Alpha-Kurs (S.Denker)
Steffen Denker
Der Alpha – Kurs
Besorgte Freunde rufen seit einiger Zeit bei mir an: „Du sprichst über den Alpha-Kurs? Sei aber bitte nicht zu hart. Wir müssen doch nicht alles verurteilen!“ fordert mich einer auf. „Sind wir jetzt auch schon so weit?“ sorgt sich ein anderer. „Aber du weißt doch, dass der Alpha-Kurs schlecht ist, oder?“ Wieder andere berichten, dass sie sich ernsthaft damit beschäftigen, diesen Kurs demnächst anbieten zu wollen. – Es wird Zeit, sich mit diesem Phänomen zu beschäftigen.
Ich möchte Ihnen den Alpha-Kurs vorstellen und ihn kommentieren. Sie werden die Herkunft, den Aufbau und den wesentlichen Inhalt des Materials kennen lernen. Die Basisliteratur besteht aus:
a) dem Teilnehmerheft für Erwachsene
b) dem Trainingsheft für Leiter und Helfer
c) der Sammlung der 15 Vorträge – sie stellen den eigentlichen Inhalt des Kurses dar – im Buch Fragen an das Leben und
d) dem Alpha-Leitfaden: Starthilfe für Alpha-Kurse, Erfahrungsberichte und Tips.
Außerdem gibt es noch spezielles Material für solche, die einen Alpha-Kurs mit Jugendlichen durchnehmen wollen, es sind Videos mit den 15 Basisvorträgen erhältlich und einige weitere Veröffentlichungen unter dem Zeichen „Edition Alpha.“
Anschließend möchte ich eine Bewertung des Alpha-Materials abgeben und Überlegungen zu einem eventuell geplanten Einsatz des Materials weitergeben. Leider ist bislang wenig Literatur auf deutsch erschienen, die sich mit dem Alpha-Kurs auseinandersetzt.
Das Alpha-Konzept
1. Was ist der Alpha-Kurs?
Der Alpha-Kurs versteht sich grundsätzlich als eine zehnwöchige praktische Einführung in den christlichen Glauben, der in erster Linie auf Kirchendistanzierte und Menschen zugeschnitten ist, die erst seit kurzer Zeit Christen sind. Er soll dazu dienen, dass gewöhnliche Sterbliche wie ich, schreibt Nicky Gumbel, zu deren Stärken nicht unbedingt die Evangelisation gehört, ihren Glauben an Freunde, ihre Familien und Kollegen weitergeben können, ohne Angst haben zu müssen, unsensibel zu sein. Er habe festgestellt, dass auch der Durchschnittsbürger mit der Hilfe von Alpha zum Evangelisten werden kann.
Alpha bietet den christlichen Ortsgemeinden ein durchgeplantes Konzept an. Das vorgegebene Material beschreibt sehr genau Vorbereitung, Ablauf und Nacharbeit eines Kurses. Ein Durchgang besteht aus einer Abfolge von zehn Abenden, die nach dem stets gleichen Muster ablaufen. Nach der sechsten Woche gibt es ein gemeinsames Wochenende für die Teilnehmer. Nach dem letzten Abend folgt ein Abschlussfest, für den die Teilnehmer ihre Verwandten und Freunde einladen sollen, die sie mit dem Alpha-Kurs in Berührung bringen möchten. Schließlich geben die Teilnehmer eine Rückmeldung auf einem Fragebogen an die Kursleiter ab.
Neben der Evangelisation will der Alpha Kurs ein Weiteres bewirken: „Sinn und Ziel von Alpha ist, dass Menschen Christus kennen lernen und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden“ . Darunter versteht Gumbel ausdrücklich diejenige Erfahrung, die von anderen Geistestaufe, Erfüllung, Freisetzung oder Bevollmächtigung genannt wird. Was er als Dienst des Geistes bezeichnet, ist ein wesentlicher Teil des Alpha – Kurses.
Entsprechend wird das gemeinsame Wochenende dem Wirken des Heiligen Geistes gewidmet, wie Alpha es versteht. Schließlich nennt Peter Aschoff in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe des Leitfadens zwei Nebenwirkungen: „Zum einen werden die Mitarbeiter der Gemeinde trainiert. Zum anderen trägt Alpha in seiner universalen Weite noch dazu bei, die Barrieren zwischen Gemeinden und Konfessionen abzubauen. Plötzlich ziehen Christen verschiedener Bekenntnisse an einem Strick. Alpha bleibt Alpha, ob es nun von Katholiken, Baptisten oder dem CVJM angeboten wird. Damit entsteht eine missionarische Koalition …“
Wir können also als Absichten des Alpha-Kurses festhalten: Evangelisation, bekannt machen mit charismatischen Erfahrungen, Mitarbeiterschulung und Abbau von Bekenntnisunterschieden.
2. Woher kommt der Alpha-Kurs?
Der ursprüngliche Alpha-Kurs ist eine Entwicklung des anglikanischen Geistlichen Charles Marnham. 1981 übernahm John Irvin die Verantwortung. Der Kurs wurde ausgedehnt und mit einem Wochenende über das Wirken des Heiligen Geistes versehen. Nicky Lee übernahm die Leitung 1985. Heute ist Nicky Gumbel für die Alpha-Kurse verantwortlich. Er ist ordinierter Pastor an der anglikanischen Holy Trinity Brompton Church in London. Seit einer Konferenz in dieser Kirche im Mai 1993 hat sich der Alpha-Kurs in der ganzen Welt verbreitet. 1998 wurden über 10.000 Kurse mit über 400.000 Teilnehmern abgehalten.
