kleinen Mahlzeiten, um die Säure besser zu neutralisieren. Man schluckt Natronpulver, löffelt aluminiumhaltigen Sirup oder probiert es mit teuren Tagamet Tabletten. Wenn alles nichts hilft, wird eben operiert: Dabei wird der schuldige Nerv, der die Säureproduktion so stark angeheizt hat, durchgetrennt. Nicht selten muß auch der untere Teil des Magens dran glauben.
Wie schön wäre es doch, diese Nerven durch unseren Willen zu beeinflussen, statt sie solch drastischen Radikalkuren zu unterwerfen! Wie schön wäre es, könnte man ihnen einfach den Befehl geben, nicht mehr so viel Säure zu produzieren!
Direkt ist das nicht möglich. Natürlich könnte der gestreßte Manager sich in ein stilles Alpendorf zurückziehen und einmal richtig Ferien machen. Dann würde sich sein Nervensystem beruhigen, und damit würden auch die Magengeschwüre ausheilen. Aber so einfach ist das leider nicht! Schließlich muß seine Familie auch leben! Und wie kann jemand, der im dauernden Nervenkitzel lebt, plötzlich zum entspannten Gemütsmenschen werden?
Doch es gibt Möglichkeiten, das vegetative Nervensystem zu überlisten, um seine Funktion nachhaltig zu verändern. Wie ist das möglich? Der Weg führt über eine erstaunliche Entdeckung zu einem völlig neuen Verständnis der Naturheilung.
Das Placebo Phänomen
Vor einiger Zeit erhielten zwei Patientinnen, die unter Kopfweh litten, die gleiche Tablette mit dem Hinweis, daß es sich dabei um ein neues, vielversprechendes Präparat handle. Der ersten Patientin sagte man, die Tablette werde ihre Schmerzen lindern und ihr neuen Elan geben. Der zweiten Patientin wurde gesagt, die Tablette befinde sich noch im Versuchsstadium und könne möglicherweise einige unangenehme Nebenwirkungen haben; es lohne sich trotzdem, sie zu nehmen.
Schon am nächsten Tag zeigte sich bei beiden die Wirkung, die man ihnen vorausgesagt hatte. Der einen Patientin ging es wirklich besser, die andere klagte über ein Kribbeln in den Fingerspitzen und über leichtes Magenbrennen. Und doch hatten beide das gleiche Medikament eingenommen. Wie war dieser starke Unterschied möglich?
Beiden Patientinnen hatte man ein »Placebo« verabreicht, eine Tablette also, die keinerlei Wirkstoffe, sondern nur Milchzucker enthielt. Die Reaktion der beiden zeigte jedoch, daß die Wirkung einer Tablette nur zum kleineren Teil von der darin enthaltenen Substanz abhängt. Vielmehr kommt es darauf an, weiche Erwartungen der Patient an das Präparat stellt.
Das Wort »Placebo«, stammt aus dem Lateinischen und heißt übersetzt: »ich werde gefallen«. Im Mittelalter brauchte man das Wort für einen unterwürfigen Heuchler, einen schmeichelnden Höfling. Die moderne Medizin übernahm das Wort für ein Medikament, das der Arzt einem Patienten aus reiner Gefälligkeit verschreibt, ohne daß es eine wirksame Substanz enthält.
Und dennoch verzeichnen Placebos so erstaunliche Erfolge, daß ein bekannter Experte an einem Kongreß feststellte: »Das Placebo ist ein Medikament«!
Welche Krankheiten lassen sich denn mit Placebos behandeln? Die Liste deckt sich erstaunlicherweise ziemlich genau mit denjenigen Krankheiten, die auch durch die Methoden der Heilpraktiker geheilt oder gebessert werden können. So kommt es bei einer Behandlung mit Placebos zu einer Besserung bei
Schmerzen verschiedener Art in 28 % der Fälle
Kopfschmerzen in 62 % der Fälle
Migräne in 32 % der Fälle
Erkältungen in 45 % der Fälle
Neurosen in 34 % der Fälle
Angina pectoris, in 18 % der Fälle
Magen Darm Beschwerden in 58 % der Fälle
Rheuma Schmerzen in 49 % der Fälle
Regelbeschwerden in 24 % der Fälle
Im Durchschnitt sprechen etwa 30 bis 40 Prozent aller Patienten sehr gut auf die Behandlung mit Placebos an, etwa ein Drittel reagiert überhaupt nicht darauf. Menschen, die gut auf Scheinpräparate ansprechen, nennen wir »Placebo Responder«. Es ist wohl mehr als Zufall, daß ungefähr gleich viele Menschen, also etwa ein Drittel, bei der Anwendung von Akupunktur, Homöopathie, Phythotherapie und anderen Naturheilmethoden sehr gute Erfolge zeigen.
»Sie sind meine letzte Hoffnung!«
Wissenschaftler haben festgestellt, daß es bei der Verschreibung eines Placebos sehr auf die Beziehung zwischen Arzt und Patient ankommt: »Je eindrucksvoller und liebenswerter die Persönlichkeit eines Arztes ist, desto ungeeigneter ist er, Arzneimittel zu erproben, da er mit seinem Einfluß unbewußt die Reaktionen des Kranken beherrscht.«
In einer Versuchsreihe ließ man ein neues Medikament, eine Beruhigungstablette, von zwei verschiedenen Ärzten verschreiben. »Als Resultat ergab sich, daß die Patienten in der Gruppe des Arztes, der von dem Tranquilizer sehr begeistert war, die besten therapeutischen Ergebnisse zeigten. Dieser Arzt war interessiert an seinen Patienten und genoß deshalb ihr Vertrauen. Er war freundlich, untersuchte die Kranken eingehend, zeigte Selbstbewußtsein und war seiner Sache sicher.« Es gab keine Widersprüche bei ihm. Diese menschliche Haltung war in jeder Weise überzeugend und deshalb die Voraussetzung für ein positives Placebo Phänomen.
Die zweite Gruppe, von einem therapeutischen Nihilisten behandelt, reagierte auf das gleiche Medikament sehr unbefriedigend. Dieser Arzt war von seiner, eigenen Problemen erfüllt, abweisend, ärgerlich, launisch. Ihm fehlte die Kraft, den Kranken davon zu überzeugen, daß er von diesem Medikament etwas Gutes erwarten könne: So war denn auch der Erfolg entsprechend negativ.
Besonders gut wirkt ein Placebo dann, wenn ein Patient in äußerster Not ist und alles schluckt, was ihm irgendwie helfen könnte. Genau diese Voraussetzung ist bei den Heilpraktikern gegeben. Wie oft hören sie in ihrer Sprechstunde: »Sie sind meine letzte Hoffnung! Dann ist es ganz gleich, was der Heiler tut: ob er nun Nadeln einsticht oder ein Kräutermittel verschreibt, der Patient ist gläubig und willig, alles zu tun, was ihm gesagt wird.
Dabei spielt sich, so haben neuere Forschungen ergeben, etwas Interessantes im Gehirn ab: Es bildet sich ein Eiweißstoff mit dem Namen »Endorphin«, der in seiner Wirkung dem Morphium sehr ähnlich ist. Dieser Stoff entfaltet eine starke schmerzlindernde Wirkung und könnte die Erklärung für die wunderbare Wirksamkeit von Placebos und Naturheilmethoden abgeben.
Läßt sich hier gläubiges Vertrauen chemisch nachweisen? Die Frage sei dahingestellt, eines ist jedoch sicher: Der Glaube an die Wirkung des Medikaments bewirkt im Patienten ein verändertes Reagieren des vegetativen Nervensystems: die Blutgefäße im Gehirn tun wieder ihren Dienst: die Migräne verschwindet. Die Säureproduktion in den Belegzellen der Magenschleimhaut geht zurück und damit auch die Magengeschwüre.
Die heilende Macht der Suggestion
Wenn jedoch der Glaube eine so starke Auswirkung auf den Zustand eines Menschen hat, müßte es auch gelingen, Kranke allein durch die Macht des gesprochenen Wortes zu heilen, sofern ihre Erkrankung in die Gruppe der psychosomatischen Leiden fällt. Die Erfahrung zeigt, daß Suggestion eine große Rolle in der Heilung dieser Leiden spielt.
Der französische Apotheker Coué empfahl seinen Patienten die Methode der Autosuggestion. Tausende von Patienten suchten ihn in Nancy auf, vom Schlaflosen bis zum halbseitig Gelähmten. In einem Saal hielt Coué jeden Tag Versammlungen zur Erlernung der Autosuggestion ab. Nachdem er den Hilfesuchenden zuerst mit Hilfe von Experimenten gezeigt hatte, welche Kraft die Suggestion hat, bat er alle, die Augen zu schließen. Dann gab er jedem je nach seinem Leiden einen Satz, den sie sich 20 bis 30 Mal pro Tag einreden sollten: »Schließen Sie jeden Morgen unmittelbar nach dem Erwachen und jeden Abend vor dem Einschlafen die Augen und flüstern Sie mit den Lippen ebenso laut, um ihre eigene Worte zu hören, etwa 20 Mal …. >Es geht mir von Tag zu Tag in jeder Hinsicht besser und besser<«.
Coués Methode der Autosuggestion hatte unglaubliche Erfolge. Doch auch die Gefahren sind klar: Die Sätze, die sich die Patienten in ihrer täglichen Morgenmeditation einreden, haben große Ähnlichkeit mit den hinduistischen Mantras, die in ihrer monotonen Rhythmik den Geist für Einflüsse öffnen, die nicht mehr kontrollierbar sind.
Die Frage liegt nahe, ob nicht auch in den Heilungs Gottesdiensten einer Kathryn Kuhlman oder eines Dr. Yonggi Cho ähnliche Mechanismen mitgespielt haben. Wenn sich die Veranstaltung ihrem Höhepunkt näherte, wenn das Halleluja immer lauter, die Gebete immer inbrünstiger wurden, war die beste Voraussetzung für eine Heilung durch Massensuggestion gegeben. Auf Anweisung Kathryn Kuhlmans standen manchmal gleich Hunderte von Patienten auf und schwenkten ihre Arme, die sie schon seit langer Zeit wegen rheumatischer Schmerzen nicht mehr bewegt hatten. Viele Menschen glaubten auch wirklich, geheilt worden zu sein.
Ein erfahrener Chirurg, der später eine große Zahl von Patienten nachuntersuchte, mußte aber leider feststellen, daß sich zwar mancher »Geheilte« einige Zeit besser gefühlt hatte, dann aber an demselben Krebs verstarb, an dem er auch vor dem »Wunder« gelitten hatte. Meist waren es Kranke mit psychosomatischen Leiden, die eine dauernde Heilung erlebten.
Ich will nicht in Abrede stellen, daß auch echte Heilungen geschahen und daß Menschen innerlich und äußerlich in positiver Weise verändert wurden. Dennoch müssen wir bei überschwenglichen Berichten vorsichtig sein.
Die großen Erfolge von Heilern aller Art erklären sich durch die Tatsache, daß über 50 % aller Erkrankungen, die der praktische Arzt in seiner Sprechstunde sieht, psychosomatischer Natur sind. Das Problem ist nur, daß der Arzt viel zu wenig Zeit hat, um sich die Beschwerden anzuhören und dem Patienten wirksam zu helfen. Viele Kranke sind enttäuscht und ihre Not steigert sich noch mehr. Die Folge: Sie werden in noch größerem Maße offen für die heilende Kraft der Suggestion.
Umfassende wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß es »keine Organfunktion des Organismus gibt, die nicht auf suggestivem Wege beeinflußbar ist.«
Doch kann nicht nur Heilung durch Suggestion hervorgebracht werden, Suggestion kann auch zu schweren Schädigungen ohne äußere Ursache führen. Allein durch Einreden konnten Forscher allergische Hautausschläge hervorrufen. In einem anderen Fall gelang es, bei einer Versuchsperson eine Brandblase hervorzurufen, allein durch die Vorstellung, es werde ihr eine heiße Münze auf die Haut gelegt.
Gleiche Phänomene, im Guten wie im Schlechten, lassen sich auch durch Autogenes Training oder durch Hypnose hervorrufen. Alle diese Methoden machen Körper und Geist in höchstem Maße empfänglich für Einflüsse von außen.
Zauberschlüssel »Glaube«
Wichtig bei allen diesen Formen der Suggestion ist der Glaube. Ich möchte noch einen Schritt weitergehen: Wichtig ist die Öffnung des Geistes für eine Einwirkung von außen. Autogenes Training, Autosuggestion und Hypnose haben jedoch eine solch enge Geistesnachbarschaft zur östlichen Meditation, daß Christen sich fragen müssen: Wofür öffne ich mich da eigentlich? Wem glaube ich?
Nicht umsonst legt die Bibel solchen Wert auf den Glauben. Der Glaube ist eine mächtige Brücke zur übersinnlichen Welt, die wir nicht sehen. Glaube kann uns in eine Beziehung zu Gott bringen. Der Glaube kann aber auch den Kontakt zu bösen, dämonischen Kräften herstellen. Claude M. Bristol schreibt in seinem Buch »The Magic of Believing«: »Ich habe buchstäblich Tausende von Büchern über moderne Psychologie, Metaphysik, alte Magie, Voodoo Kulte, Yoga, Thesophie, christliche Wissenschaft … gelesen, Bücher, die sich mit »Geistes material« beschäftigen, wie ich es nennen möchte … Ein roter Faden läuft durch sie alle hindurch: der Glaube … Glaube läßt sie alle wirksam werden.«
Dasselbe gilt auch für die Heilung durch Heilpraktiker, die vorgeben, sie arbeiteten mit bestimmten kosmischen Kräften, mit Energien, die sie durch Meditation konzentrieren müßten. »Wer sie aufsucht, weiß um das medizinische Nichtwissen dieser Heiler, aber er lebt auch in dem Glauben, daß es solche nicht faßbare, gewissen Menschen gegebene Kräfte gibt«, schreibt der bekannte Psychosomatiker Prof. Arthur Jores.