In Deutschland gibt es einen Alpha-Förderverein mit Sitz in Erlangen. Der Verlag Projektion J sorgt für die Herausgabe der Materialien. In der Schweiz waren die Basileia Bern und die Reformierte Kirchengemeinde Winterthur Seen unter den ersten Gemeinden, die Alpha-Kurse anboten. Das Büro Schweiz ist der Arbeit von Campus für Christus angegliedert.
3. Wie wird ein Alpha-Kurs gestaltet?
Die Kurs-Abende laufen nach einem vorgegebenen Muster ab. Der Leitfaden schlägt vor: 18.15 Uhr: Leiter treffen sich zum Gebet. 19.00 Uhr: Abendessen (Das Essen wird von einer Vorbereitungsgruppe organisiert, oder es wird angeliefert). 19.40 Uhr: Begrüßung. 19.50 Uhr: Lobpreis. 20:00 Uhr: Vortrag (Diese Vorträge sind im Prinzip vorgegeben und im Buch „Fragen an das Leben“ abgedruckt. Man kann sie sich auch auf Video anschauen. Das Teilnehmerheft ist nichts anderes als die Gliederung und Stichwortsammlung aus den Vorträgen). 20.50 Uhr: Kaffeepause. 21.00 Uhr Diskussion in Kleingruppen (allerdings nicht nach dem Vortrag über Heilung, dann sollen alle zusammenbleiben und füreinander „in der Kraft des Heiligen Geistes speziell für andere beten“ . Das Ende soll gegen 21:45 Uhr sein. Sehr hohe Gewichtung der Geist-Erfahrung im Kurs.
Zusätzlich zu den Abenden wird ein gemeinsames Wochenende eingeplant. Man beschäftigt sich mit dem Wirken des Heiligen Geistes. Vier der fünfzehn Alpha-Kapitel sind allein für dieses Wochenende vorgesehen. Das entspricht der hohen Gewichtung, die die Geisterfahrung im Kurs einnimmt. Es werden konkrete Schritte aufgezeigt, wie man „mit dem Heiligen Geist erfüllt wird“. Das Sprachengebet nimmt dabei eine wichtige Rolle ein: „Manche Menschen werden vom Geist erfüllt, ohne die Gabe des Sprachengebets zu erhalten. Diese beiden Dinge fallen nicht notwendigerweise zusammen, auch wenn das im Neuen Testament und auch nach unserer Erfahrung häufig der Fall ist.“
Für das Kurs-Abschlussfest sollen die Teilnehmer Gäste einladen, die dann wiederum potentielle Alpha-Teilnehmer sind. Man isst mit einander, ein Tischgebet wird nicht gesprochen, um die Gäste nicht in Verlegenheit zu bringen und der Redner hält einen apologetischen Vortrag über die Relevanz des Christentums (Kapitel 1 der Vorträge).
4. Was ist der Inhalt des Alpha -Vorträge?
Die Kapitel 1-3 enthalten das evangelistische Element von Alpha. Kapitel 1 lässt uns wissen, dass der christliche Glaube nicht unattraktiv, unwichtig und irrelevant sei, „denn es geht ihm darum, das Leben in seiner Fülle auszukosten.“ In Kapitel 2 lautet die Frage „Wer ist Jesus?“ Weitgehend bietet Gumbel eine interessante Verteidigung der Historizität Jesu. Kapitel 3 steht unter der Überschrift „Warum starb Jesus?“ Wir erfahren hier, dass wir durch Sünde von Gott getrennt sind. Geistlicher Tod ist ein ewiges Abgeschnittensein von Gott. Als Folgen der Sünde werden bei uns ausgemacht: Korruption, Kontrolle über uns, Kosten (wir werden gerichtet), und Konsequenzen (Getrenntsein). Sodann wird Jesu Tod am Kreuz als die Lösung des Problems vorgestellt. „Die gute Nachricht … ist, dass Gott uns liebt und uns nicht dem Chaos überlässt, das wir in unserem Leben angerichtet haben. Er kam in der Person seines Sohnes auf die Erde, um an unserer Stelle zu sterben.“
Gumbel stellt die aufopfernde Liebe Jesu dann in vier Kontexten zur weiteren Erklärung dar: der Gerichtshof (Jesus zahlt die Strafe), der Marktplatz (Jesus befreit von der Macht der Sünde), der Tempel (Jesus nimmt die Verunreinigung der Sünde weg) und das Haus (Jesus stellt die Beziehung wieder her).
Schließlich gibt es noch ein Bekehrungsgebet: Es kann zum Start für Ihr Leben als Christ werden. Sie können dadurch alles empfangen, was Christus durch seinen Tod bewirkt hat: “Vater im Himmel, ich bereue alles Schlechte, was ich in meinem Leben getan habe. Bitte vergib mir. Ich wende mich jetzt von allem ab, von dem ich weiß, dass es verkehrt ist. Danke, dass du deinen Sohn Jesus Christus gesandt hast, um am Kreuz für mich zu sterben, damit ich Vergebung und Freiheit finden kann. Von jetzt an will ich ihm als meinem Herrn nachfolgen und gehorchen. Danke, dass du mir jetzt die Vergebung und deinen Heiligen Geist anbietest. Ich empfange dieses Geschenk jetzt.