Er fährt fort mit der Feststellung, daß eigentlich kein Unterschied besteht zwischen der Wirkung eines Heilers und dem, was der Zauberer der Primitiven tut: »In beiden Fällen kommt es auf die Gläubigkeit des Patienten und seine möglichst völlige Unterwerfung unter die angewandten Methoden an. Je intensiver die Unterwerfung ist, desto plötzlicher ist die Heilung; das sind dann die Wunder, die sich in den Sprechstunden der Kurpfuscher oder der Außenseiter so oft vollziehen und in unseren Krankenhäusern so selten sind. Man kann hier wirklich von der Kraft des Glaubens sprechen … «
Es bestehe kein Unterschied, »ob es der Glaube an ein neues Heilmittel, an die übernatürlichen Kräfte eines Heilers oder auch an Gott ist. Wenn wir uns einmal fragen, was geschieht in der Haltung des Glaubens, so bedeutet Glaube eine Unterwerfung unter einen höheren Willen. Glauben bedeutet den Verzicht auf das eigene Ich, auf die ganzen Verstrickungen, in denen die meisten Menschen leben …«
Und Prof. Jores wagt nicht auszuschließen, daß es durch diese Glaubenshaltung noch mehr gibt, nämlich »eine direkte Einwirkung von Unbewußtem zu Unbewußtem, von Geist zu Geist …«
»Glaubet nicht jedem Geist«
Die Bibel warnt uns vor blindem Glauben an irgend etwas, »wenn es nur hilft«, wie so viele sagen. So schreibt der Apostel Johannes: »Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind! Denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt« (1.Joh.4,1).
Es besteht für Christen ein fundamentaler Unterschied zwischen dem Glauben an Jesus Christus und dem Glauben an kosmische Kräfte, die aus einer völlig anderen Philosophie kommen. Wenn Jesus sagt: »Sei getrost meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen« (Matth.9,22), so ist damit etwas anderes gemeint als der unbedingte Glaube, den Lao Tse’s Nachfolger verlangten, wenn ihre Heilmittel und Lebenselixiere wirken sollten.
Unkritischer Glaube an geistige Kräfte öffnet diesen Tür und Tor. Der bekannte Parapsychologe Prof. Hans Bender schreibt, daß »die Angst des Patienten und die affektive Bindung und gläubige Hingabe an die Person des Menschen, von dem Heilung oder Besserung erwartet wird, eine günstige Voraussetzung für das Auftreten von Psi Phänomen darstellen.« (Psi ist der 23. Buchstabe im griechischen Alphabet und zugleich der Anfangsbuchstabe des Wortes »Psyche«. Unter Psi versteht man in der Parapsycholo¬gie okkulte Phänomene, die durch geistige Kräfte zustande kommen und durch wissenschaftliche Modelle nicht erklärt werden können).
Doch der Glaube ist keine Garantie, daß die Erlebnisse von übernatürlichen Phänomenen immer positiv verlaufen. Obwohl die Transzendentale Meditation »vollkommene Gesundheit« verspricht, haben nicht wenige Meditierende während ihrer Übungen so schreckliche Erlebnisse gemacht, daß sie in psychiatrische Kliniken verbracht werden mußten. Yoga Meister warnen davor, daß böse Kräfte die Macht über den Geist übernehmen können, wenn man sich ihnen öffnet. In ähnlicher Weise muß davor gewarnt werden, sich »magnetischen« oder »kosmischen« Kräften auszuliefern, auch wenn sie durch wissenschaftliche »Forschungen« und »Beweise« oder schlimmer noch durch einen religiösen Anstrich getarnt sind.
Neutrale Kräfte?
Parapsychologen versuchen mühsam, die okkulten Seiten der Heilpraktiken mit Hilfe von komplizierten Theorien zu belegen. Der Mensch, der nicht an übersinnliche Kräfte glauben will, möchte sich irgendwie vorstellen, wie es »funktioniert«, daß es durch nicht chemische, nicht anatomische, nicht psychische Mittel zum Heilerfolg kommt. Doch schon im Auseinanderhalten von Psychischem und Okkultem tut man sich schwer.
Gehören Telepathie, Hellsehen, Rutenfühligkeit oder Magnetismus noch zu den neutralen menschlichen Kräften, die einfach nicht bei jedem in gleicher Weise zutage treten? Ist eine Heilung wirklich erst dann okkult, wenn es zum Kontakt mit persönlichen Geistermächten kommt, wenn eindeutig Magie und Zauberei betrieben wird?
Muß ein Patient wirklich erst eine Satansmesse für seine Gesundheit zelebrieren lassen, um okkult belastet zu werden? Oder genügt es schon, sich im Glauben einem Heilpraktiker auszuliefern, der sich auf unmeßbare Energien, unsichtbare Meridiane oder kosmische Potenzen verläßt? Wieweit ist die Heilung durch Paramedizin nur psychisch, wie weit ist sie okkult?
»Es ist unmöglich«, schreibt J. Stafford Wright, »eine feste Grenzlinie zwischen okkult und psychisch zu ziehen, weil das Okkulte das Psychische einschließen kann. Wenn Kontakt mit Geistern besteht, werden sich diese der im Menschen schlummernden Kräfte bedienen. So gibt es Menschen, die sich ihrer eigenen latenten menschlichen Kräfte bedienen und gleichzeitig das Werkzeug von Geistern sind, die sich diese Fähigkeiten zunutze machen. Das bedeutet: Wir werden einmal einem Sowohl Als auch gegenüberstehen, ein andermal einem Entweder-Oder.
Die Grenzlinie ist also selbst für den Erfahrenen schwer zu ziehen. Die Frage steht im Raum: Sind die Energien, mit denen die Akupunkteure arbeiten, wirklich so neutral? Sind die magnetischen Kräfte, die der Pendler erfühlt, wirklich nur von der Wissenschaft unentdeckte natürliche Schwingungsfelder? Sind die »magnetischen«, Strahlen wirklich göttliche Gaben zur Heilung der Menschen?
Wie erklärt sich dann, was J. Stafford Wright in seinem Buch »Der Christ und das Okkulte« schreibt: »Menschen, die diese Fähigkeit bewußt pflegen, neigen allzu leicht zum Bösen wie die schwarzen Magier , oder sie werden machtbesessen wie andere Magier oder Hexenmeister oder pantheistisch bzw. atheistisch wie die Anhänger gewisser Yoga Richtungen, die die persönliche und unpersönliche innere Welt erforschen, ohne den Blick zu dem über allem stehenden Gott zu erheben.«
Brooks Alexander, ein Experte aus der kalifornischen Universitätsstadt Berkeley, sagt: >,Es ist nicht schwer einzusehen, daß eine psychische Manipulation eine anderweitig gutartige Behandlungsmethode in eine geistliche Minenfalle verwandeln kann. Es liegt in der Natur des Arzt Patienten Verhältnisses, daß sich auf manchen Ebenen eine Art des Vertrauens, der Unterwerfung an den Heiler ergibt. Wenn nun ein Christ sich passiv einem Heiler ausliefert, der mit geistigen Kräften rechnet (seien es seine eigenen oder andere Einflüsse, denen er als Kanal dient), so kann es leicht zu geistlicher Verwirrung oder Bindung kommen,
Es ist wahrscheinlich, daß keine der östlichen oder okkulten Heilmethoden neutral in sich selbst ist, auch wenn sie bewußt von offenkundig philosophischen Aussagen getrennt wird; der metaphysische Rahmen, dem sie entstammen, durchdringt und umschließt sie derart, daß jedes Detail der Ausübung eng verwoben ist mit dem zugrunde liegenden Glaubenssystem.«
Wenn wir also die Kräfte hinter den Naturheilmethoden beurteilen wollen, so müssen wir sehen, weiche Auswirkungen sie auf den Glauben der Heilpraktiker und den ihrer Patienten haben.
Die Wahrheit kann sich selbst nicht widersprechen. Übernatürliche Heilungskräfte, die von Gott inspiriert sind, können auch in ihren Grundlagen nicht Gottes Wort widersprechen.
Welche Botschaft bringen uns aber die Naturheiler? Dieser Frage wollen wir im nächsten Kapitel nachgehen.
11. Kapitel
Die Botschaft der Naturheiler
Pir Vilayat Khan, geistliches Oberhaupt des islamischen Sufi Ordens im Westen, stand im gleißenden Rampenlicht der Bühne und leitete den Beginn des Kongresses mit einer Anrufung der Götter ein:
»Dem Einen, der Perfektion der Liebe, der Freude, der Harmonie und der Schönheit, in Gemeinschaft mit allen erleuchteten Seelen, der Hierarchie der geistlichen Regierung dieser Welt Rama, Krishna, Shiva, die großen Rishis und Autoren der Veden, Buddha, Hermes. Plato, Sokrates, Plotinus, Zoroaster, Noah, Henoch, Abraham, Moses, Melchisedek, Elia, Hesekiel, Jesaja, Jesus Christus und all die anderen christlichen Heiligen und Märtyrer, Mohammed, Ali und die Sufis …«
Sicher möchten Sie nun wissen, an welchem Kongreß dieses unglaubliche geistliche und theologische Durcheinander als Einleitungsgebet diente. Im Parkett saßen nicht verzückte Blumenkinder, die einen neuen Guru verehrten, sondern rund 3000 Zuhörer aller Alters- und Gesellschaftsschichten, 60 % von ihnen Ärzte und Krankenschwestern. Sie trafen sich im September 1977 zum Symposium der »Association for Holistic Health« (AHH), in San Diego, USA. Das Thema des Kongresses: »Das medizinische Modell der Zukunft erfahren eine gründliche Einführung in die ganzheitliche Medizin.«
Neben Vorträgen über die philosophischen und wissenschaftlichen Grundlagen der Naturheilmethoden gab es Seminare und praktische Übungen in Akupunktur, Fußreflexzonenmassage, Kräuterheilkunde, Bio Feedback (eine wissenschaftlich verbrämte Form des Yoga), Transzendentaler Meditation, Yoga, Geistheilung, Hypnose u. a. m.
Die Sehnsucht nach einer neuen Medizin
Das Programm dieser »Gesellschaft für ganzheitliche Medizin« entspricht einem Bedürfnis vieler Menschen in der westlichen Welt. Nie zuvor war die Menschheit so offen für eine neue Medizin, für eine neue Heilslehre, wie in unseren Tagen. Zu lange hatte man Körper und Geist auseinander gerissen, in den Krankenhäusern wohl den Leib wiederhergestellt, aber nicht die geistliche Not des Menschen gelindert. Die Sehnsucht nach einer ganzheitlichen Lebensphilosophie, nach einer ganzheitlichen Behandlung des Menschen wird immer größer.
Die Wiederherstellung der Gesundheit hat eine zentrale Stellung eingenommen. Wer die mannigfachen Leiden des modernen Menschen zu heilen verspricht; wer ihm verheißt, seinen Streß zu lindern und seine Süchte wegzunehmen; wer ihm Hoffnung machen kann auf »vollkommene Gesundheit« (Transzendentale Meditation), der kann sich des Zulaufs von Patienten kaum mehr erwehren. Noch nie hatten die Heilpraktiker so volle Wartezimmer.
Doch was steckt hinter diesem Boom der Neuen Medizin? Warum hat sie so eindeutig religiöse Untertöne?
Die Weltreligion der Zukunft
Die Bibel spricht davon, daß sich in den letzten Tagen der Welt eine neue Weltreligion entwickeln wird. Der Apostel Johannes schreibt in der Offenbarung vom »Geheimnis Babylon«, einem totalitären System, das politische Macht, wirtschaftliche Kontrolle, religiöse Zeremonien, okkulte Erkenntnis, die Freisetzung psychischer Kräfte und einen Weltführer mit einem begeisternden Charisma miteinander verbindet. Otto Zeit von der amerikanischen Gruppe »Spiritual Counterfeits Project«, deren Anliegen es ist, die heutigen Zeitströmungen aus biblischer Sicht zu analysieren, schreibt: »Die kommende große Weltreligion wird sich uns als Alte Weisheit und »verborgene Wahrheit« anbieten, die in sich alle religiösen Formen der Geschichte einschließt. In Wirklichkeit ist sie jedoch nicht Wahrheit im eigentlichen Sinne, sondern Lüge.«
Immer mehr Menschen stehen heute unter dem Eindruck, daß sich die Prophezeihungen der Offenbarung schon sehr bald bewahrheiten werden. So schreibt der Schweizer Mystiker und Psychosomatik Professor Dr. Balthasar Staehelin: »Wir gehen ja unaufhaltsam einer einheitlichen Weltreligion entgegen, wie es der immer gleichen Innerlichkeit jedes Menschen entspricht, dementsprechend auch einem einzigen politischen Land, das Erde hieße. . . «
Stafford Wright, Autor des Buches »Der Christ und das Okkulte« schreibt: »Nach Aussagen der heiligen Schrift ist es Satans höchstes Ziel, ein Weltsystem aufzubauen, aus dem Gott ausgeschlossen ist.« Otto Zeit ist der Überzeugung, daß sich die Prinzipien, die die Schlange gegenüber der Mutter der Menschheit, Eva, ausgesprochen hat, auch in der Religion der Endzeit wiederfinden werden.
Wir sehen folgende sechs Punkte:
1. Die Leugnung des Fluchs des Todes
2. Die Leugnung der Wahrhaftigkeit Gottes
3. Die Leugnung der Fürsorge Gottes
4, Die Verheißung von Weisheit
5. Die Verheißung der Göttlichkeit
6. Die Verheißung der Macht.
In der Weltreligion der Zukunft wird das Prinzip des »Monismus« herrschen (Monismus leitet sich ab vom Wort »mono« = eins). In dem Denken: »Alles ist eins« haben Satan und Hölle keinen Platz mehr. Gutes und Schlechtes kommen aus der gleichen Quelle. Gott ist nicht mehr der persönliche Schöpfer Gott, wie ihn uns die Bibel offenbart, sondern eine unpersönliche Macht die das ganze Universum und alles, was darin ist, durchströmt und umfaßt.
Der Tod wird geleugnet und dem Menschen vorgegaukelt, er werde durch Reinkarnation immer neue Chancen haben. Meditation wird alle Menschen vereinen und zur »Erleuchtung« führen, ihnen psychische Kräfte und endlich die Illusion vermitteln, sie seien selber Gott.
Im Vorfeld dieser neuen Weltreligion »werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden große Zeichen und Wunder tun, um womöglich auch die Auserwählten zu verführen«, sagt Jesus Christus in seiner berühmten Rede über die Endzeit.
Wunderheilungen werden diesem Weltsystem den Weg bahnen. Wer einen Menschen heilen kann, dessen philosophisch religiöse Grundhaltung nimmt der geheilte auch als Lebensanschauung an, ob er das merkt oder nicht. Die Naturheiler hämmern es ihren Patienten denn auch in Büchern und Zeitschriften, in Radio und Fernsehen sowie in persönlichen Gesprächen immer wieder ein: »Wer heilt, hat recht!«
Wegbereiter einer kommenden Weltreligion?
Haben die Naturheiler wirklich recht? Oder ist die »Medizin der Zukunft«, wie die Heilpraktiker ihre Medizin bezeichnen, nur Wegbereiter einer kommenden Weltreligion? Sind die Wunder, die sie zu tun vorgeben, wirklich eine Botschaft Gottes? Oder bahnen sie andern Kräften den Weg zur Macht?
Warum ist es so wichtig, »vorurteilslos«, »offen«, »völlig passiv« und »vertrauensvoll« zu sein? Warum spielt der Glaube eine solch wichtige Rolle für die Heilung?
Wenn wir diese Fragen beantworten wollen, müssen wir die philosophischen Voraussetzungen der Ganzheitsmedizin näher untersuchen und sehen, welche Botschaft die Naturheiler ihren Patienten und der Welt bringen.
Niemand kann leugnen, daß die »Neue Medizin« mehr ist als nur eine Sammlung ungewöhnlicher Heilmethoden. Die geistlichen Aspekte dieser Bewegung sind unübersehbar. So schreibt Dr. Marc Duke über den Akupunktur Heiler: »Er stellt die Gesundheit seiner Patienten nicht nur um ihrer selbst willen wieder her, sondern auch, damit die ganze Welt richtig funktionieren kann. Jede Nadel, die er zwischen seinen Fingern dreht, führt die gewichtige Sendung universaler Harmonie in ihrer dünnen Spitze mit sich.«
Selbst wenn sich andere Heiler noch so wissenschaftlich und neutral geben, »ist es unsere Überzeugung«, so die Experten von Spiritual Counterfeits Project, »daß nichts im Universum getrennt stehen kann von geistlichen Realitäten oder ohne geistliche Auswirkungen ist. Alle Dinge, ob materiell oder nicht materiell, erhalten ihre Bedeutung durch ihre Beziehung zu Gott und seinen Absichten.«
Wenn wir die Botschaft der Naturheiler verstehen wollen, müssen wir folgende Fragen beantworten:
1. Welches ist ihre Quelle der Wahrheit?
2. Was lehrt die Naturheilkunde über Gott und das Universum?
3. Was sagt sie über den Menschen?
4. Wie sieht sie das Problem der Sünde?
5. Welches ist der Weg zur Erlösung?
Wenn ich verallgemeinernd von »der Naturheilkunde« spreche, so bin ich mir bewußt, daß es in dieser sehr farbigen, in vielerlei Sekten und Grüppchen aufgesplitterten Bewegung immer wieder Leute geben wird, die nicht genau jene Gedanken formulieren, die ich im folgenden skizzieren werde. Dennoch ist es mir nach dem Studium von hunderten von Büchern und Arbeiten aufgefallen, daß sich die Lehren im allgemeinen gleichen und wie ein roter Faden alle Lager der Ganzheitsmedizin« durchziehen.
Liegt die Wahrheit im Orient?
Dr. Oyle war zwanzig Jahre lang als Arzt in New York tätig. Doch immer stärker nagte in ihm die Unsicherheit, ob das, was man ihm an der Universität beigebracht hatte, wirklich die Probleme seiner Patienten lösen könne. Heute ist Dr. Oyle überzeugt, daß der westliche Versuch, die Menschen zu heilen, an einem toten Punkt angelangt sei. Wir müßten einen völlig neuen medizinischen Weg beschreiten, wenn weitere Fortschritte erzielt werden sollen. Er ist nun Leiter des Headlands Healing Service in Kalifornien und forscht auf dem Gebiet der Hochfrequenzwellen und der Akupunktur.
Sein neuer Weg zum medizinischen Fortschritt führt in den Osten. Dort lägen seit Jahrtausenden die Wahrheiten verborgen, die auch dem westlichen Menschen zu neuer Gesundheit verhelfen könnten. Sein neues Evangelium ist die östliche Philosophie.
Dr. Voegeli, ein Schweizer Homöopath, hat früher eine gutgehende Röntgenpraxis in Zürich geführt. Heute ist er von der westlichen Medizin enttäuscht. Er ist überzeugt, daß mehr hinter Krankheit und Heilung steckt als physikalisch und chemisch meßbare Werte. Doch »die Wissenschaftler sprechen nicht gerne von diesen Dingen. Jeder hat hierüber sozusagen seine private Ansicht, offiziell werden diese Probleme geflissentlich ignoriert … Wesentlich umfassendere und befriedigendere Auffassungen wurden im Orient, besonders in Indien, entwickelt. Die Sankhya Philosophie hat sich besonders diesen Problemen zugewandt.«
Dr. Voegeli und Dr. Oyle sind nur zwei Beispiele unter tausenden von Naturheilpraktikern, »Ganzheitsmedizinern« oder »Geistheilern«, die den gleichen Weg beschreiten. Nehmen Sie einen beliebigen Naturheiler, kratzen sie ein wenig am medizinischen Lack, und darunter erscheint östliche Philosophie. Enttäuscht vom westlichen Materialismus und leer gelassen von einer in Tradition und liberaler Theologie erstickten Kirche wenden sie sich andern Quellen zu. Sie wollen nicht mehr ausschließen, daß Wahrheit in den östlichen Religionen gefunden werden kann.
Und diese Botschaft verkündigen sie immer stärker: nicht vor einigen verträumten Guru Anhängern, sondern vor Millionen von Menschen wie Sie und ich, die in gleichem Maße von der westlichen Denkweise enttäuscht sind.
Gesteuert?
Mit beängstigender Einheit haben sich die Naturheiler dem östlichen Denkmodell zugewandt. Sie kennen einander oft gar nicht, und doch sprechen sie den gleichen Gedanken aus. Sie versuchen, sich auf medizinische Methoden zu beschränken, aber ihre philosophischen Grundlagen kommen immer wieder zum Vorschein. Die Quelle der Wahrheit liegt für die Naturheiler heute im Osten, ob sie das zugeben oder nicht.
Zusammen mit okkulten Physikern, liberalen Theologen, mit Parapsychologen, Ufo Gläubigen und Gurus sind sie zu »Rufern in der Großstadtwüste« geworden, die sagen: »Bereitet der Philosophie des Ostens den Weg!« Sie sind sich in ihrer Botschaft trotz aller äußeren Unterschiede so einig, daß der Gedanke nicht fernliegt, es stecke mehr dahinter, als nur persönliche Überzeugung. Verschiedene Autoren sprechen es offen aus: Sind sie von einer übernatürlichen, transzendenten Macht gesteuert? Sind sie so einig, weil sie sich dem gleichen widergöttlichen Geist geöffnet haben?
Selbst diejenigen Heilpraktiker, die eigentlich nichts mit diesem philosophischen System zu tun haben wollen, liefern mit ihren echten und vermeintlichen Erfolgen unbewußt den Beweis, daß östliche Philosophie der neue Weg zur Gesundheit ist. Fast könnte man den Slogan prägen: »Denk an deine Gesundheit, denk östlich!«
Daß dies keine Übertreibung ist, beweist der Umstand, daß ein Großteil der Bücher, die sich mit den in meiner Untersuchung dargestellten Heilmethoden befassen, Hinweise auf Yoga, Zen Meditation und andere offenkundig okkulte Praktiken enthalten. Dabei muß betont werden, daß diese Bücher nicht nur von den Heilpraktikern selbst gelesen, sondern sehr oft auch an die Patienten abgegeben werden.
Diese Botschaft aber verhallt nicht ungehört: Immer mehr Menschen sind heute der Auffassung, die Wahrheit sei nicht absolut, man dürfe nicht länger daran festhalten, daß die Bibel die einzige Antwort auf die Fragen der Menschen sei. Umfragen unter Studenten ergeben, daß über 50 % unbewußt ein östliches Weltbild in sich tragen“: alles ist relativ, nichts ist absolut. Warum soll die Wahrheit nicht in anderen Philosophien liegen? Warum können nicht auch Buddhismus oder Hinduismus die Antworten auf unsere Fragen haben?
Die Fragen sind an sich bestechend »Ja, warum eigentlich nicht?« Selbst bekennende Christen, die sich mit Bio Präparaten befassen, kommen in den Sog dieser Lehren. »Ich bin Katholik«, sagte ein bekannter Hersteller von biologischen Säften, »aber ich habe alle Religionen studiert. Mit der Zeit habe ich erkannt: Die Wahrheit ist viel größer, als daß sie an einem Ort Platz hätte. Suchen wir die Perlen, brauchen wir sie in unserem Alltag.«
Auf die Frage nach der Quelle der Wahrheit gibt die Bibel eine klare Antwort. Jesus sagt: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater als durch mich.« Und die Apostel bekräftigen diese Aussage später mit den Worten: »In keinem andern ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.«
Aber das Wort Gottes zeigt auch vom ersten bis zum letzten Buch, daß die Menschen immer wieder der Frage der Schlange erlegen sind: »Sollte Gott gesagt haben«? Der Kommentar Gottes: »Denn mein Volk hat eine zweifache Sünde begangen; mich die Quelle des lebendigen Wassers haben sie verlassen, um sich Zisternen zu graben, löchrige Zisternen, die kein Wasser halten.«
Ist Gott nur ein kosmisches Energiefeld?
Mit der östlichen Philosophie haben die Naturheiler auch das östliche Gottesbild übernommen. Es ist kein persönlicher, liebender Gott, der sich um den Menschen kümmert, sondern eine unpersönliche »Weitseele«, eine »kosmische Energie.«
John Keel, ein bekannter Parapsychologie Journalist in den USA, faßt zusammen, was viele denken: »Die Standard Definition Gottes, >Gott ist Licht<, ist nur die einfache Art zu sagen, daß Gott Energie ist, elektromagnetische Energie. Er ist nicht ein Er, sondern ein Es, ein Energiefeld, das das ganze Universum durchdringt …«
Für die sogenannte »Ganzheitsmedizin« sind Gott, Energie, Universum und Natur untereinander austauschbare Begriffe. »Bioplasma«, »Od« und »Aura« sind nur andere, wissenschaftlich gefärbte Ausdrücke für den gleichen Sachverhalt. Wenn die Akupunkteure von »kosmischer Energie« sprechen und die Geistheiler von »Prana«, so gebrauchen sie dabei Worte, die für sie gleichbedeutend sind mit ihrer Vorstellung von Gott. In seinem Buch »Naturheiler« schreibt Paul Uccusic: »Wie Sie dieses Heilprinzip nennen, diese eine Medizin das ist Ihre Sache. Ob »Natur, ob Geist, ob Gott.«
Der Gottesbegriff der Naturheiler ist nichts anderes als die Vorstellung der Hindus von »Brahman« und die Ideen Lao Tses von der Weltseele »Tao«. Wie für die Hindus, so ist auch für die Ganzheitsmedizin die ganze Welt eins.
Es gibt keinen Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf. Jedes Lebewesen ist von göttlicher Energie durchdrungen. Irgendwie sind wir alle ein Teil Gottes. Es gibt keinen Unterschied zwischen Gut und Böse. Beide kommen aus derselben Quelle. Dem Ruf des Heilpraktikerpapstes in Deutschland, Dr. Manfred Köhnlechner: »Alles ist eins!« folgt unweigerlich das Echo der Patienten: »Wir alle sind Gott!«
Die alten Einflüsterungen der Schlange von einst zischen in neuer Form in die Ohren der Menschheit: »Ihr werdet sein wie Gott…«. Mit dem christlichen Glauben läßt sich das monistische Gottesbild der Naturheiler beim besten Willen nichtvereinbaren. Die Bibel offenbart uns Gott nicht als unpersönliche Energie, in der Gut und Böse gleicherweise ihren Ursprung haben.