Bitte komm durch deinen Heiligen Geist in mein Leben und bleibe für immer bei mir. Durch Jesus Christus, unsern Herr. Amen.“
Von hier an werden die Teilnehmer im Prinzip als Christen behandelt, die mehr oder weniger praktische Fragen zur christlichen Lebensführung haben. In Kapitel 4-7 erfahren wir etwas über Heilsgewissheit durch das Wort Gottes, das Werk Jesu und das Wirken des Heiligen Geistes. Wir erfahren, dass der Autor durch das Bibellesen zum Glauben gekommen sei und dass die Bibel zu 100 % das Werk von Menschen und 100 % das Werk von Gott sei. Die Reformatoren hätten sie „als unfehlbar“ betrachtet, wie auch das 2. Vatikanische Konzil niedergelegt habe, sie sei „ohne Irrtum.“ Sie sei unsere „primäre Informationsquelle über Jesus.“ Dazu kommt jedoch: „Gott spricht auch direkt durch seinen Geist zu den Menschen: durch Prophetie, Träume, Visionen und durch andere Menschen.“ Man erfährt etwas über das Bibellesen, wobei die Frage „wie wende ich diesen Text an“ der wichtigste Schritt sei.
Es folgt ein Kapitel über das Gebet zum Dreieinigen Gott. Das Vaterunser wird als Muster verwendet. Sodann finden wir ein Kapitel über Führung. Wir lernen hier: Führung geschieht erstens im „Gehorsam gegenüber dem geschriebenen Wort.“ Zweitens durch das „Geheiß des Geistes.“ Manche bezeichneten dies als „Eindruck“ oder etwas, das sie „in den Knochen spüren.“ Oder Gott gibt uns ein „starkes Verlangen“ oder Träume. Drittens führe Gott durch den gesunden Menschenverstand und schließlich durch das Gegenüber der Geschwister.
Drei Kapitel widmen sich dem Heiligen Geist, weil eine „große Unwissenheit über dieses Thema herrscht“. Gumbel unterscheidet das Wirken des Geistes im AT von dem im NT. Das Konzept von der Erfüllung des Geistes im AT scheint er aber unverändert auf heute anwenden zu können. Man erfährt etwas über die Rolle des Heiligen Geistes bei der Wiedergeburt und über die Frucht des Geistes. Der Heilige Geist ist auch für die „Einheit in der Familie“ der Kinder Gottes zuständig. Der gleiche Geist wohnt in jedem Kind Gottes, und es ist sein tiefster Wunsch, dass wir eins sind. Kirchenspaltungen sind unsinnig, denn das läuft dem Prinzip zuwider: ‚Ein Leib und ein Geist …‘ Derselbe Geist lebt in den Christen in Russland, China, Afrika, Amerika, England und überall sonst auf der Welt. Aus diesem Blickwinkel spielt es also keine Rolle, ob Sie katholisch oder evangelisch, Baptist, Methodist oder Pfingstler, Anglikaner oder Mitglied einer freien Gemeinde sind. Viel wichtiger ist, ob wir den Geist Gottes haben oder nicht.
Sodann wird Ihnen von Nicky Gumbel erklärt, wie sie mit dem Heiligen Geist erfüllt werden. Einige Stellen der Apostelgeschichte werden ausgelegt. Die weitere Entwicklung in den apostolischen Briefen wird nicht berücksichtigt. Wir haben es insgesamt mit einer klassischen Darstellung der pfingstlich-charismatischen Theologie von der sich immer wiederholenden Erfüllung mit dem Heiligen Geist zu tun. „Wenn Menschen vom Geist Gottes erfüllt werden, zittern sie manchmal wie ein Blatt im Wind. Andere holen tief Luft, als ob sie den Geist förmlich einatmen würden … Manchmal empfinden Menschen … eine körperliche Hitze …“ Im Unterabschnitt „Sie fingen an, Gott zu loben“ geht es tatsächlich um die Verteidigung der Emotionen. Anbetung/Lobpreis erscheint in erster Linie als Gefühl. (“Vorträge“, Seite 160 f.)
Es folgt dann eine ausführliche Erklärung der „Zungenrede.“ Sie tritt „häufig als Begleiterscheinung auf, wenn Menschen mit dem Heiligen Geist erfüllt werden,“ lehrt der Alpha-Kurs.