Sie zeigt uns den mächtigen Schöpfergott, der heilig und rein ist. »Gott ist Licht und in ihm ist keine Finsternis«, schreibt der Apostel Johannes. Der Mensch ist nicht ein Teil Gottes, er ist sein Werk. Jesus Christus ist nicht ein Prophet unter vielen anderen Gottheiten und Heiligen, nein, er ist der Sohn Gottes, der uns den Weg zurück zu Gott zeigt: »Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehen, sondern das ewige Leben haben« Joh.3,16.
Der Mensch – ein Funke des All Geistes?
»Unser Geist ist ein Funke des All Geistes, und die Einzelseele ist ein Seelenfunke Gottes«, meint die Geistheilerin Ursula Kreß in Deutschland. »Bewußtsein/Materie/Gott durchfluten das ganze Universum. Sie werden immer komplexer, und durch einen Quanten Sprung entsteht ein Körper, ein Mensch.« So sieht es der amerikanische Akupunkturforscher Dr. Oyle.
Die Naturheiler drücken sich vielleicht verschieden aus, einmal wissenschaftlich, einmal mystisch, aber sie sagen alle das gleiche: Der Mensch ist nichts anderes als ein Teil Gottes, wie ein Wassertropfen in einem Ozean. Er ist durchflossen von der alles durchdringenden göttlichen Energie, ein kleines Zahnrad in der großen göttlichen Maschine.
Daraus folgt logischerweise, daß der Mensch auch Spielball der kosmischen Kräfte ist. Der Makrokosmos beeinflußt den Mikrokosmos. Die Sterne im großen Universum bestimmen das Schicksal des Menschen, dessen Körper eine kleine Welt für sich ist. Die gleiche Entsprechungslehre wird wiederum auf den Menschen und seine Organe angewandt. So schrieb der Wiener Irisdeuter Dr. Beer:
»So, wie der Mensch als kleine Welt (Mikrokosmos) im Verhältnis zum Weltall betrachtet werden muß, ebenso muß man das Auge als Mikrokosmos zum individuellen Menschen ansehen, in dem sich seine Seele und sein Körper spiegelt, Alles, was auf das Ganze wirkt, wirkt auch auf den Teil, und alles, was auf den Teil wirkt, muß auch auf das Ganze wirken …«
Mit dieser Sicht des Menschen haben die Naturheiler die alten Grundlagen der Astrologie, der Magie und der Wahrsagekunst zu neuen Ehren erhoben. Die alten Mysterien der Astrologen Babylons blühen neu im endzeitlichen Jahrhundert. Immer mehr Menschen glauben daran, denn ist nicht die Augendiagnose ein Beweis dafür? Wirkt nicht die Fußreflexzonenmassage aufgrund dieses Prinzips?
Umdeutung des Lebens
Auch Krankheit, Heilung und Tod erhalten in der Weltanschauung der Naturheiler eine neue Bedeutung, die voll und ganz dem östlichen Gedankengut entnommen ist.
»Wenn man daran glaubt, daß der menschliche Mikrokosmos den Makrokosmos wiederspiegelt«, schreibt der französische Arzt und Christ Dr. Christian Klopfenstein, »an diese Konzeption, die alle Organe auf Automatismen reduziert, so wird man zurückgeführt ins Heidentum, das die ganze Welt als von den Sternen und Planeten gelenkt sieht; zurück in deren regulierte Automatismen und in ihren absoluten Fatalismus.
Es handelt sich da um eine Welt ohne Geist, ohne Gewissen, ohne Ziel, ohne Bedeutung, eine Welt der Automaten, die Welt der Götzenanbeter, der >Diener der Sterne und des Schicksals<, des antiken Heidentums und der Anhänger der mechanistischen Philosophie des modernen Neuheidentums.«
So hat in der östlichen Philosophie denn auch Krankheit keinen letzten Sinn, sie ist unausweichliches »Karma«. Mit diesem Wort umschreiben die Hindus das Schicksal. Jede Tat, jedes Wort und jeder Gedanke hat seine Folgen. Was der Mensch sät, das muß er ernten. Durch seine Fehler gerät die göttliche Energie, die ihn durchfließt, aus dem Gleichgewicht, und der Mensch wird krank. Dieser Gedanke ist uns in den vorhergehenden Kapiteln immer wieder begegnet.
Auch Heilung hat einen neuen Sinn: Sie ist mehr als nur Wiederherstellung des Menschen, sie ist quasi ein Erlösungswerk: Die Harmonie mit dem göttlichen Universum wird erneuert, der göttliche Funke kann wieder ungehindert fließen. Nadeln und Massage, homöopathische Potenzen und magnetische Abschirmgeräte, sie alle sollen dem Menschen zu neuer Einheit mit dem All, mit Gott, verhelfen.
Oft läßt sich die Einheit mit der göttlichen Energie nicht in einem Leben erreichen. Die Naturheiler haben deshalb auch die Idee der Reinkarnation, der Wiederverkörperung nach dem Tode, übernommen, Der Mensch habe dann eine neue Chance, die Fehler seines früheren Lebens wiedergutzumachen und so das Rad des Schicksals weiterzudrehen.
Auch das Menschenbild der sogenannten »Ganzheitsmedizin« ist unvereinbar mit den Aussagen der Heiligen Schrift. Die Bibel hält ganz klar fest: Der Mensch ist nicht ein Teil Gottes, er ist sein Werk. Er ist nicht Spielball kosmischer Kräfte, sondern hat den freien Willen, mit dem er sich zwischen Gut und Böse, zwischen Gott und seinem Widersacher Satan entscheiden kann. Seine Krankheit ist nicht ohne Sinn (vergleiche Kap. 12). Gesundheit ist nicht automatisch ein Zeichen für die Harmonie mit Gottes Willen. Und auch die Botschaft der Reinkarnation ist trügerisch: Sie gaukelt dem Menschen vor, daß er in einem nächsten Leben noch eine Chance hat, mit Gott in Ordnung zu kommen. Dem hält die Bibel entgegen: »Denn es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht« (Hebr.9,27). Wir haben nur dieses Leben. Unsere Entscheidung in dieser Zeit bestimmt unsere Ewigkeit.
Das Problem der Sünde
Die östliche Philosophie kennt den Begriff der Sünde im christlichen Sinne nicht. Dies wird eindrücklich illustriert durch die Rede des Hinduphilosophen Vivekananda auf dem Weltkongreß der Religionen in Chikago 1893:
»Hört, ihr Kinder der unsterblichen Glückseligkeit! … Erlaubt mir, euch, ihr Brüder, mit diesem süßen Namen anzureden … Der Hindu weigert sich, euch Sünder zu nennen, ihr seid Kinder Gottes, Teilhaber unsterblicher Glückseligkeit, heilige und unvollkommene Lebewesen. Ihr seid Gottheiten auf Erden. Sünder? Es ist eine Sünde, einen Menschen so zu nennen, es ist eine bleibende Entehrung der menschlichen Natur …«
Guru Maharishi Mahesh Yogi, das Oberhaupt der Transzendentalen Meditation, dessen Lehren auch unter den Naturheilern viele Anhänger haben, sieht die Ursachen von Armut, Krankheit, Haß, Ausbeutung und Krieg nicht in der Sündhaftigkeit der menschlichen Natur. Für ihn haben diese uralten Menschheitsprobleme ihre Wurzeln in einem psychischen Defekt des Menschen, der sich in den genannten Übeln auswirkt.
Wohl ist der Mensch auch in den Augen der Naturheilkunde ein unvollkommenes Wesen, das immer wieder Verfehlungen begeht. Seine Fehler beeinträchtigen zwar den freien Fluß der göttlichen Energie, aber sie trennen ihn nicht von Gott. Wohl wird gepredigt, daß man sich an seinem Körper versündige, wenn man nicht gesund lebe. Wohl spricht Konrad Lorenz von den acht Todsünden der Menschheit“. Naturschützer prangern die Umweltverschmutzung als kollektive Schuld an (was sie auch ist!). Diät Verfechter kämpfen gegen Ernährungssünden, gegen die falsche Zusammensetzung der Nahrung, gegen die künstlichen Konservierungsstoffe, gegen das Schlemmen.
Lesen Kranke ihre Bücher, »so werden sie ganz eigentlich zu Besessenen«, schreibt Dr. Paul Tournier. »Da erhebt sich eine neue, feindliche Welt vor ihnen: ein Körnchen >Industriezucker<, eine Tomate, eine Injektion eines Medikaments, ein chirurgischer Eingriff, ein Pneumothorax, werden gescheut wie die Sünde selbst.«
Doch sie gehen der Tatsache aus dem Wege, daß unsere Sünde uns auf ewig von Gott trennt.
Erlösung? – Nicht mehr nötig!
Es ist nach dem vorher gesagten klar, daß auch die Zukunft des Menschen in der Ganzheitsmedizin anders beurteilt wird als durch die Lehren Jesu. Wo kein Satan ist, da gibt es auch keine ewige Verdammnis, wo kein persönlicher Gott ist, da gibt es kein Gericht. Wo kein endgültiger Tod ist, braucht es keine Entscheidung in diesem Leben, denn es wird noch viele Chancen geben. Wenn es keine Sünde gibt, gibt es auch keine Trennung von Gott. Und schließlich: Wenn wir alle durchdrungen sind von göttlicher Energie, brauchen wir keinen Weg zur Versöhnung mit Gott, wir sind ein Teil Gottes.
Das Ziel der Ganzheitsmedizin ist einzig und allein, dem Menschen den Weg zu zeigen, wie er sich selbst helfen kann. Selbsterlösung ist die Botschaft der Naturheiler. Die Kraft, sich selbst zu heilen, schlummere in jedem Patienten, vergleichbar der Schlange »Kundalini« im Hinduismus. Die verschiedenen Heilmethoden dienten nur dazu, diese latenten psychischen Kräfte zu wecken.
Yoga und Meditation sollen dem ratsuchenden Patienten helfen, sich selbst zu finden, seine psychischen Defekte, seine körperlichen Leiden selbst zu überwinden. Durch »ganzheitsmedizinische« Behandlung soll er zurückkehren zur energetischen Ausgewogenheit, zur Harmonie mit dem Universum. Dann ist er auch eins mit Gott, was auch immer das bedeuten mag.
Diese Lehre geht ein wie süßer Wein, und Millionen sind ihrer Anziehungskraft erlegen. Es ist die Botschaft, die die Menschen gerne hören, nach der ihnen »die Ohren jucken«, wie die Bibel es formuliert. Und die Erfolge der Naturheiler sind die begleitenden Zeichen und Wunder, die es bestätigen: Wir sind Gott und brauchen keine Erlösung mehr!
Vermählung von Wissenschaft und Religion
Das berauschende Getränk östlicher Philosophie wurde gekeltert in den okkulten Lehren der Astrologen Babylons; es wurde immer wieder hervorgeholt in den mystischen Kulten und Religionen der Jahrtausende. Es inspirierte die Alchemisten und beeinflußte so manchen großen Dichter oder Philosophen, wie z. B. Goethe und Kant“. Heute wird der alte Wein in neue wissenschaftliche Schläuche abgefüllt.
Es sei das Ziel der »Ganzheitsmedizin«, sagte der Vorsitzende der Association of Holistic Health, David Harris, die Wissenschaft mit der Religion zu vermählen. Und der frühere Astronaut Edgar Mitchell, der sich heute mit der Erforschung des Okkulten beschäftigt, doppelt nach: »Die Zeit ist gekommen, daß wir unsere mit dem Verstand nicht erfaßbaren Fähigkeiten zu einer >subjektiven Technologie< entwickeln, die die Hochzeit von Wissenschaft und Religion, von Verstand und Intuition, von Physikalischem und Geistlichem einleitet.«
Ähnlich klang es auch am 2. Weltkongreß der Naturheilkunde 1976 in der Schweiz. »Der Zusammenschluß zwischen Esoterik und Wissenschaft ist möglich«, meinte der französische Homöopath Michaud, »und die Homöopathie hat eine wichtige Rolle als Bindeglied zwischen diesen zwei Denkweisen zu spielen.«
Dieses Ziel verfolgen nicht nur Hinterhof Heiler und Schmalspur-Wissenschaftler. Auch Physiker an anerkannten Instituten in Ost und West widmen sich der Ergründung des Okkulten mit Hilfe der modernen Atomphysik. Einstein ist der neue Stein der Weisen geworden. Seine Lehre von der allgemeinen Relativitätstheorie wird heute umgebogen in eine Alibi Begründung für die alte monistische Formel: »Alles ist eins«.
Lesen Sie ein beliebiges Buch über Grenzgebiete von Wissenschaft, Medizin und Okkultismus: Es wimmelt nur so von Doktor und Professorentiteln. Um ihre Thesen zu belegen, stört es die Naturheiler nicht, wahllos Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen und sie zur Begründung ihrer Lehren heranzuziehen. Nicht selten kommt bei der Suche nach Erkenntnis und Wissen die Wahrheit unter die Räder.
Die mystischen Physiker, ob sie nun für die Transzendentale Meditation arbeiten oder an der Erforschung der Akupunktur teilhaben, verfolgen ein Ziel, das der amerikanische Physiker Dr. Jack Sarfatti deutlich ausgesprochen hat: »Wir wollen die Gesellschaft mit einer neuen Sicht der Wirklichkeit infizieren. Die Physiker sind die Hohepriester der Gesellschaft.«
Sarfattis neue Sicht der Wirklichkeit ist in Wahrheit alte mystische Weisheit: Buddhas Erleuchtung, das Gottesbewußtsein der Hindus, das Licht der Zen Meditation. Der verbleichende Götze der westlichen Zivilisation, die Wissenschaft, hilft dem neuen Gott der östlichen Philosophie in den Steigbügel auf das Pferd der Macht.
Wegweiser für den Antichristen?
Die Darstellung der Botschaft der Naturheiler ist nicht nur theoretische Spiegelfechterei. Sie ist äußerst wichtig, um zu verstehen, welche Hintergründe die neue Welle von Wundern und Zeichen in unserer Welt hat.
Während die Heilpraktiker früher ein Schattendasein als Kurpfuscher fristeten, vergeht in unserer Zeit kaum ein Tag, an dem nicht irgendeine Zeitung von ihren Wundern berichtet. Und die Menschen glauben heute wieder an Wunder. Je enttäuschter sie von den Fortschrittsversprechungen der Wissenschaft sind, desto offener sind sie für die übersinnliche Welt, Anders sind die Erfolge von Uri Geller und Erich von Däniken nicht erklärbar. Sie öffnen, millionenfach verstärkt durch die Massenmedien, dem geistlich hungrigen Menschen ein Fenster in die jenseitige Welt.
Der Wunderglaube sei eine der sieben Säulen der okkulten Philosophie, schreibt der Okkultist Marc Edmund Jones. »Heilungswunder waren folglich der Eckstein esoterischer Tradition durch alle Zeiten hindurch … Als ersten Schritt zu tieferen Mysterien soll der Suchende den einfachen Segen Gesundheit, Reichtum, Glück annehmen und ausleben, und er wird eingehen auf den Weg des Wissens.«
Auch viele Christen erliegen fromm getarnten Verführern, wenn sie Wunderheilungen zum Zentrum ihres Glaubens machen und damit dem Wunsch nach Heilung um jeden Preis zum Opfer fallen, Nur zu oft wird im Rausch der Verzückung über angebliche Wunderheilungen der biblische Weg zur ganzheitlichen Heilung verlassen (siehe Kap. 12).
Selbst Gelehrte, die dem christlichen Glauben nicht ausdrücklich verpflichtet sind, sehen die Gefahr der Ausnützung dieses Wunderglaubens. So schreibt der deutsche Psychosomatiker und Autor mehrerer Bestseller, Prof. Horst Eberhard Richter:
»Vieles spricht dafür, daß unkritische Ausnützung des Faszinationsreizes sensationeller Suggestionserscheinungen weit mehr Schaden stiften als viele umstrittene Horror Krimis oder Pornofilme. Epidemische Hörigkeitsbereitschaft und Wundergläubigkeit sind der ideale Nährboden nicht nur für Hellseher, Psychokinetiker oder Wunderheiler, sondern nicht minder für Demagogen eines ungleich gefährlicheren Kalibers. Man erinnere sich: Erst kam Hanussen . . .«
Was meint Professor Richter mit diesen Sätzen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir in die Geschichte des Dritten Reiches zurückblenden. Jan Erik Hanussen war ein spiritistisches Medium, das großen Einfluß auf die Entscheidungen Hitlers hatte. Bekannt als »Prophet des Dritten Reiches«, gab er in der Berliner Scala Vorstellungen, in denen er Tausende von seinen Fähigkeiten als Hellseher und Gedankenleser überzeugte. Angeblich soll er es gewesen sein, der Hitler in entscheidender Weise zur Macht verhalf, indem er ihm Gedanken und Absichten seiner Gegner rechtzeitig offenbarte. Erst kam Hanussen, dann trat der Führer auf.
Noch wissen sie es nicht, die Akupunkteure, in welche Gesetze sie eingreifen, . . . die Augendiagnostiker, welche sichtbar gewordene Strahlungsfelder untersuchen, die Pendler und Rutenforscher, die verborgene Rhythmen erfühlen, aber sie alle sind Vorboten einer Offenbarung im medizinischen Weltbild.
Während die Gelehrten noch über Echtheit oder Placebo Effekt bei den Wundern der Heilpraktiker streiten, während Christen noch über Pro und Contra von okkulter Belastung nach Akupunktur und Homöopathie diskutieren, vollzieht sich unmerklich die Hinwendung der Massen zu einer neuen Weltanschauung, die die Naturheiler, bestärkt von ihren »Wundern«, verkünden.
Diesem Sog kann kaum einer ausweichen. Wer sich Heilmethoden auf östlicher Grundlage ausliefert, wer sich in meditative Praktiken jeder Art einläßt, wird oft nicht direkt in Kontakt mit okkulten Mächten kommen oder gar besessen werden. Aber es gibt andere geistliche Auswirkungen, die mindestens ebenso gefährlich sind: der Patient wird geistlich umgepolt, er öffnet sich bewußt oder unbewußt dem philosophisch¬ religiösen »Wein der Unzucht«, den die »Hure Babylon«, wie sich die Bibel drastisch ausdrückt (Offb.17,2), einst allen Völkern im Vorfeld des Antichristen servieren wird.
Es wird Zeit, daß die Christen den Giftbecher des »Monismus« erkennen und sich bewußt auf Gottes Wort zurückbesinnen. Die Bibel ruft uns auf, die ganze Waffenrüstung Gottes anzuziehen, um den geschickt getarnten Angriffen Satans zu widerstehen. Die Botschaft der Bibel steht in klarem Gegensatz zu den Lehren der Naturheiler.
Jesus Christus ist der einzige Weg zu Gott. Er hat uns Gottes Liebe und seinen Plan für uns verkündigt. Er kam, um uns durch seinen stellvertretenden Tod am Kreuz zu erlösen. Der Weg zu Gott führt nicht über eine vermeintliche Harmonie mit dem Universum durch Homöopathie, Massage oder Akupunktur; er führt nicht über Meditation und Yoga. Aus eigener Kraft können wir niemals mit Gott in Ordnung kommen. Die Bibel sagt: »Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Jesus Christus, der sich selbst als Lösegeld für alle gegeben hat« (1.Tim.2,5).
Befreiung von Streß und Krankheit ist nicht Erlösung. Ganzheitsmedizin ist solange nicht ganzheitlich, als sie an der wahren Lösung der menschlichen Probleme vorbeigeht und die Sünde leugnet. Erst wenn ein Mensch seine Sünden bekennt und sich dem einen Mittler Jesus Christus anvertraut, wird er wahrhaft in Harmonie mit seinem Gott leben
12. Kapitel
Gesundheit – um jeden Preis?
Wie wir im Verlaufe dieser Untersuchung bereits des öfteren festgestellt haben, sind heute viele Menschen auf einer verzweifelten Jagd nach Gesundheit. Metzgermeister Armin Braun ist nur ein Beispiel dafür:
Er ist 29jährig, schmal gebaut und blaß. Er klagt über dauernde Magenschmerzen, die er manchmal nur als unangenehme Blähung empfindet, dann wieder als drückende, bohrende Schmerzen. Nachts steigern sie sich oft zu furchtbaren Koliken. Er kann nicht mehr richtig schlafen und hat auch in seiner beruflichen Leistung nachgelassen. Manchmal kann er den Schmerz durch Biertrinken betäuben. Er wagt nichts mehr zu essen, und in den letzten Jahren hat er stark an Gewicht verloren. Bisher hat Herr Braun rund zwanzig Ärzte konsultiert. Er ist bei mehreren Heilpraktikern gewesen, hat bereits fünf Klinikaufenthalte und mehrere Heilkuren in Badeorten hinter sich. Alles erfolglos.
Die gestellten Diagnosen schwankten zwischen »Gastritis«, »nervösen Magenbeschwerden«, »Subacidität«, »Ulcusverdacht«, »Erkrankung der Bauchspeicheldrüse«, »Leber und Gallenleiden«, »Porphyrieverdacht« und »vegetativer Dystonie«. Jeder sagte wieder etwas anderes, jeder schlug eine neue Kur vor. Zunächst kam es zu einer Besserung, im Endeffekt aber waren sie alle gleich nutzlos. Auf Anraten eines Professors hat er sogar sein gutgehendes Metzgergeschäft aufgegeben, um eine weniger anstrengende Arbeit als Angestellter in einem Betrieb anzunehmen. Eine Besserung ist dadurch aber nicht eingetreten.
Herr Braun ist völlig verzweifelt, Er hat kein Vertrauen mehr und betrachtet sich als »verlorenen Mann«. Dennoch, so sagt er seinem Arzt Nr. 21, sei er weiter auf der Suche nach dem richtigen Medikament und nach Hilfe, falls diese überhaupt noch möglich sei.
Warum eigentlich Krankheit?
Herrn Brauns Krankengeschichte hat einen Hintergrund, der uns noch beschäftigen wird. Doch zuerst wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, die so viele Menschen umtreibt:
Warum gibt es überhaupt die Krankheit mit all ihrem Leid? Weshalb sind auch Christen von Krankheit nicht verschont? Warum schaut Gott gleichsam mit verschränkten Armen zu, wie sich ein Menschenwurm in Schmerzen windet? Warum trifft es gerade die einen und andere nicht?
Wahre Ströme von Tinte sind in den Versuch geflossen, dieser Frage auf den Grund zu gehen. Ich bin kein Theologe. Erwarten Sie deshalb hier keine gelehrte Abhandlung mit unzähligen Fremdwörtern und Literaturangaben. Ich bin ein junger Arzt; ich habe manches über das Thema gelesen; ich habe mit erfahrenen Ärzten und Seelsorgern über das Problem gesprochen; ich habe am Bett von so manchem Patienten gesessen, und ich bin zutiefst davon überzeugt, daß die Bibel Gottes Botschaft an den Menschen ist. Dennoch stehe auch ich, wie jeder andere, manchmal betroffen vor unfaßbarem Leid, unfähig zu helfen, krampfhaft zu verstehen und zu trösten versuchend, wo ich keine letzte Antwort habe. Es geht mir wie dem großen Apostel und Theologen Paulus: ~Wir sehen jetzt durch einen Spiegel wie im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin‘.
Dornen, Disteln und Bakterien
Immerhin lassen sich einige grobe Linien skizzieren in der Frage nach dem Warum der Krankheit. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, wir leiden noch heute unter dem Sündenfall des Menschen. Wir tragen die Folgen der Fehlentscheidung der ersten Menschen Adam und Eva.
Die Welt, in der wir leben, steht seither unter dem Fluch Gottes. Der Erdboden trug fortan nicht nur Dornen und Disteln, er wurde auch Heimstätte von Krankheitserregern jeder Art. Der Leib des Menschen war nach dem Fall nicht mehr vollkommen, er wurde vergänglich. Der Tod hat Einzug gehalten, begleitet von seinen Wegbereitern Krankheit und Alter.
Auch Christen leben in der Welt, selbst wenn sie nicht mehr von der Welt sind. So, wie ein Mensch mit seiner Bekehrung nicht automatisch von der Schwerkraft befreit wird, wird er auch nicht auf einen Schlag von seiner leiblichen Krankheit befreit. Paulus schreibt . »Denn wir wissen, daß die ganze Schöpfung mitseufzt und mit in Wehen liegt bis jetzt, und nicht nur sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben, auch wir erwarten seufzend die Sohnesstellung, die Erlösung unseres Leibes.«
Vermeidbare Krankheiten
Viele Krankheiten treffen alle Menschen, ob gläubig oder gottlos, ohne Unterschied. Schnupfen ist ein banales, die Multiple Sklerose ein bedrückendes Beispiel dafür.
Andere Krankheiten sind jedoch eindeutig Folge der Sünde. Wie viele Menschen öffnen durch ihr sündiges Leben der Krankheit Tür und Tor, um nachher darüber zu klagen, daß Gott nur untätig zuschaue. Ein hervorragendes Buch zu diesem Thema hat der amerikanische Arzt Dr. McMillen geschrieben. Der Titel: »Vermeidbare Krankheiten«.
Es ist erschreckend zu sehen, wie viele Krankheiten durch ein verändertes Leben vermieden werden könnten. Lungenkrebs zum Beispiel könnte praktisch zum Verschwinden gebracht werden, wenn keine Zigaretten mehr geraucht würden. Heute jedoch liegt der weltweite Verbrauch bei 4000 Milliarden Zigaretten im Jahr. Rund 220 Milliarden Mark werden jährlich als blauer Dunst verpafft.
Oder nehmen wir ein anderes Laster: Alkohol. Rund 8 10% aller Männer in den westlichen Ländern sind als Alkoholiker zu betrachten. Wieviel Leid verursacht der vermeintliche »Seelentröster« in unzähligen Familien! Die psychiatrischen Kliniken sind voll mit Alkohol Ruinen. Ein großer Teil der Verkehrsunfälle wird durch betrunkene Fahrer verursacht. Und wer einmal einen Säufer im Leberkoma verenden sah, wird diesen schrecklichen Eindruck nicht so schnell vergessen können.