Sie scheint ein direkterer (also besserer?) Weg zu Gott zu sein, denn „sie versetzt uns in die Lage, Gott das auszudrücken, was wir empfinden, ohne den Umweg über unsere Muttersprache nehmen zu müssen.“ Das Sprachengebet sei hilfreich in Lobpreis und Anbetung, wenn wir unter Druck stehen (als „Erleichterung!“) und in der Fürbitte. Man müsse mit dem Heiligen Geist zusammenarbeiten, um die Gabe zu bekommen. Lukas 11,13 wird auf die Gemeindesituation übertragen (Wie viel mehr wird der Vater, der vom Himmel gibt, den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten). Schließlich wird empfohlen, man solle mit sich beten lassen, um mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden. Und es gibt eine praktische Sieben-Punkte-Anweisung, wie man alleine für die Erfüllung beten kann. Darin lesen wir unter anderem: „Lassen Sie sich von niemandem einreden, Sie hätten das Zungenreden selbst produziert“ „Bitten Sie Gott, Ihnen alles zu vergeben …Bitten Sie Gott, Sie mit dem Heiligen Geist zu erfüllen … Klopfen Sie an, bis die Tür aufgeht … Wenn Sie die Gabe des Sprachengebets empfangen möchten, dann bitten Sie darum. Öffnen Sie dann Ihren Mund und loben Sie Gott in irgendeiner Sprache außer Ihrer Muttersprache oder einer anderen Sprache, die Sie kennen … Lassen Sie sich von niemandem einreden, Sie hätten das selbst produziert … Geben Sie nicht auf … Es braucht Zeit, diese Gabe zu entwickeln. Nur Mut!“
Nach diesem Block über den Heiligen Geist heißt die Überschrift zu Kapitel 11 „Wie widerstehe ich dem Bösen.“ Kapitel 12 spricht über Evangelisation. Dann geht es unter Nummer 13 über die Frage, ob Gott heute noch heile. Tatsächlich wird die Lehre von der Ausbreitung des Reiches Gottes heute durch Wunder verteidigt. „Daher sollten wir erwarten, dass Gott auch heute noch durch Wunder heilt, denn dadurch baut er sein Reich.“ „Der Auftrag zu heilen gilt für uns alle.“ Es wird auch erklärt, wie genau man für Kranke betet. Im Leitfaden (Seite 159) wird sogar der „Sympathie-Schmerz“ gelehrt. Das vorletzte Kapitel widmet sich schließlich dem Stellenwert der Kirche. Die Taufe wird als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zur Kirche dargestellt. Wir sollten „stets nach Versöhnung streben, … natürlich darf diese Einheit nicht auf Kosten der Wahrheit erreicht werden,“ schreibt Gumbel. Kurze Zeit später lässt er dann Pater Raniero Cantamalessa, den Prediger des Papstes, zum Thema der gegenseitigen Annahme zu Wort kommen. Gumbel empfiehlt, auf allen Ebenen nach Einheit zu streben. Es scheint ihm für das Streben nach Einheit „weit effektiver, wenn ’normale‘ Christen zusammenkommen, um Gott zusammen anzubeten und zusammen zu arbeiten.“ Wir erfahren noch einiges über das Abendmahl, Priesterschaft und Gemeinschaft der Gläubigen. Noch einmal sagt Gumbel: „Wir dürfen unsere Lehre oder Botschaft nicht verändern, um uns vorübergehenden Moden anzupassen.“
Das letzte Kapitel, Nr. 15, erklärt dem Alpha-Teilnehmer noch, wie er das Beste aus seinem Leben macht. „Ein Christ ist,“ so Gumbel, „berufen, Schmetterlingspuppe zu sein, nicht Chamäleon.“ Der Alpha-Kurs selbst hingegen scheint doch die Berufung zum Chamäleon zu haben. Jedenfalls begeistert Peter Aschoff vom Förderverein Alpha (Deutschland) genau diese Eigenschaft am Alpha-Kurs: „Alpha-Kurse passen auch hierzulande in völlig unterschiedliche Umfelder: landeskirchlich, freikirchlich und katholisch, evangelikal, hochkirchlich, charismatisch … Wie ein Chamäleon, „lobt Aschoff,“ lässt sich Alpha mit seiner einfachen Struktur in verschiedenste ‚Szenen‘ hineintragen, ohne dass sich dabei Inhalte und Charakter des Kurses wesentlich verändern. Es ‚funktioniert,‘ auch hier bei uns und zwar mit steigender Tendenz.“ (Leitfaden, S.8)
Bewertung des Alpha-Kurses
Nachdem wir in kurzen Zügen den Inhalt des Alpha-Kurses dargestellt haben, kommen wir nun zu einer Bewertung des Alpha-Materials.
1. Der Alpha-Kurs ist praktisch
Zunächst einmal gefällt die durchdachte Konzeption des Kurses. Er ist bereits oft abgehalten worden, die Autoren konnten durch viele Rückmeldungen die organisatorischen Schwächen ausbessern und ein ausgereiftes Material anbieten. Sogar ein Alpha-Kochbuch für die gemeinsamen Abendessen wird angeboten! Heutzutage werden fertige Konzepte dankbar angenommen, denn die berufliche Belastung vieler Christen scheint ihnen nicht die Zeit für intensives Selbststudium zu lassen. Praktisch ist auch der Inhalt des Alpha-Kurses. „Es funktioniert.“(Leitfaden, S.8) Der wichtigste Schritt beim Bibellesen sei die praktische Anwendung. Mit allzuviel Theologie werden wir verschont, außer wenn es um die Frage der Erfüllung mit dem Heiligen Geist geht und wenn es darum geht, was Jesus für die Menschheit bedeutet. Wir müssen fragen, ob dieser Mangel an Theologie nicht ernsthaftere Konsequenzen hat:
2. Was im Alpha-Kurs nicht gesagt wird
Zunächst einmal stellen wir fest, dass der evangelistische Teil von Alpha relativ knapp ist. Man sollte bei einem evangelistischen Kurs erwarten, dass das Evangelium ausführlicher erklärt wird. Aber nach Kapitel 3 werden mehr oder weniger alle Teilnehmer als Christen angesprochen. Praktisch bedeutet dies, dass man damit rechnet, die Teilnehmer hätten sich, wenn sie nur das Übergabegebet gesprochen hätten, tatsächlich bekehrt. Hier wird eigentlich das evangelistische Element mit einem Glaubensgrundkurs vermischt. An wen richtet sich denn der Kurs letztlich?