Der zunehmende Wohlstand verführt immer mehr Menschen zum Schlemmen, gefolgt von einem Rattenschwanz von Krankheiten: Hoher Blutdruck, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Zuckerkrankheit, Gicht und Karies sind nur einige davon. Um die Jahrhundertwende lag die Zahl der Zuckerkranken bei nur 2 von 1000, heute hat sich die Rate fünfzehnfach erhöht.
Erschreckend ist auch die Zunahme der Geschlechtskrankheiten. Glaubte man die Lustseuchen vor wenigen Jahren noch durch die modernen Antibiotika unter Kontrolle zu haben, breiten sie sich heute durch die sexuelle Freizügigkeit wieder sprunghaft aus. Schlimmer noch: Bereits gibt es Erreger, denen nur noch sehr schwer beizukommen ist. Sie sind resistent geworden gegen alle bisher bekannten Mittel.
Schuld als Krankheitsursache
Die meisten Krankheiten, die der praktische Arzt jedoch heute in seinem Sprechzimmer sieht, haben mit dem veränderten Lebensstil unserer Zeit zu tun. Mehr als die Hälfte aller Patienten leiden an psychosomatischen Leiden. Wenn auch die Auslöser vielfältig sind, so haben sie doch ihre Ursache größtenteils in der Entwurzelung und in der Gottferne des modernen Menschen.
»Gott hat einen Plan für unser Leben«, schreibt der Genfer Arzt und Seelsorger Dr. Paul Tournier, »wie er einen Plan für die Welt hat. Und wie die Welt heute krank ist, weil sie den Gesetzen Gottes nicht gehorcht, so sind auch die Menschen krank, weil sie nicht nach dem Plan Gottes leben.«
Diesen Satz belegt Dr. Paul Tournier in seinem leicht lesbaren Buch »Krankheit und Lebensprobleme« mit vielen Geschichten aus dem Leben seiner Patienten. Ich bin davon überzeugt, daß dieses Buch für manchen Patienten größeren Wert hat als eine Großpackung Beruhigungstabletten – falls er die Ratschläge Tourniers befolgt. Denn gerade die Unruhe unserer Zeit, Einsamkeit, Streß, Sorgen und Angst sowie die Unfähigkeit zu festen Bindungen gehören zu den Hauptursachen psychosomatischer Erkrankungen. Dazu kommt oft die unbewältigte Vergangenheit und unvergebene Schuld.
Nehmen wir nochmals das Beispiel von Herrn Braun: Eine genaue Untersuchung seiner Lebensgeschichte deckte die Ursache seines hartnäckigen Magenleidens auf: Mit seinem Vater hatte der Patient lebenslang ein gespanntes Verhältnis. Nachdem es aus geringfügigem Anlaß zum Streit gekommen war, blieb Herr Braun dem Elternhaus zwei Jahre lang fern. »Im Alter von 20 Jahren hatte er mit einer verwitweten Frau die ersten intimen Sexualbeziehungen, die er als große Schuld empfunden hat. Danach ging er als Geselle zu einem Metzger, der ihn in seine Familie aufnahm und ihn >wie einen Sohn< behandelte. In dieser Zeit starb der Vater an einem Magenkarzinom. Mit seiner Chefin, die von ihrem Ehemann vernachlässigt wurde, kam es zu einem leidenschaftlichen Liebesverhältnis, und als es etwa zwei Monate nach dem Tod des Vaters zur ersten intimen Liebesbeziehung mit ihr kam, reagierte er nicht nur mit schweren Schuldgefühlen, sondern erstmals auch mit heftigen Magenschmerzen, die ihn von da an nie mehr verließen.«
Der Sinn der Krankheit
Es wäre falsch, Krankheit als Keulenschlag Gottes gegen unbotmäßige Sünder zu sehen. Als Christen sollten wir überhaupt nicht so sehr nach dem Warum, sondern vielmehr nach dem Wozu einer Krankheit fragen.
Ich bin davon überzeugt, daß Gott manche Krankheiten zuläßt, um Menschen in die Stille zu führen und sie innerlich hörfähig zu machen für das, was er ihnen sagen will. So darf Krankheit zu einer Läuterung des Glaubens führen.
Haben Sie Gott schon einmal gebeten, Ihnen zu zeigen, was er Ihnen durch Ihr Leiden sagen will? Ist Ihr Lebensstil zu schnell, zu gehetzt, ohne Zeit für Gott? Ist es Schuld, die Sie nicht mehr schlafen läßt? Sind es Sorgen, die Sie noch nicht bei Gott abgelegt haben?
Eine weitere Möglichkeit, warum Gott Krankheit zuläßt, sehen wir am Beispiel Hiobs. Der Krankenhausseelsorger Dr. Fritz Laubach spricht von Bewährungsleiden: »Sie sollen dazu helfen, daß ein Mensch es lernt, sich mutig der gewaltigen Hand Gottes anzuvertrauen … Wir wissen, daß die geistliche Dunkelheit auf dem Leidensweg des Hiob so groß wurde, daß er Gott anklagt. Gott hat in seiner wunderbaren Güte Hiob nicht fallenlassen. Die Bibel macht deutlich, daß Gott Krankheiten in das Leben seiner Kinder hineinlegen kann, die den Gläubigen in eine Art Zerreißprobe führen, die bis an die äußerste Grenze des Ertragbaren geht. Der Leidensweg des Hiob veranschaulicht das Wort Jesu: Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht, du wirst es aber nachher verstehen.«
Ich sehe noch einen weiteren Aspekt der Krankheit: Gott will uns durch die Krankheit einige Lektionen beibringen. So manch einer, der früher hart war im Urteilen über andere, lernte seine Mitmenschen besser verstehen, nachdem er selbst durch schwere Krankheit hindurchgegangen war. In der Krankheit dürfen wir auch lernen, wie vergänglich diese Schöpfung ist und daß es wertvollere Dinge gibt als irdischen Reichtum und Gesundheit. Dazu noch einmal Dr. Fritz Laubach: »Krankheit im Leben eines Gläubigen soll seinen Blick auf die kommende Herrlichkeit Gottes richten und ihm helfen, sich ganz bewußt an die Zusagen des prophetischen Wortes zu halten.«
Heil und Heilung
Wenn auch Krankheit in manchen Fällen ein Segen für einen Patienten sein kann, so dürfen wir uns doch nicht resignierend in unser Schicksal ergeben und in selbstzerfleischender Askese jeden Tropfen des bitteren Tranks auskosten.
Heilung ist ein wichtiger Bestandteil der christlichen Botschaft. Jesus hat, wo er auch hinkam, Kranke gesund gemacht. Seinen Jüngern gab er den Auftrag, nicht nur die Botschaft vom Himmelreich zu verkündigen, sondern auch Kranke von ihren Leiden zu befreien. Die Apostel führten diese Tradition weiter: Immer wieder lesen wir von wunderbaren Heilungen, die ihre Botschaft begleiteten.
In den biblischen Heilungsberichten fällt uns eines ganz deutlich auf: Heilung war immer mit der Botschaft vom Heil verbunden. Als Jesus den lahmen Mann heilte, der von seinen vier Freunden gebracht wurde, sprach er ihm bewußt zuerst die Vergebung seiner Sünden zu. Das Seelenheil stand bei Jesus an erster Stelle. Um aber der umstehenden Menschenmenge zu zeigen, daß er wirklich der Messias sei und das Recht habe, Schuld zu vergeben, schenkte er dem Gelähmten auch die Gesundheit wieder.
Wie viele Patienten, unter ihnen nicht wenige Christen, sind heute auf der Suche nach Gesundheit um jeden Preis. Ihr Hauptanliegen wird nur noch spärlich bedeckt von einem Lendenschurz christlicher Riten und Worte. R. A. Torrey, der Superintendent des Moody Bible Institute stellt in seinem Büchlein »Divine Healing« traurig fest: »Der Mensch ist heute der gleiche wie zu den Zeiten Jesu. Unübersehbare Massen scharten sich um ihn, reisten meilenweit, um ihn zu sehen, in der Hoffnung, von ihm Heilung für ihren Leib zu erlangen. Aber nur wenige suchten das Heil für ihre Seele.« Jesus machte seine Haltung einmal sehr drastisch deutlich: »Es ist besser für dich, daß du lahm oder verstümmelt in das Leben eingehst, als daß du zwei Hände oder zwei Füße hast und in das ewige Feuer geworfen wirst.«
Gibt es noch Wunder?
Haben denn heute alle Wunderheilungen durch die Macht Gottes aufgehört? Sind sie nur noch psychosomatischer Natur oder von unten gewirkt? Extreme Charismatiker sind der Meinung, daß Jesus mit der Sünde auch alle Krankheiten ans Kreuz getragen habe. Ein Christ könne daher nicht mehr krank sein. Krankheit sei ein Zeichen von Unglaube.
Rationalistische Theologen und viele Ärzte vertreten die Ansicht, schon die Wunderheilungen Jesu hätten alle eine natürliche Erklärung gehabt; die Krankheiten seien psychosomatischer Natur gewesen, oder es sei einfach falsch berichtet worden. Wunder habe es nie gegeben, Wunder gebe es auch heute nicht.
Extreme sind immer gefährlich und entsprechen nicht der Wirklichkeit. Wer behauptet, jeder Christ müsse sich völliger Gesundheit erfreuen, der steckt den Kopf vor den Tatsachen in den Sand. Wie viele Tränen sind schon geflossen durch die harten Botschaften von Heilungsfanatikern! Wie oft wurden Patienten gerade durch solche Prediger weiter von Gott weggetrieben in die Dunkelheit von Zweifel und Angst oder in das absurde Jagen nach Gesundheit um jeden Preis!
Wer andererseits Wunder völlig leugnet, der lebt in dem kindlichen Wirklichkeitsverständnis von Juri Gagarin, dem ersten Sowjet Kosmonauten, der nach seiner Rückkehr aus dem All verkündete: »Es gibt keinen Gott. Ich habe ihn nicht gesehen!« Ich habe mehrere Berichte von zuverlässigen Menschen gelesen und gehört, die von Wunderheilungen berichteten. Es ist unmöglich, diese einfach vom Tisch zu wischen.
Wunder waren nie die Regel und sind es auch heute nicht. Wir finden sie vor allem dort, wo das Evangelium erstmals verkündigt wird. Sie dienen dann wie in urchristlichen Zeiten der Bestätigung der Botschaft Gottes. Mit dem Heilungsrummel, der im religiös übersättigten Westen gemacht wird, haben sie jedoch nichts gemeinsam.
Je stärker sich das Evangelium ausgebreitet hat, je mehr die Botschaft in den neutestamentlichen Briefen festgelegt worden ist, desto seltener hören wir von außergewöhnlichen Heilungswundern. Paulus führte trotz seiner geistlichen Vollmacht den »geliebten Arzt« Lukas mit sich. Er selber litt unter einem äußerst schmerzhaften Gebrechen, doch Gott gab ihm auf sein mehrmaliges Bitten nicht strotzende Gesundheit, sondern die Antwort: »Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig« (2.Kor.12,9). Auch seine Mitarbeiter wurden von Krankheit nicht verschont: Seinen Reisegefährten Trophimus mußte er krank in Milet zurücklassen(2.Tim.4,20), der junge Gemeindeleiter Timotheus litt häufig unter seinem kranken Magen(1.Tim.5,23).
Die Bibel ist nicht gegen Medizin
Der bekannte Theologe John Stott sagte einmal: »Jede Heilung ist göttliche Heilung, ob sie nun ohne Medikamente oder mit Hilfe von stofflichen, psychologischen oder chirurgischen Hilfsmitteln geschieht.«
Der gläubige Chirurg Dr. Gordon Scorer unterscheidet zwischen »natürlicher Heilung« und »Wunderheilung.« Beide seien von Gott gewirkt. Durch seinen Sohn Jesus Christus hat Gott echte Wunder gewirkt, die einzigartig dastehen. Es wäre aber vermessen, jede Heilung, die nicht bewußt mit dem christlichen Glauben verbunden ist, als nicht von Gott gewirkt zu bezeichnen.
Ist es nicht Gott, der unseren Körper mit so vielen wunderbaren Abwehrmechanismen ausgestattet hat? Paracelsus hat einmal gesagt: »Gott sollte euch Christen der höchste und erste Arzt sein, der mächtigste und nicht der geringste; nichts geschieht ohne ihn, Die Heiden und die Ungläubigen schreien zu den Menschen um Hilfe ihr aber sollt zu Gott rufen, und er wird euch jenen senden, der euch wieder gesund macht – sei er ein Heiliger, ein Arzt oder er selber.«
Wer auch immer der Handlanger ist, die Ehre gebührt dem Schöpfer unseres Körpers, ohne dessen wunderbare Einrichtungen jede ärztliche Kunst vergeblich wäre.
Es ist deshalb kein Zeichen von Unglaube, sich bei Krankheit dem Arzt anzuvertrauen. Dr. Paul Tournier sieht keine Kluft zwischen Wissenschaft und Glauben. Für ihn »ist die Wissenschaft in biblischer Sichteine Gabe Gottes, ein kostbares Geschenk, das er uns anvertraut, damit wir unsere Kranken besser betreuen können. Aber sie birgt unvermeidlich auch die Gefahr, unsere Demut zu verlieren, ohne die es keine Wissenschaft und keine wahre Medizin gibt, und die wir nur durch diese Rückkehr zu Gott wiederfinden können, durch die Sinnesänderung, von der die Bibel von Anfang bis zum Ende spricht.«
Die Bibel ist nicht gegen Heilmittel. Als der König Hiskia todkrank war, sandte ihm Gott auf sein Bitten hin den Propheten Jesaja. Gesundwurde er nicht durch ein Wunder im strengen Sinne, sondern »Jesaja sprach: Man bringe eine Feigenmasse und lege sie ihm als Pflaster auf das Geschwür, so wird er leben.«
Der Apostel Paulus schrieb, inspiriert vom Heiligen Geist, an Timotheus: »Trinke nicht mehr bloß Wasser, sondern gebrauche ein wenig Wein um deines Magens willen und wegen deiner häufigen Krankheiten.« Heute wissen wir, daß im Traubensaft und im Wein Stoffe enthalten sind, die sehr stark gegen Viren und Bakterien wirksam sind.