Chris Hand kommt in seiner englischen Studie „Falling Short? The Alpha Course examined“ zu dem Schluss, dass der „Kurs keine angemessene Darstellung des Evangeliums ist.“ Soviel richtiges gesagt wird, fehlen doch entscheidende Elemente, die notwendig sind, um dem Nichtchristen das Evangelium wirklich zu erklären. Hand nennt besonders:
A. Wo ist Gott?
Der Ansatzpunkt von Alpha liegt in den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft. Gott ist in erster Linie jemand, der uns aus der Unordnung unseres Lebens befreit. Die gesamte Darstellung ist auf den Menschen bezogen. Christus stirbt für die Konsequenzen unserer Sünde und um uns von unserer Verlorenheit zu retten und unsere Ängste zu nehmen. Die biblische Verkündigung hingegen, wie wir sie beispielhaft in der Areopagrede des Apostels Paulus in Apg 17 vorfinden, beginnt bei Gott, seinem Wesen und seinem Willen. In den ersten drei Kapiteln von Alpha lernen wir mehr über uns als über Gott.
B. Kein Schöpfer, kein Gott der Herrlichkeit
Dass Gott heilig und gerecht ist, wird kaum erwähnt. Kein Wort findet sich über Gott, den Schöpfer. Dabei wird das Evangelium doch nur verständlich, wenn wir wissen, wem wir eigentlich verantwortlich sind, was für ein Wesen Gott ist und welche Anforderungen er hat, denen wir nicht genügen. In Alpha ist Gott vor allem jemand, der uns hilft, nicht so sehr der allgenügsame und ewige herrliche Schöpfer des Himmels und der Erde.
C. Liebe und nichts als Liebe
Alpha teilt uns richtigerweise mit, dass Gott eine Gott der Liebe ist. Aber die Liebe Gottes zu den verlorenen Sündern wird nur verständlich, wenn wir gleichzeitig Gottes Heiligkeit kennen lernen, die keine Sünde erträgt. Wenn wir Gottes Charakter nicht angemessen kennen lernen, werden wir auch seine Liebe nicht verstehen. Sie endet dann als bloße Zuneigung und Gefühl. „Wenn wir nicht gewahr werden, wie sündig wir sind und was für eine großartige Tat des Erbarmens Gottes es war, seinen Sohn für uns zu geben, werden wir niemals die Liebe Gottes verstehen,“[62] schreibt Hand.
D. Keine Sünde
Bei Alpha kommt Christus, um uns von den Konsequenzen unserer Sünde zu retten. Er liebt uns und hilft uns. In der Bibel kommt Christus aber nicht nur, um uns vor den Konsequenzen der Sünde zu retten, sondern zuerst um die Anforderungen des heiligen Gesetzes Gottes zu erfüllen. Gott selbst fehlt in der Alpha-Betrachtung.
Alpha spricht von den Konsequenzen der Sünde für den Menschen. Aber ist nicht alleine die Tatsache, dass wir nicht Gottes heiligem Willen entsprechen, genug Grund, um sich Sorgen zu machen? Alpha geht nicht weit genug. Sein Christus hat es mit einem zu kleinen Problem zu tun. Jesus ist nicht nur gekommen, um die Strafe für die Dinge zu zahlen, die wir getan haben. Wir sind vielmehr von Natur aus Kinder des Zorns (Eph 2,3). Nicht nur was wir tun, was wir sind, ist das Problem in Gottes Augen.
E. Kein Zorn, kein Gericht
Während Paulus die Athener nicht im Unklaren über den Zorn Gottes lässt, erfahren wir bei Alpha nichts darüber. Am nächsten kommt Gumbel dem Thema Zorn Gottes zwar in der „Gerichtsszene,“ aber die Folgen des Gerichtes Gottes bleiben unklar (2.Thess. 1,9). Die Höllenqualen werden auf „ewiges Abgeschnittensein von Gott“ verharmlost.
F. Die Bedeutung des Werkes Jesu am Kreuz wird nicht deutlich
Natürlich ist es richtig, die Bedeutung des Kreuzes für uns persönlich kennen zu lernen. Aber wir lernen im Alpha-Kurs nicht wirklich, warum Christus sterben musste. „Christi Werk am Kreuz wird degradiert zu einem Rettungsakt, der uns eher von unseren Problemen erlöst als dass er die gerechten Forderungen des heiligen Gesetzes erfüllt und den Zorn Gottes stillt.“ So lange wir jedoch nicht verstehen, dass Sünde ein Verstoß gegen Gottes Gebote ist, die die ewige Verlorenheit zur Folge hat, ja dass wir von Natur aus unter Gottes Zorn stehen, können wir auch nicht verstehen, warum Christus notwendig sterben musste, um unsere Schuld wegzunehmen.