Wichtig ist, daß wir die richtigen Schwerpunkte setzen, Als Hiskia gesund geworden war, lobte er nicht den Propheten Jesaja für seine gute Arbeit und auch nicht das hervorragende Naturheilmittel »Feigenpflaster«, sondern er dankte Gott für seine Genesung! »Herr, davon lebt man, und darin besteht das Leben meines Geistes, daß du mich gesund und lebendig machst. Siehe, um Frieden war ich bitterlich bekümmert, aber du hast meine Seele liebevoll umfangen und sie aus der Grube des Verderbens herausgezogen; denn du hast alle meine Sünden hinter deinen Rücken geworfen« (Jes.38,16).
Ist es nicht eigenartig? Für viele Christen ist es selbstverständlich, im »Vater Unser« auch die Bitte um das tägliche Brot auszusprechen. Sie bitten darum und danken Gott dafür, obwohl sie genau wissen, daß das Mehl vom Müller gemahlen wird, daß der Teig vom Bäcker gemischt, geknetet und in modernen Hochleistungsbetrieben gebacken wird, und das Brot zuletzt für gutes Geld über den Ladentisch geht.
Warum fällt es uns so schwer, Gott im gleichen gläubigen Vertrauen um Weisheit für den Arzt und um das rechte Medikament zu bitten, und ihm die Ehre dafür zu geben, wenn es wirkt?
Wichtiger noch als die Heilung unseres Leibes aber ist die Heilung der Seele. So sagt Paul Tournier: »Zweifellos sehen wir eine Gnade Gottes auch in den wirkungsvollen Medikamenten, die uns erlauben, einen Schmerz zu stillen, eine Diarrhöe anzuhalten, ein versagendes Herz anzuregen oder einem Kranken ein wenig Schlaf zu verschaffen. Aber wie sehr müssen wir darüber wachen, daß wir mit dieser Waffe nicht auch das Gewissen des Kranken einschläfern: sein Wissen darum, weiche Änderungen in seiner Lebensführung nötig sind.«
Zur Änderung ihres Lebens sind aber viele Patienten nicht bereit. Sie scheuen sich davor, zuzugeben, daß es nicht äußere, sondern innere Giftstoffe, wie Sorgen, Angst, Schuld, Bitterkeit und Streß sind, die ihre Schmerzen verursachen. Sie wollen wohl Gesundheit, aber nicht ihr Leben vor Gott offenlegen und es ihm ausliefern. Lieber versuchen sie sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf zu ziehen.
Diese Menschen sind es denn auch, die besonders häufig in den Wartezimmern der Naturheiler sitzen. Tragisch ist es, wenn auch Christen trotz des Wissens um die Hintergründe der »Ganzheitsmedizin« lieber dort Zuflucht suchen, als sich beim Seelsorger auszusprechen.
Gefährliche Minen
Menschen, die sich in ihrer Suche nach Gesundheit um jeden Preis an die Naturheiler wenden, erleben immer wieder eine Verschiebung der Schwerpunkte in ihrem Leben. Dieser Gefahr müssen sich besonders gläubige Patienten bewußt sein. Wer sich in dieses Gebiet vorwagt, begibt sich in eine Grenzzone, die mit Minen gespickt ist, die unvermutet und jederzeit hochgehen können.
Die erste Mine ist die Bindung an Menschen. Viele Patienten »schwören auf ihren Heilpraktiker«. Andere sind felsenfest überzeugt von der »einzig richtigen Diät«. Allzuleicht geschieht es dann, daß Menschen und Mittel zu Ersatzgöttern werden, zu regelrechten Heilsbringern. »Verflucht ist der Mann«, ruft der Prophet Jeremia aus, »der auf Menschen vertraut und Fleisch für seinen Arm hält und dessen Herz vom Herrn weicht!« Und wenig später betet er: »Heile du mich Herr, so werde ich heil! Hilf du mir, so wird mir geholfen sein, denn du bist mein Lob« (Jer.17,5).
Die zweite Mine ist die Folge der ersten. Mich erschreckt manchmal der fanatische missionarische Eifer von Patienten, die bei einem Naturheilpraktiker waren oder gute Erfahrungen mit irgendeiner neuen Diät gemacht haben. Wenn die Natur an die Stelle Gottes tritt, dann wird die Naturheilkunde wirklich zu einer »fanatischen Religion« wie Dr. Paul Tournier richtig bemerkt.
Nachdem zum Beispiel Frau Steuber, eine gläubige Christin, durch Fußreflexzonenmassage eine Besserung ihrer Kopfschmerzen erlebt hatte, kaufte sie etwa 10 Bücher zum Stückpreis von 30 Mark, um sie mit einem begeisterten Begleitbrief an ihre Freunde zu schicken. Daß in dem Buch auch noch okkulte Praktiken weiterempfohlen wurden, störte sie ob der wunderbaren Methode, die es enthielt, kaum noch. Ich mußte mich fragen: Wieviel Geld hat Frau Steuber wohl schon für christliche Bücher ausgegeben, um sie mit derselben Begeisterung an Menschen zu schicken, deren Seele krank ist?
Oder nehmen wir das Beispiel einer lieben gläubigen Großmutter. Jahrelang war sie von Arthritis geplagt worden, einer Gelenkerkrankung, von der wir wissen, daß Sorgen, Leid und Bitterkeit viel zu den Schmerzen beitragen. Nun hat sie Erleichterung durch Akupunktur erlebt. Die Großmutter ist wie neu geboren, und heute schleppt sie Kinder und Enkelkinder bei jedem Weh Weh zu ihrem Akupunkteur. Ich wünschte, sie würde sie mit dem gleichen Eifer für Christus zu gewinnen suchen!
Eine weitere gefährliche Mine ist die religiöse Botschaft der Naturhei¬ler. Wir haben im 11. Kapitel ausführlich darüber gesprochen. Christen müssen sich bewußt sein, daß sie sich beim Heilpraktiker zumeist mit Methoden behandeln lassen, die auf okkulter und östlicher Philosophie gründen. Sie setzen sich damit der Gefahr der geistlichen Beeinflussung und Umpolung aus. Paulus schrieb an die Kolosser: »Seht zu, daß euch niemand einfängt durch Philosophie und leeren Trug, die sich auf menschliche Überlieferung gründen, auf die Mächte dieser Welt und nicht auf Christus. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig; und ihr habt alles völlig in ihm« (Kol.2,8). Diese Warnung sollten wir in unserer Zeit ganz neu beherzigen.
Okkulte Bindungen
Die gefährlichste Mine im naturmedizinischen Grenzgebiet ist die Gefahr okkulter Bindungen. Wie viele Menschen haben auf ihrer Suche nach Heilung ihren inneren Frieden als Preis gezahlt! »Wenn Patienten bei einem okkult arbeitenden Heiler waren, leiden sie oft unter großer Angst«, sagte mir ein Arzt. »Dann kommen sie und wollen Beruhigungstabletten.« Für geistliche Dinge stumpfen diese Menschen oft erschreckend ab. Sie entwickeln einen regelrechten Widerstand gegen alles Göttliche und leiden unter neurotischen Störungen, Jähzorn, sexuellen Perversionen, Süchten oder Zwangsgedanken, bis hin zum Selbstmordversuch.
Sollten sich solche Symptome bei Ihnen nach einer Behandlung durch einen Heilpraktiker eingestellt haben, so rate ich Ihnen dringend, einen erfahrenen Seelsorger aufzusuchen. Lösen Sie sich ganz bewußt von jeder okkulten Bindung und übergeben Sie Ihr Leben neu an Jesus Christus.
Auf der anderen Seite ist es gefährlich, alle unerklärlichen Erscheinungen dämonischen Kräften in die Schuhe zu schieben. Wir kritisieren zu Recht diejenigen Psychiater, die Sünde nicht mehr beim Namen nennen, sondern ihr einfach das Etikett einer psychischen Störung geben. In ähnlicher Weise verfahren aber auch Seelsorger, die den Ratsuchenden mit der stets gleichen und einfachen Diagnose einer okkulten Belastung von jeder Verantwortung für seine Sünden freisprechen.
Wie kann man bewahrt werden vor okkulten Bindungen? Ein ehemaliger Heilpraktiker schreibt mir: »Leider ist es so, daß viele Christen nicht unterscheiden können, ob diese Heilmethoden vom Feind unterwandert sind. Dabei fallen sie eben auch unseriösen Heilpraktikern zum Opfer, insbesondere dann, wenn man um jeden Preis gesund werden will, statt um jeden Preis nach Gottes Willen zu fragen.«
Johann Christoph Blumhardt, der die Heilung vieler Menschen miterleben durfte, der aber auch um die Gefahr dämonischer Bindungen wußte, schreibt, daß die Macht der Dämonen »nur über die Naseweisen und Lüsternen groß ist, die alles prüfen und kosten wollen, vor keiner Falle sich scheuen, etwa auch sagen: »Was tut es, wenn ich hingehe?« Bleib weg, wo du nicht hingehörst, und wo du merkst, daß sie etwas Fremdes dir anbieten wollen. Was hast du alle Neuheiten zu prüfen, mit denen man Leute fangen will? Unvermerkt nimmt man den, der etwas Neues bringt, für einen Heiland … Wer in der Einfalt bleibt, bei seinem kindlichen Glauben, wie er nach der Schrift von unseren Vätern her ererbt worden ist, den überfällt kein Dämon.«
Was meint Paulus dazu?
Mancher Leser wird mir jetzt entgegenhalten: »Ich bin seit Jahren in Behandlung bei einem Homöopathen, aber mein geistliches Leben hat nicht darunter gelitten. Ich kenne diesen Mann persönlich und bin davon überzeugt, daß er keine okkulten Praktiken anwendet. Muß ich nun alle homöopathischen Mittelchen in den Mülleimer werfen?«
Andere werden mir schreiben: »Ich habe gehört, daß diese oder jene Firma ihre Kräutertees unter Zuhilfenahme des Pendels hergestellt hat. Stimmt das? Der Tee hat mir wirklich geholfen, und ich habe keine negativen Auswirkungen auf mein Leben mit Christus verspürt. Bin ich nun okkult belastet, weil ich davon getrunken habe?«
Die ersten Christen in Korinth hatten ähnliche, wenn nicht noch schwerwiegendere Probleme. Für sie stellte sich die Frage: Dürfen wir Fleisch von Tieren, die in den Götzentempeln geschlachtet wurden, noch essen, oder werden wir dadurch okkult belastet? Was hat Paulus ihnen auf ihre Fragen geantwortet? Lesen wir nach in seinem Brief an die Korinther (1.Kor.10,14f.):
»Liebe Freunde! Nehmt nicht an Götzenopfern teil. Ihr seid ja verständige Leute; beurteilt also selbst, was ich sage. Denkt an den Abendmahlsbecher, über dem wir das Dankgebet sprechen: Gibt er uns nicht Teil an dem Blut, das Christus für uns vergoß? Denkt an das Brot, das wir austeilen: Gibt es uns nicht Teil an seinem Leib? Es ist nur ein einziges Brot. Darum bilden wir alle, auch wenn wir viele sind, einen einzigen Leib; denn wir essen alle von dem einen Brot. Seht doch, wie es heute beim Volk Israel ist: Alle die vom Fleisch der Opfertiere essen, stehen in der engsten Verbindung mit Gott, dem das Opfer dargebracht wird. Will ich damit etwa sagen, daß es mit dem Opferfleisch eine besondere Bewandtnis hat? Oder daß der Götze, dem das Opfer dargebracht wird, für uns etwas bedeutet? Nein! Aber was die Götzenverehrer opfern, gilt nicht Gott, sondern den Dämonen. Ich möchte aber nicht, daß ihr euch mit Dämonen verbindet. Ihr könnt nicht aus dem Becher des Herrn trinken und zugleich aus dem Becher der Dämonen. Ihr könnt nicht am Tisch des Herrn essen und am Tisch der Dämonen. Oder wollen wir den Herrn herausfordern? Glaubt ihr, daß wir stärker sind als er?
Ihr sagt: Alles ist erlaubt! Gewiß, aber nicht alles ist deshalb auch schon gut. Alles ist erlaubt, aber nicht alles fördert die Gemeinde. Ihr sollt nicht an euch selbst denken, sondern an die anderen.
Ihr könnt jedes Fleisch essen, das auf dem Markt verkauft wird. Es ist nicht nötig, daß ihr eine Gewissenssache daraus macht und nachforscht, woher das Fleisch kommt, Denn es heißt: Die Erde und alles auf ihr gehört dem Herrn. Auch wenn euch ein Ungläubiger zum Essen einlädt und ihr die Einladung annehmt, könnt ihr essen, was man euch anbietet. Es ist nicht nötig, daß ihr aus Gewissensgründen nachforscht, woher das Fleisch kommt. Nur wenn euch jemand sagt: Das Fleisch ist von einem Opfer, sollt ihr nicht davon essen. Unterlaßt es mit Rücksicht auf den, der euch darauf hingewiesen hat, und mit Rücksicht auf das Gewissen. Ich meine natürlich nicht euer eigenes Gewissen, sondern das des andern.
Das Gewissen eines andern darf sich allerdings nicht zum Richter über meine Freiheit machen. Ich genieße das Opferfleisch mit Dank gegen Gott. Keiner hat das Recht, mir den Glauben abzusprechen, wenn ich etwas esse, wofür ich Gott danke.
Ich sage also: Wenn ihr eßt oder trinkt oder sonst etwas tut, so tut alles zur Ehre Gottes. Lebt so, daß ihr für keinen ein Glaubenshindernis seid, weder für die Juden noch für die Griechen noch für die Gemeinde Gottes. Macht es so wie ich: Ich versuche immer allen Menschen entgegenzukommen. Ich denke nicht an meinen eigenen Vorteil, sondern an den Vorteil aller, damit sie gerettet werden. Folgt meinem Beispiel, so wie ich dem Beispeil folge, das Christus uns gegeben hat!«
Setzen Sie statt Opferfleisch »homöopathische Essenzen« oder »Kräuter Heilmittel« ein, und lesen sie den Text noch einmal durch. Ob sie diese Mittel weiter einnehmen sollen, müssen Sie selbst entscheiden, wenn Sie dieses Buch gelesen haben. Diese Entscheidung kann Ihnen niemand abnehmen.
Mehr als Medikamente
Haben wir als Christen eine Alternative? Haben wir kranken und beladenen Menschen mehr anzubieten als Medikamente und trügerischen Verlaß auf neue »Wundermethoden«?
Ich meine ja. »Ist jemand unter euch krank«, schreibt der Apostel Jakobus an die christlichen Gemeinden, »der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, daß sie über ihm beten und ihn salben mit Öl im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herrwird ihn aufrichten; und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden. Bekennet einer dem andern seine Sünden und betet füreinander, daß ihr gesund werdet. Das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es inständig ist« (Jak.5,14).
Dieser Abschnitt enthält vier wichtige Aspekte für Heilung im bibli¬schen Sinne. Erstens, eine Absage an die moderne Krankheit der Isolation, der Vereinsamung. Christen gehören in die Gemeinschaft der Gläubigen. Wie viele Menschen versuchen heute, ihre Probleme im eigenen kleinen Schneckenhaus zu lösen. Sie haben niemand, der ihnen Trost zusprechen könnte, der sie ermutigen würde, der ihnen vielleicht auch einmal sagen würde: »Das ist nicht richtig, was du machst.«
Diese Menschen sehen nur noch sich selbst und ihre Probleme. Es erstaunt nicht, daß sie deshalb oft unter vielfältigen psychosomatischen Störungen leiden. Ihnen möchte ich aus dem Therapieplan Gottes zuerst einmal »verbindliche Mitarbeit in einer lebendigen Gemeinschaft von Christen« verschreiben.
Lernen Sie andere Menschen mit ihren Nöten kennen und verstehen. Suchen Sie in gemeinsamem Bibelstudium die Verheißungen Gottes auf und freuen Sie sich daran! Öffnen Sie sich für andere und besprechen Sie miteinander Ihre Probleme. Sie werden lernen, von sich selber wegzuschauen und Gottes Wirken im Alltag zu erleben. Wundern Sie sich nicht, wenn plötzlich Ihr jahrelang herumgeschlepptes Leiden verschwindet und Ihre Depression sich aufhellt.
Ein zweiter Schritt zur Heilung ist das Gebet. Welcher Reichtum liegt in der Zwiesprache mit Gott! Aufrichtiges Gebet geht nicht nur bis zur Zimmerdecke. Gott ist gegenwärtig, und er hört jedes Wort.
Was andere Menschen jahrelang in sich hineinfressen und verdrängen, bis es sich zum Beispiel in Darmgeschwüren Luft macht, dürfen Christen im Gebet vor Gott bringen und abladen.
Doch das Gebet ist nicht nur ein geistliches »Sorgentelefon«. Hier dürfen wir uns auch bewußt machen, wofür wir zu danken haben. Danken kann die ganze Einstellung zum Leben verändern. Paulus schrieb an die Gemeinde von Ephesus: »Sagt Gott, dem Vater, allezeit Dank für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.« Wer seine Sorgen bei Gott ablädt und wer lernt, Gott für alles zu danken, in dessen Herz wird tiefer Friede einziehen. Paulus hat diese Tatsache in die ewig gültigen Verse gefaßt: »Sorgt euch um nichts, sondern in allem laßt durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kund werden. Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Jesus Christus« (Phil.4,6).
Somit kann man wohl ohne Übertreibung behaupten, daß das Gebet mehr bietet als jedes »positive Denken« und auch mehr als jedes tiefenpsychologische Analysegespräch!
Bekenntnis und Vergebung
Als Drittes mißt Jakobus dem Bekenntnis der Sünden und der Annahme der Vergebung eine zentrale Rolle für eine Heilung nach Gottes Plan zu.
Viele moderne Psychotherapeuten wirbeln wohl den Schmutz des Lebens auf, geben aber keine echte Hilfe. Der Begriff »Sünde« existiert nicht mehr in ihrem Vokabular. Sie versuchen, verdrängte Konflikte zu lösen, und verdrängen selbst das größte menschliche Problem, nämlich die Schuld, die uns von Gott trennt. Der Patient verläßt ihr Spechzimmer und geht seelisch entblößt und verwundet nach Hause. Sünde und Schuld aber sind Realitäten, die zu verschweigen nicht nur unklug, sondern auch gefährlich sind. Sünde und Schuld sind wie Sand im Getriebe unseres Leibes. Wenn wir einmal erkannte Schuld »unter den Tisch wischen« wollen, wird dies niemals ohne ernsthafte Folgen bleiben. Das hatte schon ein König David erkannt, wenn er sagt: »Denn als ich es verschweigen wollte, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen, Denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir, daß mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird« (Psalm 32,3).
Wer nicht bereit ist, sich zu seiner Schuld zu stellen und sie auch auszuräumen, d. h. sie durch Jesus Christus ausräumen zu lassen, läßt die wichtigste Bedingung für Gottes Heilungswirken außer acht.
Wenn wir von Sünde sprechen, dürfen wir jedoch nicht nur an Lüge, Diebstahl, Ehebruch usw. denken. All diese vordergründigen Verfehlungen sind im Grunde nur Folgen der Ursünde des Menschen, des Mißtrauens, der bewußten Loslösung von Gott. All die kleinen und großen Sünden der Menschen wurzeln im Grund in dem altbekannten Satz: »Sollte Gott gesagt haben?«
Jesus gab einmal eine sehr umfassende Erklärung des Begriffes »Sünde«. Er sagte, er werde die Welt überzeugen von der »Sünde, daß sie nicht an mich glauben« (Joh.16,9).
In dieser Sünde aber leben nicht nur Menschen in der Gottesferne, diese Sünde begehen auch Christen immer wieder: Sie haben kein Vertrauen zu Gott und bezweifeln damit seine Allmacht und Güte. Auch Christen leben sehr oft dahin, als ob sie noch niemals von dem gehört hätten, der sagt: »Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken« (Matth.11,28).
Obwohl Gott uns versprochen hat, daß er für uns sorgen werde, obwohl wir darum wissen, daß der Herr unser Hirte ist und uns deshalb nichts mangeln kann, kommen wir mit unseren kleinen und großen Sorgen und sehr oft auch mit den dunklen, belastenden Dingen unseres Lebens doch nicht zu Jesus, sondern verbringen lieber schlaflose Nächte im Grübeln und Problemewälzen.
In dieses Kapitel gehört auch unsere Unversöhnlichkeit. Obwohl wir von Gott immer wieder die Vergebung all unserer Schuld zugesprochen bekommen und er unendliche Geduld mit uns hat, fällt es uns oft so schwer, denen zu vergeben, die an uns schuldig geworden sind. Wie oft benehmen wir uns doch wie kleinliche »geistliche Betreibungsbeamte«, die anderen Menschen ihre Fehler und Sünden nachtragen und nicht vergeben wollen!
Dazu folgendes Beispiel: Frau Gruber, eine 42 jährige Hausfrau, litt jedes Jahr an einer Depression, wenn der Herbst über das Land hereinbrach.
In der Kirche hörte sie eines Sonntags die Botschaft von der Heilung nach Gottes Plan. Nach dem Gottesdienst kam sie in die Seelsorge. Sie hatte eine fürchterliche Jugend hinter sich. Als sie alt genug war, zog sie von zuhause weg. Nie mehr hatte sie ihren Vater auch nur gegrüßt.
In diesem Gottesdienst, unter der Botschaft von der Vergebung, merkte sie, daß dieser Groll zwischen ihr und Jesus Christus stand. Mit der Hilfe Gottes rang sie sich dazu durch, ihrem Vater zu vergeben.
Ein halbes Jahr später kam sie wieder zu ihrem Pfarrer. »Stellen Sie sich vor«, sagte sie ihm, »im Herbst erwartete ich wie üblich meine Depression. Aber sie kam nicht mehr. Seit ich meinem Vater vergeben habe, bin ich gelöst und frei!«
Diese Geschichte macht deutlich, daß es sehr viel wichtiger ist, um jeden Preis mit Gott und den Mitmenschen ins reine zu kommen, als um jeden Preis gesund zu werden. Wer ganze Sache mit Gott macht, der darf eine Heilung an Geist, Seele und nicht seiten auch an seinem Leib erfahren.
Die Salbung mit Öl
Jakobus zeigt uns ein viertes Mittel aus Gottes Therapieplan: »Siesollen über ihm beten und ihn salben mit Öl im Namen des Herrn.« R. A. Torrey, der geisterfüllte Autor vieler Bücher, ist davon überzeugt, daß die Ölung einen Akt der Hingabe und Heiligung darstellt. Für den Gesalbten bedeutet dies eine »völlige Auslieferung seiner Hände an Gott, um für ihn und ihn allein zu arbeiten; seiner Füße, um für ihn und ihn allein zu gehen; seines ganzen Körpers, um ein Tempel des Heiligen Geistes zu sein. Und das Öl war ein Symbol des Heiligen Geistes in seiner heilenden Kraft.«
Auch an dieser Stelle wird deutlich, daß das Streben nach Gesundheit um der Gesundheit bzw. um unserer selbst willen am Ziel vorbeigeht. Was nützte es dem Menschen, wenn er kerngesund wäre und doch Schaden nähme an seiner Seele? Nicht vergeblich hat Jesus in einem anderen Zusammenhang einmal gesagt: »Es ist besserfürdich, daß eins deiner Glieder verdirbt und nicht der ganze Leib in die Hölle fährt.«
Das Wort des Jakobus von der Salbung mit Öl zeigt uns, daß wir als Christen weniger fragen sollten: »Wie kann ich nur wieder gesund werden?« sondern vielmehr: »Warum und wozu möchte ich eigentlich wieder gesund werden?« Wenn wir ganz Gott hingegeben sind, ist es im Grunde nicht so wichtig, ob wir gesund oder krank sind. Wichtig ist nur, daß unser Wille in Gottes Willen ruht. Wenn er es für gut und notwendig hält, uns von einem Leiden zu befreien, werden unsere Bitten gewiß nicht unerhört bleiben.
Ganzheitliche Heilung
Aufgrund der Aussagen der Heiligen Schrift darf sich ganzheitliche Medizin nicht nur auf die Beseitigung von Krankheiten beschränken. Umfassende Medizin führt den Patienten zurück in eine feste Bindungzu Gott.
Die sogenannte »Ganzheitsmedizin« ist nicht ganzheitlich. Wohl benützen ihre Vertreter die Eingangspforte des Geistes, um den Körper und seine Funktionen zu beeinflussen. Wenn aber psychosomatische Krankheiten durch irgendwelche Maßnahmen geheilt werden, ohne daß der geistliche Hintergrund gesehen und verarbeitet wird, so bleibt die Behandlung durch den Arzt oder Heilpraktiker an der Oberfläche.
Lassen Sie mich Ihnen deshalb am Schluß dieses Buches die Fragen stellen: »Warum Gesundheit um jeden Preis? Können und dürfen Sie »Wunder« erwarten von Heilmethoden, die sich auf Lehren gründen, die dem Evangelium völlig entgegengesetzt sind und sich daher nur zu oft als trügerische Hoffnung erweisen?«
In der Bibel wird uns der Weg zu einer wirklich umfassenden Heilung gezeigt. Jesus bietet uns »Leben und volle Genüge« an. Wer ihn als Erlöser und Herr in sein Leben eingelassen hat, für den verliert nicht nur die Krankheit ihre Schrecken, sondern auch der Tod. Er, der Herr, steht über allem, und wir dürfen wissen, daß nichts an uns herankommt, was nicht an ihm vorbeigegangen ist!
Wer sich die Augen für diese Wahrheit öffnen läßt, für den steht das Ringen um Gesundheit nicht mehr im Mittelpunkt. Der wird vielmehr mit dem Psalmisten des 23. Psalm wieder kindlich gläubig beten können:
»Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf grünen Auen und führt mich zu stillen Wassern. Er erquicket meine Seele, er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Todestal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich! Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde; du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über. Nur Güte und Gnade werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.«
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