Weiterhin fehlt auch die Erklärung der Auffahrt Jesu in den Himmel, um an Gottes rechter Seite zu herrschen; und eine Erklärung der Wiederkunft Christi.
Rufen wir uns nochmals in Erinnerung, dass der evangelistische Teil aus den Kapiteln 1-3 besteht und dass das Kapitel hauptsächlich von den Problemen des modernen Menschen handelt, das zweite hauptsächlich eine Apologie der historischen Tatsachen des Lebens Jesus ist – aber nicht unbedingt sagt, welche Bedeutung sie für uns haben, dann bleibt nicht mehr viel Platz für die Darstellung des Evangeliums übrig. „Bei Alpha fehlt das Herz – und das fehlende Herz ist Gott selbst … Alpha beginnt am falschen Ort – bei uns selbst.“ (Chris Hand)
Neben der ungenügenden Darstellung des Evangeliums fehlt auch eine Auseinandersetzung mit falschen Lehren aus dem Christentum, mit denen die Teilnehmer potentiell schon in Berührung gekommen sind. Aber das ist Prinzip:
„Bei den Alpha-Kursen haben wir es uns zur Regel gemacht, niemals eine andere Denomination, eine andere christliche Gemeinde oder einen anderen Leiter zu kritisieren.“(Leitfaden, S.147)
Aber ist es wirklich richtig, nichts über die falsche Gewissheit der Taufwiedergeburtslehre zu sagen, über die katholische Rechtfertigungslehre aus Glauben und Werken, über die Mariologie und Heiligenlehre der römischen Kirche, über die falschen Lehren der charismatischen Bewegung und anderes mehr?
Zum Evangelium gehört auch das Abwenden von falschen Überzeugungen.
3. Der Alpha-Kurs ist evangelikal
Das zur Diskussion stehende Material ist insofern interessant, dass es durchwegs die evangelikale Sprache spricht. Man ist beeindruckt von dem Selbstzeugnis des Autors, er habe sich durchs Bibellesen bekehrt. Gumbel argumentiert immer mit Bibelstellen. Man begegnet den theologischen Begriffen, die man als evangelikaler Leser erwartet (Buße, Umkehr, Sünde, persönliche Bekehrung, Jesus ist Sohn Gottes, Jesus ist wirklich auferstanden, Bibel ist 100 % göttlich und menschlich usw.). Aber das bloße Erscheinen einer Vokabel garantiert noch nicht, dass damit auch der biblische Sachverhalt korrekt wiedergegeben wird, wie wir gesehen haben. Trotzdem ist die Liste der prominenten Empfehlungen wie ein „‚Who is Who der zeitgenössischen evangelikalen Szene. Zweifellos haben viele von ihnen den Kurs nicht genau studiert und würden es bei näherem Hinsehen bevorzugen, ihre Meinung über Alpha zu revidieren … es bleibt aber augenscheinlich, dass große Ungewissheit darüber herrscht, was das Evangelium ist. Viele scheinen nicht in der Lage zu sein, zu erkennen, ob das Evangelium gepredigt wurde oder nicht … Ein bisschen Wahrheit über Jesus, und die Leute scheinen glücklich zu sein, dass das Evangelium in Wahrheit verkündet wurde.“
Typisch evangelikal ist auch die Unklarheit über die Rolle des Menschen bei der Bekehrung. So kann offenbar widerspruchslos beieinander stehen, dass es „überhaupt nicht von mir abhängt,“ und andererseits: „Wir müssen die Tür aufmachen, um Jesus in unser Leben einzulassen … Es liegt an uns, ob wir ihm die Tür öffnen oder nicht.“
Trotz seines evangelikalen Auftritts lässt der Alpha-Kurs wesentliche Dinge beiseite. Auch katholische Geistliche haben den Alpha-Kurs längst entdeckt und gebrauchen ihn. Der Bischof Ambrose Griffiths befindet – es ist keine Einzelmeinung! -, dass Alpha „nichts beinhaltet, dass gegen die katholische Lehre steht.“? Mir scheint, dass der Alpha-Kurs sich die Akzeptanz in allen christlichen Gruppierungen dadurch erwirbt, dass er trotz seines evangelikalen Auftritts wesentliche Dinge beiseite lässt.
A. Der Alpha-Kurs fördert die charismatische Theologie
Nach meiner Beobachtung wird die Stoßrichtung des Alpha-Kurses in den Kapiteln über den Heiligen Geist am deutlichsten. Hier engagiert sich Gumbel plötzlich auch theologisch sehr stark, um die klassischen pfingstlich-charismatischen Sonderlehren zu begründen. Bei einem missionarischen Kurs sollte man doch erwarten, dass die Abgeschiedenheit eines gemeinsamen Wochenendes dazu benutzt wird, das Evangelium ausführlich darzulegen. Stattdessen geht es letztlich um die „Erfüllung mit dem Heiligen Geist,“ die bei Gumbel theologisch mit der pfingstlichen Geistestaufe gleichzusetzen ist. Es geht um Zungenrede, Handauflegung zum Heilen, Singen in Zungen, Träume, Visionen, Prophetie. Es wird immer wieder die Vorstellung vertreten, man müsse den Heiligen Geist bitten, „zu kommen,“ auf dass wunderbare Dinge geschähen. Gumbel übersieht im Rückgriff auf Lukas 11,13, dass Jesus hier den vorpfingstlichen Jüngerkreis lehrt, nicht die nachpfingstliche Gemeinde. Für uns ist das Gebet um das Kommen des Heiligen Geistes schlicht insofern überflüssig, dass wir den Geist empfangen und mit ihm versiegelt (Eph 1,13) wurden, als wir wiedergeboren wurden. Die Erfüllung mit dem Heiligen Geist nach Epheser 5,18 besteht in der Beschäftigung mit dem Wort Gottes durch Verkündigung, Musik und Gebet, wie uns Vers 19 erklärt. Nur dort, wo Gottes Wort ist, ist auch sein Geist. Voll Geistes zu werden ist nach Eph 5,18 der Gegensatz eines Rauschzustandes, wie er etwa durch Alkohol zustande kommt. Bei Gumbel aber gewinnt man den gegenteiligen Eindruck, wenn das Kommen des Heiligen Geistes wesentlich als ein sich wiederholender Akt verstanden wird, bei dem möglichst viel Übernatürliches erfahren werden soll.
Ist diese Theologie, frage ich, ein Ersatzangebot für erfahrungshungrige Zeitgenossen, die sich statt an anderen Dingen eben am Heiligen Geist berauschen dürfen?
Dass die Betonung auf diesen Erlebnissen auch okkulte Gefahren mit sich bringt, scheint Gumbel nicht zu stören. Er sieht es sogar als Empfehlung an, wenn Kursteilnehmer, die ursprünglich der New-Age-Bewegung nahe stehen, sich ausgerechnet bei den Geisterfahrungen für Alpha öffnen: „Personen aus der New-Age-Bewegung dagegen stellen fest …, dass sie bei dem gemeinsamen Wochenende dagegen bekanntes Territorium betreten, wenn es darum geht, vom Heiligen erfüllt zu werden.“ (Leitfaden, S. 31)
Und erinnern wir uns daran, dass Alpha nach eigenem Bekunden ohne den „Dienst des Geistes … kein richtiger Alpha-Kurs“ wäre. Hier können wir die Auseinandersetzung mit dieser Theologie (Wunder, Zungenrede …) nicht fortsetzen, wie sie an anderer Stelle geschieht. Es ist aber nicht verwunderlich, dass der Alpha-Kurs wärmste Empfehlungen von allen pfingstlich-charismatischen Seiten her bekommt, von Loren Cunningham über den 2. Superintendenten der Assemblies of God und Mike Bickle (Vineyard) bis zu den katholischen Charismatikern, deren Vertreter Charles Whitehead befindet: „Alpha ist ein hervorragender Einführungskurs … Ich zögere nicht, ihn jeder Gemeinde oder Gruppe zu empfehlen …“ (Leitfaden, S.206-213)
Zusammengefasst stelle ich fest: Wenn der Leiter eines Alpha-Kurses nicht wesentliche Teile des Materials verändert oder weglässt – und dann ist Alpha nicht mehr Alpha -, wird er das ganze Paket der Auseinandersetzung mit der charismatischen Theologie in seine Gemeinde tragen. Das kann aus meiner Sicht nicht Ziel eines evangelistischen Kurses sein.
B. Der Alpha-Kurs wirkt ökumenisch
Wir haben gesehen, dass der Alpha-Kurs aus Prinzip kirchenübergreifend gestaltet ist. Jede Auseinandersetzung mit falscher Lehre wird vermieden. Entsprechend wird Alpha von Vertretern vieler Konfessionen empfohlen. Nicky Gumbel strebt ausdrücklich nach Einheit innerhalb der Konfessionen. „Meistens weit effektiver“ noch als der Dialog zwischen den Kirchenführern ist es, „wenn ’normale‘ Christen zusammenkommen, um Gott anzubeten und zusammen zu arbeiten.“ (Vorträge, S.230)
Im Kontext der Alpha-Theologie heißt dies eindeutig, dass Gumbel sich wünscht, dass evangelische, evangelikale, pfingstliche, charismatische und katholische Personen sich unter der charismatisch verstandenen Art der Anbetung zusammenfinden.
Die Deutsche Evangelische Allianz ist längst auf diesen Kurs eingestiegen. Erst kürzlich plädierte ihr stellvertretender Vorsitzender und Präses des Bundes FEG in einem Interview mit der pfingstkirchlichen Zeitschrift „Wort und Geist“ dafür, dass sich die beiden Strömungen künftig stärker ergänzen werden und man voneinander lernen könne. (idea-Spektrum 16, 5/2000) Längst ist der Wille zur Zusammenarbeit auch in der „Kasseler Erklärung“ von 1996 dokumentiert.
Der englische Theologe David Pawson schrieb bereits im Jahr 1988 über die vierte Welle. Er spricht sich darin für eine volle Integration der Charismatiker und der Evangelikalen aus. Und der damalige Generalsekretär der Evangelischen Allianz von Großbritannien, Clive Calver, gibt in seinem Vorwort seine Empfehlung – wie auch heute zum Alpha-Kurs – als eine „Gelegenheit für Gemeinden aller Denominationen“.
Im Anschluss an die von der Zeichen- und Wunderbewegung selbst benutzte Bezeichnung von der „dritten Welle des Heiligen Geistes“ legt Pawson deutlich die Absicht der „vierten Welle“ nieder. Wir hören nichts davon, aber die Sache passiert längst. Die Christen, die nicht bereit sind, charismatische Sonderlehren lediglich als „unterschiedlichen Frömmigkeitsstil“ zu werten und in gemeinsame Anbetung einzuwilligen, werden immer weiter ins Abseits gedrängt. Sie stören die angestrebte Einheit. Der Alpha -Kurs, müssen wir zusammenfassend feststellen, liegt mit seinen Besonderheiten genau in der Stoßrichtung der vierten Welle.
4. Sollen wir Alpha-Kurse in der Gemeinde anbieten
In seinem gelungenen Buch „Gemeindebau nach biblischem Vorbild“ meint Armin Mauerhofer dazu: „Eine neuere Möglichkeit … sind die … Alpha Kurse. Viele Menschen haben sich in den vergangenen Jahren durch diese Kurse bekehrt. Das Konzept finde ich nachahmenswert, wobei ich einen Vorbehalt gegenüber der Betonung des Zungenredens habe.“
Ich hatte diesem Vorbehalt weitere wesentliche Bedenken hinzuzufügen.
Stellen Sie sich vor, ich lade Sie zu einer Rundreise in die Schweiz ein. Leider, sage ich ihnen, können wir aber die Reformationsstadt Genf nicht besuchen und auch nicht die Weinberge des Lavaux und Montreux und den Genfer See generell. Saas Fee und das Matterhorn werden nicht besucht, wie auch Eiger, Mönch und Jungfrau unbesichtigt bleiben. Beatenberg passt nicht ins Programm. Der Pilatus bei Luzern empfängt uns nicht und die Schifffahrt auf dem Vierwaldstädter See fällt ins Wasser. . . Was bleibt dann noch? Das meiste, das den Besucher interessiert, muss ausfallen oder verändert werden.
Wenn Sie den Alpha-Kurs verwenden wollen, bedenken Sie: Wesentliche Teile müssten Sie weglassen oder umändern, namentlich die Lehren über den Heiligen Geist. Die drei evangelistischen Kapitel sind nicht sehr umfangreich und enthalten überdies noch über weite Strecken Apologetik, was zwar löblich, aber an sich noch nicht das Evangelium ist. Wesentliche Wahrheiten des Evangeliums müssten Sie sich selbst dazu erarbeiten, den Ansatzpunkt verändern (vom „Menschen“ zu „Gott“) und vor der generellen Tendenz des Kurses, nämlich die Zusammenführung von Evangelikalen mit den Pfingstkirchen und den protestantischen und katholischen Charismatikern warnen – da bleibt nicht mehr viel übrig. – Ich kann darum die Verwendung des Kurses nicht empfehlen.
5. Aufruf
Schade um den Alpha-Kurs. Einmal mehr begegnet mir ein Beispiel ansprechender und kreativer christlicher Bemühungen. Jedenfalls unterstelle ich Nicky Gumbel und seinem Team subjektive Ehrlichkeit. Aber der Inhalt macht es mir nicht möglich, einen Alpha-Kurs zu verwenden.
Und die Alternativen?
Ich weiß es nicht. Das tut mir leid. Sicher gibt es sie, aber sie sind kaum bekannt. Seit Jahren schon bewegen sich die nach unserem Verständnis bibel- und bekenntnistreuen nichtcharismatischen „Evangelikalen“ in Verteidigungs- und Rückzugsgefechten. Die „vierte Welle“ wird in vielen Gemeinden stillschweigend akzeptiert. Sobald das evangelikale Vokabular eine Publikation oder Predigt ziert, sind die meisten Christen zufrieden und hinterfragen die theologische Konzeption nicht weiter. Der Alpha-Kurs und seine geistigen Verwandten sind omnipräsent. Aber was ist mit den Produktionen aus „unserer Schule?“ Ich kann mich an andere Zeiten erinnern. Heute muss ich mich oft dafür „entschuldigen,“ der charismatischen- und der neoevangelikalen Einheits-Bewegung kritisch gegenüberzustehen. Was ist aus uns geworden? Ich rufe alle Christen, die sich meiner Beurteilung anschließen können, zur Umkehr auf.
Wir haben das Erntefeld anderen überlassen. Wir reagieren mehr als dass wir agieren. Wo sind die fähigen Männer Gottes, die die Gemeinde Jesu überzeugend aus der Orientierungslosigkeit führen, urteilsfähig machen und sie zur Bibel, zum echten Evangelium und zum neutestamentlichen Gemeindeleben bringen? Ich bete, dass Gott seiner Gemeinde gnädig ist, eine Veränderung zum Guten schenkt und einen neuen Aufbruch. Beten Sie mit.
Steffen Denker, Jg. 1966, verh., studierte an der FTA und ist seit 1991 Pastor der Evangelischen Gemeinde Action Biblique Basel und Vizepräsident des Bibelbundes Schweiz.
Hervorhebungen durch Horst Koch, Herborn, 2005
info@horst-koch.de
www.horst-koch.de